Tag 1
Ein dumpfes Piepen klang in Cloe Ohren. Sie stöhnte auf und versuchte ihren nervenden Wecker zu erwischen, was aber nicht so richtig klappte. Da sie keine andere Wahl hatte, stand sie müde auf und ließ ihr warmes Bett zurück. So gar nicht gut gelaunt nahm sie sich nun ihren Wecker vor, und als sie auch noch merkte, dass dieser sie eine Stunde zu früh aufgeweckt hatte, verlor sie die morgendliche Selbstbeherrschung und schleuderte ihren Wecker kurzerhand durch das geöffnete Fenster. 'Fucking Wecker' dachte sich Cloe während sie wie jeden Morgen gewohnt ins Bad schlenderte und duschte. Eine halbe Stunde später stand die etwas besser gelaunte junge Frau in ihrer Küche und trank genüsslich ihren Kaffee. Heute war ihr großer Tag. Sie wurde in ihrem Job befördert und war somit in ihrer Karriereleiter aufgestiegen. Ihr Boss hatte großes mit ihr vor, nun ja, das meinte er zumindest immer. Mit schnellen Schritten zog sich Cloe an, streifte sich ihre schwarzen Louboutin High Heels über und nahm sich noch ihre rote Aktentasche und die Wohnungsschlüssel. Kaum hatte sie abgesperrt so ging sie bewaffnet mit ihrem Autoschlüssel außer Haus und auf den Parkplatz, zu ihrem kleinen Liebling. Wozu brauchte sie denn auch eine Familien Kutsche oder jegliches, denn sie lebte alleine, hatte keine Kinder oder sonst irgend wen welchen sie unbedingt herumkutschieren hätte müssen.
Mittlerweile gut gelaunt stieg Cloe in ihren Nissan Gtr und fuhr los.
Wie immer ging es in der Redaktion mächtig drunter und drüber. Cloe machte ihr Job Spaß, denn sie durfte nun Artikel schreiben welche in der Times abgedruckt werden. Eine der meistgelesenen Zeitungen. Das war schon immer ihr Traum gewesen und den hatte sie sich erfüllt. Der Tag ging ziemlich schnell vorüber welches sie um so besser fand, weil Cloe ihr Bett vermisste, und so gut wie immer müde war. Doch gerade als sie die Redaktion verließ und den Bürgersteig entlang zu ihrem Parkplatz ging, bretterte ein Irrer auf einem Motorrad die Straße entlang und fuhr geradewegs durch eine große Pfütze welche sich natürlich daraufhin auf Cloe ergoss. Diese stürzte nach hinten, hörte noch wie ihr Absatz abbrach und stand völlig perplex da. Für einen Moment. Der Motorradfahrer parkte nicht sehr weit entfernt von Cloe. Diese starrte ihn verärgert an, zog sich ihre Louboutins aus, guckte sich den Schaden an und fing an den Motorradfahrer anzuschreien. Um auch sicherzugehen dass dieser ihr zuhörte schmiss sie ihm beide Schuhe an den Kopf und lief verärgert zu ihm herüber. „Wie können Sie nur?!“ schrie Cloe ihn an, „1. Das ist eine 30. Zone, hier sollte man nicht mit 100 durch die Straßen rasen, 2. Wieso zur Hölle können sie nicht aufpassen wo sie hinfahren? Ich mein Sie sind ja nicht blind oder so?! Und 3. Verdammt nochmal, das waren Louboutins, wissen Sie wie viel die gekostet haben? Die dürfen Sie mir gern ersetzen!“ Kochend vor Wut stand Cloe da, schaute den Motorradfahrer böse an, welcher sich gerade den Helm vom Kopf nahm und schlaksig meinte: „Keine Angst Puppe, sind doch nur ein Paar Schuhe, ach übrigens, ich bin Luke, hättest du Lust mit mir was trinken zu gehen?“ Cloes Augen weiteten sich, Hass und Wut keimte in ihr auf, wie konnte ein solch eingebildeter Typ, welcher ihr gerade ihre Louboutins zerstört und sie nass gemacht hatte, sich so die Frechheit erlauben, sie zu fragen ob sie mit ihm was trinken gehen würde?! „Nie und Nimmer, steht auf meiner Stirn Flittchen oder wieso denken Sie, dass man mich so leicht herum bekommt. Hallo? Das waren Louboutins, das werde ich Ihnen bis in meinen Tod nachtragen. Schönen Tag noch!“ Cloe drehte sich um und ging Barfuß zurück zu ihrem Auto. Zum Glück habe ich immer Ersatzschuhe dabei, dachte sich die junge Frau, während sie ein Paar schwarze Pumps aus dem Kofferraum fischte und nach Hause fuhr. Mittlerweile hatte es wieder angefangen zu regnen, und Cloe musste noch einkaufen gehen, da sie ja glücklicherweise heute morgen ihren Wecker geschrottet hatte. 'Raus aus den Büroklamotten' dachte sich Cloe und zog sich eine Jeans und ein Shirt an. Sie hatte überhaupt keine Lust einkaufen zu gehen, jedoch war es immer und immer wieder ein Muss, wenn sie nicht verhungern wollte oder mal wieder etwas nützliches brauchte. So schlenderte sie etwas in Gedanken versunken durch den nahegelegenen Supermarkt und kaufte all das Nötige ein. Hastig zog sie ihren Geldbeutel aus der Tasche, bezahlte und versuchte diesen wieder mühevoll in das Innere ihrer Tasche zu verfrachten. Was aber nicht sehr gut gelang, denn Cloe stieß mit jemanden zusammen. Genervt wie sie war zickte sie nur noch herum. „Können Sie nicht aufpassen wo Sie hinein rennen?!“ Sie schaute auf und sah in ein paar eisblaue Augen, eines gewissen Jemandes, welchen sie heute Nachmittag zu ihrem persönlichen Todfeinden erklärt hatte. Luke. Er sah aus wie ein Sunnyboy, mit seinen Bronze Braunen Haaren, welche er mit Gel zu einer dieser neumodischen Frisuren hoch frisiert hatte, und diesen hellblauen Augen. In einer anderen Situation hätte sie ihn bestimmt toll gefunden, doch nun war er wirklich zur falschen Zeit am falschen Ort.
