Kanonenkugeln ließen das Holz des mächtigen Schiffes splittern. Die Schreie von verwundeten und sterbenden Männern erfüllt die Luft. Explosionen, von Gewehren und dem Sprengstoff der Engländer, bringen alle Trommelfelle bis kurz vors bersten.
Und der Kapitän des Schiffes steht, wenn auch wankend vor dem Steuerrad seines tödlich getroffenen Schiffes. Wie durch ein Wunder hat der Mann mit der Augenklappe noch nicht einmal einen Splitter abbekommen. Starr blickt er auf das Schiff, das seines gerammt hat. Ein Mann steht breitbeinig und stark in an dem Deck. Alleine. Alle seine Männer sind im Kampf.
Seine langen, kaffeebraunen Haare sind im Nacken zu einem Zopf gebunden.
Auf einmal trifft den Kapitän etwas hart im Nacken. Er wendet sich nicht einmal um, stolpert zu der Reeling. Im Wasser spiegelt sich ein Antlitz. Hart und stolz. Der Kapitän hebt seine Hand zum Hals, warmes Blut glitzert an seinen Fingern, als er sie sich vor Augen hält.
Er breitet die Arme aus. Langsam und endgültig kippt er vorn herüber.
Kapitän Anthony „Blackeye“ Johnson stirbt, bevor er auf dem Meer, welches er fast so sehr geliebt hat wie sein Schiff, auftrifft.
Hustend und prustend komme ich zu mir. Sofort springe ich auf alle Viere und blicke mich um. Ein Hafen. Ich liege klatschnass an einem Hafen? Moment. Ich stehe auf... allen Vieren
?!
Wie angewurzelt bleibe ich stehen und schließe kurz die Augen. Das ist ein Traum. Ein sehr, sehr schlechter Traum. Ich bin tot. Gestorben als dieser verdammte Kaptain, der feige den Namen seines eigenen Schiffes verhüllt hat, meine „Goldkehlchen“ versenkte.
Um mich herum dreht sich alles. Mein Schiff. Meine Crew. Alle hinabgeschickt in Ägirs Schoß. Warum nicht ich? Und was ist passiert?
Ohne das ich es verhindern kann, kann ich meine Beine nicht mehr kontrollieren. Mein Bewusstsein schwindet. Fast dankbar überlasse ich mich der ruhigen Schwärze.
Ich erwache, als mich etwas unangenehm am Nacken hinter sich her schleift. Gerade noch rechtzeitig bemerke ich aus den Augenwinkeln die riesigen Zähne, die meinen Hals umklammern. Es ist wohl besser still zu halten.
„Danke Jack, ich glaub der ist jetzt wach“, sagt eine seltsam raue, weibliche Stimme. Sofort werde ich losgelassen und komme hart auf dem Boden auf. Im selben Moment springe ich wieder auf die Beine und fahre herum. Es ist ein... Hund?! Sind denn hier jetzt alle bekloppt geworden? Warum ist dieser Hund so riesig?
„Geh besser, danke nochmal.“
Der Hund grunzt bloß, würdigt mich nicht einmal eines weiteren Blickes und trottet davon.
„Was soll das denn?“, frage ich. Zu meinem weiteren Entsetzten kommt nur ein Fauchen aus meinem Mund.
„Beruhig dich.“
Ich wende mich der Sprecherin zu. Es ist eine schlanke, vielleicht sogar etwas schlaksige, dunkelbraune Katze. Ich bin doch gestorben. Jetzt sprechen schon die Rattenfänger.
„Da du einfach so aus dem Meer aufgetaucht bist, geh' ich mal davon aus das du vorher keine Katze warst.“
Das ich vorher was
nicht war. Ganz langsam schaue ich an mir hinab. Ich habe Pfoten. Nein, Ägir tu mir das nicht an. Wieso bin ich ein Rattenfänger?
Ich muss mich zwingen ruhig zu bleiben. Ob das hier real ist oder nicht, zumindest gehört der Kopf, mit dem ich gerade denke unleugbar zu einer Katze.
„Wir haben nicht so viel Zeit hier rum zu sitzen. Schonmal was von Karma gehört?“
Ich antworte mit einer ebenso rauen Stimme wie die Katze vor mir: „Ja, von verrückten Huren, die gerne noch extra Gold fürs Kartenlegen nehmen.“
Oh danke ihr Meeresgottheiten, ich kann doch noch reden.
„Dein Leben wird nach deinem Tod bewertet. Ob du Gutes und Schlechtes getan hast. Hast du ein gutes Karma, wirst du ein Mensch oder sogar mehr. Hast du Schlechtes, kannst du im ungünstigsten Fall als Seetang enden.
„Willst du mich verscheißern?“, knurre ich die Katze an. Ihre braungrünen Augen lächeln.
„Würd mir nicht viel bringen, oder? Hätte dich auch da liegen lassen können. Aber vielleicht verbessere ich mein Karma
wenn ich was Gutes tu.“
Na toll. Eine Irre. Obwohl...
Ich bin eine Katze.
Ein paar Stunden später, nachdem ich es geschafft habe mein Fell trocken zu bekommen, hat die braune Katze mir angeboten, dass ich sie begleite. Da ich nicht viele – gar keine – andere Möglichkeit hatte bin ich mitgegangen. Wir laufen gemeinsam durch die stinkenden Hafengassen. Und wie sie stinken. Als Mensch war der Geruch nicht so widerlich.
„Warst du auch mal ein Mensch?“, frage ich sie irgendwann. Erst antwortet sie nicht. Dann zuckt sie mir einem Ohr und sagt: „Nein, ich glaube nicht. Nicht alle erinnern sich aber an ihre vorherigen Leben.“
„Und woher weißt du das mit dem Karma? Und woher wusstest du gleich, dass ich ein Mensch bin? Ich meine... war“, frage ich weiter und sie antwortet gleich: „Von einer anderen Katze. Frag mich nicht woher sie's hat aber es ist die einzige Erklärung die ich hab.“
Ich beschließe, es darauf beruhen zu lassen. Bevor ich handle muss ich erst einmal mehr wissen.
„Wie heißt du?“, wechsle ich also das Thema.
„Nenn mich Kat.“
„Wie einfallsreich.“
Wir laufen zu einem Pub. Er kommt mir wage bekannt vor, aber das kann auch täuschen.. Kat ermahnt mich unauffällig mit einem Besucher hinein zu laufen. Die Menschen mögen Katzen nicht sonderlich, wenn sie ihnen nicht gerade das Ungeziefer fangen. Kann ich nur bestätigen.
Nachdem ich dreimal fast zum zweiten Mal an diesem Tag zu Tode gekommen bin, und zwar dieses Mal durch Stiefel
, verkriechen wir uns unter der Bar, hinter ein paar nach billigem Alkohol riechenden Flaschen. Ich beschließe, falls ich jemals wieder ein Mensch sein werde allen Katzen, die auf meinem Schiff leben mehr Respekt zu zollen. Viel mehr Respekt. Vielleicht ist ja eine von ihnen sogar ein Verwandter.
Unwillkürlich muss ich an eine besonders hässliche, dürre Katze denken über die die Männer sich immer lustig gemacht haben. Hoffentlich war das nicht meine Mutter oder so.
„Ich werd nicht ewig für dich sorgen, 'kay? Ein paar Tage kann ich dir zeigen wie man Ratten fängt und sich durchschlägt. Es gibt da auch ein paar Gebiete die du meiden solltest.“
Hellhörig geworden schaue ich sie an. Ihr Schwanz schlägt unruhig und sie sagt: „Die meisten Katzen haben ihre Reviere.“
Unglaublich, was ist das bloß für eine Welt? Ohne das ich es verhindern kann rutscht mir heraus: „Und du? Gehörst du zu irgendeinem Kater der hier sein Revier hat?“
Uups. Normalerweise bin ich nicht so neugierig. Aber ich bins auch nicht gewohnt das ein Weib mich hinter sich her führt wie einen Hund. Haha, ein Hund.
Plötzlich faucht sie mich an, ihre Schnurrhaare stehen nach vorne, die Ohren sind angelegt. Mit der Reaktion habe ich nicht gerechnet. Unwissend wie ich reagieren soll richte ich mich auf, sie tut es mir nach.
„Komm nicht damit. Die Menschen mögen ihre Weibchen unterdrücken, aber hier zählt nur wer stärker ist.“
Ich schaue an ihr hinab. Sehr stark sieht sie nicht aus. Aber ehrlich gesagt weiß ich auch nicht was ich in dem Körper so drauf habe.
Sie scheint mir meine Gedanken anzusehen und ihr Fell glättet sich langsam wieder.
„Na du weißt es ja noch nicht besser.“
Am nächsten Morgen laufen wir am Hafen entlang. Kat mit einigem Abstand zum Wasser.
„Hast du Angst reinzufallen?“, spotte ich. Sie wirft mir bloß einen hochmütigen Blick zu.
„Wasser ist nass“, antwortet sie trocken auf meinen Spott. Oha, das ist Mal eine Erkenntnis.
Ich frage sie: „Wohin gehen wir eigentlich?“
So langsam hab ich es nämlich satt hinter einer Frau herzulaufen. Sie sagt: „Zu jemandem, der dir vielleicht helfen kann wieder zum Mensch zu werden.“
Wie angewurzelt bleibe ich stehen.
„Das geht?! Wieso hast du das nicht schon längst gesagt?“
Sie zuckt bloß mit einem Ohr.
„Normalerweise wird man bei seiner Reinkarnation geboren
. Du bist irgendwie in eine Katze verwandelt worden.“
Da schwirrt einem ja der Schädel. Ich will gerade nachfragen, was sie damit meint, als ein tiefes Knurren ertönt. Ein Schatten springt hinter einem Holzhaufen hervor und stürzt sich auf Kat. In einer einzigen fließenden Bewegung windet sie sich unter dem Ding, nein, es ist eine andere Katze hervor und verpasst ihm einen Schlag ins Gesicht. Auf einmal nehme auch ich etwas wahr, gerade noch rechtzeitig kann ich mich ducken.
