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Zum Gedenken meines Vater...

Nachdenklich sitzt er auf der Bank vor seiner alten Hütte. Streichelt den grauen Bart. Fährt sich über sein schütteres Haar. Was geht in diesen grauen Gehirnzellen nun alles durch die Bahnen.
Wo sind die alten Zeiten, wo sind die alten Freunde. Nichts ist mehr wie früher, keiner kommt ihn besuchen, keiner fragt nach ihm. Die Freunde sind tot, die Kinder gehen längst ihre eigenen Wege.
Des Tages Arbeit ist erledigt, und er schaut in die untergehende Sonne.

Wo sind die alten Zeiten.
Wo sind sie alle hin gewandert, die Menschen die ihm begegnet sind.
Er denkt nun sehr oft, an diese alten Zeiten. Wie schön war sein Leben, wie hart seine Arbeit, doch ohne Groll blickt er zurück. Mit der neuen Technik kommt er nicht mehr klar, Schreibmaschine und Computer warum auch. Er benötigt sie nicht, für ihn ist es nun eine sehr ruhige Zeit,
nicht mehr die alte Zeit, nur eine Neue, in der er viel nachdenken kann, wie sie mal war.Diese gute alte Zeit. Er zaubert ein kleines Lächeln in sein Gesicht,jedoch kämpft er auch mit den Tränen.Tränen die er sich eigentlich nicht erlauben will. Doch sie schmuggeln sich in seine Augen.Er lässt sie Revue passieren über sein Leben, sein Lebenswerk. Seine Jugend, sein Mann, seine Geschichte.
Er ist zu alt, um alles nieder zuschreiben. Doch es hängt alles noch in seinen Gedanken.

Die alte Zeit, als alles noch so friedlich war. Auf der Bank vor seiner Hütte.
Die Sonne neigt sich zum Horizont,traurig blickt er ihr nach, wie sie hinter den Bergen, versinkt, mit ihr geht die alte Zeit zur Neige.Morgen erwacht ein neuer Tag. Er weiß nicht was er mit sich bringt.
Er sitzt auf seiner alten Bank vor der Hütte, alleine, in seine Gedanken vertieft.
Wo ist sie, diese alte Zeit. Immer wieder stellt er sich diese Frage. Er hadert nicht mit seinem Schicksal, er ist glücklich in dieser alten Zeit gelebt zu haben. Noch einmal geht er in die Vergangenheit zurück. Ein alter Gedanke leuchtet auf, schon fasst nicht mehr
daran gedacht. Fällt ihn der Name wieder ein ...Dotty

Zwei Monate stäter


Langsam schlenderte der Alte die Promenade entlang, guckte sich die Auslagen der Schaufenster an, die irgendwie gleich aussahen. Muscheln, Leuchttürme, Fischernetze, getrocknete Seesterne, Grußkarten, Abtrockentücher mit Fischrezepten, Friesennerze, T-Shirts, Gummistiefel, Schaufeln und Förmchen für die Kinder am Sandstrand….
 
Damals hatte es nur unten am Hafen in den Kneipen ein paar bunte Ansichtskarten gegeben, die man mitnehmen konnte als Andenken und einen gehörigen Kater vom Schnaps…an den musste man auch eine Weile denken.
 
Sam hatte von diesem Ort etwas mitgenommen, an das er seit diesem Tag oft dachte. Oft? Eigentlich immer! Immer war sie bei ihm, um ihn…so viele Kleinigkeiten erzeugten Impulse, die seine Erinnerung anstachelten….Wind, Wellen, Sonne, langes Haar…
 
Da, wo damals wirklich nur eine Diele, ein Brett unter einem Fenster lag, aus dem man sein Eis gereicht bekam, stand heute ein hübsches Haus. Eis gab es dort immer noch. Durch die großen Fenster konnte Sam zu den vielen runden Tischen sehen, die jetzt, in der Vorsaison, nur teilweise besetzt waren. Bald konnten sie auch wieder Tische hinaus auf die Promenade stellen, dann saßen sie dort in Massen, die Touristen. Sehen und gesehen werden….
 
Zögernd trat er näher an eines der Fenster, konnte von hier die Behälter in der Kühltheke sehen. Die Lust auf Eis verging ihm wieder. Eis in knallgrün und Kornblumenblau…das erschien ihm so unnatürlich. Nuss und Erdbeer hatte er immer gegessen, mit einem Klacks Sahne und einer Waffel in Herzform. Manchmal war sogar noch ein Stück Nussschale drin. In dem bunten Zeug war nur Chemie…
 
Ohne zu wissen, auf welcher Straßenseite er gelaufen war und was in den Auslagen der letzten Geschäfte lag, fand er sich plötzlich neben der letzten Bank wieder, die auf der Promenade stand. Danach gab es nur noch eine Laterne, dann ging der Weg als Trampelpfad weiter auf dem Deich entlang. Beinahe behutsam setzte er sich, schlug den Kragen hoch. Hier oben pfiff der Wind immer recht heftig von der See her. Ein Segelboot würde nahezu in den Hafen einfliegen können.
 
Weiße und hellgraue Wolkenschiffe zogen über den Himmel, erschafften Gebilde, die innerhalb weniger Augenblicke die Form wechselten. Aus dem sitzenden Elefanten wurde eine dicke Ballerina, aus der Rakete ein springender Delfin, die in ein Meer aus Schlagsahne eintauchte. Dotty hatte eine unglaubliche Fantasie und entdeckte in den Wolken alles und nichts. Luftschlösser hatten sie gebaut…damals…
 
Mit gleichem Tempo und Beharrlichkeit, mit dem die Nacht kam, ging der Wind. Der Himmel wurde ganz kurz noch einmal blau, dann übertünchte ihn das Grau der Dämmerung und nur noch da, wo die glutrote Sonne in das Meer getaucht war, schwebte ein lila Halbkreis mit zartgrünem Rand über dem Horizont.
 
