Cover

DIE SONNE stand heiss über dem strand von agadir. gabriele cremte sich ein, setzte den walkman auf und legte sich auf die liege.

sie träumte ... von heiteren tagen, freundlichen menschen, gutem essen, strand, sonne und meer.

gabriele freute sich auf zwei wochen urlaub in agadir.

„gut tag! wer bist du?“

ein schatten traf sie. sie öffnete die augen und sah in das gesicht eines jungen marokkaners.

„hab ich geweckt dich?“ er lächelte sie an.

gabriele richtete sich auf und nahm den kopfhörer ab.

„ich habe sie nicht verstanden. was haben sie gesagt?“

„ich wollt nur gut tag wünschen!“

der marokkaner setzte sich auf den rand ihrer liege.

„bist erst mal in agadir?“

sie nickte und besah sich den mann, der jetzt neben ihr sass. sein gesicht war ein einziges lachen ... seine dunklen augen sahen sie unablässig an. er war hübsch, aber so jung ... viel zu jung ... dachte gabriele und wusste im nächsten augenblick nicht mehr, warum ihr dieser gedanke durch den kopf geblitzt war.

„wie heisst?“

er sah sie neugierig an.

„gabriele! und du?“

„ich bin mohammed. ich bin aus tetouan. du kennst tetouan?“

gabriele schüttelte den kopf.

„bist erstes mal in marokko, oder? gefällt dir hier?“

gabriele legte den walkman in die badetasche, - jetzt war keine zeit, musik zu hören. sie war in marokko. sie wollte das land und seine menschen kennen lernen ...

und vielleicht auch mohammed!

sie amüsierte sich, wie er die deutsche sprache benutzte und die worte durcheinander brachte. aber sie verstand ihn trotzdem. sie wollte ihn auch verstehen, denn gewiss konnte er ihr viel von seiner heimat und seinem leben erzählen. gabriele fühlte, dass sie erst jetzt in marokko angekommen war.

als sie ins hotel zurück gehen wollte, schüttelte mohammed den sand aus ihrem badetuch und legte es sorgfältig in die badetasche. während sie sich von ihm verabschiedete, überlegte sie angestrengt, was sie tun konnte, um ihn wieder zu treffen. doch dieses problem löste sich in der nächsten sekunde von allein:

„ich bin morgen am strand. werde machen reservation für dein sonnenschirm.“

gabriele machte sich auf den weg. sie ging mit gemessenen schritten - aber ihr herz hüpfte.

später, im hotel, dachte sie nach. mohammed war noch so jung. sie schätzte ihn auf 25. und sie? wenn sie ehrlich mit sich war, musste sie sich zugeben, bald 44 zu werden. in all´ den jahren war das glück nicht wirklich auf ihrer seite gewesen - irgendwann hatte sie die hoffnung vergraben, noch einmal einen mann kennenzulernen.

dafür war es zu spät! jetzt arbeitete sie. sie arbeitete, um zu vergessen.

ihr beruf waren pläne, projekte und entscheidungen. doch an den wochenenden sass sie allein in ihrer wohnung. dann weinte sie manchmal, trank zu viel wein und hörte nach dem telefon, das nicht klingelte.

was wusste mohammed von ihrem leben in deutschland? genau so wenig, wie sie von seinem leben in tetouan wusste.

mohammed!

er hatte sie wohl schon vergessen.

es war immer dasselbe: sie lernte einen mann kennen - doch alle hatten ihren kopf so voll von ihrem eigenen leben, dass für sie überhaupt kein platz blieb. ihr ging es nicht anders.

gabriele ging ins badezimmer und sah in den spiegel.

„hallo mohammed! erinnerst du dich an mich? ich bin gabriele aus düsseldorf. wenn ich ehrlich wäre, würde ich jetzt sagen: ich habe mich ein klein wenig in dich verliebt.

sie besah sich ihr spiegelbild und rief laut: ach, was!

warum diese unruhe, mit der sie am nächsten tag zum strand ging. sie war nervös, fast fiebrig ...

er ist nicht da - er hat mich vergessen! warum wünsche ich mir, dass er auf mich wartet? keiner wartet auf mich - auch mohammed nicht!

„hallo gabriele! hab reservation gemacht für sonnenschirm! wetter ist so schön. ich werde vercremen deinen rücken - du willst?“

mohammed lag neben ihr im sand und beobachtete sie. er fragte: „willst trinken eine cola?“, oder rief: „wollen gehen am strand bis königspalast? können auch joggen dahin!“

gabriele vergass den walkman und ihr aus deutschland mitgebrachtes buch.

„du hast gegessen tajine und cous-cous? hast gesehen ziegen in bäumen von arganien? ich werde dir zeigen talborjt, ist auch schön. willst auf souk gehen und in hammam? ich werde alles zeigen dir!“

wie gut, dachte gabriele, dass sie mohammed gleich am anfang ihres urlaubs kennengelernt hatte. sie fragte: „wann musst du nach tetouan zurück?“

er dachte nach. „ich werde anrufen bei patron! er gibt urlaub. bin doch mit meiner nett gabriele zusammen in agadir!“

wie einfach alles war! gabriele war erstaunt.

mohammed zeigte ihr die stadt und lief immer einige schritte voraus, denn die polizei durfte nicht wissen, dass sie zusammen gehörten.

gabriele machte das spass. sie lief hinter mohammed her und hatte mit ihm ein kleines geheimnis. keiner ahnte, dass sie nur seinen spuren folgte. jedes mal, wenn er sich nach ihr umsah, stieg ein glücksgefühl in ihr auf. wie lange hatte sie darauf verzichten müssen, beachtet zu werden? sie musste erst nach marokko reisen, um sich zu erinnern, dass sie eine frau war.

jeder tag, den sie mit mohammed zusammen war, brachte eine veränderung. sie schlief sorgloser, ihr gesicht wurde erst rot, dann braun, sie fühlte sich leicht und ihre stimme wurde heller.

sie schenkte mohammed eine berber-kette aus silber und kaufte sich selbst einen gehämmerten armreif. ihren walkman gab sie mohammed. sie brauchte ihn nicht mehr, denn sie hörte jetzt am himmel von agadir eine viel geheimnisvollere musik ...

manchmal sassen sie nebeneinander auf der liege am strand und beugten sich über gabrieles buch. sie musste die sätze deutlich und langsam lesen. mohammed wiederholte sie. er lernte schnell. schon bald würden sie sich über alles unterhalten können.

gabriele wollte so viel wissen!

... wie er in tetouan lebt, welchen beruf er hat und was seine familie dazu sagt, dass er eine deutsche freundin hat ...

als sie einmal im strand-café sassen, sah mohammed gabriele nachdenklich an und sagte dann:

„ist komisch in marokko! marokkanisch frau darf nicht heiraten europäisch mann. aber marokkanisch mann kann heiraten europäisch frau - ist komisch, oder?“

gabriele verstand ihn nicht, - trotzdem schossen ihr seine worte heftig, aber überhaupt nicht schmerzend mitten ins herz.

sie blieb eine woche länger in agadir. das leben, das sie einmal geführt hatte, wurde ihr immer unwichtiger. manchmal vergass sie sogar, jemals in deutschland gewesen zu sein. marokko war anders. warum hatte sie sich nur so mit ihrer arbeit betäubt und ganz vergessen, dass irgendwo jemand sein könnte, der auf sie wartet?

mohammed! sie wollte mit ihm nach tetoun fahren, sein leben kennenlernen und seine familie ... wenn es
ihm nichts ausmachte, mit einer frau zusammen zu sein, die fast 20 jahre älter war - musste es auch seine familie akzeptieren.

als sie mohammed von ihrem plan erzählte, verdüsterte sich sein gesicht und seine stirn legte sich in falten. dann schüttelte er den kopf.

„geht nicht zu fahren nach tetouan! mein familie ist nicht da. macht urlaub am meer.“

sie war enttäuscht und traurig. darum stiess er sie an:

„das ist schön! bleibst noch eine woche in agadir. wir können fahren nach essaouira, nach kaskaden von immouzzer und zu silber nach tiznit!“

gabriele mietete ein auto. er nahm ihr den schlüssel aus der hand: „ich fahr besser!“ gabriele mochte diesen satz nicht, lächelte aber.

als sie einmal von einem ausflug nach agadir zurückkehrten, wurde mohammed immer schweigsamer. sie spürte, dass ihn etwas bedrückte.