Er lächelte sie galant an und fragte: „Na, auch einkaufen?“ Cloe lächelte ihn mit einem gespielt freundlichen Lächeln an und sagte etwas mit einem bissigen Unterton: „Nein, in den Supermarkt geh ich immer zum schwimmen, wissen Sie, so zwischen Tiefkühlfach und Gemüseabteilung!“ Nun grinste Luke nur noch mehr und meinte an Cloe gewandt: „Na dann, müssen Sie mich mal unbedingt mitnehmen. Ach und kann ich Sie mitnehmen, ich mein so als Entschädigung für das heutige Geschehen?“ Cloe atmete hörbar aus. „Danke, aber ich verzichte.“ Sie ließ den immer noch leicht lächelnden jungen Mann zurück, legte ihre Einkäufe auf die Rückbank ihres Autos und fuhr daraufhin mit quietschenden Reifen los...
Vorm Wohngebäude angekommen musste sie dummerweise feststellen, dass sich jemand mit seinem verdammten Auto auf ihren Parkplatz gestellt hatte. Irrgh, dachte sie sich, während sie zwei Wohnhäuser weiter weg parkte und nun schön ein Stück zu Fuß gehen durfte. Es dämmerte schon und die gelbe Sonne, welche sich schon leicht rötlich färbte ging langsam unter. Gerade kam aus ihrem Wohnhaus der Postbote, winkte Cloe zu und verschwand auch schon wieder. Na toll, Post hab ich jetzt auch dachte sich Cloe während sie ihre Einkäufe abstellte, ihren Briefkastenschlüssel unter den anderen Schlüsseln heraussuchte und sich zu ihrem Briefkasten hinunter bückte. Geschickt nahm sie ihre Post aus dem kleinen Kasten heraus, hatte den Schlüssel mit ihren Zähnen herausgezogen, packte ihre Einkäufe und ging geschmeidig die Treppen zu ihrer Wohnung hinauf. Währenddessen hielt Cloe ihre Schlüssel zwischen den Zähnen damit sie nicht alles fallen ließ, jedoch oh Wunder, sie hatte keine Ahnung wie sie die Wohnung aufsperren sollte. Als plötzlich eine tiefe Stimme hinter ihr erklang zuckte sie erschrocken zusammen und ließ die Schlüssel fallen. „Scheiße“ stieß sie aus, in der Hoffnung dass sie ihren neuen Nachbarn nicht kennen würde, was dann doch nicht der Fall war, denn Luke stand strahlend vor ihr. „Du! Ich mein Sie wohnen auch hier? Sagen Sie bitte, dass sie nicht hier wohnen und vielleicht nur grade eine Affäre mit meiner wundervollen nicht vorhandenen neuen Nachbarin haben?!“ sie lächelte zaghaft. Luke hob ihren Schlüssel auf, drängte sich leicht an der sprachlosen Cloe vorbei und sperrte die Wohnungstür auf. Er drehte sich zu ihr um und flüsterte ihr zu: „Nein Süße, ich hab gerade keine Affäre mit deiner nicht vorhandenen Nachbarin, aber gegen eine Affäre mit meiner nun vorhandenen Nachbarin hätte ich nichts.“ In Cloes Augen sah man den Hass aufkeimen, sie sah ihn Rachsüchtig an und verschwand dann in ihre Wohnung. Sie packte wie gewohnt die Einkäufe weg und kam auf den Gedanken mal wieder ihre Mutter anzurufen, von welcher sie schon ein paar Wochen lang nichts mehr gehört hatte. Gerade als sie es sich mit dem Telefon auf der Couch gemütlich machen wollte hörte sie wie die Tür aufging und rannte in den Flur um zu sehen wieso sie überhaupt auf gegangen war. Ein gut gelaunter Luke stand mit ihrem Schlüssel in ihrem Flur, „Vergiss deinen Schlüssel nicht Schatz, man kann nie wissen wen man sich sonst ins Haus holt.“ Cloes Augen weiteten sich, sie rannte auf ihn zu, riss ihm die Schlüssel aus der Hand, scheuchte ihn dann wütend aus ihrer Wohnung und knallte ihm die Tür vor der Nase zu.
In dieser Nacht schlief Cloe nicht gut, sie hatte so eine Vorahnung, jedoch hoffte sie, dass morgen alles besser werden würde.
Tag 2
Sie wachte wie gewohnt auf, kramte sich ein weißes Seidenkleid heraus und zog darüber einen blauen Blazer. Rasch zog sie sich auch noch einpaar Blaue Pumps an, nahm ihre Aktentasche, ihre Schlüssel und rannte auch schon die Treppen hinunter. Für ein Frühstück, geschweige denn für einen einfachen Kaffee hatte sie heute keine Zeit mehr gehabt. Erst als sie draußen vor ihrem Parkplatz stand, wurde ihr schlagartig klar, dass sie ihr Auto zwei Blöcke weiter parken musste. Shit. Luke kam bestaussehend aus dem Haus und steuerte genau auf das schwarze Auto zu, welches auf Cloes Parkplatz stand. Sie würde ausrasten, sofort. So ging das nicht, sie musste weg, aber schleunigst. „Morgen“ schrie Luke zu ihr herüber, Cloe jedoch schrie nur: „Sie können sich ihr 'Morgen' sonst wohin stecken, das ist verdammt nochmal mein Parkplatz, da steht sogar mein Name! Wegen Ihnen komm ich jetzt zu spät!“ Er lächelte sie galant an, guckte kurz auf das wirklich vorhandene Namensschild und meinte: „Steig ein Cloe, ich nehm dich mit.“ Cloe guckte ihn böse an, bevor sie sich umdrehte und erhobenen Hauptes zu ihrem Auto ging. Als Luke sie nicht mehr sehen konnte, nahm sie ihre Pumps in die Hand und rannte zu ihrem Nissan. So schnell sie konnte fuhr sie die freie Hauptstraße zur Redaktion. Sie kassierte einen Strafzettel, wimmelte einen Polizisten ab und schaffte es jedoch rechtzeitig ins Haupthaus der Zeitungsstelle. Etwas außer Atem kam sie in ihrem Büro an, schaltete ihren PC ein und ließ sich in ihren Stuhl sinken. Alles war wie immer, jedoch zierte ihren Schreibtisch ein Zettel, welcher dort nicht hingehörte. Cloe sah gespannt auf den Zettel und ihre Miene verfinsterte sich, als sie zu lesen bekam was darauf stand. Na toll, dachte sie zynisch, jetzt muss ich auch noch zum Boss. Höflich lächelnd klopfte sie wenig später an die Tür ihres Chefs. Dieser bat sie mit einem freundlichen 'Komm doch rein Cloe' hinein. Ihr Chef, ein Mann mittleren Alters, mit grauen Haaren und einem liebevollem Lächeln. So ähnelte Jordan Sterling eher einem Story erzählendem Geschichtslehrer, nicht einem knallharten Boss, welcher seine Mitarbeiter auch mal zusammenstauchte und Befehle bis zum geht nicht mehr erteilte. Jordan saß auf seinem großen Sessel, vor seinem Schreibtisch standen wie üblich zwei Stühle, nur dass der eine Stuhl heute besetzt war. Ein junger Mann saß dort, er kam Cloe verdächtig bekannt vor...
„Cloe?“ fragte Jordan zaghaft: „Du bekommst den Hauptartikel, für den nächsten Monat. Es soll ein Mythischer, wunderbarer...“ Cloe hörte nicht mehr zu, ihre Augen weiteten sich, das war einfach nur unglaublich! Darauf hatte sie so lange hingearbeitet! Jedoch würde sie die ganzen Recherchen nie alleine hinbekommen, worüber sollte sie denn eigentlich schreiben? Jordan räusperte sich: „Und da du das in dieser kurzen Zeit nicht alleine hinbekommen könntest, so wird dir mein Neffe Luke Sterling zur Seite stehen...“ Jordan redete weiter, jedoch drehte sich der junge Mann der bisher auf dem Stuhl saß um und Cloe fühlte sich von blauen Augen beobachtet. Luke! Der Luke, scheiße, shit, wieso der Kerl? 'Hätte mein Boss nicht einen potthässlichen, netten Streber oder Geek hier anschleppen können? Mist, verdammter!' Cloes Gedanken überschlugen sich schon fast. In ihr tobte die Wut, Luke jedoch lächelte sie vielsagend an. So nach dem Motto: Jetzt gehörst du mir, Kleine. Die junge Frau atmete einmal tief ein und konzentrierte sich verbissen ihrem Chef zuzuhören. „... und genau deswegen werdet ihr zusammen nach Neapel fliegen, aber passt beide auf euch auf. Und keine krummen Dinger, es ist ja schließlich nur ein Zeitungsbericht. Viel Spaß... Und jetzt ab nach Hause, es ist Packen angesagt. Morgen früh geht euer Flieger. Weiteres kannst du ja mit Luke besprechen.“ Cloe lächelte, nickte eifrig und bedankte sich freundlich. Daraufhin ging sie freudestrahlend aus dem Büro ihres Bosses. Luke ging hinter ihr her, starrte sie förmlich an, jedoch schien es Cloe nicht zu stören, denn diese konnte es immer noch nicht fassen, dass sie den Hauptartikel bekam! Und da würde sie es nicht mal mehr stören wenn Luke mitkommen würde, dachte sie zumindest.
Der restliche Tag verging schleppend und Cloe ging nach Beendung ihres Arbeitstages mit gemischten Gefühlen nach Hause. Luke hatte sie seid dem Zusammentreffen in Jordans Büro nicht mehr wiedergesehen, hoffentlich würde sie das an diesem Abend auch nicht mehr...
Lukes P.O.V.
Na sieh mal einer an, die Kleine ist Journalistin! Alles hätte ich erwartet, nur das nicht. Wie kam so eine zierliche junge Frau in solch einen Job? Nicht dass es mich interessieren würde, es war nur irgendwie komisch dass ich neben Cloe wohnte, ihr am Vortag die Schuhe kaputt gemacht hatte und sie und ich auch noch am Morgen nach Neapel fliegen sollen um für diesen Bericht zu recherchieren. Vielleicht sollte ich ihr am Abend noch einen Besuch abstatten um zu sehen wie sie reagiert wenn ihr 'liebster' Nachbar vorbei schaut und sich etwas Kaffee oder Zucker leiht. Mal sehen, auf jeden Fall könnte man meiner Meinung nach reichlich Spaß mit ihr haben, wäre sie nicht so eine Kratzbürste! Alle anderen Frauen wären bei meinem Anblick dahingeschmolzen, nur sie nicht, sie hat nicht einmal mit den Wimpern geklimpert. Sie war anders als die Anderen, jedoch würde ich sie auch herumkriegen, ist ja schließlich nicht die Einzige die eingebildet und arrogant sein kann.
Tag 3
Mit einem komischen Gefühl in der Bauchgegend wachte Cloe am nächsten Morgen auf. All ihre Sachen die sie brauchte waren gepackt, ihren Laptop und ihr Handgepäck hatte sie bereitliegend auf ihrer Couch. Sie war zu früh aufgewacht, dies bemerkte Cloe als ihr Blick zum Wecker ging. Mechanisch schaltete sie ihn aus, ging in ihre Küche, trank ihren heißgeliebten Kaffee, schwarz, und machte sich daraufhin wie gewohnt fertig. Kurz entschlossen packte sie in ihr Handgepäck noch ein Paar schwarze Ballerinas, zog sich Keilabsatz-Sandalen an und schloss die Riemen sorgfältig. Knappe zehn Minuten später stand sie schon vor ihrem Nissan und packte ihren Koffer in den Kofferraum. Gerade als sie sich herunter beugte um diesen zu schließen hörte sie einen anerkennenden Pfiff hinter ihr. „Ich muss zugeben, du hast Stil, Kleine. Außerdem hab ich noch nie eine Frau gesehen, bei der eine lockere Bluse, Jeans und solche Schuhe so gut aussahen.“ Luke grinste hämisch in sich hinein und öffnete die Kofferraumtür wieder. „Was wird das wenn ich fragen darf?“ Cloe zog die Augenbrauen nach oben und sah Luke fragend an, welcher sie himmlisch angrinste und mit zuckersüßer Stimme eine junge Frau zu imitieren versuchte: „Du kannst mich doch mitnehmen, oder?“ Er hinterließ Cloe einen wunderbaren Augenaufschlag, welcher sie zum lächeln brachte. Dann wechselte seine Stimme wieder und wurde zu der rauen Stimme, welche so gut zu ihm passte. „Außerdem wäre es sinnlos mit zwei Autos zu fahren. Und da ich einen Herzkollaps deinerseits vermeiden will, opfere ich mich auf bei dir mitzufahren. Denn würde ich versuchen dich bei mir rein zu bekommen, würdest du glatt mein ganzes Auto zerkratzen und zu einer Furie mutieren.“ Cloes Lächeln erstarb. Nun war sie es die die Augen aufschlug, ihre Lippen zu einem perfekten 'o' formte und dann mit zuckersüßer hauchte: „Ach Luke – Liebes, ich wollte doch nicht dass du solch ein falsches Bild von mir bekommst. Aber wenn ich schon mal als Furie hingestellt werde“ Sie schaute ihn böse an, fuhr mit normaler Stimme fort: „So will ich ja mal nicht so sein. Steig ein, in einer Stunde geht unser Flug.“
Der Flughafen war voll, wie immer eigentlich. Heathrow Airport, von dort aus würde ihr Flug nach Neapel gehen. Dieser würde voraussichtlich dreieinhalb Stunden dauern, in welchen sich Cloe fest vorgenommen hatte, so wenig wie möglich mit Luke zu reden. Ihrer Meinung nach sollte sie gar nicht freundlich zu ihm sein, schließlich war er Schuld dass ihre Schuhe kaputt gegangen waren. Im Flugzeug angekommen musste Cloe feststellen, dass ihr Chef ihnen erste Klasse Tickets besorgt hatte, für welche sie sich sicher bei ihm noch irgendwann bedanken würde. Und zu ihrem Glück saß sie nicht neben Luke, sondern neben einem heißen Italiener. Mittlerweile hatte Cloe ihren Laptop hochgefahren und arbeitete schon kräftig an ihrem Hauptartikel indem sie all die bisher gefundenen Informationen herausfilterte und die wichtigsten in ihrem Notizbuch festhielt. Der junge Mann neben ihr, lächelte sie an. Ein unerwartetes, 'Hallo' riss sie aus ihren Gedanken und sie fuhr hoch und zuckte zusammen. Dabei stieß sie mit dem Schädel ihres Sitznachbarn zusammen, fuchtelte wild mit ihren Händen herum, während sie sich andauernd entschuldigte. Der Mann lachte herzhaft, hielt sich die Nase kurz mit der einen Hand und brachte Cloe somit zum lächeln. „Es tut mir so schrecklich leid.“ Sie sah ihn mitleidig an, „Tut es sehr weh?“ Der Mann lächelte, legte beruhigend eine Hand auf ihre Schulter, „Keine Angst, Signorina, so schnell kann mich nichts umhauen.“ Seine Worte beruhigten Cloe und sie hörte seinen leichten italienischen Akzent heraus. „Also Signorina, ich finde, da sie so aggressiv mir gegenüber waren, darf ich Sie doch sicher zu einem Abendessen einladen, nicht?“ Cloe nickte eifrig, denn insgeheim wollte sie einfach nur keine Anzeige wegen Körperverletzung oder jeglichem. Wer wusste denn schon so genau wie dieser Italiener drauf war, sie sicher nicht. Er lächelte sie aufrichtig an und meinte gelassen: „Schön. Da wir das geklärt hätten, ich bin Alessandro Di Lauro.“ Alessandro reichte ihr die Hand und wartete darauf dass Cloe sich vorstellte: „Cloe Havens, schön Sie kennenzulernen.“ Sie nahm seine Hand und ihre Hände lösten sich gleich darauf wieder. „So Cloe, da du ja schon versucht hast mich zusammenzuschlagen finde ich, dass wir uns ruhig duzen können.“ Cloe nickte und sie und Alessandro redeten eine ganze Weile, bis der Flieger zum Landen ansetzte und sie schließlich aussteigen mussten. Vorher hatten sie noch kurz die Handynummern ausgetauscht, Alessandro half Cloe noch mit ihrem Handgepäck und kassierte dadurch von Luke, welcher übrigens zwei Reihen hinter ihnen saß, einen bösen Blick. Alessandro lächelte Cloe nochmals an, bevor er sich höflich von ihr verabschiedete und in der Menge verschwand. Leicht schmachtend guckte Cloe in die Menge und rief sich sein Gesicht ins Gedächtnis. Ein richtig hübscher Italiener, wie sie feststellen musste.
Kaum eine halbe Stunde hatten sie gebraucht, bis sie schließlich aus dem Trubel des Flughafens herausgekommen sind. Mit einem Taxi sind sie dann zu ihrem Hotel gekommen, welches sich in der Nähe des Golfes befand. Dieses befand sich im Municipalità 1, bei San Ferdinando. Es war einfach ein Traum, und der Ausblick erst! Das einzig Dumme daran war, dass Cloe zusammen mit Luke ein Zimmer und ein Bett teilen musste, weil man sie anscheinend für ein Paar hielt und es nicht für nötig hielt ihnen zwei Betten oder zwei Zimmer zu verschaffen. 'Ach' dachte sich Cloe: 'Das werde ich schon überstehen, so prüde bin ich ja nun auch wieder nicht.'
Zusammen gingen sie in ihr Zimmer, begutachteten das große Bett, in welchem sie sicher genug Platz haben würden und fingen an auszupacken. Luke, mit welchem sie seid der Ankunft in Neapel kein Wort gewechselt hatte, saß nun mit verschränkten Armen und überkreuzten Füßen auf dem Bett und sah ihr beim auspacken zu. Cloe sah ihn fragend an, er jedoch schüttelte nur leicht seinen Kopf als würde er damit sagen wollen, dass sie auch weiterhin nur Schweigen von ihm zu hören bekommen würde. Sie zuckte mit den Schultern, atmete hörbar aus und ging ins Bad um zu duschen. Das warme Wasser prasselte auf ihre Haut und entspannte die junge Frau für einen kurzen Moment. Schnell stieg sie aus der Duschkabine, trocknete sich mit einem der flauschigen Hotelhandtücher und wickelte sich in ein anderes ein. Da Cloe ihre Klamotten noch drüben im Zimmer hatte, zog sie ihr Handtuch enger um den zierlichen Körper und ging hinüber. Im innerlichen hoffte sie einfach dass Luke gegangen war, um die Stadt und seine Bewohnerinnen unsicher zu machen, was jedoch nicht der Fall war, denn er saß immer noch, auf der gleichen Stelle, in der gleichen Position wie eine halbe Stunde zuvor. Als er sie sah, weiteten sich kurz seine Augen, bevor er aus seiner Starre erwachte und aufsprang um Cloe nicht anzugaffen. Cloe hingegen kramte sich schnell die benötigten Klamotten heraus und verschwand wieder ins Badezimmer, bevor sie jedoch die Tür hinter sich schließen konnte wurde sie am Handgelenk gepackt und zurück gerissen, ihre Klamotten lies sie zu Boden fallen und schaute den Menschen an der sie gerade kräftig herumgewirbelt hatte. Luke. In seinen Augen sah man Begierde und ein starkes Feuer wurde in Cloe ausgelöst. Er sah ihr tief in die Augen, beugte sich leicht herunter zu ihr und legte seine Lippen auf die ihren. 'Oh Gott ich küsse Luke!' schrie Cloe in Gedanken und wägte die Pros und Contras ab um zu checken ob sie den Kuss erwidern sollte oder nicht. Doch sie konnte nicht klar denken, Luke vernebelte ihre Gedanken, nahm alles ein und das nur mit seinen Küssen. Seine Hände lagen an ihrer Hüfte und Cloe gab sich große Mühe damit das Handtuch nicht runterrutschte. Insgeheim genoss sie diesen Kuss welcher nicht zu enden schien, jedoch würde sie das ihm gegenüber nie zugeben. Nach einiger Zeit lösten sich die beiden und schauten sich in die Augen. Die junge Frau öffnete ihren Mund um etwas zu sagen, jedoch schaute sie Luke eindringlich an. Er nahm seine Jacke und ging aus dem Zimmer. Völlig verdattert ließ er Cloe zurück, welche sich kurz darauf ihre Sachen packte um sich aus dem Handtuch zu befreien und ihre Klamotten zu tragen. Fertig angezogen und voller Optimismus ging Cloe aus dem Bad und setze sich mit ihrem Laptop bewaffnet, im Schneidersitz, mitten auf das große Bett. Ihre sich lockenden Haare ließ Cloe einfach offen, da sie keine Lust hatte, sich jetzt eine Frisur zu machen. Luke war immer noch verschwunden, jedoch störte dies die junge Frau keines Falls, denn so konnte sie ungestört mit ihrer Arbeit fortfahren. Und das obwohl er in ihren Gedanken herum geisterte. In dem Bericht, welchen sie schreiben sollten, ging es um die Stadt, die Menschen, die Empfindungen und um die ganzen Geschichten die von dieser Stadt erzählt werden. Von Camorra bis Vesuv, sie musste sich informieren.
Einige Stunden recherchierte sie im Internet, redete mit dem Personal des Hotels und ließ sich Orte empfählen die sie besuchen sollte.
Nach einiger Zeit gönnte sich Cloe eine Pause und ging an den nicht sehr weit entfernten Strand. Gelber warmer Sand stand im Kontrast zu dem leuchtend blauen Wasser in welchem sich die untergehende Sonne widerspiegelte. Die junge Frau setzte sich auf ihr mitgebrachtes Handtuch und überlegte. Leichte Sorgenfalten bildeten sich auf ihrer Stirn als sie zu dem Gedanken kam dass Luke nicht mehr aufgetaucht war und diesem vielleicht was zugestoßen sein könnte. Jedoch verwarf sie diesen Gedanken gleich wieder und verachtete sich selbst für einen kurzen Moment da sie an Luke gedacht hatte. Gerade als sie wieder zurück zum Hotel aufbrechen wollte klingelte ihr Handy und sie ging kurzerhand ran. Zuerst dachte sie dass es vielleicht ihr Chef sein könnte, der sich um das Wohlergehen seiner Journalistin sorgte, jedoch war kein anderer als der gutaussehende Italiener am Apparat. „Pronto“ sagte sie in ihr Telefon, so wie es in Italien üblich war. „Ciao Bella! Hier ist Alessandro, erinnerst du dich noch an mich?“ Cloe musste grinsen, wie konnte man so jemanden denn nur vergessen? „Buonasera Allessandro, come stai? Wie sollte man bitte jemanden wie dich vergessen?“ Man hörte deutlich das Lachen von Alessandro am Telefon: „Molto molto bene, wie ich sehe sprichst du auch Italienisch?“ Wieder lächelte Cloe dümmlich vor sich her. „Un pochino, aber ich bleibe lieber bei meiner Muttersprache.“ „Nun gut, was ich dich fragen wollte ist: hast du heute Abend Lust mit mir Essen zu gehen? Eigentlich ist dies keine Frage, ich will nur erreichen dass du mir sagst wo du wohnst und ich dich so gegen halb acht abholen kann.“ Etwas verwirrt über diese Direktheit war Cloe erstmals sprachlos, fasste sich dann gleich wieder. Sie vereinbarten alles und Cloe kehrte schnell zum Hotel zurück um sich fertig zu machen für ihre bevorstehende Verabredung. Sie war allein im Hotelzimmer, was sie außerordentlich gut fand.
Kurz vor halb acht war sie fertig geworden und betrachtete sich gerade in dem großen Spiegel im Hotelzimmer. Sie sah hübsch aus, dies musste sie selbst zugeben. Cloe hatte sich für ein wunderschön goldenes Etui Kleid entschieden welches ihr bis zur Mitte ihrer Oberschenkel geht. Der obige Teil des Kleides bestand aus schwarzer Spitze, welche ihre Arme und ihr Dekoltee umschmeichelten und welche sie nur noch hübscher erscheinen ließen. Dazu trug sie schwarze High Heels und eine kleine Gold Schwarze Tasche. Ihre Haare hatte sie wie immer gelassen und so lagen ihre Korkenzieherlocken wunderbar auf ihrem Rücken. Geschminkt hatte sie sich auch nur dezent, da sie nicht so gern aussah wie die ganzen Schlampen, welche sie zu ihrer Schulzeit kennengelernt hatte. Diese spachtelten täglich Tonnenweise Make-up ins Gesicht und seitdem hatte sich Cloe geschworen nie so viel Schminke aufzutragen dass es billig herüber kommen könnte.
Sie hörte ihr Telefon klingeln und wusste sofort dass es Alessandro war, welcher bestimmt schon unten in der Hotellobby auf sie wartete. Kaum war sie unten, schon wurde sie von ihm in Empfang genommen, er umarmte sie kurz und schenkte ihr sogleich verschiedenste Komplimente zu ihrem Aussehen und ihrer Ausstrahlung. Auf dem Weg zu Alessandros Auto, welches übrigens einen Chauffeur hatte, lief ihnen Luke über den Weg welcher sie böse anstarrte und sogleich auch wieder verschwand.
Mit Alessandro verbrachte Cloe einen wundervollen Abend, sie gingen Essen, unterhielten sich über viele Dinge und er zeigte ihr das wunderschöne Zentrum von Neapel. Die Sehenswürdigkeiten wie Kirchen und Gebäude. Im Großen und Ganzen auch viel was sie in ihrem Artikel verwenden konnte. Alessandro bestand darauf sie heimzufahren, als plötzlich Schüsse erklangen und der Italiener etwas viel zu schnell und in einem unverkennbaren Neapel Dialekt zu seinem Fahrer sagte. Dieser brachte sie in einen komischen Stadtteil von Neapel, Alessandro stieg aus, zückte eine Waffe und richtete diese auf das auf ihn zufahrende Auto. Cloe sah nur gebannt hin und konnte sich nicht bewegen, sie hätte weglaufen müssen oder Hilfe rufen, nur war sie wie versteinert. Ein glatter Schuss ging durch die Windschutzscheibe des Verfolgerwagens, es driftete von der Straße ab und man sah wie der Kopf des Fahrenden gegen die Scheibe gedrückt wurde und das Blut an diesem herunterlief.
Einige andere Männer kamen hinzu, Muskelbepackte Schränke, ziemlich auffallend waren die durch und durch tätowierten Arme und Hälse, die tiefschwarzen Sonnenbrillen und die kaum übersehbaren Waffen welche sie an ihren Gürteln befestigt hatten. Sie sahen furchteinflößend aus. Angespannt betrachtete Cloe die Situation, sah wie Alessandro mit den Männern redete, sie kamen kurz darauf auf das Auto in welchem sie immer noch saß zu und schauten Cloe abschätzend an. Sie hörte wie sie mit Alessandro über irgendetwas verhandelten. Der eine bullige Mann machte plötzlich die Tür auf, zog sie grob am Arm heraus und meinte zu Alessandro dass dies seinem Vater ganz sicher nicht gefallen würde. Dann zogen sie Cloe hinter sich her, diese schaute Alessandro hilfesuchend an. Sein Gesicht jedoch war zu einer versteinerten Maske verzogen, er sah ernst aus, kalt und unberechenbar. Die Männer stießen Cloe in einen Fensterlosen dunklen Raum, hielten ihr ein verschmutztes Tuch vor das Gesicht, sie versuchte sich zu wehren und atmete etwas von dem Zeug ein welches sich auf dem Tuch befand. Ihr wurde schwindlig, schlecht. Sie sah Alessandro mit verschränkten Armen im Türrahmen stehen und das letzte woran sie dachte war: Es tut mir Leid Luke, eigentlich bist du gar nicht so schlimm.
Tag 4.
Lukes P.O.V.
Langsam machte ich mir Sorgen um Cloe. Ich mein, sie darf ja ausgehen mit wem auch immer sie will, aber das heißt noch lang nicht dass sie am nächsten Tag irgendwo in einer Italienischen Villa entspannen durfte während ich an unserem Bericht schrieb. Aus der Sorge wurde Wut. Ja, ich war wütend auf Cloe. Nicht nur auf Cloe sondern auch auf Alessandro diesen aufgeblasenen Italienischen super Casanova. Wut und Hass. Beides eine gefährliche Mischung die einen Menschen umbringen könnte.
Die junge Frau schlug ihre Augen auf. Es war dunkel, immer noch. Cloe fragte sich: 'Ist es Tag oder Nacht? Oh Gott, hilf mir doch bitte hier heraus'
Immer wieder ermahnte sie sich mit der Begründung: 'Hör auf, sei still, das wird eine wunderbare Story für die Times' doch jedes mal wenn sie das Tat zischte eine kleine bösartige Stimme in ihrem inneren: 'Wenn du nicht dran stirbst, hehe'
Cloe saß da, einige Zeit, tat nichts, sagte nichts, weinte nicht. Irgendwann ging die Tür auf und ein großer breit gebauter Mann kam auf sie zu und rief mit starkem unverkennbaren Akzent: „Steh auf Mädchen, unser Chef will dich sehen.“ Cloe nickte, schritt erhobenen Hauptes zu dem Mann hin und hielt ihm provokant den Arm hin, „Wollen Sie mich nicht zufällig auch noch am Arm packen und mir eine Pistole in den Rücken halten?“ Der Mann lachte bösartig auf und meinte: „Ich werde das erst tun wenn von dir Gefahr aus gehen könnte, was aber nicht der Fall ist.“ Mit einem 'Hmpf' ging Cloe kurz darauf hinter ihm her und fragte sich ob weglaufen etwas bringen würde, entschied sich aber gleich dagegen da die Gefahr zu groß sei von dem Mann vor ihr bei ihrer Flucht eingefangen und zerquetscht zu werden.
Sie durchquerten viele Flure, kleinere Gänge und Gärten. Als sie vor dem Hauseingang ankamen zündete sich der breit gebaute Mann eine Zigarette an und blieb stehen. Keine zwei Minuten später waren auch die sehr bedrohlich aussehenden Männer von gestern neben ihnen aufgetaucht und rauchten auch ihre qualmenden Krebserreger. Die drei Namenlosen redeten kurz miteinander, schauten Cloe an, nickten kurz und der eine Mann ging fort, nur um dann mit einem schwarzen Van in der Einfahrt zu parken. „Einsteigen“ rief der eine der jungen Frau zu und grinste hämisch. Cloe verspürte den Dringenden Wunsch ihm eine zu Klatschen, tat dies aber dann doch nicht da die Furcht vor dem Mann doch zu groß war und er sie ohne auch nur mit der Wimper zu zucken umlegen konnte.
Die junge Frau hatte keine Ahnung wo sie hinfuhren, keine Ahnung was passieren sollte und auch keine Ahnung von dem was sie sehen sollte. Secondigliano, das war das Ziel. Die Männer inklusive Cloe gingen in ein großes, verlassen scheinendes Gebäude. Sie gingen durch Flure und landeten mitten in einem Raum welcher Cloe zu Tode schockte. In einer Reihe standen Kinder, ungefähr zwischen 12 und 17 Jahren, alle vertreten, gegenüber von ihnen standen Männer, nicht so bullig wie ihre Aufpasser, jedoch genug um einen Menschen zu verschrecken. Einer der Männer schrie irgendetwas und es wurde geschossen. Man hörte gedämpfte Schreie der Kinder, die sich jedoch nicht umhauen ließen davon, dass ein halbes Magazin auf sie geschossen wurde, nein, die Kinder standen wieder auf! Was war das denn nur für ein Schmerz den sie durchmachen mussten?! Und für was?! Zwar erkannte man dass die Kinder Kugelsichere Westen trugen, jedoch konnte immer etwas schief gehen, geschweige denn dass eine Kugel durch ging. Es gab schon alle Fälle. Die Kinder die am Boden liegen blieben wurden nicht geehrt, wahrscheinlich waren sie die jüngsten, unerfahrensten, die die am Anfang ihrer schrecklichen Schock-Heilung waren. So langsam hatte Cloe eine Ahnung wo sie sein konnte. So langsam wurde ihr so einiges klar.
