Cover

Traumreise

 

 

Eines Tages fischte ich unter anderem einen sehr merkwürdigen Brief aus meinem Briefkasten. Auf den ersten Blick einer dieser Werbebriefe. Aber dieser hier war irgendwie anders.

Er war Gold umrandet. Der Firmenname stand in einer aufwändigen holographisch schimmernden Schrift auf dem Umschlag, wie man sie eigentlich von fälschungssicheren Geldscheinen kennt.

„Traumland GmbH und co Kg. Partner der Timetraffelling Corporation.“

Normalerweise werfe ich solche Werbebriefe immer sofort in die Papiertonne. Aber dieser erweckte auf unerklärliche Weise meine Aufmerksamkeit.

Ich setzte mich also an meinen Schreibtisch , öffnete ihn und las:

„Herzlichen Glückwunsch. Sie haben eine Traumreise gewonnen.

Aber nicht irgendeine, sondern eine Traumreise im wahrsten Sinne des Wortes.“

Spätestens da hätte mein Verstand einsetzten müssen, und ich hätte das Ding in die Papiertonne werfen sollen. Aber ob das was genützt hätte, wage ich zu bezweifeln. Ich las weiter:

„Wohin es geht, wollen Sie wissen? Warum Sie gewonnen haben, wollen Sie wissen? Das alles erfahren Sie noch rechtzeitig. Falls Sie aus welchen Gründen auch immer auf diesen sagenhaften Gewinn verzichten wollen, kontaktieren Sie uns. Per Telefon, oder e-mail. Falls sie uns binnen 7 Tagen nicht kontaktieren, setzen wir Ihr Einverständnis voraus, dass Sie Näheres über diesen fantastischen Gewinn erfahren wollen.“

Ich fand das ziemlich dreist. Wieso sollte ich die Initiative ergreifen um auf diesen Blödsinn zu verzichten.

7Tage später lag erneut ein Briefumschlag von dieser Firma in meinem Briefkasten.

Ich öffnete den Umschlag und nahm mehrere aneinander geheftete Seiten heraus, die ich zu lesen begann.

„Da Sie nicht widersprochen haben, bedanken wir uns für Ihr Interesse an dieser Traumreise.

Lesen sie bitte die beigefügten Geschäftsbedingungen sorgfältig durch. Falls Sie nicht damit einverstanden sind, kontaktieren Sie uns bitte innerhalb von 7 Tagen. Ansonsten setzten wir Ihr Einverständnis voraus und erlauben uns, dass sie ein Mitarbeiter von uns besucht um Ihnen näheres über Ihre Reise zu erklären.

Wir wünschen ihnen schon mal viel Spaß auf ihrer Traumreise.“

`Das kann doch nicht sein`, dachte ich mir. `Wo leben wir denn? Gibt es kein Recht und Gesetzt mehr?´

Ich reagierte auch auf diesen Brief nicht und 7 Tage später stand tatsächlich ein Mitarbeiter dieser Firma vor meiner Tür.

Ich bat ihn herein um ein für alle mal ein klärendes Gespräch zu führen, aber er ließ mich gar nicht erst zu Worte kommen. Er legte sofort los und schwärmte von den schönsten Reisezielen, packte seine Aktentasche auf den Tisch und holte ein kleines Kästchen heraus, das er mir in die Hand drückte.

„Öffnen Sie es!“, befahl er, freudig wie ein kleines Kind, das seinem Papa zum ersten mal zu Weihnachten ein Geschenk gebastelt hat.

Ich öffnete es und holte eine Armbanduhr heraus. Ich drehte sie nach allen Seiten, um sie zu begutachten. „Eine Armbanduhr“, sagte ich. „Eine digitale mit schwarzem Display.“ Ich sah ihn verständnislos an. „Legen Sie sie an und tippen Sie auf das Display!“, befahl er weiter.

Ich tat es und eine kleine rotierende Erdkugel in 3D erschien auf dem Display.

„Hier können Sie ihr Reiseziel auswählen“, sagte er feierlich.

Ich tippte auf Nord Amerika. „Und die Zeit“, sagte er. „Wie, die Zeit?“, fragte ich. „Sie können das Land und das Jahr eingeben, in das Sie reisen möchten. Eine echte Traumreise eben“, antwortete er.

Zaghaft, ich weiß nicht warum, gab ich das Jahr 1830 ein und tippte auf „Bestätigen“.

Alles verschwamm in einem Nebel der sich aber auch gleich wieder lichtete. Nur dass ich mich in einer komplett anderen Situation befand.

Ich stand tatsächlich in mitten der Mainstreet einer Westernstadt Nordamerikas im Jahre 1830.

Ich wurde fast von einer Postkutsche überfahren. Links und rechts rasten Reiter auf Pferden und Fuhrwerke an mir vorbei, die Kutscher und Reiter wüste Beschimpfungen ausstoßend, was ich mitten auf der Straße zu suchen hätte.

Ich rettete mich auf den Bürgersteig und scrollte auf dem Display meiner Armbanduhr auf und ab, um die Funktion auf zu rufen, wieder in meine Zeit und Heimat zurückkehren zu können.

Ich bemerkte während meines Tuns nicht das kleine Mädchen, das mich die ganze Zeit beobachtet hatte. „Wow“, sagte sie. „Ist das ein Zauber Armreif?“

„Naja“, antwortet ich „Es ist eine Art Zeitreise Maschine und ich möchte gern in meine Zeit und meine Heimat zurück.“

Ich tippte auf „Bestätigen.“

Das letzte, das ich von Nordamerika im Jahre 1830 sah, waren die erstaunten Augen des kleinen Mädchens, das mich im Nebel der Zeit verschwinden sah.

Als sich dieser Nebel wider lichtete, stand ich in meinem Wohnzimmer und sah in die freudigen Augen des Traumreise Verkäufers.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

Texte: Roland Schilling
Bildmaterialien: Roland Schilling
Tag der Veröffentlichung: 11.06.2017

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /