Cover

Plötzlich war die Welt bunt

Ebook-Ausgabe Juli 2017

Text: Frederick Becker

Kontakt: freddi28.becker@gmail.com

Cover: www.fotolia.com # 125502538

www.123rf.com # 15125046; # 40553390

Covergestaltung: Caro Sodar

Korrektur: Guido Becker, Vincent



Jede Verwertung und Vervielfältigung, auch auszugsweise, ist nur mit der

schriftlichen Genehmigung des Autors erlaubt.



Sämtliche Figuren und Orte in der Geschichte sind fiktiv.

Ähnlichkeiten mit bestehenden Personen oder Orten sind

zufällig und vom Autor nicht beabsichtigt.



Die Geschichte sagt nichts über die sexuelle Orientierung

des Covermodels aus.

 

Inhalt

Phillip führt mit seinem besten Freund eine Galerie sowie ein Geschäft für Künstlerbedarf. Kurz vor der Eröffnung einer neuen Filiale beschließt Friedrich, dass er dringend eine Auszeit benötigt. Als wäre das allein nicht schon schlimm genug, soll ab sofort Eik, der jüngere Bruder, seine Aufgaben übernehmen. Phillip ist fassungslos, weil er mit dem Mann zusammenarbeiten soll, der vor zehn Jahren versucht hat, ihm den Freund auszuspannen. Ein Vertrauensbruch, den er ihm niemals verzeihen wird. Komme, was da wolle.

 

Eik fiel es schon immer schwer, seinem Bruder einen Wunsch abzuschlagen. Trotzdem ist er davon überzeugt, dass Seite an Seite mit Phillip Rubenstein zu arbeiten, nur in einer Katastrophe enden kann. Immerhin sprechen sie seit zehn Jahren kein Wort mehr miteinander. Eik ist sich bewusst, dass er die Schuld daran trägt. Auch wenn damals alles ganz anders war, als Phillip glaubt.

 

 

Prolog

Eik

 

Damals …

 

„Krümel, ich glaube, dieses Mal hat es mich richtig erwischt.“ Phillip warf sich neben mir aufs Bett und zog mich voller Überschwang in eine Umarmung. Ich drückte mich leicht gegen ihn und genoss unseren Körperkontakt, der leider viel zu schnell endete.

„Was hat dich erwischt?“, fragte ich begriffsstutzig, ließ mich aber von seinem fröhlichen Lachen anstecken.

„Amors Pfeil, ein Sack voller Herzen, die Liebe …“ In meiner Kehle bildete sich bei seinen Worten ein fetter Kloß.

„Ich verstehe nicht“, brachte ich mühevoll hervor.

Liebevoll strich mir Phillip die Haare aus der Stirn, dann sagte er: „Ich habe mich verliebt, Krümel. So richtig, mit Schmetterlingen im Bauch und Herzklopfen. Ist das nicht unglaublich? Ich möchte, dass du und dein Bruder Ninu so schnell wie möglich kennenlernen. Ihr werdet ihn mögen, davon bin ich überzeugt. Er ist einfach großartig. Wir könnten uns morgen Abend beim Italiener treffen, was meinst du?“ Während gähnende Leere in meinem Kopf herrschte, breitete sich ein stechender Schmerz über den gesamten Brustbereich aus. Wie konnte sich Phillip bloß in diesen Kerl verlieben? Ich hatte doch immer gehofft, dass wir beide …

„Dann werden wir wohl in Zukunft nicht mehr so viel Zeit miteinander verbringen?“ Meine größte Angst laut auszusprechen, kostete mich erhebliche Überwindung. Eigentlich war es auch unnötig, da ich die Antwort bereits kannte. Es gab keinen Grund dafür, dass sich Phillip weiterhin mit einem 17-jährigen Sonderling abgab, wenn er sich stattdessen mit dem Mann seiner Träume vergnügen konnte.

„So ein Quatsch, Krümel. Zwischen uns wird sich gar nichts ändern. Du bist doch wie ein kleiner Bruder für mich. Außerdem, bei wem sollte ich mich sonst über die böse Welt auskotzen?“

„Bei Friedrich oder deinem neuen Freund“, schlug ich vor und kämpfte angestrengt gegen die aufsteigenden Tränen an. Phillips Arme verwandelten sich in eine Art Schraubstock an meinem Rücken und er gab mir einen Kuss auf die zerzausten Haare.

„Das wird nicht geschehen, versprochen!“ Fürs erste beruhigt, vergrub ich das Gesicht an seiner herrlich breiten Schulter. Immerhin hatte er bisher noch nie eines seiner Versprechen gebrochen.

Nach einem wirklich katastrophalen Abendessen mit Ninu, den ich vom ersten Augenblick an abgrundtief hasste, brach er es dann doch. Er verabredete sich zuerst weniger und bald schon gar nicht mehr mit mir.

Man glaubt nicht, wie schnell sich zwei Menschen, selbst wenn sie sich jahrelang nahestanden, voneinander entfernen können. Phillip brauchte weniger als zwei Monate, um Ninu mehr zu vertrauen als mir. Schwer enttäuscht und angestachelt von meiner Eifersucht, beging ich daraufhin einen riesigen Fehler. Ich sorgte dafür, dass ihre Beziehung zerbrach.

Hätte ich nur vorher gewusst, dass ich damit auch jede Möglichkeit auf eine Versöhnung mit dem Mann, den ich über alles liebte, verlor. Von einem Tag auf den anderen war ich kein Teil seines Lebens mehr.

 

Die Lücke, die dieser Verlust hinterlassen hat, spüre ich noch heute.

Kapitel I

Eik

 

Heute …

 

Kurz vor halb neun biege ich in die Straße ein, an deren Ende sich die Wacholder-Höfe befinden. Durch eine breite Toreinfahrt gelangt man in den rechteckigen Innenhof. Ich steige von meinem Fahrrad ab und schiebe es bis zu den immergrünen Zypressengewächsen, hinter denen sich der Fahrradständer verbirgt. Meinen Drahtesel sichere ich mit einem Schloss, die Tasche schnalle ich vom Gepäckträger ab und hänge sie mir über die Schulter. Rechterhand, in einem der rot geklinkerten Steingebäude, ist mein Arbeitsplatz untergebracht. Ich gehe einen Schritt darauf zu, dann bleibe ich stehen. Kontrolliere den Kragen meines Hemdes, streiche den dünnen Stoff glatt und atme mehrmals tief durch. Nach zwei weiteren Schritten stoppe ich erneut und wische die inzwischen leicht schwitzigen Hände an meiner schwarzen Jeanshose trocken. Was ist nur los mit mir? Das ist doch wirklich albern. Immerhin arbeite ich bereits seit drei Wochen für Phillip Rubenstein. Ja, das ist richtig, aber seit einigen Tagen ist dein Bruder nicht mehr da, belehrt mich die kleine Stimme in meinem Kopf. „Egal, ich schaffe es auch ohne Friedrich“, murmle ich leise und setze den Weg fort. Vor dem Eingang zu ‚RuNe’s Künstlerequipment‘ straffe ich die Schultern und drücke die verschnörkelte Klinke nach unten. Die Tür schwingt auf und ich sehe mich hektisch um. Bis auf die Bodenverleger, die freundlich grüßen, ist der Verkaufsraum glücklicherweise verlassen. Trotzdem marschiere ich zügig an den noch leeren Holzregalen vorbei, umrunde einige Kartons und betrete mein Büro, gleich neben den Toiletten. Ich brauche nicht lange, um mich in meine Aufgaben zu vertiefen, deshalb schrecke ich auch heftig zusammen, als die Bürotür aufgestoßen wird.

„Eik, wieso liegt die Farbmusterkarte der MUSSINI-Ölfarben nicht an ihrem Platz?“ Wie eine Urgewalt stürmt Phillip ohne eine Begrüßung ins Zimmer und öffnet ungefragt den Hängemappenschrank hinter meinem Schreibtisch. Ungeduldig durchsucht er jede einzelne Mappe und flucht dabei. Ich schlucke die aufkommende Wut über sein Verhalten herunter, stehe auf und greife nach der bunten Folie, welche ich ganz oben auf den Ablagestapel gelegt habe.

