„Jason du Streber“, hatte Jason sich heute wieder mehrmals anhören müssen. „Bucket kann man wieder alles“, war auch so eine Zeile. Warum sagten sie so was? Waren sie Eifersüchtig? Er war nun mal gut in der Schule, na und? Ohne seine Freunde wäre ihm das längst zuviel geworden. Diese nahmen ihn dann wieder in Schutz, wenn die anderen so was sagten.
Heute war wieder so ein Tag. So ein Tag, an dem er einfach nur nach Hause wollte und nichts tun. Vielleicht Musik hören, aber mehr nicht. Ob sein Vater daran gedacht hatte, ihm Mittag hinzustellen? Bestimmt nicht. Lieber auf dem Weg zum Imbiss ran.
Jason aß in Ruhe etwas. Er sagte nur „Bitte“ und „Danke“ und sein Gericht. Als er fertig war, verließ er den dreckigen Laden wieder und ging runter zu den Gleisen. Normalerweise hätte ihn der Schulbus abgeholt, doch er hatte ja nun mal Hunger. Dass Felix und Jennifer sich Sorgen machten, war ihm bereits klar, aber auch das hatte er mit einer SMS bereits geklärt. „Hab Hunger. Schaffe Bus nicht. Nehme U-Bahn Gruß Jason“, schrieb er in diese.
Wiedermal alles voll. Also lehnte sich Jason gegen die Wand und beobachtete die besetzten Sitzplätze. Eine junge, hübsche Frau stand von ihrem Sitzplatz auf und ging zu den Gleisen. Wenige Sekunden und ihre Bahn würde kommen. Was für ein Glück
, dachte Jason und besetzte den freien Platz sofort.
6 Minuten bis zur nächsten Bahn. Sie kam mit Verspätung. Er hatte gerade eine neue SMS schreiben wollen, als ein Schuss fiel. Erschrocken schaute Jason zu dem Ort, an dem der Schuss fiel und sah mit blankem entsetzen, dass ein Mann aus der Menge kippte, die aus der eingetroffenen U-Bahn kam. Ein glatter Kopfschuss. Die anderen Leute gafften nur, doch er wusste halbwegs wie er handeln musste. „Ruft den Krankenwagen! Die Polizei!“, schrie er und rannte zu dem Erschossenen. Als er den Puls fühlen wollte, rannte ihm das warme Blut des Mannes über die Hand. Es störte ihn, aber eines war eindeutig. Der Mann war tot. Ein bereits mit Blut befeuchtetes Blatt Papier klebte an seinem Rücken. 10 Namen, die meisten nicht mehr lesbar. Und einer war durchgestrichen…
27. Juni
2 Monate später...
Noch ein paar Minuten. Jason erkannte das, weil draußen schon wieder Reporter und Journalisten rumlungerten. Warteten auf ihn, um ihn daran zu erinnern, was damals geschah. Er hatte seit damals viel darüber nachgedacht. Zu viel vielleicht. Doch das war jetzt Geschichte, denn er hatte mit der Schule zutun.
Und da klingelte die Schulklingel schon. Jason stand auf, schüttelte sein dunkelblondes Haar und packte seine Sachen ein. „Also nächste Woche eine Arbeit?“, fragte Jennifer ihn von der Seite, worauf er nur abwesend nickte. „Geht ihr wieder voran, wenn wir rausgehen?“, fragte Jason als auch Felix sich dazugesellte. Er bemerkte, dass Felix und Jennifer sich nicht mal mehr danach fragten. „Sicher“, antworteten beide im Takt. Sie gingen raus.
-Klick-. Jason senkte den Kopf, als er das Geräusch der Kameras hörte. Einfach schnell in den Bus und weg
, dachte er. Als er sich setzte, fuhr der Bus los.
29. Juni
Eine kleine Lampe flackerte in der Küche. Die Elektriker hatten sie wohl nicht reparieren können, schade. So schade, wie der Tod des ersten Opfers. Wann man wohl wissen würde, wieso die Morde begangen wurden? Wann würde das Spiel aus sein? Sam wusste, dass es irgendwann soweit sein würde. Doch alles war genau geplant. Jeder einzelne Mord würde ablaufen, egal ob Sam dann schon Tod sein würde oder nicht.
