Schon seit Langem träumte ich von einem Hund. Einem kleinen Vierbeiner, der mich auf meinen Spaziergängen durch unsere schönen Wälder hier begleiten konnte und den ich bequem in meinem Sportflitzer überall mit hinnehmen konnte.
Lange Jahre war das nicht möglich. Beruflich und familiär einfach zu eingespannt, wäre ich einem Tier mit Bewegungsdrang einfach nicht gerecht geworden.
Meine 3 Kinder wünschten sich natürlich auch immer wieder mal solch einen Spielgefährten, aber ihre Anträge wurden jedes Mal abschlägig beschieden, natürlich mit Hinweis auf unsere einschlägigen Erfahrungen mit den bisherigen Haustieren der Kinder.
Da gab es diverse Hamster, eine Ratte, ein schwarzer Kater und Mäuse.
Ach ja, die Mäuse.
Unsere Tochter, damals 16 Jahre alt, wollte unbedingt kaukasische Wüstenrennmäuse.
Da ich Nager im Allgemeinen äußerst süß finde, wollten wir ihr den Wunsch gern erfüllen.
In einem Tierfachgeschäft erwarben wir also 2 weibliche Mäuschen und alles was dazu gehörte.
Bepackt mir den Tierchen und allem Zubehör nebst einem großen Käfig kamen wir also zu hause an und richteten den Beiden eine Ecke im Zimmer unserer Tochter ein.
Auch unsere beiden 7-jähigen Söhne waren begeistert.
Selbstverständlich vergaßen wir nicht auf die Verantwortung hinzuweisen, die man für Haustiere nun mal hatte und alle Drei versicherten, dass wir uns auf sie verlassen könnten.
Zuerst klappte alles auch hervorragend.
Nach ein paar Wochen mussten wir feststellen, das unsere Mäusemädels 5 Junge in ihrem Nest liegen hatten.
Winzige, nackte kleine Mäuschen, wir waren alle nach anfänglichem Schrecken hin und weg.
Leider war der Mäusepopulation kein Einhalt zu gebieten und irgendwann hatten wir dann über 30.
Da der Käfig viel zu klein geworden war, bekamen wir von einem Nachbarn das ausrangierte Riesenaquarium, welches undicht, für unsere Zwecke aber hervorragend geeignet war.
Natürlich zog das Mäusevolk zu uns ins Wohnzimmer, weil unsere Tochter leicht überfordert und zurzeit auch total verliebt in einen Jungen aus ihrer Klasse war.
Zeitgleich hatte der eine Sohn eine kleine Ratte angeschleppt und der Andere eine winzige Katze, von einem Klassenkammeraden, dessen Eltern einen Bauernhof im Nachbarort hatten.
Nach langen Diskussionen wurden auch diese Beiden in die Familie aufgenommen.
Die kleine Ratte, Josefine, hatte es mir besonders angetan.
Sie liebte es auf meiner Schulter unter meinem langen Haar zu schlafen.
Immer wenn ich zu hause war und den Haushalt erledigte, hielt sie sich dort auf.
Das war mir so in Fleisch und Blut übergegangen, das ich sie überhaupt nicht mehr wahrnahm.
Eines Tages bemerkte ich beim Kochen, das mir einige Zutaten ausgegangen waren.
Leider war keines der Kinder im Haus, also flitzte ich schnell in den Supermarkt um die Ecke um das Fehlende schnell zu holen.
An der Kasse dann hinter mir spitze Schreie.
Josefine, plötzlich erwacht, hatte ihr schnupperndes Näschen hinten durch meine Haare gesteckt und die ältere Dame, hinter mir in der Schlange, hatte sie entdeckt.
In Panik versuchte sie den Rückzug anzutreten, und knallte gegen den Wagen hinter ihr.
Was für ein Theater.
Josefine verkrallte sich vor Angst in meinem Haar und piepte fürchterlich.
Der herbei eilende Marktleiter bat mich eindringlich, auf die Hygieneverordnung hinweisend, meine nächsten Einkäufe doch bitte ohne diverse Haustiere zu erledigen.
Ich brauchte eine halbe Stunde um das verängstigte Tier aus meinem Haar zu befreien.
Die heranwachsende kleine Fine hatte uneingeschränkte Bewegungsfreiheit im ganzen Haus. Meist schlief sie zusammengekuschelt auf dem Sofa in den Lagen einer zusammengefalteten Decke wenn niemand zum Spielen in der Nähe war.
Eines Tages jedoch was sie verschwunden.
Die ganze Familie war intensiv auf der Suche nach ihr….. aber sie war nicht zu finden.
Abends beim Fernsehen dann Geräusche unter uns im Sofa.
