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Heimfahrt

Herr Heinze am Steuer seines Opel Astra, er fährt heim und freut sich schon auf das Beine-auf-den-Couchtisch-legen, freut sich schon darauf, dass dann wieder sein dreijähriger Sohn Paul kommen wird, um sich auf den ihm dargebotenen freien Schoß zu setzen, weiß schon, dass dann wieder seine Katze Kleopatra anschnurrt, um es sich auf seiner Brust bequem zu machen und ihm ihr müffelndes Arschloch vor die Nase zu recken; und Eileen, seine Frau? Ja, auf die freut er sich auch. Will wieder mal mit ihr schlafen, ja wiedermal. Nicht nur immer die Hände benutzen, damit seine Eier nicht vor Überfüllung platzen und er dann vielleicht einen Herzinfarkt kriegt. Nein! Diesmal es nicht gelten lassen, dass Eileen wieder mal Migräne hat, dass sie erst abnehmen muß – Warum eigentlich? Ist doch schön griffig, ein üppiges Weib, da hobelt man sich keinen Schiefer! He, was will sie denn noch? Abnehmmen ist doch Scheiße! Außerdem der beschissene Yo-Yo-Effekt! Nein, auf ihr kratzen möchte er wirklich nicht!

     Alf will nach Hause!

     Alf freut sich auf Eileen!

     Da: Ein Grinsen stiehlt sich auf seine Lippen. Wenn Alf die Beine hochlegt und Eileen das sieht – und sie sieht das immer; wahrscheinlich hat sie in ihrem Kopf neben dem Furz-Geruchserkennungszentrum (wie es alle Frauen haben) auch noch ein anderes Zentrum, das es ihr sagt, wenn Alf seine Füße hochlegt -, kommt sie immer angezetert und sieht dann aus wie eine Ente mit Froschaugen, die soeben ein Brauereipferd besattelt.

     Aber trotzdem: Das ist doch nur eine Frau! Und jede Frau hat ihre Macken! Und mal ehrlich gesagt: Er ist angeheitert davon. Denn er liebt sie! Die kleine Eileen. Die nicht immer Froschaugen hat. Die auf der Brust 2, 3 dunkle Haare hat. Die auf der Oberlippe ein Muttermal hat.

     Alf freut sich au…

   Plötzlich aber ist das Grinsen verschwunden. Er muss scharf abbremsen, sonst wäre er in seinen Vordermann gerauscht. Er schafft es geradeso. Und danach – ein Fluch will sich ihm entringen, ein Fluch, mit dem er seinen Vordermann beschimpfen kann. Doch – Alf stellt den Motor ab. Denn der vor ihm musste auch stehenbleiben, dessen hochroter Kopf wird noch röter. Denn auch der vor ihm steht. Und der davor. Ebenso der davor. Und der davor? Ja, der musste auch stehen bleiben, wahrscheinlich aber schon lange. Denn die Fahrerkabine wackelt so rhythmisch, so ganz verdächtig, als wenn noch jemand des anderen Geschlechts im Auto sitzt.

     Stau! Nichts mehr mit pünktlich Heimkommen, nichts mehr mit Beine auf´n Tisch legen, mit seinem Sohn spielen, mit dem Husten, wenn die Katze ihn anfurzt … Stau! Scheiße!

     Das bringt Alf schlagartig wieder zu seiner Frau. Und er nimmt sich erneut vor, ihr mal wieder unter die Wäsche zu gehen, die 2, 3 dunklen Härchen auf ihren samtigen Brustwarzen zu zählen, mit ihr auf die verführerische Klippe zu klettern und dann auf ihr bestimmt keinen Langsamen Walzer zu tanzen. …

 

     „Wird das nun bald mal?“, schreit er aus dem Fenster heraus. Und tatsächlich, die Riesen-Blech-Anaconda auf der Straße ruckt an.

     Schnell lässt er sein Auto wieder an, bringt die Kupplung zum Schleifen, will Gas geben. Doch da …

 

     Plötzlich flankiert etwas sein Gesichtsfeld: Wow, eine hübsche Frau!  Mit Minilederrock und Ausbuchtungen in der Bluse, so dass man sich  erst vorbeugen muss, will man das Schaufenster dahinter erkennen. Hat sie dafür überhaupt einen Waff… - Häh? Was is´n das? Eine andere hübsche Frau bei ihr im Arm. Und die küssen sich jetzt auch noch, die zwei. Ekelhaft!

     Er schaltet das Radio ein, das gerade „My Name is Luca“ spielt.

     Natürlich. Ich ...

 

     Dieses Flittchen, dieses Flittchen, dieses … diese Hure. Der Nicht-so-langsame-Walzer … sie steigt da jetzt auf eine andere Klippe … einfach so … mit jemandem anderen …dieses Flittchen … ich bringe sie um … dieses Flittchen …

     Ein Waffenladen …

 

      Die Musik wird immer lauter. The Doors mit ihrem „Moonlight Drive“ sind jetzt im Radio. Das Volumen steigert sich so sehr, dass es schon anfängt wie ein orgiastisches Harfenspiel in den Scheiben zu klingen. Jim Morrison kreischt besoffen – wie er meistens war – aus seinem dunklen Vollbart; und fordert ihn in die Ohren dröhnend auf, mit ihm mitzukommen auf seinen Trip:

                                                                  „Let's swim to the moon
                                                                    Let's climb through the tide
                                                                    You reach your hand to hold me
                                                                     But I can't be your guide.”

 

Plötzlich hämmert es ihm durch den Kopf: “ Wenn ich jetzt hier lange stehe, könnt´s aber knapp werden nachher. Dann strickt die Hure weiter!“  Die Wolke des pinkfarbenen Kraken erreicht ihn. Hüllt ihn ein. Macht ihn müde, als wenn er viel Kaffee getrunken hätte, dessen Halbwertszeit jetzt abgelaufen ist. Sie bringt seine Geruchsensoren durcheinander, die sich an seine Motorik ankoppeln und seine Befehlzentrale manipulieren.

     Alf startet den Motor.

     „Das …“

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Tag der Veröffentlichung: 10.02.2020

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