Was im Namen der Weltmeere soll ich tun?! Ich immitiere Kats Pose von gestern Abend, lege die Ohren an und fauche. Der Kater vor mir, ein wohlgenährter grauer Tiger lacht nur gurgelnd.
Hinter mir höre ich den Kampf von Kat und ihrem Gegner.
Wieder springt der Graue auf mich zu, wieder weiche ich aus.
„Du bist doch ein verdammter Pirat gewesen, Mann! Bist du bei nem Kaffeekränzchen umgekommen oder bei nem Kampf du Lappen?“, kreitscht Kat hinter mir bevor sie aufjault als ihr Kontrahend einen Treffer landet.
Will die mich etwa beleidigigen? Jetzt auch knurrend richte ich mich auf.
Okay. Ich hab keine Waffen. Und vier Beine. Dafür Krallen und Zähne. Wunderbare Alternative. Ich gehe ein Stück zurück, fahre meine Krallen aus und benutze meinen Schwanz um meine Haltung zu stabilisieren. Na, das ist praktisch.
Wieder springt der Tiger auf mich zu, doch dieses Mal bin ich vorbereitet. Ich stelle mich ebenfalls auf die Hinterpfoten, kralle meine Pfoten in seine Brust wie er in meinen Bauch. Jedoch habe ich weit dickeres Fell, wie mir gerade bewusst wird. Ich zögere keine Sekunde und versenke meine Zähne in seiner Schnauze. Er jault auf. Kraftvoll stößt er mich weg, wieder hilft mir mein Schwanz und ich lande auf allen Vieren. Geschmeidig gehe ich in die Hocke.
Bei den Menschen ist das eine Unterwerfungsgeste. Hier heißt es Angriff. Jede Pore meines Körpers ist angespannt. Ich fühle wie meine Muskeln vibrieren.
Der Tiger wendet sich um, gestreckt rennt er davon. Ich blicke zu Kat, zu meinem Entsetzen ist sie auf dem Rücken festgenagelt. Ein weiterer Kater steht zähnefletschend auf ihr. Ich will ihr gerade zu Hilfe kommen als sie sich mit einem Ruck selbst befreit. Die Hinterbeine in dem Bauch des roten Katers versenkt und ihn von sich weg schleudert. Auch er jault auf und verschwindet schließlich.
Kat wankt und kauert sich plötzlich wieder auf den Boden.
„Er hat meine Pfote erwischt, der Drecksack“, knurrt sie.
„Kannst du damit laufen?“, frage ich. Das wäre es jetzt noch, wenn wir hier fest hängen.
„Ja, geht wohl. Aber nicht so schnell wie wir müssten. Wir sind in Schwarzfells Viertel, er mag mich nicht sonderlich.“
Kaum zu glauben.
„Für nen Neuling hast du dich gut geschlagen“, meint sie anerkennend, als wir - jetzt vorsichtig - im Schatten entlang schleichen.
Ohne von weiteren Katzen belästigt zu werden laufen wir weiter in die Stadt. Der Geruch wird hier nicht unbedingt besser, er verändert sich bloß von vergammeltem Fisch und allerlei Hinterlassenschaften zu noch mehr Hinterlassenschaften. Unglaublich. Wie halten die das hier aus?
Wir sehen auf dem Weg viele weitere Rattenfänger. Versteckt in Nischen, zwischen den Häusern. Auf morschen Fensterbrettern, oder einfach an Hauswänden sitzend. Kat beachtet sie nicht und sie uns auch nicht. Ich halte mich dann gezwungenermaßen doch an die Braune vor mir. Wenn diese Viecher mich alle angreifen, hab ich auch keine Chance. Obwohl dieser Schwanz wirklich genial ist, das muss man ja Mal sagen.
„Wo wohnt der Kerl, zu dem wir gehn?“ murmle ich, als wir hinter einen Bretterhaufen huschen bevor uns ein Einbeiniger mit zwei Dirnen im Arm mehr oder weniger ausversehen mit seinem Holzbein aufspießt.
„Weiß nicht. Aber er streunt durch die Stadt. Meistens beim Fischmarkt.“
Es gibt noch einen Fischmarkt in der Stadt? Was bringt das denn, die können doch zum Hafen gehen. Kat lacht, als hätte sie meine Gedanken erraten.
„Denkst du die reichen Damen machen sich die Finger schmutzig? Die würden sich das am liebsten noch ins Haus bringen lassen.“
Soweit ich weiß tun sie dies auch. Aber wenn sie meint.
Eine Erinnerung aus meiner Kindheit schießt mir durch den Kopf. Als Sohn einer reichen Witwe hätte ich wohl mehr werden können als ein Pirat.
Mit zehn oder elf Wintern bin ich davon gelaufen um „etwas zu erleben“. Bei dem Gedanken muss ich mich daran hindern lautstark zu schnauben.
Auf einmal bleibt Kat stehen und steckt die Nase in die Luft.
„Er ist in der Nähe.“
Die kann hier irgendwas herausriechen? Plötzlich rennt sie los, ich folge ihr; sie flitzt um eine Ecke, ruft laut – was, kann ich aber nicht verstehen. Da kommt eine kleine, schwarze Katze langsam aus einer der tausend Gassen spaziert.
„Was ist denn, Braunauge?“, schnurrt sie. Man – nein, ich – kann sie kaum verstehen.
„Ich hab jemanden aus dem Meer gefischt, hier.“ Sie dreht sich um.
„Wohl eher fischen lassen“, grinst die andere und mustert mich. Unwillkürlich richte ich mich auf, studiere die Katze meinerseits. Ich habe zwar noch nicht viel Erfahrung aber sie sieht nicht sonderlich kräftig aus.
„Ich bin keine Katze, ich bin ein Mensch.“
„Ein Kapitän“, fügt Kat hinzu. Moment, das ist mir eben schon einmal aufgefallen. Woher weiß sie das eigentlich?
„Oha“, spottet die Katze. „Wie heißt denn dein Katzenkapitän? Captain Kitty?“
Sie lacht mich aus.
„Ganz Recht, meine Dame. Captain Kitty, angenehm. Und ihr? Zwerg Rattenfänger?“, sage ich betont ruhig.
Normalerweise streite ich mich nicht mit Frauen. Normalerweise habe ich so gut wie gar nichts mit ihnen zu tun – auf mein Schiff kommen sie nicht. Aber meine Erfahrung auf dem Land mit ihnen hat mich gelehrt, dass man mit ihnen anders sprechen muss, als mit Männern.
Es würde nichts bringen, sie in ihre Schranken zu verweisen.
Nur das mir mein Satz, jetzt im Nachhinein, ziemlich schwach vorkommt. Zwerg Rattenfänger. Also bitte.
Aber jetzt grinst die Katze nicht mehr.
„Ich bin Schwarzfell. Und du willst meine Hilfe, oder?“
Ich nicke leicht.
„Mein Name ist... war Blackeye, also sind wir uns doch fast ähnlich“, lenke ich von der Frage weg. „Kannst du mir jetzt sagen, warum ich ein Rattenfänger geworden bin?“
Es sieht so aus als würde sie den Kopf schütteln, gerade noch rechtzeitig fällt mir auf, das sie ihn hin und her wiegt.
„Hab ich selten von gehört. Ich glaub du kannst wieder zu dem werden, was du warst wenn du den Fehler einsiehst.“
Wie kryptisch.
„Was für einen Fehler?“, fahre ich sie heftiger als gewollt an. Sie faucht zurück: „Weiß ich doch nicht, kann ich hellsehen?“
Ich sehe wie Kat neben mir grinst.
„Jetzt haut ab. Ich riieeche eine Ladung frischen Fisch. Beim ausladen lässt er sich am besten stehlen.“
Und auf einmal ist sie verschwunden.
„Sagmal, warum geht sie nicht zum Hafen wenn sie so auf Fisch steht?“, frage ich Kat.
„Weiß keiner. Vielleicht hasst sie Wasser.“
Dieses Mal übernachten wir draußen, am Rande einer Lagerhalle. Auf dem Rückweg zum Meer hatte ich schon das Gefühl, das Kat immer langsamer wird, doch jetzt liegt sie zusammengerollt und schläft tief und fest.
Mitten in der Nacht wache ich auf. Vorsichtig öffne ich die Augen, Kat neben mir ist ebenfalls wach. Sie leckt sich ihre Vorderpfote. Diese blutet leicht und ist sichtbar geschwollen.
„Hat's sich entzündet?“, frage ich leise. Regen prasselt laut auf den steinernen Boden. Ich bin froh, dass das überstehende, niedrige Dach diesen noch von uns fernhält. Komisch, auf dem Meer hatte ich nie Problem mit Wasser, aber der Gedanke...
„Autsch, ja“, knurrt sie. Als sie mir den Blick zuwendet sind ihre Augen fiebrig verhangen.
Ich habe schon viele verletzte Männer gesehen und mit behandelt. Aber eine Katze?
„Mist“, fluche ich. „Ich glaub wir können nur abwarten.“
Sie flüstert bloß: „Ach nee. Jetzt mach nicht auch noch andere auf uns aufmerksam, alleine kriegste die nicht verscheucht.“
Jetzt muss ich grinsen.
„Du sprichst derbe wenn du wütend wirst.“
Darauf antwortet sie nicht einmal.
Den gesamten nächsten Tag bleibt sie liegen. Ich bekomme sie nicht dazu aufzustehen.
Mit ach und krach und einem recht schmerzhaftem Hieb auf den Rücken schaffe ich es einen halben Fisch zu klauen, den ich ihr bringe. Begeistert ist sie davon auch nicht, aber auch eine Katze muss essen. Mir selber knurrt auch der Magen, aber zu rohem Fisch muss ich mich erst noch durchringen. Jetzt erst wird mir klar, dass ich seit ich eine... Katze bin nichts gegessen habe.
