Der Riensberger Friedhof
Nach dem deutsch-französischen Krieg (1870-1871) plante der Bremer Senat einen Ersatz für die beiden Friedhöfe am Doventor und am Herdentor, die aufgegeben werden sollten. Der Flächenbedarf für den Eisenbahnbau war der Hauptgrund. Das freigegebene Gelände lag damals noch eine gute Stunde Wegzeit vor den Toren Bremens.
Auf dem Riensberger Friedhof fanden viele berühmte Persönlichkeiten ihre letzte Ruhestätte. Davon zeugen vielfältige kunstvolle Grabgestaltungen die auf unserem Spaziergang mit einigen Feierabendlern ebenso eine Rolle gespielt haben, wie die Geschichte der Verstorbenen.
Einen Wettbewerb zur Gestaltung der beiden Ruhestätten als Parkanlage gewann der Landschaftsgärtner Jancke aus Aachen mit dem Entwurf einer gartenkünstlerischen Stilrichtung des 19. Jahrhunderts.
Beim Anblick wird mir kalt,
jede Stimme die ich höre ist undeutlich,
kein Wort verstehe ich,
mir ist,als sei die Welt für einen kurzen Moment in einem Ruhezustand,
Tränen laufen mir über die Wangen,
warum nur musste es so kommen,
ich kann nichts rückgängig machen,
zu wissen,nichts tun zu können,
nur da zu stehen und dem Tod nachzuschauen
Die Bauphase für den Riensberger Friedhof und den als westliche Ergänzung geplanten Waller Friedhof dauerte von November 1872 bis April 1875. Am 1. Mai 1875 wurden beide Friedhöfe eröffnet.
Zu Beginn der 80er Jahre wurde die gartenkünstlerische Gestaltung Wilhelm Benque übertragen, der auch für die Gestaltung des Bürgerparks verantwortlich zeichnete.
Durch den Zweiten Weltkrieg waren weite Teile des Riensberger Friedhofs in Mitleidenschaft gezogen und mussten aufwendig renoviert werden. Dabei wurde das Gelände durch das Gartenbauamt auf die heutige Größe von 28,1 Hektar erweitert.
Der Friedhof Riensberg wurde als eine der ersten Friedhofsanlagen Deutschlands im "gemischten Stil" erbaut. Kennzeichnend dafür sind in die landschaftliche Parkanlage integrierte formale, architektonisch durchdachte und abgeschirmte Bereiche für die Gräber.
Hufeisenförmige Wege im Eingangsbereich, in deren Mitte die Kapelle steht, setzen sich im gesamten Ostteil des Friedhofes fort. Die Kapelle ist von immergrünen Pflanzen, Nadelbäumen, Rhododendren und Azaleen umgeben.
Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,
Ein Birnbaum in seinem Garten stand,
Und kam die goldene Herbsteszeit,
Und die Birnen leuchteten weit und breit,
Da stopfte, wenn's Mittag vom Turme scholl,
Der von Ribbeck sich beide Taschen voll,
Und kam in Pantinen ein June daher,
So rief er: "Junge, wiste ne Beer?"
Und kam ein Mädel, so rief er: "Lütt Dirn,
Kumm man röwer, ick heb 'ne Birn."
So ging es viele Jahre, bis lobesam
Der von Ribbeck auf Ribbeck zu sterben kam.
Er fühlte sein Ende, 's war Herbsteszeit,
Wieder lachten die Birnen weit und breit.
Da sagte von Ribbeck: "Ich scheide nun ab,
Legt mir eine Birne mit ins Grab!"
Und drei Tage darauf, aus dem Doppeldachhaus,
Trugen von Ribbeck sie hinaus,
Alle Bauern und Büdner, mit Feiergesicht,
Sangen: "Jesus, meine Zuversicht,"
Und die Kinder klagten, das Herze schwer:
"He is dod nu. Wer giwt uns nu' ne Beer?"
So klagten die Kinder. Das war nicht recht,
Ach, sie kannten den alten Ribbeck schlecht.
Der neue freilich, der knausert und spart,
Hält Park und Birnbaum streng verwahrt,
Aber der alte, vorahnend schon
Und voll Mißtrauen gegen den eigenen Sohn,
Der wußte genau, was damals er tat,
Als um eine Birne ins Grab er bat.