Ein Wort fiel Cloe noch ein bevor sie in Ohnmacht fiel: CAMORRA
Tag 5
Cloe wachte in einem etwas ungewöhnlicheren Raum auf, er war nicht wie ihr erster. Kein Kellerartiges Verlies ohne Fenster. Dieser Raum ähnelte einem normalen Schlafzimmer. Ein Schrank war vorhanden, eine Kommode, ein Bett und sogar ein Spiegel. Sie staunte nicht schlecht als sie dann auch noch das Fenster an der einen Seite sah. Rasch stand Cloe auf, setzte sich an den Rand des Bettes und sah sich nochmals im Zimmer um. Wenn man aus dem Fenster sah konnte man erkennen dass sich der Raum auf einer etwas erhöhten Lage befand, ungefähr im ersten, beziehungsweise im zweiten Stock. Selbst wenn sie versuchen würde da herunterzuspringen würde sie dies sicher nicht unverletzt überleben. Da sie auch noch flüchten müsste könnte sie schon mal ausschließen aus dem Fenster zu springen. Die junge Frau wollte hinaus, wollte weg von der Camorra und zurück nach London. Dies war einer der kurzen Momente in denen sie sich wünschte sie wäre nie in den Flieger gestiegen.
Sie betrachtete sich eingehend im Spiegel, band sich die Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen und richtete ihr zerknittertes Kleid. Als die Tür aufging ließ Cloe von ihrem Spiegelbild ab und schaute ungläubig zur Tür. Am Türrahmen lehnte Alessandro welcher die Ruhe selbst sein könnte. Ganz relax stand er da und betrachtete Cloe welche eine wunderschöne Geisel abgab. Sie setzte einen kalten, emotionslosen Blick auf und wand sich ihm zu. „Alessandro, ich will hier weg, es ist mir nicht bekannt warum ich hier festgehalten werde und ich kann es nicht akzeptieren als Geisel den ganzen lieben langen Tag herum zu sitzen und mich von irgend welchen Leuten, entschuldige, meinen Entführern in Räume sperren zu lassen.“ Alessandro schaute sie anerkennend an, er hätte nie gedacht dass sie den Mut dazu gehabt hätte ihm das alles ins Gesicht zu sagen, schließlich haben seine Leute die Frau mitgenommen und zunächst weggesperrt. Die meisten Menschen welche sie entführten hatten Angst und waren sehr kooperativ, Cloe jedoch nicht, sie war anders und das ließ ihn liebevoll lächeln.
Cloe schaute ihn überaus verwirrt an, was brachte ihn dazu zu lächeln?! Langsam kam er näher auf sie zu und schloss die Tür hinter sich. „Cloe“ fing er leise an zu reden, „Du bist anders als alle Geiseln die ich je hatte, weißt du, hier in Italien ist es nicht einfach eine zu finden die so gar keine Angst vor mir hat nachdem ich sie kidnappen hab lassen. Das entzückt mich überaus. Deswegen gedenke ich zu sehen was ich aus dir so machen kann und wer weiß, vielleicht wird aus dir ja was ganz Großes.“ Man hörte deutlich die junge Frau ausatmen. 'Gott, was ist das für ein Verrückter: Was ganz Großes; der hat sie ja nicht mehr alle' Sie musste selbst über ihre Gedanken etwas lachen und so stahl sich ein leichtes Lächeln auf ihre Lippen welche Alessandro dazu bewegten zu glauben sie stimme ihm zu. So kam er Cloe näher, legte einen Arm um ihre Taille und legte seine Lippen auf die ihren. Sie jedoch weitete geschockt die Augen bevor sie ihre Hände gegen seine Brust drückten und versuchte sich von ihm los zu machen. Er jedoch packte sie nur noch mehr in der Annahme sie wolle spielen. Doch Cloe zog ihr Knie ein und trat Alessandro zwischen die Beine. Er schnaufte erschrocken auf und packte sie am Handgelenk. „Doch nicht so zahm?“ fragte er schnaufend und die junge Frau holte aus und verpasste ihm eine Ohrfeige. „Mich küsst man nicht einfach so, nicht mal wenn man mich als Geisel hält.“ Dabei riss sie ihren Arm los und setze sich auf das Bett, verschränkte die Arme und wartete darauf das Alessandro aus der Tür verschwand, was er leider aber nicht tat. Er stellte sich vor sie und zog sie an den Haaren zu sich hoch. Vor Schmerz schrie Cloe kurz auf, Alessandro lächelte bitterlich und meinte: „Weißt du eigentlich mit wem du sprichst Weib?! Ich könnte dich einsperren, dich umbringen lassen und dich verscharren wie ich es schon mit Hunderten gemacht hab. Aber du stellst dich gegen mich, das mag ich nicht, Principessa. Wo bleibt denn nur das gut erzogene, höfliche Englische Mädchen?“ Er lies sie los und stieß sie ins Bett. Sie sah sich um und bemerkte dass der Schlüssel des Zimmers leicht aus seiner Hosentasche herauslugte. Alessandro beugte sich über sie und war sichtlich überrascht als Cloe ein leises 'Entschuldigung' hauchte. Der Italiener lächelte, er wusste dass das kommen würde. Aber sie nun alleine zu lassen würde ein Fehler sein, dachte er sich. Genau deswegen legte er einen Arm um sie und zog sie rittlings auf seinen Schoß. „Ich wusste dass du dich besinnst, Amore“ Dabei ließ er seine Hand ihren Rücken hinunter gleiten und sie bekam eine Gänsehaut. Nicht vor verlangen, nicht vor Angst, sondern vor Rücksicht darauf gut in ihrer Rolle zu sein. Cloe lächelte ihm verführerisch zu und öffnete leicht ihre Lippen. Gierig zog er ihren Kopf an seinen heran, atmete ihren lieblichen Duft ein und küsste ihre wundervollen Lippen. Zu seinem Erstaunen erwiderte Cloe seinen Kuss, leidenschaftlich und ergeben. Während Alessandro in den Kuss vernarrt war strich die junge Frau mit ihren Händen an seinem Körper entlang, nicht zu schnell damit er ja nichts von ihrem Plan merkte. Mit flinken Fingern zog sie anschließend den Schlüssel heraus und welch Wunder, ein Autoschlüssel befand sich gleich mit dran. Fluchtmöglichkeit gesichert, dachte sie sich glücklich und vertiefte den Kuss noch mehr. Sie legte die freie Hand auf seine Brust und mit der anderen Hand hielt sie den Schlüsselbund fest als würde es um ihr Überleben gehen.