Die Nacht schläft sie durch. Ich nicht. Es sieht nicht so gut aus. Es ist komisch, wie sehr ich mir Gedanken um sie mache. Ich kenne sie gar nicht und es ist eine Katze.
„Captain Kitty“, murmelt sie im Schlaf leise. Der Regen, der seid dem Nachmittag wieder angefangen hat kommt dieses Mal weiter bis unter das Dach. Ich stehe auf und lege mich vor sie. Wenn dazu jetzt noch eine Erkältung kommt, bin ich meine Retterin los.
Schließlich schlafe ich doch ein.
Mittags wachen wir beide schließlich auf. Mein Fell ist klamm und zerzaust. Ich strecke mich, mein Rücken knackt genauso wie als Mensch.
„Heute wieder fit?“, frage ich, mehr oder weniger rethorisch. Sie blinzelt nur, doch ich bilde mir ein, das die Pfote dünner aussieht. Kat streckt sie ein Stück von sich, es muss unbequem sein so zu liegen.
In der Zeit wo ich eh nichts ohne sie machen kann denke ich größtenteils über das nach, was die Katze Schwarzfell gesagt hat. Ich muss den Fehler wieder gut machen? Muss ich das Schiff von dem unbekannten Piraten versenken, oder wie?
„Warst du ein grausamer Pirat?“, fragt Kat mich irgendwann. Ich frage mich, ob ich es mir einbilde aber ihre Augen wirken nicht mehr so verschleiert, wie noch gestern.
War ich grausam?
„Nein, eigentlich nicht. Ich habe getan, was ich musste um mir Respekt zu verdienen. Nicht jeder Mann schafft es mit 25 zum Kapitän zu werden“, antworte ich nicht ohne Stolz. Ich war gerade Mal ein Jahr der Kapitän der „Goldkehlchen“. Das Schiff haben wir nicht einmal gestohlen. Sie sollte versenkt werden, weil sie alt und morsch war. Ich habe sie mit meinem Freund wieder hergerichtet, das hat auch fast ein Jahr gedauert.
Aber als Kapitän grausam...
Da erinnere ich mich an einen Vorfall.
Ich stehe abrupt auf und frage Kat: „Kann ich dich allein lassen?“ Ich muss mal ein wenig spazieren.
„Bist ja nicht meine Magd, also bitte.“
Ich war einmal
„grausam“.
Klatschnass stehe ich draußen, im Regen vor dem Steuer. Ich liebe den Gesang der tausend Stürme Ägirs und den salzigen Geruch des aufgepeitschten Meeres. Das Salz hat mein Hemd bereits steif und kratzig werden lassen, trotz der Nässe.
Breitbeinig für den sicheren Stand pfeife ich laut eine Melodie. Nicht, dass man das durch das Pfeifen der Segel hören kann. Trotzdem meine Männer sie längst eingeholt haben, bieten sie dem Wind noch genug Widerstand.
Ich mache mir keine Sorgen, dass die „Goldkehlchen“ untergeht. Dazu ist der Sturm zu schwach und mein Schiff zu stark.
Auf einmal höre ich streitende Stimmen. Erst ignoriere ich sie, doch sie werden immer lauter. Mit meinem Stiefel trete ich unwillig den Mann, der halb schlafend, halb betäubt von Alkohol neben dem Steuer liegt. Er zieht sich daran hoch. Naja, ob unser Kurs nicht doch besser ohne den Säufer dran ist. Egal...
Entschlossen steige ich die drei Stufen hinab, im schwankenden Licht einer Lampe erkenne ich die zwei streitenden Männer. Auf einmal gibt der eine dem anderen eine Ohrfeige, ich eile dahin, doch bis dahin hat der andere Mann dem ersten die Mütze vom Kopf gezogen.
Eine wilde Lockenmähne kommt daraus hervor.
Wie angewurzelt bleibe ich stehen. Dann, noch unwissend was ich überhaupt tun will, tun muss, schreite ich ein. Auf dem nassen Holz rutsche ich beinahe aus, die beiden starren mich an.
Es ist mein Freund, der mit mir die "Goldkehlchen" wieder aufgebaut hat. Und neben ihm steht eine Frau. Ein paar Sekunden lang herrscht Stille. Dann brülle ich:
„Du hast eine Frau auf unser Schiff gebracht?! Hast du dir den Schädel angehaun oder was?!“
Am nächsten Tag hat der Sturm nachgelassen. Die Frau steht mit gefesselten Händen zwischen meinen Männern. Ich habe die ganze Nacht überlegt, was ich tun muss.
Meine Männer vertrauen mir noch nicht. Wir fahren erst ein paar Wochen zusammen und sie murren bereits. Ich weiß gut, dass das für uns alle tödlich enden kann.
Ich muss meine Autorität wieder herstellen.
Die kaffeebraunen Locken der Frau glänzen im Sonnenlicht. Ein paar Mal habe ich sie bereits das Deck schrubben sehen. Aber da hielt ich sie für einen Mann.
Wenn ich sie in Ägirs Schoß versenke könnte es sein, dass ich Joe verliere.
Wenn ich sie auf dem Schiff lasse oder in einem Boot auf dem Meer aussetze werde ich die Crew verlieren.
Die für mich einzig logische Wahl ist also klar.
Leicht fällt es mir nicht, aber ich muss meine Autorität wieder herstellen.
Ich schaue auf die Weiten des Meeres. Ich habe sie ihm übergeben.
Aber bereuen... nein. Es musste sein. Es war nur eine Frau. Ich habe mehrere Menschen getötet, an deren Gesichter ich mich nicht einmal erinnere. Im Kampf. Aber an das Gesicht dieser Frau erinnere ich mich gut.
Und Joe... er ist verschwunden. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass er wichtig ist.
Ich versuche mich weiter zu erinnern.
Es geht Kat langsam wirklich besser. Sie ist immernoch nicht aufgestanden, der Regen hat auch wieder eingesetzt, aber sie redet wieder mehr mit mir.
Ich habe sie gefragt, woher sie mich kannte. Sie sagte, ich rede im Schlaf. Ich hoffe es ist so, denn langsam habe ich ein ganz mieses Gefühl bei der Sache.
Wieder lege ich mich nachts, als sie eingeschlafen ist und der Regen noch weiter unter das Dach kommt vor sie.
Da ich eh nicht einschlafen kann beschäftige ich mich mit dem fehlenden Puzzleteil meiner Erinnerung. Es muss etwas damit zu tun haben, dass ich jetzt zu einem Rattenfänger geworden bin.
Irgendwann in den Morgenstunden wache ich auf, weil sie sich bewegt. Sie windet sich, bis sie ihren Kopf unter meinen legen kann und kuschelt sich in meine Halsgrube.
Auf einmal wünsche ich mir, wieder ein Mensch zu sein.
„Wenn ich ein Mensch wäre, würde ich dich küssen“, murmle ich. Sie zuckt zusammen. Anscheinend hat sie nicht gemerkt, dass ich wach bin.
„Warum?“, schnurrt sie. Es kitzelt mich am Hals und ich senke meinen Kopf bis wir uns in die Augen sehen können.
„Menschen machen das, wenn sie sich mögen.“
„Aber sie küssen auch Huren. Und die mögen sie nicht.“
Da hat sie Recht. Aber es ist irgendwie anders. Ich wünsche mir gerade ihren Geschmack auf meiner Zunge zu spüren, ihne Haare zu berühren.
Oh Ägir, ich will eine Katze küssen...
Die Morgensonne lässt ihr Fell, welches im Gegensatz zu meinem komplett trocken ist, kaffeeebraun glänzen.
Da schießt mir das Bild in meiner Erinnerung durch den Kopf.
Kann es sein, dass sie...?
„Bist du als Katze geboren worden?“, frage ich sie.
„Kann sein. Ich kann mich erinnern bis vor zwei Jahren. Davor ist nichts mehr.“
Zwei Jahre. Ägir bitte nicht. Das Mädchen, was ich habe umbringen lassen, ist eine Katze. Ich bin auch eine Katze und ich wünsche mir sie zu küssen. In was hast du mich da hineingesteckt?
Erst als sie leise seufzt merke ich, das sie wieder schläft.
Kann es wirklich sein, dass sie diejenige ist? Und müsste ich es ihr dann sagen?
Ein drückendes Gefühl breitet sich in meinem Magen aus.
Kat ist wieder gesund. Dafür, dass sie drei Tage lang fast nichts gegessen und getrunken hat ist sie erstaunlich gut auf den Beinen. Aber ich komme auch mit weniger aus, merke ich. Wir sitzen nebeneinander am Meer.
Das unangenehme Gefühl, von dem ich dachte es würde bald weggehen ist im Gegenteil noch stärker geworden.
Tatsächlich bringe ich es einfach nicht über mich, es ihr zu erzählen.
Ich bin mir fast sicher, dass sie das fehlende Teil ist, aber es fehlt noch etwas.
Sie bringt mir bei, wie man Ratten jagt. So schnell und brutal wie sie dieses Ungeziefer fängt überlege ich mir, dass ich es ihr hätte sagen sollen als sie noch nicht wieder so viel Kraft hatte.
Den Kater vor... ich habe sogar vergessen vor wie vielen Tagen das war, aber der war einfach. Der Bestand auch größtenteils aus Fett. Die braune Katze, die gerade sehr geräuschvoll eine Ratte frisst besteht aus Muskeln.
Moment. Braune Katze. Kaffeefarben. Joe, Joe hat die gleichen Haare. Wie erstarrt sitze ich da, den Schwanz fest um meine Vorderbeine geschlungen.
Als ich starb, war Joe der Kapitän des angreifenden Schiffes. Wieso erinnere ich mich jetzt erst daran?
Aber das erklärt immer noch nicht, warum er mich wegen einer Frau umbringen will. Obwohl. Er hat es ja geschafft mich umzubringen.
