Cover

Kai und der Ponyhof


ist auf
www.tredition.de erschienen. 84 Seiten

Autor: Manuel Magiera

ISBN Nr: 978-3-86850-482-8

und kostet als Kinderbuch nur 10,49 Euro


Es handelt sich um eine Kindergeschichte über den Reitsport, in die erstmalig auch die Reitlehre integriert wurde.
Die kleinen( und großen) interessierten Leser fiebern also nicht nur mit ihrem Helden, dem neunjährigen Kai mit, wenn er für seine Turniere trainiert und seine ersten Erfolge im Springparcours feiert, sie lernen auch gleichzeitig den richtigen Umgang mit ihrem Pony und die wichtigsten Fachbegriffe aus dem Pferdesport.





Die Idee kam mir, weil ich selbst ein Pferd habe und passionierter Freizeitreiter bin. Die Bücher der FN sind in der Regel Fachbücher, die man nur liest, wenn man sich für eine Prüfung vorbereitet und die gängigen Pferdegeschichten sind allesamt natürlich sehr niedlich. Aber ich denke, dass Kinder wissen sollten, dass auch das bravste Pony beißen oder ausschlagen kann und wie man sich gegenüber einem solchen vierbeinigen Sport- und Freizeitkameraden richtig verhält, damit es gar nicht erst zu Unfällen kommt.

Ich bin selbst Basispass und Reitpassinhaber und habe auch mein Longierabzeichen erfolgreich bestanden.
Auf dem Cover ist meine alte inzwischen mit 28 Jahren verstorbene Stute "Sissi" zu sehen.
Ihr Name taucht in der Geschichte in einem anderen Zusammenhang kurz auf, so dass meinem alten treuem "Mädchen" ein Denkmal gesetzt wurde.

Der Fuchswallach heißt Rüdiger und ist im Besitz meines Freundes, welcher mich kurzerhand nach Sissis Tod zum Mitbesitzer machte. Vom "Pferdesharing", zu deutsch "Reitbeteiligung" profitieren wir alle drei.


Ich arbeite zurzeit am zweiten Teil. Es ist eine Fortsetzungsreihe geplant, die Kai und seine kleine behinderte Freundin Katja auf ihrem Weg durchs Leben als Kinder und später Jugendliche begleitet. Am Schluß, soviel soll verraten werden, darf Kai auf der Landesmeisterschaft starten. Ob er gewinnt?
Laßt Euch überraschen!

Im folgenden dürft Ihr schon einmal das erste und das dritte Kapitel lesen und wer es möchte, kann sich ja dann :
"Kai und der Ponyhof"
zum Geburtstag oder zu Weihnachten wünschen.
Inzwischen habe ich sehr viele Meinungen von qualifizierten Pferdefachleuten eingeholt, die mir zu der Idee und zum Buch gratulierten und es als hochwertiges pädagogisch wertvolles Kinderbuch einstuften. Hier also die Leseprobe und dann macht Euch selbst ein Bild.


Inhaltsangabe


1. Kap. Das schönste Geburtstagsgeschenk S.7-17
2. Kap. Alexanders erster Tag auf dem Ponyhof 18-33
3. Kap. Kai und Katja S. 33-42
4. kap. Alexander fährt zur Fohlen- Schau 43-53
5. Kap. Kai und der Basispass 54-70
6. Kap. Das erste Turnier 71-84


Leseprobe

Kai und der Ponyhof

1. Kapitel Das schönste Geburtstagsgeschenk


Geschafft! Endlich Ferien!
Der blonde sommersprossige Kai nimmt seinen bunten Schulranzen und läuft fröhlich von der Schule nach Hause.

Kai denkt seit einigen Wochen nur noch an Schneeflocke.
Die Ponystute ist trächtig und soll in den nächsten Tagen ihr erstes Fohlen zur Welt bringen. Schneeflocke lebt mit vielen anderen Ponys und Pferden auf dem Reiterhof seines Onkels.

Der kleine Junge verbringt jede freie Minute im Stall und reitet auch schon sehr gut. Eigentlich ist ein braunes Pony namens Lonzo sein augenblicklicher Begleiter, denn Kai springt gerne mit Lonzo über kleine Hindernisse.
Aber sein Lieblingspony ist und bleibt Schneeflocke.
Sie ist eine ganz weiße Schimmelstute und wie er, immer zu Streichen aufgelegt. Sein Onkel hat ihm zum Geburtstag eine Überraschung versprochen. Und morgen ist es soweit. Kai wird neun Jahre alt.

Er beeilt sich und ist zehn Minuten später schon zu Hause angekommen. Seine Mutter hat ihn bereits erwartet. Sie öffnet die Tür, bevor er auf den Klingelknopf drücken kann.

„Hallo Kai, na du hast es aber eilig! Ist dein Zeugnis so gut? Du willst sicher gleich zu Schneeflocke?“ Sie lächelt ihn freundlich an. Das Mittagessen steht schon auf dem Tisch.
Es gibt Frikadellen und Stampfkartoffeln, das isst Kai für sein Leben gern.
„Hast du denn schon etwas von Onkel Jochen gehört?“, fragt er die Mutter.
„Nein, aber wenn du gegessen hast, darfst du gleich hinfahren.“ Sie streicht ihm zärtlich über die hellblonden Locken.
„Darf ich dein Zeugnis mal sehen. Ich bin schon ganz neugierig?“
Frau Thomsen sieht ihren kleinen Sohn erwartungsvoll an.
„Natürlich, es ist in meinem Schulranzen.“ Kai stopft sich noch schnell den letzten Bissen Kartoffelbrei in den Mund.
Dann nimmt er seine Büchertasche und zieht das Zeugnis heraus.
„Es ist sehr gut. Ich habe nur Zweier und sogar eine Eins im Rechnen“, sagt er stolz.

Einen Augenblick später ist er mit dem Essen fertig und läuft in sein Zimmer, um seine Reithosen und die Chaps anzuziehen.
Dann holt er sein Fahrrad aus der Garage, ruft seiner Mutter noch einmal „Tschüss“ zu und ist schon im nächsten Moment verschwunden.

Es ist nicht weit bis zum Reiterhof und als Kai auf den Stall zufährt, kommt ihm sein Onkel entgegen.
„Hallo Onkel Jochen, wie geht es Schneeflocke? Ist das Fohlen schon da?“ Der blonde schlanke Mann in den braunen Reithosen und dem hellen gelben Hemd lacht.
Er kommt gerade von der Weide und trägt einen blauen Werkzeugkasten in der Hand.
„Nein, aber geh nur in den Stall. Nachher kannst du Lonzo satteln. Ich gebe dir eine Stunde Unterricht.“

Kai rennt in den kleinen Ponystall.
Schneeflocke steht in der Abfohl Box. Sie hat einen ganz dicken Bauch und wiehert ihm erwartungsvoll entgegen.
Kai nimmt einige Leckerli aus der Hosentasche und streichelt liebevoll ihren Hals. Die Stute schnaubt zufrieden. Er bleibt noch eine Weile bei ihr.

Als zwei junge Mädchen kommen und ihre Pferde für die Reitstunde satteln wollen, geht auch Kai zu Lonzo und führt ihn aus der Box. Mit dem Führ strick bindet er den Wallach an einen der Pfeiler.
Lonzo ist manchmal sehr frech zu seinen Reitern und buckelt gerne.
Wenn die kleinen Jungen und Mädchen ihn dann nicht sicher aussitzen und ihr Gewicht ausgleichen können, fallen sie sehr schnell herunter. Kai hat sich bisher gut gehalten und sich immer durchgesetzt.
Er nimmt den Striegel und beginnt von der linken Halsseite ausgehend das Fell zu putzen. Lonzo wälzt sich oft auf der Weide und sieht dann leider immer entsprechend aus. Nach zehn Minuten hat Kai auch die helle Mähne einmal durchgekämmt und die Hufe ausgeräumt. Er holt den Sattel und das Zaumzeug aus der Sattelkammer.

Lonzo muss ein Martingal über dem Hals tragen. Es wird unten am Bauch mit einer Schlaufe über den Sattelgurt gezogen.
Das kleine freche Pony schlägt gerne beim Springen mit dem Kopf und der Hilfszügel hindert es daran.
Zum Schluss holt Kai noch die Gamaschen und die Sprungglocken für die Vorderbeine aus seinem Schrank. Er geht einmal ganz um sein Pferdchen herum und legt die schützenden Gamaschen oberhalb der Fesseln um jedes Bein.
Lonzo soll sich ja nicht weh tun, wenn er mal an ein Hindernis stößt.


Ein paar Minuten später sind Ross und Reiter fertig für die Unterrichtsstunde. Kai schiebt noch eben seine kleinen Sporen über die Stiefeletten und hätte beinahe wieder seinen Helm vergessen.
Dass ist eigentlich beim Reiten das Wichtigste. Immer muss ein Helm mit einer Dreipunktbefestigung auf dem Kopf sitzen!
Onkel Jochen achtet sehr streng darauf, dass die Kinder und auch die erwachsenen Reiter auf dem Hof diese Regel einhalten. Die Unfallgefahr ist sonst einfach zu groß.

Dann verabschiedet sich Kai von Schneeflocke und führt Lonzo in die Springbahn. Er zieht die Zügel durch die Martingal Ringe und lässt die Steigbügel herunter.
Lonzo will wieder nicht artig stehen bleiben und läuft um Kai herum. Der fasst in die wuschelige Mähne und schwingt sich im nächsten Augenblick von der linken Seite auf den Rücken des kleinen Frechdachses.

Am langen Zügel darf Lonzo erst einmal zehn Minuten Schritt gehen. Die Muskeln und Sehnen müssen aufgewärmt werden.
Auch Kai muss sich erst lockern und dehnen, bevor er mit dem Sportunterricht beginnt. Das hat er schon in der Schule gelernt.

Abreiten kann er Lonzo natürlich allein.
Er gurtet noch einmal nach und nimmt dann langsam die Zügel auf. Dann trabt er an. Erst geht es ganze Bahn, dann durch die Bahn wechseln, auf dem Zirkel geritten und aus dem Zirkel wechseln.
Kai kennt die Bahnfiguren aus den Reitstunden mit Onkel Jochen. Im letzten Jahr hat er schon das Kleine und das Große Hufeisen gemacht.

So nennt man die Motivationsabzeichen, durch die Kinder die ersten Grundlagen über Pferde und Pferdehaltung lernen sollen. In den Sommerferien will Kai auch seinen Basispass machen.
Wenn er den hat, kann er sich zum Reitabzeichen Lehrgang anmelden und dann wird es ernst. Er möchte bald mit Lonzo das erste E-Springen nennen und mit ihm an Turnieren teilnehmen.
Vorher muss er aber noch sehr viel üben und bei seinem Onkel trainieren.

Er galoppiert einige Runden und pariert wieder zum Trab durch.
Lonzo muss sich lösen und dabei langsam an das Gebiss herantreten. So hat es ihm der Onkel erklärt. Kai spürt auch, wann Lonzo bereit ist. Er wird ganz weich und leicht in der Hand, wie die Reiter sagen. Erst dann dürfen sie über die kleinen Hindernisse springen.

Onkel Jochen ist sehr zufrieden. Kai sitzt gut und Lonzo macht willig mit. Der 1,38 m kleine braune Wallach hat anscheinend richtig Lust mit Kai über die Hindernisse zu fliegen. Ein paarmal gibt Herr Asmussen seinem Neffen Anweisungen, aber der Parcours scheint für die beiden kein Problem zu sein.

Schnell ist die Stunde zu Ende und Kai reitet seinen Lonzo trocken. Die Reitstunde endet im Schritt genauso ruhig, wie sie begonnen hat.
Dann bringt er Lonzo in den Stall, sattelt ihn ab und räumt wieder die Hufe aus. Das ist wichtig, denn es dürfen sich dort keine Steinchen festsetzen. Die würden dann drücken und eine Lahmheit auslösen. Mit einer Bürste raut Kai noch einmal die Sattellage auf. Kein Pferd braucht Satteldruck zu bekommen.
Auch das hat ihm der Onkel ans Herz gelegt. Druckstellen sind stets ein Zeichen dafür, dass der Reiter nicht aufgepasst hat.
Kai bringt seinen treuen Freund in die Box und legt ihm auch noch etwas Heu vor. Zufrieden und dankbar beginnt Lonzo daran zu knabbern.
Nun hat Kai endlich Zeit für Schneeflocke.
Der kleine Junge räumt nur noch seinen Sattel weg, wäscht die Trense aus und putzt die Gamaschen. Als alles wieder an seinem Platz liegt, nimmt er sich Schneeflockes Putzkasten und beginnt, die hübsche kleine Stute zu bürsten.
Sie ist ein Deutsches Reit Pony und war früher einmal mit seiner großen Cousine in der Dressur sehr erfolgreich.