Irgendwie erregten Sam diese Morde. Sie waren nicht länger nur eine Warnung, sie waren ein richtiger Spaß. Bei dem Gedanken daran, wie Sam sein erstes Opfer erschossen hatte ging ein wohltuendes Gefühl durch den Körper. Es befriedigte Sam. Computer an, Nachrichten checken. Nichts. Ob die Polizei den Computer bereits überwachte? Unwahrscheinlich
, dachte Sam.
Im Radio, Fernsehen und in der Zeitung stand auch nichts Neues. Nur wieder dieser Rummel um den 'Held' von Sams Tat. Er würde Sam im Weg stehen. Er alleine könnte alles zum Scheitern bringen. Das musste verhindert werden. Jason Bucket musste gestoppt werden.
Am gleichen Tag
Jason schaute sich um. Warum musste die Polizei ausgerechnet heute mit ihm reden? Wären doch wenigstens Felix und Jennifer bei ihm, aber nein. „Bucket?“, fragte ein groß gewachsener Mann mit schwarzen Haaren, Stoppelbart und elegantem Anzug von der Seite.
Der Mann rückte seine schwarze Sonnenbrille etwas zurecht und nickte. „Richtig“, bestätigte sich dieser und fuhr fort. „Jegliche Angaben zu meiner Person sind irrelevant, wenn du mich jedoch sprechen willst lass dich bei der Polizei einfach zu Schwartz durchstellen.“ Für Jason war es unheimlich schwer diesem Mann zu folgen, doch er versuchte es. Was hatte das zu bedeuten? Er war ja nicht wirklich jemand von der Polizei. „Du weißt warum wir hier sind?“, fragte der Typ und ging mit ihm die Rolltreppen zu den Gleisen herunter.
Auch eine Antwort schien der Mann nicht zu erwarten. Sie standen mitten in der Menge, doch irgendwie schien es immer ruhiger zu werden. „Wir brauchen deine Information…Woran erinnerst du dich?“, fragte er. Jason seufzte und überlegte genau. „Ich kam nach unten und stellte mich an diese Säule, weil kein Platz frei war“, erklärte er und deutete auf die Säule, bevor er fortfuhr. „Irgendwann wurde ein Platz frei und ich setzte mich, dann kam ein Zug und ein Schuss war zu hören. Ein Mensch kippte aus der Menge der Aussteigenden.“
Sollte er die Liste erwähnen? Vielleicht wäre es besser wenn nicht. Aber was, wenn der Mann von ihr wusste? „Danke, sonst noch etwas?“, unterbrach ihn der Mann beim Denken. „Nein.“ Jason schaute zu Boden und wartete. Er wartete bis Schwartz seine Notizen gemacht hatte und sich verabschiedete. Dann wartete er auf den Zug. Ab nach Hause
, dachte er und stieg ein, als einer kam.
Schwartz stieg in die schwarze Limousine ein und liess sich ins Büro fahren. Der Junge war klug, ohne Zweifel. Doch war er für sowas klug genug? Vielleicht musste man ihm nochmal sagen, dass er sich da im Hintergrund halten soll. „Gibt es Neuigkeiten?“, fragte Schwartz den Fahrer knapp. Dieser antwortete nicht, schüttelte allerdings den Kopf. Es war ihm verboten mit Schwartz zu reden. Die zweite Ecke links, dann geradeaus und direkt wieder links. Schwartz war den Weg in letzter Zeit oft gefahren. Zu oft.
Schwartz sprang regelrecht aus dem Auto, als er ankam. „Mister Schwartz“, begrüßte ihn die neue Praktikantin. Er nickte ihr anerkennend zu und ließ sich einen Kaffee ins Büro bringen. Dann ging er erstmal selber in sein Büro. Akten raus, Notizen übertragen.
Ein Umschlag lag auf seinem Schreibtisch. Drin war eine Kassette mit der Aufnahme der Überwachungskamera. Er hatte sie sich bereits angeschaut, doch nun konnte er auch anhalten und spulen, ebenso zoomen. Die Untersuchung der Aufnahme würde lange dauern, mehrere Tage um genau zu sein. Doch davon wusste Schwartz damals noch nichts.
Tag der Veröffentlichung: 11.10.2011
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