„woran denkst du?“

„ist nichts, oder nicht viel! ist nur, weil mein lieb gabriele bleibt nun länger in agadir!“

„freust du dich denn gar nicht?“

„doch, meine freude ist gross. aber ich hab nur klein zimmer für 10 und vier tage! wohin dann?“

„du bleibst - ganz einfach - noch weitere sieben tage in deinem zimmer!“

„ja, ist einfach!“ er starrte vor sich hin.

„wo ist das problem?“ gabriele wurde ungeduldig. sie wollte, dass er endlich wieder fröhlich wurde.

„ich habe nur geld für 10 und vier tage. aber nicht für 20 und ein tag. so ist das!“

gabriele überlegte. warum ging er nicht an einen der bankautomaten, die an jeder ecke agadirs standen?

„was kostet denn das zimmer?“

„3000 dirham für 20 und ein tag!“

„für die ersten 14 tage hast du schon bezahlt! es geht nur noch um die letzten sieben tage!“

„das ist ja das problem.“ er sah verlegen an gabriele vorbei. „ich hab nicht bezahlt, weil gestern auf souk war plötzlich geld weg. einfach aus meine tasche hinaus!“

„du hast dein geld verloren? und jetzt?“

„... fahr ich nach tetouan. urlaub mit meiner nett gabriele ist zu ende. ist schade, aber so ist das!“

sie war verzweifelt. was sollte sie ohne mohammed in agadir anfangen? sie überlegte nicht lange, sondern rief:

„mache dir keine sorgen. das zimmer bezahle ich!“

mohammeds gesicht hellte sich auf. „kann nicht annehmen!“

„aber sicher! du bist mein bester freund in marokko!“

mohammed lachte: „morgen fahren wir nach tiznit. du kennst tiznit?“

als sie in tiznit in einem café sassen, fasste sich gabriele ein herz. „ich möchte gern einmal allein mit dir sein, mohammed!“

er sah sie überrascht an. „das ist kein problem! morgen fahren wir nach taroudant, dann ist ganzer tag für uns!“

„du verstehst mich nicht!“

„ich versteh alles, meine lieb gabriele. aber gibt problem für marokkaner mit touristin aus europa. marokko hat so viel augen und so viel ohren ...“ er lachte. „ ... aber kein problem, wenn wir sind in deutschland!“

was hatte er gesagt? gabriele sah ihn erstaunt an. er trank aber nur vorsichtig von seinem tee.

als sie zurück in ihrem hotel war, dachte sie über die worte von mohammed nach. er hatte nur das ausgesprochen, was sie schon lange wusste, aber nicht laut zu sagen wagte. ihre wohnung war gross genug und eine arbeit würde sie schon für ihn finden. sie musste ihn bald fragen, welche ausbildung er hatte. wenn er mechaniker war, könnte er sogar in ihrer firma arbeiten. aber war er mechaniker? was war er denn eigentlich?

„was machst du in tetouan? bist du vielleicht mechaniker?“

mohammed sass neben ihr in der kutsche, in der sie entlang der lehmmauer von taroudant fuhren.

„ja, ich reparier autos von patron in gross firma!“

„dann bist du also wirklich mechaniker?“

„man kann sagen so!“

sie war erleichtert und erinnerte sich an die worte ihrer mutter: gabriele hat einen dicken kopf. wenn sie etwas will, setzt sie es auch durch!

ja, ich will! - flüsterte gabriele, als sie nach agadir zurück fuhren. laut sagte sie: „ich werde alles arrangieren, dass du nach deutschland kommst. du kannst bei mir wohnen und vielleicht in meiner firma arbeiten.“

seine stirn legte sich in falten!

„meine lieb gabriele ist so gut zu mir! aber gibt ein problem!“

„ich weiss! du hast schon wieder dein geld verloren!“ lachte sie gutmütig und dachte amüsiert: es ist mein geld! sie bezahlte nicht nur die ausflüge und restaurantbesuche, sondern steckte ihm auch beim abschied jedes mal einige dirham zu.