Damals hatte er mit Dotty im noch warmen Sand gelegen, gleich dort unten, nahe der ausgebaggerten Rinne, in der die Schiffe in den Hafen einliefen oder ausfuhren. Sie lagen auf dem Bauch, hatten die Ellenbögen in den Sand gestützt. Es sah fast so aus, als brodele das Meer, dort wo die Sonne eintauchte, dabei waren es nur die weißen Kronen auf den Wellen, die unaufhörlich an den Strand rollten.
 
Andere Jugendliche waren damals an den Strand gekommen, hatten ein Feuer entzündet, man sang zu Gitarrenmusik und die Nacht wurde dunkler und dunkler, so wie jetzt auch. Die Geschäfte hatten längst geschlossen, die Promenade wurde nur durch die Laternen angestrahlt. Sam ging bis zum Anfang des Trampelpfades auf den Deich und tastete sich dann vorsichtig den Hang hinunter, bis er den weichen Sand und ebenen Boden unter seinen Füßen spürte.
 
Unbeirrt lief er auf das Geräusch der auflaufenden Wellen zu, bis der Sand unter ihm fest wurde. Hier war es nass. Sam ging ein paar Schritte zurück und setzte sich. Seine Hände fühlten zerbrochene Muschelschalen und den feinen Sand, seine Nase roch diese Mischung aus See, Salz, Tang und Unbekanntem.
 
Damals waren nur zwei Paare geblieben als das Feuer herunter gebrannt war. Das zweite Paar knutschte hemmungslos neben dem Feuer. Dotty nahm seine Hand und zog ihn weiter in die Dunkelheit, stets nahe an den dicken, runden Pfählen entlang, die immer zu dritt gegeneinander geschraubt waren und die Fahrrinne markierten. Plötzlich war der Mond am Himmel zu sehen und alles war in silberhelle Nebel gehüllt.
 
Der Wind war nur ein Hauch, der Dottys Haar, das aus dem Pferdeschwanz gerutscht war, in feinen Strähnen über ihr Gesicht legte. Mit den zitternden Fingerspitzen hatte Sam ihr die Haare hinter die Ohren gestrichen und seine Lippen streiften die Linien, an denen die Haare kurz vorher klebten. Ihre warmen Hände unter seinem Hemd verscheuchten seinen Verstand und ließen ihn mutig werden. Er knöpfte ihre Bluse auf und hatte sich nicht satt sehen können an den weißen Kugeln, die vom Silbermond angestrahlt wurden. Stöhnend vergrub er sein Gesicht in dem warmen, prallen Fleisch, während seine Hände die Rundungen an ihrer Hinterseite streichelten.
 
Sie war es, die ihm den Gürtel öffnete und es war ihre Hand, die sich zuerst in seine Unterwäsche schob. Nun zweifelte Sam nicht mehr daran, dass sie ihn ebenso wollte wie er sie. Nach einigen feuchten Küssen drehte sie sich mit dem Rücken zu ihm und hielt sich an einem der drei Pfähle fest, während sein Pfahl im Takt der Wellen hin und her ging.
 
Erschöpft und glücklich deckte er ihren nackten Körper mit seinem ab, der immer noch am Pfahl Halt fand, diesmal jedoch hatte sie ihm das Gesicht zugewandt. Zärtlich küsste er sie, flüsterte in ihr Ohr, dass sie die schönste Meerjungfrau mit dem tollsten, rundesten Hintern sei, den die Welt je gesehen habe. Noch schöner seien nur noch die glitzernden Funken des Mondlichtes auf den Wellen, das sich in ihren Augen spiegelte.
 
Der Wind frischte auf und sie zogen sich an. Nun mussten sie sich beeilen, denn die Flut kam zurück. Die Priele füllten sich schon. Am Strand lag das andere Paar im Sand und schlief. Sie hatten neues Holz auf das Feuer gelegt, das gut wärmte. Eng beieinander saßen Sam und Dotty, sahen auf die Silberwellen hinaus und glaubten, dass es niemals enden würde. Sie verabredeten sich für den Abend an gleicher Stelle, denn der Morgen graute bereits.
 
Dotty konnte den Termin nicht einhalten, weil ihre Eltern gemerkt hatten, dass sie sich über Nacht fortgeschlichen hatte und sie trotz Ferien Hausarrest bekam. Sam konnte nicht kommen, weil seine Eltern eine Autopanne hatten und er mit ihnen in der Werkstatt festsaß. Das andere Paar sagte Sam, das Mädchen sei nicht zum Strand gekommen, als er am übernächsten Tag fragte, ob er gesucht worden sei. Sie kam auch an diesem und am nächsten Abend nicht…auch nicht den Rest des Urlaubs.
 
War es Schicksal, dass sie erst einen Tag nach Sams Abreise erneut ausriss und ihn am Strand suchte? Sie fand ihn so wenig wie er sie zuvor….und jeder glaubt vom anderen, er sei nur eine unbedeutende Spielerei gewesen, während das eigene Herz schmerzt, fragt, zweifelt und sich sehnt…..über Jahrzehnte!
The end

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Tag der Veröffentlichung: 03.04.2012

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