Ob ich wohl dieses Mal als Seetang wiedergeboren werde, wenn sie mich tötet? Naja, so viel schlechtes Karma kann ich als Katze nicht angehäuft haben. Außer man bekommt Abzug wenn man Ratten umbringt.
Seufzend lege ich den Kopf auf die Pfoten und schlinge mir den Schwanz vor die Nase um sie vor den furchtbaren Gerüchen zu schützen. Nicht, dass das viel bringen würde.
Wie in den letzten Tagen starre ich in den Abendstunden auf das Meer hinaus. Es ist schon immer so beruhigend gewesen. Das Rauschen, das Salz in der Luft. Die Weite. Aber hier...
„Guten Abend, Captain Kitty“, sagt Schwarzfell plötzlich neben mir. Ich habe mich fast schon dran gewöhnt, dass sie immer lautlos auftaucht. Sie hat es schon ein paar Mal gemacht. Von wegen sie mag kein Wasser. Sie ist einfach exzentrisch was manche Dinge betrifft.
Kat setzt sich an meiner anderen Seite nieder und schmiegt sich an meine Seite. Sie ist netter zu mir, seiddem sie ihre Verletzung an der Pfote hatte.
„Was willst du, Schwarzfell?“, frage ich müde ohne den Blick vom Meer zu nehmen.
Das Wasser im Hafen ist so schmutzig. Ich wünschte ich wäre wieder ein Mensch, dann könnte ich auf See.
„Du kannst auch als Katze zur See fahren.“
Ich glaube langsam dieses Weib kann Gedanken lesen. Lachend wende ich mich zu ihr.
„Und den Männern als Mob dienen wenn sie sich langweilen? Oder gegessen werden wenn das Fleisch knapp wird?“
„Ich hab noch nie einen Menschen getroffen der Katzen isst“, meint Kat. Ich gebe nur zurück: „Wenn man auf dem Meer ist, die Vorräte leer sind, kaum Fische fängt und Hunger hat...“
„Hast du schon herausgefunden, wie du zum Mensch werden kannst?“, schaltet sich Schwarzfell wieder in das Gespräch. Ich knurre nur als Antwort. Ich glaube ich muss es Kat sagen. Aber...
Ich kanns nicht. Ich glaube immernoch, dass es richtig war zu der Zeit. Was sollte ich sonst tun – mich massakrieren lassen?!
Schwarzfell lacht auf. Oh verdammt, sie kann Gedanken lesen.
„Sags ihr, Captain.“
Ich fauche, fahre herum doch sie ist verschwunden.
„Was sagen?“, fragt Kat. Ihre Stimme klingt auf einmal misstrauisch und tiefer.
Na vielen Dank.
„Weißt du noch, als du mich gefragt hast ob ich einmal grausam gewesen bin?“
Sie nickt fast unmerklich mit dem Kopf, die Pupillen sind zu schmalen Schlitzen geworden.
„Ich wars. Vor zwei Jahren hat mein Freund eine Frau auf mein Schiff geschmuggelt. Ich war jung und hatte eine neue Crew. Musste mich beweisen vor ihnen.“
Auf einmal geht sie einen Schritt zurück, ihre Augen weiten sich. Ich bete zu einem Gott an den ich nicht einmal glaube, dass sie sich nicht erinnert. Leider sprechen ihre Augen etwas anderes. Ich hätte zu Ägir beten sollen. Den gibt es zu zweihundert Prozent.
Wieso erinnert sie sich jetzt? Ist diese ganze Scheiße etwa geplant oder so?! Warum treffe ich ausgerechnet sie?
„Du hast mich... umgebracht.“
Sie knurrt so tief, das ich sie beinahe nicht verstehe. Auch ich weiche zurück. Ich werde bestimmt nicht mit ihr kämpfen.
„Siehst du warum ichs dir nicht erzählen konnte?“
Kreischend vor Zorn stürzt sich die Katze auf mich. Sie gräbt mir ihre Krallen in die Schultern, reflexartig stoße ich sie zurück.
In Angriffsposition kauert sie sich auf den Boden, den Schwanz schlagend.
„Was hast du mit meinem Bruder gemacht?“
Verdutzt schaue ich sie an. Ihr Bruder?
„Joe ist dein Bruder?!“, frage ich sie langsam. Das würde Vieles erklären. Soweit ich weiß hatte Joe keine Eltern mehr. Aber er hat sich immer um jemanden in der Stadt in der wir lebten gekümmert.
Oh verdammt sie war seine Schwester?!
Dieses Mal bin ich nicht vorbereitet, als sie mich anspringt. Mit einem Schlag reißt sie mir ein großes Büschel Fell vom Hals, gerade noch rechtzeitig drehe ich mich weg.
„Ich bereus, 'kay?!“, schreie ich sie an. Die Boote und Schiffe im Hafen werfen lange Schatten auf die Steine. Obwohl mich gerade meine einzige Freundin und Verbündete angreift, wird das Gefühl in meinem Magen endlich leichter.
