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First Love, First Boy

Ich sitze auf dem Rücksitz des gemieteten Vans. Ich bin auf dem Weg in den Urlaub. Meine Geschwister streiten sich auf der Rückbank hinter mir (Der Van hat 8 Sitzplätze), meine zukünftige Stiefmutter sitzt auf der Beifahrerseite und singt laut und falsch den neuesten Radiohit mit. Unwillkürlich muss ich grinsen. Sie weiß, das sich ihr Gesang schräg anhört, aber das stört sie nicht. Hauptsache Spaß muss es machen, sagt sie immer.

„Komm schon Erik, sing mit. Wir haben Urlauuuub!“ lacht sie mich nun an.

Ich schüttel den Kopf, und sie fängt an, am Radio zu hantieren. Mein Vater seufzt genervt. Kann ich ihm nicht verdenken, den Andrea stellt alle naslang einen neuen Sender ein oder wechselt die CD, wenn ihr ein Lied nicht gefällt.

Meine Familie ist schon eine schräge Nummer. Ich bin das Kind einer deutschen Mutter und eines französischen Vaters. Vor wenigen Jahren haben sich die beiden scheiden lassen. War nicht schön.

Nun ja, mein älterer Bruder und meine jüngere Schwester haben es leichter weggesteckt, sind reine Mamakinder. Ich dagegen war eher immer ein Papakind.

Am Anfang war es schwer, ihn nicht jeden Tag zu sehen, und er hatte, wenn wir zu Besuch kamen, oft Probleme, seinen Kummer vor uns zu verbergen. Die Scheidung war ihm schwer an die Nieren gegangen.

Dann hat er Andrea kennengelernt, fast 20 Jahre jünger als mein Vater. Ich war am Anfang sehr skeptisch, was wollte er den mit der?

Und nun ist sie fast meine beste Freundin. Sie hat es geschafft, dass mein Vater wieder auftaute, wieder mehr mit uns unternahm, und ansonsten kümmerte sie sich ganz liebevoll um ihn. Alles in allem: Sie hat ihm gut getan.

Sie hat zwar manchmal erzkonservative Ansichten, aber ich habe schnell gemerkt, das man gut mit ihr quatschen kann. Sie hört mir zu und nimmt meine Probleme ernst. Oft hat sie einen guten Rat parat, und wenn nicht, dann gibt sie es auch zu.

Ich sehe wieder aus dem Fenster. Wir sind schon fast am Ziel unserer Reise angekommen, die Camargue. Ich war bisher nur einmal hier, aber es war der schönste Urlaub den wir je hatten. Hoffentlich wird dieser genauso gut.

Mein kleiner Bruder, der neben mir sitzt, singt jetzt fröhlich mit seiner Mama Andrea mit Scooter um die Wette. Auch mein Vater brummt jetzt mit.

Ich bin immer wieder erstaunt, wie Andrea mit meinem Vater harmoniert. Und das die beiden zusammen einen vierjährigen Sohn haben, tut da auch keinen Abbruch. Obwohl der Altersunterschied schon gewaltig ist, lieben sie sich ohne Vorbehalte. Sie hatten am Anfang mit Vorurteilen zu kämpfen, aber das hat sich Gott sei Dank gelegt.

Ich lehne meinen Kopf an das Fenster, schaue nach draußen und denke an Sara. Und schon wieder werd ich nur von der Erinnerung an sie rot. Am letzten Schultag hatte sie mich beiseite gezogen und mich stürmisch geküsst. Ich konnte nicht reagieren, und als es vorbei war, hat sie mich so komisch angeguckt. Ich bin rot geworden, hab nicht mal was sagen können, und bin an ihr vorbei. Hab sie seitdem nicht mehr gesehen.

Ich habe Andrea die Geschichte erzählt. Und die ist fast vor Lachen vom Stuhl gefallen.

„Oh Rik, die ist in dich verschossen! Hast du es denn nicht gemerkt?“

Ich hab nur den Kopf geschüttelt. Und war baff. Okay, ich bin 15, aber bisher waren Mädchen immer nur gute Freundinnen, mehr nicht. Das sich mal eine in mich verknallen könnte, ist mir im Traum nicht eingefallen.

Andrea hat mich dann aufgeklärt, was Flirtanzeichen sein könnten. Und wie ich darauf reagieren kann. Wortwörtlich hat sie gesagt:

„Geh nach Gefühl! Wenns dir gefällt, flirte zurück. Sollte dich nochmal eine küssen, und es gefällt dir, dann küss zurück. Handle mit dem Herzen, dann passt das schon!“

Leichter gesagt als getan. Meine Geschwister haben sich über mich lustig gemacht, als sie das rausfanden. Die haben das früher gecheckt als ich. Dirk ist 18, und Maia 14. Und die wissen scheinbar mehr als ich über so was Bescheid. Sollte mir vielleicht, aber nur vielleicht zu denken geben.

Ich schrecke auf, als Andrea einen Jubelschrei ausstößt.

„Wir sind da!“ brüllt sie quer durch den Van. Wenn sie so drauf ist, merkt man ihr ihre 30 nicht an. Und schon ist die Tür offen, sie springt heraus, und fängt an, einen kleinen Freudentanz aufzuführen. Manchmal habe ich das Gefühl, das sie jünger ist als ich.

„Man, kann die nicht normal sein?“ meckert Dirk von hinten. Meine Schwester nickt zustimmend mit dem Kopf. Die beiden verstehen sich nicht so gut mit Andrea. Solange man ihre Regeln einhält ist sie der umgänglichste und freundlichste Mensch. Aber wehe, wenn man sie beleidigt oder nicht nach den Regeln spielt. Im Haushalt helfen zum Beispiel. Meine Geschwister drücken sich gerne, und deswegen hat es schon oft gekracht. Sie lassen sich gerne bedienen.

Der Urlaub jetzt war an eine Bedingung meines Vaters geknüpft: Seid nett zu ihr! Spielt nach den Regeln!

Und so viele gibt es nun auch wieder nicht.

„Dirk, halt dich zurück! Du weißt, das wir uns diesen Urlaub ohne Andrea nicht leisten könnten!“ donnert mein Vater vom Fahrersitz.

„Seid froh, das es Andrea gibt. Ich hätte mir ohne sie die ganzen Ausflüge nicht leisten können, die ich mit euch gemacht habe. Also gib Ruhe!“

Mein Vater muss an meine Mutter Unterhalt zahlen und ihm bleibt fast nichts übrig. Ich weiß, das Andrea 2 Jobs hat, einen zu 100 Prozent und einen auf 400 Euro Basis. Und das es mit Mann und Kind sowie uns nicht leicht ist, alles unter einen Hut zu bringen. Und sie war in letzter Zeit nur noch erschöpft. Dieser Urlaub ist dringend notwendig für sie, das weiß ich.

Und wahr ist auch: Sie hat viele Ausflüge bezahlt, und ist oft nicht mitgekommen, damit wir mehr Zeit allein mit unserem Vater haben können. Und ich weiß auch, das es ihr weh tut, wenn meine Geschwister dann so reagieren wie gerade eben.

Schnell löse ich meinen Gurt, öffne die Tür und laufe zu Andrea. Glücklicherweise hat sie nichts mitbekommen. Ich packe sie an der Hüfte und tanze mit ihr im Kreis. Lachend falle ich anschließend in ihre Arme. Sie hat gut etliche Pfunde zuviel, aber das stört mich nicht. Sie dreht mich in ihren Armen, sodass ich mit dem Rücken an ihrer Brust lehne. Ihre Arme schlingt sie um mich. Das tut gut, bei ihr fühle ich mich geborgen. Gemeinsam schauen wir das azurblaue Meer an. Andrea liebt das Meer, aber nur zum Anschauen. Zum Schwimmen bevorzugt sie einen Pool.

„Kann uns mal jemand mit dem Gepäck helfen?“ ruft mein Vater zu uns herüber.

„Klar, sorry!“ ruft Andrea und wuselt davon. Gemeinsam tragen wir alles in den Bungalow. Er hat fünf Zimmer, eine riesige Terrasse, einen wirklich schön angelegten Garten und einen Pool.

„Geil! Ist ja schöner als im Prospekt!“ quietscht es neben mir. Andrea sieht mit glänzenden Augen aus der Terrassentür. Sie ist im Himmel, ich sehe es.

Dirk und Maia haben sich bereits ihre Zimmer ausgesucht und verschwinden nun in Richtung Pool. Die sehen wir so schnell nicht wieder.

Ich trage meine Sachen in eines der letzten freien Zimmer und seufze laut. Das Bett muss noch bezogen werden. Und so schnell wie meine Geschwister weg waren, haben sie ihre garantiert nicht gemacht. Und da ich Ärger für Andrea vermeiden will, weil sie endlich mal wieder richtig fröhlich ist, gehe ich schnell in die Zimmer und kontrolliere die Betten. Sind nicht bezogen. War ja klar. Ich besorge mir alles, was ich brauche und mache mich an die Arbeit. Ein prickeln im Nacken warnt mich und ich drehe mich um. Andrea steht in der Tür. Leicht traurig lächelt sie mich an.

„Rik, das ist nicht dein Job! Das können die selber machen!“ sagt sie.

„Ich weiß, aber ich hab kein Problem damit“ erwidere ich.

Sie kennt meine Geschwister und will nun ebenfalls die Betten beziehen. War mir so klar.

„Danke! Dafür hab ich dein Bett schon gemacht“ sagt sie und dreht sich dann um und geht.

Ich beende meine Arbeit und gehe zu ihr in die Küche. Sie hat bereits einen Zettel und einen Stift in der

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Celine Blue
Bildmaterialien: Celine Blue/Sissi Kaiserlos
Tag der Veröffentlichung: 30.04.2013
ISBN: 978-3-7309-3063-2

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
An dieser Stelle will ich mich bei meinem Stiefsohn in spe bedanken, das ich einen Teil seiner Geschichte schreiben durfte. Du hast mich erst auf die Idee mit diesem Buch gebracht. Danke dir! Deine Stiefmama in Spe

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