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Ein Sommernachtstraum

 

 

 

Nachmittags meist sonnig, nur einige Schönwetterwolken und überwiegend trocken. Allenfalls im äußersten Westen und Südwesten einzelne Hitzegewitter. Maximal 21 bis 25 Grad auf den

Nord - und Ostseeinseln, sonst hochsommerliche 26 Grad an der Wismarer Bucht bis örtlich

35 Grad in Rheinnähe. Schwacher Wind aus vorwiegend östlichen Richtungen.

Kurz, ein heißer Tag sollte es werden und die Nacht würde nur wenig Abkühlung bringen.

 

Mein erster Urlaubstag und schon langweile ich mich.

Hier sitze ich nun im Garten hinter dem Haus, im Schatten. Auf meinen Knien das Notebook

Aufgeklappt. Das Officeprogramm geöffnet, doch mir fällt einfach nichts ein, absolut nichts!

Wer hat sich bloß dieses Thema ausgedacht?

„Ein Sommernachtstraum“

Ausgerechnet ein „Sommernachtstraum“ muss es sein. Die weiße Seite des Officeprogrammes starrt mich an, ich Starre zurück.

Wie damals in der Schule, denke ich. Immer das falsche Thema.

Deutschstunde, Aufsatz schreiben.

Wenn ich meinen dann zurückbekam, immer das gleiche: „Thema verfehlt!“ In gnadenlosem Rot „Thema verfehlt!“

Scheiße!

Aber warum bin ich auch so ein Idiot, ausgerechnet bei einem Schreibwettbewerb mitmachen zu wollen?

Ganz freiwillig, ganz ohne jeden zwang, man, bin ich blöd!

Und gibt es wenigstens etwas zu gewinnen? Reichtümer? Ein Haus, ein neues Auto? Oder

wenigstens Ruhm und Ehre?

Nichts von alledem!

 

Da fällt mir ein, mein altes, klappriges Auto müsste auch bald zum TÜV. Ob es wohl noch einmal durchkommt? Wohl eher nicht.

Mein Kopf ist leer, leer wie die weiße Oberfläche des Officeprogrammes.

Die Hitze des Tages hat meine grauen Zellen träge gemacht, immer noch fällt mir nichts ein.

Mist!

Über mir zieht der wolkenlose, blaue Himmel dahin. Die Luft ist heiß und einschläfernd.

Na ja, die Überschrift kann ich ja schon einmal eintippen, vielleicht kommt der Rest dann von

alleine.

Ich schreibe also: „Ein Sommernachtstraum.“

Nichts passiert, kein geistiger Höhenflug, nichts, einfach nichts!

Warum auch ausgerechnet ein „Sommernachtstraum“?

Bestimmt wird erwartet, dass es was Romantisches wird.

Irgendetwas mit Vollmond, warmen Wind auf nackter Haut, sinnlichen Küssen und ein paar Kerzen drumherum.

Romantisch!

Ausgerechnet!

Bin ich Rosamunde Pilcher?

Und wenn, dann müsste ich noch die irischen Klippen einbauen, damit die Protagonisten den

ganzen Tag über verzweifelt an deren Rand auf und ab laufen könnten.

Waren es überhaupt irische und nicht gar schottische Klippen?

Scheiß auf die Klippen!

 

„Ein Sommernachtstraum“

Warum ausgerechnet „Ein Sommernachtstraum“?

Warum nicht „Ein Sommernachtsalbtraum“?

Irgendetwas mit Mord und Totschlag.

Kommt doch immer gut an und wird gern gelesen.

Würde mir dann vielleicht etwas einfallen?

Ich weiß es nicht.

Ich könnte ja noch irgendwie ein richtig fieses Monster einbauen.

Das kann dann mit seiner wuchtigen, furchterregenden Gestalt den Vollmond verdunkeln und allen die Kerze ausblasen, endgültig!

Von mir aus kann es dann auch die Kadaver über den Rand der irischen Klippen werfen.

Mir doch egal.

Vielleicht sollte ich mit dem Schreiben lieber bis heute Abend warten, wenn es kühler wird. Und dunkler. Vielleicht fällt mir ja etwas ein, wenn es Nacht wird, aber was sollte mir dann einfallen?

Nachts schlafe ich.

Oder war es vielleicht besser, den Titel wörtlich zu nehmen und irgendetwas über einen meiner Träume zu schreiben. Träume in der Nacht, Sommernacht, ein Sommernachtstraum.

Ich versuche, mich daran zu erinnern, was ich zuletzt geträumt habe.

Ich werde Rot und verwerfe den Gedanken.

Also immer noch nichts.

Oder doch?

Ich greife den Gedanken wieder auf, mehr aus Verzweiflung, als aus ernster Absicht.

Erotik kommt schließlich auch immer gut an.

Ach lieber nicht.

Erotik, ich, der Liebhaber in dem Körper eines rumänischen Waldarbeiters?

Wohl doch nicht.

Außerdem, wie soll ich etwas beschreiben, was ich eigentlich nur fühlen will?

Also endgültig weg damit!

Ich schließe die Augen, ist wohl besser, ich verschiebe das Schreiben auf morgen oder übermorgen.

Oder ich lasse es gleich ganz bleiben.

Ist ja doch hoffnungslos.

Langsam klappe ich den Deckel des Notebooks zu.

„Ein Sommernachtstraum“

Soll doch schreiben wer will, ich gehe jetzt Baden!

 

 

 

 

Impressum

Texte: Ralf von der Brelie
Bildmaterialien: Ralf von der Brelie
Tag der Veröffentlichung: 22.07.2013

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