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Unaufhaltsam nähert sich der Frühling. Und bald surren wieder die Rasenmäher, geschoben von ihren schwitzenden Besitzern, durch die Siedlungsgärten.
Naja, es ist ja wirklich nicht immer die reinste Freude, dieser eisernen Kuh hinterher zu trotten. Es ist ähnlich wie bügeln oder staubsaugen, eben geisttötend und anstrengend.
Dass Rasenmähen auch hohe Glücksgefühle auszulösen vermag, weiß ich seit dem Tag, als ich 1976 zum ersten Mal mit diesem Ding die erste Spur rund ums Haus zog. Ums eigene Haus, im eigenen Garten, auf eigenem Rasen.
Wir hatten es geschafft.

Dieser Premiere waren vier Jahre der Totalsanierung ohne Verschnaufpause vorausgegangen. Angefangen vom teilweisen Abbruch der Wände, über die Herstellung des Innenbereichs, bis zur Neuanlage des Gartens, geschah dies alles im Do-it-yourself Verfahren und fast zur Gänze ohne fremde Hilfe.

Wie kann man sich das nur antun? Die Frage ist einfach zu beantworten:
Aus Sehnsucht.

Wir waren ein junges Paar mit zwei Kindern und bewohnten eine Drei-Zimmerwohnung in der Stadt. Von unseren Fenstern konnten wir in die schöne Gartenanlage des Nachbarhauses sehn.
Ich erinnere mich genau an jene hochgewachsene prächtige Fichte, deren Wipfel ich von meinem Schlafzimmerfenster im ersten Stock, zum Greifen nahe, vom Bett aus betrachten konnte. Frühmorgens im Sommer wenn sie in klares Sonnenlicht getaucht war, umgeben vom Gurren der Tauben, da wurde einem die ganze Herrlichkeit der Natur so richtig bewusst.
Naturnahes Wohnen war mir ja keineswegs fremd. Bin ich doch vierzehn Jahre lang im Haus meines Großvaters in einer herrlichen Umgebung am Lande aufgewachsen.
Nun waren wir bereits dreizehn Jahre in der von Infrastruktur fast erdrückten Stadtwohnung.
Da fasste ich einen Entschluss. Wie alle meine größeren Entschlüsse, auch diesen - in der Badewanne:

Wir brauchen ein Haus in Alleinlage!

Zwar hatte ich einen gut bezahlten Job, ansonsten waren wir, wie alle jungen Leute, nicht sonderlich begütert. Wir scheuten uns vor den großen Schulden, die ein Neubau nach sich ziehen würde.
Wir suchten das "Alte Haus von Rocky Docky". Dies sollte ich im Kreuze (Bandscheiben) bereuen.

Der eilfertige Makler fuhr mit uns, nachdem er sich vorher unser Investitionsvolumen mit säuerlicher Miene auf der Zunge zergehen ließ, jedoch nicht ohne zu versichern, dass er da was Günstiges hätte, durch die Gegend.

Das erste Objekt vor dem wir hielten war unbewohnt. Und das nicht ohne Grund. Die Kinder kamen zwar ohne Verletzung ins Haus, mir jedoch erwuchs schon bei der zweiten Türe eine Erinnerungsbeule, die mich neben den wütenden Rippenstößen meiner Frau, schnell wieder von meinem Naturfimmel zurückholte. Eine quer durch den Raum führende Ofenröhre ließ uns endgültig absagen.

Der keineswegs entmutigte Makler brachte uns daraufhin zu einem ausgesprochen netten Holzhaus, dessen Besitzer uns schon an der Türe erwartete. Auf dem Weg durch den Garten murmelte uns der Immobilist noch zu, dass man ja über den Preis noch reden könne.
Nun begann der Kampf der Giganten. Der Hausherr war nämlich Viehhändler und verhielt sich ganz so, als ob das Haus Hörner besäße. Immer wieder fragte er uns mit listigen Äuglein, ob er denn "z'billig" sei.
Der Preis den er nannte, lag über dem, den wir für einen Neubau für gerechtfertigt hielten. Zu seiner Entlastung muss man jedoch anmerken, dass wir damals keinen Begriff von den Werten seiner Maßeinheit, den Zuchtrindern hatten.

"Da wäre auch was drunten", sagte im Vorbeifahren der Makler, als wir von einer Bergstraße in ein schönes Flußtal hinunterblickten in dem nirgendwo ein Haus zu sehen war. "Aber die Leut' fürchten sich halt a bisserl, so allein".

Alleinlage!

"Nix wie runter", sage ich.
Und dann sahen wir es. Liebe auf den ersten Blick. Vorläufig galt die Liebe allerdings nur der wunderbaren Umgebung. Das Haus selbst ließ nur das Bastlerherz höher schlagen. Es ist wie beim Gebrauchtwagenkauf. Man kauft das Flair und nicht den Motor.
Dennoch sagte mir mein bis dato nur modellbauendes Bastlergeschick, dass der Maßstab 1:1 nur Ansichtssache sei.
Und genauso war es.
Ich weiß gar nicht, was ihr habt. Das Rasenmähen ist doch eine wunderbare Sache.

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Tag der Veröffentlichung: 29.07.2009

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