„lieber mohammed! probleme sind dazu da, gelöst zu werden. heraus damit: wo drückt der schuh?“

er sah sie neugierig an. „das ist nett, aber kann nicht annehmen!“

„was?“

„willst mir doch neu schuh kaufen! ist auch schön. ich will immer danken dir!“

„eigentlich wollte ich wissen, welches problem du hast!“

„ich habe nie problem. wollen wir jetzt für schuhe kaufen?“

gabriele war verwirrt. es kam gewiss nicht alle tage vor, dass eine frau einem marokkaner zu einer zukunft in europa verhalf. aber er sagte dazu nichts ...

mohammed liess sich die kollektion von schuhen zeigen und entschied sich für die teuersten.

„sind mit hand genäht. ist englisch qualität. viel besser als in marokko!“

der tag der abreise rückte näher, doch gabriele kam auf ihr angebot, mohammed nach deutschland zu holen, nicht zurück. sie spürte, dass er über ihren plan nicht weiter nachdachte. aber warum nicht?

am letzten abend lud sie ihn in ein fischrestaurant am hafen ein. mohammed sass bedrückt am tisch. er sagte wenig und stocherte lustlos im essen herum. manchmal sah er gabriele an und seufzte. sie spürte, dass ihm das herz schwer wurde. auch sie hätte lieber allein in ihrem hotelzimmer geheult, als ohne appetit in diesem restaurant zu sitzen.

„werden wir uns denn einmal wiedersehen?“ sie fragte und tränen schossen ihr in die augen.

„wenn kommst nach marokko, ich werd immer da sein!“ er sah sie schwermütig an.

„aber es wäre doch viel einfacher, wenn du zu mir nach deutschland kommst! warum sagst du nichts zu meinem vorschlag?“

er starrte an die decke. mehrmals setzte er zum sprechen an - und liess es dann doch.

„du musst eine entscheidung treffen!“ sagte gabriele mit nachdruck. „ich dachte, du hättest mich ein wenig lieb!“

mohammeds gesicht wurde grau und düster. er nahm ihre hand und drückte sie so fest, dass es weh tat.

„es geht nicht!“ stöhnte er.

„und warum nicht?“

„das wollt ich dir nicht sagen - weil du bist mein lieb gabriele. aber nun sag ich doch: ich hab eine jung frau in tetouan. wir werden heiraten im nächst jahr!“

ein verrückter schmerz traf gabrieles kopf. ihr wurde schwindelig, alles um sie herum löste sich auf. sie versank in einem schwarzen nebel.

aber sie lächelte.

ein reflex, - den sie sich anerzogen hatte, um nie mehr schutzlos einer wahrheit ausgeliefert zu sein, die sie nicht ertrug. sie ging seitdem lächelnd durch ihre katastrophen und wartete, dass sie irgendwann an gewalt verloren und hinter ihr zurück blieben.

sie sass lächelnd im flugzeug. sie betrachtete sich, wie sie nach der langen reise lächelnd ihre wohnung betrat und lächelnd durch das fenster in die nacht hinaus sah. ihre kollegen fragten, wie der urlaub war. sie hörte sich sagen: wunderbar! und bemerkte, wie sie dieses wort mit einem lächeln bekräftigte.

durch den dichten nebel hörte sie mohammeds stimme.

„aber das ist kein problem. familie von fatima hat mein familie geld für hochzeit gegeben. das ist so in marokko. aber wenn mein familie gibt geld zurück, ich muss nicht heiraten fatima!“

sacht hob sich der nebel und gab den blick auf mohammeds gesicht frei. alles düstere war daraus verschwunden. gabriele hatte die katastrophe lächelnd durchschritten ... es wurde heller um sie.

„gibt nur ein klein problem, ist aber nicht schlimm!“

„dann sage es mir!“ gabriele rückte an ihrem stuhl, räusperte sich und sah ihn erwartungsvoll an.

„du musst für mich visum machen in deutschland. ich werde fahren nach rabat. und wenn ich stempel habe im pass, ich kann gehen nach deutschland für drei monate. aber für länger müssen wir haben hochzeit. du willst?“

gabriele hätte gern laut „ja“ gerufen. aber sie lächelte nur. jetzt, wo die katastrophe fast hinter ihr lag, wollte sie das neu gewonnene glück geniessen.

