"Warum? Warum musst du nach Los Angeles? Du bist doch hier auch glücklich, nicht wahr?"
Mit tränenüberströmten Augen sah Melly ihren Vater an. Nicht nur, dass er sie und ihre Mutter verlassen hatte, jetzt möchte er auch noch ganz aus New York weg. Melly hing sehr an ihrem Vater. Sie zu ihm auf, sah ihn als Vorbild.
"Liebling, ich möchte mal etwas anderes sehen und erleben. Verstehst du?" Albert Dawson machte eine bedeutungsvolle Pause. Er kniete sich zu seiner Tochter hin und flüsterte: "Das heißt doch nicht, dass ich dich weniger liebe, oder dass sich etwas zwischen uns ändern sollte." Melly stand auf und ging zum Fenster. Vom Büro ihres Vaters konnte man fast bin zur Freiheitsstatue sehen. Sie liebte das Bürogebäude von "Dawson & Co. AG". Bald wird es nicht mehr hier sein.
Wahrscheinlich wird das schöne Hochhaus verkauft oder vermietet. Dann konnte sie nicht mehr zum Träumen oder Nachdenken auf die Dachterasse kommen. Es war vorbei. Ein großer Teil ihrer Kindheit war verloren. Vielleicht für immer.
"Wann fliegst du nach Los Angeles?", schluchzte Melly. "Übermorgen, am Vormittag."
"Hast du es Mum schon gesagt?" - "Ja, natürlich. Ich habe mit ihr vereinbart, es dir heute zu sagen."
Melly starrte eine Weile durch das Fenster, bis sie sich wieder umdrehte und sich auf einen Drehstuhl fallen ließ, wo Albert noch immer kniete.
"Und wann werde ich dich sehen?" - "Du kannst kommen, wann immer du willst. Und in den Ferien kannst du dich wochenlanf in LA sonnen."
Melly antwortete nicht darauf.
"Kommst du übermorgen zum Flughafen?" - "Um wie viel Uhr?" - "Mein Flieger geht um zehn." - "Ich werde da sein, mit Mum denke ich." Albert nickte. Jetzt traten ihm auch die Tränen in die Augen. "Ich werde dich so vermissen, mein Schatz." - "Ich dich doch auch, Dad!"
Darauf stürzte sie sich in seine Arme.
"Wie ich schon gesagt jabe, wann immer du willst", wiederholte Albert immer wieder. Am Flughafen war viel los. Melly fühlte sich eingeengt und freute sich wieder auf die Heimfahrt.
"Mein Flugzeug wartet", sprach Albert leise.
"Mach's gut, Dad." Melly umarmte ihn ein letztes Mal. "Wiedersehen, Rose", sagte er und küsste Mellys Muter auf die Wange. "Auf Wiedersehen, Al", antwortete Rose höflich.
"Mach's gut", flüsterte Melly noch einmal.
Rose nahm ihre Tochter am Arm und führte sie zum Auto. "Er wollte es so", meinte sie. "Ja, er wollte es so. Er wollte etwas erleben. Etwas anderes."
Melly musste lächeln.
Tag der Veröffentlichung: 02.08.2009
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