Cover

Verena Michaelis schloss gerade die Ladentür ab, als Sabrina in die Kaiserstraße einbog und ihren Wagen vor dem hübschen Fachwerkhaus, in dem sich das Modegeschäft ihrer Mutter befand, zum Stehen brachte. Übermütig mit der Tüte schwenkend sprang sie heraus. Verena schloss wieder auf, öffnete lachend die Tür und umarmte ihre Tochter erfreut.
„Welch guter Stern bringt dich so unverhofft hierher?“ fragte sie glücklich.
„Ich muss dir unbedingt zeigen, was ich soeben erstanden habe“; gab Sabrina vergnügt zurück, hängte sich bei der Mutter ein, und gemeinsam stiegen sie die schmale Treppe zu der sich über dem Laden befindenden Wohnung der Mutter hinauf.
„Es ist immer wieder schön, zu dir nach Hause zu kommen“, sagte Sabrina zufrieden und schaute sich in der hellen und freundlichen Wohnung um, in der sie ihre Kindheit und Jugend verbracht hatte. Ausgenommen eine geräumige ehemalige Abstellkammer, die Verena heute als Schlafzimmer nutzte, erstreckte sich der Wohnbereich beinahe über die gesamte Etage des kleinen Fachwerkhauses, das Verena nach dem Tod ihrer Großtante geerbt hatte. Er wirkte mit seinem hellen Anstrich, den duftigen Gardinen und den hellen Polstern frisch und ungemein gemütlich. Verena hatte altes und neues mit sicherem Geschmack miteinander kombiniert. So bildete der mahagonifarbene Sekretär einen reizvollen Kontrast zu der hochmodernen Essecke, deren helle Stühle sich um einen großen Glastisch gruppierten. Der Eckvitrine dagegen sah man an, dass sie einst in einem englischen Landhaus gestanden haben musste, und auch die zierliche Standuhr, deren Geläut nun verkündete, dass es 19 Uhr war, stammte sicherlich aus der gleichen Gegend.
„Es ist immer wieder eine Freude, diesen Raum zu betreten, vor allem, wenn man weiß, wie viele kleine vollgestopfte Löcher die gute alte Tante Hedwig in dieser Etage einst hatte“, sagte Sabrina, stellte die Tüte mit ihrer Neuerwerbung in einen Sessel und zog langsam das Kleid heraus.
Verena, die auf dem Weg zu der nur durch eine halb hohe Mauer abgetrennten Küche war, blieb überrascht stehen.
„O nein“, entfuhr es ihr, „das ist ja beinahe so, wie du es Klappi und mir aufgezeichnet hast.“
„Ja, Mama, es ist ein Wunder, vor allen Dingen passt es wie eine zweite Haut. Nicht die kleinste Änderung brauchen wir vorzunehmen. Soll ich es schnell überziehen?“
„Aber unbedingt“. Verena betrachtete noch immer verwundert das naturfarbene Seidenkleid, in das Sabrina jetzt hineinschlüpfte, und sich von ihrer Mutter die lange hintere Knopfreihe schließen ließ.
„Mäuschen, du siehst aus, wie Nofretete persönlich“, staunte sie, als Sabrina die Haube aufgesetzt hatte, die der Kopfbedeckung der ägyptischen Königin unglaublich ähnelte.
„Fast die gleichen Worte gebrauchte die Verkäuferin, und ein Kunde, der kurz zuvor den Laden betreten hatte, verließ ihn bei meinem Anblick fluchtartig wieder, nicht ohne mich vorher wie eine Erscheinung anzustarren, und mir einen gehörigen Schrecken einzujagen.“
Verena lachte.
„Dir einen Schrecken eingejagt? Das wundert mich, denn normalerweise bist du nicht so leicht zu erschrecken. Weißt du, woher das Kleid stammt?“
„Nein, ich war in so euphorischer Stimmung, dass ich nicht danach gefragt habe. Aber ich kann das nachholen, denn die nette Verkäuferin habe ich zu unserem Kostümball eingeladen.“
„Verrücktes Huhn“, lachte Verena und schüttelte in komischem Entsetzen den Kopf, „wenn du so weitermachst, reicht der kleine Saal der Stadthalle am Ende nicht aus.“
„Macht nichts, nehmen wir halt den großen dazu“, gab Sabrina fröhlich zurück, „doch jetzt muss ich dringend telefonieren.“ Sie schälte sich vorsichtig aus ihrem Traumkleid und rief danach ihren Freund Christoph Maiwald an, mit dem sie seit einigen Jahren im gleichen Haus lebte, allerdings in getrennten Apartments. Verena bereitete unterdessen nachdenklich in ihrer kleinen, ungemein praktischen Küchenecke das Abendessen, während ihre Gedanken zwölf Jahre zurückgingen..........

