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Wenn du die Wahrheit suchst, sei offen für das Unerwartete, denn es ist schwer zu finden und verwirrend, wenn du es findest.

(Heraklit)

 

Ein grauer trister Vormittag senkte sich schwer auf sein Gemüt. Am Wagenfenster der schnell dahin gleitenden Limousine flogen die Wälder vorbei, grün und nass. Die Wischer schaufelten unermüdlich die leise prasselnden Tropfen von der Frontscheibe.

Das also sollte seine neue Heimat werden. Lucas hatte sich zuerst lange gegen den Umzug gesträubt, hatte sogar in Erwägung gezogen bei seiner Großmutter in Jacksonville zu bleiben, aber seine Eltern hatten ihn dann doch überzeugen können, mit ihnen nach Forks zu gehen.

Sein Vater, Prof. Dr. Adrian Collister war Chefarzt des University Medical Center in Jacksonville. Nun sollte die Klinik in Forks Universitätsklinik werden und sein Vater, als künftiger ärztlicher Direktor, würde maßgeblich daran beteiligt sein. Dieser Herausforderung konnte und wollte er sich nicht entziehen.

Seine Mutter, Prof. Olivia Collister, würde dort dann später als Dozentin tätig sein.

Er erinnerte sich noch lebhaft an die endlosen Diskussionen, in denen sie ihn zu überzeugen versuchten, dem Umzug doch positiv gegenüber zu stehen.

Zu guter Letzt hatte er sich dann geschlagen gegeben und sich schweren Herzens von seinem unbeschwerten Leben im sonnigen Florida verabschiedet.

Ein Blick aus dem Fenster ließ ihn allerdings an seinem Entschluss zweifeln.

Regen, Regen, Regen….. er hasste Regen. Unbewusst verschränkte Lucas die Arme vor der Brust, als könnte ihn dies vor diesem scheußlichen Wetter schützen.

Doch nun war es zu spät und er musste sich mit den Gegebenheiten abfinden, seine Laune war allerdings im Keller.

Olivia schaute Lucas im Rückspiegel mitfühlend an, sie wusste wie schwer es ihrem Sohn gefallen war, Jacksonville zu verlassen, seine Freunde und seine Großmutter.

 

> Du kannst Granny so oft es geht besuchen, Lucas und auch die Ferien kannst du bei ihr verbringen, das hatten wir doch besprochen. <

Die weicher Stimme seiner Mutter, die sich zu ihm um umgewandt hatte, riss ihn aus seiner Versunkenheit.

 

> Lass den Kopf nicht hängen, ich denke, du wirst Dich hier schnell eingewöhnen und auch das Haus wird dir gefallen. <

 

Sein Vater nickte zustimmend leicht mit dem Kopf.

> Glaube mir mein Sohn, auch für uns ist es eine enorme Umstellung. Doch für die Karriere muss man mitunter Opfer bringen, das wirst auch du noch erfahren in Deinem Leben <

Er schaute ihn kurz im Rückspiegel an und lächelte leicht.

 

Die beiden hatten leicht reden, SIE hatten sich dafür entschieden nach Forks zu gehen, er allerdings hatte sich notgedrungen dazu entschlossen. Lucas rutschte mit einem leisen Seufzen noch tiefer in den Rücksitz und ergab sich seinem Schicksal. Was blieb ihm auch anderes übrig?

 

Am Stadtrand von Forks lag ihr neues Zuhause. Eine alte Villa inmitten eines kleinen Parks. Verträumt kuschelte sie sich an den nahen Wald und blinzelte verschlafen seinen neuen Bewohnern entgegen.

Eine große Freitreppe geleitete die Ankömmlinge zu einer riesigen Eingangstür und hieß sie Willkommen.

Die Villa gefiel Lucas auf Anhieb. Sie strahlte Ruhe und Schutz aus, der kleine Park war gepflegt und aus einem Springbrunnen erklang ein leises Plätschern.

Die Räder des Wagens fraßen sich knirschend die Kies Auffahrt hinauf, dann stoppte sein Vater direkt vor der Freitreppe. Dann er stieg langsam aus und ging um den Wagen herum, um seiner Frau die Tür zu öffnen.

Olivia bestaunte, ebenso fasziniert wie Lucas, ihr neues Domizil. Sie hatten zwar zahlreiche Bilder angesehen und das Exposé hatte wirklich Eindruck auf sie gemacht, doch in der Realität war es um ein Vielfaches eindrucksvoller.

Den Blick noch immer staunend auf die Villa gerichtet, ergriff sie die dargebotene Hand ihres Mannes und ließ sich die Treppe emporziehen.

Lucas stieg ebenfalls aus und ging den beiden interessiert hinterher.

Auf der Mitte der Treppe angelangt, öffnete sich die Tür und Maria, ihre 56-jährige Haushälterin, erschien darin freudig lächelnd.

 

> Herzlich Willkommen zuhause, ich hoffe Sie hatten eine angenehme Reise. Ich habe einen kleinen Imbiss vorbereitet und die Zimmer sind auch fertig. <

Ihr Lächeln vertiefte sich und ihren flinken klugen Augen entging nichts.

Seine Eltern hatten sie schon vor vier Wochen vorausgeschickt, um die restlichen Renovierungsarbeiten zu überwachen und alles zu ihrem Eintreffen vor zubereiten.

 

> Vielen Dank Maria, das ist eine fabelhafte Idee, das Essen im Flieger war kaum zu

genießen. <

Prof. Collister lächelte sie an und verzog dann demonstrativ das Gesicht.

> Wir sind halt verwöhnt durch Dein Essen, Maria. <

 

Lucas Mutter nahm sie dankbar in den Arm und verschwand dann zusammen mit seinem Vater im Haus.

Maria blickte Lucas strahlend entgegen, legte ihren Arm um seine Taille und flüsterte ihm verschwörerisch zu, sie hätte ihm das schönste Zimmer des ganzen Hauses zugedacht.

Ach Maria, auf sie war immer Verlass. Lucas freute sich so sie zu sehen. So lange er denken konnte, arbeitete sie schon bei ihnen und war für ihn so etwas wie seine zweite Granny.

Als Lucas klein war, hatte er Stunden bei ihr in der Küche verbracht, wo sie ihm immer während ihrer Arbeit Märchen erzählte.

Wie oft war sie der Tröster in der Not und ihre weisen Ratschläge hatten ihm oft sehr geholfen. So bugsierte sie Lucas jetzt also durch die Tür und schob ihn auf eine riesige geschwungene Treppe zu, die ins Obergeschoss führte.

 

> Ich zeige Lucas nur eben kurz sein Zimmer, dann bin ich sofort bei Ihnen. < rief sie ins Haus hinein.

> Ja natürlich Maria, es eilt nicht. < hörte er seine Mutter von irgendwo her erwidern, sie waren also schon auf Erkundung im neuen Heim.

Maria zog ihn mit verschmitztem Gesichtsausdruck hinter sich die Treppe hinauf und dann nach rechts in den Gang. Vor der letzten Tür blieb sie stehen und nickte Lucas aufmunternd zu.

> Dies ist also Dein Zimmer Lucas, ich hoffe es gefällt dir. <

Erwartungsvoll lächelte sie ihn an.

Lucas drückte die Klinke der großen schweren Tür herunter und stand im Zimmer.

> WOW! < war alles, was er im Moment herausbrachte.

Maria, die sein Gesicht beobachtet hatte, freute sich wie ein Schneekönig und verschwand eilig wieder nach unten.

Lucas trat nun vollends in den Raum und schaute sich um.

Er war groß und mit dunklem Parkett ausgelegt. Die hohe Decke war hellgrau gestrichen und mit weißen Stuckleisten verziert. Die dunkelgrauen Wände wirkten in starkem Kontrast zu den modernen weißen Möbeln sehr gediegen.

Vor dem riesigen, leicht geöffneten Fenster bauschten sich fließende lange, weiße Vorhänge und gaben dem Zimmer einen luftigen Touch. Alles strahlte Harmonie und Ruhe aus.

Er ließ sich auf das große weiße Ledersofa fallen und fühlte sich sofort wohl. Vor ihm lag ein großer, dicker, weiß-grauer Plüschteppich und weckte in ihm das Bedürfnis, mit nackten Füßen darüber zu laufen.

Sich entspannt zurück lehnend ließ er seinen Blick durch das Zimmer schweifen.

Ihm gegenüber erstreckten sich niedrige weiße Hochglanzmöbel über fast die gesamte Wand,

über denen ein großer Flat TV hing. Schmale Regalböden an der Wand enthielten bereits alle Lieblingsstücke aus seinem alten Zimmer.

Neben dem Sofa war ein gigantischer Kamin in die Wand eingelassen und auf der Stirnseite daneben stand ein großer Schreibtisch, flankiert von einem hohen Bücherregal, das schon mit all seinen Büchern enthielt.

Lucas erhob sich und ging auf die Tür neben diesem Regal zu und fand dahinter seinen Schlafraum. Er war in den gleichen Farben gehalten, aber sehr viel kleiner.

Das große Bett dominierte den Raum und schaute auf den in die Wand eingelassenen Kleiderschrank an der gegenüberliegenden Seite. Ein kleiner Tisch mit zwei bequemen Sesseln stand vor dem Fenster und alles wirkte, wie nebenan, sehr harmonisch und Ruhe ausstrahlend. Das angrenzende Bad war sehr modern. Schwarzer Marmorboden und weiße Keramik dominierten den Raum und ein riesiger Spiegel ließen ihn größer erscheinen als er in Wirklichkeit war.

Lucas atmete tief durch, er war beeindruckt von seinem neuen zuhause, alles war perfekt.

 

> Lucas? <

Seine Mutter streckt den Kopf zur Tür herein und Staunen malte sich in ihr Gesicht.

 

> Was für ein schönes Zimmer. Ich hatte ja erst befürchtet, Dein Wunsch nach dunklen Wänden würde alles düster aussehen lassen, aber ich bin total hingerissen. In Verbindung mit den weißen Möbeln…. Sehr geschmackvoll. <

Seine Eltern hatten eine Innenarchitektin damit beauftragt, das Haus herzurichten und die hatte seine Wünsche perfekt umgesetzt. Glücklicherweise hatten seine Eltern ihm freie Hand gelassen, was die Gestaltung seines Zimmers betraf, sozusagen als kleines Dankeschön dafür, dass er dem Umzug zugestimmt hatte.

Seine Mutter sah sich noch eine Weile um, schaute auch in sein Schlafzimmer, nickte immer wieder anerkennend mit dem Kopf und wandte sich dann wieder der Tür zu.

 

> Maria hat das Essen aufgetragen, wir sollten uns erst einmal etwas stärken. Kommst du? <

Sie strich ihrem Sohn leicht über den Arm, lächelte ihn noch einmal liebevoll an und verließ dann das Zimmer.

Das Esszimmer vermittelte sofort das Gefühl, an einem Frühlingstag auf einer Blütenwiese zu stehen. Lucas konnte den Duft der Blüten fast riechen, nein, er konnte ihn wirklich riechen. Er kam von einem riesigen Blumenstrauß auf dem langen gläsernen Esstisch. Die Wände hatten einen hellen Lavendel-Ton und an den großen Fenstern waren bodenlange zarte Vorhänge. Auch dieser Raum war von Ruhe und Frieden erfüllt, selbst Marias hin und her Gewusel konnte diese Ruhe nicht stören.

Lucas und seine Eltern nahmen die vorbereitete Mahlzeit ein, schwärmten von dem neuen Haus und begaben sich danach alle auf ihre Zimmer, um sich ein wenig von der Reise zu erholen und auch um innerlich anzukommen.

 

Nachdem Lucas ein wenig ferngesehen und Musik gehört hatte, zog er sich seine Jacke über und verließ das Haus, um sich ein wenig die Beine zu vertreten. Er schlenderte langsam durch den kleinen Park und gelangte über kleine schmale Kieselwege in den nahe gelegenen Wald.

Trotz des feuchten Wetters, es hatte glücklicherweise aufgehört zu regnen, musste er zugeben, das es ihm hier sehr gut gefiel.

Lucas liebte Florida und das schöne Wetter, aber das hier war so anders. Überall wohin er blickte war grüne Natur, der Geruch von feuchtem Holz, nassen Gräsern und Moos war würzig und frisch. Er atmete tief durch und nahm alles in sich auf. Langsam ging er durch den Wald, der ihm endlos erscheinen wollte und wähnte sich in einer anderen Welt. Das Gezwitscher der Vögel und hin und wieder ein lautes Knacken, das Huschen kleiner Tiere im Unterholz und das unermüdliche Hämmern eines Spechtes ließen ihn mehr und mehr entspannen.

Als es langsam dunkel wurde kehrte er angefüllt mit neuen schönen Emotionen zur Villa zurück, deren Fenster jetzt hell erleuchtet waren und den Kiesweg in ein diffuses Licht tauchten.

Seine Eltern saßen mit einem Glas Wein vor dem Kamin und unterhielten sich leise. Lucas überlegte kurz, ob er sich zu ihnen gesellen sollte, entschloss sich dann aber lieber Maria zu suchen.

Natürlich fand er sie in der Küche, wo sie gerade dabei war Tee zu kochen.

 

> Na mein Junge, hast du dir die Gegend angesehen? <

Sie stellte die volle Teekanne auf den Tisch, entnahm dem Schrank zwei große Porzellanbecher und hielt einen davon Lucas hin.

>du möchtest doch einen schönen heißen Tee, oder? <

 

>Sehr gern Maria.<

Er nahm den Becher und setzte sich zu ihr an den kleinen Küchentisch.

>Es ist so ganz anders hier wie in Florida. Ich war im Wald und irgendwie wirkt er sehr beruhigend. Nur an die Nässe werde ich mich wohl noch gewöhnen müssen. <

Lucas hatte leicht das Gesicht verzogen und Maria nickte mit dem Kopf.

 

>Hier regnet es leider sehr häufig, aber die Natur ist traumhaft. Und mit der richtigen Kleidung ist das alles kein Problem. <

Sie lachte ihn an und tätschelte kurz seine Hand.

>Keine Sorge, du gewöhnst Dich hier ganz schnell ein. <

Sie redeten noch eine Weile und nachdem Lucas seinen Tee ausgetrunken hatte, verabschiedete er sich von Maria und ging hinauf in sein Zimmer.

 

Am nächsten Morgen brach Prof. Collister zu seinem ersten Arbeitstag in die Klinik auf. Er nahm sich nicht einmal die Zeit zu frühstücken, sondern stürzte nur eine Tasse Kaffee hinunter, küsste seine Frau auf die Wange, nahm sie kurz in den Arm, nickte seinem Sohn zu und verschwand.

Draußen hörte Lucas den Kies der Auffahrt aufspritzen, als er viel zu schnell anfuhr.

Sein Vater war heute Morgen also ebenso nervös wie er auch. Lucas musste grinsen, hielt er doch seinen Vater immer für so souverän und glaubte, ihn könne so schnell nichts aus der Ruhe bringen.

Maria hatte das Frühstück bereitet und er setzte sich mit seiner Mutter an den Tisch.

Heute würde also auch sein erster Schultag sein und auch er war etwas nervös.

Seine Mutter würde ihn nach dem Frühstück hinfahren und danach auch wieder abholen, denn sein Wagen, ein nagelneuer BMW 1er M Coupé, konnte erst morgen geliefert werden. Ein Zugeständnis seiner Eltern, sozusagen als kleine Bestechung und guter Start für sein neues Leben hier in Forks. Lucas konnte es kaum erwarten und würde morgen nach der Schule erst einmal eine ausgedehnte Fahrt unternehmen und die Umgebung unsicher machen.

So langsam war er echt gespannt auf die Highschool, auf seine Mitschüler und was sonst noch so abgehen würde. So mitten im Semester die Schule zu wechseln war zwar nicht optimal, aber er hatte noch nie Schwierigkeiten Anschluss zu finden und um seine schulischen Leistungen brauchte er sich auch keine Sorgen zu machen.

Seine Zusage für die Harvard University hatte er in der Tasche und musste nun nur noch einen exzellenten Highschool Abschluss hinlegen, was, gemessen an seinen bisherigen Leistungen, zu erwarten war. Seine Eltern waren stolz auf ihn und hatten seinen Entschluss, ebenfalls Arzt werden zu wollen, mit Begeisterung aufgenommen.

Besonders sein Vater war davon überzeugt, dass sein Sohn für die Medizin eine große Begabung hatte. Schon immer konnte er gut mit Menschen umgehen und sie positiv beeinflussen.

Jeder fühlte sich in seiner Gegenwart wohl und vergaß seine Sorgen und Nöte. Ein großes Potenzial, wie sein Vater es ausdrückte.

> Wir müssen langsam mal los, Lucas. < riss seine Mutter ihn aus seinen Gedanken.

Lucas beendete schnell sein Frühstück, holte Tasche und Jacke aus seinem Zimmer und stieg schwungvoll zu seiner Mutter in den Wagen, die schon in der Auffahrt auf ihn wartete. Glücklicherweise regnete es nicht, aber der Himmel war voller tief hängender Wolken.

 

Und dann ging es los, sein Leben in Forks konnte beginnen.

 

 

** * **

 

 

Prof. Collister kam an der Klinik in Forks an und fuhr langsam an der Reihe der geparkten Autos vorbei. Irgendwo hier musste sein Parkplatz sein. Nach ein paar Metern entdeckte er dann das kleine Schild vor einem freien Platz. * Medizinischer Direktor Prof. Dr. Collister *

Sehr schön, es war also alles schon vorbereitet.

Er parkte seinen S-Klasse Mercedes auf den für ihn vorgesehenen Platz und ging gemessenen Schrittes in die Klinik.

Ohne große Umwege fand er das Büro von Chefarzt Dr. Brenner, der ihn schon erwartete.

> Prof. Collister, herzlich Willkommen. < empfing ihn dieser lächelnd.

Prof. Collister begrüßte ihn ebenso freundlich, hatten sie doch in den letzten Monaten schon regen Kontakt und dabei eine für sie beide sehr stabile berufliche Basis aufgebaut.

Dr. Brenner geleitete seinen neuen Chef als erstes in dessen neues Büro und bat die Vorzimmerdame um Kaffee.

Prof. Collister sah sich anerkennend um und nahm dann sofort seinen modernen Schreibtisch in Beschlag.

Beide besprachen bei einer heißen Tasse Kaffee alle relevanten Dinge und die weitere Vorgehensweise für diesen Tag.

Prof. Collister wollte zuerst einmal das gesamte Ärzteteam kennen lernen und bat Dr. Brenner, jeden einzeln in sein Büro zu schicken.

 

Seit einigen Stunden machte er sich jetzt schon ein Bild von seinen künftigen Mitarbeitern, hatte sich für jeden der Ärzte Zeit genommen sie kennen zu lernen. Unterlagen zu Jedem hatte er vorab schon studiert und war bisher sehr zufrieden.

Nach einem kurzen Mittagessen saß er also wieder an seinem Schreibtisch und erwartete den nächsten der Ärzte.

 

Es klopfte an der Tür und ein sehr gut aussehender Mann betrat den Raum. Prof. Collister erhob sich und kam um seinen Schreibtisch herum.

> Dr. Cullen, es freut mich sehr sie kennen zu lernen. < Prof. Collister ging auf ihn zu und streckte ihm lächelnd die Hand entgegen, die dieser leicht zögernd ergriff. Bei der Berührung der Hände zuckte Collister zusammen, zwar nur leicht, aber er war sich sicher, das Dr. Cullen es bemerkt hatte. Beide sahen sich in die Augen, Dr. Cullens Lächeln hatte sich nicht verändert.

Collisters Gedanken rasten durch seinen Kopf und er wollte seiner ersten Empfindung keinen Glauben schenken. Das konnte einfach nicht sein, das war unmöglich. Also riss er sich zusammen und bat Dr. Cullen höflich Platz zu nehmen und besprach mit ihm die Zukunft der Klinik und die damit verbundenen Änderungen im Klinik Alltag.

Das Gespräch verlief so harmonisch und er war von diesem Arzt derart angetan, das er überhaupt nicht bemerkte, wie die Zeit verging. Seine ruhige, freundliche, von Kompetenz getragene Ausstrahlung war ihm mehr als angenehm. Dieser Arzt strahlte mehr Erfahrung aus, als alle bisher kennengelernten zusammen. Prof. Collister war fasziniert und gleichzeitig beunruhigt.

Konnte wahr sein was sein erster Impuls ihm sagte? Die Kälte der hellen Haut des Arztes, die nicht weich und nachgiebig war, als er ihm die Hand zum Gruß reichte, das Gefühl, das dieser doch noch relativ junge Mann die Erfahrung von Jahrhunderten ausstrahlte und auch die Güte, die er bei ihm verspürte, wollte einfach nicht zu seinem Alter passen. Aber er war Arzt, das konnte nicht sein und auch seine Augen sprachen dagegen. Nein…, er musste sich einfach irren. Seine Fantasie ging sicher mit ihm durch.

Er schaute zu Dr. Cullen hinüber, der seinen Blick freundlich erwiderte.

> Ich freue mich auf unsere Zusammenarbeit Dr. Cullen und hoffe auf Ihre Unterstützung und scheuen Sie sich bitte nicht, mich anzusprechen wenn sie die Meine benötigen. <

Dr. Cullen sicherte dies zu, sie verabschiedeten sich und er verließ das Büro seines neuen Chefs.

 

Carlisle war beunruhigt. Er hatte bei Prof. Collister kurz ein Wissen in dessen Augen aufblitzen sehen, als er ihm die Hand reichte, das sich aber gleich wieder verlor. Auch hatte er dessen kurzes Zusammenzucken gespürt. Einem Menschen wäre dies sicherlich nicht aufgefallen, ihm aber schon. Konnte es sein, das sein neuer Chef eine Ahnung von der Existenz seiner Art hatte? Oder bildete er sich das alles nur ein?

Eine derartige Begegnung mit einem Menschen war ihm noch nie passiert, er war sich einfach nicht sicher, wie er das eben Erlebte einordnen sollte.

Auf der anderen Seite war Collister ein überaus angenehmer Mensch, bereits nach so kurzer Zeit schätzte er ihn und fühlte sich wohl in seiner Gegenwart.

Sie waren eindeutig auf derselben Wellenlänge und wäre er noch ein Mensch, würde er sich um die Freundschaft des Mannes bemühen.

Er würde noch heute mit Edward darüber reden müssen, es war wichtig zu erfahren, was in Collisters Kopf vor sich ging.

Sollte sich herausstellen, das dieser eine, wie auch immer geartete, Ahnung von dem hatte, was sie waren, müssten sie das Ganze im Auge behalten und möglicherweise Konsequenzen ziehen, beschloss Carlisle und eilte zu seinen Patienten.

 

 

** * **

 

 

Seine Mutter setzte ihn vor der Schule ab und versprach noch einmal, ihn danach wieder abzuholen.

Lucas sah sich suchend um und lenkte seine Schritte in Richtung des ersten Gebäudes mit der Aufschrift „Verwaltung „ und betrat einen hellen Raum. Hinter dem Tresen erhob sich eine große rothaarige Frau mit einer unmodernen Brille, die an einem der Schreibtische dahinter gesessen hatte.

Fragend blickte sie ihn an.

> Ich bin Lucas Collister. < stellte er sich freundlich vor. Sie nickte ihm ebenso freundlich zu und kramte in ihren Unterlagen, bis sie das Gesuchte fand.

> Ach ja, hier habe ich es, Sie sind also der Sohn des neuen Ärztlichen Direktors unserer Klinik. < Sie schaute den jungen Mann vor sich unverhohlen interessiert an.

> Ja, mein Vater ist Prof. Collister. < bestätigte Lucas ihre Vermutung und verzog sein Gesicht.

„ Na hier macht ja alles schnell die Runde“ ergänzte er in Gedanken.

Sie nickte und schob ihm ein paar Unterlagen zu. Eine Übersichtskarte des gesamten Geländes, in welcher sie gerade die für ihn relevanten Gebäude markierte, seinen Stundenplan und einen Laufzettel. Den sollte er von allen Lehrern abzeichnen lassen und ihn ihr nach Ende der Schule wieder zurück bringen. Sie wünschte ihm viel Spaß für seinen ersten Schultag und wandte sich wieder ihrem Schreibtisch zu.

Lucas bedankte sich, schnappte sich alle Zettel und verließ das Büro. Draußen angekommen ging er in Richtung des ersten Gebäudes und sah auch schon die ersten Grüppchen beieinander stehen und ihn interessiert beobachten.

Seine erste Stunde war Mathe, er meldete sich beim Lehrer und übergab ihm seinen Laufzettel.

> Ich bin Lucas Collister Mr. Varner. <

Dieser schaute interessiert auf und nickte Lucas freundlich zu.

> Ach ja, Sie sind der neue Schüler der mir angekündigt wurde. <

Er drehte sich zur Klasse.

> Dürfte ich kurz um Ihre geschätzte Aufmerksamkeit bitten, meine Herrschaften. Ich möchte Ihnen Ihren neuen Mitschüler vorstellen. Dies hier ist Lucas Collister, der Sohn unseres neuen Klinikdirektors Prof. Dr. Collister. <

Das Getuschel in der Klasse verstummte und alle sahen ihn interessiert an.

Lucas verzog sein Gesicht zu einem schiefen Lächeln und deutete eine leichte Verbeugung an. Die neue Tätigkeit seines Vaters hätte er nun nicht unbedingt erwähnen müssen, irgendwie war ihm peinlich, ständig den Status seines Vaters auf dem Silbertablett vor sich hergetragen zu bekommen. Er wollte als Lucas Collister wahrgenommen werden und nicht als Sohn des neuen Ärztlichen Direktors.

Mr. Varner wies ihm einen Platz in der hinteren Reihe zu, Lucas ging langsam zu seinem zugewiesenen Platz, wobei ihm die meisten Blicke folgten.

Seine Jacke hängte er über die Stuhllehne und der Rucksack fand Platz auf dem freien Stuhl neben ihm.

Während Mr. Varner den Unterricht begann, schaute sich Lucas in der Klasse um. Einige Jungs sahen noch ziemlich jung aus, auf jeden Fall war er der Größte hier. Die Größe hatte er von seinem Vater, der mit seinen 1.98 m eine imposante Höhe hatte. Ebenso war Lucas wie er schlank, hatte aber mit seinen 17 Jahren erst 1.92 m erreicht. Einige Mädchen schauten sich interessiert mit großen Augen zu ihm um und nachdem er leicht lächelnd zu ihnen hinüber schaute, drehten sie sich errötend schnell wieder um und tuschelten miteinander.

Vor ihm saß ein Typ mit rötlichbraunen Haaren, der eindeutig reifer zu sein schien als der Rest der Jungs. Helle Haut, markantes Gesicht, cooler Typ. Von ihm ging eine besondere Aura aus. Lucas spürte die Faszination, die ihn anzog, aber auch etwas, das in seinem Inneren zur Vorsicht riet. Lucas Interesse war geweckt. Neben ihm eine gut aussehende Brünette, anscheinend seine Freundin, so wie er sie die ganze Zeit ansah, die in ihrem Rucksack herum kramte und verzweifelt etwas zu suchen schien.

Plötzlich rutschte ihr der Rucksack vom Schoß und der gesamte Inhalt ergoss sich auf den Boden. Mit einem Grinsen im Gesicht sprang Lucas auf, um ihr beim Einsammeln zu helfen. Sie war total nervös und ihre Wangen waren rot angelaufen, es schien ihr unendlich peinlich zu sein. Nachdem er einen Packen zusammen gerafft hatte, legte er ihn auf ihren Tisch, nickte dem Typen neben ihr freundlich zu und setzte sich wieder auf seinen Platz.

Als die Stunde beendet war, holte er den Zettel bei Mr. Varner ab, drehte sich zur Tür und stieß prompt mit der Brünetten zusammen. Lucas lachte mit erhobenen Händen und entschuldigte sich bei ihr.

> Sorry, ich wollte Dich nicht umrennen, tut mir echt leid. <

Ihr Gesichtsausdruck war unbeschreiblich, eine Tomate würde neben ihr erblassen. Sie stotterte eine Entschuldigung vor sich hin und verhaspelte sich dauernd.

> Es ist doch gar nichts passiert. < sagte Lucas beruhigend und ihr cooler Freund legte beschützend den Arm um ihre Schulter.

Er lächelte beide an und hielt ihnen seine Hand hin.

> Ich bin Lucas, aber das wisst ihr ja bereits. <

> Ich bin Bella, Bella Swan, danke für die Hilfe beim Einsammeln vorhin, ich hab nun mal zwei linke Hände. <

Sie verzog das Gesicht zu einem schiefen Lächeln, ergriff seine Hand und schüttelte sie kurz.

> Ich bin Edward Cullen, ja, Bella ist manchmal etwas tollpatschig. < sagte der Typ und grinste Bella an. Sie sah leicht pikiert, aber mit einem schelmischen Blick, zu ihm auf und verpasste ihm einen Knuff in die Rippen. Er machte einen kleinen Satz zur Seite und lachte nun richtig, beugte sich zu ihr herunter und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Sie schien versöhnt zu sein und lächelte verliebt zu ihm auf.

Hatte Lucas es also richtig eingeschätzt, die zwei waren zusammen.

Auf dem Weg zum nächsten Gebäude unterhielten sie sich und er erfuhr ein wenig über diese Schule und ihre Gepflogenheiten.

Dann trennten sich Edward und Bella mit einem Küsschen, denn beide hatten in verschiedenen Gebäuden Unterricht. Edward und Lucas gingen zusammen weiter, da sie im gleichen Kurs waren. Er konnte sein Interesse an Edward nicht leugnen, er war anders als alle Jungs die er jemals kennen gelernt hatte. Er schien sehr intelligent, verstand es sich exzellent auszudrücken, war sehr freundlich, doch seine Körpersprache schien Distanz zu schaffen. Diesen Widerspruch fand er faszinierend und er sah ihn immer wieder interessiert an, wenn er glaubte, Edward würde es nicht bemerken.

Im Klassenzimmer angekommen, wurde er ziemlich begafft. Die Blicke gingen immer zwischen Edward und ihm hin und her und danach warfen sie sich vieldeutige Blicke zu.

„ Was geht denn hier ab, das muss ich jetzt nicht verstehen, oder? „ dachte Lucas. Da der Platz neben Edward frei war, fragte er ihn einfach, ob er etwas dagegen hätte, wenn er sich zu ihm setzte. Edward schaute Lucas erstaunt an, wies dann aber neben sich auf den freien Stuhl.

Das Getuschel ging weiter und er war sich nicht sicher, wie er das alles einordnen sollte. Lucas schüttelte den Kopf und versuchte sich auf den beginnenden Unterricht zu konzentrieren.

Der allerdings war uninteressant und langweilig, er kannte den Stoff schon.

Lucas musterte Edward aus den Augenwinkeln. Er war wirklich ein interessanter Typ, seine Ausstrahlung beschäftigte ihn. Lucas schaute sich im Raum um. Die anderen Jungs waren mehr oder weniger noch ziemlich unreif. Er hatte zwar noch Niemanden weiter näher kennen gelernt, aber das alberne Verhalten von Einigen war ihm schon aufgefallen. Er konnte mit solchen Leuten nichts anfangen.

Edward schien sehr reif für sein Alter, wirkte erwachsen und ausgeglichen und war ein faszinierender Gesprächspartner. Auch wenn Lucas spürte, dass da etwas war, was zu Abstand riet, würde er ihn gern näher kennen lernen wollen.

Lucas schob seine Gedanken beiseite und versuchte sich wieder halbwegs auf den Unterricht zu konzentrieren, sah dann aber aus den Augenwinkeln den erstaunten, leicht abschätzenden Blick Edwards.

 

Nach der Stunde liefen sie in Richtung Cafeteria und unterhielten sich wieder. Er erfuhr von Edward, dass sein Vater ebenfalls Arzt war und in der Klinik in Forks arbeitete.

Sie beide warteten auf Bella und betraten dann gemeinsam die Cafeteria. Lucas hatte keinen Hunger, holte sich nur etwas zu trinken und steuerte dann wie selbstverständlich auf den Tisch zu, an den sich Edward und Bella gesetzt hatten.

Vor dem Tisch angekommen, spürte er die Aura, die von Edward ausging überdeutlich. Alles in ihm sagte ihm, er solle sich besser einen Platz weit weg von diesem suchen, doch er ignorierte seine Empfindung und fragte, ob er sich zu ihnen setzen dürfte. Als alle irritiert nickten, setzte er sich mit einem Lächeln in die Runde.

Edward stellte Lucas den Anderen vor, die ihn mit Erstaunen betrachteten, außer der blonden Schönheit, die zuerst ihn wütend anstarrte und dann Edward und Bella.

„ Ups, was hat sie denn? „ dachte er überrascht.

Alle vier hatten, ebenso wie Edward, eine sehr helle Haut und waren äußerst attraktiv, das musste man ihnen echt lassen. Lucas war außerdem aufgefallen, dass sie alle die gleiche goldbraune Augenfarbe hatten und von allen ging dieselbe Faszination aus wie von Edward. Sein Interesse war mehr als geweckt.

Lucas erfuhr, dass alle sozusagen Geschwister waren, Pflegekinder von Dr. Cullen.

Jasper, der einen etwas leidenden Gesichtsausdruck hatte, nickte ihm freundlich, aber distanziert zu. Alice neben ihm tropfte die Lebensfreude aus jeder Pore und ihre Strubbelfrisur passte einfach perfekt zu ihrem Typ. Sie lächelte Lucas freundlich an und legte ihre Hand auf Jaspers Arm.

„ Die Beiden sind also auch zusammen „ vermutete Lucas.

Emmett stellte sich praktisch selbst vor, ein uriger Typ mit dem man Spaß haben konnte, das merkte er sofort an dem Schalk in seinem Blick. Er war ein Bär von Kerl, mit dem würde er sich nicht anlegen wollen. Unwillkürlich musste Lucas grinsen.

Rosalie giftete ihn an als Edward sie vorstellte.

„ Welche Laus ist der denn über die Leber gelaufen? " dachte er irritiert bei sich, lächelte aber freundlich und nickte ihr zu. Egal, er wollte sie ja nicht heiraten. Trotzdem eine absolute Schönheit, die aber zu Emmett zu gehören schien.

Lucas erzählte woher er kam und weshalb es ihn hierher verschlagen hatte und alle waren erstaunt, als er von seinen Eltern erzählte.

> Dann ist Dein Vater ja jetzt der Chef von Carlisle, cool. < sagte Emmett grinsend.

Bella wandte sich Lucas zu.

> Ich komme aus Phönix, Arizona und wohne auch noch nicht so lange hier in Forks. Wie gefällt es dir hier Lucas, vermisst du die Sonne nicht? Also mir ist das Wetter anfangs ganz schön auf die Nerven gegangen, aber mittlerweile habe ich mich damit arrangiert. <

Mit einem verschmitzten Lächeln sah sie Edward dabei an.

> Na ja, gestern wäre ich am liebsten wieder zurück geflogen, aber unser neues Haus ist der Hammer. Und gestern Nachmittag habe ich einen kleinen Ausflug in die nahen Wälder gemacht und muss sagen, dass es dort sehr schön war. Soviel geballte Natur ist für mich eine ganz neue Erfahrung und ich habe sie gestern als sehr entspannend empfunden. < erklärte Lucas ihr versonnen.

Bella nickte verstehend, und auch die anderen stimmten dem zu.

> Ja, die Landschaft hier ist einfach herrlich. < bestätigte Bella > wenn es nur nicht immer regnen würde <

> Ach übrigens, Bellas Vater ist der Polizeichef hier, also passe besser auf wenn du mit dem Auto unterwegs bist. < lachte Emmett Lucas an. Bella warf ihm einen bösen Blick zu und schüttelte leicht den Kopf.

> Pass du mal besser auf, das du ihm nicht in die Radarfalle gehst, so wie du immer rast. <

> Aber Bella, du weißt doch, ich habe gute Augen. < gluckste Emmett vor sich hin. Rosalie schüttelte nur böse, mit verkniffenen Lippen, den Kopf und warf Emmett einen warnenden Blick zu. Lucas bemerkte es und wurde einfach nicht schlau aus ihr.

Emmett war total locker drauf und machte einen Witz nach dem anderen. Auch dieser Jasper schien sich mehr und mehr zu entspannen.

Sie warfen sich aber auch immer wieder Blicke zu, die er nicht so recht einordnen konnte.

 

An einem der hinteren Tische war Gekicher zu hören. Lucas drehte sich um und sah ein paar Mädchen zusammen tuscheln, immer wieder verstohlene Blicke in ihre Richtung werfend. Der typische Hühnerhaufen, man wie er das hasste. Er lehnte sich zurück, trank seine Flasche Wasser, schüttelte den Kopf und unterhielt sich weiter mit den anderen am Tisch.

 

 

** * **

 

 

Jessica steckte mit Angela und ein paar anderen Mädels am Tisch die Köpfe zusammen.

> Habt ihr den Neuen gesehen? < schwärmte sie mit glänzenden Augen.

> Ist das nicht ein Sahneschnittchen? < Seufzend schaute sie zu dem Tisch der Cullens hinüber. Sie konnte gar nicht den Blick abwenden. Er war aber auch zu süß. So groß und schlank, eine super Figur und einen Knackarsch, das ihr ganz schwindelig wurde. Schwarze Haare und ein markantes Gesicht, das schon so erwachsen wirkte, das sie kaum glauben konnte, das der erst 17 sein sollte. Die klassische Nase gab ihm eine etwas aristokratische Note und die vollen

akzentuierten Lippen waren einfach zum Anbeißen, träumte sie vor sich hin. Und sein Gang, so souverän und locker, das man die Augen nicht von ihm lassen konnte.

Die anderen Mädels schienen sich ähnlichen Gedanken hinzugeben, denn jede schmachtete vor sich hin und immer wieder war ein Seufzen zu hören.

Oh Gott, jetzt drehte sich das Objekt der allgemeinen Begierde zu ihnen um, Jessica rutschte das Herz in die Hose und Angela schaute verlegen auf die Tischplatte vor ihr.

Er schaute aber nur kurz und drehte sich dann wieder zu den Cullens um.

> Was sucht der bloß bei den Freaks da drüben? < giftete Jessica und verzog das Gesicht.

> Nun lass doch die Cullens in Ruhe, Bella sitzt ja auch bei ihnen < wies Angela sie zurecht > Ich weiß gar nicht was du immer hast. Also ich finde sie nett. <

Angela schüttelte verständnislos den Kopf. Manchmal ging ihr die Oberflächlichkeit von Jessica ziemlich auf die Nerven.

> Warum hackst du nur immer auf ihnen herum? <

Jessica drehte genervt den Kopf zur Seite und schmollte vor sich hin.

"Angela kann sagen was sie will, die Cullens sind Freaks und ich will mit denen nichts zu tun haben" dachte sie bei sich "mit denen stimmt doch was nicht!"

Langsam machte sich Aufbruchstimmung breit und auch ihr Tisch löste sich nach und nach auf. Jessica erhob sich ebenfalls und strebte dem Ausgang zu, sich nochmals nach ihrem neuen Schwarm umdrehend, der aber nicht mehr zu sehen war. Mit einem Seufzen verließ sie die Cafeteria.

Jessica hatte es sehr eilig, sie war wieder spät dran, weil sie sich nicht von dem Neuen hatte losreißen können. Ihre Schwärmerei für Mike war wie weggeblasen, all ihre Gedanken drehten sich nur noch um das Sahneschnittchen. Sie musste grinsen. Irgendwie musste sie mit ihm ins Gespräch kommen, bevor ihr eine Andere den Traumkerl weg schnappte.

Ganz außer Atem, weil sie vorher unbedingt noch die Toilette aufsuchen musste, kam sie im Klassenzimmer an und sofort stockte ihr der Atem.

Da saß er, in der 5.Reihe neben Brian. Wie paralysiert bewegte sie sich auf ihren Platz neben Angela zu und konnte den Blick nicht von ihm abwenden. Kurz vor ihrem Stuhl kam sie ins Straucheln und Angela schaute verwundert auf.

Völlig genervt ließ sie sich auf ihren Platz plumpsen und hätte sich in den Hintern beißen können.

"Man, der muss mich doch für ne Vollidiotin halten" dachte sie, verdrehte die Augen, kramte in ihren Sachen herum und suchte das für die Stunde Passende zusammen.

> Wären wir dann endlich so weit, um uns auf den Unterricht zu konzentrieren? < Mr. Mason blickte ungeduldig in Jessicas Richtung.

> Ja, ja, ist ja schon gut. < murmelte Jessica leise genervt vor sich hin. Hinter ihr hörte sie leises Gekicher und Angela schaute sie leicht verwundert an.

Jessica schüttelte mit dem Kopf, um die Gedanken los zu werden und versuchte sich auf den Unterricht von Mr. Mason zu konzentrieren.

Als die Pause begann, kam der Neue von hinten durch die Bankreihe und als er auf Höhe von Jessica war, drehte sie sich ihm zu und sprach ihn an.

> Hey, du bist der Neue…. Ich bin Jessica. <

Er zögerte kurz und blieb dann doch stehen.

> Ja, ich bin Lucas. Als ich mich vorstellte, warst du ja noch nicht da. < stellte er lapidar fest.

Angela musste lächeln und schaute auf die Tischplatte vor sich.

> Und du bist? <

Er schaute Angela an, die sich nun ihm zu wandte.

> Ich bin Angela, herzlich Willkommen in Forks. > erwiderte sie mit einem scheuen Lächeln

> Ich hoffe es gefällt dir hier. <

> Nun ja, viel habe ich ja noch nicht gesehen, aber es ist schon ok. <

Lucas lächelte sie offen an.

> Wenn wir dir irgendwie behilflich sein können, sag einfach Bescheid. <

Angelas Wangen hatten sich leicht gerötet, was Lucas sofort registrierte.

> Danke Angela, das ist nett von dir. <

> Ja klar, wir könnten dir Forks zeigen und was hier so los ist oder mal ins Kino gehen oder so. < plapperte Jessica drauf los und strahlte ihn an.

> Danke, vielleicht komme ich ja mal darauf zurück. <

Lucas und schaute dabei aber Angela an, deren Wangen nun dunkler wurden. Sie war ausgesprochen hübsch, stellte er fest.

"Man, wieso glotzt der jetzt Angela so an?" dachte Jessica sauer, ließ sich äußerlich aber nichts anmerken.

Von hinten kam Mike und drängelte sich mit einem Kopfnicken in Richtung Lucas an ihm vorbei und verließ den Klassenraum.

> Ich muss dann auch mal. <

Lucas lächelte Angela noch einmal kurz an und verschwand ebenfalls nach draußen.

"Was war das denn jetzt?" Jessica war völlig genervt "Angela baggert doch tatsächlich meinen neuen Schwarm an, die spinnt ja wohl."

Angespannt zappelte sie auf ihrem Stuhl herum und hätte ihre Nachbarin am liebsten erwürgt. In den nächsten Stunden würdigte sie sie keines Blickes und maulte vor sich hin.

 

Nach Schulschluss wartete Lucas auf dem Parkplatz auf seine Mutter und unterhielt sich noch mit Edward und Bella über seine Eindrücke des ersten Schultages. Ein Auto nach dem anderen verließ den Parkplatz und auch Edward und Bella brachen auf.

> Machs gut Lucas, bis morgen dann. <

Aus dem Schulgebäude sah er Jessica mit Angela im Schlepptau freudig auf sich zu steuern, im selben Moment kam glücklicherweise seine Mutter an und er stieg schnell zu ihr in den Wagen.

Diese Jessica ging ihm gehörig auf die Nerven, er mochte sie auf Anhieb nicht.

„Typische oberflächliche Landpomeranze“ ging ihm durch den Kopf, darauf hatte er nun überhaupt keinen Nerv. Ihre aufdringliche Art fand er befremdlich.

Angela allerdings fand er auf Anhieb sehr sympathisch. Ruhige, nette Ausstrahlung, zurückhaltend und eine offene Freundlichkeit. Sie wirkte echt und hatte nichts Gespieltes an sich, im Gegensatz zu dieser Jessica, die total aufgesetzt wirkte.

Lucas musste sich unbedingt etwas einfallen lassen, wie er Angela besser kennen lernen konnte, ohne Jessica ertragen zu müssen.

Das würde gar nicht so einfach werden, vermutete er. Jessica schien ja an Angela zu kleben wie ein Kaugummi unter 'ner Schuhsohle.

 

 

** * **

 

 

> Hallo Schatz, < begrüßte ihn seine Mutter lächelnd > wie war Dein erster Schultag? <

> Och ganz ok, für einen ersten Schultag an einer neuen Schule mitten in der Provinz. < erwiderte er und verzog die Mundwinkel.

Seine Mutter schaute zu ihm herüber und wusste wohl nicht so recht, wie sie seine Aussage einordnen sollte.

> Eine meiner neuen Mitschülerinnen hat es offenbar auf mich abgesehen. <

Lucas rollte mit den Augen und machte ein genervtes Gesicht.

> Oh je du Armer. < erwiderte seine Mutter lachend.

"Sie hat gut Lachen, hinter ihr ist diese Jessica ja auch nicht her" dachte er und sah über den Parkplatz und sah den enttäuschten Blick von Jessica.

> Ich habe eine Überraschung für Dich. < strahlte sie ihren Sohn an.

> Dein Wagen ist heute schon geliefert worden. <

Wow… das war doch mal eine gute Nachricht.

> Na da muss ich doch nachher gleich mal ne Runde drehen. < freute er sich schon.

> Aber erst wird gegessen, mein Lieber und Deine Hausaufgaben erledigst du bitte auch vorher. <

Sie schaute ihren Sohn streng an.

"Typisch Mutter" dachte er, konnte sich aber ein Lächeln nicht verkneifen.

 

Zuhause angekommen, quetschte ihn Maria erst mal aus und stellte ihm dann das Essen hin.

Nachdem Lucas seine Hausaufgaben erledigt hatte, hielt ihm seine Mutter mit tausend Ermahnungen den Wagenschlüssel hin.

Lucas strahlte und schnappte sich den Schlüssel, drückte seiner Mutter einen dicken Kuss auf die Wange > Danke Mum < und verschwand auf der Stelle nach draußen.

 

Da stand er nun, sein neuer Wagen. Ein pechschwarz glänzendes Schmuckstück und er fühlte sich sauwohl als er einstieg und über die Armaturen strich. Dann steckte er genüsslich den Schlüssel ins Zündschloss und startete den Wagen. Sein rechter Fuß spielte mit dem Gaspedal und das Geräusch des Motors war wie Musik in seinen Ohren.

> Na dann, auf geht’s, dreh’n wir mal ne Runde mein Baby. < grinste Lucas übers ganze Gesicht und gab Gas. Der Kies der Auffahrt spritzte auf und seine Mutter, die in der Tür stand, verzog das Gesicht.

 

Die Fahrt durch Forks war so wie er befürchtet hatte. Hier war nichts los, wahrscheinlich klappten die hier um achtzehn Uhr die Bürgersteige hoch.

Nach einer etwas längeren Testfahrt über die Schnellstraße, bei der er mal so richtig Gas gab und das Adrenalin durch seine Adern rauschen ließ, kam er glücklich und zufrieden zuhause an und stellte sein neues Schmuckstück zurück in die Garage. Noch einmal streichelte er genüsslich über den Lack, bevor er das Tor schloss.

Den Wagen seines Vaters sah er in der Auffahrt stehen, er war also auch schon zurück.

 

Als Lucas ins Wohnzimmer kam, seine Eltern saßen entspannt mit einem Glas Rotwein auf einem der großen Sofas vor dem Kamin, berichtete sein Vater gerade von seinem ersten Tag in der Klinik. Nachdem sie sich kurz umarmt und Lucas sich noch mal herzlich für sein neues Auto bedankt hatte, ließ er sich zu ihnen aufs Sofa plumpsen und berichtete ebenfalls von seinen Erlebnissen in der Schule. Als er die Cullens erwähnte, hatte sein Vater einen merkwürdigen Gesichtsausdruck, den er überhaupt nicht einordnen konnte. Er fragte viel nach und wollte jedes Detail wissen.

Seine Eltern waren schon immer sehr interessiert an dem was er tat und erlebte, aber das Interesse an den Cullens war schon auffällig. Sicher lag es daran, dass ihr Vater auch im Krankenhaus arbeitete.

> Ich habe Dr. Cullen heute kennen gelernt, ein sehr guter Arzt und überaus angenehmer Mensch. Ich wusste nicht dass er Pflegekinder hat, zumal in Deinem Alter, er ist ja selbst erst um die Dreißig. Respekt, aber das passt zu ihm. < sagte sein Vater anerkennend, fast mehr zu sich selbst als zu ihm und seiner Mutter.

 

Gegen zweiundzwanzig Uhr ging Lucas dann ins Bett, hörte noch etwas Musik und ließ den ganzen Tag noch mal Revue passieren.

 

 

** * **

 

 

In den vergangenen vier Wochen war eine Menge passiert. Mit der Schule hatte Lucas keinerlei Probleme, alles lief rund.

Als er den ersten Tag mit seinem neuen Wagen in der Schule auftauchte, versammelten sich einige der Jungs um ihn und fachsimpelten fleißig über Leistung, deutsche Wagen im Allgemeinen und wie die Mädels wohl auf solch einen Wagen reagierten. Einige konnten ihren Neid kaum verbergen.

Zwischen Edward und ihm entwickelte sich so etwas wie eine Freundschaft, es stellte sich heraus, das er wirklich ein echt cooler Typ war, der mächtig was im Kopf hatte und auch Bella war zu einer richtigen Freundin geworden.

Lucas mochte ihren trockenen Humor und ihre zurückhaltende Art. Sehr schnell bemerkte er, dass das zwischen den beiden nicht nur so eine Highschool-Liebelei war, sondern dass sie sich ehrlich und tief liebten. Es war schön mitzuerleben, wie sehr sie einander zugetan waren.

 

Aber das Beste war Angela. Lucas lernte sie immer besser kennen und merkte sehr bald, was für ein toller Mensch sie doch war. Sie verbrachten viel Zeit miteinander und sie ging ihm nicht mehr aus dem Kopf, nein, sie ging ihm eher immer mehr unter die Haut. Er fühlte sich mehr und mehr zu ihr hingezogen.

Besonders mochte er ihre ruhige, verständnisvolle Art und wie sie die Dinge sah. Sie war ein ernsthafter Mensch und für ihr Alter schon sehr erwachsen. Sie übernahm Verantwortung für ihre Familie und war von Oberflächlichkeit weit entfernt.

Ganz anders als diese Tratschtante Jessica, seine anfängliche Vermutung hatte sich bestätigt und er ging ihr so gut es irgendwie möglich war aus dem Weg. Sie hatte noch eine Weile versucht, sich ihm aufzudrängen, dann aber resigniert aufgegeben. Gott sei Dank, er konnte sie nicht ausstehen. Seitdem war Lucas für sie so etwas wie ne "Person non grata" Wie lächerlich, aber ihm sollte es recht sein.

Es war ihm ein Rätsel, wie Angela sie mit dieser Geduld ertrug. Ja, sie war schon ein ganz besonderes Mädchen.

Lucas hatte mit den meisten viel Spaß und zwischen ihm und Angela entwickelte sich eine Freundschaft, die, so glaubte er, sie beide sehr genossen. Oft unternahmen sie etwas zusammen mit Edward und Bella und sie fühlten sich alle sehr wohl miteinander.

In letzter Zeit schob sich immer öfter ihr schönes Gesicht mit diesen wundervollen braunen Augen in seine Gedanken. Ihr Lächeln, das ihn so verzauberte, wollte ihm nicht mehr aus dem Kopf gehen.

Er freute sich jeden Morgen auf die Schule und konnte kaum erwarten sie wieder zusehen.

Wenn sie ihm dann lächelnd auf dem Parkplatz entgegen kam, hatte er immer öfter das Bedürfnis, sie einfach in die Arme zu nehmen und ihre wundervollen Lippen zu küssen.

Man oh man, so wie es aussah, hatte er sich wohl in sie verliebt.

Selbst seiner Mutter war das schon aufgefallen, sie sah ihn immer so eigenartig an und lächelte wissend vor sich hin.

 

Lucas hatte sich gestern mit Edward unterhalten und angedeutet, dass er wohl für Angela mehr empfand als nur Freundschaft.

Edward hatte ihm lachend auf die Schulter geklopft.

> Toll das du das auch mal merkst. Ich finde das super, ihr passt prima zusammen. < hatte er ihn angegrinst.

Na super, der hatte es also schon gewusst, bevor ihm das klar geworden war. Bella war total begeistert, sie meinte auch, sie würden super gut zusammen passen und das sie sich sicher wäre, Angela würde es genauso gehen wie ihm. Sie freute sich sehr darüber und ermutigte ihn, endlich mal einen Schritt auf Angela zuzugehen.

 

Nun saß er hier auf dem Parkplatz, wartete auf Angela und war aufgeregt und zappelig wie ein kleiner Junge.

Sie hatte seiner Einladung, nach der Schule mit zu ihm nachhause zu kommen, lächelnd zugestimmt und Lucas freute sich riesig darüber.

Ein Blick auf seine Uhr sagte ihm, dass die Stunde gleich vorbei sein müsste. Er hatte heute schon eine Stunde früher aus und konnte kaum erwarten, dass seine Angebetete endlich aus dieser Tür kam.

 

Dann endlich das lang erwartete Klingeln der Schulglocke. Kurz darauf öffneten sich die Türen und spuckten ganze Heerscharen von Schülern aus, die alle zu den Parkplätzen strömten.

Aus dieser Traube löste sich eine zierliche junge Frau mit langen braunen Haaren und kam lächelnd auf ihn zu. Die langen Beine in einer hübschen Jeans und ihren Rucksack locker über die Schulter geworfen. Sie strich sich eine vorwitzige Strähne ihres glänzenden braunen Haares aus dem Gesicht. ANGELA

Seine Pulsfrequenz stieg, er hielt ihr galant die Wagentür auf und mit einem unbeschreiblichen, wenn auch etwas schüchternen Lächeln und rosigen Wangen stieg sie ein.

Vorsichtig bugsierte Lucas den Wagen aus der Parklücke und reihte sich in die lange Schlange der Autos ein, die alle möglichst schnell das Schulgelände verlassen und in das Wochenende starten wollten.

> Letzter Schultag, nun brauchen wir nur noch ein bisschen Sonne und das Wochenende wird perfekt. < wandte Lucas sich ihr zu und strahlte sie an.

„Sie sieht heute aber auch wieder toll aus " dachte er und zwinkerte ihr zu.

> Oh ja… Sonne wäre schön, dann könnten wir mal ins Reservat fahren und am Strand spazieren gehen, wenn du Lust dazu hast. Es ist dort wunderschön. <

Angelas Augen hatten einen träumerischen Glanz bekommen.

> Das ist eine super Idee, das hätten wir schon längst mal machen können. Was habe ich doch für ein Glück, in meinem Auto sitzt eine wunderschöne Frau, die auch noch tolle Ideen hat und sie lässt sich auch noch obendrein von mir in mein Schloss entführen. < sagte er und zwinkerte ihr schelmisch zu.

> Ohhh Jaaaa, < deklamierte sie pathetisch mit tiefer Stimme > sie ergibt sich ganz ihrem Schicksal und hofft inständig, das es nur Gutes für sie bereit hält. <

Prustend lachten beide los und amüsierten sich noch eine Weile, bis sie dann bei Lucas zuhause ankamen.

Er fuhr langsam die Kiesauffahrt hoch und parkte den Wagen vor der Garage.

Den Arm um ihre Schulter, geleitete er sie dann um das Haus herum zur großen Eingangstür.

Maria hatte sie natürlich schon kommen sehen und öffnete mit einem breiten Lächeln.

> Hallo ihr Zwei, wie war die Schule? <

> Wie immer Maria, nichts Außergewöhnliches. Das hier ist übrigens Angela < Lucas schob Angela stolz in ihre Richtung, Maria ergriff sofort ihre Hände und in ihrem Gesicht stand nichts als Freude.

> Das ist aber schön, dass du auch mal Jemanden mitbringst, Lucas. Schön Dich kennen zu lernen, Angela. <

Sie trat zur Seite um Angela einzulassen und warf ihm dabei einen verschmitzten Blick zu.

> Deine Mutter ist übrigens im Wohnzimmer. <

Er nahm Angela an die Hand und zog sie hinter sich her.

Seine Mutter saß in einem Sessel in der Nähe des Fensters und las gerade. Als sie die beiden erblickte, legte sie das Buch zur Seite, erhob sich und kam auf sie zu.

> Hallo Angela, schön das du da bist, ich habe schon viel von dir gehört. < lächelte sie das Mädchen an.

> Danke Ms. Collister <

> Nein, nein…. Nenn mich bitte Olivia. < sagte seine Mutter noch immer lächelnd.

> Und nun macht Euch einen schönen Nachmittag. Maria wird uns was Leckeres zum Abend brutzeln, ich gebe Euch dann Bescheid. du bleibst doch zum Essen Angela? <

> Sehr gern Olivia. <

Lucas Mum nickte ihm und Angela noch einmal lächelnd zu, drehte sich dann um und strebte wieder dem bequemen Sessel und ihrem Buch zu.

Lucas ergriff Angelas Hand und schleppte sie, hinter sich herziehend, die Treppe rauf, sie stolperte ein paar Mal kichernd und meinte, er könne es wohl gar nicht erwarten sie in sein Zimmer zu verschleppen.

„ Oh wie Recht sie doch hat " er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

Vor seinem Zimmer angekommen, öffnete er die Tür, bückte sich schnell, schob ihr flink den einen Arm unter ihre Knie und den anderen um ihre Schultern und hatte sie, schwups, auf seinen Armen. Bevor sie überhaupt realisierte was passiert war, schritt er mit ihr theatralisch über die Schwelle seines Zimmers.

> Wir sind zwar nicht verheiratet, aber sicher ist sicher. <

Beide mussten lachen und mitten im Raum entließ er sie, fast widerwillig, aus seinen Armen und stellte sie vorsichtig auf den Boden. Es hatte sich gut angefühlt sie auf dem Armen zu halten. Sie war trotz ihrer Größe, Lucas schätzte sie um die 1.70m, leicht wie eine Feder.

Nun stand sie mitten im Raum und sah sich staunend um. Er beobachtete sie interessiert, sah ihr zu, wie sie den Raum abschritt, sich alles ansah, beim Vorübergehen über die Möbel strich und das Ein oder Andere von seinen Regalen in die Hand nahm, um es dann vorsichtig zurück zu stellen.

Vor dem Sofa blieb sie dann staunend stehen und betrachtete mit leicht geöffnetem Mund sein neues Bild.

Lucas war vor zwei Wochen übers Wochenende zu seiner Großmutter geflogen und hatte dort eine Vernissage von einem jungen, noch unbekannten Künstler besucht und war auf der Stelle von einem seiner Werke total begeistert. Kurz entschlossen hatte er es gekauft und einen ganzen Nachmittag damit verbracht, es über dem Sofa an der Wand anzubringen.

Es war groß. 1.70m x 1.70m, Ein Farbspiel in verschiedenen Grautönen, Weiß und etwas Rot und als Kontrast ein paar schwarze Spritzer.

Ein breiter weißer Stuckrahmen bildete einen wundervollen Kontrast zur dunkelgrauen Wand dahinter.

Über diesen ineinander verlaufenen Farben hatte der Künstler viele Seifenblasen verschiedener Größe gemalt, die absolut echt aussahen und den Eindruck vermittelten, sie würden pausenlos aus einer Maschine geblasen, die irgendwo im Hintergrund versteckt war. Sie wirkten so echt, dass man sich des Dranges, sie berühren zu wollen, kaum erwehren konnte.

Um diesen Eindruck noch zu verstärken, hatte der Maler etwa 100 Seifenblasen auf hauchdünne Folie gebracht, die auf die Wand geklebt werden sollten.

So hatte man jetzt das Gefühl, die Blasen schwebten aus dem Bild heraus in den Raum.

Angela betrachtete immer noch andächtig dieses Kunstwerk und war total in sich versunken.

Lucas trat ganz leise hinter sie und legte sein Kinn vorsichtig auf ihre Schulter.

> Es ist fantastisch, nicht wahr? < raunte er in ihr Ohr und sie nickte stumm.

Dann legte er langsam seine Hände von hinten um ihre Taille und sie lehnte sich zurück an seine Brust.

Lucas spürte wie ihr Herz gerade versuchte einen Marathonlauf zu gewinnen und sah, wie sich an ihren nackten Unterarmen die Härchen aufstellten.

Auch sein Puls versuchte gerade ihren zu überholen und seine Hände wurden feucht. Mit geschlossenen Augen atmete er tief den Duft ihres Haares ein, was seine körperlichen Reaktionen noch verstärkte.

" Hmmmmmm " sie roch so frisch und angenehm, das seine Hormone total verrückt spielten.

Langsam drehte sie sich in seinen Armen zu ihm um und schaute mit weichem Blick zu ihm auf. Dieser Blick war unbeschreiblich, er schien den hintersten Winkel seiner Seele zu erfassen und sie unglaublich sanft zu streicheln.

Lucas Atem ging stoßweise und er konnte sich nicht mehr beherrschen.

Sanft umschloss er mit seinen Händen ihr wunderschönes Gesicht, ohne sich von diesem Blick zu lösen und seine Lippen legten sich ganz sanft auf die Ihren. Er schloss wie beseelt seine Augen und genoss die Weichheit dieser herrlichen Lippen und tastete sich mit seiner Zunge langsam zwischen sie. Sie stöhnte leise auf und für Lucas gab es jetzt kein Halten mehr. All seine Emotionen schlugen über ihm zusammen und er riss sie in seine Arme und küsste sie, als wäre sie der Strohhalm für einen Ertrinkenden.

Lucas könnte nicht sagen, wie lange sie dort standen und sich küssten, jegliches Zeitgefühl war ihm abhanden gekommen. Irgendwann trennten sich ihre Lippen voneinander und sie sahen sich schwer atmend und verliebt in die Augen.

Nachdem er ihren Kopf an seine Schulter gebettet hatte, standen sie noch ewig mit geschlossenen Augen da und genossen ihre Zweisamkeit. Lucas hätte für den Rest seines Lebens so mit ihr zusammen stehen können, aber irgendwann lösten sie sich von einander und ließen sich aufs Sofa fallen. Er stand noch einmal auf, ging zur Anlage und legte eine CD mit wunderschöner ruhiger Musik ein und ließ sich dann wieder neben Angela aufs Sofa plumpsen. Sie streckte sich aus, legte ihren Kopf auf seinen Schoß und er streichelte sanft ihr Gesicht. Lucas fühlte sich wie auf Wolken, die sanfte Musik verteilte seine Gefühle im ganzen Raum und auch ihr schien es ähnlich zu gehen. Sie hatte die Augen geschlossen und immer wieder stieß sie leise wohlige Seufzer aus. Sie sah so entspannt und glücklich aus, dass er den Blick nicht von ihr abwenden konnte.

Irgendwann bemerkte er, dass es draußen langsam dunkel geworden war, als ein Klopfen sie aus ihrer Versunkenheit riss. Als er antwortete, erschien der Kopf Marias und ein glückliches Lächeln machte sich auf ihrem Gesicht breit.

> In 10 Minuten ist das Essen fertig. < sagte sie leise und verschwand.

Lächelns sah er Angela an, die sich nun aus seinem Schoss gelöst hatte und an seine Schulter gelehnt neben ihm saß. Lucas musste sie einfach noch mal küssen, bevor sie sich auf den Weg nach unten machten und kostete diesen noch einmal voll und ganz aus. Sie lächelten sich glücklich an und gingen dann nach unten zum Essen.

 

Sein Vater war auch schon eingetroffen, er hatte ihn gar nicht vorfahren hören.

„ Na ja, man hätte wahrscheinlich eine Kanone abschießen können, ohne das ich was bemerkt

hätte " dachte Lucas schmunzelnd.

Prof. Collister hatte mit einem Blick erfasst, was mit seinem Sohn los war, lächelte ihn verständnisvoll an und begrüßte Angela sehr herzlich. Lucas glaubte, er war mit der Wahl seiner Freundin sehr einverstanden.

Als dann auch noch seine Mutter zu ihnen stieß, setzten sie sich und genossen das Essen. Sie unterhielten sich angeregt und Lucas hatte schnell das Gefühl, das seine Eltern Angela bereits in ihr Herz geschlossen hatten.

Er war rundum zufrieden und glücklich.

Nach dem Essen machten Angela und er einen langen Spaziergang durch den kleinen Park hin zum nahen Wald. Auf einem kleinen Waldweg schlenderten sie Hand in Hand dahin, blieben ab und an stehen, um sich ausgiebig zu küssen und dann weiter zu gehen. Nun wurde es vollends dunkel und sie mussten den Rückweg antreten.

Auch war es an der Zeit Angela nach Hause zu fahren.

Lucas setzte sie vor ihrem Haus ab, begrüßte noch ihre Mutter und verabredete sich mit ihr für den nächsten Vormittag.

Wieder zurück in seinem Zimmer, dachte er noch lange über diesen Tag und sie beide nach.

Als er dann im Bett lag, rief er Angela auf dem Handy an, um ihr eine gute Nacht zu wünschen und schöne Träume. Er jedenfalls würde sie haben, dessen war er sich absolut sicher. Mit einem glücklichen Lächeln aus den Lippen schlief er irgendwann ein.

 

 

** * **

 

 

Als er morgens aufwachte, schien die Sonne in sein Zimmer und er sprang gut gelaunt aus seinem Bett.

Heute schien tatsächlich ein schöner sonniger Tag zu werden und Angela und er konnten an den Strand fahren. Er frühstückte in Windeseile und stürmte aus dem Haus, nicht ohne sich vorher von seinen vor sich hin lächelnden Eltern zu verabschieden.

Während der Fahrt informierte er Angela vom Handy aus, dass er sie gleich abholen würde. Vor ihrem Haus angekommen, tänzelte sie leicht wie eine Feder die Treppe herunter und plumpste lächelnd neben ihn in den Sitz seines Wagens. Dann schnappte sie ihn bei beiden Ohren und drückte ihm, vor Freude überschäumend, einen dicken Schmatzer auf den Mund. Sie ließ die Seitenscheibe herunter und winkte ihrer lächelnden Mutter noch einmal zu, als er losfuhr.

 

Der Strand von La Push war wirklich wunderschön und sie gingen Arm in Arm kilometerweit, die nackten Füße im feuchten Sand und jeder seine Schuhe in der anderen Hand haltend. Beide genossen die warme Sonne, das Rauschen des Meeres und ihr Beisammensein. Immer wieder machten sie halt, um sich zu küssen und dann danach weiter zu wandern.

Einmal hatten sie schon eine Pause gemacht und sich vor einen gestrandeten, von den Wellen glatt geleckten Baum gesetzt, sie vor ihm an seine Brust gelehnt, und schauten gemeinsam aufs Meer, jeder seinen Gedanken nach hängend.

Eben bemerkten sie eine Gruppe junger Männer aus dem Reservat über den Strand auf sich zu kommen.

Angela winkte ihnen entgegen und begrüßte sie freudig, als sie bei ihnen eintrafen.

Es waren vier, einer mit kurzem, die anderen mit langen schwarzen Haaren.

Der mit dem kurzen Haar war ein Hüne, etwa in ihrem Alter, aber muskelbepackt und athletisch.

Angela begrüßte ihn herzlich und stellte ihn als Jacob vor. Sie unterhielten sich sehr angeregt und Lucas erfuhr eine Menge von seinem Volk und ihrem Leben hier.

Jacob war ein toller Gesprächspartner und er fand ihn auf Anhieb sehr sympathisch. Die anderen waren eher etwas zurückhaltend und steuerten nur ab und an etwas zum Gespräch bei.

Doch obwohl Jacob sehr aufgeschlossen war, erschien es Lucas, als würde ihn etwas quälen. Er hatte schon immer ein besonderes Gespür für solche Dinge, hatte oft erlebt, dass er, wenn er jemanden berührte, diesen Schmerz körperlich erfassen konnte. Lucas brauchte sich dann nur auf den Schmerz zu konzentrieren und er schmolz dahin wie Schnee in der Sonne.

 

Er hatte das schön öfter erlebt, bei seinem Vater damals das erste Mal.

Damals war er etwa 10 Jahre alt, als sein Vater von einem Ärztekongress aus Deutschland zurück kam und völlig aus der Spur war. Er war angespannt und zog sich mehr und mehr zurück.

Nachts hatte er schlimme Alpträume und Lucas hörte ihn manchmal aufschreien und seine Mutter beruhigend auf ihn einreden.

Lucas hatte Angst um seinen Vater, wusste ja nicht was mit ihm los war.

Eines Nachts, sein Vater hatte wohl wieder mal einen Alptraum, hörte Lucas, wie er in die Küche hinunter ging, um sich etwas zu trinken zu holen. Also krabbelte er aus seinem Bett und ging zu ihm. Sein Vater sah furchtbar aus, völlig übernächtigt und immer noch gezeichnet von dem Traum, der echt schlimm gewesen sein musste. Er ging zu ihm hin und umschlang mit seinen Armen tröstend seine Hüften und sein Vater legte die freie Hand auf seinen Rücken, in der Anderen einen Becher Kaffee haltend.

Lucas wollte ihm nur ein wenig Trost spenden und schloss seine Augen. In dem Moment trafen ihn all die Angst und der Schmerz, den sein Vater verspürte, wie ein Hammer. Lucas war so erschrocken, dass er anfing zu zittern und diese schlimmen Gefühle nicht mehr spüren wollte. Und während er sich noch vorstellte, sie würden gar nicht da sein, verschwanden sie so schnell wie sie gekommen waren.

Hinter ihm zersprang der Kaffeebecher seines Vaters auf den Küchenfliesen.

Der löste sich von ihm und sah ihn mit großen erstaunten Augen an. Diesen Blick würde Lucas nie wieder vergessen und auch in der folgenden Zeit sah ihn sein Dad immer wieder mal sehr nachdenklich an, wenn er dachte, er würde es nicht bemerken.

Von dieser Nacht an hatte sein Dad nie wieder Alpträume und war genauso entspannt und fröhlich wie vor seiner Europa Reise.

Wenn er dann mal Sorgen hatte, brauchte Lucas nur seine Hand auf dessen Arm legen und die belastenden Gefühle lösten sich in Luft auf. Sein Vater war jedes Mal wieder irritiert und erstaunt darüber, doch Lucas lächelte ihn nur an.

 

Während Jacob eine seiner vielen Fragen beantwortete, berührte er zufällig seinen Arm und spürte sofort eine unglaubliche Verzweiflung und Trauer, die zu unterdrücken ihn viel Kraft kosten musste. Also schloss Lucas kurz seine Augen und sah all die schlimmen Gefühle verschwinden.

Jacob stockte mitten im Satz und sah ihn erschrocken an. Lucas spürte fast körperlich die Gedanken durch seinen Kopf rasen und auch Angela und die anderen drei schauten ihn aufmerksam an.

Jacob schüttelte ein paar Mal den Kopf, so als wolle er irgendetwas los werden, doch dann machte sich Entspannung in seinem Gesicht breit und er lachte befreit auf, als hätte man ihm eine Zentnerschwere Last von den Schultern gehoben.

Seine Freunde waren irritiert, doch er nickte ihnen nur beruhigend zu, war aber innerlich höchst irritiert.

Jacob saß noch eine Weile in sich versunken, mit einem undefinierbaren Lächeln im Gesicht, da und starrte aufs Meer, bevor sie sich dann zum Aufbruch rüsteten.

Als wir sie sich voneinander verabschiedeten, sah Jacob Lucas noch einmal mit einem durchdringenden, fragenden Blick an und fragte ihn, ob er in den nächsten Tagen mal Zeit hätte, sich mit ihm zu treffen.

Dazu war er gern bereit, wusste er doch, was Jacob beschäftigte und sie tauschten ihre Handy-Nummern aus und stießen zum Abschied wie alte Freunde ihre Fäuste aneinander.

Angela verfolgte Dies erstaunt und Lucas erzählte ihr, was vorgefallen war.

Sie sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an, nickte dann ein paar Mal und erzählte ihm die Geschichte von Jacob und Bella, seiner unglücklichen Liebe zu ihr. Nun konnte Lucas die Gefühle gut verstehen, die er da gespürt hatte. Sie stellte ihm noch tausend Fragen und er beantwortete alle sehr geduldig. Natürlich konnte er ihr Interesse gut verstehen. Normalerweise ging Lucas damit nicht hausieren und bat sie auch, dies für sich zu behalten. Das versprach sie auch sofort und dann machten auch sie sich auf den Weg nachhause. Als sie das Auto erreichten, begann es schon wieder dunkel zu werden und sie bemerkten auch ihren Hunger.

Schnell lieferte er sie also bei ihrer Mutter ab, nicht ohne sie vorher noch ausreichend geküsst zu haben und fuhr dann ebenfalls nachhause.

 

Den Sonntag verbrachten sie dann wieder bei Lucas zuhause, machten gemeinsam ihre Hausaufgaben, sahen sich, auf dem Sofa eng beieinander zwei DVDs an und kuschelten sich nach dem Mittagessen zu einem kleinen Mittagsschläfchen in sein Bett. Sie hatte den Kopf auf seine Brust gelegt, den Arm um seine Taille geschlungen und so schlummerten sie den halben Nachmittag friedlich und rundum glücklich.

Der Abend kam mal wieder viel zu schnell und als Lucas Angela zuhause abgeliefert hatte, war er schon wieder voller Sehnsucht.

 

Die nächste Woche begann ebenso glücklich wie die letzte aufgehört hatte.

Er holte Angela jetzt jeden Morgen ab und nahm sie mit zur Schule. In den Pausen suchten sie sich ein stilles Plätzchen und schmusten ausgiebig miteinander.

Einmal lief ihnen Jessica mit Gefolge über den Weg, warf ihnen seinen giftigen Blick zu und verschwand dann hoch erhobenen Hauptes.

Die Freundschaft zu Edward und Bella war ungebrochen und Edward hatte sie beide zu sich nachhause eingeladen.

Mit Emmett und Alice waren sie mittlerweile auch gut befreundet, nur Jasper hielt sich immer noch, wenn auch freundlich, zurück. An Rosalies Verhalten hatte sich nichts geändert, sie schien einfach eine Zicke zu sein, die vor Sarkasmus nur so sprühte, aber Lucas hatte sich mittlerweile daran gewöhnt und ignorierte es einfach.

 

 

** * **

 

 

Am Mittwoch nach der Schule lud Lucas Angela ins Auto und sie fuhren hinter den Cullens her. Die wohnten ein ganzes Stück außerhalb von Forks und die Zufahrt durch den Wald wollte gar nicht enden. Dann tauchte plötzlich dieses riesige Haus auf, mitten im Wald auf einer großen Lichtung.

Edward und Emmett fuhren in die Garage, die eher die Ausmaße eines Parkhauses hatte und einem Fuhrpark glich. Anerkennend pfiff Lucas durch die Zähne, hier standen nur Nobelmarken. Er hielt vor der Garage und sie gingen alle hinüber zum Haus.

Im Wohnzimmer angekommen, wurden sie von Esme und Carlisle begrüßt.

Esme war einfach zauberhaft, er hatte sie sofort in sein Herz geschlossen, ihre herzliche Begrüßung machte es ihnen leicht, sich hier sofort wohl zu fühlen. Auch Carlisle war sehr freundlich, befragte Lucas interessiert zu seinen Zukunftsplänen, denn er hatte von seinem Vater erfahren, dass auch er beschlossen hatte, Medizin zu studieren. Lucas berichtete ihm, dass er bereits eine Zusage für Harvard hatte, was Carlisle sehr anerkennend zur Kenntnis nahm.

Nach einer halben Stunde verabschiedete er sich dann freundlich und zog sich in sein Büro zurück.

Esme kam mit einem Tablett aus der Küche und stellte frische Limonade in einem großen Glaskrug, Gläser und eine Schale mit Gebäck auf den kleinen Tisch vor den Sofas hin.

> Hier Kinder, falls ihr Durst bekommt und etwas knabbern möchtet. < lächelte sie Lucas und Angela an.

> Vielen Dank, Ms. Cullen. < sagte Angela höflich, worauf diese sie lächelnd bat, sie Esme zu nennen. Danach verschwand auch sie in den Tiefen des Hauses.

Lucas sah sich interessiert in dem riesigen Wohnzimmer um und sein Blick fiel sofort auf den imposanten Flügel.

> Wer spielt denn bei Euch? < überrascht hob er die Augenbrauen.

Edward lächelte, ging hinüber zum Flügel und begann zu spielen. Bella hatte sich zu ihm gesetzt und schaute ihm verträumt dabei zu.

Angela und Lucas lauschten gebannt den wundervollen Melodien, die Edward dem Instrument entlockte. Er war schwer beeindruckt, wie gut Edward spielen konnte und hätte ihm Stunden zuhören können.

Alice kam die Treppe herunter getänzelt, und stürzte sich sofort auf Angela.

Sie schnappte sich ihre Hand und zog sie hinter sich her die Treppe hinauf.

> Komm, ich zeig dir mein Zimmer. Und ich hoffe, du bist in modischen Dingen etwas aufgeschlossener als Bella, mit der kann man auf diesem Gebiet nämlich nicht viel anfangen. Na los Bella, du kannst trotzdem mitkommen…... na komm schon, komm. < lachte sie in Bellas Richtung, die gespielt genervt mit den Augen rollte. Angela ließ sich kichernd mit nach oben schleifen und auch Bella ging ihnen nach, holte sich aber vorher noch ein Küsschen von Edward ab.

> So wie es aussieht, sind wir die Mädels für die nächsten Stunden los > mutmaßte Lucas grinsend.

> Worauf du dich verlassen kannst. < Edward verzog schmunzelnd das Gesicht.

> Du kennst Alice noch nicht. Wenn die hier wieder auftauchen, hat sie für Angela zwei Jahresgehälter in Klamotten verplant. <

> Sei froh, das sie nicht auf die Idee gekommen ist, mit deiner Liebsten shoppen zu fahren, dann hätte sie sie nicht nur verplant, sondern auch ausgegeben. < gluckste Emmett.

> Ich kann nur hoffen, du verdienst später genug Geld, denn Alice nimmt es sehr ernst als Modeberaterin für ihre Freundinnen. Da musst du wohl durch, mein Lieber und auch Deine Angela muss da durch, ob sie nun will oder nicht. <

Emmett kicherte vor sich hin und Edward nickte grinsend.

> Da kommt echt was auf dich zu, Alice ist auf dem Gebiet eine Naturgewalt, der kann sich so schnell niemand entziehen… nur an Bella hat sie sich bis jetzt die Zähne aus gebissen. < schmunzelte Edward stolz vor sich hin.

> Stimmt! < grinste Emmett > die ist vielleicht ein Sturkopf. Dagegen ist Rosi brav wie ein Lamm. <

Nun musste auch Jasper grinsen, der sich bisher zurück gehalten hatte und nur leicht lächelnd dem Gespräch folgte.

Die Jungs steuerten die Sofas an und Emmett zappte durch die Programme, bis er bei einem Footballspiel hängen blieb.

Nach knapp 2 Stunden kamen die Mädels, jetzt auch mit Rosalie im Schlepptau, angeregt schwatzend die Treppe herunter geschlendert.

Alice macht den Vorschlag, Monopoly zu spielen und alle waren sofort einverstanden, schauten Emmett aber sehr eindringlich an.

> Ja, ja, ist ja schon gut. Ich reiß mich zusammen, versprochen. < rollte er mit den Augen, ließ sich auf einen der Stühle plumpsen und baute das Spiel auf. Es machte echt Spaß und Emmett witzelte die ganze Zeit herum. Sogar Rosalie beteiligte sich recht entspannt… bis Emmett das erste Spiel verlor. Wütend schnappte er sich das Spielbrett und riss es in mehrere Teile.

> Oh man Emmett, du hast es versprochen. < Rosalie sah ihn böse an.

> Das war das letzte Spiel. Das nächste Mal spielst du nicht mit, verlass Dich drauf! <

Sie war echt sauer, die anderen allerdings kicherten verhalten oder lachten offen. Lucas schaute Angela mit großen Augen an, die ein Grinsen kaum verbergen konnte.

> Ja ist ja schon gut, < Emmett machte ein zerknirschtes Gesicht > Ich bin mir sicher, Edward hat wieder geschummelt. <

Böse schaute er ihn an und stieß die Luft aus der Nase.

Edward hob lachend die Hände und machte einen Schritt zurück.

> Definitiv nicht, du kannst nur nicht verlieren Brüderchen. <

So ging es die ganze Zeit weiter und sie amüsierten sich über den Spielverderber, der irgendwann genervt abdampfte.

Spät am Abend brachen Angela und Lucas dann auf, nachdem sie sich herzlich von allen verabschiedet hatten. Auch Esme und Carlisle kamen herunter, um sie zu verabschieden und ihnen für den netten Besuch zu danken.

Es war ein toller Nachmittag und sie redeten die ganze Fahrt darüber und lachten über Emmett.

Sicher lieferte Lucas seine Süße wieder zuhause ab und versicherte ihr zwischen vielen Küssen, dass er sie morgen dann wieder zur Schule abholen würde.

Zu Hause erwarteten ihn seine Eltern und er erzählte ihnen von dem schönen Nachmittag bei den Cullens, bevor er müde, aber glücklich, in sein Bett fiel.

 

 

** * **

 

 

Am nächsten Tag rief ihn Jacob an und fragte, ob er Lust hätte vorbei zu kommen und so fuhr Lucas, nachdem er Angela zuhause abgesetzt hatte, zu ihm ins Reservat.

Jacob erwartete ihn bereits, als er vor dem Haus der Blacks ankam. Er saß auf der Veranda und unterhielt sich mit einem Mann im Rollstuhl, den er ihm als seinen Vater Billy vorstellte.

Billy musterte Lucas mit einem eigenartigen, eindringlichen Blick, der ihm durch und durch ging, hielt ihm dann aber die Hand hin und begrüßte ihn. Er wollte Einiges über ihn und seine Familie wissen, nickte immer leicht abwesend vor sich hin wenn er erzählte, blieb aber irgendwie reserviert. Lucas wurde einfach nicht schlau aus ihm. Jacob saß ernst daneben und beteiligte sich nicht am Gespräch. Fast hatte er das Gefühl, hier einem Verhör unterzogen zu werden. Das war natürlich albern, aber es fühlte sich so an. Nachdem der Wissensdurst des alten Indianers offensichtlich gestillt war, verabschiedete sich Dieser von ihm und fuhr mit seinem Rollstuhl ins Haus.

Lucas sah ihm hinterher und fand, das er war schon ein merkwürdiger alter Kauz war.

Jacob nickte ihm zu und ging in Richtung Wald, der sich direkt hinter dem Haus erstreckte und Lucas folgte ihm zögerlich.

„ Was ist denn hier los, irgendwas stimmt doch hier nicht " ging es ihm durch den Kopf und er zog die Brauen nachdenklich zusammen.

Sie liefen eine ganze Weile schweigend durch den Wald, bis Jacob an einem umgestürzten Baum anhielt und sich darauf setzte. Lucas setzte sich neben ihn, streckte die Beine aus und schaute ihn an.

Nach einer Weile beendete Jacob sein Schweigen.

> Neulich am Strand, du weißt schon, was hast du da mit mir gemacht? < fragte Jacob und sah ihn jetzt direkt an.

> Das kann ich dir gar nicht so genau erklären. < erwiderte Lucas vorsichtig.

> Ich hatte einfach das Gefühl, dass es dir nicht gut ging und ich wollte dir nur helfen. <

Jacob nickte nachdenklich mit dem Kopf.

> Ja, das verstehe ich ja, aber was genau hast du gemacht? Ich verstehe das nicht. <

> Ich verstehe das genauso wenig wie du, es passiert einfach so, es geht wie von allein. < versuchte Lucas ihm zu erklären.

Wieder nickt er. Dann schüttelt er in sich versunken den Kopf.

> Ich fühle mich seither so anders, irgendwie befreit. Ich weiß nicht ob du von mir und Bella weißt? > fragend sah er Lucas an.

> Ja, Angela hat es mir erzählt und es tut mir sehr leid. <

Jacob schaute auf den Boden, als würde er dort die Antworten finden, die er suchte.

> Weißt du, ich habe sehr gelitten als Bella sich für Edward entschieden hat und nicht für mich, mehr als du dir vorstellen kannst < er räusperte sich.

> Es ging mir wirklich schlecht und ich konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. Auch das Mitgefühl und die Fürsprache meiner Leute hat nichts daran ändern können. Ich war gefangen in meiner traurigen Welt ohne Hoffnung, sie jemals verlassen zu können. Und dann berührst du mich nur kurz und alles ist…... WEG. Ich kapier das einfach nicht. <

Er schüttelte verständnislos den Kopf.

> Versteh mich nicht falsch, ich bin nicht traurig drum, ich bin sogar sehr, sehr froh, diese Gefühle los zu sein, den Hass auf Edward, die Verzweiflung, nicht mehr zu wissen, wie mein Leben ohne diese Frau weiter gehen soll. < sagte er leise und schaute ihn fragend an, ob Lucas verstand, was er meinte.

Der nickte verstehend mit dem Kopf.

> Aber was mich so fertig macht ist, wie so was passieren kann, ich würde das gern verstehen wollen. <

Lucas atmete einmal tief durch und überlegte sich seine Worte.

> Da sind wir dann schon zwei… oder besser gesagt drei. Ich verstehe das nämlich auch nicht, ebenso wie mein Vater. Weißt du, das erste Mal ist es passiert, als ich etwa 10 Jahre alt war. Meinem Vater ging es nicht gut, er hatte Albträume. Ich wollte ihn nur trösten und hatte ihn umarmt. Da spürte ich all seine schlimmen Gefühle und wollte nur, dass sie weggehen und dann waren sie plötzlich weg. du kannst dir sicherlich vorstellen, wie es meinem Vater damals ging. Er hat vor Schreck seine Tasse fallen lassen. <

Lucas musste unwillkürlich grinsen, als er daran dachte.

Jacob nickte und grinste nun ebenfalls.

> Er hat mich daraufhin untersucht, er ist Arzt weiß du, hat aber nichts Auffälliges gefunden. Dann hat er mich eingehend von einem befreundeten Neurologen durch checken lassen, auch ohne Erfolg. Es ist einfach wie es ist, ich kann daran nichts ändern. <

Jacob überlegte lange, bis er ihm die nächste Frage stellte.

> Wie ist das, wenn du jemanden berührst, ich meine, kannst du dann sehen, woher die Gefühle kommen, die denjenigen belasten? <

Sein Gesichtsausdruck war gespannt.

> Nein, ich fühle in dem Moment nur das gleiche wie derjenige. < versuche Lucas ihm zu erklären.

>Ich kann nicht sehen woher die Gefühle kommen oder was sie ausgelöst habt, wenn es das ist was du meinst. < sagte er.

> Ja, genau das meine ich. < nickte Jacob.

Wieder langes Schweigen. Jacob schien mit irgendetwas zu ringen.

Dann gab er sich einen Ruck und schaute Lucas direkt ins Gesicht.

> Würdest du mir einen Gefallen tun, Lucas? <

> Ja klar, gern, Worum geht es? < fragte er nun neugierig geworden.

> Nun ja, < druckste Jacob herum > Ich habe da eine Freundin, der geht es schon lange ziemlich mies. Sie hat eine ähnliche Erfahrung gemacht wie ich, ist verlassen worden, weißt du. < erklärte er ihm.

> Das kann ich machen, wenn sie nichts dagegen hat. < erwiderte er sofort.

> Tja, da liegt schon das Problem, Ich würde ihr davon erst mal nichts erzählen wollen. Wenn sie die Gefühle dann los ist, wird sie froh sein, glaube mir. Aber ich habe Angst, sie würde sich darauf nicht einlassen, wenn sie es vorher wüsste. <

Zweifelnd blickt er Lucas an.

> Wäre das ein Problem für Dich? <

Lucas überlegte eine Weile.

> Hmmm, nein, eigentlich nicht. < sagte er dann.

Erleichtert lächelte Jacob ihn an.

> Au man bin ich froh, du glaubst gar nicht wie froh! <

 

„ Dann hat das ganze Rudel endlich Ruhe vor ihr und sie kann endlich wieder entspannt und positiv in die Zukunft schauen. Jetzt wo ich sicher bin, das er nicht sehen kann, das wir uns in Wölfe verwandeln, wenn er einen von uns anfasst, bin ich echt froh, dass er das macht " dachte Jacob erleichtert bei sich.

> Dann lass uns rüber zu den Clearwaters gehen. Je eher Leah den Mist los ist, desto besser. < grinste Jacob ihn an, stand auf und ging den Weg, den sie gekommen waren, wieder zurück.

Als sie wieder beim Haus der Blacks ankamen, stiegen beide in sein Auto und Jacob pfiff anerkennend durch die Zähne.

> Nette Karre < grinste Jacob

> Nur kein Neid. < grinste er zurück.

Bei den Clearwaters begrüßte sie Sue, die Mutter von Leah.

> Die beiden sind eben zum Wald rüber gegangen. < sagte sie und nickte in die Richtung.

> Danke Sue, dann finden wir sie. < erwiderte Jacob und verabschiedete sich wieder.

Er nickte Lucas zu und sie gingen zum nahen Wald hinüber. Am Waldrand saßen Leah und ihr jüngerer Bruder Seth, wie er von Jacob erfuhr.

Bei ihnen angekommen, begrüßte er die beiden mit einer kurzen Umarmung und stellte ihn vor. Leah reichte Lucas die Hand und er konzentrierte sich auf ihre Gefühle.

 

„ Wow, genauso schlimm wie bei Jacob " dachte er und merkte auch gleich, wie sie sich auflösten.

> Was soll denn diese Scheiße? < schrie Leah ihn an, nachdem sie zwei Schritte panisch nach hinten gesprungen war und sah ihn mit aufgerissenen Augen an.

> Ist ja schon gut Leah, ich erklär’s dir ja. < sagte Jacob schnell und schaute sie beruhigend an.

Er ging auf sie zu, doch sie hielt ihm abwehrend die Hände entgegen.

Dann schüttelte sie verwirrt den Kopf, schaute erst ihn, dann Lucas und dann wieder ihn an.

Seth stand völlig irritiert daneben und verstand gar nichts.

> WAS IST HIER LOS! < verlangte Leah sehr bestimmt eine Erklärung und schaute sie wütend an.

> Ich will es dir ja gerade erklären. < sagte Jacob.

> Nun setzt Euch erst mal hin. <

Nachdem sie sich also alle ins Gras gesetzt hatten, Leah eher widerwillig, erzählte er ihnen, was passiert war, auch wie es war, als Lucas ihm seine Gefühle genommen hatte.

Seth schaute ihn mit riesigen Augen an.

> Das sind MEINE Gefühle und sie gehen nur mich etwas an und ICH entscheide, ob ich sie behalten will oder nicht. > funkelte Leah Jacob wütend an.

> Du spinnst doch wohl, was fällt dir ein, so etwas über meinen Kopf hinweg zu entscheiden. < ereiferte sie sich weiter.

Lucas zog vorsichtshalber den Kopf ein, weil er Angst hatte, sie würde ihm jeden Moment ins Gesicht springen.

> Och Leah, nun mach mal halblang, sei doch froh, das du den Scheiß nun endlich los bist. < versuchte Seth Leah wieder runter zu holen und beäugte Lucas erstaunt und interessiert.

> Die anderen werden heilfroh sein, das sich Deine Gedanken jetzt mit normalen Sachen beschäftigen. < sagte Seth.

Jacob warf ihm einen warnenden Blick zu, worauf er kleinlaut den Kopf einzog.

Leah schaute geistesabwesend vor sich hin und versuchte wohl gerade, das eben Erlebte zu verarbeiten.

Dann schaut sie auf, Lucas geradewegs in die Augen.

> Danke. <

Ohne ein weiteres Wort erhob sie sich und ging. Sie sahen ihr nach, bis sie hinter dem Haus verschwunden war.

In Seth waren seine Lebensgeister zurückgekehrt und er wurde ganz hibbelig.

> Mensch Man, das ist ja ein Ding. Rück mal Deine Handynummer raus, hier gibt’s viel Arbeit für Dich. < kicherte er vor sich hin.

> Man Seth, halt die Klappe. <

Jacob schaute ihn böse an.

> Das hier bleibt unter uns, IST DAS KLAR? <

> Ja, ja ist ja schon gut. < maulte Seth und kniff die Lippen zusammen.

> Darum möchte ich Euch wirklich bitten, ich habe nämlich keine Lust, hier als Wunderheiler die Runde zu machen. < teilte Lucas ihnen seine Befürchtungen mit.

> Das ist doch selbstverständlich,… NICHT WAHR SEHT? <

Jacob sah ihn noch einmal sehr eindringlich an, worauf Seht jetzt ganz kleinlaut nickte.

> Ich werde auch Leah gleich noch Bescheid sagen, mach dir keine Gedanken, von uns erfährt keiner etwas…nicht wahr Seth? <

> Ja, ja ist ja schon gut…. ich hab’s ja verstanden! < entgegnete Seth jetzt leicht genervt.

Jacob grinste Lucas an.

> Dem Kleinen muss man immer alles mehrmals erklären, bis er es rafft. < schmunzelte er.

> Boahhh, hör auf mich Kleiner zu nennen, man. <

Nun hatte Seth anscheinend die Nase voll, er war aufgesprungen und zum Haus zurück gelaufen.

Sie lachten ihm hinterher und schauten sich verstehend an.

> Danke Lucas, das du das gemacht hast, vergesse ich dir nicht. du hast was gut bei mir. < sagte er nach einer Weile ernst zu ihm.

> Meine Freunde nennen mich übrigens Jake. <

Mit einem schiefen Grinsen hielt er Lucas seine Hand hin und der schlug gern ein.

 

Nachdem sie sich noch eine Weile unterhalten hatten, brachen sie, nach einem Blick auf die Uhr, auch auf. Lucas musste noch Hausaufgaben machen und etwas für die morgige Klausur in Englisch tun. Sie verabschiedeten sich vor dem Haus mit einer kurzen freundschaftlichen Umarmung, klopften sich ordentlich auf die Schultern und verabredeten sich für das Wochenende, bei dem Lucas dann Angela mitbringen würde.

Er freute sich echt darauf, denn Jake war ein feiner Kerl, das war ihm jetzt schon klar.

 

Zuhause angekommen machte er sich an seine Arbeiten für die Schule und telefonierte dann noch lange mit Angela.

 

 

** * **

 

 

Der Rest der Woche verlief ganz normal, Schule und viel Kuscheln mit seiner Liebsten.

Am Samstag fuhr er dann mit Angela zu Jake. Sie hatten echt viel Spaß mit ihm und seinen Freunden und am Abend machten die Quileute- Jungs am Strand ein Lagerfeuer. Angela und Lucas saßen eng beieinander und schauten in die züngelnden Flammen, während die andern Geschichten erzählten. Das war ein tolles Erlebnis.

Für den Sonntagnachmittag hatten sie sich mit den Cullens verabredet. Im Kino lief ein neuer Aktion Film an, den sie sich unbedingt zusammen ansehen wollten.

Lucas hatte Angela gerade zuhause abgeholt und fuhr mit ihr in Richtung Kino.

Sie freuten sich auf den Film und ihre Freunde und schwatzten aufgeregt durcheinander.

Lucas überfuhr gerade eine Kreuzung, sie hatten grün, als er neben sich einen großen Holztransporter auf sich zurasen sah. Er sah noch die weit aufgerissenen Augen des Fahrers, da erfasste er auch schon den hinteren Teil des Autos und es krachte fürchterlich. Es gab einen wahnsinnigen Stoß, er hörte noch berstendes Glas, das ohrenbetäubende Geräusch von reißendem, sich verformendem Metall und die panischen Schreie Angelas. Ein unglaublicher Schmerz nahm ihm die Besinnung und um ihn war nur noch schwarze Nacht.

 

 

Im Kino waren Edward, Bella, Jasper, Rosalie und Emmett schon eingetroffen und Alice hüpfte aufgeregt herum wie ein Flummi.

> Wo bleiben sie denn bloß? Wir kommen noch zu spät. < jammerte sie ungeduldig.

Sie hatte die Karten in der Hand, die sie für alle gekauft hatte und schaute ständig auf die Uhr.

> Entspann Dich, Alice < sagte Edward > es ist noch genug Zeit. <

Er war gerade zurück gekommen, beladen mit Popcorn und Cola für Bella, Angela und Lucas.

Plötzlich wurde Alice ganz steif und ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen.

> OH NEIN. < hauchte sie und alle waren sofort bei ihr.

> Was ist los! < forderte Edward alarmiert.

Alice schaute ihn entsetzt an und atmete schwer.

> Sie hatten gerade einen Unfall, es ist sehr schlimm. <

Wie auf Kommando rasten alle gleichzeitig aus dem Kino und Alice zeigte ihnen, wohin sie laufen mussten. Allen standen Schreck und Angst ins Gesicht geschrieben.

Als sie endlich an der Kreuzung ankamen, bot sich ihnen ein grauenhaftes Bild.

Ein Truck mit Auflieger, der mit Baumstämmen beladen war, hatte die hintere Hälfte eines Wagens unter sich begraben. Die vordere Hälfte war völlig demoliert und überall lagen Wrackteile herum. Die Feuerwehr war gerade dabei die Verletzten aus dem Wrack zu schneiden und die Rettungskräfte standen schon mit Tragen bereit, um die Verletzten so schnell wie möglich zu versorgen und ins Krankenhaus zu bringen. Polizeichef Swan und seine Leute koordinierten alles mit ernster Geschäftigkeit und sperrten alle Zugangsstraßen ab. Carlisle, der soeben eingetroffen war, lief zu dem Unfallwagen und versuchte sich schnell einen Überblick zu verschaffen.

Sie erkannten den Wagen sofort, es war der schwarze BMW von Lucas.

> Oh mein Gott. < keuchte Bella und Tränen rannen ihre Wangen herab. Inständig betete sie dass Lucas und Angela noch am Leben waren, obwohl es nicht danach aussah, dass jemand lebend aus diesem Haufen Schrott geborgen werden könnte.

Die anderen standen da mit starren Gesichtern, keiner brachte ein Wort heraus.

> Sie sind noch am Leben. < sagte Edward leise, aber man hörte heraus, das es sehr schlimm um die beiden stehen musste.

Ein weiterer Wagen war gerade eingetroffen, eine Mercedes S Klasse. Prof. Collister stürzte heraus, einer von Chef Swans Leuten wollte ihn aufhalten aber Charlie, der ihn bemerkt hatte, winkte ihn durch. Collister eilte an Carlisle's Seite und bemühte sich mit ihm zusammen um die Verletzten.

Die Feuerwehr hatte mit ihren Hydraulikscheren einen Zugang geschaffen, der jetzt groß genug war, um die beiden Verletzten aus dem völlig demolierten Wagen zu heben. Sofort sie wurden eilig in den Rettungswagen gebracht. Carlisle und Collister verständigten sich kurz, dann stieg Carlisle mit in den Rettungswagen, der sofort mit Blaulicht und Sirene aufbrach und Prof. Collister raste in seinem Wagen hinterher.

Keiner der sechs sagte ein Wort, alle waren entsetzt angesichts der Ereignisse, die sich vor ihren Augen abgespielt hatten.

Bellas Vater hatte die Gruppe entdeckt und schaute ernst zu ihnen hinüber.

Bella weinte immer noch und presste sich Halt suchend an Edward. Er hatte den Arm schützend und tröstend um Ihre Schulter gelegt und streichelte mit der anderen Hand ihr Gesicht.

> Wir müssen ins Krankenhaus. < Edward rannte mit Bella hinüber zu Carlisle's Wagen, der immer noch mit geöffneter Tür am Rand der Unfallstelle stand und setzte sich hinters Steuer. Jasper und Alice stiegen schnell dazu und Edward fuhr viel zu schnell los. Emmett und Rosalie liefen zurück zum Kino, um in ihrem Wagen ebenfalls zum Krankenhaus zu kommen.

Edward traf kurze Zeit später am Krankenhaus ein, etwas später waren auch Emmett und Rosalie da.

Gemeinsam standen sie nun im Warteraum vor dem OP, in den man die beiden Schwerverletzten gebracht hatte, wie ihnen mitgeteilt worden war. Die Stimmung war gedrückt und angespannt.

Kurze Zeit danach traf die völlig aufgelöste Olivia Collister ein, der Angelas Mutter tränen überströmt folgte.

Bella ging zu den beiden Frauen hinüber und sprach beruhigend mit tränennassem Gesicht auf sie ein.

> Es tut mir so furchtbar leid, wir haben es auch gerade erst erfahren. < sie konnte ein Schluchzen nicht unterdrücken.

In dem Moment flog die Tür auf und Prof. Collister eilte auf seine Frau zu und nahm sie tröstend in den Arm. Er hatte Tränen in den Augen und sagte seiner Frau, dass es sehr schlecht um ihren Sohn stehen würde, die Ärzte aber alles erdenklich Mögliche versuchten, die beiden am Leben zu erhalten.

Dann wandte er sich an Angelas Mutter und teilte ihr mit ernstem Gesicht mit, das auch ihre Tochter in Lebensgefahr schwebte und man nicht wisse, ob sie es überstehen würde. Die Verletzungen der beiden wären sehr schwer. Sie brach weinend auf einem der Stühle zusammen und Bella nahm sie, ebenfalls weinend, in den Arm. Alle waren starr vor Schreck.

Lucas Vater schaute die Cullens an und sagte, dass ihr Vater heute Nacht wohl hier im Krankenhaus bleiben würde und dass sie von ihm rechtzeitig erfahren würden, wie es um ihre Freunde stand.

> Es ist besser, wenn ihr jetzt nachhause fahrt. < sagte er ruhig zu ihnen.

Bella löste sich nur zögerlich von Angelas Mutter und verließ mit den anderen das Krankenhaus.

Auf der Fahrt nachhause sprach niemand ein Wort, alle waren mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt. Bella hatte entschieden heute bei Edward zu übernachten, sie konnte jetzt unmöglich allein sein.

Sie wollte nachher bei Charlie anrufen und ihm Bescheid sagen.

Im Haus der Cullens angekommen, berichteten sie Esme was passiert war und sie kümmerte sich, selbst sehr mitgenommen, mit ihrer mütterlichen Liebe rührend um alle.

Erst spät in der Nacht entschied Edward dann, da sie bisher noch nichts von Carlisle gehört hatten, das Bella nun ihren Schlaf bräuchte und ging mit ihr zusammen auf sein Zimmer. Er legte sich mit ihr zusammen auf sein Bett und hielt Bella zärtlich in den Armen. Sanft sprach er auf sie ein und strich ihr immer wieder beruhigend über den Rücken, damit sie etwas Schlaf bekäme.

Die anderen warteten die ganze Nacht vergeblich auf eine Nachricht aus dem Krankenhaus , wussten, dass dies ein sehr schlechtes Zeichen war und stellten sich auf das Schlimmste ein.

 

 

** * **

 

 

Prof. Collister saß in seinem Büro und die Tränen rannen durch seine Hände, mit denen er sein Gesicht abstützte.

Seine Frau hatte er irgendwann in der Nacht gebeten nach Hause zu fahren, es machte keinen Sinn, dass sie hier tatenlos herum saß. Zuhause war Maria, die würde sich um sie kümmern.

Er hatte eine Entscheidung zu treffen, doch wie nur sollte er das anstellen. Seine Schultern bebten und ein lautes Schluchzen drang aus seiner Kehle.

Er wollte seinen Sohn nicht verlieren…. Alles, nur das nicht. Was sollte er nur tun. Er war so hin und her gerissen, das er gar nicht bemerkt hatte, das Dr. Cullen ins Zimmer getreten war.

Er zuckte erst zusammen, als Carlisle ihm eine Hand auf die Schulter legte und ihn sehr ernst ansah.

" Nein…. bitte nicht, nur das nicht " dachte er entsetzt.

> Es sieht sehr ernst aus Adrian. < Carlisle hatte unbewusst seinen Vornamen gebraucht, dieser Mann tat ihm in der Seele leid und er fühlte sich ihm in diesem Moment sehr

verbunden.

Er wollte sich nicht einmal vorstellen, in seiner Lage zu sein.

Adrian nahm die Hände vom Gesicht und schämte sich seiner Tränen nicht, als er Carlisle abwesend anschaute.

> Wir haben alles Menschenmögliche getan, aber wir denken, er wird die nächsten Tage nicht überleben. <

Adrian brach schluchzend auf seinem Schreibtisch zusammen. Carlisle schaute ihn voller Mitgefühl an.

Wenn er ihm doch nur helfen könnte. Aber Lucas würde diesen Unfall nicht überleben, zu schwer waren seine Verletzungen und auch die Notoperation hatte nichts mehr ausrichten können. Es grenzte an ein Wunder, dass er überhaupt noch lebte.

Angela hatte es besser getroffen, na ja, besser war wohl zu viel gesagt. Sie hatte schwere Kopfverletzungen und war ins Koma gefallen und ob sie je wieder zu Bewusstsein kommen würde, war mehr als fraglich.

Sollte dieser Fall tatsächlich eintreten, würde sie auf Grund der schweren Hirnverletzungen ein Leben lang sowohl geistig als auch körperlich sehr schwer behindert sein.

Adrian hob den Kopf und schaute Carlisle direkt in die Augen.

> Bitte, bitte helfen sie ihm, egal wie sein Leben danach aussehen wird, helfen sie ihm. <

Carlisle war verwirrt.

"Was meinte er damit? Das, was er glaubte, was er meinen könnte? "

Er wollte gerade etwas sagen, als Adrian seine Hand auf seinen Arm legte und ihn damit bat, nichts zu sagen.

> Ich möchte Ihnen eine Geschichte erzählen, < sagte Adrian erschöpft > Ich hoffe, danach werden Sie verstehen, was ich meine. <

Adrian putzte sich umständlich die Nase, wischte sich seine Tränen aus dem Gesicht, gab sich innerlich einen Ruck und begann zu erzählen.

 

> Es war vor knapp 7 Jahren. Ich war zu einem Ärztekongress nach Heidelberg in Deutschland gereist. Der Kongress war zu Ende und ich wollte am nächsten Morgen zurück in die Staaten fliegen. Am Abend hatten sich dann ein paar Ärztekollegen dazu entschlossen, noch auf ein gutes Essen und ein paar Bier in einem angesagten Lokal in Heidelberg einzukehren. Ich beschloss, mich ihnen anzuschließen. Es war bereits nach Mitternacht, als ich dann in mein Hotel zurückkehren wollte. <

Er fuhr sich geistesabwesend mit der Hand über die Stirn und sprach weiter.

> Das Lokal lag abgelegen in einer Seitenstraße und um diese Zeit war niemand mehr unterwegs. Als ich in die Gasse trat, packte mich etwas, ich spürte eine eiskalte Hand, hart wie Stein. Als ich mich um wandte, sah ich in ein weißes Gesicht mit blutroten Augen.

Ich weiß bis heute nicht genau WAS es war, aber ich ahne es zumindest. <

Er sah zu Carlisle auf, der vor Schreck den Atem anhielt und entsetzt in Adrians Augen sah. Verstehend nickte er ihm zu.

> Ich weiß nicht genau was dann im Einzelnen passiert war, es ging alles so schnell.

Einer meiner Ärztekollegen war wohl auch im Aufbruch und gerade vor die Tür getreten, als er sah, dass ich angegriffen wurde. Er wollte einschreiten, um mir zur Hilfe zu kommen und packte den Kerl, der mit einem Knurren von mir abließ und sich auf meinen Kollegen stützte.

Ich erkannte sofort, dass er auf der Stelle tot war und floh, so schnell ich konnte.

Noch in dieser Nacht nahm ich den ersten Flieger, den ich bekommen konnte und kam über Paris zurück nachhause. <

Noch immer sah er Carlisle an, dem man anmerkte, wie geschockt er war.

> Dr. Cullen, ich weiß sie sind ein guter, aufrichtiger Mensch und ich habe auch ihre Kinder kennen gelernt, die alle ganz liebenswerte, verantwortungsvolle Menschen sind. Ich weiß, dass sie mit der Boshaftigkeit dieses Wesen nichts zu tun haben können, das sie anders sein müssen, doch ich habe bei unserer ersten Begrüßung gespürt, das da irgendeine Verbindung besteht und wenn sie meinem Sohn helfen können, bitte, bitte tun sie es. Ich bitte sie als Vater, der seinen Sohn nicht verlieren möchte. < flehte Adrian inständig.

Carlisle dachte aufgewühlt nach und kam dann zu einem Entschluss.

> Adrian, ich würde gern helfen, aber ich kann das nicht allein entscheiden. Und da das Leben ihres Sohnes wirklich am seidenen Faden hängt, muss ich sofort aufbrechen. Bis spätestens heute Abend habe ich eine Entscheidung für Sie. <

Carlisle und legte noch einmal seine Hand auf Adrians Schulter, nickte ihm zu und verließ eilig die Klinik. Es war jetzt 7 Uhr in der Früh, er musste sich beeilen.

Noch während der Fahrt nachhause rief er dort an und bat alle, sich zu einer Besprechung zusammen zu finden.

Als er eintraf, saßen sie schon um den Tisch herum. Edward hatte sie bereits über das Thema der Besprechung informiert und es wurde schon das Für und Wider abgewogen.

Carlisle erzählte die Geschichte, die er von Adrian erfahren hatte und alle waren ziemlich sprachlos.

> Er weiß nicht WAS wir sind und es ist ihm, glaube ich, auch egal. Es besteht also keine Gefahr der Entdeckung durch die Volturi. Was haltet ihr davon, können wir riskieren seinen Sohn umzuwandeln? Wir müssen eine Entscheidung treffen, schnell! Lucas läuft die Zeit davon. < erklärte Carlisle eindringlich.

Als erster ergriff Jasper das Wort.

> Im Prinzip steht nichts dagegen, ich denke ich spreche da für alle, Lucas ist ein feiner Kerl und ich hätte nichts gegen einen weiteren Bruder. Aber wir würden den Vertrag mit den Quileute brechen. < gab er zu bedenken.

> Wenn wir uns einig sind, werde ich ins Reservat fahren und mit Billy Black sprechen. < sagte Carlisle.

> Ich bin dafür ihn in die Familie auf zu nehmen. <

Esme legte ihre Hand auf die von Carlisle und lächelte ihn an.

> Ich habe absolut nichts gegen einen weiteren Sohn. < fuhr sie fort.

Carlisle bat nun jeden sein Voting anzugeben und nachdem alle für JA gestimmt hatten, rief er Billy Black an und bat um eine dringende Unterredung.

 

 

** * **

 

 

Billy Black und Jacob hörten den Wagen von Dr. Cullen ankommen und Jacob ging zur Tür um ihn zu begrüßen.

> Guten Morgen Dr. Cullen, was führt sie so früh am Morgen zu uns? <

> Eine sehr ernste Angelegenheit, Jacob. < entgegnete Carlisle mit ernstem Blick und Jacob trat beiseite und bat ihn ins Haus.

Billy, der im Wohnzimmer in seinem Rollstuhl saß, sah den beiden mit fragendem Blick entgegen.

Nachdem Carlisle und Billy sich begrüßt hatten, bat der ihn Platz zu nehmen.

> Was können wir für Sie tun, Dr. Cullen? < eröffnete Billy das Gespräch.

> Ich brauche ihre Hilfe Mr. Black, ich möchte sie um eine Ausnahme unseres Vertrages bitten. < kam Carlisle ohne Umschweife zum Punkt.

Billy zog scharf die Luft ein und schaute ihn aus schmalen Augen an, sagte aber nichts.

Jacob hatte die Hände vor der Brust verschränkt, die Brauen zusammen gezogen und schaute ebenfalls abweisend.

Carlisle registrierte dies und nickte mit dem Kopf… er hatte nichts anderes erwartet. Also fuhr er schnell fort.

> Es geht um den Sohn von Prof. Collister. <

> Lucas? was ist mit ihm? < fragte Jacob sofort besorgt.

> Es hatte gestern Abend einen schweren Verkehrsunfall gegeben, bei dem Lucas und Angela Weber sehr schwer verletzt wurden. Lucas ist so schwer verletzt, das er nicht überleben wird. Es ist ein Wunder, das er noch nicht gestorben ist, wir können medizinisch nichts mehr für ihn tun. < erklärte Carlisle.

Jacob war blass geworden und hatte sich auf den Stuhl neben sich fallen lassen.

„ Aber das kann doch nicht sein, sie waren vorgestern noch zusammen und hatten so viel Spaß“ ging es ihm durch den Kopf.

> Und es gibt keine Chance, das er überlebt? <

Jacob konnte es einfach nicht glauben.

Carlisle schüttelt ernst den Kopf und schaute ihn mitfühlend an.

> Es tut mir leid Jacob, seine Verletzungen sind zu schwer. <

> Und was führt Sie nun hierher? < fragte Billy mit versteinerter Mine, der wohl schon ahnte, worum es ging.

> Prof. Collister hat mich um Hilfe gebeten. <

Sowohl Billy als auch Jacob blickten ihn verblüfft und fragend an.

> Lucas Vater hat eine Ahnung von dem was wir sind. < begann Carlisle vorsichtig.

> Er leidet und will seinen Sohn nicht ganz verlieren, verstehen Sie das? < wandte er sich nun an Billy. Der nickte langsam mit dem Kopf.

> Welcher Vater würde das nicht wollen. <

Er schaute zu Jacob herüber und nickte noch einmal.

> Deshalb möchte ich Sie um eine Ausnahme des Vertrages bitten, damit wir Lucas umwandeln können. <

Es herrschte lange Schweigen in dem Wohnzimmer der Blacks, das wie Blei in der Luft zu hängen schien. Jacob war aufgesprungen und lief unruhig im Wohnzimmer auf und ab, man sah förmlich die Gedanken, die in seinem Kopf arbeiteten.

Sein Vater saß ohne jede Regung in seinem Rollstuhl und starrte auf den Boden.

Carlisle war angespannt, er wusste, dass jetzt alles von der Entscheidung der beiden abhing.

Nach einer Ewigkeit, so schien es Carlisle, hob Billy den Kopf und schaute ihm direkt in die Augen.

> Wenn wir dem zustimmen, können sie uns versichern, das von dem Jungen keine Gefahr für unsere Familien und auch für andere Menschen ausgehen wird? <

 

Jacob war stehen geblieben und sein Gesicht entspannte sich etwas. Er war bestimmt nicht scharf darauf, dass hier noch ein Blutsauger mehr herum lief, aber Lucas war sein Freund und er wollte ihn nicht verlieren. Und hatte er ihm nicht gesagt, er hätte was gut bei ihm? Jetzt könnte er das Versprechen einlösen. Er war hin und her gerissen. Andererseits hatte Dr. Cullen ihm ja auch geholfen, nachdem er vor kurzem bei dem Kampf gegen Victoria so schwer verletzt wurde. Die Cullens und die Wölfe waren doch Verbündete, wäre es da nicht völlig normal ihnen zu helfen?

Er schaute seinen Vater an, der einen kurzen Blick mit ihm wechselte und dann wieder fragend in Carlisle's Augen blickte.

> Ich kann Ihnen versichern, das wir alles tun werden, was in unserer Macht steht, das Niemand zu Schaden kommt. Notfalls gehen wir nach Alaska, bis Lucas sich unter Kontrolle hat. Aber ich bin sicher, dass dies nicht nötig sein wird. < sagte Carlisle.

Billy nickte langsam und schaute dann seinen Sohn an.

> Die Entscheidung liegt bei dir, Sohn. Sam ist zwar der Führer des Rudels, aber du bist und bleibst der Sohn des Häuptlings und bist die Nummer eins im Stamm. Sam und selbst der Ältestenrat wird sich dir beugen müssen, egal wie Deine Entscheidung aussieht. Ich habe meine Bedenken bei dieser Sache, aber die Cullens haben seit über 100 Jahren bewiesen, das sie menschliches Leben achten und ich bin mir auch sicher, das sie alles tun werden, dass sich daran nichts ändert, aber ein Restrisiko bleibt. < sagte Billy immer noch leicht zweifelnd.

 

Jacob hatte seine Wanderschaft im Wohnzimmer wieder aufgenommen. Er sollte entscheiden, genau das, was er nie wollte. Er hatte extra Sam den Vortritt im Rudel überlassen, weil er sich für Entscheidungen dieser Tragweite einfach noch nicht gewachsen fühlte.

Aber hatte er Lucas nicht so viel zu verdanken? Er hatte ihm den abgrundtiefen Hass gegen Edward genommen und ohne Diesen hatte er nichts mehr gegen ihn, außer vielleicht, das er ein Vampir war. Ihm hatte er zu verdanken, dass er in Bella jetzt eine Freundin sehen konnte und sich nicht mehr in Liebe zu ihr verzehrte.

Doch was, wenn doch etwas passierte, wenn die Cullens nicht verhindern konnten, das Lucas als Vampir Menschen tötete. Dann lastete das auf seinem Gewissen.

Er war hin und her gerissen. Wie sollte er nur entscheiden.

Billy und Carlisle schauten ihn an und sahen beide, wie sehr Jacob mit sich rang.

Sein Vater wusste, dass er ihm diese Entscheidung nicht abnehmen konnte, dass Jacob ganz allein durch diesen Prozess hindurch musste und war voller Mitgefühl für ihn.

Jacob tigerte immer noch wie ein gefangenes Tier im Wohnzimmer auf und ab.

Nach einer langen Zeit seines stillen Kampfes blieb er dann abrupt vor Carlisle stehen.

> Ich gebe ihnen die Erlaubnis, aber bitte, sorgen sie dafür dass nichts passieren kann. < sagte Jacob eindringlich zu ihm.

Carlisle atmete erleichtert aus, war aufgestanden, legte seine Hand auf Jacobs Schulter und sah ihm direkt in die Augen.

> Das verspreche ich, Jacob und vielen Dank. Wir werden Dein Vertrauen nicht enttäuschen. <

Billy nickte und hielt Carlisle die Hand hin.

> Dann sollten sie sich jetzt beeilen Dr. Cullen. < sagte er zum Abschied.

Carlisle verabschiedete sich dankbar von beiden und beeilte sich, in seinen Wagen zu kommen. Noch während der Fahrt holte er sein Handy heraus und drückte auf eine Kurzwahltaste.

> Carlisle? < meldete sich Jasper am anderen Ende.

> Jasper, wir bekommen die Ausnahme vom Vertrag. Wir brauchen einen Helikopter mit mobiler Intensiveinheit. Bitte nutze meinen altbewährten Kontakt und bereitet das Gästezimmer für Lucas vor. < trug er Jasper auf.

Nachdem der ihm versichert hatte, dass er sich sofort um alles kümmern würde, legte Carlisle auf und beeilte sich ins Krankenhaus zu kommen.

Dort angekommen fand er Adrian zusammen gesunken am Bett seines Sohnes.

Lucas ging es sehr schlecht, sie hatten ihn vor einer Stunde reanimieren müssen und es war erst nach vielen Versuchen gelungen.

Lange würde der Junge nicht mehr durchhalten.

Als Carlisle den Raum der Intensivstation betrat, drehte sich Adrian mit hoffnungsvoll fragendem Blick zu ihm um. Seine Augen lagen tief in ihren Höhlen und die dunklen Ränder darunter zeugten davon, dass er lange nicht mehr geschlafen hatte.

Carlisle nickte ihm bejahend zu und Adrian atmete erleichtert aus. Gott sei Dank, sein Sohn würde leben.

> Wir müssen das weitere Vorgehen besprechen und es ist Eile geboten. < erklärte ihm Carlisle rasch.

Adrian erhob sich und beide eilten in dessen Büro.

> Wir müssen noch etwas Wichtiges besprechen Adrian. Lucas wird in Kürze zu meinem Haus gebracht werden, nur dort kann ich etwas für ihn tun. Sie müssen eine Verlegung in eine Spezialklinik unterzeichnen. Bitte geben sie diese Klinik in Paris an. <

Er legte ihm einen Zettel mit Namen und Anschrift der Klinik auf den Schreibtisch.

> Ein Freund ist mir dort noch etwas schuldig, falls Nachfragen kommen werden, wird er dessen Aufenthalt dort bestätigen. <

Er sah Adrian jetzt sehr eindringlich an.

> Sie werden ihren Sohn sehr lange nicht sehen können, Ihre Frau und auch sonst Niemand darf darüber etwas erfahren, denn sonst wären sie alle in Gefahr, ebenso wie meine Familie auch.

Ich gehe ein sehr großes Risiko ein. < sagte Carlisle sehr eindringlich.

Adrian ergriff dankbar seine Hände.

> Ich versichere ihnen, das dies niemals passieren wird, ich gebe ihnen mein Wort darauf. <

> Gut, dann lassen sie uns die Formalitäten erledigen. < erwiderte Carlisle aufatmend und als sein Handy klingelte, erfuhr er von Jasper, dass der Helikopter in zirka 2 Stunden auf dem Krankenhausdach landen würde.

Er bedankte sich und legte auf.

> In 2 Stunden wird ein Helikopter mit mobiler Intensiveinheit hier landen, bis dahin müssen wir Lucas vorbereitet haben. < berichtete Carlisle sachlich.

Adrian schaute ihn mit erstaunten Augen an.

> Wie haben Sie das so schnell bewerkstelligen können? <

> Man hat so seine Verbindungen. < lächelte Carlisle ihn an.

> Aber das muss ja enorme Kosten verursacht haben, die werde ich natürlich übernehmen. < sagte Adrian sofort, doch Carlisle winkte ab und versicherte ihm, das dies kein Problem wäre.

Während sich Adrian sofort konzentriert daran machte, die Papiere für Lucas fertig zu stellen, eilte Carlisle in die Intensivstation, um alles für den Transport vorzubereiten.

Als alles erledigt war, wurde ihnen auch schon das Eintreffen des Helikopters gemeldet und kurze Zeit darauf Lucas an die mobile Einheit angeschlossen und eilig aufs Dach gebracht.

Nachdem er sich von Adrian verabschiedet hatte, der noch einmal dankbar seine Hände drückte, eilte auch Carlisle aufs Dach und stieg zu Lucas in den Heli. Er hatte Adrian versichert, ihn auf dem Laufenden zu halten.

Noch während der Heli vom Krankenhausdach abhob, beugte sich Carlisle über Lucas.

> Alles wird gut mein Junge, du hast es bald geschafft. <

Nachdem er sah, wie das Gift sich in seinem Körper ausbreitete, schaltete er die Intensiveinheit ab, denn die brauchte der Junge nun nicht mehr.

Nur wenige Minuten später landeten sie auf der Lichtung vor dem Haus und Lucas wurde ins Gästezimmer getragen.

Sofort kümmerte sich Esme liebevoll um ihren neuen Sohn. Sie setzte sich neben sein Bett und sprach beruhigend auf ihn ein, streichelte ununterbrochen seinen Arm. Auch Carlisle würde die meiste Zeit dort verbringen.

Die gesamte Familie stand jetzt im Zimmer und alle konnten sehen, wie sehr Lucas litt, als sich das Gift immer weiter in seinem Körper ausbreitete. Seine Schreie waren im ganzen Haus zu hören und jeder dort war betreten und still.

Drei Tage, dann würde es vorbei sein. Nur drei Tage, dann wäre er erlöst von seinen Qualen und die Ewigkeit könnte beginnen.

 

 

** * **

 

 

Lucas tauchte langsam aus der Schwärze der Umnachtung auf. Er spürte rasende Schmerzen, ein unglaubliches Brennen im ganzen Körper, das ihm fast wieder die Besinnung zu rauben drohte.

Er hatte das Gefühl auf einem Scheiterhaufen zu stehen und tausende von gierigen heißen Flammen machten sich daran seinen Körper zu verzehren. Sie schmorten ihm die Haut vom Fleisch, um sich dann bis auf seine Knochen durch zu fressen. Nie in seinem Leben hätte er sich vorstellen können, das es solche Schmerzen geben könnte.

Er spürte das Brennen seiner Kehle, die von seinen Schreien schon ganz wund war.

"So muss die Hölle sein " schoss es ihm durch den Kopf. War er in der Hölle gelandet? Aber warum nur, er hatte nie etwas unrechtes getan. Wieder hatte er das Gefühl, vor Schmerzen das Bewusstsein zu verlieren, aber das war ihm nicht vergönnt.

Irgendwann drang eine Stimme in sein Bewusstsein, die liebevoll und ruhig zu ihm sprach und etwas Kaltes strich immer wieder über seinen Arm. Was war das? Und wer sprach da zu ihm?

Er konnte nicht denken, diese Flammen verursachten ihm nie geahnte Höllenqualen. Er konnte sich nicht bewegen, seine Augen nicht öffnen, er lag auf etwas hartem und wurde von den Flammen verzehrt.

Diese Stimme, woher kannte er nur diese Stimme? Was wollte sie von ihm?

Oh Gott, diese Schmerzen, er hatte das Gefühl wahnsinnig zu werden vor Schmerzen.

Da war sie wieder, diese Stimme.

Er wusste nicht wie lange er diese grauenhaften Schmerzen schon ertrug, als ihm bewusst wurde das sie nun immer stärker und stärker wurden. Zu den Flammen kamen jetzt auch noch Messer, die ihn durchbohrten und genüsslich in winzige kleine Teile zerschnitten.

Schreien konnte er nicht mehr, seine Stimmbänder hatten ihren Dienst aufgegeben und sich in ihr stummes Schicksal gefügt.

Nach einiger Zeit, er wusste nicht wie viel bereits verstrichen war, intensivierten sich die Schmerzen noch. Er hätte nie geglaubt, dass dies möglich sein könnte. Tausende von Schwertern unterstützten nun die Flammen und Messer in ihrer mörderischen Arbeit und stachen und schnitten in rasender Geschwindigkeit auf ihn ein.

„ Lieber Gott bitte, bitte lass mich sterben „ dachte er inbrünstig.

Aber der ließ ihn jämmerlich im Stich.

Irgendwann, er hatte das Gefühl es müssen Tage oder gar Wochen gewesen sein, ließen die Schmerzen nach, wurden immer weniger und es war eine solche Wohltat, das er vor Glück hätte schreien können, doch seine Stimmbänder versagten ihm immer noch ihren Dienst.

Er vernahm Geräusche, immer mehr konnte er ausmachen.

Jemand beugte sich über ihn.

> Kannst du mich hören mein Junge? Es ist bald vorbei, die Schmerzen werden bald vorbei sein, hab nur noch ein wenig Geduld, dann ist alles gut. <

„ Dr. Cullen ? „ Entsetzt registrierte er, wer da zu ihm sprach. Hatte er ihm all diese Schmerzen zu verdanken? Aber warum nur tat er ihm so etwas an?

Seine Gedanken rasten durch seinen Kopf und plötzlich war da das Glassplittern, das furchtbare Geräusch von reißendem Metall. Und dann erinnerte er sich entsetzt an das Schreien. Das Schreien, das ihn so sehr erschüttert und ins Herz geschnitten hatte, bevor um ihn herum alles schwarz wurde.

„ ANGELA „ Oh mein Gott, Angela war bei ihm im Auto. Wo war sie, ging es ihr gut?

 

> Seht mal, es ist gleich vorbei. Seine Haut verfestigt sich bereits. < hörte er die fröhliche Stimme von Alice

„ ALICE ? „ Was meinte sie denn bloß? Er merkte wie angespannt all seine Sinne plötzlich waren. Schmerzen nahm er kaum noch wahr, sein Körper fühlte sich kräftig und stark an, nur noch ein Kribbeln überall, und dann war auch das vorbei. Er registrierte es mit wachem Verstand und dann schlug er die Augen auf.

 

 

** * **

 

 

Als der Helikopter auf der großen Lichtung vor dem Haus mit donnerndem Fauchen die Luft zerschnitt, kamen alle aus dem Haus geeilt und Emmett trug Lucas auf den Armen ins Haus hinauf in Carlisle Büro, in dem schon eine Liege für ihn bereit stand.

Carlisle, der ebenfalls ausgestiegen war, eilte ihm mit dem Rest der Familie hinterher. Außer Jasper. Der hatte einen Koffer in der Hand, der randvoll mit Banknoten gefüllt war. Er bestieg den Heli und übergab ihn dem Piloten, der ihn unsicher, sich unwohl fühlend und mit Schweiß nassen Händen entgegen nahm.

Er hatte für Mr. Cullen schon einige zweifelhafte Unternehmungen geflogen und war immer sofort reichlich entlohnt worden, aber dieser Mann war ihm nicht geheuer. Er hatte eine Furcht einflößende Art und sein Gesichtsausdruck ließ keinerlei Zweifel zu, das sein Leben keinen Pfifferling mehr wert war, sollte er sich nicht an seine Schweigeklausel halten, was seine Geschäftsbeziehung zu ihm anbelangte.

Doch für 300 000,- Dollar pro Flug würde er noch ganz andere Dinge auf sich nehmen und er hoffte, dieser Kerl würde auf seine Hilfe noch oft angewiesen sein.

Nachdem Jasper den Heli wieder verlassen hatte, hob er ab und verschwand ebenso schnell wie er gekommen war.

Jasper ging zu den Anderen hinauf in Carlisle Büro.

Sie hatten Lucas bereits auf die Liege gebettet. Noch immer trug er sein OP-Hemd, was Alice dazu veranlasste, nachher mit Rosalie erst einmal nach Port Angeles zu fahren, um für Lucas eine komplette Garderobe und ein Hunderter Pack dunkelbrauner Kontaktlinsen zu kaufen.

Esme hatte sich sofort neben Lucas niedergelassen und würde ihren Platz nicht eher räumen, bis der Junge die drei furchtbaren Tage durch gestanden hatte.

Edward war zu Bella gefahren, um ihr zu berichten, was vorgefallen war und sie darauf vorzubereiten, dass sie das Haus der Cullens vorerst nicht betreten durfte.

Die allerdings wollte sofort genau dorthin, um sich schon mal ein Bild davon zu machen, was sie nach ihrer Hochzeit mit Edward in ein paar Monaten erwarten würde.

Doch Edward blieb hart, alles diskutieren half nichts, niemals würde er erlauben, dass sie das sah. Er dachte schon mit Schrecken an Bellas Verwandlung, aber es war ihr ja einfach nicht auszureden und so hatte er sich irgendwann geschlagen gegeben und dem zugestimmt.

Irgendwann lenkte sie dann ein und war einfach nur froh, dass Lucas nun Gott sei Dank überleben und ein Mitglied der Familie werden würde.

Wie sehr sehnte sie sich danach auch bald auf ewig zu Edward zu gehören, das der endlich die Angst um ihre menschliche Verletzlichkeit verlor und sie nicht mehr wie ein Küken in Watte packte.

Sie malte sich in den schillerndsten Farben aus, wie sie mit der Familie durch den Wald jagte, auf der Suche nach saftiger Beute.

Ein seliges Seufzen entrang sich ihrer Brust und Edward schaute sie verunsichert an. Wieder einmal verfluchte er, dass er ausgerechnet ihre Gedanken nicht lesen konnte.

Sie kuschelte sich an ihn und verriet, wie sehr sie sich auf ihre eigene Verwandlung freute, worauf Edward mit versteinertem Gesicht abwesend in den Raum schaute und sie ganz fest an sich drückte.

„ Wie kann man sich nur auf so etwas freuen „ dachte er bitter.

 

Am Abend trafen Alice und Rosalie wieder ein, den Wagen beladen bis unters Dach mit Allem, was Lucas so benötigen könnte und räumten auch alles gleich in seinen Kleiderschrank.

Alice suchte Unterwäsche, eine todschicke schwarze Jeans von D&G und einen rosèfarbenen dünnen Seidenpullover, von dem sie behauptete, er würde so gut zu seinem dunklen Haar passen, heraus und ging hinüber ins Büro. Mit Esme’s Hilfe zog sie Lucas die Sachen an. Socken in Pulloverfarbe und Schwarze Slipper rundeten die ganze Sache ab.

Alice trat ein paar Schritte zurück, begutachtete ihr Werk und war mit sich sehr zufrieden. Ihr neuer Bruder sah einfach fantastisch aus. Langsam veränderten sich auch Körper und Gesicht und ließen erahnen, wie er bald wirklich aussehen würde.

Seine Schmerzensschreie hatten nach ein paar Stunden aufgehört, aber sie wusste aus eigener Erfahrung, wie sie alle hier, dass er sie immer noch spürte. Nicht mehr lange, dann wäre er endlich erlöst.

Carlisle schaute immer wieder zu ihm herein, untersuchte den Fortgang der Umwandlung und war sehr zufrieden. In ein paar Stunden wäre sie abgeschlossen.

Alle in der Familie, besonders Jasper und Emmett, rüsteten sich schon für den Moment, wenn er erwachte. Er würde, wie jeder Neugeborene, sehr stark sein und da er keine Ahnung hatte, was mit ihm passiert war, wohl auch sehr gefährlich.

Es galt ihn erst zu beruhigen und ihm dann vorsichtig bei zu bringen, was er nun war und warum. Jasper, der die meiste Erfahrung mit Neugeborenen hatte, sollte dabei den Hauptpart übernehmen und Lucas mit seiner Fähigkeit, Gefühle zu beeinflussen, die erste Angst nehmen und für Gelassenheit sorgen, bis sie ihm alles erklärt hatten.

Edward, Emmett und Jasper waren jagen und hatten das Blut von 4 Pumas im Kühlschrank als Konserve gelagert, damit sie Lucas sofort versorgen konnten, was seinem emotionalen Gleichgewicht natürlich auch zu Gute kam.

 

Während der Jagd hatten sie sich über Jacobs Entscheidung unterhalten, die keiner von ihnen verstehen konnte. Alle hatten mit einer Ablehnung gerechnet, da Jacob, wegen der Entscheidung Bellas, sich verwandeln zu lassen und seiner verlorenen Liebe zu ihr, voller Hass gegen die Cullens war. Außer Carlisle, den respektierte er, nicht zuletzt wegen seiner Hilfe bei der schweren Verletzung im Kampf gegen Viktoria. Aber sollte das seine Entscheidung derart beeinflusst haben?

Keiner der drei glaubte wirklich daran.

Aber was mochte ihn dann dazu bewogen haben, seine ablehnende Haltung ihnen gegenüber aufzugeben und die Umwandlung von Lucas zu tolerieren?

Keiner von Ihnen hatte dafür eine halbwegs plausible Erklärung.

 

Nun saßen sie hier unten im Wohnzimmer zusammen mit Alice und Rosalie und warteten darauf, dass die Verwandlung von Lucas zum Abschluss kam. Nur Carlisle war oben bei ihm und Esme, die nicht von seiner Seite wich.

Die Konserve mit dem Pumablut hielten sie in der Küche auf Körpertemperatur, denn sie würde sicher gleich gebraucht werden und alle waren sehr gespannt.

> Er wacht gleich auf. < sagte Alice plötzlich und sprang auf. Alle flitzen die Treppe hinauf ins Büro und sahen gerade, wie Lucas die Augen aufschlug.

 

 

** * **

 

 

Lucas sah die Decke über sich. Sie war in sandfarbenem Ton gestrichen und er erkannte jedes Detail.

Die Körnung des Putzes unter der Farbe und hier und da ein Haar des Pinsels, mit dem die Decke gestrichen wurde. Verwundert bewegte er den Kopf leicht hin und her und war fasziniert von dem unterschiedlichen Lichteinfall auf diesen kleinen Details.

Eine winzig kleine Spinne krabbelte langsam an der Decke entlang und trotz der großen Entfernung konnte er jedes Beinchen, ja selbst die winzigen Augen des Tieres sehen, gerade so als würde er eine riesige Lupe davor halten.

„ Das ist ja ein irrer Traum“ dachte er, schloss wieder die Augen und horchte in sich hinein.

Neben ihm spürte er eine Gefühlspräsenz, die unglaublich schön war. Freude, Liebe… mütterliche Liebe, Mitgefühl und Dankbarkeit.

Erstaunt öffnete er wieder die Augen, wandte den Kopf in die Richtung und schaute direkt in Esmes Gesicht.

Esme….. er hatte nie gesehen wie schön sie doch war. Warum war ihm das nie so aufgefallen? Und dieses Lächeln, mit dem sie ihn jetzt ansah, verbunden mit diesen Gefühlen, die ihm wie eine warme Woge entgegen schwappten.

> Hallo Lucas. < sagte sie mit einer glockenklaren Stimme, die wie eine Melodie erklang und seine Augen weiten sich vor Erstaunen.

> Es ist alles in Ordnung, du bist in Sicherheit. < lächelte sie ihn an.

Aus der anderen Ecke des Zimmers kicherte es leise glockenhell. Bevor Lucas nur daran dachte sich aufzurichten, saß er auch schon.

Alice goldbraune Augen strahlten ihn an und sie zappelte vor Aufregung hin und her. Um sie herum stand der Rest der Cullensfamilie. Carlisle kam langsam, freundlich lächelnd auf ihn zu und legte ihm seine Hand auf den Arm.

> Ich soll Dich ganz herzlich von Deinem Vater grüßen, ich habe vor einer Stunde mit ihm telefoniert und ich soll dir sagen, das er sehr glücklich ist und Dich liebt. <

Auch seine Stimme klang so anders, so rein. Das Gefühl, das Lucas von ihm entgegen strömte, war so voller Wärme und Zuneigung, das ihm ganz warm ums Herz wurde.

Lucas sah an ihm vorbei zu Jasper und Emmett. Jasper wirkte sehr angespannt, seine Gefühle waren von Vorsicht und absoluter Aufmerksamkeit geprägt. War hier irgendwo eine Gefahr? alarmiert schaute er sich schnell im ganzen Raum um und entspannte sich dann wieder. Jaspers Gesichtsausdruck wechselte in Erstaunen. Lucas spürte jetzt Unsicherheit, aber auch Freude von ihm ausgehen.

Emmett grinste über das ganze Gesicht und reine freundschaftliche Gefühle schlugen ihm entgegen, Lucas hatte die Befürchtung, er würde gleich platzen.

> Hallo Bruder, alles aufrecht? > lachte er Lucas an und hätte ihn wohl am liebsten gleich in die Arme gerissen um ihm kräftig auf den Rücken zu hauen.

Rosalies Gefühle waren abwartend, aber freundlich und Edward sandte ihm Gefühle tiefer Freundschaft und Verbundenheit.

Lucas war regelrecht erschlagen von all diesen Gefühlen, die ihm hier entgegen gebracht wurden.

Er schloss wieder die Augen um all das, was er hier gerade erlebte, zu sortieren.

Als er sich einigermaßen beruhigt hatte, schaute er fragend in die Runde. Was war hier los?

> Wir müssen dir sehr viel erklären Lucas < sagte Carlisle vorsichtig zu ihm.

> Du wirst jetzt Dinge erfahren, die dir so unglaublich erscheinen werden, das du sie kaum wirst glauben können. Aber du kannst uns vertrauen, sie sind wahr. <

Und dann begann er zu erzählen, vom Unfall, seinen schweren Verletzungen, dass er im Sterben lag. Der Bitte seines verzweifelten Vaters, der ahnte was sie waren und seiner Rettung.

Dann erklärte er Lucas WAS sie waren, was auch er jetzt war.

Lucas nahm alles mit wachsendem Erstaunen auf.

Sie waren Vampire? ER war jetzt ein Vampir?

Carlisle erzählte wovon sie sich ernährten, das sie keine Menschen jagten sondern nur Tiere, weil sie die Menschen liebten und ihnen nicht schaden wollten.

Lucas sah zu ihm auf, war vollkommen erschlagen von All dem, was er von ihm da alles erfahren hatte und Carlisle sah ihn voller Mitgefühl an. Dann spürte Lucas ein brennendes Kratzen im Hals und fuhr sich mit der Hand darüber.

> Du hast Durst, entschuldige bitte, das ich daran nicht sofort gedacht habe. <

sagte Carlisle und einen Augenblick später stand Edward mit einer großen Konserve neben ihm, reichte sie Lucas und nickte ihm aufmunternd zu.

Der öffnete den Verschluss und ein leckerer Geruch schlug ihm entgegen, der seinen Hals sofort in Brand setzte.

Tiefe Züge nehmend setzte er sie erst wieder ab, nachdem sie bis auf den letzten Tropfen geleert war. Neue Kraft durchströmte ihn bis in den letzten Winkel seines Körpers und er fühlte sich unglaublich wohl und befreit. Das Blut hatte hervorragend geschmeckt und Emmett erklärte ihm, das es Pumablut war. Lecker, daran könnte er sich echt gewöhnen.

Er lebte, würde nicht sterben sondern bis in alle Ewigkeit existieren, wäre stark und nahezu unverwundbar, würde in einer Familie leben, die ihn liebte und die auch er liebte und könnte seinen Vater irgendwann wieder sehen.

Plötzlich durchzuckte Lucas eine Erkenntnis und er spürte sofort die Anspannung von Jasper und Edward.

> Sie lebt, Lucas, aber sie ist noch im Krankenhaus. < erklärte ihm Edward sofort.

Alle sahen Lucas jetzt voller Mitgefühl an, der sich wieder etwas entspannte.

Carlisle erzählte nun, wie es um Angela stand und das er ihn auf dem Laufenden halten würde. Und das sie später eine Lösung finden würden.

Dankbar schaute Lucas ihn an und atmete tief durch. Doch die Gefühle der Angst und Sorge verschwanden nicht. Er schloss kurz die Augen, sah den dunklen Nebel auf seiner Seele wabern und lange klebrige Nebelfinger griffen nach ihr. Angewidert von diesem Anblick konzentrierte er sich ganz kurz und der Nebel verschwand.

Es war ganz leicht, er brauchte ihn sich nur weg zu denken und schon war alles verschwunden. Erstaunt fühlte er sich gelassen und ruhig und öffnete wieder seine Augen.

Jasper riss die Augen auf und tausend Fragen spiegelten sich in seinem Gesicht.

> Wie hast du das gemacht, ich meine, wie konnten Deine sorgenvollen Gefühle, deine Angst um Angela einfach verschwinden? <

Lucas überlegte kurz.

> Ich weiß es nicht, ich habe nur daran gedacht und dann waren sie weg. <

sagte er nachdenklich. Fasziniert lauschte er seiner eigenen Stimme, sie war so wohlklingend und markant, ganz anders als er sie von sich in Erinnerung hatte.

Alle strahlten ihn, wenn auch verwundert, an.

> WOW… tolle Stimme. < sagte Alice und kam auf ihn zu getänzelt.

> Bereit für noch ne Überraschung ? < zwinkerte sie Lucas fröhlich zu, nahm ihn an die Hand und zog ihn von der Liege, auf der er noch immer saß.

Lucas sprang herunter und genoss die Kraft seiner Beine, die seine Landung perfekt abfederten. Ganz aufgeregt zog sie ihn hinter sich her in den Flur und schob ihn vor einen riesigen Spiegel.

Lucas Augen weiteten sich vor Überraschung. Aus dem Spiegel sah ihm ein Mann entgegen, der einem Modemagazin entsprungen zu sein schien. Groß mit einer traumhaften, durch trainierten Figur, die in einer modischen Designerjeans und einem edlen roséfarbenen, Pullover steckte. Das kurze dunkle Haar war ein toller Kontrast zu seiner hellen Haut und sein markantes Gesicht sah ihn mit staunenden, feuerroten Augen an.

> Die roten Augen verlieren sich mit der Zeit wenn du dich nur von Tieren ernährst und bekommen dann die goldbraune Farbe wie wir sie haben. Erst wenn du Menschenblut trinkst, werden sie wieder rot. < zwitscherte Alice fröhlich.

Angewidert drehte sich Lucas zu ihr um.

> Ich werde niemals Menschenblut trinken, wie kommst du nur auf so was. <

Der Rest der Familie stand etwas abseits und beobachtete ihn lächelnd.

> Das wäre sehr schön, < sagte Esme liebevoll > Wir würden uns alle sehr darüber freuen Lucas. <

Carlisle klatschte in die Hände und machte den Vorschlag nach unten ins Wohnzimmer zu gehen. Freudig wurde er von allen aufgenommen und nachdem ihn jeder der Familie in den Arm genommen und willkommen geheißen hatte, gingen sie alle nach unten, setzten sich auf die Sofas und redeten noch bis zum Morgen.

Lucas hatte tausend Fragen, die sie ihm alle bereitwillig und geduldig beantworteten.

Wenn so der Tod aussah, hätte er es nicht besser treffen können.

In den nächsten Tagen würde er seinen Vater anrufen und freute sich darauf dessen Stimme zu hören.

 

 

** * **

 

 

Es war Samstag und Edward war zu Bella gefahren, um ihr, wie versprochen, von Lucas zu berichten. Wie er gestern erwacht war und alles so gut verkraftet hatte was er von ihnen erfuhr, von seiner neuen Existenz.

Er beantwortete lächelnd all ihre vielen Fragen.

> Und sein Vater wusste was ihr seid? Aber woher? Ist er wie ich darauf gekommen? <

Dann erfuhr sie von ihm die Geschichte von Prof. Collister, Carlisle hatte sie ihnen und Lucas gestern Abend erzählt und Bella lauschte ihr mit wachsendem Erstaunen.

Edward wusste ja, dass Adrian Vermutungen über die Cullens anstellte, das hatte er in dessen Gedanken gelesen, aber es war diffus und er war sich sehr unsicher.

> Das war ja wie eine Fügung des Schicksals, ich wäre sehr traurig gewesen, wenn Lucas gestorben wäre….und Angela. > sagte Bella.

> Weißt du wie es ihr geht? <

Edward schaute liebevoll in ihr sorgenvolles Gesicht.

> Leider nicht besonders gut, sie wird überleben, liegt aber noch im Koma. Carlisle meint, sie wird nie wieder normal leben können, die Hirnverletzungen sind einfach zu schwer <

Bellas Herz zog sich zusammen. Die arme Angela, sie dachte an Frau Weber und wie sehr diese leiden musste. Tränen standen in ihren Augen und sie konnte ein Seufzen nicht unterdrücken.

Edward nahm sie in den Arm und streichelte sanft ihren Rücken. Mit der freien Hand hob er ihr Kinn an und sah ihr liebevoll in die Augen.

> Leider passieren solche Dinge, auch wenn sie noch so schmerzlich für uns sind, wir müssen sie hinnehmen. <

Bella legte ihren Kopf an seine Brust und weinte still, während Edwards Hand weiterhin tröstend über ihren Rücken fuhr.

Während er sie dabei beruhigend hin und her wiegte, war er alles andere als ruhig.

Seine Gedanken fuhren unangenehme Kreise, wieder einmal wurde ihm bewusst, wie vergänglich so ein menschliches Leben doch war und wie schnell ein dummer Zufall auch seine große Liebe von ihm wegreißen könnte.

Aus diesem Blickwinkel betrachtet, sah er der Umwandlung von Bella viel positiver entgegen. Er wollte sich nicht ausmalen, wie es gewesen wäre, hätte Bella bei Lucas im Auto gesessen.

Aber so etwas konnte immer wieder passieren, besonders da sie ja das Unglück magisch anzuziehen schien. Ja, Bella wollte so werden wie er und er war nun froh, dass sie sich so vehement durchgesetzt hatte.

Er dachte gerade daran, wie sie, dann auch ein Vampir wie er, mit ihm durch den Wald lief und lachend ihre neue Existenz genoss.

Plötzlich versteift er sich. Bella schaute alarmiert zu ihm auf.

> Jacob, < presste er durch die Lippen > er will mit mir reden. <

Dann nahm sein Gesicht plötzlich einen verwunderten Ausdruck an und er schaute irritiert in Bellas Gesicht.

> Das verstehe ich nicht. < er schüttelte den Kopf als wollte er einen Gedanken loswerden.

Bella, jetzt endgültig alarmiert, sah ihn fragend an.

Doch Edward achtete nicht darauf sondern ging schnell zur Tür und öffnete sie.

Jacob stand vor der Tür, nur mit Shorts bekleidet, sah ihn eindringlich an und wandte sich dem Wald hinter dem Haus zu.

Edward wollte ihm schon folgen, als Bella seine Hand ergriff.

> Ich komme mit, keine Widerrede. < sagte sie bestimmt.

Er nickte nur und sie folgten dann zusammen Jacob, der den Wald bereits erreicht hatte und auf sie wartete.

Bella war beunruhigt, doch das änderte sich in Erstaunen, als sie in Jacobs Gesicht sah,

Er lächelte ihnen freundlich entgegen und nahm sie zur Begrüßung in den Arm.

Edward stand ebenfalls lächelnd daneben.

Was war hier los? Edward lächelte?

Er konnte doch sonst nicht einmal ertragen, wenn Jake nur in ihrer Nähe war.

> Ich bin gekommen um zu erfahren wie es Lucas geht. < begann Jake, immer noch lächelnd.

Bella war völlig irritiert. Kein schmerzlicher Ausdruck mehr in seinem Gesicht, den er immer hatte, wenn Edward in ihrer Nähe war.

Sie verstand die Welt nicht mehr. Was war passiert?

Edward erzählte Jake gerade alles über Lucas, was der mit Freude aufnahm. Beide sahen ganz entspannt aus, vergessen schien die alte Feindschaft.

> Kann mir vielleicht mal Jemand sagen was hier los ist? > wandte sie sich, die Stirn runzelnd, an die Beiden.

Jake lachte sie glucksend an und erzählte ihr dann alles ganz genau, wie Lucas ihm seine schrecklichen Gefühle genommen hatte und wie befreit er sich seither fühlte.

Bellas Augen waren während des Berichts immer größer geworden und sie schüttelte immer wieder ungläubig mit dem Kopf. Edward war ebenso erstaunt wie sie, hatte aber alles schon in Jacobs Gedanken gelesen und wollte Carlisle so schnell wie möglich davon berichten.

Nun verstand er auch Jaspers Erstaunen, als Lucas sich so schnell beruhigt hatte. Er konnte also auch seine eigenen Gefühle beeinflussen. Das war…... unglaublich.

Jake legte Edward die Hand auf die Schulter > Ja mein Freund, der Junge hat echt was

drauf < sagte er grinsend.

> Und bei Leah hat er es auch gemacht. Ihr glaubt gar nicht wie entspannt es jetzt im Rudel ist, ihre Gedanken sind echt witzig und sie lebt total auf. Wir haben viel Spaß mit ihr. Wer hätte das je gedacht. <

> Oh Jake, ich freue mich so. du bist also nicht mehr verliebt in mich? so richtig schlimm meine ich? <

Bella sah ihn skeptisch an.

> Ich werde dich immer lieben Bella, das weißt du doch, aber als Freundin…. meine beste Freundin. <

Bella war so erleichtert, dass sie ihm lachend um den Hals fiel und Edward stand erleichtert und froh daneben.

Sie konnte also doch Beides haben, den Mann, den sie so sehr liebte, und den Freund, der ihr Leben so bereicherte und auf den sie sich immer verlassen konnte.

Heute war einer ihrer schönsten Tage im Leben.

> Ich muss nachhause und mit Carlisle reden. < Edward nahm sie in den Arm und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.

> Wie wäre es, wenn ihr den Tag zusammen verbringt? < lächelte er sie an und Jake strahlte sofort übers ganze Gesicht.

> Eine klasse Idee, was wollen wir machen. < wandte er sich sofort an Bella.

> Lass uns ins Reservat fahren, ich habe die Anderen so lange nicht gesehen. < erwiderte sie schnell.

Edward verabschiedete sich mit einem liebevollen Kuss von seiner Liebsten, klopfte Jake freundschaftlich auf die Schulter und beeilte sich dann nachhause zu kommen.

 

 

** * **

 

 

Lucas probierte gerade aus, Kontaktlinsen einzusetzen und zwinkerte mit hoch gezogener Stirn mit den Augen. Er sah alles andere als entspannt dabei aus. Irgendwie wollten die verdammten kleinen Dinger einfach nicht so wie er wollte. Die ersten drei hatte er gar nicht erst ins Auge bekommen, sie landeten irgendwo auf dem Fußboden. Die Biester wollten einfach nicht auf seiner Fingerspitze liegen bleiben.

Gerade hatte er eine frische Linse darauf platziert und knurrte sie böse an.

> Wehe du machst Dich auch aus dem Staub du kleines Mist-Teil. Ich werde garantiert nicht auf dem Boden herum rutschen und dich suchen. <

Alice kicherte leise und die anderen sahen dem Schauspiel schmunzelnd zu.

Mit weit aufgerissenen Augen bewegte er nun den Finger mit obenauf thronender Linse in Richtung Pupille und zack, stach er sich ins Auge. Fluchend zwinkerte er mit den Augen, öffnete sie dann und sah Alice völlig entnervt an.

> Ich habe die Nase so was von gestrichen voll. Was ist das für eine Scheiße? Ich kann überhaupt nichts mehr sehen. <

Alice rollte schweigend mit den Augen und zwang ihn sich zu setzen. Dann bog sie mit unterdrücktem Schmunzeln seinen Kopf zurück und zog sein Oberlid hoch.

> Mein Gott Lucas... das kann doch nicht so schwer sein. Ich hatte gesagt, vorsichtig einsetzten, nicht zerquetschen. du hast nur noch Fetzen auf dem Auge. Also echt jetzt, nicht alles funktioniert mit roher Gewalt. Männer.... <

Sie konnte ihr Kichern nicht mehr unterdrücken und erntete von Lucas einen bösen Blick dafür.

> Gewöhne Dich besser daran, du wirst sie eine lange Zeit brauchen, wenn du dann soweit bist, um dich unter Menschen zu bewegen. <

ermahnte ihn Alice grinsend.

Edward schmunzelte, Alice war mal wieder in ihrem Element.

Er ging zu Lucas, klopfte ihm leicht auf die Schulter und grinste ihn schief an.

> Vor ihr gibt es kein Entkommen, daran solltest du dich besser schon mal gewöhnen. <

Alice drehte sich herum und streckte ihnen die Zunge heraus.

> Einer muss sich ja schließlich um unseren neuen Bruder kümmern. <

Esme trat an Lucas Seite und legte ihre Hand auf seinen Arm.

> Aber das tun wir doch alle. < sagte sie sanft und sah ihn dabei mütterlich lächelnd an.

> Heute Nachmittag werden wir erst mal alle Lucas zum jagen begleiten, die ganze

Familie. <

Man sah ihr an wie glücklich sie war.

Edward nickte Carlisle und Jasper zu und alle drei verschwanden in Carlisle's Büro.

> Ich muss euch dringend etwas erzählen, das ich gerade von Jacob erfahren habe. <

Nachdem er geendet hatte, schauten ihn beide mit höchstem Erstaunen an.

> Er hat eine Gabe? < sagte Carlisle mehr zu sich selbst. > das habe ich nicht gewusst <

> Und was für eine! < nickte Jasper.

Er hatte es ja gestern schon gespürt, konnte es aber nicht so recht einordnen.

> Wenn er sich erst einmal richtig eingefunden hat, werden wir uns seine Fähigkeiten einmal genauer anschauen und sehen, ob und wie weit wir ihm helfen können. <

Carlisle schaute beide ernst an.

> Er wird lernen müssen verantwortlich damit umzugehen. <

Beide nickten, ebenfalls ernst.

Jasper schaute gedankenverloren vor sich hin „ Lucas kann also Gefühle verschwinden lassen, nicht nur manipulieren wie ich. Was für eine Gabe „

Er dachte an sein früheres Leben als Vampir, bevor er zu den Cullens gekommen war. An die Zeit, als er Neugeborenenarmeen ausgebildet hatte, an die damit verbundenen schrecklichen Gefühle, die ihn immer noch verfolgten.

Könnte Lucas ihm diese Gefühle nehmen?

Carlisle und Edward schauen ihn besorgt an, doch er vertrieb die Gedanken und lächelte.

> Lassen wir ihm etwas Zeit und dann reden wir mit ihm. <

Nachdem sie sich darauf geeinigt hatten, gingen sie wieder hinunter zu den Anderen.

Die waren schon eifrig dabei sich für den Aufbruch zu rüsten, um gleich in den Olympic National Park zu fahren. Alle freuten sich auf die erste Jagt mit Lucas, dem man seine Aufregung ansah.

Sein Vampirleben gefiel ihm und er brannte darauf, es nun endlich auszuleben und seine erste Jagt war ein guter Anfang.

Seine Kehle brannte bei dem Gedanken und er wollte so schnell wie möglich los, um seinen Durst stillen zu können.

 

Dank der rasanten Fahrt, Emmett und Carlisle hatten alle Geschwindigkeitsrekorde gebrochen, kamen sie alle recht zügig im Olympic National Park an.

Die beiden Fahrzeuge wurden hinter dichten Büschen, vor neugierigen Blicken versteckt, geparkt. Als dann feststand, in welche Richtung sie sich bewegen wollten, ging es endlich los.

Edward drehte sich mit einem lachenden, herausfordernden Blick zu Lucas um.

> He Lucas, los versuch mich einzuholen. < rief er und rannte auch schon wie von einer Kanone abgeschossen los. Alle um ihn herum lachten und liefen auch los. Himmel waren die schnell. Lucas flitzte los und die Bäume und Sträucher rasten an ihm vorbei.

"Wow… ist das ein geiles Gefühl" dachte er, sein Körper straffte sich und er wurde immer schneller. Trotz dieser unglaublichen Geschwindigkeit konnte er jede Einzelheit ganz genau wahrnehmen. Jedes Blatt, die kleinsten Zweige, winzige Insekten und Ameisen, die an den Stämmen krabbelten…. Einfach alles.

Er raste an Sträuchern und Dornenbüschen vorbei, als Mensch hätte er sich vermutlich die Haut vom Fleisch gerissen, jetzt aber bemerkte er nur ein sanftes Streicheln. Lucas war absolut fasziniert und wurde immer schneller.

Es fühlte sich so gut an, so als würden Unmengen von Adrenalin durch seine Adern pumpen. Er war wie berauscht und könnte stundenlang so weiterlaufen, ohne eine Spur von Müdigkeit.

Wahnsinn.

Langsam holte er die Anderen ein.

Esme vor ihm drehte sich um und lachte.

> Komm Lucas, komm. <

Sofort legte er noch einen Zahn zu und schoss an ihr vorbei. Auch Carlisle hatte er schnell überholt, dann Alice und Rosalie. Nun war Emmett vor ihm, der gerade so etwas wie Indianergeheul ausstieß und dann laut lachend gegen einen Baum sprang.

Mit rasender Geschwindigkeit stieß er sich von dem Baumstamm ab und flog schräg in die Baumkrone einer riesigen Tanne.

> Hehe Bruderherz, mach das mal nach. <

Laut lachend sah er zu Lucas herunter. Der nahm Anlauf und sprang, wie eben bei Emmett gesehen gegen den Baumstamm, flog aber mindestens 50 m zu weit und knallte gegen die Krone eines kleineren Baumes, der krachend mit ihm zusammenbrach.

Emmett bog sich vor Lachen und wäre fast vom Baum gefallen. Auch die anderen amüsierten sich köstlich. Edward war stehen geblieben und sprang jetzt auch in den nächsten Wipfel und schwang mit ihm hin und her wie auf einer Schaukel.

> Na komm schon Lucas, du schaffst das. < lachte er zu ihm herunter.

Sein nächster Versuch gelang und dann sprangen sie alle laut johlend wie eine wild gewordene Affenhorde von Baum zu Baum und hatten den Spaß ihres Lebens. Was für ein Schauspiel, Lucas konnte nicht genug davon bekommen.

Nachdem sie sich alle richtig ausgetobt hatten, nahmen ihn die anderen in die Mitte und sie liefen jetzt leise durch den Wald, auf der Suche nach Beute. Lucas war gespannt wie ein Bogen, alle seine Sinne waren geschärft.

Sein Gehör und sein Geruchssinn waren extrem und sein Blick war rasiermesserscharf.

Ein leichter roter Schleier hatte sich vor seinen Blick gelegt und seine Nase nahm plötzlich einen leckeren Geruch wahr, der seine Kehle sofort in Brand setzte.

Die anderen waren etwas zurück geblieben und beobachteten ihn, er sah es aus den Augenwinkeln. Dieser Geruch zog ihn magisch an und dann sah er sie. Mehrere Wapitis standen auf einer kleinen Lichtung und sein Körper reagierte sofort.

Lucas sah das Pulsieren des Blutes unter der Haut der Hälse. Er sprang und landete auf dem Rücken eines Tieres und schlug sofort seine Zähne genau in diese pulsierende Stelle.

Herrlich schmeckendes warmes Blut floss seine Kehle hinunter und gierig trank er bis das Tier völlig ausgesaugt war.

Die anderen hatten ihm dabei zugesehen und lächelten ihm nun zu.

Nur Emmett lachte anzüglich > Das üben wir aber noch Brüderchen <

Lucas schaute an sich herunter.

Oh je, sein schöner neuer Pullover war an einigen Stellen zerrissen und mit Blut bekleckert, an dem Blätter, Tannennadeln und Moos klebten.

Er verzog entschuldigend sein Gesicht, was alle dazu veranlasste laut los zu prusten.

> Das macht nichts Lucas, ich kaufe dir neue Pullover. < grinste Alice ihn breit an und zwinkerte mit den Augen.

> Und irgendwann wirst du schon lernen, deine Mahlzeiten gesittet einzunehmen. <

Nachdem jeder seinen Kommentar dazu gegeben und ihm alle anerkennend für seine erste Beute auf die Schulter geklopft hatte, wurde weiter gejagt.

Als alle sich satt getrunken hatten, Lucas konnte noch zwei Wapittis und einen Luchs erlegen, machten sie sich auf den Weg zurück zu ihren Fahrzeugen. Lucas fühlte sich als könnte er Bäume ausreißen. Seine erste Jagd, was für ein unglaubliches Erlebnis.

Die ganze Familie war glücklich zu sehen, wie sehr er sich an seiner neuen Existenz erfreute und das tat er wirklich.

Rundum zufrieden traten sie den Heimweg an.

Jasper und Alice zogen sich dann bald in ihr Zimmer zurück, Emmett, Rosalie und Lucas lümmelten auf dem Sofa und sahen fern und Edward setzte sich noch eine Weile an den Flügel, spielte ein paar Melodien und verabschiedete sich dann von allen um zu Bella zu fahren..

Carlisle war in sein Büro gegangen und Esme plante weiter an dem Hochzeitsgeschenk für Edward und Bella.

Alles war so harmonisch und Lucas liebte sein neues Leben in dieser tollen Familie.

 

 

** * **

 

 

Lucas platzte vor Ungeduld. Er sah wie einfach und selbstverständlich die Cullens sich wie Menschen bewegen konnten und bemerkte natürlich auch, wie schwer es ihm noch viel. Dabei war er doch noch vor Kurzem ein Mensch. So sehr er sich auch bemühte, er bekam das einfach noch nicht, oder nicht mehr hin, je nachdem von welcher Warte aus man es betrachtete.

Während die anderen in der Schule waren und Carlisle im Krankenhaus, sprach er Esme darauf an.

> Ich werde dir ein paar Tipps geben, aber geh nicht so hart mit dir ins Gericht, alles braucht seine Zeit, Lucas. <

Sie lächelte ihn sanft an und streichelte ihm über die Schulter.

> Du machst das alles so hervorragend, also setze dich nicht so unter Druck. <

Dann erklärte sie ihm, das Wichtigste sei die menschliche Geschwindigkeit und die Kontrolle seiner Kraft, wenn er sich in der Öffentlichkeit unter Menschen bewege. Er müsse zuerst einmal üben, sich so langsam wie ein Mensch zu bewegen. Alles andere wären Feinheiten, die nicht so viel Aufmerksamkeit erfordern würden. Die Tarnung wäre immer oberstes Gebot.

> Du schaffst das, wie alle anderen auch, Lucas, lass dir Zeit, davon haben wir reichlich. < schmunzelte sie mit einem Augenzwinkern.

Nun lief er schon stundenlang, wie ein Model über den Laufsteg, im Wohnzimmer auf und ab und versuchte, die menschliche Geschwindigkeit zu verinnerlichen. Esme schaute immer wieder mal vorbei, gab Ratschläge, korrigierte hier und da und lobte seine Fortschritte voll mütterlicher Wärme.

Mittlerweile ging es schon wirklich gut und er entwickelte ein Gespür dafür.

Der Rest der Familie, aus der Schule zurück gekehrt, war beeindruckt von seinem Eifer.

Jeder erklärte ihm andere Dinge, die er zu beachten hatte. Kleine Bewegungen, die ihn menschlicher aussehen ließen, wie z.B. Verlagerung seines Körpers von einem Bein auf das andere, wenn er mal länger stehen musste. Er sollte seine Lider öfter bewegen und sich ab und an mal mit einer Hand durchs Haar fahren, den Kopf öfter leicht bewegen.

Er nahm alles auf, speicherte es in seinem Kopf ab und würde jetzt jeden Vormittag üben.

Rosalie erbot sich ihm zu zeigen, wie man sich am besten hinsetzte. Sie forderte ihn auf, ihr genau zuzusehen und machte es ihm vor.

Nachdem sie saß, schaute sie ihn auffordernd an.

Also ging Lucas zum Sofa, ließ sich elegant hinein gleiten, legte vollendet einem Arm auf die Rückenlehne und schlug lasziv die Beine übereinander.

Emmett brach in schallendes Gelächter aus und auch die anderen konnten sich nicht mehr halten, was ihnen böse Blicke von Rosalie einbrachte.

> Hey Lucas, du solltest echt Schauspieler werden. < prustete Emmett, schlang der eingeschnappten Rosalie einen Arm um die Taille und zog sie zu sich heran.

> Komm Rosi, der war doch gut. < kicherte er immer noch und nun musste auch sie schmunzeln.

Während des Abends übte Lucas weiter, während er mit der ganzen Familie zusammen saß und sie sich unterhielten. Zwischendurch gab es immer wieder lobende Worte von ihnen.

Später dann verließen sie nacheinander die Gruppe und gingen ihren eigenen Dingen nach.

 

> Er macht sich viel besser als erwartet. < sagte Jasper zu Carlisle, der sich mit ihm in dessen Büro zusammengesetzt hatte. Auch er war sehr angetan von dem Eifer, den Lucas an den Tag legte.

> Er ist sehr beherrscht und ich denke, wir sollten uns so langsam mit seiner Gabe auseinander setzten. Was meinst du dazu? <

Carlisle überlegte und nickte mit dem Kopf.

> Ja, ich denke wir sollten mit ihm reden und Edward wäre dabei sicher hilfreich. <

Er kam um den Schreibtisch herum, setzte sich seitlich auf die Tischkante und wandte sich Jasper zu.

> Ich bin wirklich gespannt was uns da erwartet. <

Carlisle erhob sich, ging zur Tür und öffnete sie. Auf dem Gang sagte er in normaler Lautstärke

> Lucas, Edward…. Würdet ihr bitte zu uns kommen? <

Er hatte kaum ausgesprochen, als beide schon vor ihm standen und das Büro betraten.

> Lucas, < begann Carlisle < wir würden gern mit dir über deine Gabe sprechen, natürlich nur, wenn du damit einverstanden bist. <

Natürlich hatte Lucas nichts dagegen, war er doch selbst erstaunt darüber, wie sie sich verändert hatte.

Er nickte und Jasper ergriff das Wort.

> Wenn ich das richtig verstanden habe, konntest du schon als Mensch negative, belastende Gefühle auflösen? <

Lucas nickte erneut.

> Das ist sehr erstaunlich und wir fragen uns, wie weit sich deine Gabe jetzt verändert hat.

Hast du Unterschiede bemerkt? <

Lucas dachte kurz nach.

> Ja, auf jeden Fall, sie ist …... anders geworden. <

> In wie fern ? < Carlisle beugte sich interessiert nach vorn und schaute ihn jetzt fragend an.

> Nun ja, als Mensch musste ich jemanden berühren und mich auf dessen Gefühle konzentrieren, jetzt brauche ich nur jemandem gegenüberstehen und an seine Gefühle denken, um sie zu erspüren.

> Das ist sehr interessant. < sagte Carlisle mehr zu sich als zu den anderen.

> Aber um Gefühle aufzulösen brauchst du immer noch die Berührung? <

> Das kann ich nicht sagen, ich habe es noch nicht ausprobiert. < erwiderte Lucas nachdenklich.

> Du solltest es vielleicht einfach mal versuchen. < schaltete sich jetzt Edward ins Gespräch ein und die beiden schauen ihn erstaunt an.

> Versuchs bei mir. Sag mir welche Gefühle du erspüren kannst und ich sag dir, was davon weg kann. < grinste er Lucas schief an.

Lucas nickte, schaute Edward direkt an und dachte an seine Gefühle. Sein Blick schien nun durch ihn hindurch zu gehen.

Carlisle und Jasper sahen den beiden mit höchstem Interesse zu. Ihre Körperspannung verriet ihre Aufregung.

Lucas lächelte, er spürte unglaubliche Liebe, Freundschaft, Verantwortungsgefühl, Dankbarkeit und …. Angst und Verzweiflung.

Er sagte Edward was er erspürte und der nickte.

> Weißt du woher diese Verzweiflung kommt? < fragt Edward gespannt.

> Nein, ich kann nur das Gefühl erfassen, nicht was dahinter steht <

> Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du mir die belastenden Gefühle nehmen könntest, Lucas < Edward sah ihn offen an.

Als der die Hand nach ihm ausstrecken und ihn berühren wollte, trat Edward einen Schritt zurück.

> Versuche es ohne körperlichen Kontakt <

Er kniff die Augen leicht zusammen und beobachtete Lucas genau. Carlisle und Jasper hatten die Luft angehalten vor Spannung.

Lucas nickte, schloss die Augen und konzentrierte sich auf das Gefühl. Es schwamm zwischen den schönen warmen Gefühlen wie ein Eiterherd. Er stellte sich vor, wie dieser immer kleiner wurde und dann in sich zusammen viel. Dann öffnete er die Augen und sah Edward wieder an, der mit erstaunt geweiteten Augen den Kopf hin und her bewegte.

Carlisle und Jasper waren vor Aufregung aufgestanden und sahen ihn ebenfalls gespannt an.

Wie aus einem Traum erwachte Edward, schaute langsam von einem zum anderen und ein befreiendes Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit.

> Das ist unglaublich, ich hätte das nicht für möglich gehalten, wenn ich es nicht selbst erlebt hätte. <

Jasper und Carlisle hatten beide gleichzeitig ausgeatmet. Die Anspannung fiel von ihnen ab.

Carlisle’s Augen leuchteten und Jasper war nun völlig in sich gekehrt.

Eine Weile herrschte Schweigen, in denen jeder seinen Gedanken nach hing.

Plötzlich hob Jasper den Kopf und sah Lucas an.

> Würdest du es auch bei mir versuchen? < fragte er ihn leise.

Carlisle sah ihn mitfühlend an, wusste er doch, wie Jaspers Vergangenheit aussah und wie sehr sie ihn belastete.

Lucas nickte lächelnd, schloss die Augen und konzentrierte sich. Was ihm dann entgegenschlug, traf ihn wie eine Abrissbirne und er riss erschrocken die Augen auf.

Jasper senkte schuldbewusst seinen Blick und nickte traurig.

Lucas atmete einmal tief durch > Lass es mich noch mal versuchen Jasper <

Entschlossen konzentrierte er sich und war diesmal gewappnet. Was er dann fühlte, war kaum zu ertragen. Wie konnte man nur mit diesen Gefühlen leben? Es verschlug ihm den Atem.

Eine bedrohliche schwarze Wolke, die zäh wie heißer Teer vor sich hin waberte, kroch langsam gierig auf ihn zu. Er konzentrierte sich noch mehr, doch sie kam weiter, jetzt allerdings langsamer und schwerfälliger, auf ihn zu. Lucas begann zu zittern, diese grauenhaften Gefühle drohten ihn zu verschlingen.

Mit der Kraft der Verzweiflung zwang er sie zurück, stellte sich vor, wie sie von Flammen aufgezehrt würden und zischend vergingen. Sie wehrte sich, zuckte und wand sich, wurde aber dann kleiner und kleiner und verging zu guter Letzt zischend zu einem kleinen Häufchen Asche.

Geistig völlig erschöpft öffnete Lucas die Augen und lehnte sich Halt suchend an den Schreibtisch. Das war grauenvoll. Wie um alles in der Welt hatte Jasper all die Jahre mit diesen Gefühlen leben können?

Carlisle war sofort an seiner Seite.

> Es tut mir leid Lucas, wir hätten Dich niemals darum bitten dürfen. < sagte er und machte sich große Vorwürfe. Der Junge war noch lange nicht so weit. Er begegnete dem Blick von Edward, der mit weit aufgerissenen Augen Jasper anstarrte.

Carlisle folgte dem Blick und großes Erstaunen malte sich auch in sein Gesicht.

Jasper stand bewegungslos da, sein Gesicht war völlig gelöst und er lächelte beseelt vor sich hin. Dann schaute er auf und seine Augen nahmen sein Umfeld wieder wahr. Ungläubig schaute er von einem zum anderen, legte den Kopf zurück, breitete die Arme aus, drehte sich langsam um seine eigene Achse und ein lautes befreiendes Lachen entrang sich seiner Kehle.

In diesem Moment flog die Tür auf und Alice, Emmett, Esme und Rosalie stürmten in den Raum, erfassten im Bruchteil einer Sekunde die Situation und schauten mit höchstem Erstaunen von einem zum anderen.

Alice eilte zu Jasper, der sie in seine Arme riss und sich nun mit ihr lachend im Kreis drehte, sie dann absetzte und so heftig küsste, dass ihr die Luft weg blieb.

Nach Atem ringend fragte sie, was denn hier los wäre.

> Ich bin frei…frei…frei…frei! < rief er immer wieder glücklich aus. Dann erzählte er, unterstützt von Carlisle und Edward, was passiert war.

Alices Augen wurden immer größer und dann sprang sie dem lächelnden Lucas auch schon in die Arme.

> Ich danke dir, < quietsche sie außer sich vor Freude > ab jetzt bist du mein absolut liebster Lieblingsbruder. du hast überhaupt keine Vorstellung, wie lange es ihn schon gequält hat. <

Lucas strahlte und war sogar ein wenig stolz auf sich.

Alle loben ihn und bedanken sich überschwänglich, Esme strich mit mütterlichem Stolz immer wieder über seinen Rücken und lächelte ihn liebevoll an. Er hatte der Familie einen großen Dienst erwiesen, es war sofort zu spüren.

Jaspers euphorische Gefühle hatten sich auf alle übertragen und die Freude war unbeschreiblich.

Carlisle schaute zu Lucas hinüber, der sich mittlerweile etwas erholt hatte und dankte ihm nun auch still, das er seinem Sohn Jasper diese schwere Last von den Schulten genommen hatte.

Alle waren in absoluter Feierstimmung, gingen, alle durcheinander redend, hinunter ins Wohnzimmer und amüsierten sich bei guter lauter Musik die ganze Nacht. Für den nächsten Tag hatte Carlisle schulfrei angeordnet, um dieses Ereignis mit einer ausgedehnten Jagt zu feiern.

 

 

** * **

 

 

Lucas lag auf seinem Bett und ließ die letzten Tage Revue passieren. Er war glücklich mit seinem neuen Leben, eingebunden in der Familie der Cullens.

Und doch schlichen sich in seine Gedanken immer wieder Sehnsucht und Trauer.

Seine Eltern fehlten ihm, er bedauerte, dass er sie nicht sehen durfte, noch nicht. Carlisle hatte ihm erklärt, das es für sie einfach zu gefährlich wäre, solange er seinen Durst nicht unter Kontrolle hatte. Es bestünde die Gefahr, das er sie verletzte und das würde er sich niemals verzeihen könnte. Aber das änderte nichts daran, dass er traurig war.

Wie lange mochte es wohl dauern, bis er unter Menschen gehen konnte? Gab es vielleicht eine Möglichkeit, diesen Drang nach Menschenblut aus den Gefühlen zu löschen? Lucas wollte auf gar keinen Fall einen Menschen verletzen, der Gedanke, er könnte womöglich über seine Eltern herfallen, ließ ihn erschauern.

Er musste mit Carlisle darüber sprechen, vielleicht wüsste er eine Möglichkeit oder hätte eine Idee. Lucas bedauerte auch sehr, dass Bella nicht mehr zu den Cullens kommen konnte, seit er nun hier war. Aber das wäre viel zu gefährlich gewesen, Edward würde das niemals zulassen.

Irgendwie fühlte er sich als Hemmschuh der Familie, obwohl ihm alle immer wieder versicherten, wie sehr sie sich freuten, dass er nun zu ihnen gehören würde. Das sie alle diese Phase durchleben mussten und er geduldiger sein sollte.

Geduld…. die gehörte nicht gerade zu seinen Stärken. Lucas wollte schon immer alles und zwar sofort. Er musste schmunzeln.

Und da war dann noch Angela und er verging vor Sehnsucht, war verzweifelt, dass er sie nicht besuchen konnte und obwohl Carlisle ihm täglich über ihren Gesundheitszustand berichtete, hatte er den unbändigen Wunsch sie zu sehen, zu berühren und in den Arm zu nehmen. Sie lag noch immer im Koma und es zerriss ihn fast, dass er nicht bei ihr sein konnte.

Es musste einfach eine Möglichkeit geben, den verdammten Durst in den Griff zu bekommen.

Solange er den nicht unter Kontrolle hatte, könnte er auch Jake nicht sehen.

Jake, den Werwolf. Sie hatten ihm die ganze Geschichte erzählt und ihm war vor Staunen die Kinnlade herunter geklappt.

Wie blind hatte er eigentlich in seiner Welt gelebt, wie blind waren alle Menschen?

Außer sein Vater, der hatte geahnt, was sie sind und ihm damit den Tod erspart. Lucas war ihm so unendlich dankbar dafür, dass er den Mut aufgebracht hatte, Carlisle zu bitten ihn zu retten.

Er dachte an die vielen Geschichten, die er als Kind so gerne gelesen hatte und nun war er mitten drin, war Teil von ihnen.

Lucas starrte an die Decke, die Arme unter dem Kopf verschränkt und die Gedanken zogen an seinem inneren Auge vorbei, wie eine schwer beladene Karawane in der Wüste. Schwer atmete er durch, fasste einen Entschluss, stand dann auf und ging den Flur entlang bis zum Büro von Carlisle.

Der saß an seinem Schreibtisch und las, legte aber sofort das Buch aus der Hand als Lucas eintrat und schaute zu ihm auf.

> Guten Morgen Carlisle, hast du einen Moment Zeit für mich? <

> Ich habe immer Zeit für Euch Lucas, was kann ich für Dich tun? < fragend blickte er Lucas an und wies mit der Hand auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch.

Lucas setzte sich und sortierte noch mal seine Gedanken.

> Ich frage mich, ob du eine Möglichkeit siehst, wie ich meinen Durst schneller kontrollieren könnte. <

Voller Hoffnung sah er in sein Gesicht. Carlisle überlegte und sah ihn dabei ernst an.

> Ich kann deine Ungeduld durchaus verstehen Lucas, aber meinst du nicht, du solltest dir die nötige Zeit lassen? <

Lucas atmete noch einmal tief durch und sah dabei wohl etwas verzweifelt aus, was Carlisle dazu veranlasste, ihn beruhigend an zu lächeln.

> Es schmerzt mich, das ich meine Eltern nicht sehen kann, ebenso wie Angela und meine Freunde, Bella und Jacob. Bald schon feiern Edward und Bella ihre Hochzeit, wo soll ich hin wenn sie hier ist und ich befürchten muss, das ich über sie herfallen werde. Das alles belastet mich sehr. Kannst du das nicht verstehen? <

Carlisle dachte wieder nach und nickte verstehend.

> Natürlich kann ich das nachvollziehen, Lucas und ich werde darüber nachdenken, wie wir dir helfen können. Ich denke, wir sollten das heute Abend mit der Familie besprechen. Wir alle zusammen werden eine Lösung finden. <

Beruhigend schaute er ihn an und lächelte wieder.

Lucas atmete erleichtert aus, nickte und verabschiedete sich von ihm, nachdem er sich für seinen Rat und seine Hilfe bedankt hatte.

 

Den ganzen Tag tigerte Lucas umher. Esme versuchte immer wieder beruhigend auf ihn ein zu wirken und ihn mit kleinen Aufgaben ab zu lenken, aber es half nichts. Er konnte den Abend kaum erwarten.

Am Nachmittag trudelten zuerst die „Schulkinder“ ein und dann am Abend Carlisle.

Er lächelte Lucas aufmunternd an und bat dann die gesamte Familie an den großen Ess-Konferenztisch.

Als sich alle eingefunden hatten, sahen sie Carlisle erwartungsvoll an.

> Lucas hat mich heute Morgen um Hilfe ersucht und wir sollten besprechen, ob und wie wir ihm helfen können. <

Er schaute jeden kurz an und alle nickten. Dann sah er zu Lucas herüber, übergab ihm sozusagen das Wort.

Lucas erklärte der Familie, mit welchen Gedanken er sich herumschlug und fragte sie, ob sie irgendwelche Ideen hätten, die ganze Sache zu beschleunigen.

Er wanderte mit den Augen von Gesicht zu Gesicht und sah, dass alle seinen Wunsch und seine Befürchtungen sehr ernst nahmen und um Hilfe bemüht waren.

Als erster ergriff Jasper das Wort.

> Ich kann Deinen Wunsch sehr gut verstehen Lucas, aber das ist nicht so einfach. Selbst ich habe nach so langer Zeit immer noch Probleme, meinen Durst zu kontrollieren. Wenn wir allerdings eine Möglichkeit finden, bin ich selbstverständlich sofort bereit, dir dabei zu helfen, das steht außer Frage. <

Alle nickten zustimmend.

>Ich finde es sehr verantwortungsbewusst, dass du dich um Bella sorgst, deine Eltern und deine Freunde und auch ich stehe dir voll und ganz zur Seite Bruder. < sagte Edward und das Wort „Bruder“ tat unheimlich gut.

> Aber klar doch, ich bin dabei. < ertönte Emmetts massige Stimme und er lachte Lucas voll an.

Alice starrte blicklos an die Wand gegenüber und alle sahen sie an.

> Es wird klappen < lächelte sie Lucas mit funkelnden Augen an > Ich hab’s gesehen <

Nun diskutierten alle munter durcheinander, schmiedeten Pläne, verwarfen sie wieder bis Carlisle sich zu Wort meldete.

> Ich habe eine Idee. Ich werde aus dem Krankenhaus eine Phiole Menschenblut mitbringen und sie im Wald auf dem Boden ausgießen. Dann begleiten wir Lucas dorthin und werden ihm zur Seite stehen, wenn er versucht seinen Durst unter Kontrolle zu bringen. Was haltet ihr davon? <

Alle waren sofort dafür, nur Jasper sah aus, als hätte er Bauchschmerzen.

> Ich bin mir nicht sicher, ob ich da eine große Hilfe sein kann. < sagte er zweifelnd

> Ich befürchte, ich muss mich da ausschließlich um mich kümmern, um selbst die Kontrolle zu behalten. <

Die anderen nickten alle verständnisvoll und Lucas bekam sofort Gewissensbisse. Sollte er Jasper derart in Versuchung führen? Oder konnte er vielleicht seinen unbändigen Durst gleich mit eliminieren?

Er teilte seine Gedanken den anderen mit und die fanden die Idee gar nicht mal so schlecht.

Selbst wenn es schief ging, konnte ja nicht viel passieren.

Sie beschlossen also, es am nächsten Tag zu versuchen und die Besprechung löste sich auf.

Im Wohnzimmer wurde dann noch lange darüber geredet, alle sagten ihm nochmals ihre volle Unterstützung zu. Edward verabschiedete sich, er wollte die Nacht bei Bella verbringen und auch der Rest der Familie wandte sich schließlich ihren eigenen Beschäftigungen zu.

Lucas erwartete angespannt den nächsten Tag.

 

Oh wie er es hasste. Die Zeit kroch dahin wie eine Schnecke, die den Mount Everest besteigen wollte und es änderte sich auch nicht, als die Familie eingetroffen war.

Carlisle wollte gleich nach dem Krankenhaus in den Wald, um dort das Blut zu platzieren.

Lucas lief unruhig herum und wartete ungeduldig auf sein Eintreffen.

Schon als er an der Bundesstraße auf ihren Zufahrtsweg einbog, hörte er ihn und entspannte sich etwas.

Die anderen warfen ihm immer wieder verständnisvolle Blicke zu und Esme wurde nicht müde, beruhigend auf Lucas ein zu reden. Sie war ganz offensichtlich besorgt um ihr neues Riesenküken. Lucas musste schmunzeln bei dem Vergleich. Ja er war ihr Küken, der jüngste Zuwachs der Familie und sie war sehr besorgt um ihn. Dafür liebte er sie wie eine Mutter.

Das würde sie ja auch sein, für den Rest seiner Existenz. Er hätte es wirklich nicht besser treffen können, diese Familie war einfach hervorragend. Alle waren für einander da, vertraten ethische Werte und liebten sich. Lucas war hier sehr gut aufgehoben, das hatte er längst erkannt.

Carlisle betrat das Haus, erfasste sofort seine seelische Situation und lächelte ihn beruhigend an.

> Ganz ruhig Lucas, ganz egal was passiert, du stehst nicht allein da, wir alle werden dich so gut es geht unterstützen. <

Lucas atmete tief durch und bemühte sich um Gelassenheit.

Jasper tat sein Bestes um Lucas dabei zu unterstützen und er spürte wie eine Welle der Ruhe ihn durchflutete.

Er selbst allerdings sah nicht so zuversichtlich aus. Alice stand dicht bei ihm und streichelte ihm beruhigend den Rücken.

Nachdem Carlisle kurz in seinem Büro verschwand, machte sich die ganze Familie auf den Weg. Emmett war allerbester Laune und freute sich ganz offensichtlich auf ein Abenteuer der Extraklasse.

Carlisle hatte in etwa die Richtung angegeben und alle rannten sie ihrem Abenteuer entgegen.

Nach einer Weile wurde er langsamer und blieb dann ganz stehen. Alle versammelten sich um Lucas und gingen dann langsam weiter. Nach einer Weile roch er etwas. Seine Nasenflügel blähten sich auf und seine Kehle stand augenblicklich in Flammen. Lucas Sinne waren mit einem Mal messerscharf und vor seinen Blick legte sich augenblicklich ein roter Schleier. Wie von tausend Gummibändern gezogen, schoss er los und alle hinter ihm her. Er hörte seine Verfolger, der Schleier wurde dunkelrot und in ihm stieg Wut auf. Sie wollten ihm seine Beute abjagen, daran bestand kein Zweifel. Dieser unglaubliche Geruch zog ihn unweigerlich zu sich und er rannte noch schneller, um seinen Verfolgern zu entkommen.

An der Stelle, wo der Geruch am stärksten war, blieb Lucas abrupt stehen und sah sich panisch um. Wo war seine Beute?

Die anderen hatten ihn erreicht und beobachteten ihn. Edward kam auf Lucas zu und sagte etwas, er jedoch vernahm nur ein Rauschen und ging sofort in Angriffsstellung. Edward machte noch zwei Schritte und ein lautes Knurren kam aus Lucas Kehle. Fauchend sprang er seinen Angreifer an.

 

Carlisle und der Rest der Familie sahen, wie Lucas plötzlich losschoss, auch sie hatten den Geruch von Menschenblut wahrgenommen.

Alle setzten sich sofort in Bewegung und rasten hinter ihm her. Sie sahen, wie er plötzlich stoppte und panisch, sich um seine eigene Achse drehend, nach seinem vermeintlichen Opfer suchte.

Alle blieben in einigem Abstand stehen, nur Edward ging ganz langsam auf ihn zu.

> Lucas, es ist alles in Ordnung, beruhige Dich. Weißt du warum wir hier sind? <

Er hatte noch nicht zu Ende gesprochen, als Lucas knurrend in Angriffsstellung ging. Er fixierte ihn aus zu schmalen, zu Schlitzen verengten, bösartig funkelnden Augen und sprang ihn fauchend an.

Sofort waren alle bei ihm. Emmett, Carlisle, Jasper, der selbst größte Mühe hatte die Beherrschung zu behalten, Rosalie und Esme ergriffen den rasend um sich schlagenden Lucas und hielten ihn gemeinsam im Würgegriff auf den Boden gepresst.

Alice kniete sich neben ihn.

> Lucas…tsch, tsch, tsch, ganz ruhig. Beruhige Dich. Hörst du mich Lucas? <

Er versuchte sich verzweifelt aus dem festen Griff zu befreien und schrie und zischte, doch alle Anstrengung war vergebens. Sie hielten ihn gefangen wie in einem Schraubstock, es gab kein Entkommen.

Alice redete weiter beruhigend auf ihn ein, wieder und immer wieder, bis sich sein Blick endlich etwas aufklarte.

 

Lucas war verzweifelt, die Übermacht war einfach zu groß. Er kämpfte, um frei zu kommen, doch sie ließen keinen Millimeter locker. Er schrie und knurrte, der leckere Duft in seiner Nase brachte ihn fast um seinen Verstand. Verzweifelt versuchte er die Angreifer, die auf ihm saßen, abzuschütteln und auch seine Hände und Beine aus der eisernen Umklammerung von vielen Händen zu befreien, es gelang ihm einfach nicht.

Eine Frau kniete neben seinem Gesicht, das in das Moos gedrückt wurde und sprach auf ihn ein. Er sah zwar, wie sie den Mund bewegte, verstand aber nichts, weil in seinem Kopf nur Rauschen war, das Rauschen seiner Mordlust.

Immer weiter sprach sie, immer weiter, ohne Unterlass und irgendwann, er hatte jegliches Zeitgefühl verloren, verstand er, wie aus weiter Ferne, so als würde er an einem felsigen Ufer stehen und jemand rief ihm durch das donnernde Rauschen der Brandung etwas zu.

Lucas konzentrierte sich auf die Stimme. Er kannte diese Stimme. Was zum Teufel wollte sie nur von ihm? Alles was ER wollte war, sein Opfer zur Strecke zu bringen und seine Zähne in dessen Hals schlagen. Ein verzweifeltes Wimmern drang aus seiner Kehle und er hörte wieder die Stimme, die ihn einfach nicht in Ruhe lassen wollte.

Dann vernahm er wie aus der Ferne die Worte. Warum er hier war? Das war doch offensichtlich, was wollte sie von ihm? Er solle sich beruhigen und dann wieder die gleiche Frage, immer wieder die gleiche Frage.

Lucas versuchte krampfhaft sich zu konzentrieren, doch der Geruch brachte ihn fast um den Verstand.

Warum er hier war…. Die Worte strömten immer wieder in seinen Kopf und er versuchte darüber nachzudenken.

>du willst kein Menschenblut trinken, < sagte die Stimme > erinnere dich Lucas! <

Er dachte so angestrengt nach, das der dunkelrote Schleier vor seinen Augen heller wurde und das Rauschen in seinem Kopf leiser. Jetzt verstand er die Stimme viel klarer und schlagartig wusste er, das sie Alice gehörte. Alice? Was wollte sie denn hier?

>du willst kein Menschenblut trinken Lucas, deshalb sind wir hier. Erinnere dich, wehre dich gegen das Gefühl, diese Wahnsinnslust auf menschliches Blut, vernichte es Lucas, es ist deine einzige Chance. <

Lucas hörte ihre Worte und langsam dämmerte ein Verstehen in ihm auf.

Er wollte den Durst kontrollieren. Vorsichtig fühlte er in sich hinein und sah die rote Kreatur, die ihn fest im Griff hatte, ihm mit verzerrtem Gesicht und fletschen Zähnen immer wieder zu zischte

> Such dein Opfer, du hast Durst und das Blut ist das Leckerste. < sie versuchte wieder die volle Kontrolle über ihn zu gewinnen, doch er kämpfte dagegen an. Er wusste es wieder, er wollte keine Menschen töten, seine Eltern nicht, seine Freunde nicht und auch sonst Niemanden.

Lucas wollte kein Monster sein und Wut machte sich in ihm breit. Wut auf diesen Dämon, der ihn nicht in Ruhe lassen wollte, sondern immer heftiger auf ihn einstürmte und drohte, wieder die Kontrolle zu übernehmen. Aus seiner Wut formte er eine brennende Lanze, die er mit aller Macht, die ihm zur Verfügung stand, in den Laib des Dämons schleuderte. Lucas sah seine verzerrte Fratze, wie er sich, schreiend und um sich schlagend, wand und dann im Feuer verging.

Augenblicklich fiel alles von ihm ab, sein Blick war klar, das Brennen in der Kehle verschwunden und er wunderte sich, warum Emmett und Carlisle auf ihm saßen, warum Rosalie seinen Kopf ins Moos drückte und der Rest der Familie seine Hände und Beine in harter Umklammerung hielten.

> Könntet ihr mich vielleicht mal loslassen? < nuschelte er ins feuchte Moos und spuckte ein paar Tannennadeln aus, die ihm dabei in den Mund geraten waren. Edward hatte den anderen zugenickt, er hatte in Lucas Gedanken gelesen, dass die Gefahr vorüber war.

Alle ließen ihn erleichtert los und er setzte sich auf.

Er merkte, dass er völlig ausgelaugt war. Alle sahen ihn mit großen Augen an.

> Wie steht es mit Deinem Durst? < fragte Carlisle, der ziemlich ramponiert aussah. Sein Hemd war zerrissen und die Harre waren voller Blätter und Tannennadeln. Lucas schaute die anderen an, die nicht besser aussahen. Rosalies Frisur glich einem wackeligen Vogelnest, das mit kleinen Stöckchen stabilisiert und mit reichlich Material vom Waldboden ausgepolstert worden war und ihr Gesicht sah aus, als hätte man sie kilometerweit durch Moos geschleift.

Lucas prustete los und alle sahen ihn ziemlich belämmert an. Als er ihnen dann erklärte, was ihn zu solchen Heiterkeitsausbrüchen verleitet hatte, sahen sie sich alle gegenseitig an und lachten ebenfalls. Alle sahen aus, als hätte man mit ihnen den Waldboden umgepflügt, nur Alice nicht, die was schön wie immer.

Lucas stand auf und blähte die Nasenflügel und roch das Blut, aber es war weniger lecker als das von Puma und Wapitti. Er sah sich um und ein Strahlen breitete sich auf seinem Gesicht aus. Der Geruch konnte ihm nichts mehr anhaben.

Fast andächtig schauten die anderen ihn an und stürmten dann mit Fragen auf ihn ein. Lucas hob lachend die Hände und sein Blick fiel auf Jasper. Sein Gesicht war leicht verzerrt, Alice hielt seine Hand und streichelte mit der anderen immer zu über seinen Handrücken.

Lucas fixierte ihn, sich innerlich wappnend, und konzentrierte sich dann auf sein Gefühl.

Er sah genau den gleichen Dämon, allerdings von Jasper schon in Ketten gelegt, an denen er wie wild riss und zerrte. Er entzündete in Gedanken unter ihm ein Feuer und sah zu wie er zischend verging.

Lucas hatte die Augen noch gar nicht wieder geöffnet, als Jasper ihn schon von den Beinen gerissen hatte und sich mit ihm auf dem Waldboden herum rollte und Lucas dabei immer wieder vor Begeisterung auf den Rücken schlug.

Natürlich war den anderen sofort klar, dass auch er soeben seinen quälenden Durst auf Menschenblut losgeworden war.

Carlisle, Wissenschaftler der er war, musste natürlich noch die Probe aufs Exempel machen, griff in seine Hosentaschen und zog eine längliche Metallröhre hervor, öffnete sie und zum Vorschein kam eine zweite Phiole mit Blut.

Dann öffnete er das kleine Glasröhrchen und hielt es Lucas und Jasper direkt unter die Nase. Jasper und Lucas sahen sich an und lachten. Außer einem leichten Kratzen und Kribbeln war nichts zu spüren.

Als er sich allerdings die anderen anschaute, sah er schon in angestrengte Gesichter. Lucas schloss kurzerhand die Augen, und wandte sich Jedem nacheinander zu und lies bei jedem den eigenen Dämon im Feuer vergehen. Der von Carlisle war der kleinste, der recht gesittet in seinem Gefängnis saß und auch der von Edward war recht manierlich. Alle sahen sich an und das kleine Blutröhrchen machte die Runde und jeder lachte erleichtert, bevor er es weiterreichte.

Lucas fühlte sich wie der Zauberer von Oz und war mächtig stolz auf sich. Er hatte bemerkt, dass es ihm mit jedem Mal leichter gefallen war und nahm sich vor, in Zukunft seine Gabe zu trainieren, mal sehen was dabei heraus kam.

Alle tobten noch ein wenig ausgelassen im Wald herum und machten sich dann gemächlich auf den Heimweg, sich angeregt dabei unterhaltend und lachten viel und ausgelassen.

 

 

** * **

 

 

Am nächsten Nachmittag war die ganze Familie im Wohnzimmer versammelt. Alle waren irgendwie total aufgekratzt. Besonders Jasper war nicht wieder zu erkennen. Er lachte und alberte herum und Alice schien der glücklichste Mensch der Welt zu sein. Jaspers zurückhaltende, fast schon depressive Ausstrahlung war wie weggeblasen. Man hatte das Gefühl, er könne im Moment die ganze Welt umarmen.

Alle waren so glücklich darüber und bedankten sich immer wieder bei Lucas, dass er ihn von seinen Dämonen befreit hatte.

Besonders Esme, die darunter gelitten hatte, dass Jasper so mit sich kämpfen musste.

Jasper scheuchte gerade die wild quietschende Alice durch den Raum und alle amüsierten sich köstlich.

Auch Carlisle hatte ein verträumtes Lächeln im Gesicht und war offensichtlich mit seiner Welt im Reinen.

Edward warf Lucas immer wieder verstohlene Blicke zu und grinste in sich hinein.

Irgendwie hatte Lucas das Gefühl, das hier irgendwas nicht stimmte. Auf seine Frage, was hier eigentlich los sei, versicherten ihm alle sofort enthusiastisch, dass alles in bester Ordnung sein.

Für seinen Geschmack ZU enthusiastisch.

Sie warfen sich immer wieder verschmitzte Blicke zu, wenn sie meinten, er bekäme es nicht mit.

Aber Lucas bekam es mit und war ein wenig irritiert und beobachtete die ausgelassene Gesellschaft skeptisch.

Edward las das natürlich in seinen Gedanken und kicherte ständig vor sich hin. Es schien ihm ja richtig Spaß zu machen.

Dann änderte sich sein Gesichtsausdruck plötzlich und er strahlte Lucas an.

> Wie haben da noch eine Überraschung für Dich. < grinste er, stand auf und zog ihn vom Sofa hoch.

Mit einem Mal war Ruhe im Raum und alle lächelten ihn verschmitzt an.

Edward zog Lucas zur Tür und öffnete sie.

> Du hast Besuch Bruder < sagte Edward nur und schob ihn vor die Tür.

Unten an der Treppe stand Jacob und grinste ihn breit an.

> Boa, du siehst ja monstermäßig aus <

Sein Gesichtsausdruck hatte zu Erstaunen gewechselt.

> Deine Augen sind der absolute Hammer, so richtig gruselig. <

Ich zwei Sätzen war Lucas bei ihm und bevor Jake überhaupt bemerkte wie ihm geschah, hatte Lucas ihn schon in seine Arme gerissen.

> Hey man, willst du mir alle Knochen brechen? < jappste er lachend nach Luft. Sofort ließ Lucas ihn wieder los. Er war so überrascht und glücklich Jacob wieder zu sehen, dass er total vergessen hatte seine Kraft zu dosieren.

> Jake, ich freue mich so dich wieder zu sehen, ich kann dir gar nicht sagen wie dankbar ich dir für mein neues Leben bin < und wieder riss er ihn in seine Arme.

> Aber du küsst mich jetzt doch nicht, oder? <

Seine Frage und der Gesichtsausdruck dazu führte zu Heiterkeitsausbrüchen bei allen, die oben an der Tür standen und dem Schauspiel zuschauten.

> Na das wäre doch mal was, das erste schwule Vampir-Wehrwolf-Pärchen. <

Emmett japste vor Lachen und kriegte sich überhaupt nicht wieder ein. Rosalie stieß ihm mit einem bösen Blick den Ellenbogen in die Rippen. Er machte lachend einen Satz zur Seite und hielt sich die Arme vor den Körper.

> Komm schon Rosi, der war doch nun wirklich gut < kicherte er vor sich hin. Alle lachten ausgelassen, außer Jacob und Lucas, die grinsten süß säuerlich.

> Toller Witz, warte bis ich dir deinen kleinen Vampirarsch aufgerissen habe <

Nun grinste auch Jacob wieder breit.

> Ho, ho, ho <

Emmett kam in gebückter Boxerhaltung auf Jacob zu und spielte mit seinen Fäusten.

> Dann lass mal sehen was du drauf hast. <

Die beiden machten lachend einen Schaukampf und schlugen sich danach freundschaftlich auf die Schultern.

Es war eine fröhliche Runde, aus der Jacob und Lucas sich dann lösten und auf den Wald zu steuerten.

> Geh und spritz dich erst mal mit dem Gartenschlauch ab. < hörte Lucas Rosalie noch sagen.

> Du stinkst nach Hund, so kommst du mir nicht ins Haus! <

Ihr Sarkasmus war mal wieder göttlich. Er erhaschte noch den verdatterten Blick von Emmett und musste nun doch lachen.

Jacob schüttelte nur den Kopf und rollte mit den Augen. > Die ändert sich nie <

Sie gingen durch den Wald und setzten sich wieder auf einen Baumstamm.

> Du bist also ein Werwolf. < begann Lucas das Gespräch und grinste ihn an.

> Sieht ganz danach aus. < grinste Jacob zurück.

> War schon ne Menge was du verkraften musstest, oder? <

Er schaute ihn an und Lucas nickte.

> Ja, ich kam mir vor wie im falschen Film, aber ganz ehrlich, ich fühle mich sauwohl so. <

> Ich hatte mir die Entscheidung Deiner Verwandlung nicht leicht gemacht, ich hatte so meine Befürchtungen. Aber wie ich höre, hast du alles gut im Griff. <

Jacob schaute ihn an und wirkte sehr erleichtert.

> Ja, meine Gabe hat sich weiter entwickelt und ich habe echt alles recht gut im Griff. Wie geht es Leah? <

> Hervorragend, sie hat einen Typen kennen gelernt und ist happy, das ganze Rudel ist so was von erleichtert. du glaubst gar nicht, wie frustrierend ihre Gedanken immer waren. <

Dann erzählte er Lucas vom Rudel, was sie so trieben und beantwortete alle seine Fragen.

Alles war so unwirklich und doch wahr.

Dann verwandelte er sich für ihn und Lucas stockte der Atem. Mein Gott war er als Wolf riesig. Als er sich zurück verwandelt hatte, grinste er breit.

> Nicht schlecht, oder? <

Lucas nickte, immer noch beeindruckt von dem Schauspiel.

> Ihr habt übrigens nichts mehr von uns zu befürchten, ich habe mit meiner Gabe bei allen den Blutdurst auf Menschen beseitigt, und bei jedem Vampir, der mir unter die Finger kommt, werde ich das auch sofort erledigen. >

Jacob riss die Augen auf.

> Wie bitte? du hast was? < fragte er ungläubig.

Lucas erzählte ihm von ihrem gestrigen Tag und seine Augen leuchteten.

> Das muss ich sofort dem Ältestenrat mitteilen, na die werden Augen machen. Dann können wir ja das Verbot, das ihr das Reservat nicht betreten dürft, aufheben. <

Ihm war anzusehen, dass er sich ehrlich freute.

Sie unterhielten sich noch eine Weile und dann wollte Jacob unbedingt los, um die gute Nachricht zu überbringen. Sie verabschiedeten sich mit einer freundschaftlichen Umarmung und Lucas lief zurück nach hause.

 

Carlisle hatte inzwischen mit Lucas Vater gesprochen und ihm mitgeteilt, das er ihn jetzt sehen dürfte, dass keine Gefahr mehr bestand. Er überließ ihm die Entscheidung, Lucas Mutter einzuweihen, allerdings unter der Prämisse, dass sie nicht erfahren durfte, was sie wirklich waren. Lucas Vater versprach ihm, einen Weg zu finden.

Lucas war vor Aufregung ganz schlecht als Carlisle es ihm erzählte.

Sein Dad wollte anrufen, wenn er seine Mum entsprechend vorbereitet hatte.

Esme lächelte ihn so glücklich an und nahm ihn fest in den Arm.

 

 

** * **

 

 

Adrian hatte aufgelegt und lächelte versunken in sich hinein.

Er würde seinen Sohn bald wieder sehen. Carlisle hatte ihn darauf vorbereitet, das er jetzt anders war, aber das war ihm egal. Er war immer noch sein Sohn und er war glücklich, dass er am Leben war.

Nun musste er nur noch Olivia darauf vorbereiten, die vor Kummer fast verging, dachte sie doch immer noch, Lucas wäre in einer Spezialklinik in Paris und es ginge ihm nicht gut, sodass er keinen Besuch empfangen konnte.

Da kam ein hartes Stück Arbeit auf ihn zu. Er saß in seinem Büro und überlegte krampfhaft, wie er ihr alles erklären sollte, ohne ihr zu viel zu verraten.

Denn WAS ihr Sohn jetzt war, durfte sie auf keinen Fall erfahren. Auch musste er eine plausible Erklärung dafür finden, dass Lucas nun dauerhaft bei den Cullens leben würde.

Seufzend erhob er sich und lief nachdenkend im Zimmer auf und ab. Ihm wollte einfach nichts Vernünftiges einfallen.

 

Wie sollte er ihr das alles nur erklären, ohne zu viel zu verraten? Nach einer weiteren Stunde Wanderschaft, fasste er einen Entschluss, verließ sein Büro und fuhr nachhause.

Er fuhr langsam die Auffahrt hinauf und blieb vor der Villa stehen. Nachdenklich saß er im Wagen, die Hände immer noch am Lenkrad.

Nach einer Weile gab er sich einen Ruck und stieg aus.

Er ging ins Haus, begrüßte Maria, die gleich wieder in der Küche verschwand, um das Abendessen zu bereiten.

Olivia fand er lesend im Wohnzimmer, ging auf sie zu und küsste sie flüchtig zur Begrüßung.

Sie schaute fragend zu ihm auf, seine Begrüßungen waren sonst immer liebevoller, und sah in sein zweifelndes Gesicht. Alarmiert erhob sie sich und Angst machte sich in ihr breit. War etwas mit Lucas?

Adrian legte den Arm um ihre Schulter und bat sie, mit ihm ins Büro zu kommen. Dort schloss er sofort die schwere Tür, schob seine Frau zu einem der beiden tiefen Ledersessel und bat sie, sich zu setzen. Dann ließ er sich schwerfällig in den Sessel ihr gegenüber fallen. Olivia war blass geworden und ihre Hände begannen zu zittern. Er beugte sich zu ihr herüber und legte seine Hand auf ihre und sah sie an.

> Keine Angst Schatz, es ist alles in Ordnung. < lächelte er sie beruhigend an.

> Es geht um Lucas, aber anders als du denkst. < räusperte er sich und fuhr fort.

> Bitte höre mir ganz genau zu, es ist sehr wichtig, was ich dir zu sagen habe. Für uns, für Lucas und für die Familie Cullen <.

Sie sah ihn verständnislos fragend an.

> Unser Sohn lebt, aber er ist jetzt….anders. < verzweifelt kratzt er sich am Kopf und rang um die richtigen Worte.

> Anders? Was meinst du mit … ANDERS? Ich verstehe dich nicht. <

Olivia und sah ihn irritiert an.

> Früher hat man uns Märchen erzählt, Geschichten von Fabelwesen und Menschen mit besonderen Fähigkeiten und Vieles mehr. Was, wenn diese Geschichten wahr wären, wenn es sie gibt und sie unerkannt unter uns lebten? <

Olivia schaut ihren Mann an, als würde sie an seinem klaren Verstand zweifeln.

> Sag mal Adrian, hast du getrunken? <

> Liebes, es gibt Dinge, von denen wir keine Ahnung haben, aber sie existieren trotz Allem. Glaube mir. Ich bin durch Zufall damit in Berührung gekommen und bin sehr froh darüber, denn sonst würde unser Sohn heute nicht mehr leben. <

Sie schaut ihn noch immer zweifelnd, nun aber auch erschrocken, an und konnte sich keinen Reim darauf machen.

> Lucas war so schwer verletzt, das er den Tag nicht überlebt hätte. Ich bat Dr. Cullen um Hilfe und nur ihm ist es zu verdanken, das unser Sohn weiter existieren kann. <

> Ich verstehe nicht…... <

Olivia und war nun vollends konfus.

> Was ich dir damit sagen will ist, das wir unseren Sohn nicht verloren haben, das er jetzt aber kein Mensch mehr ist, so wir ihn kennen. <

> Wie bitte? <

Sie hat sie Augen vor Entsetzen weit aufgerissen und glaubte nun wirklich, ihr Mann wäre nicht mehr bei klarem Verstand.

Adrian drückt ihre Hände und lächelte sie an.

> Ich kann es dir nicht anders erklären. Es ist wichtig, dass wir das Gegebene hinnehmen, ohne es zu hinterfragen. Es wäre eine zu große Gefahr für Lucas, die Familie Cullen und auch für uns. Es gibt Kräfte, die nicht wollen, dass solche Existenzen bekannt werden. <

Olivia war nun endgültig durcheinander. Was erzählte er ihr da? Das war doch kompletter Unsinn. Und was hatte er nur immer mit den Cullens?

> Wenn du bereit bist, nichts zu hinterfragen, können wir weiterhin Anteil haben am Leben unseres Sohnes. Wenn du das nicht kannst, werden wir ihn nie wieder sehen. <

Adrian schaute sie eindringlich an und hoffte, dass sie verstanden hatte, was er ihr mitteilen wollte.

Olivia schüttelt immer wieder den Kopf und rieb sich über die Stirn.

> Du willst mir damit sagen, unser Sohn ist kein …. Mensch mehr? <

Mit weit aufgerissenen Augen starrt sie ihn an und Adrian nickt nur.

Seine Frau war aufgesprungen und lief nun im Zimmer auf und ab, beide Arme um ihren Oberkörper geschlungen, als müsste sie sich an sich selbst festhalten. Ihre Gedanken überschlugen sich und sie hatte Mühe, auch nur einen davon zu erfassen.

Nach langem rastlosem Abschreiten des Zimmers blieb sie abrupt vor ihm stehen.

> Ich will ihn sehen! <

Adrian nickte.

> Gut, ich werde mit Dr. Cullen reden. <

Er stand auf, ging zum Schreibtisch, wählte die Nummer von Carlisle und verabredete ein Treffen für den nächsten Abend.

Olivia war völlig abwesend, in ihren Gedanken versunken. Sie nickte nur und ging dann hinauf ins Schlafzimmer. Adrian saß noch lange in seinem Büro, bevor er sich dann auf den Weg zu seiner Frau machte.

 

 

** * **

 

 

Im Wohnzimmer saßen alle beieinander und unterhielten sich angeregt. Edward hatte Bella mitgebracht, die tausend Fragen an Lucas und die Anderen hatte.

Er hatte sich so gefreut Bella wieder zu sehen und sie hatten sich lange umarmt. Edward war glücklich, dass für Bella nun keine Gefahr mehr bestand.

Carlisle kam gerade die Treppe herunter und teilte der Familie mit, das morgen Abend ein Besuch von Lucas Eltern anstand.

Er war außer sich vor Freude, die anderen jedoch schauten eher skeptisch drein. Erst nachdem Carlisle ihnen versichert hatte, das das Geheimnis gewahrt bliebe, konnten sie sich mit Lucas freuen.

Alle waren sehr gespannt auf den nächsten Tag.

 

Lucas konnte sich auf nichts konzentrieren, seine Gedanken waren den ganzen Tag mit dem Besuch seiner Eltern heute Abend beschäftigt.

Wie würden sie auf sein Aussehen reagieren, könnten sie ihn so akzeptieren wie er jetzt war?

Würden sie ihn so noch lieben können? Oder würden sie sich abwenden, weil er jetzt für sie so anders war?

Er war nervös und das änderte sich auch nicht, als die Familie langsam eintrudelte und ihm Mut zu sprach.

Esme hatte den ganzen Tag beruhigend auf Lucas eingeredet, das Eltern ihr Kind lieben würden, egal was mit ihm geschehen war. Hatte sie Recht?

 

> Lucas nun komm schon, deine Eltern werden gleich hier sein. du musst deine Kontaktlinsen einsetzen. Mit den Augen kannst du ihnen unmöglich gegenübertreten. <

Alice zerrte an dem Ärmel seines Pullis und schliff ihn regelrecht mit ins Bad.

> Die Dinger sind unmöglich Alice, ich habe das Gefühl durch ne Kabrioheckscheibe zu blicken, die zu oft durch die Waschanlage geschoben wurde. Lauter Kratzer und Schlieren. <

Lucas sah sie an und verzog das Gesicht.

> Es ist ja nicht für lange und irgendwann kannst du ganz auf sie verzichten, wenn sich deine Augenfarbe normalisiert hat. Na los Lucas, das schaffst du schon. <

Augen rollend ergab er sich in sein Schicksal und trottete hinter ihr her wieder zurück ins Wohnzimmer.

Alle hatten sich versammelt um ihm bei zu stehen.

Esme saß neben ihm und lächelte ihn zuversichtlich an. Edward und Bella saßen auf dem Sofa gegenüber und hielten sich an den Händen. Auch Jasper, der sich bemühte die Stimmung aufzuhellen, saß neben Alice und Emmett, der Rosalie im Arm hatte und alle nickten ihm immer wieder aufmunternd zu. Carlisle stand hinter dem Sofa und hatte eine Hand auf Esmes Schulter gelegt.

 

Alle hörten es sofort. Ein Wagen fuhr von der Schnellstraße auf ihren Zufahrtsweg.

Vor dem Haus angekommen, dauerte es noch eine kleine Weile, bis sie die Wagentüren klappen hörten und vorsichtige Schritte sich der Tür näherten.

Carlisle war sofort da und öffnete sie mit einem Lächeln. Da standen sie, seine Eltern. Sein Vater voll freudiger Erregung, seine Mutter blass und angespannt.

> Herzlich Willkommen Ms. Collister, Adrian, bitte kommen sie doch herein. < sagte Carlisle freundlich mit ruhiger Stimme.

Olivia betrat zögerlich, sich nach ihrem Mann umsehend, den Raum und Adrian folgte ihr.

Lucas schaute den beiden entgegen und würde sein Herz noch schlagen, wäre es jetzt vor Aufregung aus seiner Brust gesprungen.

Der Blick seiner Mutter hatte ihn erreicht.

> Oh! < fassungslos hatte sie eine Hand vor dem Mund geschlagen.

> Lucas? Bist du das? <

Lucas war aufgestanden und ging nun sehr langsam auf seine Eltern zu. Alle verfolgten die Szene voller Spannung.

Olivia betrachtete den jungen Mann, der da geschmeidig auf sie zukam und so viel Ähnlichkeit mit ihrem Sohn hatte. Er sah so unglaublich gut aus, dass sie unbewusst die Luft anhielt.

> Mum? Ich bin’s, Lucas <

Olivia starrte ihn immer noch an und lauschte dem wundervollen Klang seiner Stimme nach.

> Ich bin’s wirklich Mum, glaube mir. <

Nun gab es für seine Mutter kein Halten mehr. Laut aufschluchzend rannte sie zu ihm und nahm ihn in die Arme, um gleich darauf zurück zu schrecken.

Sie schaute Tränen überströmt zu ihm auf, er war kalt wie ein Stein und fühlte sich auch so an.

Unsicher lächelnd sah Lucas ihr in die Augen und seine Mutter schloss ihn nun fest in ihre Arme und ließ ihn nicht mehr los.

Mit einem glücklichen Seufzen erwiderte Lucas die Umarmung und war einfach nur glücklich. Er hatte meine Mum wieder. Er legte den Kopf auf ihre Schulter und genoss den Augenblick.

Sein Vater war zu ihnen getreten und umarmte ihn und seine Mutter zusammen, auch er hatte Tränen in den Augen.

Alle waren gerührt von dem Bild, das sich ihnen bot.

Es dauerte Ewigkeiten, bis die drei sich voneinander lösten und seine Eltern ihn betrachteten.

> Aber bitte setzten Sie sich doch zu uns. < sagte Carlisle und zeigte mit einer Hand in Richtung der Sofas.

Esme war aufgestanden und kam ihnen entgegen.

> Ich bin Esme, es freut mich sehr, die Eltern von Lucas nun auch kennen zu lernen. < freundlich lächelnd hielt sie ihnen ihre Hand entgegen, die beide ergriffen.

Sein Vater hatte den Arm um Lucas Schultern gelegt und betrachtete ihn noch immer voller Faszination. Er wechselte einen dankbaren Blick mit Carlisle, der ihm freundlich zu nickte.

Wieder war es Esme, die die gedrückte Stimmung auflockerte.

> Ihr Sohn ist ein wundervoller Junge, wie haben ihn alle sehr lieb gewonnen. < sagte sie und lächelte erst Lucas und dann seine Eltern an.

Das Eis schien gebrochen, denn nun entspannte sich seine Mutter und lächelte ebenfalls.

Langsam kam ein Gespräch zustande, an dem sich alle rege beteiligten.

Nach einer Weile bat Carlisle seine Eltern in sein Büro, um einige wichtige Dinge mit ihnen zu besprechen.

 

Sie waren lange dort oben, kamen dann aber alle drei entspannt lächelnd wieder nach unten.

Es war alles geklärt worden und seine Mum hatte akzeptiert, dass ihr Sohn nun hier leben würde, sie aber jederzeit Kontakt mit ihm haben konnte.

Sie setzte sich zu ihm und konnte sich der Faszination nicht entziehen, die von dieser Familie und ihrem eigenen Sohn ausging. Er lebte und es ging ihm offensichtlich gut, das war Alles was zählte.

 

In den nächsten Wochen waren seine Eltern oft zu Besuch, Carlisle und Esme waren mittlerweile per du mit Olivia und Adrian und sie verstanden sich ausgezeichnet mit der gesamten Familie. Sie hatten sehr schnell erkannt, dass ihr Sohn hier bestens aufgehoben war. Alle, außer Lucas, hatten ihren Highschool-Abschluß in der Tasche und die Hochzeit von Edward und Bella stand an. In zwei Wochen war es soweit und Alice überschlug sich vor Aktivität. Sie hüpfte durch die Gegend wie ein wild gewordener Flummi.

Das Hochzeitskleid und Edwards Anzug waren geliefert und hingen wartend in Alices Schrank. Alle Einladungen waren bestätigt worden. Die Denalis, Irina, Kate, Tanya, Eleazar und Carmen hatten als erste zugesagt und freuten sich sehr, dass Edward nun auch eine Gefährtin gefunden hatte.

Maggie, Siobhan und Liam wollten zusammen mit den Denalis anreisen und Charlie konnte seit Wochen schon nicht mehr richtig schlafen. Seine einzige Tochter wollte nun also tatsächlich so früh heiraten.

Bellas Mutter Renè wird mit Phil schon eine Woche vorher da sein, um auch noch bei den Vorbereitungen helfen zu können. Natürlich hatten sie auch die Collisters eingeladen, die sehr interessiert und gespannt auf die Menschen aus Lucas jetziger Welt, gleichzeitig aber vor Aufregung nervös und unruhig waren. Carlisle und Esme versuchten immer wieder, sie zu beruhigen aber vergebens. Immer wenn sie bei den Cullens waren, fühlten sie sich gelassen und ruhig, aber sobald sie zu hause ankamen, war davon nichts mehr zu spüren.

 

Als Carlisle heute aus dem Krankenhaus kam, bat er Lucas mit ernstem Gesicht mit ihm in sein Büro zu kommen.

Er schaute ihn voller Wärme an.

> Ich habe eine sehr schlechte Nachricht für dich Lucas. < begann er.

Lucas, der ahnte was nun kommen würde, verspannte sich sofort.

> Angela ist heute Mittag gestorben, es tut mir so leid für dich Lucas. <

Carlisle ging auf ihn zu und legte ihm väterlich die Hand auf die Schulter und sah ihn besorgt an. Lucas nickte nur, schluckte mehrmals, drehte sich dann um, rannte die Treppe hinunter und verließ das Haus.

Carlisle sah ihm voller Mitgefühl nach. Als er ins Wohnzimmer hinunter kam, sahen ihn alle fragend an und er teilte auch ihnen die traurige Nachricht mit.

Edward wollte sofort Lucas nach laufen, doch Carlisle hielt ihn zurück.

> Lass ihm etwas Zeit Edward, er muss das erst mal mit sich ausmachen, ich glaube nicht, das er jetzt mit Jemandem seine Gedanken teilen möchte. <

Edward nickte, ging zurück zum Sofa und nahm Bella in den Arm, die still vor sich hin weinte. Auch den anderen Gesichtern war anzusehen, dass sie diese Nachricht ebenfalls sehr getroffen hatte und alle sich Gedanken um Lucas machten.

Esme war voller Sorge um ihn und wurde von Carlisle getröstet, der ihr versicherte, das er stark sei, sie Vertrauen in ihn haben sollten und ihm helfen würden, wenn er wieder da wäre.

Es war eine sehr bedrückte Stimmung im Haus, keiner sagte ein Wort und jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.

 

 

** * **

 

 

Die Nachricht traf Lucas wie ein Schlag. Wie aus weiter Ferne hörte er die Worte von Carlisle. Er musste hier weg, allein sein…..nur weg. Lucas verließ das Büro fluchtartig, floh aus dem Haus und rannte in den Wald.

Er rannte und rannte und rannte. Dornenbüsche rissen an seiner Kleidung, doch das war ihm egal. In seinem Kopf hatte eine Schlacht begonnen, von der er nicht wusste, wer den Sieg davon tragen würde. Und es war ihm klar, dass er vor diesen Gedanken davon lief, wusste aber gleichzeitig, dass es nichts nützen würde. Auch das war ihm egal, er wollte nur weg. Weit weg. Und so rannte er und rannte und rannte.

Irgendwann blieb er stehen, wusste nicht wie lange er gelaufen war und wo er sich befand, aber es war so unwichtig. Voller Wut drosch er auf eine Tanne ein, die ächzend zu Boden krachte.

Verzweifelt sackte Lucas auf dem Waldboden zusammen und kralle seine Hände in das Moos.

Warum.

Die Frage in seinem Kopf hatte begonnen Achterbahn zu fahren und wurde immer schneller.

Er war Schuld an ihren Tod und diese Erkenntnis drückte ihn nieder, nahm ihm die Luft

Warum hatte er nicht besser aufgepasst, warum musste er ausgerechnet an diesem Tag mit ihr ins Kino gehen, warum hatte Carlisle ihr nicht geholfen, so wie ihm.

In ihm schrie alles und er schluchzte innerlich und hasste seine Augen, dass sie trocken blieben.

Angela…. Was sollte er nur tun ohne sie. Lucas war sich so sicher gewesen, dass sie wieder gesund würde und nun das. Er hatte immer fest daran geglaubt, dass sie eine Zukunft hätten, mal heiraten würden, so wie Edward und Bella…..das Carlisle sie irgendwann verwandeln würde, damit sie ewig zusammen sein könnten.

durch sein Herz fraßen sich Eiskristalle und er begrüßte die Schmerzen. Er wollte leiden, er hatte es verdient.

 

Seth war mit Leah auf ihrer Kontrollrunde am Rande des Reservats. Sie hörten ihn schon von weitem und waren alarmiert. Dann roch Leah, das es Lucas war, der da durchs Unterholz raste.

„ Es ist Lucas „ sagte Leah in Gedanken zu Seth.

„Was ist denn mit dem los? „ dachte Seht „ so weit draußen und allein? „ Sie lauschten, ob noch jemand kam, aber nichts.

„ Da stimmt doch was nicht „ dachte Seth „ Wenn der so weiter rennt, ist er bald in Alaska. Ich verwandle mich mal kurz und frag bei Edward nach „

Leah hatte ähnliche Gedanken.

Sie hatte sich von ihrem Bruder abgewandt und Seth stand nun nackt im Wald und wählte Edwards Nummer auf seinem Handy.

 

Als Edwards Handy klingelte, blickten alle auf. Er sagte nur > Danke Seth, lauft ihm nicht nach, das ist zu gefährlich, wir kümmern uns darum < und sprang auf.

Alle waren sofort alarmiert und standen jetzt ebenfalls.

Carlisle sah Edward nur an und wusste gleich Bescheid.

> Wir müssen sofort los….alle. Er braucht unsere Hilfe. <

Edward küsste Bella schnell und bat sie hier zu warten und dann rannten alle los.

Er war schnell, schneller als die Anderen, die Fährte mit dem Geruch von Lucas war noch gut zu erkennen.

Immer wieder sah er Fetzen von seiner Kleidung an Dornen hängen und wusste, wie kopflos Lucas hier durch gejagt sein musste. Die Sorge um ihn trieb ihn voran.

Er konnte ihn verstehen, es musste Lucas ähnlich gehen wie ihm damals, als er glaubte, Bella wäre tot.

Er musste ihn finden, so schnell wie möglich.

Nach einer Stunde sah er zwei Wölfe, die ihm zunickten. Leah und Seth. Sie hatten sich nicht von der Stelle gerührt.

Edward hob kurz die Hand und rannte weiter.

Nach einer weiteren halben Stunde dann sah er ihn.

Lucas kauerte vor einem Baum auf dem Waldboden, die Arme um sich geschlungen und wiegte sich leicht hin und her, den leeren Blick nach unten gerichtet.

Edward hörte seine Gedanken und erstarrte „Oh mein Gott“

In wenigen Schritten war er bei ihm, kniete sich ebenfalls hin und nahm ihn in den Arm.

Als nächste war Alice bei ihnen, kniete sich hinter Lucas, umschlang ihn von hinten und wiegte ihn wie ein kleines Kind. > Sch, sch, sch Lucas, wie sind bei dir, ganz ruhig, alles wird gut <

Einer nach dem Anderen kam und kniete sich dazu und umschlang die Anderen. Zum Schluss war er eingebettet wie in einem Kokon, sicher und geborgen.

Alle redeten ruhig und leise auf ihn ein. Das er keine Schuld daran hätte, das Carlisle keine Möglichkeit hatte ihr zu helfen. Das sie gestorben war, bevor er sie umwandeln konnte, das er es vorhatte, aber zu spät kam. Carlisle brach es fast das Herz und Esme wollte vor Kummer vergehen.

Die halbe Nacht saßen sie so da und trösteten Lucas. Sie baten ihn seine Gabe einzusetzen und die schrecklichen Gefühle zu löschen, aber er schüttelte nur mit dem Kopf. Jasper tat sein Möglichstes, um sie ihm erträglicher zu machen und langsam, ganz langsam begann er sich zu entspannen.

Sie hatten sich langsam erhoben und sahen nun sein verzweifeltes Gesicht, den leeren Blick.

Esme nahm ihn wieder in ihre Arme. > Es wird vorbei gehen Lucas, es wird vorbei gehen…..irgendwann < Sanft streichelte sie ihm über den Rücken, immer wieder.

Er nickte wieder nur und sie machten sich gemeinsam auf den Heimweg.

 

Seit zwei Tagen lag Lucas nun schon in seinem Zimmer und starrte an die Decke. In ihm war nichts als Leere.

Immer wieder schauten sie nach ihm, erst Edward, dann Esme, die eine Weile neben ihm auf dem Bett saß und seinen Arm streichelte. Jasper kam öfter und hob seine Stimmung und Alice nahm ihn nur in den Arm und sagte nichts. Emmett wusste nicht so recht, wie er mit der Situation umgehen sollte und stand betreten eine Weile an seinem Bett und verließ dann wieder das Zimmer.

Rosalie war nur einmal da, blieb aber lange und erzählte ihm ihre Geschichte. Sie sagte ihm, schlimme Erinnerungen verblassen, werden aber nie verschwinden und das sie ihm Kraft wünschte. Sie war so ganz anders, kein bisschen zickig, sonder offen und weich. So kannte er sie noch nicht und er war ihr dankbar für ihre Offenheit.

Als Bella da war, legte sie sich zu ihm und weinte an seiner Brust, es hatte irgendwie gut getan, ihr über den Rücken zu streichen um sie zu beruhigen.

Aber alle fragten ihn, warum er nicht seine Gabe einsetzte, um mit der Situation besser umgehen zu können.

Tja, warum tat er es nicht? Es wäre ein Leichtes für ihn. Aber wäre es richtig? Sollte er einfach so alles wegwischen und zur Tagesordnung übergehen? Das konnte und wollte er einfach nicht.

In seine Überlegungen hinein klopfte es an der Tür.

> Ja? <

Die Tür öffnete sich und Carlisle stand im Zimmer.

> Können wir reden Lucas? <

Er sah ihn an und sein Gesicht spiegelte Sorge wider.

Lucas nickte nur. Er kam an sein Bett und setzte sich ans Fußende.

> Lucas, zuerst einmal möchte ich dir sagen, das ich sehr stolz auf Dich bin. <

Verwundert schaute Lucas ihn an.

> Weißt du Lucas, wir werden immer wieder in unserem Leben mit Situationen konfrontiert, die uns sehr schmerzen. Das ist schlimm für den Moment, aber es gehört zum Leben und wir wachsen daran. Wie sollen wir uns entwickeln, wenn immer alles so verläuft, wie wir es uns vorstellen und wünschen? < sagte er.

> Das Leben besteht nun mal nicht nur aus schönen Momenten, so sehr wir uns auch danach sehnen. Für Dich wäre es leicht, der Auseinandersetzung mit diesen belastenden Gefühlen aus dem Weg zu gehen, aber du tust es nicht und dafür hast du meine Hochachtung. <

Er lächelt ihn an und tätschelte mit seiner Hand kurz Lucas Arm.

> Ich wollte dir einen Vorschlag machen. Was hältst du davon, für ein paar Wochen Freunde von uns zu besuchen? Ich kann mir vorstellen, dass die Hochzeit, verbunden mit den Feierlichkeiten, für dich sehr belastend sein wird. du hättest Abstand und könntest auf andere Gedanken kommen. <

Lucas dachte kurz nach. Die Idee war nicht schlecht. Er hatte wirklich ein mulmiges Gefühl was die Hochzeit betraf. Natürlich freute er sich sehr für die Beiden, wusste aber auch, dass er soviel Glück im Moment nicht ertragen könnte.

Langsam nickte er mit dem Kopf und sah Carlisle an. > Wo soll’s hingehen? < fragte er dann.

> Ich würde Dich gern in den Regenwald bringen zu Kachiri, Senna und Zafrina. Die Amazonen sind seit langem unsere Freunde und ich denke, die Zeit mit ihnen wird

dir gut tun. <

> Du hast Recht Carlisle, < sagte Lucas nach einer Weile > eine Auszeit wäre jetzt genau das Richtige. <

> Dann packe ein paar Sachen, wir fliegen in fünf Stunden. Die Amazonen wissen bereits Bescheid und freuen sich auf Dich. Mit Deinen Eltern habe ich auch gesprochen, sie sind einverstanden. Aber vielleicht rufst du sie noch einmal mal an bevor wir fliegen. <

Er stand auf und ging zur Tür. Dort blieb er noch einen Moment stehen, lächelte Lucas aufmunternd zu und verließ dann sein Zimmer.

 

Lucas gepackter Rucksack stand unten im Wohnzimmer und die Verabschiedung der Familie war rührend. Jeder Einzelne nahm ihn in den Arm und versah ihn mit guten Wünschen und Ratschlägen. Er hatte den Eindruck, Emmett hätte sich ihnen liebend gern angeschlossen.

 

Seine Eltern hatten ihm eine angenehme Zeit gewünscht und die Hoffnung geäußert, dass er dort ein wenig zur Ruhe käme und Kraft tanken könnte.

> Komm Lucas, der Flieger wartet nicht. < Carlisle stand bereits an der Tür.

Lucas drehte sich noch einmal um und nahm das Bild der Familie in sich auf, bevor er seinen Rucksack schnappte und hinter Carlisle her stapfte.

 

 

** * **

 

 

Nach fast dreizehn Stunden landeten sie in Sao Paulo. Der Flug war zwar lang, in der ersten Klasse aber sehr bequem. Die hübsche Flugbegleiterin war leicht irritiert, da sie während der langen Zeit weder etwas trinken, noch eine Mahlzeit zu sich nehmen wollten. Um den Schein zu wahren, nahmen sie die dargebotenen Decken für die Nacht aber an und ruhten ein paar Stunden.

Mit dem Taxi ging es nach der Landung dann zu einem kleinen Flugplatz etwas außerhalb von Sao Paulo weiter. Sie hielten vor einem Hangar, in dem ein Privatflieger gerade von einem dunkelhäutigen Mann für den Flug vorbereitet wurde.

Carlisle besprach noch einiges mit ihm und dann krabbelten sie in die kleine Maschine.

Lucas war ziemlich baff, als Carlisle sich dann schelmisch lächelnd hinter den Steuerknüppel setzte und begann, die Maschine zu checken. Er würde bereits seit über 60 Jahren fliegen, erklärte er ihm schmunzelnd und wenn er Lust hätte, würde er es ihm gern beibringen.

Sehr routiniert verließ er den Hangar, rollte auf die Startbahn und nachdem sie die Starterlaubnis erhalten hatten, ging es ab in die Lüfte.

Es war ein Erlebnis, in einer so kleinen Maschine zu fliegen. Lucas sah die wunderschöne Vegetation unter ihnen und begann sich auf sein Abenteuer zu freuen.

Sie flogen über Manaus und steuerten dann eine kleine Landepiste in mitten des Urwalds an.

Die riesigen Uhrwaldflächen von oben zu sehen, war einfach atemberaubend, etwas, was man so schnell nicht vergaß. So weit das Auge reichte, nur satt grüner Wald in den verschiedensten Schattierungen.

Der Amazonas schlängelte sich breit und träge durch diese unglaubliche Natur wie eine fette müde Schlange in der Sonne.

Die Landung auf der langen Sandpiste war etwas holperig und sie zogen eine lange Staubwolke hinter sich her.

Carlisle verschloss die Maschine und sie machten sich mit ihren Rucksäcken auf den Weg.

Es war warm und sehr schwül. Am frühen Vormittag, wenn sich bei zunehmender Sonneneinstrahlung Luft und Boden rasch erwärmten, stieg das verdunstende Regenwasser als feucht-warme Luft nach oben und ballte sich am Himmel in zunehmend dichteren Wolken zusammen. Die riesigen Verdunstungswolken, die aus dem feuchten Wald täglich aufstiegen, ließen die direkten Strahlen der Sonne gar nicht erst bis zu den Baumkronen vordringen, so dass unten im Wald ein diffuses Licht herrschte.

Sie liefen auf aus getrampelten Pfaden, die wohl schon so alt waren wie der Wald selbst.

Lucas war total gefangen von der majestätischen Ausstrahlung, die der Wald um sie herum auf ihn ausübte.

Der immergrüne tropische Regenwald war ein so genannter Stockwerkbau. Über riesigem Wurzelwerk befand sich die bodennahe Krautschicht aus Moosen und Farnen und das bis zu fünf Meter hohe Buschwerk, nach oben hin gefolgt vom dichten Dach der Baumriesen, die bis zu 40 Meter Höhe und weit darüber hinaus erreichten.

Lucas atmete tief die warme, feuchte Luft ein, die vom Duft der vielen tropischen Pflanzen und Blumen geschwängert war.

Auch die Geräuschkulisse war überwältigend, von überall war das Zirpen von Insekten, Gezwitscher von den verschiedensten Vogelarten und das Keckern und Brüllen von Affen und anderen Primaten zu hören. Hin und wieder huschten Schlangen durchs Unterholz und suchten schnell das Weite.

Er war wie erschlagen von all den Eindrücken.

Carlisle warf ihm hin und wieder einen Blick zu und schien sehr zufrieden. Genau das hatte er wohl erreichen wollen, Ablenkung für ihn und seine geschundene Seele.

Sie liefen stundenlang, übersprangen kleine Bachläufe, die von riesigen bemoosten Steinen begleitet wurden und in denen sich kleine Fische tummelten.

Nach langer Zeit stoppte Carlisle dann und ließ sich auf einer kleinen Lichtung auf einem umgestürzten Urwaldriesen nieder.

> Hier müssen wir warten. < erklärte er Lucas.

> Kachiri, Senna und Zafrina werden uns hier abholen, sie sind schon sehr gespannt auf Dich. <

Sie unterhielten sich und er erzählte ihm viel über die Amazonen, mit denen er schon viele Jahrzehnte befreundet war. Lucas war fasziniert und konnte kaum erwarten, sie kennen zu lernen.

Und dann waren sie da. Aus dem Buschwerk, nahe ihres Baumriesen, traten sie hervor und begrüßten Carlisle herzlich, um sich dann Lucas zu zuwenden. Alle drei lächelten ihn an und begrüßten ihn ebenso herzlich wie Carlisle, so als würden sie sich schon eine Ewigkeit kennen. Er fühlte sich sofort wohl in ihrer Gegenwart. Die Amazonen waren eindrucksvoll, alle drei mehr als einen Kopf größer als er, schlank mit muskulösen, drahtigen Körpern und einer bronzefarbenen, seidig glänzenden Haut. Ihre langen dunklen Haare hatten sie zu einem dicken Zopf am Hinterkopf zusammen geflochten, der ihnen jeweils bis über die Hüfte hing. Sie trugen kurze Oberteile und Shorts. Die schräg stehenden Augen waren wunderschön und die schwarzen Pupillen waren von einer roten Iris umgeben. Sie lebten also von Menschenblut. Lucas schauderte es kurz.

Die vollen Lippen waren zu einem spitzbübischen Lächeln verzogen, während sie sich angeregt mit Carlisle unterhielten.

Lucas ahnte, dass er mit ihnen das Abenteuer seines Lebens haben würde.

Dann brachen sie alle miteinander auf. Es ging immer tiefer in den Urwald hinein und er war beeindruckt von den geschmeidigen, fast schon elegant anmutenden Bewegungen der drei Frauen.

Als sie endlich am Ziel an kamen, schaute Lucas sich um.

Es war ein Flecken, nahezu rund, von allen Büschen befreit. In mehreren Baumriesen hatten sie aus dünnen Lianen Hängematten geflochten, die in etwa 25 Metern Höhe hingen und mit weichem Laub ausgekleidet waren. Über den Hängematten schwebten so etwas wie Dächer, aus großen schlanken Blättern verwebt, um den Regen abzuhalten.

Lucas Gesichtsausdruck musste ziemlich dämlich ausgesehen haben, denn die anderen lachten amüsiert, als sie ihn ansahen.

Das also war seine Unterkunft für die nächsten Wochen.

Nachdem Carlisle und er die Rucksäcke in ihren Hängematten verstaut hatten, gingen sie beide erst einmal auf die Jagt.

Was Lucas Ernährung anbelangte, war er hier im Paradies gelandet.

Eine Vielzahl von Raubkatzen, Waldelefanten, Affen und Krokodilen würde für viel Abwechslung im Speiseplan sorgen.

Carlisle und er genossen die Jagt, es war so aufregend der Beute hinterherzujagen und er erlegte einen Puma, holte eine weitere getigerte Katze von einem hohen Ast herunter und schnappte sich zu guter Letzt einen Brüllaffen.

Lucas musste zugeben, dass er noch nie so lecker gespeist hatte und war zum Schluss pappsatt.

Auch Carlisle ließ es sich schmecken, solche Leckerbissen bekam er ja nun auch nicht jeden Tag vorgesetzt.

Am Abend saßen sie noch lange zusammen und unterhielten sich mit den Amazonen und die Zeit verging wie im Flug. Carlisle fragte nach vielen Bekannten und bekam bereitwillig Auskunft. Lucas saß meist nur da und lauschte fasziniert den Gesprächen.

Tief in der Nacht erklommen sie flink ihre Hängematten und jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.

Es hatte zu regnen begonnen, wie fast jede Nacht. Die schweren Tropfen prasselten auf das Dach über ihm und er sah, wie die Bromelien, die auf Astgabeln und Zweigen der Bäume wuchsen, sich mit Wasser füllten. Die Geräusche in der Nacht waren wieder anders als am Tag. Das Summen der Insekten hatte aufgehört, um von den Lauten der nachtaktiven Tiere abgelöst zu werden. Er hörte Raubkatzen durchs Unterholz schleichen, auf der Suche nach Beute und eine Waldelefantenherde trampelte in der Nähe durch den Wald. Das vereinzelte Trompeten war noch weit hin zu hören.

Eine große Schlange kroch auf einem der Äste in seiner Nähe und züngelte neugierig in seine Richtung. Er ließ diesen ersten Tag in diesem Paradies Revue passieren und von den vielen Eindrücken mental völlig erschöpft, schloss er die Augen und ruhte sich aus.

 

Noch vor dem Morgengrauen erhob sich der Wald, um den neuen Tag zu begrüßen.

Ein Feuerwerk an Vogelgezwitscher und Flügelschlagen wurde begleitet vom Gezirpe der erwachenden Insekten. Ganze Affenhorden turnten laut schreiend und kreischend durch die Bäume und hier und da waren Papageien zu hören.

Die Hektik des Tages hatte begonnen.

Lucas sah Carlisle aus seiner Matte krabbeln und flink den Baum hinunter klettern, bei etwa fünfzehn Metern Höhe ergriff er dann eine der Lianen und schwang sich wie ein Affe hin und her, bevor er dann auf den Boden sprang.

Lucas musste kichern, das Kind im Manne hatte da wohl mal kurz die Kontrolle übernommen.

Nachdem die Uhrwaldladys ebenfalls ihre Ruheplätze verlassen hatten, verabschiedete sich Carlisle von Lucas und ihnen.

Er überreichte ihm noch ein Satelliten Telefon, für alle Fälle, und mehrere geladen Akkus.

Lucas eine wundervolle Zeit wünschend, machte er sich auf den Weg zurück zum Flugzeug und versprach, ihn in acht Wochen wieder abzuholen.

Kachiri, Senna und Zafrina zeigten Lucas in den kommenden Tagen ihren geliebten Urwald, so wie ihn sicherlich noch kein Mensch gesehen hatte. Sie machten einmal Rast an einem Ausläufer des Amazonas und er kämpfte verbissen mit einem riesigen Alligator. Die Amazonen hatten sichtlich ihren Spaß daran, denn sie schlossen Wetten ab, wie lange er wohl brauchen würde, ihn zu besiegen. Alligatorblut war gar nicht mal so übel, die Mädels allerdings verzogen angewidert die Gesichter.

Von seinem siegreichen Kampf erzählte er am Abend dann Emmett, der sich am liebsten sofort in den nächsten Flieger gesetzt hätte. Lucas musste kichern, als er ihm in allen Einzelheiten von diesem Abenteuer berichtete und Emmett vor Neid fast platzte.

Das Telefon im Haus der Cullens ging reihum und alle freuten sich, dass Lucas soviel Spaß hatte.

Danach rief er noch seine Eltern an und erzählte ihnen wie schön es hier wäre und ja, seine Unterkunft wäre auch sehr komfortabel. Sie wünschten ihm weiterhin einen angenehmen Aufenthalt und er solle doch bitte auf sich aufpassen. Lucas musste schmunzeln, wenn die wüssten, was ihr Sohn hier so trieb, würde ihnen das Herz stehen bleiben. Aber davon sollte er besser nichts erzählen.

So gingen die Wochen dahin. Auch wenn alles so aufregend und neu war, so hatte er doch immer wieder Momente, wie nachts, wenn er in seiner Matte lag, in denen die Erinnerungen an Angela ihn übermannten und quälten. Dann war auch die Traurigkeit wieder da und er vermisste sie sehr.

Doch mit der Zeit wurden seine Gefühle friedlicher und er begann sich mit seinem Schicksal auszusöhnen. Mittlerweile fühlte er sich schon richtig heimisch hier. Die Amazonen verschwanden gelegentlich, um in einem der Indianerdörfer ihren Durst zu stillen und dann streiften sie wieder gemeinsam durch den Wald.

Lucas hatte schon an so vielen Orchideenarten gerochen und entdeckte immer wieder neue. Es war einfach unglaublich, diese Vielzahl schien einfach unerschöpflich zu sein.

Er verstand sich ausgezeichnet mit den Amazonen, besonders zu Zafrina hatte er mittlerweile ein richtig freundschaftliches Verhältnis.

Sie hatte ihm ihre Gabe gezeigt und er war sehr beeindruckt von den Bildern, die sie ihm schickte.

Natürlich bot er allen Dreien an, ihnen den Durst auf Menschenblut zu nehmen, aber sie winkten dankend ab. Die Vorstellung, sich von Tierblut zu ernähren, war wenig verlockend für sie. Aber noch war nicht aller Tage Abend und vielleicht konnte er sie ja doch noch überzeugen.

Für heute hatten sie ihm ein besonderes Erlebnis versprochen und sie brachen sehr früh am Morgen auf.

In drei Tagen sollte Carlisle ihn abholen und er sollte noch ein paar besondere Eindrücke mit auf die Heimreise mitnehmen.

Lucas freute sich schon sehr auf zu Hause, die Familie, obwohl er den Abschiedsschmerz schon jetzt spürte.

Bei einigen Telefonaten hatte er das Gefühl, das etwas nicht stimmte, alle waren irgendwie so angespannt und ziemlich kurz angebunden, versicherten ihm aber jedes Mal, dass alles in Ordnung sei und er sich keine Sorgen zu machen bräuchte.

Gestern dann waren alle irgendwie aufgekratzt, jeder plapperte fröhlich vor sich hin und sie versprachen ihm eine riesige Überraschung, wenn er dort wieder eintreffen würde. Trotz vieler Nachfragen, er war schließlich gespannt wie ein Flitzebogen, hielten sie alle lachend dicht.

Lucas und die Amazonen waren jetzt schon Stunden unterwegs und plötzlich stoppte Zafrina. Eine riesige Anakonda schlängelte sich träge über den Pfad auf das Ufer eines Ausläufers des Amazonas hin.

> He Lucas, schon mal mit 'ner Anakonda gerungen? <

Sie lachte ihn herausfordernd an und hatte sie Brauen in die Höhe gezogen.

Lucas betrachtete das Tier. Es war gewaltig, mindestens 8 Meter lang und bestimmt zweihundert kg schwer.

Noch nie hatte er eine so große Schlange gesehen. Alle drei schauten ihn aufmunternd an und er griff beherzt zu. Das Riesenvieh wickelte sich sofort um seinen Körper und wäre er noch ein Mensch, wäre es das gewesen.

Die Schlange zog sich immer enger zusammen und hätte ihm sicher jeden Knochen im Leib gebrochen, so aber war ihre Anstrengung vergeblich. Aber das Gefühl, von so einer riesigen Kreatur umschlungen zu werden, war irgendwie doch beängstigend, denn schließlich war er noch nicht sehr lange ein Vampir und menschliche Gefühle traten immer wieder mal an die Oberfläche.

Die drei Damen amüsierten sich köstlich angesichts seines merkwürdigen Gesichtsausdruckes und lachten laut.

Natürlich war es nicht besonders schwer sich zu befreien und Lucas warf das Ungetüm danach in den Fluss, wo es schnell das Weite suchte.

Dann ging es langsam weiter und sie erreichten den Tafelberg, der sich beeindruckend neben anderen Bergen aus der Landschaft erhob.

> Die Indianer nennen diese Berge Tepuis „Häuser der Götter“. < erklärte ihm Zafrina

Eine vierhundert Meter tiefe Schlucht klaffte im Tafelberg, sie hatten den höchsten Wasserfall Brasiliens erreicht. Dann begannen sie mit dem Einstieg in die Steilwand des Tepui; nur an dieser Stelle war der Aufstieg bis zur Kante möglich. Sie brauchten ein paar Stunden und als sie dann endlich oben angelangt waren, bot sich ihm ein Bild, welches ihm regelrecht den Atem verschlug. Lucas hörte das Tosen des Wassers und eine Gischtwolke verdeckte die Sicht auf die in vierhundert Meter tiefe Oberfläche. Sie setzten sich auf riesige Felsbrocken, die direkt am Abgrund aus dem Wasser ragten und genossen diesen unglaublichen Anblick. Er war total in diesem Bild versunken, als ihn Senna an der Schulter berührte und er schreckte auf.

Sie wies mit dem Kopf in Richtung Ufer und Lucas sah, das Kachiri und Zafrina dort schon warteten.

Gemeinsam kletterten sie dann etwa zweihundert Meter tiefer auf ein kleines Plateau und die Wassermassen donnerten über ihren Köpfen von oben in die Tiefe.

Zafrina stellte sich ganz vorn an den Rand, breitete die Arme aus und drehte sich ihm zu um.

> Komm Lucas, das wird ein Spaß. < rief sie lachend und verschwand im Nu laut johlend in den herunter donnernden Wassermassen.

Lucas war schon ein bisschen mulmig, aber Kachiri und Senna schoben ihn an den Rand des Plateaus und stellten sich neben ihm auf.

> Auf drei. < lachte ihn Senna an und fing an zu zählen.

Gleichzeitig sprangen sie los.

Es war ein Gefühl, das man unmöglich beschreiben kann.

Als seine Füße den festen Untergrund verlassen hatten, trafen ihn die Wassermassen mit der Wucht einer Abrissbirne und rissen ihn mit sich nach unten. Er durchschlug die Wasseroberfläche und wurde wie im Schleudergang herum gewirbelt.

Mit ein paar kräftigen Schwimmbewegungen entkam er dann aber der Kraft dieser Naturgewalt und tauchte nicht weit entfernt von den drei Mädels wieder auf. Mit einem lauten Freudengeheul machte Lucas seiner Anspannung Luft.

Das war das Riesigste, was er jemals erlebt hatte und auch seine Amazonas Freundinnen gaben laute Begeisterungsrufe von sich.

Nachdem sie eine Weile geschwommen waren, erreichten sie ruhiges klares Gewässer. Sie legten sich flach aufs Wasser, mit dem Rücken nach oben und tauchen mit dem Gesicht in die Wasseroberfläche ein.

Langsam trieben sie mit der trägen Strömung dahin und hatten eine unglaubliche Sicht auf vielerlei Arten von Fischen in den schönsten Farben und Formen, die sie neugierig begleiteten, ein nicht zu beschreibendes Erlebnis.

Lucas ließ sich nach unten sinken und war fast augenblicklich von einem Piranhaschwarm umringt, der ihn wohl für einen besonderen Leckerbissen hielt. Immer wieder versuchten sie ihn anzuknabbern, was ihm ein kribbelndes Vergnügen bereitete, mussten dann aber unverrichteter Dinge entnervt abziehen.

Er tauchte wieder auf und auf dem Rücken liegend trieben sie in der Strömung den Fluss hinab.

Den Wolken verhangenen Himmel über ihm, das ihn leicht schaukelnde Wasser unter ihm. Er hätte so Wochen dahin treiben können. Es erinnerte ihn schwach an das Schaukeln seiner Mutter, als Baby in ihren Armen. Lucas fühlte mich wie im Himmel auf einer weichen Wolke. Zafrina war irgendwann neben ihm, ergriff seine Hand und so trieben sie miteinander verbunden dahin.

Er sah zu ihr hinüber. Sie hatte die Augen geschlossen, genoss ebenso wie er dieses herrliche Gefühl der Schwerelosigkeit. Ihr wunderschönes stolzes Gesicht war total entspannt. Er mochte sie sehr und fühlte sich ihr in diesem Moment sehr nahe.

„ Ich werde sie vermissen „ dachte er wehmütig „aber immer wieder gern zurückkommen“

Das hatte er sich fest vorgenommen

Nachdem sie sich stundenlang dem Fluss überlassen hatten, schwammen sie ans Ufer und liefen zurück zu ihren Ruheplätzen. Die Nacht war über ihnen hereingebrochen, so schnell, als hätte jemand eine Lampe ausgeknipst. Mental erschöpft, aber glücklich, kamen sie an und krabbelten alle in ihre Hängematten.

Die nächsten zwei Tage ließen sie es ruhig angehen und streiften durch die Wälder, hangelten sich mit Hilfe der Lianen von Baumriesen zu Baumriesen. Ein paar mal war Lucas bereits in die Kronen dieser Bäume geklettert, doch jedes Mal war es wieder ein unglaublich erhebendes Gefühl, so an die vierzig Meter hoch oben über die Wipfel der kleineren Bäume zu schauen.

Er erlegte ein paar Raubkatzen, die er zu seinem Lieblingsessen erkoren hatte und genoss die letzte Zeit hier im Urwald mit seinen Freundinnen.

Dann erwartete er voller Ungeduld Carlisle, der ihn heute abholen wollte und war den ganzen Vormittag hibbelig und zu nichts zu gebrauchen.

Kachiri, Senna und Zafrina amüsierte sich die ganze Zeit und machten ihre Späße.

Lucas saß gerade auf einem Baumstamm unter ihrem Nachtlager, als ihm mit lauten Gejohle Emmett in den Rücken sprang und ihn von seinem Sitz riss.

> Lucas, du alte Kanone. < dröhnte sein Lachen über ihm und Alices grinsendes Gesicht trat in sein Blickfeld. Rosi und Jasper kamen gesitteter auf sie zu, lachten aber beide fröhlich vor sich hin.

Nachdem Emmett sich von ihm aufgerappelt hatte, begrüßten die vier enthusiastisch die Amazonen.

> Na? hat er sich auch benommen, der Bengel? < fragte Alice kichernd und sprang Lucas schwungvoll auf den Rücken, umschlang seinen Hals mit ihren Armen und gab ihm einen dicken Schmatzer auf die Wange.

Jasper stand vor ihm und hielt ihm fröhlich seine Hand zum Einschlagen hin.

Sie trieben noch einigen Blödsinn und die Amazonen machten lachend mit.

Dann wurde erst mal erzählt. Lucas von seinen Abenteuern und die anderen von dem, was sich zu hause zugetragen hatte..

Mit ungläubig aufgerissenen Augen erfuhren sie von ihnen, das Bella ein Baby von Edward bekommen hatte und die dramatischen Umstände der ganzen Angelegenheit. Wie knapp es gewesen war für Bella, sie nun aber ebenfalls verwandelt war und es Renesmee, der kleinen Tochter der beiden, hervorragend ging.

Das Erstaunlichste aber war für Lucas, dass Jacob nun auf Nessi, wie er sie nannte, geprägt worden war und auch Kachiri, Zafrina und Senna verschlug es den Atem.

Sie hatten sich so viel zu erzählen, zu fragen und zu antworten, dass der Tag im Nu vorbei war.

Die drei Dschungeldamen hatten in rasender Geschwindigkeit vier weitere Matten in die Bäume geflochten und spät in der Nacht begaben sich alle zur Ruhe.

Am Morgen dann war Emmett nicht mehr zu halten, er wollte nun endlich auf die Jagt.

Also machten sie sich zu viert auf den Weg, die drei Amazonen wollten ihren Durst anderswo stillen.

Emmett hüpfte und zappelte herum, als hätte er ne Starkstromleitung im Hintern und sie mussten ihn immer wieder ermahnen, sich ruhiger zu verhalten.

Leise pirschten sie durch den Wald und stießen bald auf eine Elefantenherde. Emmett war nicht mehr zu bremsen und sprang auf einen riesigen Bullen, der sofort erschrak und laut trötend durch die Büsche stieß.

Ihr Rodeomeister hatte ihn aber bald nieder gerungen und saugte nun gierig an seinem Hals. Auch Jasper ergriff sich eine kleinere Elefantenkuh und tat sich an ihr gütlich.

Mit einem lauten Rülpsen ließ Emmett von seinem Tier ab und rieb sich genüsslich seinen Bauch.

> Na das war doch mal ne Mahlzeit. < sagte er zufrieden.

Emmett hatte sich dann noch einen riesigen Gorilla gegriffen, der sich einen ordentlichen Kampf mit ihm lieferte. Er sah danach aus, als wäre er in einen Hechsler geraten, die Haare standen ihm dreckig und strubbelig vom Kopf und seine Kleidung hing in Fetzen um seinen Körper. Aber er strahlte übers ganze Gesicht, nachdem er seinen Durst gestillt hatte.

Mit vollen gluckernden Bäuchen und bestens aufgelegt, erreichten sie spät abends dann ihre Lichtung. Die Amazonen waren schon da und empfingen sie mit freudigen Gesichtern und amüsierten sich über Emmetts Aussehen.

Der nächste Tag wurde wieder mit Gesprächen und Streifzügen durch den Urwald, diesmal zu acht, verbracht.

Dann war der Morgen der Abreise auch schon da.

Wehmütig verabschiedeten sie sich von einander und Lucas musste immer wieder versprechen, bald wieder zu kommen.

Als sie sich endlich voneinander trennten, machten die fünf sich auf den Weg zurück zum Flugzeug.

 

 

** * **

 

* Fortsetzung in Teil II *

 

Hat dir der erste Teil gefallen und du möchtest gern wissen wie es weiter geht? Dann würdest Du mir eine große Freude machen, wenn du den Teil in deine Favoritenliste einfügen würdest. Da die weiteren Teile meinen BX-Freunden vorbehalten sind, schick mir eine FA damit du weiterlesen kannst.

Herzliche Grüße Jenny

 

Impressum

Texte: Diese FanFiktion, die auf der Twilight-Reihe von Stephenie Meyer beruht, habe ich zu nicht kommerziellen Zwecken geschrieben und die Grundidee sowie die Charaktere sind geistiges Eigentum von Stephenie Meyer. Die von mir entwickelten Ideen dieses Buches gehören mir und dürfen nicht zu kommerziellen Zwecken genutzt werden.Das Cover wurde von britishloyal gestaltet. Herzlichen Dank dafür !
Tag der Veröffentlichung: 20.02.2011

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