Dieses kleine Biest hatte sich unter der Decke in der hintern Ecke des Sofas ein Loch gefressen und im Sofa ein Nest eingerichtet.
Ab nun musste sie im geschlossenen Käfig leben, was ihr gar nicht gefiel.
Leider ist Fine nur ein Jahr alt geworden, schweren Herzen mussten wir sie einschläfern lassen, da sie Tumore bekam, alle haben sehr gelitten.
Der kleine Kater entwickelte sich prächtig. Wir hatten sehr viel Freude an ihm.
Als er jedoch älter wurde, bekamen wir ein ernstzunehmendes Problem.
Hatte er vorher dem Mäusetreiben mit Gelassenheit zugeschaut, wurde er zunehmend hektischer. Ständig strich er um das Terrarium und versuchte an die Mäuse zu gelangen.
Um dem Kater eine spätere psychotherapeutische Behandlung zu ersparen, entschlossen wir uns, die Mäuse abzugeben.
Unsere Kinder wurden erwachsen und eins nach dem Anderen ging aus dem Haus.
Nun lebten mein Mann und ich allein mit Kater Pumba und nachdem ich nun auch meinen Job aufgegeben hatte, sollte ein Hund unser Glück abrunden.
Mein Mann und ich diskutierten also ausgiebig die Hundefrage, wobei sehr schnell zu erkennen war, dass unsere Vorlieben nicht unbedingt konform liefen.
Ich dachte da an einen kleinen süßen Vierbeiner, bequem und handlich, mein Mann eher an etwas Kompaktes, Schweres und Ernst zu nehmendes.
Die unmissverständliche Meinung meines Mannes war, alles was kleiner als eine Handtasche wäre, sei kein Hund und käme ihm nicht ins Haus.
Schweren Herzens durchforstete ich das Internet nach, für meinen Mann, geeigneten Rassen, landetet aber merkwürdiger weise immer wieder bei den süßen Kleinen.
Eines Tages entdeckte ich eine Anzeige mit dem Bild von 4 winzigen Wollknäueln in einem Korb. Diese riesigen braunen Äuglein….. ich war wie paralysiert.
Die Züchterin beschrieb sie als Unfall. Ihre Yorkeshire Zuchthündin hatte sich in einem unbeobachteten Moment mit den Chihuahua Rüden ihrer Freundin eingelassen und dann 4 Mischlinge zur Welt gebracht, die, so der Hinweis der Züchterin, nicht größer würden als 30 cm.
Ich war hin und her gerissen, sie waren aber auch zu süß.
30 cm war nun nicht gerade das Gardemaß, das mein Mann an einen Hund legte, also beschloss ich mich loszureißen, jedoch nicht ohne die Seite sicherheitshalber abzuspeichern.
Drei Tage lang quälte ich mich, überlegte und verwarf, schaute mir immer wieder sehnsüchtig die Bilder an und beschloss dann, sie mir wenigsten einmal anzuschauen.
Bevor mich also der Mut verließ, schnell einen Termin gemacht und ab in Richtung Hannover.
Dort angekommen, wurden mir die 4 präsentiert.
Alle sahen unterschiedlich aus und auch vom Wesen sehr verschieden.
Zwei hatten das typische Chihuahua Aussehen, hatten helles Fell und waren sehr zurückhaltend.
Der Kleinste von ihnen, er war mit einem Stummelschwänzchen geboren worden, kann sofort auf mich zugerast.
Er war zweifarbig, das Fell hell-dunkelbraun und hatte süße Schlappöhrchen. Er sprang an meinem Bein hoch und fiepte herzzerreißend.
Als ich ihn hochnahm und in diese braunen Augen schaute, war es um mich geschehen. Ich schmolz dahin wie Wachs in der Sonne.
Nichts in der Welt würde mich jemals wieder von diesem kleinen Kerl trennen.
Ich griff also in meine Handtasche, legte 400,-¤ auf den Tisch des Hauses und verließ mit Hund, der Kuscheldecke des Kleinen mit dem Geruch der Mutterhündin, den Papieren, Futter für die nächsten zwei Wochen und vielen guten Ratschlägen das Haus.
Auf der Fahrt nach hause, der Kleine hatte es sich auf meinem Schoß gemütlich gemacht, wurde ich dann doch etwas verzagt.
Mein Mann würde ausflippen, das war mir klar.
Auf der ganzen Fahrt sprach ich mir also Mut zu, spielte in Gedanken alle möglichen Diskussionsansätze durch und kam dann doch recht zuversichtlich zu hause an.
In der Einfahrt der Wagen meines Mannes, er war also schon da. Mein Herz rutsche jetzt doch in meine Hosentasche.
Kurz entschlossen schnappte ich mir den kleinen Kerl und begab mich in die Höhle des Löwen, es half ja doch nicht.
Er saß im Büro und sah ein paar Unterlagen durch.
Ohne langes Zögern setzte ich den Kleinen auf seinen Schreibtisch vor ihn hin und stellte ihn als unseren neuen Hund vor.
Samy, ich hatte ihm unterwegs bereits diesen Namen verpasst, piepse laut vor sich hin und wackelte so freudig mit seinem kleinen Stummelschwänzchen, das mein Mann gar nicht anders konnte als hingerissen zu sein.
Der Kleine sprang ihm regelrecht in den Arm und von diesem Moment an war auch er verliebt in diesen kleinen Kerl.
Unser Kater besah den Neuankömmling Anfangs mit gemischten Gefühlen, hat ihn aber mittlerweile als Familienmitglied akzeptiert.
Die erste Zeit war schön aber auch sehr anstrengend.
Ich hatte Samy ein Körbchen, ausgelegt mit einem dicken weißen Schaffell, eingerichtet und ihm seinen Schlafplatz neben meinem Bett zugewiesen.
Zwei Wochen lang war an Schlaf nicht zu denken, und so manches Mal hatte ich meinen Schnellschuss verflucht, aber ein Blick in diese Augen entschädigten für Alles.
In der ersten Nacht hatte er neben seinem Körbchen eine Pfütze auf dem Parkett hinterlassen, also stellte ich in der Nächsten das Katzenklo an genau diese Stelle.
Noch heute danke ich dieser Eingebung, denn noch heute benutzt er Dieses wie selbstverständlich.
Also keine Pipirunden bei Regen, Schnee und Unwettern.
Raus gingen wir nur zum spazieren gehen.
Es war herrlich mit anzusehen, wie der Kleine die Welt entdeckte.
Wir leben nahe am Wald und waren jeden Tag mehrmals unterwegs.
Er lernte viele Hunde verschiedenster Größe kennen und ich kam mit vielen Hundebesitzern ins Gespräch, ein nette Nebeneffekt.
Es war Sommer und wir genossen beide unsere Ausflüge.
Er entdeckte bald seine Vorliebe für den Rasen des Golfplatzes, der inmitten der Wälder hier liegt und drehte in unglaublicher Geschwindigkeit dort seine Runden.
Anwesende Golfer unterbrachen netterweise ihr Spiel für diese Zeit und amüsierten sich über diesen kleinen Wirbelwind.
Dann kam die Zeit seiner „Pubertät“
Bisher ein mehr oder weniger „braver“ Hund, entwickelte sich der kleine Scheißer zu einem Raudi.
Er meinte nicht mehr gehorchen zu müssen und schickte sich an, die Führung im "Rudel" übernehmen zu wollen.
Meine so felsenfeste Gelassenheit wurde auf eine sehr, sehr harte Probe gestellt.
Immer wieder markierte er diverse große Blumentöpfe, Schrankecken und unser Sofa.
Dem Gestank war mit den härtesten handelsüblichen Reinigern kaum beizukommen.
Mein Mann, mittlerweile völlig abgenervt, verlangte von mir endlich ein Machtwort zu sprechen, er wäre schließlich MEIN Hund.
Alle Erziehungsversuche misslangen kläglich.
Nachdem er dann 2- mal ausgebüchst war und seine neue Freiheit genießend die Nachbarschaft mit infernalischem Gekläffe unsicher gemacht und zu guter Letzt auch noch das Kopfkissen meines Gatten markiert hatte, suchte ich Rat bei einer befreundeten Tierärztin.
Diese fackelte nicht lang und empfahl mir die Komplettamputation seiner Hoden, salopp gesagt, die Eier müssen weg.
Noch am gleichen Nachmittag schritt sie zur Tat.
Eine gute Entscheidung, mein Kleiner war fortan wieder brav und unsere Wohnung duftete nun wieder nach frischen Blumensträußen.
Meine Kinder und Enkel waren dem Kleinen auch sehr zugetan.
Mein jüngster Enkel, knapp 2 Jahre alt, liebte ihn besonders.
Ausdruck seiner großen Liebe war, das er Samy seinen Schnuller, von dem er sich sonst niemals trennt, regelmäßig ins Maul schob und der Hund nicht dazu zu bewegen war, ihn wieder herauszurücken.
Mittlerweile hatte er eine beträchtliche Sammlung in seinem Körbchen.
Zudem hatte er auch seine Lieben zu den getragenen Socken meines Mannes entdeckt, dem ich in den vielen Jahren unserer Ehe einfach nicht vermitteln konnte, dass Diese in den Schmutzwäschebehälter gehören und nicht auf den Boden.
Er hatte dabei keine besonderen Vorlieben. Egal ob Wollsocken, Baumvollsocken, solche mit Seidenanteil oder Elastan….. er schleppte immer Einen in sein Körbchen und zerkaute ihn mit Leidenschaft.
