Susi und der Wunschbaum
Als Susi am Morgen wach wurde, lief sie ganz schnell mit ihren kleinen, nackten Füssen die Treppe zu ihrer Mutter in der Küche hinunter.
„Mami, Mami“ rief sie ganz aufgeregt“, ich hatte einen soooo schönen Traum“. Die Mutter lachte und sagte „ Ja Susi was ist denn mit dir los, was hast du denn geträumt“. Susi strahlte die Mami mit ihrem berühmten Lächeln, das immer alle dahin schmelzen ließ an und sagte „ ich habe von einem Wunschbaum geträumt“. „ Ein Wunschbaum“ sagte die Mami.“ Ich kenne einen Apfelbaum, Kirschbaum, aber einen Wunschbaum kenne ich nicht. Wie sieht denn so ein Wunschbaum aus“.
„ Er glitzert ganz bunt und kleine Elfen fliegen manchmal umher. Sie halten Zettel mit all den Wünschen der Menschen in ihren Händen. Der Baum ist so beladen, dass er vielleicht mit all meinen Wünschen zusammenbricht“. „Welchen Wunsch hast du denn“ fragt die Mami.
„ Das darf ich doch nicht sagen, denn dann wird der Wunsch nicht in Erfüllung gehen“. Susis einziger Wunsch ist, dass ihr Papi, der bei einem Autounfall ums Leben kam, wieder zurück kommt. Er fehlte ihr so sehr. Jeden Abend im Bett betete sie zu Gott, dass Papi wieder zurück kommt. Aber er kam nicht zurück und das machte Susi so traurig, dass sie nicht mehr mit ihrer Freundin spielen wollte. Diese hatte Leukämie und es war kein Spender da, der ihr Leben hätte retten können. All die Sorgen ihrer Freundin gingen unter in ihrer Sehnsucht nach ihrem Papi. Nach diesem Traum musste Susis Mama nicht mehr sagen „ Susi es wird Zeit ins Bett zu gehen“, denn sie ging jetzt immer freiwillig um wieder vom Wunschbaum zu träumen.
Sie hängte wie jeden Abend ihren Wunsch, Papi komm nach Hause, in den Baum. Es waren mehr Wünsche als Elfen flogen, so dass man die Wünsche in die Äste hängen musste
Der Ast bog sich schon und berührte fast die Erde. Susi traute sich nicht mehr einen Wunsch an den Baum zu hängen, und so erholte sich der Ast wieder. Eines Nachts sah Susi wieder ihren Wunschbaum, doch dieses Mal war etwas anders. Sie konnte es zuerst nicht erkennen was anders war. Die Elfen, die glitzernden Punkte und die Zettel, alles war da. Auf einmal bemerkte sie, dass ein Elf aussah wie ihr Papa. Aber Papa war doch im Himmel, wie konnte er als Elf in ihrem Traum erscheinen. „ Papa bist du das“ fragte sie. „ Ja ich bin es mein Schatz“ antwortete der Elf mit dem Gesicht ihres Vaters. „ Warum bist du nicht im Himmel“ frug Susi. Die Stimme antwortete sehr traurig „ Weil du dir immer wünscht, dass ich zurück komme, deshalb bin ich im Wunschbaum gefangen“.
Da musste Susi sogar im Traum weinen, dass sogar ihrer Mutter wach wurde. Sie weckte Susi auf und frug„ Was ist los mein Spatz, hast du schlecht geträumt“? „ Nein antwortete Susi, nicht schlecht, nur traurig“. Sie erzählte aber nichts von ihrem Traum, da die Mama sowieso nicht daran glaubte.
In den folgenden Nächten träumte sie nicht.
Sie hatte Angst dass ihr Traum nie mehr wiederkehrt. Es dauerte eine ganze Weile bis sie nach dem Einschlafen wieder den Traum hatte. Sie sah auch ihren Papa in Gestalt des Elfen. Er sah traurig aus und sagte „Wünscht du dir immer noch dass ich zurück komme“. „ Nein Papi“ sagte Susi, „ Ich weiß dass du in den Himmel magst, ich mag dich nicht mehr aufhalten“ Der Elf lächelte und sagte“ Danke mein Schatz, ich werde dein Schutzengel sein und immer auf dich aufpassen. Wenn du träumst wirst du mich vielleicht einmal sehen, aber in deinem Herzen bin ich immer. Halte dein Herz rein, damit ich darin ein schönes zu Hause habe“. Er lächelte und verschwand in einem wunderbaren Licht, das in allen Farben strahlte. Seltsamer Weise war Susi nicht traurig, denn sie wusste ja, dass ihr Papi in ihrem Herzen ist.
Susi war auf einmal wieder fröhlich, was natürlich auch ihrer Mutter auffiel. „ Was ist denn mit dir passiert Susi“ frug die Mama. „ Nichts“ anwortete Susi und behielt ihr kleines Geheimnis für sich.
In all ihrem Kummer hatte sie ihre kranke Freundin total vergessen und wurde darüber sehr traurig. Aber als sie einschlief, sah sie wieder ihren Wunschbaum, der seltsamer Weise noch schöner strahlte wie zuvor. Aber sie hatte nun keinen Wunsch mehr.
Plötzlich flog ein kleiner Elf auf sie zu. Sie schaute ihn an und sah, dass er leere Hände hatte.
Susi sagte „ Darf ich dir einen Wunsch geben“? „ Einen Wunsch für dich“? „ Nein, für meine Freundin, die hat Leukämie“. Der Elf nahm den Zettel und verschwand. Susi zweifelte, dass es funktioniert. Aber der Zweifel verflog sehr schnell, da es bei Papi auch funktionier hatte.
Einige Wochen später fand sich ein Spender und die kleine Freundin wurde wieder gesund. Susi erzählte aber nichts von ihrem Wunschbaum. Sie begriff jetzt, dass es gut ist auch einmal für andere etwas zu wünschen, denn die Anderen wünschen sich auch etwas für sie.
Einige Jahre später verliebte sich Susis Mutter wieder. Susi war am Anfang skeptisch, kam aber bald zur Überzeugung, dass er der Richtige für ihre Mami ist. Peter so hieß der Neue war sehr liebevoll zu ihr und ihrer Mami. In der Nacht als sie träumte, glaubte sie ihren Papi zu sehen der lächelte. Sie war glücklich und sagte „ Danke Papi, ist der Peter dein Wunsch für uns“?
Die Jahre zogen ins Land und aus Susi wurde eine zauberhafte junge Frau mit dem Namen Susanne. Susi passte jetzt nicht mehr zu ihr. Sie hatte sich zwar sehr verändert in ihrem Aussehen, aber ihr wundervolles Lächeln hatte sie immer noch. Da blieb es nicht nicht aus, dass sich bald ein junger Mann in sie verliebte. Susanne hatte schon als kleines Kind ein Gespür, ob es Menschen mit ihr gut meinten. Aus dem Liebespaar wurde das Traumpaar des Dorfes. Über ihre Hochzeit sprach man noch Jahre. Wenn zwei Menschen sich lieben, bleibt es nicht aus, dass aus 2 schnell 3 werden. Aber es kam noch besser, es wurden Zwillinge, die sich prächtig entwickelten. Im Alter von 3 Jahren merkte Susanne dass sich die Kinder zu Egoisten entwickelten, die alles haben wollten. Sie waren mit nichts zufrieden und das machte Susanne nachdenklich. Da fiel Susanne ihr Wunschbaum ein. Sie setze sich mit den beiden Rackern auf das Sofa und sagte „ So ihr 2, ich erzähle euch jetzt eine Geschichte, die ich als kleines Kind erlebt habe“. Die zwei kleinen wurden immer ruhiger und kuschelten sich ganz eng an Mami. Aufmerksam lauschten sie den Worten ihrer Mutter. Ihre Augen wurden groß und leuchteten vor Aufregung bei der Erzählung der Mama. Papa der mittlerweile von der Arbeit gekommen war, lauschte an der Tür und war überrascht wie brav die Kleinen waren. Als Susanne ihre Erzählung beendete drückten sich die beiden ganz eng an sie und sagten „ Mami wir haben dich lieb“. Seit dieser Zeit hatte Susanne auch keine Probleme mehr die 2 ins Bett zu bekommen. Ob sie in ihren Träumen den Wunschbaum gesehen haben, erfuhr Susanne nie, denn die 2 wussten, dass man seine Wünsche nicht erzählen darf.
Die meisten Erwachsenen haben verlernt zu träumen. Ich hoffe dass ihr irgendwann einmal in euren Träumen den Wunschbaum seht
Texte: Copyright Hans E Rohe
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Tag der Veröffentlichung: 30.07.2009
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