Cover

"Der Todestanz"



« Verdammt schon wieder drei neue Tote und jedesmal sind es junge Frauen!", stöhnte Inspector Wolter. Mit einer Stecknadel markierte er die Fundstellen der Leichen auf einer Stadtkarte. Auch die Fotos der Opfer waren angepinnt.
„Also die Laborbefunde sind alle glasklar.Jedesmal sind die Toten ausgeblutet und alle haben ein Bissmal am Hals.“


Die Ermittlungskommission hatte schon lange den Clan der vam Pirs in Verdacht. Konnte aber mangels Beweisen nicht zuschlagen. Und einen Zeugen gab es auch nie.

Zur selben Zeit saß der alte vam Pir mit seinen engsten Vertrauten, seinen Söhnen zusammen. Mißmutig blickte er seinen Jüngsten an. „ Du alter Hurenbock, kannst du dich nicht einmal beherrschen. Du sollst sie nicht töten, sondern zu Vampiren machen. Jeder neue Blutsauger bedeutet mehr Macht! Und du Idiot“, wandte er sich an Raoul, seinen mittleren Sohn, „schalte deinen Verstand ein! Wichtig sind für uns Machtpositionen in sensiblen Bereichen, wie Polizei, Staatsanwaltschaft und Banken. Deine Hurerei mit Kellnerinnen und Verkäuferinnen bringt uns nicht weiter!“


Raoul biss sich auf die Lippe, es war besser zu schweigen. Der Alte war heute voll in Fahrt.Und seine Wutanfälle waren berüchtigt. Nur Marcella, seine Geliebte, blieb davon verschont. Bei ihr war er butterweich und ueberschüttete sie mit Geschenken. Aber er, Raoul traute ihr nicht über den Weg.

Seit einigen Wochen beschatteten, eigens von ihm angeheuerte, Kreaturen das Liebchen Tag und Nacht. Egal, wohin sie ging, alle ihre Schritte wurden überwacht.


Und siehe da, bereits am Nachmittag wurde die Mühe belohnt. Hatte er es doch die ganze Zeit geahnt, dieses hinterhältige Weib war eine Verräterin. Der Beweis eindeutig. Ihre Beschatter wunderten sich, weil sie sehr oft beim Schuhmacher die Absätze erneuern ließ. In den Schuhen waren Mikrofilme versteckt.Eine Informantin der Polizei!
Nun hieß es noch den richtigen Moment abzuwarten.

Am Abend waren alle zum Dinner versammelt. Die Tische vollbeladen mit Köstlichkeiten. An der Stirnseite hatte, wie immer das Familienoberhaupt Platz genommen. Ihm gegenüber thronte seine Geliebte. Eines musste man Marcella lassen, sie war eine hervorragende Gastgeberin. Sie hatte alle Speisen selbst zubereitet, vom Apfelhähnchen bis zum Orangendessert.


Nach dem Essen begaben sich alle in den Salon. „Liebste Marcella, tanz mir den Fischerreigen, ich liebe diesen Rhythmus. Und auch du hast mir mal gesagt, diese Melodie ist zum Sterben schön. Mir ist heute danach.“, liess sich der Alte nach dem Banjo greifend, vernehmen. Langsam erhob sich Marcella und begann zu tanzen. „Halt meine Liebe. Diesen Tanz hast du mir aber sonst immer barfuss dargeboten. Reich mir deine Schuhe.“ Der Alte spielte immer schneller und immer schneller. Die anderen hatten sich im Kreis aufgestellt und klatschten im Takt. Der jungen Frau wurde schwindelig, alles drehte sich. Die Gesichter, der Raum – alles.Immer, wenn sie stockte, kam brüllend die Aufforderung „ Tanz, das ist der Tanz deines Lebens!“


Zwölf Stunden tanzte Marcella ununterbrochen, dann brach sie tot zusammen.


Am Morgen markierte Inspektor Wolter eine neue Fundstelle, zusammen mit einem Foto von Marcella, seiner besten Informantin.

Impressum

Texte: Urheberrecht notariell bestaetigt
Tag der Veröffentlichung: 20.05.2011

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /