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Heute
Am heiligen Sonntag, den 30.Oktober, lag ich in leichtem Schlummer in meinem Bette, da träumte ich
:der Papst (nein, nicht der jetzige, sondern sein Nachfolger) sei gerade eine Woche in sein Amt gewählt, da ließ er in einem Sendschreiben an die Christenheit und an alle anderen Religionen verkünden, die Spaltung der Konfessionen wie auch der Religionen werde hiermit und ab sofort als gegenstandslos erachtet.
Alle Christen, ja alle Menschen gleich welcher Religion seien ab sofort und ohne jegliche Vorbedingung zum Heiligen Abendmahl Jesus geladen.
 
Weiter verkündete das Schreiben, ab sofort seien Frauen und Männer in der Kirche gleichberechtigt; auch den Frauen stünde nun das Priesteramt offen, und den katholischen Priesterinnen und Priestern sei auch erlaubt zu heiraten, wenn sie es wünschten.
 
Desgleichen - so fuhr das Schreiben fort - sei die Sexualität ein heiliges Geschenk, ein Sakrament, welches allen Menschen von Gott gegeben sei.
Deswegen sei der verantwortliche Gebrauch von Verhütungsmitteln zwischen Frau und Mann ab sofort ohne Einschränkungen freigegeben und werde sogar empfohlen.
 
Und die Kirche stehe von nun an ohne Einschränkung an der Seite der Armen und Ausgebeuteten, im weiteren Sinne auf der Seite des Menschen überhaupt gegen alle wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Zwänge, Systeme und sogenannten Sachinteressen.
 
Und weiter träumte ich, alle Theologen und Kirchenfunktionäre, die bisher eifrig die offiziellen Doktrinen nach gebetet und theoretisch untermauert hatten, seien nun genauso eifrig dabei, eben diese neue Lehre als den einzigen und wahren Willen Jesus aus der Heiligen Schrift herzuleiten und zu begründen ... 
 
... denn der wissenschaftliche und intellektuelle Diskurs ist eine Hure, die jeder Macht dient, welche just die Macht hat. Nein, ich will mich für diesen Satz bei allen Prostituierten entschuldigen; ich bin dessen gewiss, dass sie allesamt mehr Charakter haben als die Ideologen der jeweils herrschenden Macht.
 
Dann erwachte ich aus dem Traum, sah auf die Uhr und erinnerte mich an die heutige Zeitumstellung. Da war mir alles klar. Ich war der Versuchung des Teufels erlegen und hatte die uns anvertraute Stunde dazu missbraucht, müßige und sündhafte Träume zu träumen und an der Göttlichkeit der bestehenden Ordnung zu zweifeln.
 
Gleich, noch vor dem Frühstück, werde ich zur Beichte eilen. Ob mir diese Todsünde noch einmal verziehen werden kann?
 

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Tag der Veröffentlichung: 30.10.2011

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