Heute habe ich die ehrenvolle Aufgabe, ein Konzert der besonderen Art zu kommentieren. Der Beginn wurde, damit Sie sich, lieber Leser, ein umfassendes Bild machen können, festgehalten von unserem Bildreporter F. S. Gefragt, warum er denn nur seine Initialen angeben wolle, sagte F. S. mir, dass er nicht angeben wolle ... Darüber hinaus habe er es jedoch satt, dass sich ein gewisser Peter Paul R. den Ruhm einstrich, nur weil dieser sich als Inhaber einer Atelier-Werkstatt zum Unternehmer aufschwang und seitdem als der Barockmaler gelte, obwohl der Kunstverstand des Peter Paul R. nachweislich eher kommerzieller Natur gewesen sei. Tröstend lege ich einen Flügel auf unseren Künstler und sage: "Das schmücken mit fremden Federn scheint mir ein altes Geschäft, welches bis zum heutigen Tage anhält. Erinnert sei an Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu G. oder Annette Sch." Und als F. S. kopfschüttelnd geht, rufe er ihm noch hinterher, dass er froh sein könne, dass Peter Paul R. ihn gut bezahlt habe, habe er doch - aufgrund seiner Stellung als Hofporträtist und Palastdekorateur - gar nicht in eigenem Namen und auf eigene Rechnung Bilder verkaufen dürfen. Das sei der feine Unterschied zu den heutigen Plagiatoren, rufe ich dem Weggehenden noch hinterher. Doch meinen letzten Satz hört unser Bildreporter schon nicht mehr ...
Zurück zum Konzert! Was war der Anlass dafür? Auf einem Plakat lese ich:
"'Ich bin der Sperling.
Kinder, ich bin am Ende.
Und ich rief euch immer im vergang'nen Jahr
Wenn der Rabe wieder im Salatbeet war.
Bitte um eine kleine Spende.
Sperling, komm nach vorn.
Sperling, hier ist dein Korn.
Und besten Dank für die Arbeit!'
BENEFIZ-CONCERT OF BIRDS - Samstag 16.00 Uhr am Waldessaum"
Also eine Wohltätigkeitsveranstaltung für Spatzen?! Denn so wird der Sperling ja auch genannt. Jawohl! Der Sperling war nicht ohne Grund Vogel des Jahres 2002. Er ist gefährdet, weil ihm zum einen durch Gebäudesanierungen zunehmend die Möglichkeiten zum Nisten in und an Gebäuden genommen wird. Zum anderen entsteht Nahrungsmangel, der auf den Rückgang von Kleintier- und Pferdehaltung zurück zuführen ist. Auch die Industrialisierung der Landwirtschaft, wie sofortiger Umbruch der Stoppelfelder oder die Verwendung von Pestiziden, bringt den gefiederten Nachbarn des Menschen in Schwierigkeiten. Die betonierten und asphaltierten Städte verhindern, dass aus dem Spatzen ein sogenannter Dreckspatz werden kann, denn ihm fehlen die Plätze für die von ihm beliebten Staubbäder. Damit der Mensch das begreift, ergreifen die Vögel die Initiative, um auf ihren Gefährten aufmerksam zu machen. Und was können die Vögel am besten? Zwitschern, trällern, singen, piepen, tirilieren, kollern, gackern, krähen, krächzen ...
Pünktlich zur anberaumten Uhrzeit ruft der Uhu sein geheimnisvolles, zuweilen unheimliches, aber dennoch unverkennbares "buhoo"; und sie kommen alle: der Pfau, der Reiher, der Papagei, Hahn und Henne, der Rabe, die Finken, der Schwan und der Kormoran, die Entenfamilie ... Da geht einem als rastlose Reporter-Ente der Flügel auf ...
Zu sehen, wie im Bild unseres Bild-Künstlers F. S. festgehalten, sind wunderschöne Kreaturen mit ihrem fantastischen Gefieder, farbenfroh geschmückt für dieses wichtige Konzert.
Doch ist das/ein Bild der Garant für die Konservierung der vergangenen Wirklichkeit?
Als der Uhu den Taktstock hebt, singt jeder Vogel wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Üblicherweise geht es beim Vogelkonzert nur darum, den eigenen Konkurrenten zu übertrumpfen. Was der Vogelnachbar "singt", ist dabei egal. Das scheinen die Vögel nicht bedacht zu haben. Und so entsteht ein Wirrwarr, als der Kranich mit seinem unüberhörbaren, trompetenartigen "gruh-gruh" vom kehlig-krächzenden Ruf „chroho-chrohochro-ho“ des Kormorans übertönt wird. Auch der wohlklingende Gesang der Finken mit ihrem "fink fink" und das umfangreiche und variable Stimmrepertoire des Schwans vom harten, lauten "hueiarr" oder "kiorr" bis zum leisen sanften "krr-krr-krr" oder "tru-tru-truu" ändert nichts am gesamten Hörerlebnis. Als der Schwan von seinem lautmalerischen "krrr-wip-wip" in ein bassiges "chorr" wechselt, stimmt der Kormoran mit einem hohen „Flii-flii-flii“ein, welches vom hohen „kerr-ititit“ des Rebhuhns verstärkt wird. Der Fasan setzt zu einem Rap an, in dem er ein unmelodisches, lautes, jedoch zweisilbiges "göö-gock" bzw. "kotock" über alle hinweg erschallen lässt. Als der Rabe mit lautem rauem Gekrächz ,,krah" und „garr" in den Takt einfällt, ändert der Fasan zu einem fast kreischenden "kuttuk-kuttuk kuttuk kuttuk-uk". Der Hahn vollendet diese Zwischentöne mit einem "Kikeriki", während die Hühner stimmungsvoll dazu gackern und die Gänse abwechselnd ihr zwei- bis dreisilbiges "ag-ag" oder "glick glick" hören lassen. Plötzlich ein schriller Pfiff und der Papagei kreischt: "Ich bin ein Star, holt mich hier raus!" Der Haubentaucher pariert mit einem kecken "keck-keck-keck" und die Enten schnattern ihr "rät, rät" und " quack, quack". Ohne Vorwarnung fallen erste Regentropfen auf die Sänger und der Pfau lässt seinen Ruf „minh-ao“ [= „Regen kommt!“] ertönen; der Uhu beendet das Konzert mit seinem Warnruf "gräck".
Ohne Umschweife: Das Konzert war ein Desaster!
Was bleibt, ist das wundervolle Bild, welches einen kurzen Moment festhält und sich doch in den Köpfen hält.
Ende
Rudi verkleidet sich als Drossel und spottet:
Ein Uhu wollt' ein Konzert geben an dem Waldessaume.
Fidiralala, fidiralala, fidiralalalalala!
Der Sperling ist Bedürftiger, die Vögel sind Wohltäter.
Fidiralala, fidiralala, fidiralalalalala!
Der Reiher, der Reiher schwört auf die alte Leier.
Fidiralala, fidiralala, fidiralalalalala!
Der Kranich trompeten gleich musiziert facettenreich.
Fidiralala, fidiralala, fidiralalalalala!
Der Kormoran und der Schwan sind von der Musik angetan.
Fidiralala, fidiralala, fidiralalalalala!
Der Papagei, der Papagei schreit stets dieselbe Litanei.
Fidiralala, fidiralala, fidiralalalalala!
Die Ente gar, die Ente gar mutiert zu einem Rockstar.
Fidiralala, fidiralala, fidiralalalalala!
Kikeriki, Kikeriki, der Hahn lobt sämtlich Federvieh.
Fidiralala, fidiralala, fidiralalalalala!
So musiziert, so musiziert die Vogelwelt und ist blamiert.
Fidiralala, fidiralala, fidiralalalalala!
Der Spatz pfeifft's von den Dächern, jetzt gilt's sich zu verbessern.
Fidiralala, fidiralala, fidiralalalalala!
Der Pfau mit seinem bunten Schwanz, der geht nun auch noch auf Distanz.
Fidiralala, fidiralala, fidiralalalalala!
Nun ist das Konzert endlich aus, für alle Ohren war's ein Graus!
Fidiralala, fidiralala, fidiralalalalala!
Es bleibt das Bild und nicht der Ton, dennoch 'ne schöne Faszination.
Fidiralala, fidiralala, fidiralalalalala!
Texte: Signe Winter
Bildmaterialien: Collage: Signe Winter / verwendetes Bild: Frans Snyders "Concert of birds" / Cartoon Rudi: Jen June Equal
Tag der Veröffentlichung: 20.06.2014
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