Als es Abend geworden ist, läuft Kai zu Onkel und Tante ins alte Bauernhaus. Er möchte so gerne hier bleiben und über Nacht im Stall schlafen, damit er dabei ist, wenn das Fohlen kommt. Onkel Jochen und Tante Monika, die gerade am Küchentisch die Bohnen schnippelt, lachen. Natürlich haben sie nichts dagegen. Aber nur, wenn es die Mutter erlaubt. Kai darf telefonieren und weil sein Zeugnis so gut ist, gibt auch seine Mutter ihr Einverständnis. Aber sie sagt, er muss unbedingt Tante Monika gehorchen!
Kai verspricht alles, wenn er doch nur bei Schneeflocke bleiben darf.

Um halb zehn kuschelt er sich mit einer warmen Decke in die leere Box neben Schneeflocke ins Stroh. Die Ponys schnauben und knabbern an ihrem Heu. Kai fallen bald vor Müdigkeit die Augen zu. Es ist ganz dunkel geworden und nur der Mond schaut zu dem kleinen Jungen durchs Stallfenster in den Pferdestall hinein.
Auch die Ponys legen sich zur Nachtruhe. Es knistert mal hier und raschelt mal an einer anderen Stelle, doch auch von den kleinen Mäuschen, die im Schutz der Dunkelheit durch den Stall huschen, bekommt Kai nichts mehr mit.
Alles ist ruhig.
Um fünf Uhr wird er plötzlich wach. Es knistert und da bewegt sich etwas in Schneeflockes Box. Müde und verschlafen reibt er sich die Augen. Dann springt er auf.
„Onkel Jochen! Tante Monika! Es ist da! Das Fohlen ist da!“

Kai ist nicht mehr zu halten.
Neben Schneeflocke liegt ein kleines schwarzes Füllen im Stroh, welches sorgfältig von seiner stolzen Mutter abgeleckt wird.
Aufgeregt kommen Onkel und Tante im Nachtzeug in den Stall gelaufen. Onkel Jochen geht sofort in die Box, um Mutter und Kind zu untersuchen. Es scheint alles in Ordnung zu sein.

„Es ist ein gesundes Hengstfohlen“, lacht er zufrieden.

„Er sieht genauso aus wie sein Vater und wird vielleicht auch einmal genauso erfolgreich sein. Wie soll er heißen, Kai? Der Name muss mit „C“ beginnen.
Sein Vater heißt Camillo und Schneeflocke heißt ja eigentlich Candy. In diesem Jahr müssen alle Fohlen mit seiner Abstammung einen Namen mit dem Anfangsbuchstaben „C“ bekommen. So hat es der Verband festgelegt.“
Kai denkt angestrengt nach.

„Ich lese gerade eine Geschichte über Alexander den Großen.
Sein Hengst hieß 'Bukephalos', meint er plötzlich.

„Das geht doch nicht“, entgegnet Onkel Jochen.

„Vielleicht doch“, meldet sich Tante Monika zu Wort.
„Macht doch Kephalos daraus und statt des „K“ nehmt
ihr ein „C“. Für die Papiere ist das doch ein toller Name und wenn der kleine Kerl genauso erfolgreich wird, wie Alexander, dann wird Kai sicher viele Preise mit ihm bekommen!“ Sie zwinkert Kai verschmitzt zu.
Dieser schaut seine Tante erstaunt an. Was meint sie damit? Es wird noch drei Jahre dauern, ehe Alexander angeritten werden darf.
Ja, das ist es! Kai hat plötzlich eine Idee.

„Cephalos ist gut und vor allem auch nicht so häufig und ich nenne ihn dann einfach Alexander!“ Er ist ganz stolz auf seinen Einfall.

„So machen wir es!“ Onkel Jochen nimmt Kai an die Hand und führt ihn vorsichtig in die Box. Schneeflocke schnaubt ängstlich. Niemand darf ihrem Fohlen zu nahe kommen. Onkel Jochen führt Kais Hand zu dem Hengst. Zärtlich berührt der kleine Junge den Hals des Pferdchens.

„Herzlichen Glückwunsch zum neunten Geburtstag, Kai!
Das hat ja nun doch sehr gut geklappt, mit deinem Geschenk.
Ich hatte gar nicht mehr damit gerechnet.
Aber der kleine Alexander wollte dir wohl als erster gratulieren.
Nun habt ihr am selben Tag Geburtstag und wenn deine Freundschaft zu ihm genauso eng und stark wird, wie die des großen Alexander zu seinem Bukephalos, dann habt ihr beiden eine große reiterliche Zukunft vor euch!“
Kai ist völlig verwirrt.
Was hat der Onkel da eben gesagt? Alexander hat mit ihm zusammen Geburtstag und er soll ihm gehören? Ihm ganz allein?

Es dauert einen Augenblick, bis der Junge begriffen hat, dass er soeben Pferdebesitzer geworden ist. Aber dann schlingt er die Arme um seinen Onkel und gibt ihm einen dicken Kuss auf die Wange.
„Danke, Onkel Jochen, danke Tante Monika, das muss ich gleich Mama erzählen. Ich freue mich so sehr.
Es ist das schönste Geburtstagsgeschenk, das ich bisher bekommen habe!“

Nachdem er alle Telefonate geführt hat, setzt sich Kai zu Alexander und Schneeflocke in die helle große Abfohl Box. Er hat Schneeflocke Heu hingelegt, welches die Stute zufrieden frisst. Zärtlich streichelt er Alexanders Kopf und massiert den kleinen schwarzen Hals.
Der kleine Hengst wird sicher einmal ein Schimmel werden, wie seine Eltern, denn Schimmel kommen stets als Rappen zur Welt.

„Ich werde immer für dich sorgen und dich sehr lieb haben, das verspreche ich dir.“
Überglücklich gibt Kai seinem Pferdchen einen Kuss auf die weiichen Nüstern. Der kleine Hengst liegt im Stroh und schnaubt, als wenn er verstanden hat.
An diesem Morgen beginnt eine wunderbare Freundschaft zwischen einem kleinen Jungen und seinem Pferd.

Am Nachmittag feiert Kai zuhause seinen Kindergeburtstag.
Er kann sich über viele Geschenke freuen, aber ein eigenes Pferd zu bekommen, das passiert nicht so häufig und so vergeht kaum eine Minute, in der Kai nicht an Alexander denken muss. Natürlich sind auch seine kleinen Geburtstagsgäste neugierig.

Nach dem Kaffee muss die Mutter mit allen Kindern zum Reiterhof fahren. FrauThomsen ist insgeheim froh, dass sie nur vier Kinder eingeladen hat, denn unter diesen Umständen hätte sie sonst natürlich zweimal fahren müssen. Clarissa, Kais Cousine ist schon zwölf Jahre alt und darf auf dem Beifahrersitz Platz nehmen. Die anderen drängeln sich lachend auf der Rückbank. Es ist ja Gott sei dank nur ein kurzer Weg.

Im Stall erwartet die Kinder dann eine große Überraschung.
Alexander hat es nach mehrmaligen Versuchen nun endlich geschafft aufzustehen und bei seiner Mutter zu trinken. Inzwischen steht er schon ganz fest auf seinen dünnen Beinen. Die Kinder sind begeistert. Frau Thomsen holt natürlich ihren Fotoapparat aus dem Auto und alle müssen sich vor die Pony Box hinknien. Onkel Jochen nimmt nach der Gruppenaufnahme den Chip aus der Kamera und lädt die Bilder auf seinen Computer.
Ein paar Minuten später kommt er mit fünf Abzügen zurück.
So bekommt jedes Kind ein Foto zur Erinnerung an Kais und Alexanders Geburtstag.

Um halb sechs Uhr fahren sie wieder nachhause, denn sie müssen ja noch Abendbrot essen. Es gibt Würstchen und Pommes.
Dann kommen die ersten Eltern, um die kleinen Geburtstagsgäste abzuholen. Alle zeigen begeistert das Foto von Alexander.

Für Kai geht ein wunderschöner Tag zu Ende und um acht Uhr ist er so müde, das er freiwillig ins Bett geht.
In seinem Abendgebet bedankt er sich beim Jesuskind, so
wie es ihn die Mutter gelehrt hat.
Als er darum bittet, dass der liebe Gott Papa und Mama beschützen möge, fügt er leise seinen kleinen Alexander hinzu.
Ein paar Minuten später ist er tief und fest eingeschlafen.
Den Gutenacht Kuss seiner Eltern bekommt er schon nicht mehr mit.


3. Kapitel Kai und Katja

Kais Onkel steht im Pferdestall und legt der Norwegerstute Bella gerade eine Decke und einen Gurt auf, als Kai in den Stall gelaufen kommt.

