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Großvater war im Besitz einer alten Geige. Ein Nachlass meines Onkels, der im Krieg geblieben war und der dieses Instrument angeblich ganz vorzüglich spielte.
Was lag für Großvater also näher, als mir den Geigenkasten umzuhängen und einen meiner Volksschullehrer zu bitten, mir das allernötigste beizubringen.
Er war auch tatsächlich schon zufrieden, als ich zum ersten Mal "Ich hatt' einen Kameraden" kratzen konnte.
Ich trachtete immer danach, daß mich möglichst kein Klassenkamerad mit dem alten Kasten durch die Gegend laufen sah. Nicht Bewunderung, sondern triefender Spott wäre mir sicher gewesen.
So begann Ende der 50er Jahre mein vorerst halb aufgedrängter Einstieg in ein Hobby, das mich auch nach 50 Jahren, bis zum heutigen Tag immer wieder begeistert.

Mutter spielte ein bisschen Wandergitarre, die ich vorerst noch recht wenig beachtete. Außerdem musste man eine gehörige Kraft aufbringen, um die Saiten zu drücken.
Das Interesse für Gitarre stieg schlagartig, als sich Ende der 50er Jahre Elvis Presley, oder bei uns Peter Kraus u.a., dieses Instruments bedienten und damit tolle Musik produzierten. Zumindest taten sie so, als ob sie selbst spielen würden.
Da wusste ich, welches Musikinstrument zu mir passte.
Ich war vierzehn, als ich Mutters Gitarre zum ersten Mal malträtierte.Es handelte sich allerdings um ein recht grobschlächtiges Gerät. Um die Saiten barré drücken zu können, bastelte ich mir aus Eislutscherstäbchen Greifhilfen, die ich mit Heftpflaster am gestreckten Zeigefinger befestigte.
Mit der rechten Hand - mit der Mutter die Saiten gewöhnlich nur zart zupfte - schlug ich mit einer zurechtgeschnittenen Teigkarte brutal in die Drähte.Die Spuren die dieses Schlaginstrument am Lack unterhalb des Schalllochs hinterließ, bejammerte Mutter immer wieder.
Jeder vernünftige Mensch hätte nach 10minütiger intensiver Kunstausübung mit schmerzenden Fingern dieses Folterinstrument in die nächstliegende Ecke geschleudert.
Doch der fetzige und auch zauberhafte Klang wie sie "The Shadows", "The Spotnicks","Douane Eddy", Jörg Ingmann u. a. mit ihren E-Gitarren hervorbrachten, ließen alle Schmerzen schnell vergessen.
Die Erfahrungen, die ich mit den Grundbegriffen zum Erlernen der ersten Schritte im Geigenspiel gemacht hatte, schreckten mich vor dem Besuch einer Musikschule ab. Es dauerte damals ein geschlagenes halbes Jahr, bis ich Großvater zum ersten Mal seinen "Kameraden" vorkratzen konnte.
Das musste diesmal schneller gehn!
Das erste Lied, von dem ich sowohl die Melodie als auch deren Begleitung in einem Durchgang spielen konnte, hieß "Hang Down Your Head Tom Dooley".
Das begeisterte mich so, dass ich es mit zunehmender Hornhaut an den Fingern nicht oft genug spielen konnte.
Mein ganzer Eifer galt den Guitarsolis. Gesang verachtete ich, zumindest damals. Konnte doch jeder!
Die authentische Nachahmung dieser Guitargrößen war das erklärte Ziel.

Mein erstes selbstverdientes Geld investierte ich in eine weiß-goldfarbene E-Gitarre.
Ein wahres Traumgerät. Eine "Framus Hollywood". Am Prospekt stand noch: Besonders geeignet für Fernsehaufnahmen.
Ab nun unterschied sich meine Freizeitgestaltung ganz wesentlich von der meiner Altersgenossen.
Auch suchte ich intensiv nach Gleichgesinnten, um eine erste Band zu gründen. Und das sollte gar nicht mehr allzulange dauern.

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Tag der Veröffentlichung: 24.07.2009

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