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Der Ritterschlag

 

 

 

 

Nun, die meisten von uns werden ihn wohl irgendwann, meistens in noch jungen Jahren, gemacht haben.

Die Rede ist natürlich vom Führerschein. Von diesem amtlichen Dokument, welches uns zum Führen eines Kraftfahrzeuges berechtigt.

Einige von uns werden sich noch daran erinnern, sich diesen regelrecht vom Munde abgespart zu haben. Andere hingegen hatten etwas mehr Glück und konnten die richtigen Eltern ihr Eigen nennen, die sich das vom Munde absparen, für einen übernahmen.

Ich zumindest gehöre zu der ersteren Gruppe.

Wie dem auch sei, hatte man den Führerschein, oder wie er in Fachkreisen auch genannt wird "Lappen" einmal in der Tasche, so fühlte man sich schon fast erwachsen.

Fast, denn etwas fehlte dieser Fahrerlaubnis noch, um wirklich von allen anerkannt zu werden und als Autofahrer oder Autofahrerin wirklich ernst genommen zu werden:

Der Ritterschlag, das geadelt werden und damit der schimpfenden, rabiaten, sich oft beklagenden, aber immer ernst zu nehmenden Masse an Fahrzeugführen und Führerinnen dazugehörig zu fühlen und endlich in den Kreis der Erlauchten aufgenommen zu werden.

Diesen Ritterschlag zu erlangen, gibt es nur eine einzige Möglichkeit, denn zuerst einmal musste man Opfer der Wegelagerei von Polizei oder Ordnungsbehörde werden.

Ja, auch mir gelang dieses!

Wenn ich auch verschämt zugeben muss, es benötigte ein paar Jahre nach Erhalt meines Führerscheines und, als ich ihn erhielt, besaß ich schon mein zweites Automobil.

 

Der Kalkasee in Winsen an der Aller. Auch heute noch begehrtes Ziel Tausender, meist junger Leute, die an heißen Sommertagen, oft der Freikörperkultur frönend, der Wärme zu entfliehen suchen und platsch, platsch, Erfrischung im kühlen und verlockendem Nass suchen.

Damals wie heute verboten, aber von den Behörden machtlos geduldet.

Auch ich gehörte zu denen, welche von nahtloser Bräune bis zu den intimsten Stellen träumten und entledigte mich flugs all meiner Kleidung.

Als der Tag dann irgendwann dem Abend immer näher kam, bedeckte ich wieder züchtig meine Blöße und machte mich auf den Rückweg. Dorthin, wo ich mein Auto, übrigens ein blau-weißer Bulli, geparkt hatte.

Tja, nur gab es keinen Parkplatz, um das verbotene Nass zu erreichen, und so stand es, mit einigen Hundert anderen, rechts und links der Bundesstraße. Was ebenso damals wie heute, verboten ist.

Ein paar Polizisten umkreisten gerade wie die Geier mein Fahrzeug und forderten mich unverzüglich auf, meinen Führerschein und die Fahrzeugpapiere in ihre zitternden Hände zu legen, was ich ohne viel zu murren tat, wobei mir der geifernde Blick ihrer Gesichter nicht ganz verborgen blieb.

Augenscheinlich war man ein wenig, sagen wir einmal, verärgert und auch ich konnte meinen Unmut nicht ganz verbergen.

Befriedigt und in dem Wissen für heute seine Pflicht getan zu haben, drückte mir einer der Jäger und Sammler schließlich meinen ersten Strafzettel wegen falsch Parkens in die Hand und bekam dafür im Tausch von mir einen kleinen blauen Schein - zehn Deutsche Mark.

Tja und das war nun die Geschichte, wie ich zu meinem allerersten Strafzettel kam und endlich mit Stolz behaupten konnte, dazu zugehören, zu der großen, schimpfenden, rabiaten, manchmal ärgerlichen Masse an echten Autofahrern und Autofahrerinnen.

Impressum

Texte: Ralf von der Brelie
Cover: Ralf von der Brelie
Tag der Veröffentlichung: 27.06.2021

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