„Mama, heute ist nicht nur mein achtzehnter Geburtstag, sondern auch mein Glückstag, ich habe den Mann meines Lebens kennen gelernt“, wie ein Wirbelwind stürmte Sabrina in Verenas kleinen Modeladen, ließ ihre Schultasche einfach auf den Boden fallen, und umarmte die überraschte Mutter stürmisch.
„Nun mal langsam, meine Süße“, sagte Verena lächelnd und betrachtete die Tochter mit leiser Skepsis, „den Mann deines Lebens? Ist es nicht ein wenig übertrieben, nach der ersten Begegnung zu einer solchen Schlussfolgerung zu kommen?“
„Wieso sagst ausgerechnet du das? Ging es dir mit meinem Vater nicht ebenso? Und wenn er noch leben würde, wären wir sicher eine glückliche Familie, nicht wahr?“
„Hallo Sonnenschein“, sagte jetzt Großtante Hedwigs Stimme von der Flurtüre her, sie stand dort auf ihren Stock gestützt und ein frohes Lächeln lag über ihrem frischen Gesicht mit den lebhaften blauen Augen.
„Selber Sonnenschein“, lachte Sabrina, „ich kenne keinen Menschen, der so wunderbar ist, wie meine Urgroßtante Hedwig.“ Mit wenigen Schritten war sie bei der zierlichen alten Dame und umarmte sie herzlich.
„Komm, wir gehen hinauf, Mama, kommst du?“
„Geht nur vor, ich schließe den Laden ab, und bringe ein Schild an, dass heute Nachmittag wegen einer Familienfeier der Laden geschlossen bleibt, danach komme ich hoch“, sagte Verena und etwas in ihrer Stimme ließ Sabrina verwundert aufschauen.
„Ist etwas?“ fragte sie irritiert, auch Tante Hedwig schaute etwas beunruhigt zu ihrer Großnichte.
„Später“, sagte Verena beruhigend, „wir müssen nachher miteinander reden. Vielleicht hätte ich es längst tun müssen“, fügte sie leise hinzu.
„Bis nachher dann“, nur wenig beruhigt geleitete Sabrina die Tante über die schmale Treppe zur ersten Etage, wo sich Tante Hedwigs zwei Zimmer, Verenas Wohn- u. Schlafraum, die kleine Küche und ein winziges Bad befanden, während Sabrina zwei entzückende Zimmer im ausgebauten Dachboden bewohnte, die zwar recht schräg, aber durch die großen Dachfenster sehr hell und urgemütlich waren.
„Es war die beste Entscheidung meines Lebens, als ich damals deine Mutter und dich in mein Haus holte“, sagte Tante Hedwig in Sabrinas Gedanken und drückte die Hand ihrer Urgroßnichte mit erstaunlich festem Griff.
„Wir haben wohl alle drei das große Los gezogen, Tantchen“, lachte Sabrina, „weißt du, es passiert so oft, dass Eltern und ihre erwachsenen Kinder sich nicht sonderlich gut vertragen, wieso geht das bei uns so prima? Erzähl mir ein wenig von damals, Mama und auch du, ihr haltet euch mit Berichten über diese Zeit immer sehr bedeckt. Warum eigentlich?“ Fragend schaute Sabrina die Tante an, doch die strich zart über den Handrücken des jungen Mädchens und sagte ausweichend:
„Das wird dir deine Mutter zur rechten Zeit sagen, das geht auch nur euch beide etwas an.“
„Was meinst du? Gibt es irgendwelche Geheimnisse von denen ich nichts weiß? Komm, sag schon“, drängte Sabrina.
„Wir werden gleich über alles sprechen“, Verena hatte unbemerkt den Raum betreten, hängte das Schüsselbund an seinen angestammten Platz und wandte sich mit einem kleinen, irgendwie fremden Lächeln zu ihrer Tochter, „ich denke, wir essen erst einmal, danach, bei einer Tasse Kaffee redet es sich dann leichter.“
„Leichter?“ fragte Sabrina beklommen, „was geht hier vor? Warum seid ihr heute so merkwürdig? Nein, ich will jetzt nichts essen, wir können den Kaffee ebenso gut sofort trinken. Opa, Meta und die anderen kommen ja ohnehin erst am Wochenende.“
„Auch gut“, sagte Verena gleichmütig, setzte die Kaffeemaschine in Gang, deckte den Tisch und holte die Geburtstagstorte aus der Küche. Als sie die Kaffeetassen eingeschenkt, und jedem ein Stück Torte auf den Teller gelegt hatte, wandte sie sich plötzlich mit ernstem Gesichtsausdruck an ihre Tochter:
„Hör zu, Sabrina, ich will dir nicht den Tag verderben, aber ich kann und will es nicht länger aufschieben. Ich muss dir hier und jetzt etwas sagen, das dich vielleicht erschrecken wird, aber es geht nicht anders.“ Sie hatte plötzlich Tränen in den Augen und diese Tatsache war so ungewöhnlich, dass Sabrina Angst bekam.
„Mama, bitte, nun sag schon, was los ist, bist du etwa krank?“
„Nein, nein, keine Angst, ich befürchte nur, dass du entsetzt sein wirst, wenn du erfährst, dass ich jahrelang die Unwahrheit gesagt habe.“ Richtig bedrückt sah Verena nun aus.
Sabrina schüttelte verwundert den Kopf.
„Du willst jahrelang die Unwahrheit gesagt haben? So ein Unsinn, du hast doch immer jede Lüge verabscheut. Das heißt, wenn du wirklich gelogen haben solltest, dann gibt es dafür sicher einen plausiblen Grund. Nun rede doch endlich, das hält ja kein Mensch aus.“
„Mäuschen“, begann Verena feierlich, während sie Sabrinas schmale Hand vorsichtig in die ihre nahm, „du bist in dem Glauben aufgewachsen, dass dein Vater vor unserer Hochzeit tödlich verunglückt ist, doch das stimmt nicht...“
„Das stimmt nicht? Was soll das heißen?“ wurde sie von Sabrina unterbrochen, „willst du damit sagen mein Vater lebt, und du hast mir immer nur erzählt, er sei tot?“ Mit groß aufgerissenen Augen starrte Sabrina die Mutter an, die nickte betrübt mit dem Kopf.
„Ja, er lebt, ich wollte dir nur ersparen...“ erneut wurde sie von ihrer Tochter unterbrochen.
„Ich glaube das nicht, nein, ich glaube das nicht! Tante Hedchen, bitte, sag doch etwas, oder hast du das auch gewusst? Ihr beide, meine liebsten Menschen habt mich jahrelang belogen?“ Sie sprang von ihrem Stuhl und starrte Mutter und Tante entsetzt an. „Ihr hattet kein Recht dazu, ihr habt mich um meinen Vater und meinen Vater um seine Tochter betrogen. Wie konntet ihr das tun? Hattet ihr Angst, ich hätte euch weniger lieb gehabt? Nein, so könnt ihr nicht gedacht haben. Was also war es? Mami, nun sag schon, ist Lutz Bergström vielleicht ein Krimineller?“ Beinahe flehend war der Blick, mit dem Sabrina die Mutter ansah.
„Nein, Schatz, er ist kein Krimineller. Die Sache ist viel profaner und doch so ungeheuerlich, dass ich auch heute, nach achtzehn Jahren ausgesprochen wütend werde, wenn ich nur daran denke.“ Ein harter Zug grub sich in Verenas Mundwinkel, den Sabrina bisher noch nie bemerkt hatte, „dein Vater hat beim Anblick deiner pechschwarzen Haare, die du bei der Geburt hattest, und deines, zugegeben etwas dunkleren Teints, allen Ernstes behauptet, ich hätte ihn betrogen, und wolle ihm das Kind eines anderen unterjubeln. Nie und nimmer könne er der Vater dieses Kindes sein, Er selbst sei blond, sein Vater ein blonder Schwede, und seine Mutter eine rothaarige Engländerin, na ja, und da ich ebenfalls blond sei, müsse das Kind eben einen anderen Vater haben.“
Fassungslos hörte Sabrina zu.
„Ja, und, was hast du geantwortet? Du hättest einen Test machen lassen können, dann hätte er es doch glauben müssen. Hast du ihn einfach gehen lassen?“
„Ja, ich habe ihn gehen lassen. Stell dir vor, du bringst ein bildhübsches kleines Mädchen zur Welt, und der Vater des Kindes unterstellt dir auf Grund von Äußerlichkeiten, du hättest ihn hereinlegen wollen. Nein, mein Schatz, ich weiß, dass er dein Vater ist, ich brauchte das nicht nachweisen zu lassen. Für mich war das der Schock meines Lebens, ich fühlte mich so verletzt, dass ich ihn nie wiedersehen wollte. Glücklicherweise fügte es das Schicksal, dass ausgerechnet an diesem Nachmittag Tante Hedwig ihr Urgroßnichtchen besuchen wollte. Sie fand mich kurz nach Weggang deines Vaters völlig aufgelöst vor...“
„Na ja, und die Gelegenheit ließ ich mir nicht entgehen, euch beide nach der Entlassung aus dem Krankenhaus mit zu mir zu nehmen“, sagte Tante Hedwig, „und als dann wenig später dein Großvater mit Meta erschien, war unser Plan fertig. Wir erzählten ihnen, dass eine schreckliche Nachricht vom Unfall des Lutz Bergström deine Mutter erreicht habe, und dass sie zunächst mit dem Kind zu mir komme. Die gute Meta schien ziemlich erleichtert, denn eine ledige Mutter in ihrem anständigen Haus, o weia, das wäre wohl nicht in ihrem Sinn gewesen. Opa Hans allerdings war recht unglücklich, sah er doch, wie sehr seine geliebte Verena litt. Ich bin heute noch froh, dass ich zur rechten Zeit am rechten Ort war.“
Mit großen Augen hatte Sabrina zugehört.
„Aber Tante Meta wollte doch immer, dass wir zu ihr und Opa ziehen“, sagte sie verständnislos.
„Ja, später hätte sie euch am liebsten mit Gewalt hier heraus geholt. Sie versuchte alles, um euch in dieses Kaff bei Düsseldorf zu holen. Zum Glück ging deine gescheite Mutter nicht darauf ein. Zugegeben, manchmal bekam ich schon Angst, denn wenn meine liebe Verena auch nicht so sehr davon begeistert war, ihr Leben mit Brot und Brötchen zu teilen, ihrem Vater zuliebe hat sie schon mit dem Gedanken gespielt, seine Bäckerei weiterzuführen, nicht wahr Nichtchen?“ Ein spitzbübisches Lächeln huschte über Tante Hedwigs Gesicht, als sie Verena anschaute.
„Allerdings habe ich manchmal mit dem Gedanken gespielt, Metas Drängen nachzugeben, nur um Vater einen Gefallen zu tun“, Verena war überrascht, „doch woher weißt du das?“
„Na, hör mal“, lachte Tante Hedwig, „ich kannte doch immer meine Feinde, die mir meine liebsten Menschen wegnehmen wollten. Ich erinnere nur an Axel Winter, der hat doch auch alles versucht, um euch zu bekommen, doch das wusste ich zu verhindern.“ Vergnügt zwinkerte sie mit den Augen.
„Ach, du Liebe“, sagte Verena und konnte sich trotz trüber Gedanken eines Lächelns nicht erwehren, „sehr groß war die Gefahr nicht, dass ich mit Alex weggegangen wäre. Er ist zwar ein sehr netter Mensch, aber mehr auch nicht. Außerdem reichte mir die Erfahrung mit Sabrinas Vater fürs ganze Leben. Männergeschichten sind nichts für mich.“
„Und ich dachte, ich hätte heute den Mann fürs Leben getroffen“, sagte Sabrina niedergeschlagen, „meint ihr, mit Christoph kann mir auch so etwas passieren?“
Verena sprang rasch auf und legte den Arm um Sabrinas Schultern.
„Hör zu, Schatz, eine solche Geschichte wiederholt sich gewiss nicht, wenn ich dir heute davon erzählt habe, so sicher nicht, um dir deine erste Liebe zu vermiesen. Es wird sich von ganz alleine zeigen, was daraus wird. Ich wünsche dir jedenfalls alles Glück dieser Welt, meine Süße. Im übrigen bin ich froh, dass du so vernünftig auf mein Geständnis reagiert hast, danke, Mäuschen.“
„Tja, Mami, was soll ich auch mit einem Vater, der nichts von mir wissen will. Du hast Recht, wir brauchen keine amtliche Bestätigung, Vater ist Vater, und sicher war es wirklich besser, dass ich bisher nicht wusste, dass er noch lebt. Womöglich hätte ich einen Knax bekommen, nicht wahr?“
Verena nickte zögernd, und schaute ihre Tochter ein wenig besorgt an, denn ein kleines Zittern in deren Stimme verriet, dass sie längst nicht so unbeteiligt war, wie sie Mutter und Tante glauben machen wollte.....

„Hallo, Mama, wo bist du nur mit deinen Gedanken?“ Erschrocken fuhr Verena hoch.
„Verzeih, Kind, aber ich war in Gedanken tatsächlich ein paar Jahre zurück“, sie schüttelte energisch ihren Kopf, und widmete sich dann wieder ihren Essensvorbereitungen.
„Kann ich heute hier übernachten?“ fragte Sabrina.
„Natürlich“, nickte Verena, „stimmt etwas nicht?“
„Ja und nein, ich weiß nicht, was ich machen soll. Christoph hat soeben am Telefon sein Ultimatum wiederholt, das heißt, er hat bekräftigt, dass es ihm Ernst damit ist. Wenn ich ihm also an meinem Geburtstag nicht klipp und klar sage, ob und wann ich ihn heiraten werde, trennt er sich von mir. Ich weiß nicht, was ich tun soll, ich kann ihn nämlich nicht heiraten, jedenfalls jetzt noch nicht. Etwas in mir sträubt sich gegen eine Heirat, ich kann nichts dagegen tun.“
Sabrina ließ sich auf einen Küchenhocker fallen und schaute die Mutter hilflos an.
„Aber du liebst ihn, nicht wahr, meine Kleine?“ wollte Verena wissen.
„Ja, Mama, ich liebe ihn von Herzen. Er ist, ich wusste es von Anfang an, der Mann meines Lebens. Erinnerst du dich an den Tag, als ich ihn kennen lernte?“
„Und ob ich mich erinnere, ich dachte soeben auch daran. Weißt du, Sabrina, ich frage mich immer wieder, ob mein damaliges Geständnis womöglich die Ursache deines innerlichen Widerstandes gegen eine Hochzeit ist.“
„Nein, bestimmt nicht, mach dir darüber bitte keine Gedanken. Vielleicht bin ich nicht ganz normal, aber ich hasse es, wenn mir jemand etwas aufzwingen will, und so ein Ultimatum bezweckt doch nichts anderes, als mich unter Druck zu setzen. Es macht mich ganz einfach wütend und widerborstig. Warum gibt er mir nicht noch ein wenig Zeit?“
„Meinst du nicht, dass zwölf Jahre schon eine recht lange Zeitspanne ist? Sei nicht ungerecht, Liebes, denn an Geduld hat dein Christoph es gewiss nicht mangeln lassen. Ich kann verstehen, dass er jetzt auf eine Entscheidung drängt.“ Liebevoll legte Verena den Arm um die Schultern der Tochter und drückte sie zart an sich.
"Ja, schon, aber dennoch macht mich dieses entweder oder schrecklich wütend. Was denkt er sich dabei? Meint er, dass seine Liebe bei einem nein meinerseits einfach ausgeknipst werden kann? Bitte, verstehe du mich doch wenigstens."
"Aber ja, Mäuschen, mir ging es in derartigen Situationen früher ähnlich. Zum Glück wird man im Laufe der Jahre gelassener, wie das Älterwerden überhaupt viele Vorteile hat. Ich hätte mir in jungen Jahren nie träumen lassen, dass ich mit neunundvierzig Jahren so glücklich und zufrieden sein könnte, wie ich es heute bin."
"Wenn man so aussieht wie du, kann man auch glücklich und zufrieden sein", lachte Sabrina und schaute stolz ihre gutaussehende Mutter an, die niemand auf bald fünfzig Jahre schätzen würde, "doch nun gib mir bitte einen Rat, was ich mit dem schrecklichen Christoph machen soll, verlieren möchte ich ihn nämlich auf keinen Fall."
"Das wirst du auch nicht, solche Dinge regeln sich meistens auf geheimnisvolle Weise von selbst. Komm, lass den Kopf nicht hängen, bis zum Auslaufen dieses, wohl nicht ganz ernst gemeinten Ultimatums sind ja noch zwei Wochen Zeit. Und nun komm' zu Tisch."
"Danke, Mama, du hast mal wieder Recht." Beruhigt folgte Sabrina der Mutter, die mit dem beladenen Tablett zur Essecke vorausging.

Fortsetzung folgt

Impressum

Texte: (c) by rosenjule cover Google
Tag der Veröffentlichung: 29.10.2010

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /