Was für mich Heimat bedeutet? Oft schon hab ich mich das gefragt.
Als ich letztes Jahr aus dem Urlaub zurückkam, kam mir irgendwann der Gedanke: „Endlich wieder heimatlichen Boden unter den Füßen“.
Aber was ist das eigentlich, diese Heimat?
Ich lebe immer noch in der selben Stadt, in der ich geboren wurde. Aber sie hat sich in diesen Jahren sehr verändert. Sie ist gewachsen. Einiges wurde abgerissen, anderes aufgebaut.
Dennoch hat sie irgendwie ihre Seele bewahrt.
Ich kenne mich aus in ihren Straßen und Gassen.
Die kleine Gasse, in der ich aufgewachsen bin, neben dem heutigen Kulturzentrum, gibt es noch . Damals war der markante Bau an der Straßenseite eine Kirche und die drei Gebäude, die mit ihr zusammen ein Quadrat bilden, Wohnhäuser. Der Hinterhof, den die vier Gebäude umschließen, war für uns Kinder unser eigenes kleines Paradies.
Heute hat dieser Hof nicht mehr viel von dieser kleinen Idylle.
Ich verlasse die Gasse und gehe vorbei am gotischen Rathaus, einem einzeln stehenden Gebäude, das den Mittelpunkt der Stadt markiert. Das war im Mittelalter nicht anders, als heute. Wenige Schritte später erreiche ich die Andreaskiriche. In imposanter Kirchenbau und auch die größte Kirche der Stadt.
In ihr wurde ich konfirmiert. Ich kann mich noch erinnern, wie ernst der damalige Dekan den Konfirmandenunterricht genommen hat. Wir mussten richtig Psalmen auswendig lernen. Und wehe, es hat einer nicht gespurt. Dann durften die Eltern antreten und dem Dekan erklären, warum ihr Sprössling so ein wenig überzeugter Christ sei.
Aber, ich habe es geschafft und war an meinem großen Tag richtig stolz auf meinen ersten, richtigen Anzug.
Von der Kirche aus gehe ich Richtung Ellinger Tor. Nach dem durchschreiten des Tores befand sich früher rechts ein kleiner Kiosk, den wir Kinder „Kaufhaus Katzer“ nannten. Ich habe keine Ahnung, woher dieser Name kam, doch die ältere Dame, der dieser Kiosk gehörte, machte mit uns Schulkindern das beste Geschäft. So manches Zehnerl wechselte da über den Ladentresen und wurde in Süßigkeiten oder Comikhefte investiert.
Wenn ich jetzt die etwas stärker befahrene Straße mit Ampelkreuzung überquere, gelange ich zur Grundschule, ein wunderschönes, altes Gebäude. Auch an die vier Jahre, die ich in ihren Räumen verbrachte, habe ich viele Erinnerungen.
Ich gehe den gleichen Weg, den ich gekommen bin zurück durch die Altstadt, bis zum anderen Ende der Stadtmauer. Ein malerischer Fußweg führt vorbei an einem mit Wasser gefüllten Stadtmauergraben. Dem so genannten Seeweiher. Von ihm hat auch die Schule ihren Namen, die direkt an diesem Seeweiher steht.
Es ist die ehemalige Hauptschule, heute Mittelschule, in die ich dann bis zur neunten Klasse ging.
Meine Kindheit, meine Schulzeit, mein Konfirmation, meine Lehre. All das habe ich in dieser Stadt erlebt. All das verbindet mich mit ihr. Ich kann sagen, ich habe diese Stadt in mein Herz geschlossen.
Ab und zu zieht es mich dann in die Ferne. Aber wenn ich dann wieder zurückkomme und heimischen Boden unter den Füßen habe.
Ja, ich denke Heimat ist, wenn man das Gefühl hat heim zu kommen.
Texte: Roland Schilling
Bildmaterialien: Roland Schilling
Tag der Veröffentlichung: 05.01.2015
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