Und im dritten Jahr aus dem stillen Haus,
Ein Birnbaumsprößling sproß heraus.
Und die Jahre gehen wohl auf und ab,
Längst wölbt sich ein Birnbaum über dem Grab,
Und in der goldenen Herbsteszeit
Leuchtet's wieder weit und breit.
Und kommt ein Jung' über den Kirchhof her,
So flüstert's im Baume: "Wiste 'ne Beer?"
Und kommt ein Mädel, so flüstert's: "Lütt Dirn,
Kumm man röwer, ick geb di 'ne Birn."
So spendet Segen noch immer die Hand
Des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland.
(Theodor Fontane)
Im gesamten Gelände findet man großflächige Beete, weite Rasenflächen, hainartige Eichengruppen und lange Lindenalleen.
Auf der Westseite des Friedhofes wurde mit Hilfe einer Dampfschnecke ein großer, buchtenreicher See ausgehoben, der mit einem breiten, beinahe den gesamten Friedhof umlaufenden Wasserzug in Verbindung steht. Von diesem führten viele geschwungene, kleinere Wasserzüge zu den Grabfeldern. Aufgrund des nicht mehr funktionierenden Drainagesystems sind seit Jahrzehnten einige der Wasserzüge verlandet.
Krematorium
Auf dem Friedhof steht das erste Krematorium Norddeutschlands. Es wurde von dem Architekten Heinrich Behrens entworfen und 1907 am westlichen Ufer des Sees fertiggestellt. Es wurde im neoklassizistischen Stil erbaut und enthält eine kuppelartige Feierhalle im Jugendstil.
Im Jahre 1988 wurde es außer Betrieb genommen, da es technisch veraltet war. Wegen seiner künstlerischen Bedeutung steht es seit 1999 unter Denkmalschutz.
Das ehemalige Krematorium dient seit dem Frühjahr 2002 als Kolumbarium, als Beisetzungsstelle für Urnen.
Grabstätten
Das Gelände wurde beim Bau des Friedhofes aufgehöht und erlaubte erstmalig eine doppelschichtige Belegung des Friedhofes.
Nach einem Entwurf des Gartenbaudirektors Erich Ahlers wurde 1974 ein anonymes Gräberfeld für Urnen angelegt. Aus Mangel an Platz finden hier jedoch keine Beisetzungen mehr statt.
Auf dem Friedhof werden mittlerweile fast nur noch Urnen beigesetzt, da in weiten Teilen der Anlage ungünstige Bodenverhältnisse für Erdbestattungen herrschen.
Grab- und Denkmale
Der Besucher findet viele künstlerische Grabmale, Mausoleen und Grüfte aus Alabaster, Marmor oder anderen edlen Materialien auf diesem Friedhof. Das Amt für Denkmalpflege hat über 70 dieser Grabmale als schützenswürdig eingestuft. Kunsthistorische Führungen, vom Focke-Museum durchgeführt, können in Anspruch genommen werden.
Du kamst, du gingst mit leiser Spur,
ein flücht'ger Gast im Erdenland.
Woher? Wohin? Wir wissen nur:
aus Gottes Hand in Gottes Hand.
(Ludwig Uhland)
Dem Menschen wird bei einem Spaziergang über den Friedhof gleichzeitig ein Stück Kulturgeschichte vermittelt, da sich hier die Grabstätten vieler bekannter und berühmter Bremerinnen und Bremer befinden.
Ein trüber Wintermorgen war's,
Als wollt' es gar nicht tagen,
Und eine dumpfe Glocke ward
Im Nebel angeschlagen.
Und als die dumpfe Glocke bald,
Die einzige, verklungen,
Da ward ein heisres Grabeslied,
Ein einz'ger Vers gesungen.
Es war ein armer, alter Mann,
Der lang gewankt am Stabe,
Trüb, klanglos, wie sein Lebensweg,
So war sein Weg zum Grabe.
Nun höret er in lichten Höhn
Der Engel Chöre singen
Und einen schönen, vollen Klang
Durch alle Welten schwingen.