„Ich wünsche dir auch einen guten Morgen“, antworte ich und versuche meiner Stimme die nötige Festigkeit zu verleihen. „Anscheinend hast du vergessen, dass du mir die Liste gestern auf den Tisch gelegt hast. Eine aktuelle Farbkarte habe ich wie gewünscht angefordert und sie sollte heute noch per Post ankommen.“

„Das weiß ich“, erwidert Phillip nach einer kurzen Pause. „Aber die neue ist noch nicht da. Dementsprechend erwarte ich, dass die alte Karte bis dahin verfügbar bleibt.“ Er nimmt mir die Folie aus der Hand und verlässt ohne ein weiteres Wort den Raum. Fassungslos sehe ich ihm hinterher. Wie kam mein Bruder nur auf die irrsinnige Idee, dass das hier ohne ihn funktionieren würde? Nichts liegt mir ferner, als vorschnell aufzugeben. Doch wenn Phillip mich partout nicht hier haben will, verschwinde ich lieber, bevor ich mir von ihm das Leben zur Hölle machen lasse.

Fast zehn Jahre sprachen wir keine drei Sätze miteinander und gingen uns bei jedem Aufeinandertreffen, Geburtstage, Partys oder Familientreffen, aus dem Weg. Dessen ungeachtet bemühte ich mich, was ihn betraf, auf dem Laufenden zu bleiben. Das führte dazu, dass ich unter anderem erfuhr, wenn es wieder einen neuen Mann in seinem Leben gab. Ich hasste mich oft genug selbst, weil ich mich dermaßen quälte und doch horchte ich meinen Bruder immer wieder aufs Neue aus. Je mehr Zeit verrann, umso besser kam ich mit dem Verlust unserer Freundschaft klar. Zumindest dachte ich das, bis mich Friedrich dazu überredete, an seiner Stelle für Phillip Rubenstein zu arbeiten. Seitdem zeigt mir mein Chef Tag für Tag durch seine abweisende Art, wie sehr er mich verabscheut. Wieso also, habe ich nichts Besseres zu tun, als mich erneut in ihn zu verlieben? Womöglich liegt es daran, dass ich zu keinem Zeitpunkt damit aufgehört habe.

 

Die Mittagspause beschließe ich im Innenhof auf einer der bequemen Bänke zu verbringen. Seit einigen Tagen hält endlich der Frühling Einzug und regt unweigerlich dazu an, die angenehmen Temperaturen in der freien Natur zu genießen. Genüsslich nippte ich an meinem Chai-Tee und beiße in eines der mitgebrachten Brote. An der Längsseite des Hofes, über die sich die alte Werkhalle erstreckt, steht Phillip in ein Gespräch mit dem Innenarchitekten vertieft. Nicht zum ersten Mal beobachte ich heimlich den besten Freund meines Bruders, bewundere dessen markante Kopfform, die schlanke Figur und seine aufrechte Haltung. Von unserem Umgangston ausgehend, käme niemand auf die Idee, dass wir uns bereits seit Ewigkeiten kennen.

Genau genommen kann ich mich an keine Zeit erinnern, von den letzten Jahren abgesehen, in der Phillip nicht auf irgendeine Weise zu meinem Leben dazugehört hatte. Friedrich und ich sind Halbgeschwister, gemeinsamer Vater, verschiedene Mütter. So erklärt sich der immense Altersunterschied zwischen uns von gut vierzehn Jahren. Im Gegensatz zu anderen Jugendlichen, die mit einem Baby nicht viel anfangen können, fand Friedrich es toll, sich um mich zu kümmern. Er gab mir das Fläschchen, wechselte meine Windeln und spielte mit mir. Selbst als er mit neunzehn von zu Hause auszog, hielten wir engen Kontakt und verbrachten die meisten Wochenenden miteinander. Manchmal hatte er eine Freundin zu Besuch, die uns in den Park oder ins Kino begleitete. Oft genug glaubten die Leute dann, dass ich mit meinen Eltern unterwegs wäre. Bei seinen Beziehungen hatte mein Bruder leider weniger Glück. Selten begleitete ein und dieselbe Frau uns über einen längeren Zeitraum hinweg. Die einzige Konstante in den ganzen Jahren blieb Phillip, der mir beibrachte, wie man auf einem Grashalm pfiff, Steine übers Wasser springen ließ und weiteren unnützen Unsinn, der jedoch unbeschreiblich viel Spaß machte. Ich freute mich jedes Mal, wenn statt einer neuen Frau Phillip das Wochenende mit uns verbrachte. Anders als mein Bruder stellte er uns nie eine seiner Freundinnen vor, woran ich aber keinen Gedanken verschwendete. Später erfuhr ich, dass er auf Männer steht. Es hat mich nicht gestört, ganz im Gegenteil, denn als ich ihn plötzlich attraktiv fand, seine Nähe mich nervös zu machen begann, da wusste ich, dass ich seine sexuelle Ausrichtung teilte.

Die neu erwachten Emotionen sorgten dafür, dass ich mich auf einmal viel mehr für Phillip, seine Belange und Vorlieben zu interessieren begann. Ich versuchte herauszufinden, auf welchen Typ Mann er abfuhr und träumte mich fast jede Nacht an seine Seite. Kurz bevor ich den Mut aufbrachte, ihm meine Gefühle zu offenbaren, stellte er Friedrich und mir seinen festen Freund vor. Phillip wirkte aufgekratzt und ich konnte den Kerl von der ersten Sekunde an nicht leiden. Gefangen in meiner Verzweiflung, ausgelöst durch den heftigen Liebeskummer, führte ich mich wie ein verzogener Teenager auf. Jedes Mal, wenn wir uns sahen, benahm ich mich einfach grässlich. Mein Bruder redete mir mehrmals ins Gewissen, prophezeite, dass ich durch mein Gezicke das enge Verhältnis zu Phillip zerstören würde. Er behielt recht, auch wenn die Gründe hierfür viel tiefer gingen. Selbst Jahre später verstand er nicht, wieso wir uns so vehement weigerten, uns wieder zu vertragen, und ich habe es bis heute nicht fertiggebracht, ihm die Wahrheit zu sagen.

Phillip gestikuliert gerade wild mit den Armen und redet dabei auf den Architekten ein. Dieser nickt und notiert etwas auf seinem Klemmbrett. Beide lachen. Wie sehr wünschte ich, er würde auch mir noch einmal so ein Lachen schenken. Inzwischen bereue ich neben meiner Tat im gleichen Maße, dass ich zu feige war, Phillip alles zu gestehen und mich bei ihm zu entschuldigen. Hätte ich mich damals dazu durchgerungen, vielleicht hätte er mir dann verziehen und wir wären wieder Freunde geworden. Mir entweicht ein gequälter Laut. Dafür ist es nun allerdings zu spät. Selbst wenn er mich anhören und mir meine Geschichte glauben würde, gäbe es keine Garantie, dass er mir auch verzeiht. Die Angst davor, von ihm zurückgewiesen zu werden, mehr als es jetzt schon der Fall ist, jagt mir eine Heidenangst ein. Ich verfluche wiederholt meine Feigheit und reiße mich mühsam von seinem Anblick los.

Der Tee ist mittlerweile kalt. Den kläglichen Rest kippe ich hinter mir in die Büsche und stehe auf, um zurück an die Arbeit zu gehen. Unerwartet landet eine Hand auf meiner Schulter. Instinktiv zucke ich zusammen.

„He, entspann dich, Eik! Ich bin es nur.“ Sascha wuschelt mir freundschaftlich durch die Haare und grinst. „Ist es nicht langweilig, allein hier draußen zu hocken?“ Phillips Exfreund weiß, dass ich gerne für mich bin und erwartet aus diesem Grund auch keine Antwort. Ich kann verstehen, was Phillip an dem blonden Mann gefunden hat. Er sieht nämlich nicht nur sehr gut aus, sondern ist zudem auch noch ausgesprochen nett. Egal wie sehr ich mich bemüht habe, ihn zu hassen, ich habe es einfach nicht fertiggebracht. Als sie sich vor ungefähr zwei Monaten trennten, blieb die gewohnte Erleichterung aus, die ich eigentlich immer empfunden habe, wenn eine von Phillips Beziehungen scheiterte. Ich war sogar ganz schön geschockt, denn wenn er selbst mit so einem perfekten Kerl Schluss macht, dann kann ich doch gleich jeden noch so winzigen Hoffnungsschimmer begraben. Friedrich ist allerdings davon überzeugt, dass sie wieder zueinanderfinden, aber bisher habe ich nicht den Eindruck, dass er recht behält. „Hast du etwas von deinem Bruder gehört?“ Ich schrecke aus meinen Überlegungen auf und sehe Sascha an.

„Nein, in der Hütte gibt es keinen Telefonanschluss und der Handyempfang ist da auch ein Glücksspiel. Er wird sich aber ganz bestimmt am Wochenende melden.“ Sascha nickt und lässt seine Hände in den Taschen seiner Hose verschwinden. „Soll ich ihm etwas ausrichten?“, frage ich vorsichtig, weil sich soeben ein Schatten über sein Gesicht gelegt hat.

Ein Ruck geht durch seinen Körper, als er antwortet: „Nicht nötig! Ich habe ihm nichts zu sagen.“ Seine Reaktion verwirrt mich nun vollends. Haben die beiden etwa gestritten? Es sieht auf jeden Fall so aus, als wäre Sascha sauer auf meinen Bruder. Ob ich nachfragen soll oder halte ich mich besser raus? Die Entscheidung wird mir durch Phillips Auftauchen abgenommen.

„Da bist du ja, Sascha. Komm, ich muss dir unbedingt die fertigen Zwischenwände zeigen! Ich bin gespannt, was du davon hältst.“ Ohne auf mich zu achten, zieht er Sascha hinter sich her. Der dreht sich noch einmal kurz um, schenkt mir ein Lächeln und winkt zum Abschied. Ich erwidere den Gruß und trotte an meinen Arbeitsplatz zurück. Ich hätte mir auch gern die Fortschritte in der Galerie und den angrenzenden Ateliers angesehen. Auch wenn ich kein Künstler wie Sascha oder Philipp bin, sondern mich um die Buchhaltung, alle Bestellungen und Gehaltsabrechnungen kümmere, interessiert mich das Ganze doch sehr. Auf dem Tisch erwartet mich ein Stapel Post, dessen Bearbeitung mich hoffentlich eine Weile von meinen trüben Gedanken ablenken wird.

 

Um halb sechs beschließe ich Feierabend zu machen. Dazu fahre ich den Rechner herunter, stelle den Anrufbeantworter an und schließe das Büro hinter mir ab. Das Parkett im Geschäft ist nun komplett verlegt, bloß die Fußleisten fehlen noch. Es wird also nicht mehr lange dauern, bis Helene und Sina aus dem Verkauf hier auftauchen, um die Regale einzuräumen und die Eröffnung vorzubereiten. Ich freue mich auf die zwei Frauen. Zum einen, da ich sie mag und zum anderen, weil ich hoffe, dass sie einen Puffer zwischen Phillip und mir bilden werden.

Sorgsam achte ich darauf, dass die Alarmanlage scharf geschaltet ist, keines der Fenster offensteht und ich die Eingangstür richtig abgeschlossen habe. In der Galerie brennt noch Licht. Einen Moment überlege ich, ob ich hingehen und mich von Phillip verabschieden soll. Unentschlossen knabbere ich auf meiner Unterlippe herum und spiele mit den Schlüsseln in meiner Hand. Als die große Metalltür aufrollt, verstecke ich mich ohne nachzudenken hinter einem Mauervorsprung. Sascha tritt dicht gefolgt von Phillip in den Hof. Dieser hält seinen Exfreund an der Schulter fest und dreht ihn zu sich herum. Die beiden stehen nun ganz nah voreinander. Ich will eigentlich nicht sehen, was gleich zwischen ihnen geschehen wird, kann mich aber trotzdem nicht von der Stelle bewegen. Phillip hebt die Hand, streichelt Sascha über die Wange und neigt den Kopf nach vorn. Gleich werden sie sich küssen, da bin ich mir sicher. Wie gern wäre ich jetzt an Saschas Stelle. Ich lecke mir über die trockenen Lippen und presse die Schlüssel fest in meine Handinnenfläche. Dann keuche ich überrascht, als Sascha den Kopf wegdreht und zusätzlich für weiteren Abstand sorgt, indem er einige Schritte zur Seite geht. Phillip scheint meine Überraschung zu teilen, das kann ich deutlich an seiner Körperhaltung erkennen. Er ballt die Fäuste und sagt ein paar Worte, die ich aber nicht verstehe. So wie es aussieht, erhält er keine Antwort, weshalb er sich umdreht, die Tür der Galerie aufschiebt, hindurchtritt und sie geräuschvoll hinter sich in Schloss rollen lässt. Sascha folgt ihm nicht, starrt bloß eine Weile auf die geschlossene Tür, bis er sich letztendlich abwendet und schnellen Schrittes den Ausgang zur Straße anstrebt. Ich folge seinem Beispiel und verlasse ebenfalls meinen Beobachtungsposten. Vom Nachhauseweg bekomme ich kaum etwas mit, viel zu sehr lenkt mich das soeben Erlebte ab. Ich wüsste zu gern, warum Sascha Phillips Kuss ausgewichen ist. Schon komisch, dass ein anderer Mann genau das ablehnt, was ich mir seit vielen Jahren wünsche.

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Einsam kann ich auch allein

 

 

Der obdachlose Waldek stolpert eines Abends über den jungen Matze, der wie er selber auf der Straße lebt. Es dauert nicht lange, bis die beiden eine enge Freundschaft verbindet, welche jedoch von Waldeks Trinkerei überschattet wird.

Trotz allem verliebt Matze sich in den gut zehn Jahre älteren Säufer und träumt von einer gemeinsamen Zukunft, in der er Waldeks Herz erobert.

Als Matzes Traum zerplatzt und er erkennt, dass sie niemals ein Liebespaar sein werden, zieht er die Reißleine, um sich selber zu schützen. Diese Entscheidung führt nicht nur zur Trennung der beiden, sondern es beeinflusst grundlegend ihre weitere Zukunft.

Eines Tages stehen sie sich wieder gegenüber. Zufall, oder hat hier das Schicksal seine Hand im Spiel?

 

 

Mit einem Mal war alles anders

 

 

Olivers Alltag verläuft in geregelten Bahnen. Er hat einen festen Job und wohnt mit seinem gut aussehenden Partner zusammen. Linnart betrügt ihn zwar ständig und dessen Kumpels können Oliver nicht leiden, weil sie ihn für einen Dummkopf halten, aber welches Leben ist schon perfekt?

Um einem Streit aus dem Weg zu gehen, quält er sich zu einer Geburtstagsparty, die ein Freund von Linnart im angesagten Künstlerbistro DEBRIS schmeißt. Dort trifft Oliver auf Altin, den charismatischen Bistrobesitzer, zu dem er sich sofort hingezogen fühlt. Diese zufällige Begegnung löst eine Kettenreaktion aus, die Olivers Welt auf den Kopf stellt.

Seine aufgewühlten Gefühle sind aber bald schon das kleinste Problem, denn plötzlich läuft alles aus dem Ruder. Der Job ist in Gefahr, die Beziehung steckt in einer Krise und auch Altin scheint einige dunkle Geheimnisse zu hüten. Es ist an der Zeit, dass Oliver für sich selber eintritt, etwas was er ganz und gar nicht beherrscht. Denn bisher gab es immer jemanden, der diese Aufgabe für ihn übernommen hat. Nun muss er das erste Mal allein entscheiden, was ihm wichtiger ist: Die Gewohnheit oder eine Chance auf das ganz große Glück!

Impressum

Texte: Frederick Becker
Bildmaterialien: fotolia.com; 123rf.com, bearbeitet von Caro Sodar
Lektorat: Guido Becker, Vincent
Tag der Veröffentlichung: 15.07.2017

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