„wenn wir haben hochzeit in deutschland, ich muss meine familie in tetouan sagen, dass sie geld an familie von fatima gibt zurück. ist aber problem. familie hat nicht mehr!“

„was haben sie denn mit dem geld gemacht? es war doch für eure hochzeit gedacht!“

„aber mama braucht geld für propan, und pappa für neu motor. und ich hab auch geld genommen, um mit lieb gabriele in agadir zu sein ...“

das war nicht die wahrheit! aber weil sie so gern der melodie seiner worte zuhörte, vergass sie die lüge gleich wieder.

"es ist also kein geld mehr da!“

mohammed nickte.

„wie viel musst du denn an fatimas familie zurückzahlen?“

mohammed überlegte. „ich glaub, sind zehn mal tausend dirham!“

sie rechnete nach. das waren 1000 euro - so wenig hatte nicht einmal ihr urlaub gekostet.

„ich schicke dir das geld aus deutschland. dann kannst du es an fatima geben und das problem ist gelöst!“

mohammed sagte: „weiss nicht, wie ich muss danken dir!“

sie gingen durch eine sternenklare nacht zum hotel zurück. manchmal wünschte gabriele sich, mohammed würde sie an die hand nehmen. aber soetwas tut man nicht in marokko. sie musste warten, bis er in deutschland war. an diesen abend würde sie sich immer erinnern. sie hörte in der ferne die brandung, ein leichter, warmer wind kam vom atlantik, helles lachen und geheimnisvolle klänge wehten durch die nacht zu ihr her. warum war sie nicht viel früher nach marokko gekommen? ...

dann hätte sie mohammed nicht getroffen, der so viel jünger war ...

so viel jünger!

nun musste sie auch noch die wichtigste frage stellen. allerdings war es eine frage, die zu stellen sie in den drei wochen ängstlich vermieden hatte. denn manchmal hilft auch ein lächeln nicht, mit einer allzu deutlichen wahrheit fertig zu werden. also sprach sie zögernd in das dunkel hinein:

„vielleicht würde fatima besser zu dir passen. sie ist doch viel jünger als ich!“

mohammed war bei ihren worten stehen geblieben. sie konnte in der dunkelheit nicht erkennen, wohin er blickte.

„ich mag keine jung frauen! hab nie gemocht. älter ist schöner!“

sie war erleichtert und diese erleichterung hielt an, bis sie das hotel erreichten. dort kam der schwere augenblick des abschieds.

mohammed gab ihr vier küsse - zwei auf jede wange. er reichte ihr die hand und führte sie danach zu seinem herzen. er umarmte sie nicht. gabriele wusste inzwischen, dass man das in marokko niemals tut.

„auf wiedersehen, mohammed. ich schicke gleich das geld und besorge dir das visum!“

„ich werde auf lieb gabriele immer warten!“

gabriele sah mit verwunderung, wie ihm tränen in die augen stiegen. sie hatte noch nie einen mann weinen sehen. sanfte wellen voller rührung und dankbarkeit erfassten sie. ein ganzes leben hatte sie nur auf ihn gewartet! sie lächelte ihn an - und nach so vielen jahren war ihr lächeln ganz einfach und musste nicht gerufen werden - wie selbstverständlich legte es sich auf ihre lippen und kündigte keine neuen katastrophen an, sondern nur das lange vermisste glück.

sie würde ihn heiraten! sie wusste, dass sie glücklich werden wollte.

„nimm mein handy. dann kann ich dich jederzeit anrufen!“ mohammed steckte es wortlos ein und fragte:

„wie soll ich kommen zurück nach tetouan?“

sie nahm aus ihrer tasche einige dirham-scheine und gab sie ihm.

dann ging er davon. sie sah ihm lange nach.

wird er sich noch einmal umdrehen und mir zum abschied winken? fragte sie sich.

mohammed tat es nicht.


copyright: rolf-dieter venzlaff 12/2003


Impressum

Tag der Veröffentlichung: 29.08.2008

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /