Bewohnbarer Giebel?
Marie hatte drei Sommer lang ungebetene Gäste im Giebel ihres Hauses. Wespen hatten sich dort eingerichtet. Im ersten Jahr hatte der Umweltbeauftragte der Stadt Ibbenbüren, Herr Schulte, die Wespen unter die Lupe genommen und versichert, dass es sich um eine harmlosere Art handele, um die man sich nicht groß zu kümmern brauche.
Marie ließ sie also in Ruhe, und die Wespen Marie. Allerdings konnte sie von ihrem Platz am Computer aus die Aktivitäten der schwarz/gelben Flugkünstler durchaus beobachten.
Im vergangenen Jahr nun bedauerte sie fast, dass die Wespen ausblieben.
Und in diesem Jahr? Nun, zuerst wunderte sie sich, dass das Gurren der Tauben so nah klang, wenn sie bei gekipptem Fenster am PC saß.
Doch mehr und mehr musste sie beobachten, dass die Tauben dabei waren, den First ihres Giebels für sich bewohnbar zu machen.
Herr Täuberich saß auf dem Dach und gurrte während des ganzen Tages unverdrossen vor sich hin, und Frau Taube? Nun, die schaffte in ihrem Schnabel alles Mögliche, kleine Zweige, Watte, Grashalme und dergleichen mehr, herbei. Marie erschrak, die wollten doch wohl nicht ein Nest bauen?
Doch sie wollten. Marie bewaffnete sich mit einem Fernglas und schaute sich das Tauben-Treiben von der Straße aus an.
Das Dach zum Giebel hin, auf dem Herr Täuberich (oder war es doch seine Frau?) von morgens bis abends gurrte, um Feinde abzuhalten, war über und über mit Kot bekleckert. Oh weh, hatte sie nicht des Öfteren gelesen, dass Taubenkot sogar Steine zerstören konnte? Was sollte aus ihren Dachpfannen werden?
Während Marie noch überlegte, wie sie sich der Nestbauer entledigen könnte, entspann sich zwischen den Tauben und ihr ein regelrechtes Spiel.
Bevor sie sich an den PC setzte, öffnete sie das Giebelfenster und schaute ein Weilchen hinaus. Es dauerte auch nicht lange und eine ihrer Tauben kam schimpfend angeflogen, blieb flügelschlagend in der Luft vor ihr stehen und stieß gurrende schimpfende Laute aus. Sobald Marie jedoch in die Hände klatschte, verschwand Herr oder Frau Taube ärgerlich.
Und dann geschah es immer öfter, dass eine der beiden auf der Fensterbank landete und neugierig ins Zimmer schaute, ob Marie an ihrem Computer saß oder ob die Luft rein war. Tja, und mehr und mehr stellte Marie fest, dass ihr die Geschichte ungeheuren Spaß machte, wenn nur nicht die Angst um die Dachpfannen gewesen wäre.
Ja, und dann wurde die Fensterbank mehr und mehr zur Tauben- Toilette, und ihr das alles doch irgendwie zuviel.
Als Marie nun kürzlich Besuch bekam und dem Bekannten ihre Lage schilderte, machte der kurzen Prozess. Mit Hilfe eines Schrubbers beförderte er den beginnenden Taubenhausbau auf die zwei Etagen tiefer liegende Erde, und der Spuk war vorbei?
Denkste, auf dem Nachbardach sitzt nun ein ärgerliches Taubenpaar und schimpft und schimpft.
Marie hofft inbrünstig, dass die bald ein anderes Baugrundstück finden und in Ruhe ihrem Nestbau nachgehen und sie wieder schreiben kann, ohne beschimpft zu werden, denn schließlich gehört das Haus ihr, und nicht den Tauben.
Texte: Cover Lizenz frei Google
Tag der Veröffentlichung: 18.05.2011
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