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Wir sitzen auf der Wiese im großen Park. Jack, Eliza und ich. Die Sonne scheint auf uns und der Himmel ist ungetrübt und so blau, dass man nicht glauben kann, dass man in den Himmel schaut. Jack sitzt, die Baskenmütze tief ins Gesicht gezogen an der kleinen Statue und raucht nachlässig eine Zigarette. Eliza neben ihm, ebenfalls mit einer Zigaretten in der einen und einem Taschenbuch in der anderen Hand. Ich sitze einen Meter weiter und zeichne. Meine Hand bewegt sich schnell über das Papier, denn ich muss mich beeilen um diesen Moment für immer auf ein Stück Papier zu bannen. Die anderen Menschen schauen uns neugierig an. Jack, mit seinem verdammt guten Aussehen, Eliza, deren Haare so außerirdisch blau wie der Himmel sind. Und ich, ich in meinem Sommerkleid und meiner erschreckenden Normalität in dieser Runde von außergewöhnlichen Menschen. Eliza sieht mich fragend an und hält mir ihre halb aufgerauchte Zigarette hin. Ich nehme sie und puste den Rauch in die heiße Sommerluft. Jack liest interessiert über Elizas Schulter mit und ich sehe, wie sich seine Lippen bewegen. Er sieht das ich ihn beobachte, lächelt schief und wedelt mit einer Hand, um mir zu symbolisieren, dass er sehen möchte, was ich zeichne. Ich schüttele den Kopf.
Automatisch habe ich weiter gezeichnet und Jacks Züge in sein Gesicht gemeißelt. Er steht auf und nimmt seine Baskenmütze ab, wuschelt sich durch die schwarzen Haare und holt seine Gitarre, die zwei Meter weiter im Gras liegt. Dieses Mal setzt er sich neben mich und beginnt Gitarre zu spielen und dabei leise zu singen. Ich sehe, wie Jane von der anderen Seite des Parks zu mir herüber sieht. „Da ist deine Freundin!“, baut Jack überflüssigerweise in seinen Singsang ein. Eliza hebt kurz den Kopf, sieht Jane und stößt ein glockenhelles Lachen aus.
„Sie ist nicht mehr meine Freundin, und das weißt du auch.“, sage ich leise, aber bestimmt.
„Ein Kuss. Oh, ein Kuss sagt mehr als tausende von Worten. Aber ein Kuss zu viel ist wie ein Messer.“
Eliza zitiert zweifellos wieder eine Buchstelle, aber das, was sie sagt, passt. Entgegen meiner Laune muss ich lachen.
Es war auf einer Party gewesen. Einer dieser geschmacklosen, bei denen man sich nach jeder schwört, nie mehr hinzugehen. Man tut es doch, zumindest ich tat es. Es war Janes Geburtstag und wie zu erwarten, waren mindestens 50 Leute da. Als ich an der Seite stand legte ein Junge mir eine Hand auf den Hintern und presste mir seine Lippen auf den Mund. Erst als er eine halbe Minute später von mir abließ und zur Tanzfläche stolperte, sah ich, dass es Janes Freund war.

Ein leises Lachen neben mir reißt mich aus meinen Gedanken. Jack ist aufgestanden, spielt jetzt im stehen Gitarre und Eliza hat zum ersten Mal ihr Buch weg gelegt und lacht wieder ihr glockenhelles Lachen. Es ist so einfach mit den Beiden zusammen zu sein, einfach nur da zu sitzen und das Leben zu genießen. Es ist sonderbar, das wir befreundet sind. Eliza, das Mädchen, das wie die See zu seien scheint. Jack, der die Seele zum träumen bringt. Ich, die Zeichnerin, die nicht viel redet. Meine anderen Freundinnen verstehen mich nicht. Eliza ist für sie zu abgehoben und Jack, ja, Jack ist ihnen vermutlich zu gut für mich. Obwohl es nicht so ist, wie sie denken.
Die letzten Strahlen der Sonne verschwinden hinter den Häusern der Stadt und der Park leert sich. Eliza, die die kleinen Buchstaben auf den Seiten ihres Buches bald nicht mehr entziffern kann, klebt kleine Kerzenstummel an die Statue und stellt dicke Kerzen vor uns hin, die sie mitgebracht hat. Obwohl es inzwischen vollkommen dunkel ist, braucht man keine Jacke. Wir sitzen in einem Dreieck und Jack spielt Akkorde auf seiner Gitarre. Wenn er spielt, zieht er die Augenbrauen konzentriert zusammen. So sitzen wir lange. Nur die Gitarrenmusik dringt durch die trockene Abendluft. Bis Eliza sich aufsetzt.
„Ich muss gehen. Wir sehen uns morgen?“
Sie zieht ihre dünne Jacke über und nimmt ihren Rucksack. Sie läuft zu ihrem Fahrrad und fährt in die Nacht davon.
Jack legt seine Gitarre behutsam ins Gras und zündet sich eine Zigarette an. Er legt sich mit angewinkelten Beinen hin und zieht mich neben ihn. Er gibt mir die Zigarette und wir schauen beide zum Himmel, der schwarz ist, weil man in der Stadt keine Sterne sieht. Ich lasse den Rauch aus meinem Mund strömen. Wir sehen zu, wie er von der sanft wehenden Brise weggetragen wird. Jack stützt sich auf seine Arme und sieht mich an. Ich liege immer noch und schaue hoch, in seine Augen. Er kommt ganz nahe und seine Wange kommt neben meiner zu Ruhe. Er atmet ruhig weiter. So bleiben wir liegen. Nach einer Weile legt er einen Arm um meine Schultern. Der Wind raschelt leise durch die Bäume. Ich spüre seine Haut an meiner. Ich rieche seinen Duft. Er riecht nach würzigem Tabak. Und nach Sommer. Wir liegen in der Nacht. Still und leise.

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Tag der Veröffentlichung: 08.04.2009

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