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Der Spalt

Wer ist ein Snob?
Jemand, der sich die Petersilie mit Fleurop schicken lässt.

 


 

Ich gehe durch die Straßen, langsam, zögernd, suche immer nach

irgendetwas - etwas ja, aber was? Ich weiß es nicht! - Und so wandel ich hier, schaue mir die Leute an, die Schaufenster, die Läden; doch manchmal ... versunken in mir, ziellos, im rauchigen Nirvana badend ...ich registriere nicht mal dies, ich schwebe gemächlich in mich rein, lass mich treiben auf einer müden Plärre, flüchte mich in meine eigene Traumwelt, in der ich das bekomme, was ich mir ersehne.

Plötzlich wird mir ein Druck im Nacken bewusst. Als wenn ein Laser dort ein Loch gräbt. Raucht es dort schon?

Ich bleibe stehen, wende meinen Kopf, lasse meinen Körper nachfolgen ... jetzt: Ich huste, ich krächze, mir kommt es vor, als klebten die Arschbacken von dem Wrestler Yokozuna auf meinem Hals ... der Laser buddelt nun an meiner Kehle! Ich  ... ich ... ich schaue mich um wie einer der Altweltgeier, versuche nun zu ergründen, was die Ursache für diese Luft-Erschwernis ist. Die an mir nagt, an mir glüht, an mir lodert. (im Ton abfallend)

Wie ein Flugzeug, das durch einen Richtstrahl angepeilt wird, bricht sich mein Blick Bahn in zwei andere Augen, ja - in zwei Augen, die dunkel und dadurch unendlich tief sind, die mich fixieren und magisch anziehen. Verzaubernd! Berauschend! In Bann geschlagen!

Automatisch ... ich wache auf, mir krabbelt es in den Gedärmen, sie – ein Feuersturm klopft an meine Pforten. Kann mich aber nicht von ihnen lösen und ... Wollen?

Aus den Augenwinkeln bemerke ich, wie an mir Sachen vorbeirasen, die mir neu und doch erklärbar sind: Landschaften, von flach ins bergige steigend, hohe Aussichtstürme, der alles umhüllende Himmel, auf dem sich mir weit und breit keine Wolke zeigt, andere Sonnensysteme, andere Galaxien, diverse Dimensionen ... ich torkel, ich drehe, ich spiralisiere ...die Flüssigkeit in meinem Kopf schwappt hin und her; alles in mir erzittert,  bebt nach oben, um dann wie eine Feder auf den Boden zu schweben. Eine Tonne, eine schwarze Tonne, eine rote Tonne, eine Prisma-Tonne, sie krauchen an deren Wänden, bodenlos. Die Augen, sie leuchten als Farbenwechselspiel auf meinem Gesicht auf, lassen es den Teint wechseln, so dass es ausschaut, als wenn dort gerade ein Chameleon rumgeistert, das sich unter Angriffsdruck befindet und deswegen nervös ist. Ich spüre, wie es in meinem Mund trocken wird, meine Muskeln an den Armen eine Beulung annehmen, mein Schwanz steif wird, die Kniesehnen anfangen zu pulsieren.

Doch ich ignoriere die Bilder, achte nicht auf sie, richte jetzt meinen ganzes Augenmerk auf den Regenbogen, der vor meinen Augen aufstrahlt: Umso mehr ich mich diesen Augen nähere, umso deutlicher: Eine Skizze, ein Bild, ein Schemum; ein Spiegelbild ihres ... Innenlebens, ihrer Seele? Es ist ... durchsprenkelt von Schwarz-Weiß-Farben - oh nein, je tiefer ich in sie versinke, desto mehr treten Farben in den Vordergrund. Und ihre erstarkende Leuchtkraft lässt mich erkennen, welchem Symbol diese Farben Ausdruck verleihen: Weiß – sie hat noch keine Kenntnis von den verwinkelten Gassen der Wirklichkeit, sie ist noch kindlich schimmernd wie die Unschuld, die diese Transparenz in sich trägt; rot - in ihr drin schlummert eine Liebe, ein Berührungsschauer, ein einen mit Sucht überwallendes Gefühl; sie wartet noch auf den Adressaten, jedes seiner Partikelchen wird sie dann überfallen, einnehmen und trunken berühren; gelb - sie ist auch bereit, diese Liebe mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln gegen dunkle Mächte, welche von außen eindrängen und ihr nicht wohlgesonnen sind, zu verteidigen; violett - eine nur erahnbar riesige Hoffnung glüht in ihr, doch da diese Farbe dunkler ist, treten ihre Beweggründe nicht voll zu Tage; anthrazit  - erscheint nur in ganz kleinen Punkten und ist noch nicht aus seinem Schemata in den Sichtkreis eingetreten.

Alles in ihr schreit nach Geborgenheit, nach Vertrauen, nach Zärtlichkeit; und ich will von ihr bestürzt, befriedet und besiegt werden, sie soll mich in den Boden treten, mich aber dort mit ihren weichen Brüsten auffangen; dann schwebe ich wieder an ihr hoch, wie neugeboren, tauche in sie ein, verspritze in ihr meine Energie, bestärke sie, beschütze sie vor den Kim Jong Un´s. Gemeinsam flanieren wir über eine Straße, eine Allee, eine von flauschigen Teddy-Bären-im-Jubel-Gewand flankierte Promenade, die nicht einseitig befahren ist, sondern mündet in einen wohlvertrauten Park aus Mandel-Schokolade.

Die Augen sind jetzt dicht vor mir. Und auch jetzt kann ich mich nicht von ihnen lösen, erhalte einen Einblick in etwas, was man eigentlich erst viel später erfährt: Sie mag rosa Luftballons mit Wattebäuschen obendrauf, sie liebt Gruppen-Sex mit Augenmerk auf Oral-Verkehr, ihr Großvater war Verfolgter im Nazi-Reich und überlebte Dachau, sie liest im...

Sie ist mir jetzt ganz nah. Wie eine Schwarze Witwe, die ihr Junges nährt.

Ansprechen! Jetzt!

Doch als ich den ersten Laut aus mir rauslasse, ... weg! Schnell! Dahin! In forschem Tempo! Die Augen! Lassen mich verwirrt stehend zurück.

War das nur ein Traum??????????????

Nein, ich nicht! Ich glaube das nicht, ich will es nicht glauben, ich darf es nicht glauben! Solche Augen - ich träume von ihnen, tagein, tagaus, im Schlafen und im Wachen, auch in der Dämmerung! Sie existieren wirklich! Nicht wahr?! Oder?

Werde ich sie wiedersehen?

Ich weiß nicht einmal, wie sie aussieht, was für einen Körper sie hat, ob sie jung oder weniger jung ist, was ihren Lebensquotienten ausmacht. Ich kenne nur ihre Augen, die mir den Blick auf anderes als sie (Banalitäten? Triviales Gewäsch? In sich gekehrtes schnödes Murmeltier?) nicht erlaubten. Aber ... kenn ich die wirklich? Wird dies reichen? - Bitte, bitte, bitte, ich flehe dich an, der du verantwortlich bist für das Zustandekommen glücklicher und vor Berührungen strotzenden Beziehungen, lass es genügen. - Es muss genügen! Und es wird genügen! Ja!

Doch ...

 

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Tag der Veröffentlichung: 20.12.2018

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