Es begab sich vor langer, langer Zeit, als ein sehr sehr weiser Mann einen Stern entdeckte. Und das war schließlich auch sein Job. Er war Sterndeuter.
Doch dieser Stern war etwas ganz Besonderes. Der Sterndeuter wusste nicht, wie er den Stern einordnen sollte. Also,so was war ihm noch nie passiert. Der Stern konnte sowohl Glück, als auch Unglück bedeuten. Das kam immer auf den Standpunkt an. Des einen Glück ist des anderen Unglück.
Er beschloss seinem König darüber zu informieren und dieser beschloss, dass der Sterndeuter dem Stern folgen sollte, damit der herasufünde, was es mit dem Stern auf sich hätte.
(herasufünde. Cooles Wort, oder? Aber zurück zur Geschichte.)
Zum Schutze vor Wegelagerern und Tagedieben, gab der König seinem Sterndeuter einen Stab mit, auf dem ein Stern thronte. Das unmissverständliche Zeichen des Königs das bedeutete, dass sich jeder Mann, der sich auch nur einen Fuß mit unlauteren Absichten dem Sternträger näherte, des Todes ist.
So ausgerüstet und mit etwas Weihrauch (gegen die lästigen Fliegen in der Nacht), machte sich der Sterndeuter auf den Weg, immer dem Stern folgend.
Einen Tagesmarsch später traf er auf einen farbigen Gewürzhändler. (Der Mann war eigentlich nicht farbig, sondern schwarz, wie ein Mohr, was daran lag, dass er eigentlich auch einer war. Aber das darf man heute nicht mehr sagen.)
„Wohin des Weges Fremder?“, hielt der Gewürzhändler den Sterndeuter an. „Ich hab hier die unterschiedlichsten Gewürze und Kräuter, die euch bei eurem Marsch durch die Wüste gute Dienste leisten werden.“
„Geht mir aus dem Weg, ich habe es eilig“, erwiderte der Sterndeuter unwirsch. Aber der Gewürzhändelr ließ sich nicht beirren. „Seht zum Beispiel dieses Kraut. Die Einnahme ist wirklich simpel. Man rollt es in Pergament und zündet es an. Dann ein tiefer Zug und ihr seit für Stunden selig.“
„Hört ihr nicht, ich habe es eilig“; sagte der Sterndeuter ziemlich ärgerlich. „Was gibt es denn so Eiliges zu tun?“, wollte der Gewürzhändler jetzt wissen. „Ich folge diesem Stern“, erklärte der Sterndeuter.
„Dem Stern“, stellte der Gewürzhändler fest, während er den Stern auf dem Stab begutachtete. „Mein Freund, mir scheint, ihr hättet schon was geraucht.“
Der Sterndeuter sah zuerst den Gewürzhändler an, dann seinen Sternenstab. „Nicht diesem Stern“, rief er jetzt noch etwas ärgerlicher. „Dem Stern da oben.“ Er deutete mit seinem Stab gen Himmel. Der Gewürzhändler sah angestrengt in die Richtung, in die der Sterndeuter deutete. Aber am Tag war der Stern natürlich nicht zu sehen. Doch auch damals galt der Kunde schon als König und so stimmte der Gewürzhändler dem Sterndeuter zu. „Ein schöner Stern“, sagte er anerkennend.
Der Sterndeuter sah den Gewürzhändler verwirrt an. „Mir scheint, ihr seid selbst euer bester Kunde“, stellte er fest. „Den Stern sieht man doch am Tage gar nicht. Aber in der Nacht strahlt er in seiner ganzen Herrlichkeit. Und er kann sowohl Glück als auch Unglück bedeuten. Aber das weiß ich erst, wenn ich angekommen bin.“
Jetzt hatte der Sterndeuter den Gewürzhändler neugierig gemacht. „Kann ich mitkommen?“, fragte er. Der Sterndeuter überlegte etwas, und willigte dann ein. Wäre vielleicht besser, nicht ganz alleine durch die Wüste zu irren. „Warte. Ich nehm nur etwas... am Besten, ich nehm etwas Myrrhe mit. Das Zeug weckt Tote auf, wenn´s sein muss, sag ich dir.“
Und so machten sich die beiden weisen Männer auf, dem Stern zu folgen.
Einen weiteren Tagesmarsch später trafen sie auf einen Schmuckhändler. Auch der Schmuckhändler wollte seine Ware natürlich an den Mann bringen. Obwohl ihm die beiden Typen, von denen einer einen Stab mit einem Stern trug und der andere ein Farbiger war, ziemlich suspekt vor kamen, konnte er sich seine Kundschaft nicht aussuchen. In der Wüste gab es nun mal nicht Kunden, wie Sand am Meer.
„Wohin des Weges, Fremde“, fragte der Schmuckhändler freundlich.
„Wir folgen dem Stern“, antwortete der Farbige (der Gemüse...äh...Gewürzhändler.) Der Schmuckhändler sah den Stern auf dem Stab, den Sterndeuter und den Gewürzhändler der Reihe nach an. Dann lachte er schallend los. „Ihr folgt...Hahaha... dem Sten... Hahaha... den ihr vor euch her tragt. Hahaha. Ich werd nicht mehr,,,, ich schmeiß mich weg...“ Dabei wischte er sich die Tränen des Lachens aus dem Gesicht.
„Nicht diesem Stern“, riefen der Sterndeuter und der Gewürzhändler im Duett. „Dem Stern da oben am Himmel.“
Schlagartig wurde der Schmuckhändler ernst. „Dem Stern mit dem Schweif?“, fragte er. „Genau dem“, antwortete der Sterndeuter.
Der Schmuckhändler war gleichzeitig auch Schriftgelehrter und wusste von der Prophezeiung, die der Stern mit dem Schweif ankündigte. „Ich bin nicht nur Schmuckhändler, sondern auch gleichzeitig Schriftgelehrter und weiß um die Prophezeiung, die der Stern ankündigt“, verkündete er. Die beiden anderen lauschten gespannt. „Es steht geschrieben, der Stern mit dem Schweif kündigt die Geburt des mächtigsten Königs an, den die Welt je gesehen hat.“
Der Sterndeuter und der Gewürzhändler waren sprachlos.
„Ich muss unbedingt mit“, entschied der Schmuckhändler. Der Sterndeuter und der Gewürzhändler waren einverstanden. Natürlich nahm der Schmuckhändler Gold mit, als Geschenk für den neuen König. Der Sterndeuter wusste allerdings nicht, wie viel Zeit ihnen noch blieb, dem Stern zu folgen, bevor dieser unterging. Also beeilten sie sich, die Wüste zu durchqueren um an ihr Ziel zu gelangen. Und noch lange er zählte man sich die Geschichte von den drei Weisen, die aussahen wie Könige, mit ihrem Sternenstab und die es ziemlich eilig hatten, nach Bethlehem zu kommen.
Texte: Roland Schilling
Bildmaterialien: Roland Schilling
Tag der Veröffentlichung: 02.01.2014
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