Fest hatte ich mir vorgenommen es ihm heute zu sagen. Wir würden uns treffen, ich würde es ihm sagen und dann ging es so weiter wie vorher. Das dachte ich mir so. Doch die Wahrheit war, dass keiner wusste, was passieren würde. Ich würde alles auf eine Karte setzten, wenn ich es ihm sage. Doch wollte ich das auch?
Immer wieder spielte ich die Szene in meinem Kopf ab. Zumindest würde es in meiner Fantasie ohne negative Veränderungen weiter gehen wie zuvor. Doch ich wusste nicht wie er reagieren würde.
Schon den ganzen Tag war ich nervös. Vor jedem treffen wurde ich von Stunde zu Stunde nervöser. Meiner besten Freundin fiel es jedes mal aufs neue auf, genau wie meinem besten Freund. Dieser hatte mir immer ein wenig geholfen, vor allem hatte er mir Mut gemacht. Und genau den hatte ich gebraucht um dieses treffen zu arrangieren. Natürlich war ich ihm dankbar dafür, was er jedoch nur damit kommentierte, dass ich ihm ja auch immer helfe, wenn es um Mädchen geht.
Jetzt jedoch war es vier Uhr, weswegen ich nervös vor dem Bücherhaus stand. Nochmal die Frisur checken und dann hieß es warten.
Es vergingen fünf Minuten, doch er kam nicht.
Nach weiteren zehn Minuten tippte mir jemand auf die Schulter. Als ich mich umdrehte sah ich in kastanienbraune Augen. SEINE kastanienbraune Augen, welche mir sofort ein lächeln ins Gesicht zauberten. Vergessen war, dass er eine viertel Stunde zu spät kam. Es zählte das hier und jetzt.
Anfangs wollten wir eigentlich ein Eis essen, was wir wegen der Kälte allerdings nicht taten. Für den 29. November war es eigentlich warm, wenn man bedenkt, dass wir die Jahre zuvor immer Schnee um den Zeitpunkt herum hatten und normalerweise keine Eisdiele so lange geöffnet hatte.
Auch hatten wir uns eigentlich Montags treffen wollen, jedoch hatte er da lange Schule. So nahm ich es in Kauf erst 12 Stunden nachdem ich das Haus verlassen hatte erst nach Hause zu kommen. Doch mir war es egal. Wenn es um ihn ging war mir alles egal, denn ich würde alles für ihn machen.
So liefen wir durch die Innenstadt und holten uns jeder eine Zuckerwatte vom Süßwarenstand, der die gesamte Vorweihnachtszeit hier stehen würde. Wir redeten lange über dieses und jenes, bevor wir uns auf einen etwas abgelegenen Spielplatz am Rheinufer begaben.
Und dann sagte ich es ihm.
Ich sagte ihm, was ich im schon lange sagen wollte.
Sagte ihm, dass er mir versprechen soll nicht ab zu hauen.
Dass er mich nicht anders sehen soll als vorher.
Doch das wichtigste, was mich am meisten Überwindung meiner Angst kostete, hob ich mir für den Schluss auf. Dann war der Moment gekommen. Ich hatte Angst, aber sprach trotzdem diese drei kleinen Worte aus, die alles verändern würden. Wobei eigentlich flüsterte ich sie eher.
„Was ist los?“ Er lachte, weil er vorher noch gesagt hatte, wie ich auf die Idee käme, dass er sich von mir abwenden würde. Er fand es absurd, dennoch versuchte ich mit möglichst viel Selbstvertrauen den Satz noch mal zu sagen. Verhindern konnte ich allerdings nicht, dass meine Stimme beim Wiederholen zitterte:
„Ich liebe dich“
Er meinte, dass das ein guter Witz wäre. Traurig und wütend zugleich schrie ich ihn an. Er war echt ein Arschloch. Während ich mich Monate lang abmühte ihm meine Gefühle zu gestehen, lachte er mich nur aus. Ich hatte mich vorher nie getraut und jetzt... ?
Jetzt wollte ich einfach nur weg.
Nach Hause? – Nein, da würde ich nur mit Fragen überhäuft werden.
Der einzige Mensch, zu dem ich jetzt gehen konnte, war mein bester Freund. Und genau deshalb ging ich jetzt zu ihm.
Dass ich weinte, merkte ich erst, als er vor mir stand und mich in den Arm nahm. Leise fragte er, ob ich reden wolle, doch ich schüttelte nur den Kopf, aus Angst meine Stimme würde versagen.
„Kann ich... kann ich heute.... heute Nacht hier bleiben?“ war das einzige, was ich mit brüchiger Stimme heraus bekam. Meine Schwäche merkte man mir an und manche würden das sofort ausnutzen, doch er tat es nicht. Je besser er einen kannte, desto Hilfsbereiter und Liebenswürdiger war er.
Ohne antwort brachte er mich in sein Zimmer und ging wieder raus. Ich wusste, dass er meine Eltern anrufen würde, damit sie sich keine Sorgen machen würden.
Somit setzte ich mich auf sein breites Fenstersims, zog die Beine an und umschlang diese mit meinen Armen. Draußen war es dunkel und der Himmel war voll von trüben Wolken. Es begann gerade zu regnen, als mein Handy vibrierte.
Eine SMS von IHM...
Sollte ich sie öffnen? – Vielleicht würde er sich ja entschuldigen.
Also öffnete ich die SMS und während ich sie las wandte sich meine Stimmung von fröhlich zu noch trauriger als zuvor.
*Es tut mir leid, dass ich gelacht habe. Das oder so was in der Art sollte ich wohl sagen, doch ich finde es lächerlich. Ich würde dich bitten, dass wir im Jugendrotkreuz nur noch das nötigste mit einander sprechen. Ansonsten möchte ich keinen Kontakt mehr.*
Wieder hatten sich heimlich tränen über meine Wange geschlichen. Auch mein bester Freund war wieder in seinem Zimmer und sah mich an. Ich gab ihm einfach mein Handy mit der immer noch offenen SMS. Aufmerksam las er sie durch, löschte sie und seine Nummer und zog mich an seine Brust.
Hilfesuchend klammerte ich mich in sein T-Shirt, fühlte mich aber dennoch zum ersten mal seit langem, als ob mir nichts passieren könnte. Mein Ohr lag direkt an seinem Herz. Es war beruhigend seinem Herzschlag zuzuhören.
Als ich dann fast eingeschlafen war, bekam ich mit, wie er mich auf sein Bett legte. Ich konnte sein Shirt jedoch nicht los lassen. Zu groß war die Angst wieder alleine zu sein.
Schließlich legte er sich zu mir und ich fiel in seinen Armen in einen Traumlosen schlaf.
Tag der Veröffentlichung: 15.08.2014
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Widmung:
Nunja... widmen tue ich es meinen zwei besten Freunden die mir in dieser Zeit ziemlich beigestanden haben. Und heute verstehe ich mich zum Glück wieder besser denn je mit Allen! :D