Es war einfach zum Haare raufen und ich konnte mich nicht entscheiden, auf wen von Beiden ich mehr sauer sein sollte.
Bei Karstadt war ich schon wohlbekannt, und die Herrschaften an der Kasse hatten wohl schon Wetten laufen, wie viele Paar Socken ich wohl diesmal kaufen würde.
Jeden Morgen hetzte ich die bekannten Ablegestellen der abendlich abgestreiften Socken ab, um sie einzusammeln und so den Umsatz neuer Socken zu dezimieren.
Auch mein Wollkorb war plötzlich Teil seines Interesses geworden.
Meine Enkelin wünschte sich von mir selbst gestrickte Socken, Mütze und Schal in altrosa.
Also machte ich mich ans Werk und der erste Socken war fast fertig.
Von meinem Mann ins Büro gerufen, legte ich das Strickzeug beiseite und ging zu ihm.
Als ich nach einer Weile wieder ins Wohnzimmer kam, traf mich fast der Schlag.
Das kleine Biest hatte sich über meinen Socken hergemacht, eine meiner Bambus-Stricknadeln zerkaut und den Socken wieder aufgeribbelt.
Das Bild, was sich mir bot, war einfach zum Schießen und ich musste es unbedingt auf einem Bild festhalten.
Natürlich war der Socken nach dieser Aktion nicht mehr zu retten.
Weiterhin hatte Samy begonnen, nachts sein Körbchen zu ignorieren und, nachdem ich eingeschlafen war, heimlich und leise in mein Bett zu krabbeln.
Von dem Zeitpunkt an verlief das morgendliche Erwachen immer nach dem gleichen Schema.
Noch in meinen Träumen gefangen, verspüre ich zwei Druckpunkte auf meiner Brust gefolgt von einem Schnüffeln im Gesicht. Sehr vorsichtig noch. Danach wird vorsichtig meine Nase mit seiner kleinen feuchten Nase angestubbst.
Jetzt bloß nicht rühren.
Die Druckpunkte auf meiner Brust verstärken sich…. tun langsam richtig weh. Wie kann ein knapp 5 kg Leichtgewicht so schwer sein.
Irgendwann öffne ich vorsichtig ein Auge und sofort wird in unglaublicher Geschwindigkeit mein Gesicht abgeschlabbert, verbunden mit infernalischem Schwänzchengewackel und Gequietsche und Gegrunze.
Die Morgentoilette wäre also erledigt.
Der Winter kam und mein Kleiner fror und zitterte wie Espenlaub. Es half alles nichts, ein Mäntelchen musste her.
Im Internet auf die Suche gegangen, entdeckte ich bald die Firma Hurtta, die Hightech-Kleidung für Hunde für horrende Preise zur Verfügung stellte.
Ein roter langbeiniger Anzug aus wasser- und winddichtem Material war bald gefunden und bestellt.
Schon 2 Tage später übergab der Postmann das edle Teil und Samy wurde darin verpackt.
Er stand in der Diele wie mit geschienten Beinen und piepste mich leidvoll an.
Mit der festen Überzeugung, er werde sich daran gewöhnen, machten wir uns auf den Weg in den Wald.
Mit stocksteifen Beinen, als hätte er die Hosen voll, stakte er unlustig hinter mir her.
Nach Anblick des ersten Hundes raste er aber los und der Anzug war vergessen.
Wir konnten nun im Schnee stundenlang herum tollen, ohne dass er fror.
Es war herrlich mit anzusehen, wie er auf dem Rodelberg den Schlitten laut kläffend hinterher jagte.
Regelmäßig war er nach diesen Aktivitäten völlig erledigt und schlummerte den Rest des Tages friedlich auf dem Sofa.
Die ebenfalls erstandenen Hundeschühchen für 40,-¤ verweigert er aber bis zum heutigen Tag.
Nun ist er 1 ½ Jahre alt, ist mittlerweile sehr gehorsam, nur den Postmann kann er immer noch nicht leiden und wir haben bis heute große Mühe, Diesen vor den Attacken unseres kleinen Rüpels zu schützen.
Er scheint irgendwie zu riechen, dass der nette Postmann panische Angst vor Hunden hat und jedes Mal schweißgebadet Pakete und Ähnliches bei uns abliefert.
Heute bin ich sehr froh darüber das ich meinem damaligen Impuls folgte und Samy einfach mit nach hause nahm und ich hoffe, das er ein gesundes langes und glückliches Leben bei uns haben wird.
Texte: Alle Rechte liegen bei mir, der Autorin.
Tag der Veröffentlichung: 09.02.2011
Alle Rechte vorbehalten