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Prolog


Menschen waren eigenartige Wesen und doch wunderschön. Die Art und Weise wie sie sich bewegten mit ihren Beinen war einfach faszinierend. Ich beobachtete sie schon seit Jahren und immer wieder kam ich zu dem Entschluss - Ich wollte genauso sein.
Ja, richtig. Ich wollte auch so sein. Mich frei bewegen können. Gehen wohin ich wollte. Niemand würde mich aufhalten.
Ich legte meine Kopf auf meinen Unterarm, welcher auf dem rauen Fels ruhte. Ein Seufzen entfuhr mir. Und die Wellen schlugen wieder gegen den Felsen.
"Holly was treibst du denn schon wieder?", hörte ich die melodische Stimme meine Schwester fragen und ich drehte mich zu ihr um.
"Ich...beobachte."
Sie verdrehte lächelnd die Augen.
"Lass das bloß nicht Vater wissen, das du so dicht am Ufer warst", meinte sie.
"Du sagst es ihm doch wohl nicht oder?", wollte ich es von Flora wissen.
Sie schüttelte ihren hübschen Kopf, wobei sich ihre schwarz lilanen Haare im Wasser hin und her bewegten.
"Ich könnte dich nie verraten und das weißt du."
Ich lächelte und wir tauchten sogleich hinunter zurück ins Wasser. Flora war die Beste. Um genauer zu sein, die Beste von meinen fünf Geschwistern. Zum Glück war ich aber nicht die jüngste.
Da war zum einen mein ältester Bruder und somit Thronfolger Ares. Dann Flora und Prim, die somit die Mitte bildeten. Apollon mein zweitältester Bruder. Dann ich und meine kleinste Schwester Daphne. Sie war gerade mal neun Jahre alt.
Ich folgte meiner Schwester hinunter in die Tiefen. Durch das bunte Riff und immer weiter ins dunkle.
Der Schwanz meiner Schwester schlug einige Blasen. Er war wunderschön und passend zu ihren Haaren in einem satten Violett.
Ich warf einen Blick auf meinen Schwanz. Er war auch schön. Leuchtend rosa mit orangen Sprenkeln am Ende und an den Ecken der Flosse.
Dennoch war ich schon immer neidisch gewesen auf Floras Flosse, sie hatte sie von unserer Mutter geerbt bekommen.

"Endlich. Flora, Holly da seid ihr ja!", sagte Ares und kam zu uns geschwommen.
"Tschuldigung, ich hab wieder einmal die Zeit vergessen", sagte ich und lächelte entschuldigend.
Mein Bruder konnte nie böse sein. Er war klasse und auch ein echter Frauenheld. Die ganzen armen Mädchen taten mir schon leid. Anscheinend war entweder keine die richtige oder er war einfach einer dieser Herzensbrecher.
"Vater wartet bereits auf uns", sagte er und wir nickten.
Wir schwammen gemeinsam in das Esszimmer, wo uns Vater bereits lächelnd erwartete.


"Was willst du denn immer wieder hier, Holly?", fragte mich Blossom, meine beste Freundin.
Ich sah sie an und lächelte.
"Ich studiere die Menschen", meinte ich und sah wieder auf den Strand, wo sich wieder viele tummelten.
"Wenn du so scharf darauf bist zu wissen wie das ist, dann geh doch einfach an Land", sagte sie.
Ich warf ihr einen scharfen Blick zu. Sehr witzig. Leider war das nicht so einfach mit einem Fischschwanz an Wasser zu gehen ohne unbemerkt zu bleiben.
"Irgendwann werde ich es tun!", zischte ich und verschwand unter Wasser.
"Holly das war doch noch so gemeint!", rief sie und ich drehte mich um.
"Ihr versteht das alle einfach nicht", sagte ich.
Blossom sah mich entschuldigend an. Sie verstanden einfach alle nicht, wieso ich unbedingt einen Menschen aus der Nähe sehen wollte.
"Ich werde heute Nacht an Land gehen", sagte ich zu ihr und sie sah mich geschockt an.
"Du willst das wirklich durchziehen?!", fragte sie ungläubig.
"Dein Vater wird ausrasten!", fügte sie hinzu.
"Ich weiß."
Und wie ich das wusste. Er würde durchdrehen. Dennoch würde ich heute Abend über meinen Schatten springen und kein Feigling mehr sein, der alles nur aus der Nähe betrachtet. Ich wollte es endlich genau wissen!