Mit einer schnellen Bewegung ließ sie dann von Alessandro ab welcher dies mit einem empört, überraschten Blick quittierte. Cloes Hand ballte sich zu einer Faust und schlug fest auf Alessandros Oberkörper ein. Ein einziger Schlag und er lag im Bett. Cloe machte es sich zu Gunsten dass selbst starke Männer zwischen einem gut trainierten Waschbrettbauch und ihrem Brustbereich noch ihre überaus verletzlichen Rippen hatten, hinter welchen sich auch noch die Lungenflügel inklusive dem Herz befanden. So schnell sie konnte richtete sich Cloe auf, schaute noch einmal auf den vor Schmerzen keuchenden Alessandro an und wand sich der Tür zu. Bevor sie jedoch ging sah sie ihm in die Augen und meinte ernst: „Weißt du, meine Mutter hat mich all die Jahre erzogen und sie war um Himmels Willen keine Engländerin. Also weißt du jetzt auch dass ich als Rumänin keine gut erzogene, höfliche Engländerin bin. Bis die Tage.“ Und schon lief sie aus der Tür. Aus dem Zimmer in welchem sie bis vor kurzem eingesperrt war hörte Cloe noch ein gedämpftes: „Ich werde dich finden Cloe Havens und es wird dir leid tun gegangen zu sein.“
Keine der Männer beachtete sie. So wie sie aussah dachten sie wahrscheinlich dass sich Alessandro eine Nutte bestellt hatte welche nach seinem beendeten Vergnügen wieder gehen solle. Denn sehr viel anders sah sie zu dem Zeitpunkt nun leider auch nicht aus, die letzten Stunden hatten ihr ziemlich zu schaffen gemacht. Das Haus in welchem sich Cloe befand war groß jedoch konnte sie leicht den Ausgang finden und sah auch schon ein Auto in der Einfahrt stehen welches sie sich mal kurz ausborgen könnte, so wie sich Alessandro ihre Freiheit ausgeborgt hatte. Gerade als sie in den Wagen einstieg, irgend so ein teurer Wagen – wie sich später herausstellte ein Mustang GT – sah sie Alessandro am Eingang stehen. Er hetzte keine seiner Männer auf sie, noch versuchte er selbst sie irgendwie aufzuhalten und diese Tatsache bereitete ihr mächtige Angst.
Sie fuhr los, fragte des öfteren nach dem Weg und parkte das Auto irgendwo in einer Gasse, ließ den Schlüsselbund darin und ging von dort aus zu Fuß zu ihrem Hotel. Als sie an der Tür ankam machte ihr Luke diese auf, er empfing sie mit einer Umarmung bevor sie lange ausatmete und in seinen Armen zusammenbrach.
Tag 6
Cloes Augen öffneten sich. Sie schaute umher, war sie noch in Gefangenschaft? - Nein. Schwach konnte sie sich daran erinnern was am Tag vorher passiert war. Sie war abgehauen, aber Alessandro hat das nicht gestört. Wieso nicht? Sollte sie zur Polizei gehen? - Nein, keine gute Idee. Sollte sie es Luke erzählen? - Ja, das würde sie tun. Fragen über Fragen belagerten sie in diesem Moment. Langsam stand sie aus dem Bett auf in welchem sie erwacht war. In dem Moment war sie verunsichert, aber irgendwie auch beruhigt. Cloe hatte sich schließlich alleine aus den Fängen der Camorra befreit, wenn das mal keine reife Leistung war dann wusste sie auch nicht weiter. Sie hörte das die Dusche an war, Luke war also duschen. Sie stellte sich auf und ging an ihren Koffer. Kaum zu glauben dass sie es geschafft hatte. Cloe starrte auf ihr verschmutztes, leicht zerrissene Kleid. Ihr viel ein Stein vom Herzen wenn sie daran dachte dass das alles bald vorbei sein würde und sie wieder nach Hause konnte. So nahm sie eine löchrige Hose, ein Rolling Stone Shirt und ihre Converse Chucks aus dem Koffer und wartete darauf dass Luke fertig wurde, was sie aber zu diesem Zeitpunkt nicht wusste war dass Alessandro und seine Leute immer wussten wo sie sich auffinden würde und er würde sie finden. Sie konnte sich nicht verstecken, das Spiel konnte beginnen...
Luke und Cloe gingen in ein kleines nahegelegenes Restaurant. Nachdem sich beide geduscht hatten und sich langsam fertig gemacht hatten beschlich die beiden ein Hungergefühl welches sofort gestillt werden musste. Luke sah sie die ganze Zeit schon erwartungsvoll an, er wollte wissen was passiert war. Im Restaurant fing Cloe dann letztendlich an zu erzählen was die letzten Tage passiert war. Luke war geschockt und fasziniert zugleich. Er wusste dass sie nicht log. Er vertraute ihr, genau wie sie ihm. Innerlich freute er sich sehr dass Cloe nicht umgekommen war, jedoch war er sich nicht sicher ob nun wirklich alles vorbei war.
Tag 7
Ihr letzter Tag brach an und Luke und Cloe waren glücklich zurück in ihre geliebte Heimat zu können. Cloe ging es nicht besonders gut, was sich vielleicht als nachträgliche Stresssituation Erkrankung herausstellen könnte. Immer wenn sie ausatmete fühlte sie etwas unterhalb ihrer Rippen, so als würde ein Messer in ihr stecken, welches natürlich nicht da war.
Am Flughafen ging alles dann ganz schnell, so als wäre all das geschehene nur eine Farce gewesen. 'Tief durchatmen, bald sind wir wieder in London' ermahnte sich Cloe immer und immer wieder. Alles würde gut werden, bildete sie sich ein. Schließlich war nichts mehr auffälliges passiert. Entspannt trat sie durch den Sicherheitscheck welcher gleich zu piepen anfing. Cloe zog ihre Schuhe aus und ließ sich von den Wachmännern kontrollieren, bei welchen aber Auffälligerweise das Gerät wieder piepte. Trotzdem ließen sie Cloe gehen da sie nichts fanden welches sie nicht bei sich haben dürfte. Schulterzuckend wandten sich die Männer ab und kontrollierten die anderen Menschen. Die junge Frau schnappte sich ihre Sachen und stieg bald darauf zusammen mit Luke ins Flugzeug. Diesmal hatte Luke darauf bestanden den Platz neben ihr einzunehmen da er auf weitere Vorkommnisse gut und gerne verzichten konnte.
Einige Stunden später kamen sie auch schon im geliebten London an, holten das Gepäck und gingen zum Auto, wobei Luke gentlemanlike Cloe ihren Koffer abnahm und ihr die Tür aufhielt. Sie fuhren zum Wohnhaus, brachten ihr Gepäck hinein und verabschiedeten sich mit einem höflichen 'bis morgen' So wie das zwischen den beiden klang konnte man merken dass sie beide keine Lust mehr hatten auf die bisher üblichen Sticheleien und Anspielungen.
Als Cloe sich in ihr kuscheliges Bett legte fühlte sie sich zum ersten Mal seit Tagen wieder sicher.
Tag der Veröffentlichung: 20.07.2013
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Ich widme dies einer meiner besten Freundinnen weil ich dank ihr auf solch eine Idee gekommen bin überhaupt was zu schreiben.
Danke Julia,
ich lieb dich