(Ludwig Uhland)
Du weißt nicht mehr wie Blumen duften,
kennst nur die Arbeit und das Schuften,
so gehn sie hin die schönsten Jahre,
am Ende liegst du auf der Bahre
und hinter dir da grinst der Tod:
Kaputtgerackert - Vollidiot!
(Joachim Ringelnatz)
Ein Grab schon weiset manche Stelle,
Und manches liegt in Traum und Duft;
Nun sprudle, frische Lebensquelle.
Und rausche über Grab und Kluft!
(Theodor Storm)
Es fällt uns schwer,
Schmetterlinge fliegen zu lassen
wenn wir ihre Schönheit erkannt haben.
Der Tag an dem das Leben gehen wird
und ich nicht mehr aufwachen kann,
in welchem Ort oder welcher Stadt ist mir unwichtig,
das Bett werden sie mir machen wollen.
Eine ruhige Grube würde ich hier mögen,
unter diesen Zypressen,
wo ich mit meinen süßen Träumen rastete
und wohin ich meine Schritte richtete.
Am Ufer meines Sees, auf dessen Seiten
der Frieden die Flügel schlägt,
würde ich mir mit dem Murmeln der Wellen
ein Zikadengezirpe anhören,
würde ich vom hohen Monte Baldo grüßen,
dem eingeschlafenen Gipfel,
schwärzlich auf dem See,
und stolz und unabänderlich, von Sternen gekrönt.
(Paul Heyse)
'Es braucht viel mehr,
als schweren Herzens sich ein Herz zu fassen,
um hinterher,
die Dinge, wie sie sind, auch sein zu lassen.
Ist nicht so leicht,
trotz allem Mut, noch einen Schritt zu wagen,
und niemals reicht,
man wolle es nun endlich tun, zu sagen.
Mit stiller Kraft,
alle Erinnerung zum Abschied küssen.
Schließlich geschafft,
was sehr viel eher hätte gelingen müssen...
Der Friedhof liegt ganz still vor mir ,
es ist ein Ort der Ruhe hier.
Bunte Blumen überall ,
auf den Gräber'n , ohne Zahl.
An den Kiesbedeckten Wegen ,
sieht man Menschen Gräber pflegen.
Manche steh'n , tief im Gedenken ,
einen stillen Gruß zu schenken .
Die Friedhofsglocke läutet nun ,
für alle Toten , die hier ruh'n.
Es ist ein Gruß aus diesem Leben ,
sollen allen ihren Frieden geben.
Das letzte , was den Mensch begleitet ,
sind Glocken ,die ein Engel läutet .
Sie geben ihm , wie zum Geleit ,
die Flügel für die Ewigkeit.
Stein auf Stein, von Ahnen hin gebaut,
teu‘re Heimat, schon für eure Väter.
Jeder Baum hat viele Jahre hoch geschaut
Schatten spendend, auch für eu’re Kinder später.
Wo wird einst des Wandermüden
letzte Ruhstätte sein?
Unter Palmen in dem Süden,
Unter Linden an dem Rhein?
Immerhin. Mich wird umgeben
Gotteshimmel. Dort wie hier
und als Totenlampen
schweben nachts die Sterne über mir.
(Heinrich Heine)
Natur, wie schön in jedem Kleide!
Auch noch im Sterbekleid wie schön!
Sie mischt in Wehmut sanfte Freude,
Und lächelt tränend noch im Gehen.
Du, welkes Laub, das niederschauert,
Du Blümchen, lispelst: Nicht getrauert!
Wir werden schöner auferstehn!
(Johann Heinrich Voss)
Der Wind wird Gräber überwehen,
Namen unlesbar auf altem Stein,
niemals kann jemand ewiglich bestehen
dennoch, mancherlei kann abweichend sein.
Vier Mond sind entflohn
Vier trübe Monde sind entflohn
Seit ich getrauert hab
der falbe Wermut grünt schon
auf meiner Freundin Grab
(Ludwig Christian Hölty)
Schreitend, weder links noch rechts
noch vorn und hinten kennend
das Haupte stolz erhoben
während Haare es umspielen
In den Augen Hoffnung glänzend
so blau wie das weite Meer
Und auf den ersten Blick nicht zu erkennen
s'ist das Herz
dessen wilder Ritt
im Anblick Gottes
mit langsam droßelndem Schritt
sein Meisterwerk vollendet.
Du bist auf eine lange Reise gegangen.
Auf eine Reise ohne Wiederkehr.
Diese Reise
Hast du ohne mich gemacht.
Ich bin zurückgeblieben
Alleine und völlig zerstört.
Ich vermisse dich, so sehr.
Ich würde alles geben
Wenn du dafür nur zurückkommst.
Auch wenn ich weiß, dass
Es nicht geht
Es gibt nichts,
Dass ich mir mehr wünsche
Denn du warst und bist
Mein Leben.
Persönlichkeiten
Nachfolgend eine nicht vollständige Auflistung einiger bekannter und berühmter Personen, die auf dem Riensberger Friedhof beigesetzt wurden:
* Karl Carstens, Prof. Dr. jur. – Jurist und Bundespräsident
* Martin Donandt, Dr. jur. – Richter und Bürgermeister
* Georg Ferdinand Duckwitz – Deutscher Diplomat
* Otto Gildemeister – Senator, Bürgermeister, Übersetzer und Journalist
* Josef Johannes Arnold Hachez – Schokoladenfabrikant
* Ottilie Hoffmann – Mitbegründerin des Frauen-Erwerbs- und -Ausbildungs-Vereins (1867)
* Johann Jacobs – Kaufmann (Jacobs-Kaffee)
* Wilhelm Kaisen – Senator und Bürgermeister
* Auguste Kirchhoff – Sozialpolitikerin
* Ernst Müller-Scheeßel - Künstler
* Heinrich Wilhelm Olbers, Dr. med. – Arzt und Astronom
* Magdalene Pauli – Künstlername: Marga Bergk, Autorin von Sommer in Lesmona
* Lüder Rutenberg – Architekt der Kunsthalle Bremen
* Hugo Schauinsland – Zoologe und Gründungsdirektor des Übersee-Museums
* Eduard Schopf – Kaufmann (Eduscho)
* Friedrich Julius Schreyer – Unternehmer
* Wilhelm Souchon – Admiral
* Friedrich Adolf Vinnen – Bremer Reeder und Politiker
* Walter Gillessen − Unternehmer (Rohtabak)
* Harry Frommermann - Gründer der Comedian Harmonists (Grabstelle: Harry Frohmann)
Siehst Du die dunklen Wolken aufziehen?
Bald haben sie Dich eingeholt.
Verdecken urplötzlich den Sonnenschein.
Regen prasselt auf Dich nieder.
Du liegst einfach nur da,
unfähig Dich zu rühren.
Was ist schon Kälte?
Was soll es schon wenn Du durchnässt wirst?
Du starrst mit leblosen Augen in den Himmel.
Mein Herz hat schon lange Zeit aufgehört zu schlagen.
So ist das also!
So ist der Tod!
Bäume und Büsche sollten die Gräber abschirmen und den Gedanken an Tod und Sterben verdrängen.
Dabei sind die zum Teil etwas versteckten Grabmale der Bremer Prominenz nicht nur Kunstobjekte, sie erzählen auch von den "Schicksalen und Lebenswegen, die mit den berühmten Leuten verbunden sind", so Museumspädagogin Verena Rot vom Focke-Museum. So hat beispielsweise der auch zu Lebzeiten sehr bescheidene Wilhelm Kaisen auf ein großes Grabmal in exponierter Lage verzichtet, Bürgermeister Spitta dagegen liegt in einem Grab im klassizistischem Stil, mit Stierköpfen als Zeichen der Stärke und einem Buch als Symbol der Bildung.
Auf anderen Gräbern finden sich Schmetterlinge, Schicksalsgöttinnen, stilisierte Frauen als Zeichen der Hoffnung: Erlösungssymbolik in zum Teil beeindruckender Ausführung.
Über 70 der Grabmale am Friedhof Riensberg werden vom Amt für Denkmalpflege als schützenswürdig eingestuft.
Viele Jahre ruhten sie hier,
sie fehlen mir.
Nun ist es weg, es ist leer,
kein Stein und keine Blumen mehr.
Texte: Copyright Hans Snoek
Tag der Veröffentlichung: 09.03.2009
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