„Oh, ist heute wieder Therapiestunde?“, fragt er den Onkel.

Bella steht ganz ruhig angebunden an einem Pfeiler.
Onkel Jochen zieht den Gurt fest und blickt auf.
„Ja“, antwortet er und schaut Kai freundlich an.
„Wir haben eine neue Patientin. Es wäre schön, wenn du uns helfen könntest.
Das kleine Mädchen ist acht Jahre alt und nach einem Unfall gelähmt. Die Hippotherapie kann ihr vielleicht helfen!“

„Hippo? Was?“ Kai kann mit den Fremdworten seines Onkels noch nicht viel anfangen.
„Das heißt nur „Reittherapie“ und ist nichts anderes, als das, was ich zusammen mit Frau Kramer jeden Mittwoch mache.“
Herr Asmussen lacht.
„So, Bella ist fertig. Bringst du sie bitte in die Reithalle. Unsere Gäste müssten schon da sein.“

Kai stellt sich auf Bellas linke Seite und nimmt die Zügel zusammengelegt in die rechte Hand. Bella ist ein ausgebildetes Therapiepferd. Sie ist sehr ruhig und lieb. Onkel Jochen hat die alte Stute vor einigen Jahren zufällig entdeckt und einem Bauern abgekauft. Für die Reittherapie mit kranken und behinderten Kindern und Erwachsenen sind nur ganz ruhige und brave Pferde geeignet und Bella erfüllte diese wichtigen Anforderungen auf Anhieb.

Kai führt die falben farbige Stute mit dem schwarzen Aalstrich auf dem Rücken in die kleine Reithalle. Auf dem Hof gibt es neben einem Außendressur- und einem Außenspringplatz auch zwei Reithallen.
Die kleinere von beiden ist dem Longieren der Pferde vorbehalten. Auch die Reittherapie findet dort statt.

Eines der Mädchen mit Namen Susanne longiert gerade ihr Pony auf der linken Hand, als Kai eintrifft.
„Oh, dann müssen wir wohl nach draußen gehen“, meint sie, als sie Bella erblickt und lässt ihr Pferdchen auf dem Zirkel anhalten.
Dann legt sie nacheinander die Longen Schlaufen in ihre rechte Hand, klemmt sich die Longier- Peitsche unter den linken Arm und verlässt nach dem üblichen „Tür frei“ die Halle.

„Danke, Susanne“, sagt Onkel Jochen und nickt ihr zu.
Er nimmt Kai die alte Stute ab und beginnt auf dem oberen Zirkel mit der Longen- Arbeit. Während der Reittherapie darf aus Sicherheitsgründen niemand anderes die Halle benutzen.

Kai sieht, wie ein Auto auf den Hof fährt.
Ein Mann in einem braunen Anzug steigt aus und hilft einem kleinen Mädchen in den Rollstuhl, den er aus dem Auto gehoben hat. Kai läuft sofort zu ihnen.

„Hallo, ich heiße Kai. Meinem Onkel gehört der Reiterhof. Sollst du heute auf Bella reiten?“, fragt er neugierig das kleine Mädchen.
„Guten Tag, Kai, ich bin Frank Schmitz und das ist meine Tochter Katja.
Magst du uns helfen?“ ,der ältere Mann schaut Kai freundlich an.
Kai lacht und antwortet postwendend.
„Ja, gerne, darf ich dich schieben? Ich kenne das. Frau Kramer kommt jeden Mittwoch mit kranken Kindern zu uns. Mein bester Freund heißt Moritz und er kann auch nicht laufen und muss im Rollstuhl sitzen.
Mein Onkel ist in der Halle. Bella soll sich erst lösen.“

Kai tritt hinter den Rollstuhl und schiebt Katja zur Reithalle.
Der Weg ist etwas holprig, aber das scheint das kleine Mädchen nicht zu stören.

Frau Kramer begrüßt Herrn Schmitz und seine Tochter.
Sie ist Krankengymnastin und hat eine Zusatzausbildung für die Reittherapie gemacht.
„Bist du schon einmal geritten?“, fragt sie Katja.
Das Mädchen schüttelt den Kopf.
„Pass auf, wir machen das so. Kai setzt sich gleich auf Bella und dann siehst du schon, dass sie ganz lieb ist und du keine Angst vor ihr haben musst.
Dann kommt Herr Asmussen mit ihr zur Rampe und wir fahren dich mit dem Rollstuhl dort hin. Kai steigt ab und ich übernehme seinen Platz. Dein Papa und Herr Asmussen helfen uns, dich aufs Pferd zu setzen und ich halte dich fest.

