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Fragt die Liebe die Freundschaft: "Warum gibt es dich, wenn es mich schon gibt?"
Darauf antwortet die Freundschaft: "Um dort ein Lächeln zu zaubern, wo du eine Träne hinterlassen hast."
Altes Sprichwort
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„Das verstehe ich nicht“, meinte die Liebe. „Ich bin etwas Gutes und Schönes.“ Die Freundschaft lächelte. Diese Liebe. Wann würde sie kapieren, dass sie oft sehr viel Schmerz verursacht. Stimmt, die Liebe ist unverzichtbar, aber sie kann auch sehr anstrengend sein. So viele Lebewesen haben wegen ihr leiden müssen, aber sie schien es noch immer nicht zu verstehen.
Sie, die Freundschaft war etwas Festes, etwas Unverrückbares, wie ein Felsen. Die Liebe dagegen konnte in alle Richtungen gehen und sich ständig verändern.
Die Liebe sah sie noch immer fragend an. Die Freundschaft räusperte sich. „Nun, ich bin mir sicher, du hast schon mal von Liebeskummer gehört.“ Die Liebe zuckte die Schultern. „Na und. Das ist eben auch ein Teil von mir. Aber das ist doch noch lange kein Grund dafür, dass du auch existieren solltest. Du bist mir sehr ähnlich, oder etwa nicht?“
Die Freundschaft musste über das Gesagte etwas nachdenken. „Nein, ich bin dir nicht ähnlich“, begann sie, „Ich bin etwas fürs Leben, während du dich ständig verändern kannst.“
„Aber Freundschaften ändern sich doch auch laufend.“ Das traf die Freundschaft wie ein Schlag. Darüber hatte sie noch nie nachgedacht. Sie war bis jetzt immer der Meinung gewesen, eine Freundschaft hält fest und sicher. Aber natürlich es gab ja auch Freundschaften, die auf unschöner Weise zerbrachen. Wie Recht die Liebe doch auf einmal hatte. Oder?
„Aber wenn jemand Liebeskummer hat, ist die Freundschaft da und tröstet dich.“ Die Liebe grübelte. „Aber umgekehrt doch auch. Wenn du Streit in der Freundschaft hast, kann dir doch auch die Liebe helfen.“ Das war wirklich eine unglaubliche Entdeckung. Das kann doch nicht wahr sein, dachte die Freundschaft. Seit dem Beginn ihrer Existenz, und das fängt mindestens beim Urknall an, war sie der Meinung gewesen, dass sie um einiges wichtiger war, als die Liebe. Sie traf die Liebe häufiger und war eigentlich ganz gut mit ihr befreundet, aber es war das erste Mal, dass sie ihr so eine Frage gestellt hatte. Immerhin ist die Liebe auch so ein alter Brocken und sie kennen sich seit Ewigkeiten.
„Äh ja, das kann schon sein. Aber die Freundschaft hält viel länger und geht bis über den Tod hinaus.“ Die Liebe sah sie an, als käme sie vom Mars. „Ist dir noch nie aufgefallen, dass die Liebe genauso lang halten kann.“ Die Freundschaft war ganz verdutzt. Die Liebe hatte Recht. Die kleine, dumme Liebe auf die sie immer herabgeschaut hat, hatte Recht.
Die Freundschaft schwieg verlegen. Wie konnte sie nur so blöd sein, zu glauben, dass sie etwas Besseres sei. Freundschaft und Liebe haben den gleichen Wert, die gleiche Wichtigkeit und die gleiche Notwendigkeit. Zum ersten Mal, hatte die Freundschaft das erkannt. Auch die Liebe schwieg. Sie freute sich darüber, auch mal etwas Kluges gesagt zu haben. Bis jetzt hatte die Freundschaft immer alles besser gewusst. Nicht so dieses Mal.
Nach langer Sprachlosigkeit meinte die Freundschaft: „Ich glaube, ich muss mich entschuldigen.“ Die Liebe war ganz verdattert. Entschuldigen? Die stolze Freundschaft wollte sich bei ihr entschuldigen. Das kam der Liebe einem Ritterschlag gleich. (Auch wenn Gefühle selten einen Ritterschlag bekamen.) „Weswegen denn?“, fragte die Liebe. „Dass ich dich immer so herablassend behandelt habe.“ – „Das war doch nicht so schlimm. Ich meine wir sind befreundet, oder? Das müsstest du als Freundschaft am besten wissen, was für unsere Freundschaft gut ist.“ – „Naja, auch ich kann mich irren. Liebe und Freundschaft sind gleich wichtig und jeder braucht das eine, wie auch das andere.
Die Liebe strahlte. Arm in Arm entfernten sie sich, um ihre schönen Gefühle weiter zu verbreiten.
Tag der Veröffentlichung: 02.05.2010
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