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Miss Verständnis

 

 

 

 

 

Die Töle musste ja irgendwann raus und so öffnete ich die Tür, schlug meinen Mantelkragen hoch und stemmte mich fröstelnd gegen den scharfen und eiskalten Wind. Schon jetzt sehnte ich mich nach meinem warmen, gemütlichem Wohnzimmer zurück. Aber was muss, das muss und so trabte ich, die Leine fest um mein Handgelenk geschlungen, meinem Kläffer hinterher.

Ein Blick zum Himmel verriet mir, es würde vermutlich noch kälter werden, denn über mir konnte ich das Glitzern der Sterne erkennen, die mir vom nachtblauen Himmel höhnisch zuzuzwinkern schienen. Und auch der leuchtende Vollmond ließ sich nicht erbarmen ein wenig Mitgefühl mit mir zu zeigen, während sein Licht nur schwach den Weg vor mir beleuchtete.

Der einzige, der sich wirklich wohlzufühlen schien, war mein Hund, der Schwanz wedelnd vor mir her trottete und jede beschissene Laterne beschnüffeln musste.

"Hi, warte doch mal!" erklang plötzlich eine Stimme hinter mir.

Abrupt und wie auf Kommando blieben sowohl ich, als auch mein Köter stehen. Ich blickte hinter mich. "Ach du Scheiße!" dachte ich, sprach es aber lieber nicht aus. Elke, ausgerechnet Elke, die größte Nervensäge der Firma hatte mir hier im Dunkeln aufgelauert. "Du? Was machst du denn hier?" fragte ich sie, denn ich wusste, Elke wohnte eigentlich auf der anderen Seite der Stadt und ganz leise, so dass sie es nicht hören konnte, fügte ich noch ein "du hast mir gerade noch gefehlt" hinzu.

"Na" meinte sie überrascht "Wir waren doch verabredet!". "Wir, verabredet?" hakte ich nach und dachte einer von uns beiden muss eindeutig verrückt sein und ich war nicht derjenige welcher.

"Na ja, quasi verabredet" erwiderte sie. Mhm, was sollte das nun wieder heißen? Nie und nimmer würde ich mich mit Elke freiwillig verabreden und wenn sie die einzige Frau auf Erden wäre.

Elke erriet wohl meine Zweifel, oder aber, was ich für wahrscheinlicher hielt, sie wollte mich reinlegen, um mich auf Teufel komm raus um den Finger zu wickeln.

"Hast du denn unsere Verabredung vergessen?" meinte sie und komisch, ich hielt ihr Erstaunen wirklich für echt.

So langsam zweifelte ich doch an meinem Verstand. "Wann haben wir uns denn verabredet?" fragte ich und versuchte, dabei möglichst freundlich zu bleiben. Stirnrunzelnd schaute sie mich an "Na, gestern im Büro, erinnerst du dich echt nicht mehr?"

Gestern im Büro? War ich vielleicht doch nicht mehr ganz dicht im Oberstübchen?

"Äh, nein" stotterte ich "Sorry, aber ich kann mich an keine Verabredung erinnern".

"Gut" meinte sie "wir waren nicht für jetzt und heute verabredet, eher war dein Angebot ein wenig vage, aber verabredet waren wir", erwiderte sie entschieden und ein wenig streitlustig.

Meine Gedanken ließen Elke links liegen und sammelten sich in irgendeiner Gummizelle, als Elke mich empört aus dieser wieder aufschreckte "Also nun hör mal, du kannst dich doch nicht mit mir verabreden und dann so tun als wüsstest du nichts davon. Das lass ich nicht mit mir machen!"

Meine einzige Erwiderung war ein lang gezogenes "Häääh?"

"Jetzt tu nicht so unwissend! Gestern, gleich nachdem ich dich darauf hinwies, dass die Ordner mit den roten Umschlägen nicht zwischen die mit den blauen Umschlägen gehören, hast du Wort wörtlich zu mir gesagt, du kannst mir mal im Mondschein begegnen!"

Impressum

Texte: Ralf von der Brelie
Cover: Ralf von der Brelie
Tag der Veröffentlichung: 09.10.2021

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