Kais Onkel führt Bella dann am langen Zügel von hinten.
Wir machen das regelmäßig so. Bella ist ein ausgebildetes Therapiepferd und wirklich ganz brav.“
Sie schaut Katja aufmunternd an.
Das Mädchen mit dem blonden Pferdeschwanz nickt.

Einen Augenblick später sitzt sie zusammen mit Frau Kramer auf dem Rücken der alten Stute. Ihre traurigen Augen beginnen zu glänzen, aber sie spricht noch immer kein Wort.

„Das Tier überträgt Schwingungen, die der Beckenbewegung beim menschlichen Gang entsprechen. Der Reiter reagiert passiv auf die Bewegungsimpulse. Die Muskeln entspannen sich und wir können dadurch neurologische Bewegungsstörungen gut behandeln“, erklärt Frau Kramer Herrn Schmitz.

Kai hat nichts davon verstanden, aber er spürt genau, dass Katja traurig ist. Plötzlich leuchten seine Augen. Er hat eine Idee.
„Darf ich Katja nachher Alexander zeigen?“, fragt er den Onkel.
„Warum nicht, aber nur, wenn sie das auch möchte“, antwortet dieser.

„Wer ist Alexander?“ Katja hat das erste Mal seit einer halben Stunde gesprochen.
„Er ist ein Fohlen und macht nur Unfug“, erzählt Kai.

Als Katja wieder in ihrem Rollstuhl sitzt, fahren die beiden Kinder los. Schneeflocke und Alexander laufen auf der kleinen extra für sie eingezäunten Weide vor dem Bauernhaus.
Der Esel Bastian meldet Kai und seine kleine Freundin lautstark an. „Iaaa!“ tönt es von der Weide gegenüber.

„Was war denn das? “ Katja hat sich vor lauter Schreck erst einmal die Ohren zugehalten.
Als sie in die großen Eselaugen blickt und daneben auch noch das kleine Shetland Pony Peter stehen sieht, lacht sie aus tiefstem Herzen auf.

„Ich hatte schon gedacht, du kannst gar nicht richtig fröhlich sein und lachen“, meint Kai.
„Komm, Alexander, begrüße Katja.“
Katja sieht das kleine putzige Fohlen mit erstaunten Augen an.
Alexander galoppiert gleich auf Kai zu, als er seinen Spielkameraden erblickt. Zärtlich stupst er ihn mit den Nüstern an und macht dann ein paar kleine Bocksprünge. Kai lacht.

„Das heißt, lass uns toben und raufen“, erzählt er Katja.
Das Mädchen schaut strahlend auf den kleinen Hengst.

„Wem gehört er?“

„Mir“, antwortet Kai stolz. „Er ist ein Deutsches Reitpony und ich habe ihn letzte Woche geschenkt bekommen. Er wurde in der Nacht zu meinem Geburtstag geboren. Denk nur, ich habe im Stall neben Schneeflocke geschlafen und nichts gemerkt. Plötzlich war er da.
Er ist mein schönstes Geburtstagsgeschenk.“

Katjas Blick wird wieder ganz traurig.
„Was hast du? Gefällt es dir hier nicht?“ Kai sieht sie mitfühlend an. Sie senkt den Kopf und antwortet ganz leise.

„Es ist sehr schön hier, aber meine Mama liegt noch im Koma.
Ich darf nicht mehr fröhlich sein, denn ich bin schuld daran.“
Ihre Augen füllen sich mit Tränen.
Alexander und Schneeflocke berühren sie vorsichtig mit den Nüstern.
„Sie liegt wo?“ Kai ist völlig verwirrt.
Er möchte ihr so gerne helfen, aber er versteht nicht, was das Wort „Koma“ bedeutet. Katja weint ganz leise.
„Sie schläft und kann nicht aufwachen, vielleicht sogar nie mehr!
Wir hatten einen Autounfall. Mama ist gegen einen Baum gefahren. Ich saß hinten und wurde eingequetscht. Die Feuerwehr hat uns aus dem Auto befreit und dann wurden wir ins Krankenhaus gebracht.
Ich durfte letzte Woche wieder nachhause, aber Mama liegt noch auf der Intensivstation.“

Kai hat liebevoll seinen Arm um sie gelegt und streichelt ihre Wangen. „Sie wird bestimmt wieder gesund und du auch!“ versucht er sie zu trösten. „Aber warum glaubst du, dass du an dem Unfall schuld bist, wenn du nur hinten gesessen hast?“ fragt er.

„Wir haben uns gestritten und ich war sehr böse zu Mama.
Deshalb konnte sie nicht genug aufpassen. Plötzlich lief ein großes Reh über die Straße und danach weiß ich nichts mehr. Ich erinnere mich noch, dass die Feuerwehr kam und die Polizei auch. Als ich nach der Operation wach wurde, saß Papa weinend an meinem Bett.
Was soll ich nur tun, wenn Mama nie wieder aufwacht?“, schluchzt sie verzweifelt.

Kai hat aufmerksam zugehört. Dann schüttelt er den Kopf.

„Also ich glaube nicht, dass du Schuld an dem Unfall bist, auch wenn ihr euch gestritten habt. Onkel Jochen und Opa Hannes schimpfen auch manchmal miteinander, wenn wir zur Fohlen- Schau oder zum Turnier fahren und Onkel Jochen passt trotzdem immer auf den Verkehr auf.
Große können zwei Sachen gleichzeitig machen, die müssen, bevor sie Auto fahren dürfen, erst zur Fahrschule!“

Katja schluchzt noch immer, aber sie hält einen Augenblick inne. „Meinst du wirklich?“ schaut sie Kai fragend an.
„Ganz sicher“, antwortet er.
„Schau, Alexander und Schneeflocke sehen das genauso. Sie wollen mit dir schmusen!“

Alexanders Kopf liegt auf Katjas Schoß. Die großen Fohlenaugen tun so, als ob sie kein Wässerchen trüben können.
Zärtlich streichelt Katja den schwarzen Hals des kleinen Frechdachses. Er hebt den Kopf, wiehert und hüpft dann mit großen Bocksprüngen auf allen vier Beinen gleichzeitig über die Weide.

Katja hat ein Taschentuch aus ihrem Beutel genommen und wischt sich lachend übers Gesicht.
Kai überlegt.
„Du sag mal, hast du eigentlich schon gebetet?“, fragt er die verdutzte Katja.
„Ge? Was?“ Jetzt ist das Erstaunen auf ihrer Seite.

„Also, wenn ich traurig bin oder Sorgen habe, dann bete ich immer und bitte das Jesuskind um Hilfe!“, erklärt er.

„Und das funktioniert?“

„Meistens. Ich glaube, Jesus hilft nur nicht so gerne, wenn wir an unseren Problemen selbst schuld sind oder uns eigentlich selber helfen könnten.
Wenn ich zum Beispiel wieder mal meine Hausaufgaben vergessen habe und kurz vor der Stunde bete, dass die Lehrerin mich nicht drannimmt, dann geht das meistens schief. Aber als ich die Windpocken hatte, da ging es mir nach dem Gebet ganz schnell besser.
Und als Onkel Jochen von Cäsar abgeworfen wurde und ins Krankenhaus musste, da habe ich auch für ihn gebetet. Tante Monika durfte ihn schon am Abend wieder abholen, denn es war nichts gebrochen.“

„Dann versuche ich das mal. Vielleicht hilft er mir ja auch und meine Mama wird wieder gesund.
Ach Kai, ich bin ja so froh, dass ich dich kennen gelernt habe. Ich muss jetzt sicher öfters zur Reittherapie kommen und dann können wir uns immer sehen.

Papa wird warten. Fährst du mich zum Auto? Auf Wiedersehen, Alexander, auf Wiedersehen Schneeflocke und Bastian.“

Katjas Stimme klingt auf einmal fröhlich und zuversichtlich.
Herr Schmitz wirft Kai einen dankbaren Blick zu, als sie beim Auto ankommen.
„Magst du Gummibärchen, Kai?“ fragt er.

„Aber natürlich“, lacht Kai.
„Gut, dann bringen wir nächstes Mal eine Tüte mit.“ Herr Schmitz schaut seine Tochter liebevoll an.
„Und Leckerlis für Schneeflocke!“, ruft Katja und winkt Kai mit strahlenden Augen zu, als das Auto vom Hof fährt.





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Tag der Veröffentlichung: 12.08.2010

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