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Vorbei

 

 

 

 

Ich schaue hinab auf die regenfeuchte Straße. Mein Atem steigt hinauf ins Firmament, vereint sich dort mit dem diesigem grau der Wolken und ich weiß, es ist vorbei.

Mein Blick schweift umher, erblickt die Autos unter mir, die Wassermassen, staubgleich aufwirbelnd, unter meinem Balkon dahinrasen. Suchend ertaste ich die Häuserfront auf der anderen Straßenseite, schaue in die kleinen Gärten, streife das grün der Rasenflächen, wandere weiter in die Ferne, berühre ganz kurz den Himmel und ich weiß, es ist vorbei.

 

Fröstelnd schlinge ich die Arme um meinen Körper, denke an Sonnenschein, lange Spaziergänge am Strand, aufblitzende Wassertropfen, so schön wie Diamanten, so lebendig wie dein Lachen. Ich höre noch immer die Melodie deiner Stimme, spüre noch immer deine Berührungen auf meiner Haut.

Doch ich weiß, es ist vorbei.

 

Wir waren wie Kinder, haben gemeinsam die Welt umarmt. Sind dem Horizont entgegengelaufen, haben dem Regenbogen die farben gestohlen, und ich wusste, wenn du so bist wie dein Lachen, werde ich dich für immer lieben. Wenn du so bist, wie dein Lachen, werde ich selbst bereit sein, mit dir unterzugehen.

Doch ich weiß es ist vorbei.

 

So oft hast du deinen Kopf ganz nah an mich gelehnt, hast mir flüsternd deine Träume erzählt, hat dein Herz das meine berührt, deine Seele die Enge weit werden lassen. Du hast mir Flügel geschenkt und mich selbst träumen lassen. Mit dir konnte ich Drachen besiegen.

Doch ich weiß, es ist vorbei.

 

So viele Worte, so viel sanftes Schweigen, wir gingen zusammen, hielten uns fest umklammert und haben uns doch verloren.

Unser Weg liegt nun verlassen. Einsam fegt der Wind über ihn hinweg und dort, wo wir einmal unsere Schritte lenkten, spiegelt sich nun das grau des Himmels in den Regenpfützen.

Es ist vorbei.

 

Wie oft lagen wir beisammen, nackt und eng umschlungen. Ich habe die Sonnenstrahlen auf deiner Haut geküsst, habe mit den tänzelnden Schatten um deine Zärtlichkeit gerungen. Wir seufzten, lachten und liebten für die Ewigkeit, die doch nur einen Wimpernschlag währte.

Es ist vorbei.

 

Für immer sollte es sein. Nie sollte uns irgendetwas trennen und als du dann gingst, hast du dich nicht noch einmal nach mir umgeschaut. Jeder Schritt ein schritt von mir entfernt.

Krachend fiel die Tür ins Schloss und ich wusste, sie wird sich nicht noch einmal für uns öffnen.

Es ist vorbei.

 

Zweitausend Stunden saß ich da. Habe geraucht, habe getrunken, habe die Zeit gezählt, habe gefühlt und meinen Schmerz betäubt. Habe gezweifelt, habe geschrien, habe gehofft und meine Wunden geleckt. Zweitausend Stunden. Bis der Sturm sich legte und ich begriff.

Es ist vorbei.

 

Doch es tut nicht mehr weh, nein es tut nicht mehr weh. So oft habe ich es mir selbst gesagt, so oft mir eingeredet, so oft, dass ich bald schon daran glauben werde.

Es ist vorbei.

 

Impressum

Texte: Ralf von der Brelie
Bildmaterialien: Ralf von der Brelie
Cover: Ralf von der Brelie
Tag der Veröffentlichung: 08.05.2021

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