„Es war falsch, ich weiß es!“
Wieder springt sie mich an, aber ich wehre mich nicht. Sie begräbt mich unter sich, drückt mir mit ganzen Gewicht auf meinem Hals die Luft ab.
Aber in ihrem Blick ist kein Hass mehr.
Ich muss meinen Körper fast zwingen sie nicht zurück zu stoßen. Das darf ich nicht. Ich habe sie einst dem Meer überlassen, es ist nur ihr gutes Recht das Gleiche mit mir zu tun.
Schließlich wird mir schwarz vor Augen.
So langsam geht es mir auf den Sack alle Paar Tage k.o. zu gehen und völlig orientierungslos zu erwachen. Ich richte mich auf.
Erschrocken blicke ich an mit hinab. Ich bin... groß. Zweibeinig. Ein Mensch.
Was zur Hölle ist...?!
Mein Blick fällt neben mich. Zusammengerollt, nackt bis auf einen Schwall brauner Locken liegt Kat. Sie ist auch wieder ein Mensch. Ich schaue an mir hinab. Ich trage nasse Klamotten, die Sachen, in denen ich... gestorben bin. Unwillkürlich fasse ich mir an das linke Auge. Eine Augenklappe verdeckt das hässliche Loch. Ich blicke mich um. Es ist Menschenleer. Ich stehe auf, obwohl mein Hemd salzig-nass und obendrein auch noch fleckig von Blut ist bücke mich zu Kat und ziehe es ihr vorsichtig an.
Ich muss mich beherrschen sie nicht anzustarren – das ist etwas anderes als eine gekaufte Frau für eine Stunde im Hinterzimmer. Vorsichtig hebe ich sie hoch. Kat seufzt im Schlaf genauso wie als Katze und legt von selber die Arme um meinen Hals.
Das macht es leichter.
Die Gedanken wirbeln in meinem Kopf durcheinander.
Also hat sie mich nicht umgebracht. Oder doch? Ich verstehs nicht.
Ich überlege einen Moment wo wir übernachten können. Als Katze konnte man einfach irgendwo schlafen. Aber das Kat so
auf der Straße schläft, werde ich bestimmt nicht zulassen.
Da fällt mir der Pub ein, in dem wir in meiner ersten Nacht geschlafen haben. Ich hebe mein Knie an, stütze sie kurz darauf und fasse mit meiner anderen Hand in meine Hose. Ein paar Münzen sind noch darin. Dann kann ich dem Wirt auch ein paar Kleider abkaufen.
Auf dem Weg, der als Mensch seltsamerweise weiter erscheint stolpere ich mehrmals. Unentwegt betrachte ich die schlafende Frau in meinen Armen. Auf der Straße wäre sie mir nicht unbedingt aufgefallen. Ihre Wangenknochen sind hoch, ihre Nase etwas zu lang. Aber ihr leicht geöffneter Mund läd mich dazu ein, sie zu küssen.
Jetzt ist sie ja auch keine Katze mehr.
Schließlich schlägt sie die Augen auf.
„Lass mich runter!“, sind ihre ersten Worte.
„Du bist nackt“, entgegne ich nur, gebannt von ihren Augen. Sie haben die gleiche Farbe wie als Katze, Außen ein brauner Ring und Innen grün. Ich kann mich nicht mehr zurückhalten, hebe sie noch ein Stück höher und küsse sie sanft auf die Lippen. Zu meinem Erstaunen erwidert sie meinen Kuss. Sie schmeckt nach Meer, salzig und rein. Dafür das wir uns beide von Ratten und Fisch ernährt haben erstaunlich gut.
Erst als wir beide keine Luft mehr bekommen löst sie ihren Klammergriff um meinen Hals.
„Dafür, dass du mich vor ein paar Stunden noch umbringen wolltest war das jetzt aber nett.“
Ich könnte schwören, dass sie schnurrt, so zufrieden sieht sie aus.
„Wir leben doch jetzt, oder? Ich hab dir glaub ich... verziehen, Captain Kitty.“
Bei dem Namen verziehe ich das Gesicht. Es war okay, dass Schwarzfell mich so genannt hat. Aber für meine Crew werde ich doch lieber bei Blackeye bleiben. Das klingt nicht so lächerlich.
Ein paar Stunden später haben wir beide trockene Sachen und ein kleines Zimmer.
„Was machen wir jetzt?“, frage ich sie leise. Hier haben die Wände Ohren.
„Na, ich geh bestimmt nicht mehr auf dein Schiff. Nachher darf ich dann wieder tauchen üben.“
Ich ziehe sie zu mir, umarme sie.
„Wer sagt denn, das du eine Frau bist? Ich hab hier nur einen streunenden Rattenfänger.“
Kat lacht und ich genieße es. Selten war ich so glücklich wie in diesem Moment.
Ich habe es geschafft zu bereuen. Aber wie kann man so stark sein, zu verzeihen? Vielleicht lerne ich das ja noch, eines Tages...
Texte: Kim Rebekka Hofmann
Bildmaterialien: Kim Rebekka Hofmann
Tag der Veröffentlichung: 20.05.2012
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