Wie unsere Mum


Das Wetter war urplötzlich umgeschlagen und die Wellen peitschten gegen die Brandung. Mein Vater hatte es nun doch mit bekommen. Ich schwamm so schnell ich konnte zum Ufer. Unter einem Steg würde ich erstmal auftauchen können.
Ich robbte aus dem Wasser und spürte den kalten Sand unter meinen Händen. Er war rau und trocken. Total bröselig, nicht so wie im Wasser. Ich spürte langsam wie sich meine Flosse verwandelte. Und sich in zwei teilte. Dünne lange Beine erstreckten sich nun, statt einer langen Flosse an mir. Es hatte also wirklich funktioniert. Die Geschichten stimmten also, das Meerjungfrauen an Land gingen um sich dort umzusehen. Doch ich kannte auch den restlichen Teil der Geschichte. Jedes Mal, wenn ich mit Wasser in Berührung kommen sollte, würde ich wieder eine Meerjungfrau sein bis ich trocken war. Ich sah mich um. So konnte ich definitiv nirgendwo hin. Mein Eva Kostüm war sicherlich nicht praktisch um nicht aufzufallen.
"Holly", hörte ich die entsetzte Stimme meiner Schwester sagen.
"Flora, bitte, lass mich das tun. Nur einmal! Ich komme zurück, versprochen!"
Sie sah traurig aus.
"Wenn es das ist was du willst..."
Ich nickte und sie warf mir etwas zu.
"Anscheinend bist du doch etwas mehr wie Mum", sagte Flora.
Ich sah das nasse Bündel an. Ich kannte diese Sachen. Ich hatte sie oft bei den Menschen gesehen. Und deshalb sah ich Flora geschockt an.
"Woher...", sagte ich.
"Mum. Ich hab ihr erzählt was du vor hast. Sie gab mir das."
Es waren diese Sachen die, die Menschen Bikini nannten und ein Kleid.
"Komm zurück okay?"
"Versprochen, Flora!", sagte ich und lächelte ihr dankend zu.
Flora tauchte wieder unter und ich war wieder allein. Ich zog mir die Sachen über. So wirkte ich wenigstens wie ein normaler Mensch.
Ich kam unter dem Steg hervor und spürte den Sand zwischen meinen Zehen. Der Wind wehte heftig. Doch wo sollte ich jetzt hin? Ich hatte mir keine Gedanken gemacht. Meine weißblonden Haare wehten durch die Luft und wurden total lockig.
"Hey. Wieso bist du bei so einem Sturm draußen?", fragte mich eine tiefe und dennoch samtweiche Stimme.
Ich drehte mich um und sah in die schönsten Augen, die ich je gesehen hatte. Sie waren dunkler, als die Nacht.
"Wieso bist du hier?", stellte ich die Gegenfrage.
Leicht überrascht sah er mich an und zeigte dann auf sein T-Shirt.
"Ich bin hier Rettungsschwimmer."
Ich nickte einfach. Keine Ahnung was das sein sollte. Wer wollte denn gerettet werden, wenn er gerade schwamm? Total sinnlos. Er musterte mich und fing an zu lächeln.
"Wieso bist du so nass? Du musst doch frieren."
Frieren? Was sollte das denn wieder sein?
"Frieren?", fragte ich dummerweise, was ihn dazu brachte noch breiter zu grinsen.
"Du weißt schon. Nasse Sachen, total windig, Gänsehaut?"
Ich sah auf meinen Arm und entdeckte die Gänsehaut.
"Äh ja, ich friere ein wenig."
"Komm mit!", forderte er mich auf und ich folgte ihm schüchtern.
Wir gingen in eine kleine weiße Hütte. Ich sah mich um.
"Also wieso bist du bei so einem Wetter draußen?"
"Ich...war neugierig."
Er lächelte und zog eine Augenbraue hoch.
"Wie kommt es das ich dich hier noch nie gesehen habe?", wollte er wissen.
"Ich bin erst seit kurzem hier", gab ich zurück. Es war ja nicht gelogen.
"Und wo willst du jetzt hin?"
Ich zuckte die Schultern. Denn ich hatte wirklich keine Ahnung.
"Also, wenn du willst kannst du gerne mit zu mir kommen."
Ich drehte mich zu ihm um. Seine braunen Augen funkelten so schön.
"Ähm, wenn es dir nichts ausmacht."
Er schüttelte den Kopf.
"Wie heißt du eigentlich?", wollte ich wissen.
"Antonio und du bist?"
"Holly", sagte ich lächelnd.
"Es freut mich sehr dich kennen zu lernen, Holly", sagte er, wobei sich kleine Grübchen bildeten.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 17.03.2012

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