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Als wir noch Flieger war´n

 

 

Tja. Da saß ich nun und konnte nur noch zusehen, anstatt mitmachen. Dumm gelaufen, im wahrsten Sinne des Wortes, so zu sagen.

Aber, lasst mich von vorne erzählen.

Mein Bruder und ich waren so Anfang 20 und ab und zu zum Wandern in den Bergen unterwegs, als zu jener Zeit eine neue Sportart in Mode kam. Gleitschirm fliegen. Wir waren fasziniert davon, wie die Piloten lautlos über den Bergen schwebten. Der Entschluss stand fest, wir würden uns bei einer dieser Flugschulen anmelden. Die Kosten für die Schulung und die Ausrüstung waren für einen Luftsport auch ziemlich erschwinglich im Gegensatz zum Drachenfliegen etwa.

Allerdings hatte ich auch etwas Angst vor einem Hobby, bei dem man im wahrsten Sinne des Wortes den Boden unter den Füßen verlor. Ich musste also meinen ganzen Mut zusammen nehmen.

Endlich war es soweit und der Theorieunterricht begann. Wir lernten, was ein Gleitschirm ist und wie er funktioniert. Wetterkunde, Aerodynamik und Luftrecht, also wo darf ich fliegen und wo nicht und was ist dabei zu beachten, gehörten ebenso zum theoretischen Unterricht.

In der Praxis später war es zunächst auch unspektakulär. Schirm auslegen, Leinen sortieren und auf Beschädigungen prüfen.

Dann galt es den Schirm hoch zu ziehen und so lange wie möglich in der Luft zu halten, ohne ab zu heben. Als das alle beherrschten, ging es endlich an die Start Übungen.

Den Schirm also wieder ausbreiten, auf Wind von vorne warten, mit einem Ruck in die Höhe ziehen, Blick nach oben, ob er auch wirklich senkrecht über einem ist und los laufen.

Das war gar nicht so einfach. Man musste gleichzeitig auch noch die Bremsleinen dabei ziehen, damit sich ein Luftpolster unter dem Schirm bilden konnte, das einen dann noch oben zieht.

Und so waren es dann beim ersten mal auch nur ein paar Zentimeter, die ich abhob, bevor der Schirm neben mir wieder zu Boden kam. Also den Schirm wieder zusammenraufen, nach oben tragen, wieder ausbreiten und das Ganze von vorne.

Nach etlichen Versuchen, bei denen ich meistens nur den Berg hinabgerannt bin, statt ab zu heben, klappte es schließlich. Es hob mich so in etwa einen Meter in die Höhe, auf eine Strecke von vielleicht 5 Metern. Doch als sich der Boden wieder näherte, kam ich irgendwie blöd auf. Ich spürte einen stechenden Schmerz in meinem Knie und knickte um.

Zum Glück war es kein Bänderriss, sondern nur eine Überdehnung. Doch zunächst war es mit den Übungen vorbei. Ich konnte also nur noch zusehen.

Mein Bruder machte dagegen gute Fortschritte und betrieb diesen Sport auch noch einige Jahre. Ich begleitete ihn oft, wenn er von den richtig großen Bergen, wie zum Beispiel dem Tegelberg startete.

Es war trotz allem eine gute Erfahrung für mich, es gewagt zu haben. Und ich weiß jetzt auch, was alles an Erfahrung und Können dahintersteckt, wenn ich wieder mal einen Gleitschirm durch die Lüfte schweben sehe. Und wie viel Mut dazu gehört.

 

 

 

Impressum

Texte: Roland Schilling
Bildmaterialien: Roland Schilling
Cover: Roland Schilling
Tag der Veröffentlichung: 14.10.2017

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