Ein lauter Atemzug durchbrach die eiskalte, stille Herbstnacht. Eine Gestalt stand mitten in der Dunkelheit neben einer alten Eiche, die Hände in den Hosentasche, den Blick starr ins Leere gerichtet. Autos fuhren auf der alten Landstraße gleich daneben vorbei. Sie bemerkten weder die Gestalt noch was jetzt passierte. Glühend rote Augen tauchten in der Dunkelheit auf, und formten sich zu Schlitzen als sie die Gestalt sahen. Körperlose Wesen, nur bestehend aus Nebelschwaden näherten sich der Gestalt, fixierten sie mit ihren blutroten Augen. Die Gestalt hörte sie kommen, doch sie rührte sich nicht.Doch sie erschauderte, als wäre ihr plötzlich kalt, als würden diese Wesen die Kälte verbreiten. Es schien, als würde sie die Wesen erwarten. Dann ging alles ganz schnell. Die Wesen, weder lebendig noch tot, stürzten sich auf die Gestalt, umschlangen ihn mit ihren Nebelfetzen. Gierig leckten sie an ihrer Haut und drangen schließlich brutal in diese ein. Blut spritzte hervor, laute, markerschütternde Schreie gellten durch die Nacht. Immer und immer wieder verletzten die Wesen die Gestalt, die aufkeuchte und laut schrie. Doch niemand hörte sie. Das Blut rann an den Nebelschwaden vorbei hinunter und tropfte in das gefrorene Gras. Wieder ein Schrei, diesmal lauter und qualvoller als je zuvor. Ein Porsche fuhr auf der Landstraße vorbei, doch der Fahrer hörte die Schreie nicht und sah nur nach vorn auf die Straße. Die Gestalt wand sich vor Schmerz und zuckte immer wider zusammen. Ihre Beine zitterten, bis sie schließlich zu Boden fiel. Da ließen die Wesen von ihr ab, einen zufriedenen Blick in den blutroten Augen. In diesem Moment knirschte das gefrorene Gras und ein Mann in einen pechschwarzen Mantel gehüllt trat vor die am Boden knieende Gestalt. Zufrieden sah es die verletzte und keuchende Gestalt an und lächelte böse.
,, Du hast gedacht du hast eine Chance gegen MICH? Ich habe dir doch gesagt ich bekomme was ich will!", hauchte der Mann der Gestalt ins Ohr.
Diese hob den Kopf und wischte sich das Blut vom Mund.
,, Mag sein aber du bist zu spät! Es gibt bereits Neue, die nächste Generation! Und die wirst du nicht so schnell auslöschen können!"
Die Gestalt wirkte tapfer trotz der Schmerzen und hielt dem Blick des Mannes stand. Dieser verhärtete sich, Wut blitze in seinen Augen auf dann knurrte er. Die Gestalt grinste triumphierend, doch ihr verging das Lachen als der Mann ihr eine schallende Ohrfeige verpasste.
,, Du Narr! Ich werde auch sie auslöschen und ich weiß auch schon wie! HAHAH!"
Damit verschwand der Mann in der Nacht und die Schattenwesen folgten ihm willig. Die Gestalt blieb hingegen allein in der Dunkelheit zurück.
-Kate-
Auf einer einsamen, leeren Bergstraße, umgeben von tiefer Finsternis, durch brachen zwei Lichter mit schwachem Strahl die Dunkelheit. Der kalte Wind, der durch die Nacht peitschte, ließ die mächtigen Eichen am Rande der engen Straße, tanzen.
Mein Kopf lehnte an der eiskalten Fensterscheibe des Busses. Ich blickte nach draußen und war das erste Mal an diesem Tag glücklich darüber, im Inneren dieses Schulbusses fest zu stecken, obwohl es hier nach einer Mischung aus Schweiß und chemischen Putzmitteln roch und der hässliche rote Sitz auf dem ich seit wenigen Stunden saß nicht gerade der bequemste war.
Das Geflüstere meiner Mitschüler war verstummt, denn die laute Musik die von meinen Kopfhörern in meine Ohren dröhnte, war besser als dauerhaftes Gekichere und Gemeckere.
Mein Körper fühlte sich schwer an und am liebsten hätte ich meine Augen geschlossen und der Müdigkeit nach gegeben die sich langsam in mir breit machte, doch meine Gedanken ließen mir keine Ruhe. Es war als wäre ich in einer Gedankenbahn gefangen, die kein Ende nahm. Vor meinen Augen sah ich einen Friedhof, ähnlich dem an dem wir vorbei gekommen waren. Düsternis hatte ihn umschlossen, ich musst jedes Mal schaudern, als ich versuchte in der Düsternis die Umrisse der Grabsteine besser zu erkennen. Pechschwarze Schatten, deren schwarzer Fäden in die Unendlichkeit des Himmels gingen und der Sonne das Licht nahmen. Grauenvoll klagende Stimmen die an mir zerrten. Ich wusste das der Friedhof niemals so ausgesehen hatte, doch der Gedanke an tote Menschen ließ mir die dunkelsten Erringungen und Bilder in den Kopf treiben.
Ich zuckte zusammen, als mich etwas, sanft an tippte. Für wenige Sekunden glaubte ich ein Fang der Schatten hätte mich berührt und versucht mich zu umschlingen. Doch als ich mich ruckartig zum Sitz neben mir drehte, lächelte mich meine beste Freundin müde an.
Mein Herz, dass vor Aufregung eine Schlag ausgesetzt hatte, eilte jetzt nach und begann sich langsam zu beruhigen.
Mit zitternden Hände zog ich meine Kopfhörer aus meinen Ohren und legte mein Handy bei Seite. Erst als ich mir sicher war, dass meine Stimme nicht ängstlich klingen würde, traute ich mich meinen Mund wieder auf zu machen.
„Was ist los Aimee?“ , fragte ich sie und fuhr mir durch meine grob gelockten, dunklen Haare.
Ihre hübschen grünen Augen, deren Farbe mich jedes Mal an einen frischen, ruhigen, wundervollen Frühlings-morgen erinnerten, schienen matt und müde. Ich riss meine Augen von ihren fort, denn ein unwohles Gefühl klammert sich an mein Herz, wenn ich länger die Farben ihrer Augen betrachtete. Ich lenkte meine Aufmerksamkeit auf ihr ganzes Gesicht und die lilanen Haare die ihr Gesicht umrahmten.
Sie zuckte mit den Schultern.
„Nichts. Nur mir war Langweilig.“, erklärte sie und fügte hastig eine Entschuldigung hinzu, als sich mein Blick verdüsterte.
„Macht nichts.“, seufzte ich genervt, jedoch nicht von Aimee, sondern von dem nervigen Hintergrundgeräusch meiner Mitschüler, dass mich einfach nur wütend machte, denn mir wäre es lieber gewesen ein wenig Ruhe zu finden, auch wenn mir der Friedhof nicht mehr aus dem Kopf ging.
„Ich will einfach nur nach Hause. Wir sitzen jetzt schon ewig in diesem engen Bus fest!“, jammerte ich und lehnte mich an ihre Schulter. Ihr Lächeln erschien wieder und sie strich mir über den Kopf. Es war beruhigend mich an sie zu kuscheln und langsam schienen die grauenhaften Bilder die mir vor wenigen Minuten noch den Schlaf raubten, langsam zu verwischen wie Straßenfarbe die vom Regen langsam weg gespült wurde. Die Müdigkeit überwältigte mich und meine Augen fielen mir zu und die Sicherheit die mir Aimee schenkte umhüllte mich mit Ruhe.
Doch selbst diese Ruhe endete und zwar schlagartig. Ein lautes Quietschen und ein heftiger Ruck, der mich zuerst leicht nach vorne schob und mich dann um so heftiger wieder nach hinten drückte, gegen Aimee, rissen mich unsanft aus meinem Nickerchen. Ich riss die Augen auf und schaute mich hektisch um. Der Bus hatte schlagartig angehalten. Die Schüler schienen den Schock schnell überwunden zu haben und meckerten schon wieder herum. Ängstlich sah ich zu Aimee hoch die sich verwundert umsah. Unser Klassenleiter, stand auf. Mit Worten wie: „Nur eine kurze Pause, gleich geht’s weiter!“, lief er an uns vorbei und versuchte uns zu beruhigen. Eine kurze Pause. Doch aus irgendeinem Grund schenkte ich ihm keinen Glauben und rutschte nervös auf meinem Sitz hin und her. Auch Aimee schüttelte verständnislos den Kopf. Mein blick huschte nach draußen. Die Eichen wiegten sich immer noch im Wind, die enge Straße war komplett von unserem Bus blockiert. Ich konnte mir kaum vor stellen, dass man hier eine Pause einlegen sollte.
Ich beobachtete wie der rundliche Busfahrer mit einem wütenden Gesicht aus dem Bus ausstieg und auf die andere Seite ging. Durch die offene Bustür strömte kalte Luft herein. Ich zitterte leicht, als ich die Kälte spürte. Diese Kälte war nicht normal, sie war furchtbar und krallte sich an meinem Gesicht schmerzhaft fest. Ich versuchte mein Gesicht zu wärmen und hoffte das der Busfahrer endlich zurück kommen würde und es weiter gehen würde, bevor noch irgendetwas schreckliches passieren würde. Ich begann zu zittern vor Angst und klammerte mich an Aimee, der ebenfalls die Angst ins Gesicht geschrieben stand. Kein anderer schien die Kälte mit zu bekommen. Wieso schloss man nicht die Tür? Etwas in mir schrie danach diese Tür zu schließen und sich zu verbarrikadieren aus Angst die grauenvolle Kälte würde sich weiter ausbreiten und mir meine Luft nehmen.
Und dann wurde das Stimmengewirr, das sich im Bus breit gemacht hatte durch einen lauten, schmerzhaften Schrei durchbrochen. Ich hatte selten so einen Schrei gehört, der mir so eine Angst einjagte, dass mir die Tränen über die Wangen rollten. Ein Mädchen vor mir sprang auf, sie hatte diesen Schrei los gelassen und sie schrie immer noch. Das Schreien schien kein Ende zu nehmen, Aimee hielt sich die Ohren zu und versuchte ihren schnellen, rasselnden Atem unter Kontrolle zu bringen. Das Mädchen musste aufhören zu schreien. Ihr Schrei schien sich in mir ein zu brennen und mir in den Magen zu treten. Die Tränen nahmen mir die Sicht.
„Halte den Mund!“, brüllte jemand, doch das Mädchen stoppte nicht, es schrie sich die Seele aus dem Leib, „Halte den Mund!“
Und dann mit einem Schlag, so schnell wie der Schrei gekommen war, verstummte das Mädchen und schnappte nach Luft. Ihr Kopf war knall rot und sie schien kurz vorm Nervenzusammenbruch, als sie wieder Luft holte. Diesmal war ich so clever um mir die Ohren zu zu halten, damit mir der Schrei, der mir Schmerzen bereitet und mein Herz schwer werden ließ, nicht mehr so viel anhaben konnte. Doch das einzige was aus ihrem Mund kam, war ein leises, grauenhaft ängstliches: „Da draußen ist etwas! Da draußen ist etwas!“
Ihre Stimme wurde lauter und sie begann ihre Worte zu schreien, zu kreischen, sie schlug um sich. Der Lehrer versuchte sie fest zu halten, doch sie schlug um sich und rief uns zu wir sollten abhauen, weg rennen. Der Drang hinaus zu rennen, in die Finsternis, weg von hier, machte sich in mir breit. Meine Beine zitterten schrecklich und ich blickte zu Aimee hinauf deren Blick nach draußen. Wir mussten hier weg, schoss es mir durch den Kopf. Raus, einfach raus. Ich war kurz davor das selbe zu schrien wie das Mädchen, doch meine Tränen erstickten meine Stimme. Und erst jetzt bemerkte ich, dass alle nicht mehr das Mädchen beachteten sondern in die Finsternis hinaus sahen.
Mir graute es davor aus dem Fenster zu schauen, doch ich konnte nicht anders. Ich fürchtete schreckliches.
Finstere Schatten, wie auf dem Friedhof flackerten in der Finsternis wie Flammen. Sie schwebte umher, umkreisten den Bus, leckten mit ihren Zungen am Fenster und hinter ließen Eiskristalle. Die Kälte schwoll im Bus an und fraß sich durch meine Klamotten hindurch. Mein Herz raste, das Adrenalin schoss durch meinen Körper.
Die Schüler schrien hektisch, doch mich ließ eine anderes Geräusch den Atem rauben, ein Ticken. Irgendetwas tickte und wurde lauter. Lauter und lauter. Ich bemerkte kaum das ich angefangen hatte zu schreien. Das ticken hörte nicht auf. Lauter und lauter. Tick, Tick, Tick. Und in dem Moment als das ticken fast mein Trommelfell zerriss, begann die Erde unter meinen Füßen zu beben und aufzubrechen. In der Mitte des Busses explodierte der Boden. Schreie. Die Fenster zerbrachen in Splitter. Ein heftiger Luftdruck schleuderte mich aus dem Bus, durch die Scheibe hin durch. Schreie, die nicht aufhörten, ein Knall der die Nacht zerbarst. Flammen, Flammen stoben aus der Mitte des Busses. Feuer, es brannte. Ich prallte heftig auf die Erde und der Schmerz der mich ergriff nahm mir die Sicht. Schreie, Flammen, ein Knall. Diese Nacht hatte sich in die Hülle verwandelt. Das letzte an was ich mich erinnern kann, bevor ich in komplette Finsternis stürzte waren Die Hilferufe meiner Mitschüler, die nach ihrem Leben riefen.
Das erste was ich wahr nahm waren Schmerzen, schreckliche Schmerzen. Mein Körper zitterte. Mein Kopf fühlte sich schwer an, doch ich öffnete meine Augen und hob ihn. Schwindel überfiel mich, doch ich kämpfte dagegen an und setzte mich auf. Ich war in Scherben gelandet, auf der Straße. Fasziniert betrachtete ich das Blut auf meinem Top, dass fast komplett zerrissen war. Überrascht schob ich es hoch und entdeckte eine tiefe Wunde, über meinen ganzen Bauch, und feinem Glasstaub der sich in dem tiefen Schnitt fest gesetzt hatte. Ich realisierte nur langsam was geschehen war. Mir kamen schreckliche Erringungen ins Gedächtnis. Die Schrie, die Flammen, die Explosion. Eine Bombe. Im Bus war eine Bombe gewesen und Schatten, tausende Schatten. Ich blickte geradeaus. Ich hatte gewusst das, dass was ich sehen würde schlimm seien würde, doch so schlimm hätte ich es mir nicht vor gestellt. Der Bus war in zwei Teile gebrochen. Einzelne Teile fehlten und lagen verstreut auf der Straße herum. Reglose Körper, überall. Tote. Der Schmerz schien Nebensache geworden zu sein. Einzig allein der Anblick vor mir war nun wichtig. Schrecklich, grausam. Mein Atem blieb mir stehen. Die Verzweiflung packte mich, ich versuchte aufzustehen, doch ich konnte nicht, also kroch ich durch die Scherben über den Asphalt auf das Grauen zu. Das konnte alles nicht wahr sein. Das war falsch, das war ein Alptraum. Ich schreckte auf, als ich gegen etwas anderes stieß, ein langer Gegenstand. Blutrote Flüssigkeit quoll aus ihm hervor, das Gesicht war verbrannt und es stank, nach angebrannten Menschenfleisch. Übelkeit kam in mir hoch. Die Tränen stiegen mir in die Augen. Ich wusste genau gegen was ich gekrappelt war. Ich schauderte und rüttelte verzweifelt an dem Jungen, doch er regte sich nicht. Er musst aufwachen, er musste mir helfen. Wieso wachte er nicht auf. Ich schrie ihn an, ich brüllte. Ich brauchte Hilfe, alle hier brauchten Hilfe. Das Schreien wurde zu wimmern, ich klammerte mich an den Toten und erbrach mich über ihm. Ich weinte und sackte zusammen, neben dem reglosen Körper. Ein Albtraum. Ich konnte mich nicht mehr bewegen. Ich sah in den Himmel und atmete einfach nur. Meine Wangen waren nass von meinen Tränen. Und dann hörte ich eine Stimme, irgendwo in einem Trümmerhaufen: „Kate?! Kate wo bist du?“
Aimee. Unverwechselbar Aimee und sie lebte.
--Amiee--
Meine Augen schweiften ängstlich umher. So sehr ich konnte versuchte ich all die Toten, all die Scherben, das Chaos und all das Blut auszublenden. Und es ging. Erschreckenderweise verschwand alles aus meinem Blickfeld. Die Toten, das Chaos… Als hätte man sie wegradiert. Ich machte mir darüber keine Gedanken, ich war wahrscheinlich einfach nur total erschöpft. Was jetzt zählte war nur eins: Ich musste Kate finden. Ich hatte sie schreien hören. Markerschütternde, verzweifelte Schreie, bei denen mir das Blut in den Adern gefroren war.
Da endlich bemerkte ich neben einem abartigen Gestank, der noch schlimmer als der Gestank des Blutes war, Kate. Sie zitterte am ganzen Körper. Ihre rehbraunen Augen waren glasig und voller purer, nackter Verzweiflung. Sie hielt sich die Hand an den Mund und weinte. Sie weinte so stark das ihr ganzer Körper zitterte. Ich bemerkte, das sie nicht nur voller Blut sondern auch voller Erbrochenem war.
,, Kate!", schrie ich dann schoss ich auf sie zu.
Ich sank vor ihr nieder und drückte sie einfach an mich.
:P
,, Amiee, ich...ich", begann Kate doch sie brach ab und schluchzte laut auf.
Ich atmete einmal tief ein und mein Atem rasselte und ich spürte einen heftigen Schmerz. Langsam sah ich an mir herunter. Ich bemerkte das in Brusthöhe eine riesige Scherbe in mir steckte. Früher musste sie mal ein Teil der Busfensterscheibe gewesen sein. Jetzt steckte sie in meiner Brust. Doch es quoll nur wenig Blut hervor, die Scherbe hielt es drinnen. Kate folgte meinem Blick uns als sie die Scherbe sah wurde sie kreidebleich.
,, Amiee, du.. nein du darfst nicht sterben , du darfst nicht sterben!", schrie sie und packte mich so fest an den Armen das ich zusammenzuckte.
Damit schüttelte sie mich stark und schluchzte unaufhaltsam
. ,, Kate, Kate! Ganz ruhig! Ich bin verletzt aber ich lebe! Ich muss die Scherbe nur drinnen lassen!"
,,Sonst sterbe ich…“ fügte ich in Gedanken hinzu.
Doch ich wollte Kate nicht noch mehr verrückt machen.
Wahrscheinlich hatte die Scherbe meine Lunge verletzt. Das erklärte auch wieso mir das Atmen schwerer fiel und jeder Atemzug zu einer einzigen Qual wurde, die mich jedes Mal zusammenzucken lies. Würde ich sie rausziehen würde ich sterben. Ich tat einen rasselnden Atemzug und schloss beim Schmerz zitternd die Augen. Schließlich wandte ich mich an Kate. Auch sie hatte eine tiefe Wunde am Bauch. Sie würde nicht daran sterben, aber angenehm war es auch nicht. Aber wir lebten immerhin. Einige Minutne war es ganz still, is auf Kates Zähneklappern während sie zitterte und meinen rasselnden Atemzügen. Ich hatte keine Ahnung was wir jetzt tun sollten. Ich wusste noch nicht einmal genau was passiert war. Der Bus war explodiert und dann war alles schwarz geworden. Und jetzt war ich hier aufgewacht, verletzt in den Trümmern des Busses zusammen mit lauter Leichen. Anscheinend hatte ich länger das Bewusstsein verloren, denn der abartige Gestank nach Verwesenem verunstaltete die sonst so frische Luft und vermischte sich mit dem metallischen Blutgeruch und dem Geruch von Verbranntem. Wer hatte die Bombe gelegt und wieso? Und wer waren diese Schatten gewesen.
,, Amiee?", riss mich Kate aus den Gedanken.
Ich sah sie ruckartig an, ihre braunen Augen sahen mich verzweifelt an.
,, Keine Angst mir geht es gut!", krächzte ich heiser und zuckte vor Schmerz zusammen.
.Doch Kate schien nicht überzeugt. Vorsichtig sah sie sich um, schnell um nicht alles genau anzusehen zu müssen dann hauchte sie:
,, Lass uns sehen ob noch jemand am Leben ist!"
,, Na gut. Komm!", murmelte ich.
Damit stand ich auf und zog auch Kate nach oben, weg von dem Erbrochenen und dem Toten neben dem sie gesessen hatte. Ich war nicht überzeugt das noch jemand lebte, vermutlich waren die Überlebenden an den Verletzungen gestorben. Und wir würden es auch, wenn wir danach nicht Hilfe holten.
Schnell lenkte ich meinen Blick weg von der verbrannten Leiche und suchte mit den Augen alles ab. Es sah einfach schrecklich aus. Überall lagen Leichen, manchen fehlten Körperteile. Vermischt damit lagen Scherben und Teile vom Bus. Der Boden, die sonst so grüne Wiese war getränkt vom Blut, den Blut der Schüler. Sofort wurde mir übel und ich schlug mir die Hand vor dem Mund, damit ich mich nicht übergeben musste. Ich hatte noch nie so viel Blut gesehen. Kate sah mich an :
,, Ich denke nicht das noch jemand lebt.."; gab jetzt auch sie zu.
Ich wusste nicht ob sie das wirklich glaubte, oder sie einfach nur weg von hier wollte, weg von diesem schrecklichen Ort.
,, Lass uns nach dort drüben noch einmal gehen und schauen!" Ich deutete auf den Ort wo ich selber aufgewacht war. Ein Teil des Grases war abgebrannt, Asche lag verstreut.
,, Ok!“
Also gingen wir los. Mit dem Fuß stieß ich plötzlich gegen etwas. Als ich nachsah brannte sich das Bild in mein Gehirn, es würde mich für immer verfolgen. Dort lag eine halbverbrannte verwesene Hand, die krampfhaft ein halb geschmolzenes Handy umklammerte. Wahrscheinlich wollte die Person die Polizei rufen. Wo blieb sie überhaupt? Hatte niemand etwas bemerkt? Wie erstarrt blieb ich stehen und bewegte mich erst als mich Kate wegzog.
Ich war überzeugt, alles warne tot nur wir hatten wie durch ein Wunder überlebt. Ich Amiee Shooter und Kate meine beste Freundin. Doch da auf einmal hörte ich jemanden stark husten.
,, Schnell!"
Ich zog Kate mit, richtung des Geräusches. Keine Minute später standen wir vor einem halb verkohlten Busch vor dem ein Mädchen lag. Sie hatte ruschschwarzes halb verbranntes Haar und einige Brand- und Schnittwunden. Trotzalledem erkannte ich sie.
,, Mary du lebst!"; stieß ich hervor.
Mary war das Mädchen das im Bus so markerschütternd geschrieen hatte. Mary hob den Kopf und sah uns einen Moment an, als würde sie uns nicht erkennen.
,, Ihr lebt? Aner wie..was ist passiert?"
Doch bevor ich antworten konnte hörte ich plötzlich ein ganz leises Knacken, so leise das nur ich es hören konnte. Ich drehte ruckartig den Kopf und wieder löschte mein Gehirn als das Unwichtige, fokussierte sich nur auf einen Schatten nicht weit von ihr, neben einem Baum.
,, Kate schnell!"; zischte ich.
Ruckartig zog ich Kate an mich und schleifte sie hinter ein dichtes Brombeergebüsch.
,, Hey was soll das, aua!", knurrte sie mich an, da ich sie auf ihrem Bauch runterdrückte, der immernoch stark blutete. ,, Beweg dich nicht! Da ist irgendwas!", flüsterte ich dann blickten meinen grünen Augen aufmerksam durch das kleine Loch im Brombeergebüsch. Irgendetwas lauerte da. Ich spürtees und es verursachte mir Gänsehaut. Etwas schlimmes und gruseliges. Und ich wusste, das wir sterben konnten, jetzt immernoch auch wenn die Explosion vorbei war. Irgendjemand wollte uns tot sehen...
Kate wollte protestieren, doch als sie Schritte hörte verstand sie und wurde ganz still. Sie kauerte sich neben mich und lehnte sich mit den Kopf an mich. Eine pechschwarze Gestalt kam immer näher und näher. Ich rieb mir die Augen. Konnte das sein? Die Gestalt hatte rot glühende Augen und schien nur aus dichten, schwarzen Nebelschwaden zu bestehen, die selben Schwaden die ich durch das Bussfenster gesehen hatte. Die roten Augen riefen etwas in mir wach. Eine Warnung, nein eine Erinnerung. Etwas was ich nicht erklären konnte. Wir durften keinen Laut von uns geben, geschweige denn atmen. Sonst wären wir tot. Da auf einmal schalte eine leise Stimme durch die Nacht.
,, Hallo ist das jemand? Hilfe bitte! Hilfe!"
Ich erkannte die schwache, krächzende Stimme von Rauchvergiftung gezeichnet sofort.
,, Mary..."; hauchte ich.
Kate sah mich an, in ihren Augen wuchs die Verzweiflung. Dieses Wesen hielt inne, dann schnaubte es und fetzte überdiemensonialschnell zu Mary. Als diese das Wesen sah schrie sie auf, wieder so laut wie im Bus. Ich zuckte zusammen war jedoch unfähig irgendetwas zu tun. Ich konnte nicht die schrecklichen Schreie ausblenden, die immer lauter und qualvoller worden. Mein Körper war wie erstarrt. Ich konnte kaum atmen. Bei jedem Schrei fraß sich ein Schmerz wie ein Stormschlag durch meine Körper und lies mich zucken, als stände ich unter Strom. Ich rutschte ein Stück nach vorne um zu sehen was passierte. Das Wesen beugte sich über Mary die sich am Boden wand, doch es verdeckte sie. Die Schreie schwollen an und wurden zu einem qualvollen Gurgeln, dann erschlaffte ihre Körper und es war totenstill. Das Wesen gab so etwas wie ein hämisches Lachen von sich und stand auf. So konnte ich Mary endlich ansehen,doch was ich sah lies mich erschüttern. Ich hätte weinen wollen, schreien, irgendetwas. Doch der Anblick war so schrecklich, das ich nur die Augen aufreißen konnte. Kate hingegen schrie, schrie so laut das mir das Trommelfell zu platzen drohte. Das seltsame Wesen fuhr ruckartig herum und musterte uns. Seine Augen wurden zu schmalen blutroten Schlitzen, dann knurrte es wütend. In diesem Moment wusste ich es. Wir würden sterben...
-Kate-
Wenn ein Mensch schreit, dann wegen etwas was ihn tief im innersten bewegt, mag es Wut, Verzweiflung, Freude und Angst seien. Ein Schrei bleibt immer das selbe: ein Ruf aus dem tiefsten der Seele eines Menschen.
Ich rief aus Verzweiflung und Angst vor dem Grauen das meine Augen erblickten. Die Augen Marys waren weit aufgerissen, gezeichnet von nackter Verzweiflung. Ihr Mund war geöffnet, als wollte sie um Hilfe rufen. Aus ihrer Nase, den Ohren, dem Mund und ihren Augen floss langsam Blut heraus und begrub die tote Maske des Mädchens mit einem Schleier aus roter Flüssigkeit. Der eiserne Geruch des Blutes wurde vom Wind zu uns herüber geweht. Die Finsternis schien zu pulsieren und sich auf meine Schultern zu drücken, sie hielt mich auf dem Boden. Ich war bewegungsunfähig und sah tatenlos zu, wie der schwarze Schatten sich langsam mit dem Wind zu uns bewegte. Die tief roten Augen, in dich ich blickte hatten nichts menschliches in sich, gefühlskalt. Einzig allein errichtet zum Morden. Die Kälte schien wie Fingernägel an meiner Haut zu kratzen. Immer stärker kratzte sie und riss an mir, als würde sie mich zerfleischen wollen. Grauenvolle Schmerzen die ich ertragen musste, während ich zu sah wie das schreckliche Wesen auf mich zu kroch. Der Geruch von Verwesung und Tot wurde von dem Schatten zu mir hinüber getragen. Alles andere um mich, schien in der Dunkelheit zu verschwinden. Schreiend, vor Schmerzen, Angst und Verzweiflung musste ich zusehen wie mein Leben ein Ende nahm. Die Fäden des Wesens, verzehrten sich an mir und schlängelten sich um meinen Körper. Meine Haut brannte, als stände mein Körper in Flammen. Für wenige Sekunden schienen sich die Fäden zurück zu ziehen doch dann sie mich so fest ein, dass mein Blut abgedrückt war und mir meine Luft geraubt wurde. Meine Stimme versagte, die Fäden bohrten sich in mich hinein und umschlangen meine Innereien, zerdrückten sie. Grauenvolle Schmerzen, die mir die Sicht nahmen. Ich wünschte mir den Tot, ich wollte dass die Schmerzen die schlimmer als alles andere scheinen aufhörten. In Gedanken bettelte ich das Wesen an, mir den Tot zu schenken, denn das was ich erlebte war schlimmer als der Tod. Körperliche Schmerzen, die nicht auszuhalten waren. Der Schatten war nun direkt vor mir. Sein Atem stank fürchterlich, die Gier in seinen Augen nach meinem Schmerz war unendlich. Etwas warmes, nahm mir den Rest meiner Luft und kroch von meiner Lunge, in meinen Mund und bereitete sich dann auf meinem Gesicht aus. Meine Genweide wurde zermalmt von den Fäden, ausgepeitscht, zerrissen. Mein Herz schien zu explodieren. Meine Sicht wurde von einem tief roten Schleier meines eigenen Blutes genommen. Die Finsternis umschlang meine Gedanken und ließ sie verstummen. Meine letzten Hilferuhe versagten, mein Körper war zerstört, mein Geist zerbrochen. Und mit einem Mal endeten die Schmerzen und der letzte Hauch Leben in mir erlosch.
Langsam sank ich zu Boden, wie eine Feder. Der Boden war weich und angenehm warm, wie ein Teppich. Es roch nach Pfefferminze, Wald, dem Duft exotischer Blumen. Die Luft war so klar und erfüllt von Leben, wie ich es noch nie erlebt hatte. Sie erfüllte meine Lunge mit ihrer Frische. Ich glaubte das Rauschen des Wassers, das sanfte hin und her Wiegen der Bäume und den Gesang der Vögel zu hören. Mein Herz schlug im Takte meiner Atemzüge. Langsam öffnete ich meine Augen. Ich blickte in den Himmel, der wolkenlos in der Höhe thronte. Die Sonne streichelte meine Haut zärtlich. In mir hatte sich ein innere Ruhe und Zufriedenheit breit gemacht. Ich setzte mich auf und fuhr mit meinen Händen durch das weiche Gras. Fasziniert von diesem wunderschönen Ort, gefangen in dem Zauber, der mich umgab stand ich auf und tänzelte über die Wiese. Ich pflückte goldene Blumen, die im saftigen Grün strahlten wie Diamanten. Ich streichelte die Bäume die schützend die Hand über mich hielten und mir ihren Schutz gaben vor der Außenwelt. Ich setzte mich an den Rand eines kleinen Baches und ließ meine Füße hinunter baumeln, so dass mich die Kühle des Wassers sanft umgab. Ich fühlte mich frei und geborgen. Ich konnte nicht anders als zu lächeln.
Die Angst vor dem Tot, die ich gehabt hatte, war verschwunden. Meine letzten Erringungen an mein Leben waren wie die vergilbten Seiten eines fast vergessenen, uralten Buches. Ich versuchte nicht einmal das Buch der Erringungen aufzuschlagen, es sollte geschlossen bleiben, ich wollte Leben im hier und jetzt, in meinem eigenen kleinen Paradies, erfüllt von Wärme und Zufriedenheit, für immer.
Die Zeit verlor ihre Wichtigkeit und ich mein Gefühl für sie. Die Sonne schien nie unterzugehen und mein Zauberort, nie zu schlafen. Ich verspürte keine Müdigkeit, keinen Hunger, keinen Durst.
Kate, Kate, meine Liebe, es ist Zeit geworden zurück zu gehen
Die Stimme die das Wehen des Windes mit sich brachte war wie der Klang der Violinen, wie ein wundervolles Lied.
Ich wunderte mich. Wieso verlangte jemand von mir diesen Zauberort zu verlassen, in dem ich mich so geborgen wie noch nie gefühlt hatte? Das war ein irrationaler Gedanke, außerhalb meiner Reichweite.
Kate, Liebes. Verweile nicht an einem Ort, der zwischen Fantasie und dem Leben steht. Du bist nicht tot, wenn du zurück gehst. Du wirst Leben, denn deine Zeit ist noch nicht gekommen.
Ich versuchte zu erkennen woher die Stimme kam, folgte dem Wind, der sie zu mir gebracht hatte. Ich musste der Stimme klar machen, dass es falsch wäre zu gehen, dass ich hier verweilen musste, für immer, für die Unendlichkeit. Ich würde meinen Ort nicht verlassen.
Denke an das zurück für was du kämpfen solltest. Denke an diejenigen zurück, die du verlassen hast. Sie brauchen dich Kate, du bist dazu bestimmt sie zu beschützen. Der Tot ist noch nicht bereit dich für die Unendlichkeit in seinen Armen einzuschließen.
Die Worte machten mich wütend. Zum ersten mal war meine Zufriedenheit erloschen. Ich hatte vergessen was für ein Gefühl es war, dieses etwas was man Wut genannt hatte. Ich hatte vergessen wie es sich anfühlte sich zu erinnern. Ich versuchte gegen die Bilder die mir vor den Augen erschienen anzukämpfen. Trauernde Gesichter, Gesichter voller Schmerz. Ein Mädchen, mit lilanen Haare und wunderschönen Augen, gezeichnet von Verzweiflung die etwas im Arm hielt, einen reglosen Körper, übergossen von Blut. Ich erschreckte mich vor dem Anblick und griff mir automatisch an mein Herz, damit ich fest stellen konnte das es immer noch kräftig schlug und nicht stehen geblieben war.
Mitleid, ich empfand Mitleid für das hübsche Mädchen das trauerte um die Tote, die sie an sich klammerte und nicht mehr los ließ. Die Tränen des Mädchens landeten auf dem blutverschmiertem Gesicht, der Vergangenen.
Es waren Bilder die von Schmerz berichteten und Wunden die jemandem zugefügt wurden. Diese Bilder passten nicht an meinen perfekten Ort, sie waren hier falsch, geradezu unerwünscht. Doch dieses Bild brannte sich in meinen Kopf ein und schien mein Gehirn, dass friedlich geschlummert hatte in einer Trance der Zufriedenheit neu zu erwecken. Ich hatte den Drang dieses Mädchen retten zu wollen und ihr wieder ein Lächeln zu geben. Ich glaubte sie direkt vor mir zusehen, anfassen zu können. Ich wollte sie tröstend in den Arme nehmen doch mein Körper schien durch sie hindurch zu gleiten, als wäre ich ein Geist. Noch einmal versuchte ich es, doch ich existierte nicht in der Welt des trauernden Mädchens. Die Verzweiflung packte mich. Ich versuchte es weiter, immer wieder und wieder, doch jedes Mal versagte ich und jedes Mal wuchs die Verzweiflung an. Tränen, die aussahen wie Diamanten kullerten mir über die Wangen. Und auf einmal, schoss der Blick des Mädchens durch mich hindurch, hinter mich. Ihre Augen weiteten sich vor Angst und sie brüllte es solle verschwinden. Mit langsamer Bewegung drehte ich mich um und machte einen Schritt nach hinten, breitete meine Arme aus um das Mädchen vor der Gefahr zu schützen. Es war weder Mensch noch Geist, was sich langsam auf das ängstliche Mädchen und mich zu bewegte. Ich konnte die Umrisse eines Mannes erkennen, und funkelte blutrote Augen, deren Leuchten an das einer Flamme erinnerte. Dieses Wesen war ein Verfluchter, dessen Schicksal es war zwischen dem Totenreich und dem Reich der Lebenden zu verweilen und sich an dem Tot der Lebenden zu ernähren um die Leere in seinem Körper zu erfüllen. Ein Verdammter auf Ewig.
Er nährte sich dem Mädchen und seine Augen schienen mich nicht zu beachteten. Mein Schutz dem ich dem Mädchen gab schien nichts weiter als leere Hoffnung zu sein. Verzweifelt trat ich auf den Verdammten ein, doch auch bei ihm konnte ich nichts ausrichten. Immer näher kam er dem Mädchen, dass jetzt nach Luft rang. Ihre Augen wurden größer und größer, sie begann langsam auf den Boden zu sinken. Blut, über all aus ihrem Körper kam Blut. Aus Augen, Nase, Ohren, Mund und aus der riesigen Wunde in der eine Scherbe steckte. Ihr schlaffer toter Körper sank auf den ihrer toten Freundin. Es war grauenvoll diesem Mädchen beim sterben zu zu sehen, zu sehen welch schreckliche Schmerzen sie leiden musste und machtlos zu sein, machtlos gegenüber dem was in der Welt der Lebenden passierte. Ich brüllte vor Wut, schrie das Wesen an. Achtlos drehte es sich um, ließ die beiden Toten hinter sich und kehrte fort. Ich war mir sicher das er nun zu dem Rest seiner Sippen schwinden würde und sich verkriechen, denn ich konnte spüren das jegliches Leben an diesem Ort der Menschen erloschen war.
Die Bilder vor meine Augen verschwanden genau so rasch wie sie gekommen waren. Ich fand mich wieder auf meiner Wiese, im Reich der Toten. Der Zauber der diesen Ort umgab, war für mich vergangen. Die Tränen auf meinen Wangen fielen zu Boden, auf das Gras und in wenigen Sekunden erblühte an diesem Platz eine Blume, pechschwarz wie die Nacht, mit goldenen Perlen, noch schöner als die goldenen Blüten, schöner als der Ort, schöner als alles was ich je erblickt hatte. Ich fuhr über die Blütenblätter mit zitternden Händen und hoffte die Blume würde die Last die sich auf mein Herz gelegt hatte mit nehmen, doch sie machte sie nur noch schwerer.
Und mit einem Mal wusste ich was ich zu tun hatte. Ich drehte mich fort von der Blume, und ging mit schweren Schritten zu dem Platz hin, an dem ich einst, vor so langer Zeit erwacht war. Ich kuschelte mich auf die Erde und kniff meine Augen so fest zu wie es ging. Wenn ich so zu diesem Zauberort gekommen war, würde ich auf die selbe Weise wieder verschwinden. Mein Atem ging rasselnd, mein Körper spannte sich an und ich schlug in Gedanken das Buch der Erringungen auf. Die letzte Seite, mein Tot. Ich betrachtete ihn während ich weinte und dann presste ich meine Hand auf das letzte Bild und begann langsam Kälte zu spüren. Meine Hand rutschte durch das Bild hin durch, in das Buch hinein und eine andere Hand die aus dem Buch kam schnappte nach meinen Haaren und zog mich mit aller Gewalt in das Buch hinein. Es schmerzte schrecklich, doch ich ließ mich hinein ziehen. Jeder Muskel in meinem Körper schien zu reißen, mein Herz zu zerspringen in tausend Stücke und ich glaubte zu zerfallen. Und dann fielen die Splitter die von mir übrig waren hinab auf die Erde und stachen sich in meinen toten Körper hinein, bis meine Splitter vollkommen im reglosen Körper verschwunden waren.
Und als ich meine Augen wieder öffnete waren Wunden und Schmerz verschwunden, ich war gesund und wieder am Leben in meinem Körper und die drückende Finsternis war weg, und am Horizont ging die Morgensonne auf und ließ das volle Ausmaß der Explosion und der Toten erleuchten.
„Kate! Oh mein Gott, Kate! Du lebst!“
Ich konnte mich nicht bewegen, denn Aimees toter Körper lag auf mir, aber ich wusste das diese Stimme Mary gehörte, der jetzt wieder vollkommen lebenden Mary. Der Mary die mich zurück ins Leben gerufen hatte um zu kämpfen.
--Amiee—
Ich fiel, fiel in die endlose Dunkelheit. Eine starke Kraft packte mich und zog mich weg von meinem toten, blutenden Körper. Ich war tot, das Wesen hatte mich umgebracht ebenso wie Kate.
,,Kate...", hauchte ich dann landete ich dumpf auf einer Wiese.
Langsam öffnete ich die Augen und tastete die Umgebung ab. Ich hätte erstaunt sein müssen doch mit meinem Tod hatte ich meine Gefühle verloren jedenfalls die glücklichen.
Die Welt hier wirkte wie ein kleines schönes Paradies nichts im Vergleich zu dem Trümmerhaufen voller Blut und Verwesung in dem ich bis vor kurzem gewesen war . Ich schnupperte. Die Luft roch frisch durchtränkt vom Geruch vieler goldener Blumen die die Wiese verdeckten. Goldene Blumen? So etwas hatte ich ja noch nie gesehen! Blumen aus Gold, ein Paradies… Ruckartig erhob ich mich. Das musste die Welt der toten sein. Ich hätte nie gedacht dass es sie gab. Um das ganze zu überprüfen sah ich vorsichtig a mir herunter und erschrak. All meine Wunden waren weg. Die Scherbe die meine Lunge verletzt hatte, meine gebrochenen Rippen…ich war geheilt. Ich war tot. In diesem Moment holten mich all meine Gefühle wieder ein, wie einen Bumerang den ich von mir geworfen hatte der jedoch zurückkam. Meine letzten Erinnerungen als Lebende sickerten durch mein Gehirn wie heiße, zähflüssige Lava und liesen mich zusammenzucken. Es waren die schlimmsten Minuten meines Lebens. Ich hatte mitansehen müssen wie sich dieses Wesen auf meine beste Freundin gestürzt hatte und mit seinen Nebelschwaden gierig an ihr geleckt, ihr das Blut aus dem Körper gezogen hatte. Kate hatte nicht viel geschrieen, aber ihr rehbraunen Augen steckten voller Schmerz und Verzweiflung die wuchsen, je mehr Blut aus ihrem Körper geflossen war. Das Krahcen sämtlicher Knochen, ein unheimliches Reißen-- ihre Organe. Bis ihre Augen den letzten Glanz verloren und das Wesen meine tote halb, verstümmelnde Freundin zu Boden warf und ein zufriedenes Rülpsen von sich gab. Was dann in mir drinnen passierte wusste ich nicht genau. Etwas eiskaltes, schmerzendes kroch zu meinen Füßen, schlängelte sich wie eine Schlange an mir hoch und drang schließlich so heftig in mein Herz ein, dass ich zusammmenzuckte. Der Schmerz fraß sich in mein Herz und es zerbast. Schluchzend sank ich zu Boden und robbte kraftlos zu der Leiche, die einmal meine beste Freundin gewesen war. Ich nahm sie in die Arme und wiegte sie tröstend hin und he,r als wäre sie ein Baby während mir Tränen über die Wangen rannten. Diese tropften auf ihr kaltes, blutverschmiertes Gesicht. Kates Augen sahen mich starr an, alles Leben war aus ihnen gewichen. Ihr Blick war leer, bohrte sich durch mich hindurch und lies mich aufschluchzen. Zitternd beugte ich mich vor drückte meine vor Tränen zitternden Lippen auf ihre blutverschmierte Stirn dann schloss ich mit einer schnellen Bewegung ihre Augen. Warum sie? Warum ausgerechnet Kate? Sie war meine einzige Familie. Meine Schwester war auch gestorben wieso sie auch? Ein Knurren riss mich aus den Gedanken. Ich sah hoch, blickte auf das Schattenwesen mit den glühend roten Augen ,den Mörder meiner Freundin. Es kam auf mich zu und wollte mich töten. Dankend nahm ich es entgegen als seine Fäden mich umschlangen und mir das Blut und haut aus dem Körper rissen. Das Wesen leckte gierig an mir, dann brach es mir meine Knochen. Rippen stachen sich in meine Lunge. Ich nahm den unerträglichen, bestialischen Schmerz dankend an und ging dem Tod lächelnd entgegen. Denn er war nichts gegen mein gebrochenes Herz. Mein Körper schaffte es nicht mehr weiter zu kämpfen als Organe zerrissen und Blut durch meinen Körper schoss, als hätte man den Wasserhahn aufgedreht. Dann War ich tot.
,, Kate!", schrie ich und fuhr aus dieser schrecklichen Erinnerung hoch. Sie war tot wie ich also musste sie hier sein. Wir würden uns wiedersehen. Ein Lächeln huschte über meine Lippen. Wir waren zwar gestorben aber wir waren beide nicht allein. Doch wo war meine beste Freundin? Meine grünen Augen fuhren hoch, und sahen sich wild um. Ich versuchte alles auszublenden. Die goldenen Blumen, die wirklich wunderbar rochen, wie Weihnachten, Lavendel , Seide und Honig, alles zusammen. Auch die massiven, großen, alten Eichen interessierten mich nicht. Sie versperrten mir nur die Sicht. Was wohl dahinter war? Vielleicht Kate? Ob noch andere Tote hier rumgeisterten, vielleicht sogar meine Schwester? Mir wurde ganz schwer ums Herz als ich daran dachte, das meine vier Jahre jüngere Schwester jetzt schon seit knapp 2 Jahren tot war. Und das alles wegen mir! Schnell schüttelte ich den schrecklichen Gedanken an ihren Tod ab, der mein Herzu zu erreichen drohte. Ich wollte keinen Schmerz spüren, jetzt wo ich tot war. Stattdessen lief ich los, um Kate zu suchen.
Ich rannte, wurde immer schneller. Das Ende der Wiese kam immer näher und mein Herz wurde vor Freude ganz warm. Ich musste sie einfach wiedersehen, ich musste! Doch bevor ich mich dem Ende der Wiese nähern konnte, erschien wie aus dem nichts ein dickes Buch auf dem Boden. Als ich es sah war es zu spät und so fiel ich hin. Dumpf landete ich auf dem Boden, doch ich spürte keinen Schmerz ganz im Gegenteil. Ich hätte genauso gut auf Federn fallen können, der Boden war ganz weich, völlig unpassend für eine Wiese mit hartem Boden! Naja ich war hier ja in der Welt der Toten, irgendetwas musste ja anders sein, schließlich gab es hier auch goldene Blumen! Ich hob den Kopf und setzte mich auf, dann besaß ich mir das dicke, alte Buch. Der Umschlag war golden und in lilanen Buchstaben stand mein Name darauf! Erschrocken schnappte ich nach Luft und öffnete das Buch. Der erste Satz auf dem rauen Papier war meine Geburt. Verwirrt riss ich die Augen auf und wandte meinen Blick von den verschnörkelten Buchstaben ab. Schnell blätterte ich weiter bis zur letzten Seite, voller Erwartung was dort stehen würde. Flüchtig überflog ich die Zeilen und war gerade bei der vorletzten Zeile angelangt, als eine Stimme ertönte. Eine goldene Stimme, rein und einfach wunderbar sympatisch, als käme sie von Engeln.
Verweile nicht hier Amiee. Deine Zeit ist noch nicht gekommen. Die letzten Zeilen sind noch nicht geschrieben….
Ich schrie auf, lies das Buch fallen und sah mich hektisch um. Doch es war niemand zu sehen.
,, Ich bin tot! Das Wesen hat mich zerquetscht mir meine Organe zerrissen! Ich kann das nicht überlebt haben! Außerdem bin ich hier in der Totenwelt!“, schrie ich ins Nichts hinein.
Die Antwort lies nicht lange auf sich warten.
Ja liebes Kind du bist in der Welt der Toten. Doch jemand hat entschlossen dich zurück zu holen dich zum weiterkämpfen zu bewegen…
,, Was wer?“, erwiderte ich erstaunt.
Statt einer Antwort kam auf einmal ein heftiger Wind auf, der mir mein langes lila farbenes Haar zerzauste und einige goldene Blumen aufriss. Das goldene Buch mit meinem Namen darauf schlug wie von Geisterhand auf, und die Seiten blätterten rasend schnell um. Und da, ging auf einmal ein starker Sog vom Buch auf und ehe ich mich wehren konnte wurde ich ins Buch gezogen. Verzweifelt versuchte ich mich an den Grashalmen festzuhalten, doch ich riss sie heraus und sie segelten an mir vorbei.
,, AAH!“, schrie ich und schloss angstvoll die Augen.
Nach einigen Minuten hörte ich Stimmen, weshalb ich mich traute die Augen zu öffnen. Als erstes erblickte ich Kate, die sich mühsam aufrappelte und sich verwirrt umsah. Kate lebte? Sie lebte! Und ich auch! Aber wie war das möglich? Ich wollte auf Kate zustürzen, um sie zu umarmen, bis ich bemerkte, wen sie gerade von sich schob um aufstehen zu können. Völlig geschockt blickte ich auf meinen halb verstümmelten, blutverschmierten Körper. Meine Haare zerzaust, mein Körper voller Blut, meine grünen Augen die ins Leere starrten. Ich war tot. Das war mir klar. Dann war ich also ein Geist? Na super. Wie konnte Kate leben und ich nicht? Wie? Ich hatte sie gesehen. Das Wesen hatte sie umgebracht, verstümmelt. Genau wie mich. Doch die Kate die jetzt aufstand und sich Staub von der Hose klopfte war kerngesund. Putzmunter, ohne einen einzigen Kratzer. Selbst die Wunde am Bauch war wie durch Zauberei verschwunden. Und neben Kate stand Mary! Mary, die eigentlich tot sein müsste. Doch Mary war weder verwundet noch hatte sie noch irgendwelche Brandwunden. Selbst ihr halb verbranntes Haar war wieder rotbraun und schulterlang, schön und glatt wie eh und je. Wie war das nur möglich? Als könnte Kate meine Gedanken hören erhob sie das Wort.
,, Wie kann das sein? Mary, ich war tot! Und du ebenfalls…wie..“
Da bemerkte Kate meinen leblosen Körper. Sie zuckte zusammen, dann zuckte ein Blitz von Verzweiflung durch ihren Körper und sie begann zu weinen.
,, Amiee, nein!“
Langsam sank sie zu Boden. Sie schluchzte laut auf, hielt sich die Hände vors Gesicht und versuchte die Tränen zurückzuhalten die jetzt ihre Wangen hinunter rannen. Ich war tot und das hatte ihr das Herz gebrochen. Ich, ihre beste Freundin, so etwas ihre kleine Schwester. Ihre beste Freundin seit wir 3 waren. Sie so traurig zu sehen wie sie neben meiner Leiche saß konnte ich nicht mitansehen. Ich wollte zu ihr stürzen, sie trösten und ihr sagen das ich doch hier war, aber ich wusste das würde nicht gehen. Ich war ein Geist und ich war tot. Keiner hatte mich gesehen, also würde mich auch niemand hören. Kate zitterte, so schwer war sie erschüttert. Langsam nahm sie meine eiskalte Hand und drückte sie fest.
,, Amiee, oh Amiee… Ich wünschte ich wäre ebenfalls tot…“, schluchzte sie.
Nein, das durfte sie nicht sagen!
,, Kate hör auf damit! Du lebst das ist die Hauptsache!“; schrie ich sie an, doch sie hörte mich nicht.
Ich war ja tot, ein Geist. Jetzt musste auch ich Schluchzen. Ich würde Kate nie mehr wiedersehen. Und selbst wenn sie lebte, würde sie nie mehr glücklich sein können, geschweige denn richtig weiterleben können. Mary sah auf meinen Körper, Tränen flossen auch über ihre Wangen als sie meine Leiche sah. Ich wollte auch sie in die Arme nehmen, denn sie war auch eine meiner engsten und einzigsten Freundinnen. Ich hatte nicht sehr viele… Doch da auf einmal schien Mary entschlossen. Sie ging auf Kate zu und legte ihr die Hand auf die Schulter.
,, Kate, ich…“
,,LASS MICH! Ich geh nicht von ihr weg, nein!“
Kates Antwort kam kurz und heftig. Wütend funkelte sie Mary an, schrie ihr die Worte ins Gesicht. Dann wandte sie sich wieder meiner Leiche zu und drückte meinen Körper an sich. Mary seufzte.
,, Kate wundert es dich gar nicht das du noch lebst oder ich? Und wir nicht mehr verwundet sind? Ich weiß nicht wieso aber ich habe 7 Leben! 2 habe ich verloren, als ich dir und mir das Leben rettete, aber jetzt…“
Kate unterbrach ihr Schluchzen und Wimmern und sah auf.
,, Du meinst du kannst sie wieder lebendig machen?“, wollte sie wissen und sah Mary mit großen Augen an.
,, Ja, kann ich! Geh zur Seite! Ich will nicht das sie tot ist!“
Mary wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkeln, schließlich kniete sie sich neben Kate die zur Seite rückte. Meine eiskalte, blutverschmierte Hand hielt sie immer noch fest. Mary schloss die Augen, dann legte sie eine Hand auf meine blutverschmierte Brust. Auf einmal schien sie zu glühen und wie wild zu vibrieren.
,, Mary!“, schrie Kate erschrocken.
,, Alle…ok..!“, stieß diese zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Was dann mit mir passierte wusste ich nicht genau. Bevor ich genauer hinsehen und meine Augen sich an das Glühen gewöhnen konnte, packte mich eine Hand an den Haaren und riss daran. Ich schrie auf, Schmerz zuckte durch meinen Körper und meine Tränen verklebten mir die Sicht.
Du bist noch nicht bereit zu sterben Amiee. Kämpfe weiter…
Dieselbe Stimme wie vorhin klang jetzt liebevoll direkt in mein Ohr. Ich riss die Augen auf und blickte ins Nichts, neben mir konnte ich schemenhaft die Totenwelt erkennen.
Viel Glück…
Mit diesen Worten bekam ich einen heftigen schmerzhaften Stoß und fiel. Ich hatte Angst, furchtbare Angst. Die Angst vor dem Nichts in das ich fiel raubte mir den Atem und lies mich laut aufschluchzen.
,, HILFE!“; schrie ich.
Damit kam ich auf, der dumpfe Aufprall nahm mir dne Atem und alles wurde schwarz.
,, Amiee? Amiee sag doch was!“
Kate unverwechselbar Kate, auch wenn ihre Stimme zaghaft und tränenerstickt klang. Ich wollte ihr Antworten doch ich konnte nicht. Stattdessen öffnete ich zaghaft ein Auge und kniff es sofort wieder zusammen da mich etwas blendete.
,, Amiee wach auf! Wir leben, wir sind nicht tot!“
Kates Stimme klang halb erleichtert halb verzweifelt. Dann schüttelte sie mich. Ein Ruck wie ein elektrischer Stoß ging durch meinen Körper. Es tat weh, doch gab mir auch neue Kraft. Ruckartig setzte ich mich auf und öffnete die Augen. Kates Augen begannen zu leuchten, sie schrie glücklich.
,, AMIEE!“
Damit warf sie sich in meine Arme, drückte mich an sich und weinte voller Freude. Ich konnte nicht anders, ich musste auch weinen. Ich war so glücklich sie zu sehen.
,, Ach Kate…“, hauchte ich erleichtert und atmete tief ihren Geruch ein, der mir Geborgenheit gab und das Gefühl sicher und zu Hause zu sein. Nichts zählte mehr. Weder das ich und sie fast für immer gestorben wären, nicht der Busunfall, nicht einmal die vielen Leichen die herum lagen und der ekligen Geruch nach Blut und Tod der immernoch die Luft durchtränkte. Es zählte nur eins: Wir lebten.
Doch als ich an die Worte zurückdachte, die aus dem Nichts gekommen waren erschauderte ich und zuckte zusammen, weshalb mich Kate fragend ansah. Doch ich konnte sie nur ängstlich ansehen mit einem großen Fragezeichen auf der Stirn.
Du musst kämpfen Amiee…
Hallte es noch einmal durch mein Ohr. Kälte mein herz und verdrängte die Wärme die sich in mir breit gemacht hatte weil ich glücklich war Kate wiederzusehen. Was würde uns als Nächstes erwarten?
--Kate--
Mein Körper zitterte, als ich sah wie Aimee sich wieder aufrichtete. Sie war am Leben und nicht tot. Sie hatte mich nicht zurück gelassen, alleine. Ein riesiger Stein fiel mir von meinem Herzen, doch ich schaffte es kaum noch mein Gleichgewicht zu halten. Der Morgen der anbrach schien mir das Ausmaß der Katastrophe immer näher zu bringen. Mein Herz schien zu brennen und aus meinen Augen quollen dicke Tränen. Ich war gesund, Mary war gesund und das wichtigste: Aimee auch, doch ich fühlte mich schwach, das atmen fiel mir schwer und ich kam mir krank vor.
Meine Mutter hatte immer gesagt es gäbe eine Verbindung zwischen Körper und Geist und diese Verbindung schien mir die Kraft zu nehmen. Ich schnappte immer wieder keuchend nach Luft. Meine Beine fielen in sich zusammen, doch Aimee war an meiner Seite und stützte mich.
Ich konnte nicht aufhören zu weinen und mich an sie zu klammern. Wie ein Baby wiegte meine beste Freundin sanft hin und her und flüsterte mir tröstend zu, dass alles wieder gut sei. Ich wünschte mir ich hätte ihr glauben können. Ich wünschte mir ich wäre genauso stark wie Mary und Aimee die fest auf dem Boden stehen konnten und weiter machen konnten, aber ich war kein Mensch der die Vergangenheit hinter sich ließ. Bilder vom Unfall, meinem Tod, dem grauenhaften Wesen hatten sich in meinen Kopf gebrannt und schienen wie ein Film in Endlosschleife durch meine Gedanken zu laufen.
Du musst stark sein, Kate. Sei stark.
Ich zwang mich mit dem zittern aufzuhören, doch meine Kraft reichte nicht gegen das Verlangen anzukämpfen das mich über fiel. Ich wollte mich fallen lassen, auf die Erde getränkt von Blut und ich wollte meine Augen schließen und dem Grauen entfliehen. Ich wollte nicht kämpfen, ich wollte aufgeben und dem Rest der Welt dem Schicksal über lassen. Ich wollte all dem aus dem Weg gehen und für einen Augenblick wünschte ich mir ich wäre nicht wieder zum Leben erweckt worden.
„Kate, Engel. Kate sieh mich an.“, bat mich Aimee zärtlich.
Ich konnte sie nicht ansehen. Ich wollte ihr nicht zeigen das ich kurz davor war aufzugeben, oder das ich innerlich schon aufgeben hatte und mich zerfressen ließ von der Vergangenheit.
„Kate. Bitte schau mich an.“ , sie wiederholte sich, diesmal mit festerer Stimme und als ich mich immer noch nich traute ihr in die Augen zu sehen, nahm sie mein Gesicht in ihre Hände und drehte es zu ihrem. Ich wollte mich nicht wären, denn meine Kraft schien gerade noch für das Atmen zu reichen.
Ihre grünen Augen waren erfüllt von Trauer und Besorgnis. Ich erschrak und fiel nach hinten, als ich tiefer in das Grün sah. Ich glaubte einen Toten zu sehen, ein Mädchen, jung und hübsch, blutend auf dem Boden, angefahren von einem Auto und Aimee daneben, trauernd über das Mädchen gebeugt. Die Sicht vor meine Augen verschwamm und ich schrie, ich schrie nach Hilfe. Ich war erblindet, oder hatte mich selbst verfangen in dem tiefen Grün ihrer Augen in eine Erringung die meinen Magen schmerzhaft zusammen krümmte. Mir wurde schlecht und ich fuchtelte verzweifelt mit meinen Armen hin und her. Das Bild verschwamm nicht, sondern es schien zu brennen, genau wie die Erringung an die reglosen Körper um die Trümmer des Schulbusses. Das Zittern kam wieder, mein Herz schien mit jedem Schlag schwerer zu werden. Ich keuchte, betrachtete das Bild, konnte nicht aufhören zu zu sehen. Es war wie ein schrecklicher Alptraum. Und dann mit einem Mal kam ich auf der harten erde auf, das Bild erlosch so schnell wie es gekommen war. Ich lag auf der Wiese und starrte regungslos in den Himmel. Ich hatte Angst das Bild würde zurück kommen. Die Tränen nahmen kein Ende und das schluchzen wurde heftiger. Es schmerzte so sehr, etwas tat weh, doch ich wusste nicht was. Ich wollte das das auf hörte. Ich krümmte mich auf dem Boden zusammen und schrie nach meinem Dad, meiner Mom. Jemand musste machen das es aufhörte.
Und dann waren wieder die Arme Aimees um mich, die mich hoch zogen so das ich mich aufsetzte. Ich weigerte mich ihr in die Augen zu sehen und sah an stattdessen hilflos zu, wie ich ihre Klamotten mit meinen Tränen besudelte.
„Kate! Kate! Was ist los mit dir?! Kate, was ist los?“
Aimee drückte verzweifelt mich näher an sie und wagte nicht mich los zu lassen.
„Es tut weh. Es tut so weh!“, wimmerte ich und umklammerte meinen Bauch, als hatte ich Angst jemand würde auf ihn einschlagen oder ich würde vor lauter Schmerz zerfallen.
„Was tut weh, Kate?“, das war Marys Stimme die sich über Aimees Schulter beugte und mich besorgt und freundlich musterte.
„Alles. Mir tut alles weh. Ich – ich kann nicht mehr atmen!“, krächzte ich und keuchte auf.
„Warum tut es weh Kate?“ , Mary war fest davon überzeugt mich mit ihren Fragen zu durch löchern und obwohl Aimee ihr einen wütenden Blick zu warf, blieb sie dabei.
Als ich ihr nicht antwortete wiederholte sie im strengen Ton ihre Frage: „Wieso Kate?“
Meine Lippen bebten, als ich meine Sätze leise flüsterte, aus panischer Angst davor, die Bilder könnten wieder auftauchen: „Bilder. Ich hab Bilder gesehen. Ein – ein Mädchen und – und es war tot. Es wurde überfahren. Jemand hat das Mädchen überfahren. Ein Mädchen – jemand hat ein Mädchen überfahren!“
Ich konnte Aimees Gesicht nicht erkennen aber ihre Körperhaltung spannte sich von einem auf den anderen Augenblick an. Ich hatte nicht erwähnen wollend das ich sie auch gesehen hatte, denn ich glaubte zu wissen was ich in ihr gesehen hatte: ich hatte den Tot ihrer Schwester gesehen und er war grauenvoll gewesen, grauenvoller als das Gefühl für Aimee als sie selbst gestorben war.
Mary nickte ernst und schien kurz zu überlegen. Aimee klammerte sich fester an mich und die Übelkeit überwältigte mich und ich erbrach mich auf die blutgetränkte Erde. Ich erbrach mich weil bei dem Anblick der kleinen Schwester, den weit aufgerissenen, erschrockenen, hilflosen Augen die Galle nach oben kroch.
Ich weiß nicht wie ich es überhaupt geschafft hatte, aber ich hatte es geschafft mich so unter Kontrolle zu bringen, dass ich zwar noch wacklig auf den Beinen war das Gefühl der Übelkeit und ein leichter Hauch des Schmerzes zurück geblieben war. Die Angst die sich an mir fest klammerte verdrängte ich mit dem Gedanken nach der Suche auf der sich Mary, Aimee und ich uns begeben hatten. Die Wesen waren ins nichts verschwunden, die Sonne stieg immer höher zum Himmel hinauf. Wir hätten am liebsten flüchten wollen, doch wir alle drei konnten den Gedanken an Überlebende nicht aufgeben. Er schien mir nur ein verzweifelter Wunsch zu sein, ein irrationaler Gedanke.
Ich hatte Mary und Aimee davon überzeugt, dass ich keinen Schutz und niemanden auf den ich mich drauf lehnte brauchte. Ich war schwach aber ich würde alleine zu Recht kommen und deshalb teilten wir drei uns auf und begannen hinunter zu den Trümmern zu steigen. Aimee ließ mich nicht aus den Augen, aber ich versprach ihr wenn es mir nicht gut ging sofort nach ihr zu rufen.
Ich hatte mir vor genommen am Abhang der Straße zu suchen. Ich traute mich nicht direkt auf den Boden zu schauen um jedes Mal fest stellen zu müssen, dass das Leben an diesem Ort wie ausgelöscht waren. Tote, weit aufgerissene Augen blickten mich an und verfolgten mich auf meiner Suche.
Ich folgte den Trümmern und Splittern zum Abhang. Körperteile, getrocknetes Blut. Ich kämpfte gegen die Tränen an, die mich wieder über rollen wollten. Verzweifelt suchte ich nach Lebenszeichen und rief Namen meiner Mitschüler, doch es schien nie eine Antwort zurück zu kommen. Ich hatte es schon fast aufgegeben, denn es tat zu sehr weh, zu sehen welche Ausmaße die Katastrophe hatte. Gerade wollte ich umdrehen als ich einen Schrei hörte. Er klang schmerzerfüllt und panisch. Ich glaubte mich zu täuschen, aber ich rannte trotzdem in die Richtung. Ich stolperte einmal, aber rannte weiter den Abhang hinab. Ich folgte dem Ruf und dann fand ich ihn. Vor Freude jubelte ich auf. Er war schwer zu erkennen unter einem Stück des Busses, das er verzweifelt versuchte mit seinen blutenden Händen von sich hinunter zu schieben.
Sein dunkelbraunes Haar war zerzauste und seine grau-grünen Augen suchten panisch nach Hilfe. Er trat gegen die Trümmer die ihm auf den Boden hielten und schrie immer wieder auf.
Für wenige Sekunden konnte ich Gerry ungläubig zu sehen. Ich fragte mich wie er das überleben konnte. Ich kannte Gerry nicht gut, eigentlich kannte ihn keiner wirklich gut, denn er war der Neue in unserer Klasse gewesen: gutaussehend, still, mysteriös, niedlich und schusselig. Er ging in der Menge normalerweise unter. Ich hätte ihn nie zu heiß eingestuft, sondern mehr zu süß, wie das süß das man einem kleinen Hundewelpen gab.
Seine hübschen Augen fanden mich und als er mich sah, kullerten ihm die Tränen über die Wange. Er streckte wie ein kleines Kind nach seiner Mutter die Hände nach mir aus und brüllte meinen Namen. Ich war reglos, stand da und tat nichts außer zu atmen und ihm zu zu hören.
Und dann riss ich mich aus meiner Starre und rannte auf ihn zu. Ich kniete mich neben ihm und ergriff seine Hand die er mir hin hielt. Er weinte, wimmerte, schluchzte. Niemand hätte ihn für schwach gehalten, nicht nachdem man sah was er durch gemacht hatte.
„Kate! Oh mein Gott Kate. Ich bin aufgewacht und dann war ich begraben. Kate, mein Körper brennt! Er brennt vor Schmerzen. Kate, was ist passiert?! Kate, Kate, Kate!“, er wiederholte meinen Namen immer wieder, als habe er Angst wenn er damit aufhören würde, könnte ich verschwinden und ihn zurück lassen.
Sanft wischte ich ihm die Tränen von der Wange. Ich wusste das es Gerry nichts bringen würde, wenn ich nun auch beginnen würde zu weinen. Ich sammelte all meine Kraft und richtete sie auf Gerry und darauf das ich nun stark seien wollte um ihm zu helfen, um ihn zu retten.
Seine Hand klammerte er so fest an meiner, dass er mir weh tat, doch ich ließ es zu und strich ihm tröstend durch die Haare.
„Ich bin ja da, Gerry. Ich bin da. Der Bus ist explodiert und hat dich begraben. Ich werde dich jetzt versuchen daraus zu ziehen.“, erklärte ich ihm zärtlich, doch er ließ mich nicht los, damit ich ihm helfen konnte. Er zog mich näher zu sich heran. Sein Atem ging keuchend, sein Gesicht war ungewöhnlich blass und gezeichnet von purer Angst.
„Du musst bei mir bleiben, Kate. Bleib bei mir!“, flehte er mich an und drückte mich an sich.
Ich konnte die Wärme seines Körper spüren und das Blut das aus einer tiefen Schnittwunde, über seiner Backe kam verteilte sich auf meinem zerrissenen Top.
Er war zu stark. Ich hätte mich nicht los reißen können und eigentlich hätte ich das auch nicht gewollt, denn obwohl ich ihn eigentlich trösten sollte, tröstete mich seine Anwesenheit, mit einem kleiner Schimmer Hoffnung.
Ich schlang meine Arme über den Teil seines nackten Oberkörpers der nicht begraben war. Ich legte mich neben ihn und während wie aneinander geklammert auf dem Boden lagen und er vor Kälte zitterte, strich ich ihm immer wieder sanft über die Haare und redete ihm gut zu, so wie es Aimee auch bei mir getan hatte.
„Ich werde dich nicht verlassen, Gerry. Das schwöre ich.“, flüsterte ich ihm in sein Ohr.
Die Tränen die ihm über die Wange liefen schienen langsam ein Ende zu nehmen. Ich weiß nicht wie lange wir auf dem Boden lagen, schweigend und aneinander gekuschelt und warteten darauf, dass jemand uns fand.
Ich traute mich nicht Gerry den Vorschlag zu machen Aimee zu holen, denn wenn ich an seiner Stelle wäre, hätte ich mir auch jemanden gewünscht der bei mir blieb, mich im Arm hielt und mir das Gefühl von Schutz und Geborgenheit spendete.
Ich wusste das Aimee mich finden würde, schon allein deshalb weil sie sich ganz genau gemerkt hatte in welche Richtung ich gegangen war. Als sie mich und Gerry auf dem Boden lag, erschrak sie kein bisschen sondern lief gleich auf uns zu.
Aimee stellte keine dämlichen Fragen was passiert sei, oder wieso ich mich an einen Jungen kuschelte den ich kaum kannte, der auch noch halb nackt war. Sie musterte kurz Gerry und warf ihm dann einen besorgten Blick zu.
„Ich werde dich versuchen hier raus zu holen, Gerry!“, das waren ihre einzigen Worte und dann packte sie am Ende des Trümmerhaufens und begann die obersten Teile weg zu schieben. Gerry stöhnte vor Schmerz auf und die tränen schossen ihm wieder in die Augen. Ich presste meine Wange an sein Gesicht und versuchte ihn zu wärmen und ein wenig zur Ruhe zu bringen. Ich konnte sehen wie Aimee immer wieder leicht erschrak, wenn sie Gerry ansah. Ihrem direkten Blick wich ich aus, den es graute mich davor. Ich wandte meine volle Aufmerksamkeit auf Gerry.
Zentimeter für Zentimeter befreite Aimee ihn und dann irgendwann lag er komplett frei. Ich traute mich nicht auf den Rest seines Körper hinunter zu schauen und auch er weigerte sich. Einzig allein Aimee gab einen seltsamen keuchenden Laut von sich, als Gerry frei lag.
Gerry umklammerte mich immer noch und ließ mich selbst nicht los als Aimee ihn hoch ziehen wollte. Ich stützte ihn mit aller Kraft und schaffte es schlussendlich zusammen mit meiner besten Freundin ihn auf die Beine zu bekommen, die schrecklich stark zitterten. Er keuchte vor Schmerz auf, als er den ersten Schritt mit Hilfestellung machte, doch er war eine Kämpfernatur und gab nicht klein bei. Zusammen mit Aimee und mir kämpfte er sich zum Abhang hinauf und sobald wie eine freie Stelle fanden, ohne Blut, ohne Splitter, rein von der Katastrophe ließen wie ihn sanft zu Boden gleiten.
Das war das erste Mal, an dem er sich traute mich los zu lassen. Ich versuchte es ihm so bequem wie möglich zu machen und Aimee ging Mary holen, die anscheinend irgendeine Entdeckung gemacht haben sollte. Ich beruhigte immer wieder Gerry der wimmerte und als Aimee zurück kam gefolgt von Mary und zu meinem Erstaunen zwei weiteren Mädchen, die gesund und heil schienen.
Wir waren wirklich nicht die einzigen Überlebenden und ich war mir sicher das Mary ihre Gabe angewandt haben musste. Ich wollte sie bitten Gerry zu helfen, doch zuerst musst eich mit Aimee reden. Sie stand abseits von dem ganzen, sah nicht zu wie sich alle vor Freude in die Arme fielen und die drei Mädchen begannen um den armen Gerry zu sorgen.
Ihr Blick war starr auf den Trümmerhaufen vor uns gerichtet.
Ich stellte mich neben sie, folgte ihrem Blick und als ich die grässliche Stille zwischen uns nicht mehr aushielt kam das über meine Lippen was mir vorhin durch den Blick in ihre Augen vor allem die Sprache verschlagen hatte. Ich hatte den Glauben daran verdrängen wollen, aber es hatte nicht funktioniert.
„Ich hab den Tod deiner Schwerster gesehen. Ich hab gesehen wie sie starb und ich hab gesehen das sie für einen Moment über die Straße getorkelt ist und zwar blind. - Ich weiß weshalb sie blind war, Aimee. Du hast sie blind gemacht nicht wahr?! Du bist der Grund warum sie das Auto nicht kommen sah!“
--Amiee--
Wie von der Tarantel gestochen blickte ich hoch, direkt in Kates fragende Augen. Ein heftiger Schmerz durchzuckte mich, schien mein Herz zu zerreißen wie in dem Moment wo Kate gestorben war, vor meinen Augen. Ich wusste nicht was ich tun sollte, was ich sagen sollte. Reglos saß ich da, langsam ballte ich die Hände zu Fäusten fing an zu zittern. Tränen strömten meine Wangen hinab, und ich wich Kates Blick aus, sah hinab zu Boden, der durchtränkt war von Gerrys Blut
Kate hatte es herausgefunden. Ich wusste nicht wie, aber irgendwie hatte sie es herausgefunden. Mein größtes Geheimnis, das ich nun schon seit mehreren Jahren sorgsam verschürt in meinem Herzen herumschleppte. Immer hatte ich darauf gedacht es nie zu zeigen, meine Trauer und meine unbändige Wut auf mich selber. Denn nicht der Autofahrer war schuld gewesen an Jamillas Tod, dem Tod meiner Schwester. Nein, allein ich. Ich hatte sie umgebracht. Auch wenn ich es nie gewollt hatte.
ALs ich daran dachte, wurde mein Körper von dem bisher größten Zittern erfasst. Ich brach zusammen und schlug die Hände vors Gesicht, dann weinte ich noch stärker und qualvoller als zuvor. Ich spürte wie 2 kühle Hände meine packten und versuchten sie von meinem Gesicht weg zuziehen.
,, Amiee? Amiee! Es, es tut mir leid. ich wollte das nicht..."
Das war Kates Stimme. Langsam sah ich hoch und blinzelte mehrmals weil mir meine Tränen die Sicht versperrten. Ich sah Kate tief in die Augen, mit all dem Schmerz all den Erinnerungen an Jamillas Tod die mir durch den Kopf wirbelten, wirr, Wortfetzen ungeordnet und doch grauenhaft. Der Ausdruck in Kates Augen veränderte sich, wechselte von Besorgnis zu Trauer, dann zu unendlichen Schmerz und sie schrie auf, wandte den Blick von mir ab und hielt sich schützend die Hand vor die Augen. Mary die gerade wieder ein Leben abgegeben hatte, um Gerry zu retten sah uns beide an.
,, Kann mir bitte jemand sagen was los ist? Amiee was meint Kate da und Kate was hast du denn?" Nach endlosen Minuten in denen ich Kate laut und heftig atmen hörte, erhob diese zitternd die Stimme, vermied mich jedoch anzusehen.
,, Mir...mir war es noch nie klar. Aber anscheinend kann ich die Schmerze, die Ängste anderer Leute spüren sie als Bilder vor mir sehen wenn ich ihnen in die Augen sah!"
Nicht nur mein Mund klappte auf, vor Entsetzen aber auch vor Verwirrung. Auch Mary, Gerry und die anderen beiden Mädchen die bisher nur still und ängstlich dagestanden waren schienen interessiert.
,, Dann ist das also deine Gabe Kate...so wie es meine ist das ich mehrere Leben habe..", murmelte Mary gedankenverloren und fasste sich ans Herz.
Ich erschrak und fragte mich wie viele Leben sie jetzt wohl noch übrig hatte. Wie viele hatte sie gegeben um uns und die anderen zu retten? Würde ihre Rettungsaktion womöglich ihren Tod bedeuten? Ich hoffte nicht ich wollte nicht noch jemanden verlieren, der mir wichtig war.
,, Amiee..."
Kate nahm meine Hand in ihre und wagte mir in die Augen zu sehen, obwohl ich wenn ich ihr tief in die Augen sah, merkte wie sehr sie zitterte, schreien und weinen wollte, javerrückt werden wollte zwang sie sich ruhif zu bleiben. Mit zitternder Stimme meinte sie:
,, Amiee bitte erzähle mir was passiert ist...erzähle es mir und den anderen ganz genau!"
Ich seufzte. Die Ketten die mein Geheimnis geheim gehalten hatten zerbrachen und der Schmerz, die grausame Erinnerung fraß sich in mein Herz wie glühend heiße Lava. Ich keuchte auf.
,, In Ordnung...willst…willst du es sehen?", fragte ich und sah ihr tief in die Augen.
Sie zögerte, ich wusste sie wollte nein sagen,nwollte diesem schrecklichen Ort entkommen all das vergessen was passiert war und ein glückliches Leben leben. Doch das ging nicht. Und das begriff sie, auch wenn sie es nicht wahrhaben wollte. Also holte sie tief Luft und nickte.
,, In Ordnung. Sieh mir in die Augen und erzähle!"
Ich holte einmal ganz tief Luft, dann begann ich mit zitternder Stimme mein Geheimnis auszuplaudern: ,, Es begann bereits in der Grundschule und im Kindergarten. Wann immer ich sauer auf jemanden war, verlor dieser plötzlich für kurze Zeit die Sicht. Das hatte zur Folge, das mich bald keiner mehr mochte, nichts mehr mit mir zu tun haben wollte."
Die Bider der Zurückweisung als kleines Kind, der schreienden Kinder die nichts mehr sahen und schließlich ihre Schimpfwörter und ihre Zeigefinger die erbarmungslos auf mich zeigten, abschätzend. Kate versteifte sich, sagte jedoch nichts und wandte sich auch nicht ab.
,, Ich wusste mit mir konnte irgendwas nicht stimmen. Also begann ich Abstand von allen zu halten, mit niemanden zu tun zu haben. Wann immer ich wütend war, fraß ich die Wut in mich hinein, ich erlaubte mir nie einen Wutanfall, aus Angst irgendetwas könnte passieren. Das tat mir nicht gut. Ich hatte oft Alpträume, mein Herz tat weh und ich weinte oft. Ich hatte es nicht leicht da meine 2 Jahr jüngere Schwester es liebte mich zu ärgern. Und ich durfte nicht auf sie wütend sein, durfte ihr nichts antun. ich habe sie geliebt und sie liebte mich. Sie tat das ganze scherzhaft, sie wollte mir nie wehtun, sie konnte nichts dafür. Irgendwann jedoch war die Grenze erreicht. Unsere Eltern abrieten beide liesen mich oft mit ihr daheim. Dann fuhren sie 2 Wochen weg. Davor war ich öfters als sonst geärgert worden, hatte schlecht geschlafen und konnte einfach nicht mehr. Ich war am Ende. Und dann passierte es. Obwohl wir neben einer viel befahrenen Straße wohnen, leibte es meine Schwester in der Straße zu spielen. Aus Angst, ihr könnte etwas passieren verbot ich ihr draußen zu sein. Das verstand sie nicht. Über die Sorgen die ich hatte lachte sie. Ich erklärte es ihr ruhig immer und immer wieder und holte sie sanft wider wenn sie nach draußen ging. Ich durfte mich ja nicht aufregen auch nicht als sie weinte, mich als gemein einstufte. Den richtigen Grund warum sie immer raus wollte erfuhr ich erst als es zu spät war. Und er brachte mich seelisch noch mehr um. Dann kam der Tag, der letzte Tag an dem wir allein daheim waren. Ich stellte meinen Wecker extra früh damit Jamila nicht nach draußen konnte Ich wollte heute mit ihr in den Zoo, um sie aufzumuntern. Ich nahm mir auch vor jemanden mitzunehmen, einer ihrer Freunde. Ich wollte ihr ein Lächeln schenken, wollte sie glücklich machen. Doch ich verschlief, als ich aufwachte war es 12 Uhr Mittag. Ich wusste nicht wieso, aber dann erfuhr ich es. Jamila hatte meinen Wecker ausgestellt. Erschrocken lief ich nach draußen da ich ein Quietschen gehört hatte und blickte auf ein dreijähriges Kind das gerade noch rechtzeitig von der Mutter vor einem Auto gerettet werden konnte. Tja das war hier so. In den Wohnblocks mit den relativ großen, aber vielen Wohnungen war viel Verkehr und keiner achtete auf die Leute auf der Straße, alle hatten es eilig. Einige Kinder waren schon gestorben, viele verletzt, einige danach für immer ,,verkrüppelt“. All das wollte ich meiner Schwester ersparen. Ich hatte Angst um sie. Ich bin richtig schnell gerannt, habe überall nach ihr gesucht. Dann fand ich sie, sie wollte gerade die Straße überqueren. Auf der anderen Seite stand ein Junge, mit Rosen in der Hand. Sie sah mich nicht, sie sah nicht einmal das Auto aus der Ferne, dem sie leicht hätte entwischen können. Doch die Wut und Verzweiflung über ihr Verschwinden, darüber das ich meine Wut immer zurückhalten musste und meine Eltern nie für mich da waren, raubte mir den Verstand. Als Jamila auf die Straße ließ raubte ich ihr in meiner Wut die Sicht. So konnte sie dem Auto nicht ausweichen. Der Junge schrie, ich schrie unfähig etwas zu tun. Der Junge lies die Rosen fallen rannte auf sie zu, doch das Auto, ein riesiger LKW erfasste sie, schleuderte sie hoch, Sie prallte gegen einen Baum, es gab ein fürchterliches Knacken, als ihr Genick brach. Dann lag sie mit sämtlichen Knochenbrüchen und Prellungen tot und blutend auf der Straße. Ich bin sofort zu ihr geeilt habe geweint. Der Junge war ihr Freund. Sie hatte einen heimlichen Freund, sich immer mit ihm getroffen. Er war untröstlich, wusste nicht mehr weiter. Wir riefen den Notarzt, doch der konnte ihr auch nicht mehr helfen. Als meine Eltern zurück kamen warne sie geschockt zu hören dass ihre Tochter tot war. Ich meinte, sie habe das Auto nicht gesehene doch ihn Wirklichkeit hätte sie ausweichen könne, hätte ich sie nicht geblendet wäre sie noch am Leben. Meine Eltern zogen um und versuchten Jamila zu vergessen. Sie liesen mich mit meinem Schmerz allein. Ich wusste nicht mehr weiter, wollte nur noch sterben. Um mein Herz endgültig zu zerstören erfuhr ich ein halbes Jahr später dass sich ihr Freund aus Trauer umgebracht hatte. Ich habe 2 Familien um ihre Kinder gebracht. Ich habe 2 Leben ausgelöscht. Ich bin eine Mörderin…“
Mit einem Schluchzen beendete ich meine Erzählung und schloss die Augen. Verzweifelt presste ich die Hände an die Schläfen um den Schmerz zu verdrängen, der mir den Atem und das Leben nahm. Ich keuchte, schnappte nach Luft und zitterte. Ich wollte etwas sagen, schreien irgendwas doch aus meinem Mund kam nur ein Röcheln, ein Keuchen und ein Schluchzen. Mary stand wie die anderen einfach nur völlig verwirrt da. Kate saß kauernd am Boden und schüttelte weinend den Kopf. Sie hatte alles durchlebt was ich gesehen oder gefühlt hatte. Wirklich alles. Und das war einfach zu viel für sie. Gerry war der einzige der reagierte.
,, Steht nicht so rum! Helft ihr!“
Damit sprang er auf und packte mich, drückte mich an sich. Ich erstarrte, machte mich steif. Ich war verwirrt über diese zärtliche Berührung. Ich beruhigte mich nur ein kleines bisschen aber es half. Doch als mich der Schmerz erneut durchzuckte und die Beine wegzog weinte ich wieder. Gerry fing mich auf und ging in die Knie, beruhigend strich er mir über die Wange und musterte mich genau.
,, Alles wird gut Amiee, alles..:“, hauchte er.
,, Nein gar nicht! HAU AB! Ich bin eine Mörderin ich verdiene es nicht zu leben!“; schrie ich verzweifelt.
Damit schlug ich ihm mit der Faust gegen die Brust, doch er schien es nicht zu spüren ganz im Gegensatz zu mir. Durch meine Hand fuhr ein widerlicher Schmerz. Ich zuckte zusammen, es tat so weh ich glaubte ich hatte mir die Hand gebrochen. Doch es half, der äußerliche Schmerz linderte den in meinem Herzen.
,, Ruhig Amiee!“
Und dann tat er das einzige, das einzige was mich in diesem unendlichen Moment berühren konnte. Er küsste mich. Er legte seine Lippen sanft und zärtlich auf meine. Ich erschrak, ein elektrischer Ruck ging durch meinen Körper und mein Körper veränderte sich. Irgendeine Kraft sorgte dafür das och mich beruhigter. Mein Herz wurde geflickt, der Schmerz schrumpfte zusammen wie ein alter Luftballon, zwar nicht ganz aber so das ich es ertragen konnte. Und so stand ich da, in Gerrys Armen den Armen eines Jungen den ich kaum kannte und lies mir den Schmerz und die Verzweiflung wegküssen.
--Kate--
Zu fühlen was Aimee gefühlt hatte, zu sehen was sie sah war grauenhaft. Diese Gabe die ich angeblich besitzen sollte, war kein Geschenk oder keine Hilfe, so wie es Mary sah, sondern es war für mich eine Art Bestrafung für Fehler in der Vergangenheit.
Ich hatte als kleines Kind viel Zeit damit verbracht Menschen zu analysieren, bis ins tiefste ihrer Seele. Es wunderte mich nicht das meine „Gabe“ darin bestand in Menschen die schlimmsten Momente die sie durch lebt hatten zu sehen und das selbe zu fühlen wie sie. Es fühlte mich jedes Mal danach furchtbar krank und während Gerry immer noch mit Aimee kuschelte die langsam wieder zur Ruhe kam, drehte ich mich weg, zwang mich aufzustehen und schleppte meinen zitternden Körper ein paar Schritte fort um dann auf die Knie zu gehen und mich wieder zu übergeben.
Ich wischte mir die Tränen weg, versuchte mir den Schmerz und die Trauer die mich immer noch umgaben zusammen mit meinen Tränen fort ziehen zu lassen.
Das atmen fiel mir schwer, doch ich gab nicht auf, stand wieder mit wackeligen Beinen auf. Ich schlang mir meine Arme wieder um meinen Körper um das Gefühl des inneren Schmerzes zu verdrängen und aus Angst zu zerfallen. Ich traute mich nicht mich zu den anderen um zu drehen, denn ich wusste das ich anfangen würde zu weinen und obwohl das komisch klang hatte ich die Befürchtung nicht mehr aufhören zu können und auf dem Boden vor ihren Füßen zusammen zu brechen.
Ich hörte wie Mary wieder das Wort ergriff.
„Wir sollten von hier verschwinden. Mehr Überlebende gibt es nicht.“ , ihre Stimme wurde immer leiser.
Mehr Überlebende als uns sechs gab es also nicht. Ein ziemlich mickriger Prozentsatz wenn man sich die Gesamtzahl ansah. Gerry, Mary, Aimee, ich und die beiden anderen Mädchen: Antonia Foster und Heather Winston. Das sie überlebt hatten wunderte mich, ja es war ein Wunder, dass überhaupt jemand überlebt hatte.
„Vielleicht sollten wir das. Aber lass uns nicht vergessen wir wir aussehen! Blutverschmiert, verdreckt und mit zerrissenen Klamotten.“, stellte Heather in einem angewidertem Ton fest.
Ich war mir sicher das Heather ihr perfektes Aussehen überprüfen würde und mit wütendem Gesicht in ihren goldenen Haaren herum fummeln würde um den Dreck heraus zu bekommen.
„Wir sollten zuerst die Polizei rufen!“, entgegnete Tony der Blondine energisch und ich glaubte an meiner Seite ihre feuerroten, gelockten Haare aufleuchten zu sehen, wie ein Flamme in der Finsternis.
„Siehst du hier irgendwo ein Handy, Rotschopf?!“, fuhr Heather Tony an, „Ich will dir ja nicht zu Nahe treten und dir die Wahrheit ins Gesicht drücken aber unser Bus ist explodiert. Das einzige was du finden wirst sind tote Menschen und Trümmerhaufen.“
Ich versuchte das Gezancke der beiden auszublenden, war aber dankbar für ein wenig Normalität an diesem Ort.
„Es wird schon noch jemand kommen und uns retten!“, unterbrach Gerry die Mädchen mit fester Stimme.
„Sieh dich doch mal um! Hier ist niemand! Wir sind im Nirgendwo! In der Pampa! Am Arsch der Welt!“
Ich gab Heather nur ungern Recht. Der kleine Berg auf dem wir uns befanden war umringt von Wäldern, einzig allein eine schmale Landstraße führte aus dem Gebirge hinaus. Wir hätten mit dem Bus mindestens noch fünf Stunden gebraucht um nach Hause zu gelangen.
Mein Blick huschte zurück zum Schauplatz der Katastrophe. Ich musste mich dazu zwingen mich nicht noch einmal zu übergeben. Ich wollte von hier weg. Es war grauenhaft anzuschauen, doch mich beschlich eine Ahnung, dass es nicht lange dauern würde, bis ich die Schattenwesen wieder zu Gesicht bekommen würde, wenn wir hier rasteten.
Mit schwacher Stimme krächzte ich meine Worte: „Abhauen! Wir müssen abhauen! So schnell wie möglich!“
Doch niemand hörte auf mich, sie sprachen, stritten sich über banale Dinge. Ich nahm meinen Mut zusammen drehte mich zu den anderen und sah sie kopfschüttelnd an. Sie beachteten mich nicht, waren zu sehr mit ihrer eigenen Meinung beschäftigt. Gerry hatte bereits Aimee los gelassen, die auf dem Boden kauerte und in die Leer sah. Ich konnte mich auf meinen Beinen nicht mehr halten und kroch zu ihr hinüber, drückte mich an sie.
„Aimee. Jetzt musst du mir zuhören!“, flehte ich sie an.
Als würde sie erwachen, zuckte sie zusammen und drehte ihren Kopf zu mir. Sie zitterte, ihre Lippen bebten, ihr Gesicht war gezeichnet von Trauer.
„Wir müssen den anderen sagen, dass wir hier weg müssen, okay? Ich weiß es klingt schräg, aber – aber ich glaube wir werden nicht mehr lange alleine sein. Ich glaube die Wesen werden zurück kommen, Aimee. Wir müssen weg!“, krächzte ich verzweifelt.
Langsam nickte sie mit dem Kopf und als sie sich dazu überwand wieder zu sprechen, lief mir ein Schauer über den Rücken. Ihre Stimme klang gequält und hilflos.
„Ich – ich glaube auch das sie wieder kommen werden! Wir müssen hier weg. Wir müssen hier weg!“, ihre Stimme wurde von kleinlaut zu einem Schreien, immer lauter und lauter, bis sie die anderen übertönte, die geschockt zu ihr sahen.
Was Aimee brüllte war ein Hilferuf, danach dem vergangen zu entkommen, der Explosion, dem Tod ihrer Schwester, den Schattenwesen, ihren Erringungen, diesem schrecklichen Ort.
Ich war erleichtert als die anderen beschlossen mit uns zu verschwinden. Gerry hatte den Vorschlag gemacht wenigstens nach brauchbaren Sachen in den Trümmerhaufen zu suchen und war zusammen mit Mary und Tony los gegangen. Als sie zurück kamen, ging es Aimee so weit wieder ganz gut und die Kraft kehrte so langsam wieder in meinen geschwächten Körper zurück. Es war nicht viel nützliches übrig geblieben und es widerte mich an zu sehen wie sie einen kleinen Stapel einigermaßen ganzer Jacken auf den Armen trugen, manche mit tiefroten, getrockneten Blutflecken.
Gerry warf mir eine Junggenjacke aus Stoff zu, die mir um einiges zu groß war und nach einer Mischung aus Zigaretten, Deo und verbranntem Stoff roch. Das wenige Blut das an ihr klebte hob sich leicht von der roten Farbe der Jacke ab. Mein großer Bruder hatte die selbe Jacke auch und ich hatte ihn immer wieder angefleht sie tragen zu dürfen, denn sie war nicht nur lässig und cool sondern auch noch kuschelig und warm.
„Danke!“, entgegnete ich Gerry der Aimee eine dunkelblaue Collegjacke reichte.
Er sah mich an und musste das erste Mal lächeln.
„Wäre ich kein Gentleman sondern ein ekelhafter Spanner hätte ich nicht dafür gesorgt das du was zum drüber ziehen kriegst!“, schmunzelte er und half Aimee wie einem kleinen Baby das nicht im Stande war sich anzuziehen zärtlich in die Jack hinein.
Verwundert lugte ich zu meinem Körper hinunter. Mein schwarzes Top war fast komplett zerrissen und Gerry hatte Recht gehabt. Wahrscheinlich hätten viele Jungen es toll gefunden das meine Klamotten so zerrissen waren, dass mein Top nur noch einen Teil meines Bauchs verdeckte, die Stelle an der früher die Wunde gewesen war und mein pinker BH komplett sichtbar war. Es war komisch in so einer Situation an so etwas banales zu denken, aber ich schämte mich für mein Aussehen. Ich ähnelte ein wenig einer freizügigen Stripperin. Immerhin war meine Jeans noch komplett vorhanden, außer ein paar Rissen.
So schnell ich konnte machte ich den Reißverschluss der Jacke zu und krempelte die Ärmel hoch. Ich half Gerry Aimee auf die Beine zu ziehen und strich ihr die wenigen Strähnen ihres lilanen Haares aus dem Gesicht.
Mehr als ein paar Jacken, genug damit jeder eine bekam, zwei angebrannte Stoffdecken, drei Rucksäcke mit Inhalt (zusammengedrückte Brötchen, kaputten Kopfhörern, halb volle eingedellte Trinkflaschen, ein bisschen Kleingeld, Hustenbobbonns, zerschmolzene Gummibärchen und zu meiner Verwunderung hatte einer meiner Mitschüler in einem Trinkbehälter auch ein wenig Schnaps mitgehen lassen) und zwei unterschiedliche komplett erhaltene dreckige hässliche Wanderschuhe, in die eine grimmige Heather schlüpfte denn mit ihren HighHeels, bei denen die Absätze abgebrochen waren, konnte sie kaum durch Wälder spazieren.
Ich traute mich nicht Gerry danach zu fragen woher sie das ganze Zeugs hatten, denn ich kannte die Antwort bereist und ich wollte es mir nicht anhören. Ich konnte nur immer wieder vor meinen Augen sehen wie Gerry einem toten Mitschüler die Jacke auszog oder aus den erstarrten, kalten, blutverschmierten Händen einen Rucksack entriss.
Zu meinem Widerwillen hatten sich Tony und Mary zu unseren Anführern erklärt und waren der festen Überzeugung wir sollten der Bergstraße entlang folgen, bis wir wieder zurück in ein Dorf kamen. Ich sagte nichts dagegen hatte aber ein schlechtes Gefühl dabei. Auf der Straße würde es diesen Wesen sicher leichter fallen uns zu finden, als das wir die Straße verlassen würden und uns durch die Wälder und Berge kämpften.
Überrascht sah ich zu wie Gerry einen großen, scharfen Splitter in die graue, dicke, hässliche Jacke die er sich über geworfen hatte steckte. Als er meinen Blick bemerkte meinte er nur mit fester Stimme, dass er es nicht noch einmal zulassen würde von irgendeinem Kerl angegriffen zu werden.
Dann stützte er Aimee, schwang sich eine der Decke auf die Schulter und einen der Rucksäcke auf den Rücken und wartete auf unseren Aufbruch.
Schweigend nahm ich den Rucksack den mir Mary unter die Nase hielt an. Er roch nach verbranntem Stoff und ich bekam Kopfschmerzen von dem widerlichen Gestank. Nachdem wir das Gepäck alle gerecht verteilt hatten, marschierten wir los, auf einer leeren Straße, in Richtung Zuhause.
Ich konnte nicht anders als immer wieder zurück zu schauen, den schrecklichen Ort zu zu sehen wie er immer weiter schrumpfte und irgendwann verschwand.
Es war anstrengend zu laufen, obwohl es hauptsächlich bergab ging. Die Sonne stand hoch am Himmel doch der Wind der blies war eiskalt an diesem Herbsttag. Mein Beine zitterten immer wieder und ich keuchte um nach Luft zu schnappen. Körperlich wäre ich fit gewesen aber mein Geist, Gedanken, Erringungen nahmen kein Ende und raubten mir meine kraft Stück für Stück.
Ich merkte kaum noch wie sich mein Körper immer wieder weiter schleppte und den anderen folgte. Mein Blick ging in die Leere, meine Augen brannten, mein Herz raste als würde ich einen Marathon laufen.
Ich hatte viel verloren und ich glaubte in dem Moment in dem ich gestorben war, hatte ich ein wenig meiner Hoffnung, meiner Liebe zum Leben und meinen Glauben verloren. Mir fiel nicht viel ein weshalb es sich lohnen würde weiter zu leben. Der Gedanke an den Tod, der wunderschönen Welt aus der ich gezerrt wurde, dieser Gedanke machte mich traurig und unendlich wütend. Ich war wütend auf Mary, obwohl ich es niemandem zeigen wollte. Sie hatte dafür gesorgt das ich aus meinem friedlichen Schlaf hinaus gerissen wurde und nun der Realität ins Auge sehen musste. Sie war Schuld daran das ich wieder fühlte, der Schmerz sich an mir fest klammert dafür sorgte das das atmen immer schwerer fiel, das meinen Augen die Sicht geraubt wurde durch Tränen die mir immer wieder rüber die Wange liefen. Sie war Schuld daran das ich nun mit einer Gabe leben musste die ich verachtete, für die ich mich selbst hasste. Ich hatte sehen müssen was meine Freund durch lebt hatte, ihren Schmerz hatte ich fühlen müssen. Das alles hätte ich nie wieder sehen müssen wenn ich tot gewesen wäre, nie wieder.
„Kate? Alles okay bei dir?“
Ich schrak aus meinen Gedanken und blickte Aimee an die einen Arm um mich gelegt hatte und neben mir her lief. Anscheinend hatte sie es geschafft wieder alleine laufen zu können, ohne Gerry der ihr aber immer wieder besorgte Blicke zu warf. Die Farbe war wieder in ihr Gesicht zurück gekehrt aber sie sah krank aus, krank und erschöpft. Wir hatten alle eine Pause von diesem Abend nötig.
Zuerst wollte ich sie anlügen, wollte ihr keine Sorgen bereiten, doch ich konnte nicht anders. Also brachte ich einfach das über meine Lippen was mich beschäftigt hatte.
„Ich kann nicht aufhören darüber nachzudenken wie schön es gewesen wäre tot zu sein. Ich kann nicht aufhören Mary dafür zu verachten das sie mich zurück geholt hat, denn die Wahrheit ist, dass ich das nie gewollt hätte. Ich wäre lieber tot als diese Schmerzen zu spüren, diese klaffende innere Wunde die mir den Atem raubt und nicht scheint zu heilen.“, meinte ich leise und beobachtete Aimees Gesicht genau.
Mit ihrer Reaktion hatte ich nicht gerechnet. Sie war nicht geschockt, überrascht oder traurig, sondern sie war gelassen und verständnisvoll, so als habe ich ihr erzählt das ich der Meinung gewesen war das mich eine Lehrerin falsch benotet hätte, was ich übrigens nicht oft war, denn meine Noten waren zwar miserabel aber sie waren mir auch scheiß egal, so lange ich nie durch flog.
„Ich weiß. Ich fände es auch besser nicht mehr hier zu sein, sondern tot. Ich wünschte mir auch der Schmerz würde für immer verschwinden, aber das wird er nicht. Es wird nie aufhören weh zu tun, wenn man daran denkt. Es wird immer eine Wunde übrig bleiben, die nie verschwinden wird. Die Zeit wird den Schmerz lindern aber nie vergessen lassen. So war das auch schon bei meiner Schwester.“, meinte sie sanft und strich mir durch mein schwarzes Haar.
Es war grauenvoll die Wahrheit zu hören aber ich fand es ein wenig tröstend, dass Aimee auch lieber tot gewesen wäre. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, fand mich undankbar, mich nicht darüber zu freuen das ich eine zweite Chance auf ein Leben hatte, aber die Wut und der Schmerz schob das schlechte Gewissen ganz weit weg.
Als Aimee über ihre Schwester sprach verdüsterte sich ihre Mine. Sie hielt sich für schuldig an dem Tot, zweier junger Menschen. Aber ich glaubte nicht das sie es war. Schuld war nie sie gewesen sondern dieser Vollidiot, wer immer es auch seien mag, der uns dazu verdonnert hatte mit einer Gabe durchs Leben zu rennen die unendlich schwer zu tragen schien. Ich schwor mir, dass wenn ich heraus finden würde, wer dafür verantwortlich war, dieser Person das Leben zur Hölle machen würde.
„Ich hab dich lieb!“, hauchte ich ihr ins Ohr.
Sie lächelte gequält und drückte mich an sich, wobei mein Kopf nur bis zu ihrer Nase ging, denn ich war kleiner als sie mit meinen 1.65. Wenn ich mich umsah war ich auch kleiner als alle anderen hier. Ich konnte nicht anders als mich an meinen Exfreund Ben zurück zu erinnern, dem gutaussehend, siebzehnjährigen, dunkelhaarigen, humorvollen, frechen, irischen Jungen, den ich seit meiner Kindheit kannte. Er war zwei ein halb Köpfe größer als ich gewesen, viel stärker und neben ihm hatte ich immer ausgesehen wie eine kleine, spanische Porzellanpuppe. Es war erst einen Monat her, dass wir getrennte Wege gingen. Es war ein komisches Gefühl ,denn bevor ich mit Ben zusammen kam, waren wir beste Freunde gewesen. Er hatte viel mit Aimee und mir unternommen und vor allem waren wir immer ausgeritten mit den Pferden seinen Großvaters der einen riesigen Pferdehof betrieb. Wenn es mir schlecht ging, war er da gewesen und hatte mich getröstet, mich auf die Stirn geküsst und mit mir gekuschelt. Viele hatten und das Traumpaar genannt und es war wirklich mit ihm wie in einer dieser schnulzigen Liebesfilme, wie in einer anderen Traumwelt. Doch so schön es von außen für andere wirkte, irgendwann wurde ich unglücklich und zwang mich Ben zu lieben, als meinen festen Freund. Ich hatte mir meinen besten Freund zurück gewünscht, denn eigentlich war er nie mehr für mich gewesen und als ich dann mit ihm Schluss machte und ihm zu erklären versuchte was ich wirklich fühlte war er ausgerastet. Es tat weh zu wissen wie sehr ich ihn verletzt hatte. Er hasste mich jetzt.
Für wenige Sekunden fragte ich mich was er tun würde, wenn er hören würde das ich vermisst war, dass mein Bus explodiert war.
Mein Blick huschte zu Gerry der Aimee immer noch anstarrte und ich musste lächeln. Ich stupste Aimee in die Seite und deutete auf Gerry, der sofort peinlich berührt sein Gesicht abwandte.
„Ich glaub da hat sich jemand in dich verliebt!“, schmunzelte ich, doch meine beste Freundin schüttelte einfach nur den Kopf und meinte leise: „ich weiß nicht ob er sich in mich verliebt hat oder ob er mich nicht einfach nur dafür bewundert weil ich ihn befreit habe.“
--Amiee--
Mit diesen Worten drehte ich meinen Kopf weg und richtete ihn auf meine Füße und den grauen, hartem Asphalt. Ich spürte Kates fragenden und überaschten Blick auf mir, er brannte sich in meine Haut und zwang mich sie an zu sehen.
,, Wie meinst du das? Er, er hat dich immerhin geküsst!“, meinte sie.
Ja immerhin. Gerry, ein Junge den ich kaum kannte, mit dem ich nie mehr als ein paar Worte gewechselt hatte, wenn wir einmal zusammen vor dem Klassenzimmer gewartet hatten, hatte mi9ch geküsst einfach so. Aber es war nicht nur ein Kuss gewesen. Es war nicht der Kuss der mich aus der Bahn geworfen hatte, mir noch einmal den Boden unter den Füßen weggezogen hatte, diesmal aber positiv. Es war dieses Gefühl, das der Kuss in mir ausgelöst hatte. Etwas was ich noch nie gefühlt hatte und gar nicht beschreiben konnte. Da war einmal diese beruhigende Wärme die durch meinen ganzen Körper geströmt war und mich beruhigte, mir Geborgenheit schenkte. Sie hatte angehalten, auch als seine Lippen sich von meinen gelöst hatten. Dann diese Stromschlag der mich zusammenzucken lies, als er seinen Arm um mich legte. Und jedes Mal wenn ich ihm in die Augen sah, fühlte ich mich frei, schwebend. Ich wollte fallen doch ich konnte es nicht. Seine wunderschönen eisblauen Augen hielten mich fest. Es war mehr gewesen als nur ein Kuss.
,, Da hast du Recht. Vielleicht hat er das nur getan um mich zu beruhigen…“, erwiderte ich nach einigen Minuten Schweigen.
Kate hob eine Augenbraue hoch und kickte einen dicken Stein direkt vor Gerrys Füße, der ein Stück vor uns lief, zusammen mit Mary, die ihn gerade zulaberte. Als ihn der Stein an der Ferse traf drehte er ruckartig den Kopf. Er wirkte alarmiert und ärgerlich aber als er meinem Blick begegnete entspannte sich sein Gesichtsausdruck. Er lächelte und seine Augen wurden warm, sein Gesichtsausdruck weich und zärtlich. Ich lächelte scheu und machte eine entschuldigende Geste.
Mit einem Augenzwinkern, das wieder für diese durch meinen Körper schießende Wärme sorgte, drehte er sich wieder Mary zu und tat als würde er ihr zuhören. Ich seufzte und beobachtete Gerry ausgiebig. Ich registrierte jede seiner wunderbaren Bewegungen, sein wuscheliges Haar, das leicht vom Wind zerzaust wurde und seinen federnden, langsamen Gang. Wenn ich ihn ansah, er etwas sagte oder sich nur bewegte, dann spielte mein Körper verrückt. In mir kroch ein Verlangen hoch. Gierig durchfraß es meinen Körper und vernebelte all meine Gedanken. Es war kein richtiges Verlangen, es war der Wunsch seinen Arm um meinen zu spüren, seine Stimme die mich tröstete, seine Hand die meine festhielt. Im selben Moment wusste ich es. Ich liebte ihn. So absurd es war, so wenig ich ihn kannte ich liebte ihn. Genau in dem Moment, so als hätte Kate meine Gedanken gelesen beugte sie sich zu mir und hauchte:
,, Du kannst sagen was du willst. Dieser Typ steht auf dich! Und du?“
Herausfordernd sah sie mich an, stieß mir grinsend in die Seite. Auch ich musste willkürlich lächeln.
,, Nun ja ich…“
Ich brach mitten im Satz ab, als ein heftiger Wind aufkam und mir meine Frisur verwehte. Instinktiv schlang ich die Arme um meinen Körper. Mir war kalt, obwohl ich eine Jacke trug. Auch die anderen bemerkten den Wetterwechsel und sahen prüfend in den Himmel. Da kreischte Heather auf einmal auf. Wie von der Tarantel gestochen wandten sich alle zu ihr um. Sie stand fröstelnd da, die Hände auf den Kopf gepresst, mit aufgerissenen Augen. Gerry eilte zu ihr, packte sie bei den Handgelenken und sah ihr tief in die Augen. Sofort fuhr ein schmerzhafter Stich durch mein Herz, so etwas wie Eifersucht doch ich schüttelte sie schnell ab.
,, Heather, Heather! Was ist denn los?“
Einige Minuten schien das Mädchen reglos zu sein. Dann knurrte sie wütend und stieß Gerry weg.
,, Idiot! Dieser Wind zerstört mir meine ganze Frisur!“, brüllte sie theatralisch und fing halb an zu heulen.
Mary schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn, während ich die Augen verdrehte. Heather war wirklich unmöglich. Wir mussten hier schauen wie wir überlebten, hatten ständig Angst zu sterben und viel durchgemacht. Die Busexplosion, die vielen Toten, die Schattenwesen—und sie regte sich über ihre Frisur auf. Offenbar reichte es Kate. Fuchsteufelswütend ging sie auf Heather zu und gab ihr eine schallende Ohrfeige. Das blonde mädchen riss die Augen auf und taumelte ein paar Schritt zurück. Dann hielt sie sich die schmerzende, knallrote Wange.
,, Sag mal spinnst du?“, knurrte sie.
Kates schokoladenbraune Augen blitzten, so wütend hatte ich sie selten erlebt.
,, Ob ich spinne? Ob ICH spinne? Die einzige die hier spinnt bist du! Man, 95% von den Schülern im Bus sind tot! Ich und Amiee waren auch tot und ihr auch, wäre nicht Mary gewesen! Wir irren hier durch die Pampa, uns ist kalt und wir haben ständig Angst diese Schattenwesen könnten wiederkommen und uns endgültig umbringen! Und du machst dir ins Hemd weil deine Frisur kaputt ist?“
Die Stimme meiner besten Freundin wurde immer lauter und schriller und so bedrohlich, das Heather zurückwich.
,, Hört doch auf bitte!“, piepste Tony, die Streit überhaupt nicht vertrug, aber keiner beachtete sie.
,, Oh man kann ja keiner wissen das du dich gleich so aufregst! Wenn du dich wegen Kleinigkeiten aufregen darfst und ich nicht..bitte!“
Damit warf die Blondine ihr Haar zurück und drehte Kate den Rücken zu. Ganz schon gefährlich, denn diese rannte los um Heather noch mal zu schlagen. Doch ich schaltete zum Glück sofort. Schnell sprang ich dazwischen und Kates Faust landete fest in meinem Bauch. Ich sog beißend Luft ein und ein Schmerz schoss durch meinen Bauch. Dann taumelte ich und fiel auf den Boden, direkt auf Heather die gestolpert war. Einige Minuten war es totenstill. Tony tänzelte erschrocken hin und her und war kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Heather ordnete schnaubend ihr Haar, Mary stand kopfschüttelnd da und Gerry lief besorgt zu mir. Und meine beste Freundin? Kate stand fassungslos da. Sie starrte auf ihre Faust, mit einem halb wahnsinnigen Blick in den Augen, dann sah sie mich an.
,, Es, es tut mir so leid Amiee…ich..“
Damit brach sie ab und sah zu Boden.
,, Amiee alles ok? Tut es weh? Warte ich helfe dir!“
Und im selben Moment war Gerry bei mir. Er strich mir besorgt über die Wange, dann hob er mich mit seinen starken Armen hoch und stellte mich auf die Füße. Bei seiner Berührung auf meiner Haut, zuckte ich zusammen, ein Stromstoß schoss durch meinen Körper und tausend Ameisen jagten durch meinen Bauch, direkt in mein Herz, dessen Schlagen sich beschleunigte.
,, Nein, nein geht schon!“, meinte ich lässig, obwohl mein Bauch schon noch ein wenig schmerzte.
Kate hatte ganz schön Kraft.
,, Wirklich?“
Gerry schien mir nicht richtig zu glauben. Stirnrunzelnd zog er mein T-Shirt hoch und besah sich meinen Bauch. Als er seine kühle Hand darauf legte sog ich Luft ein. Nach einer Minute, zog er es wieder runter und sagte:
,, Das gibt einen blauen Fleck!“
Als Kate das hörte zuckte sie zusammen und ihr Blick verdüsterte sich. Ich seufzte und biss mir auf die Lippe. Mist, Kate durfte nicht traurig sein oder sich Vorwürfe machen.
,, Ach ich hole mir ständig blaue Flecken!“
Ich machte eine wegwerfende Handbewegung und wollte wieder zu Kate sehen, doch Gerry drehte mein Gesicht zu sich.
,, Wie wäre es mir einem Gute-Besserung Kuss?“
Bei dem Klang seiner Stimme und den wunderschönen eisblauen Augen die mich fixierten wollte ich nur noch eins: Seine Lippen auf meinen spüren.
Doch ich musste dauernd an Kate denken. Also schenkte ich Gerry ein leichtes Lächeln, entwand mich und ging auf Kate zu.
,, Hey Süße ich kriege dauernd blaue Flecken! Mach dir keine Vorwürfe!“
Ich legte meinen Arm lässig um ihre Schulter, aber sie schüttelte ihn ab.
,, Amiee ich, ich habe dich geschlagen!“
Bei der Vorstellung erschauderte sie, als würde sie sich davor ekeln. Ich versuchte zu lachen.
,, Hast du nicht! Du wolltest Heather schlagen! Ich war nur so doof und bin dazwischen gesprungen! Ich wollte ja nicht das du unsere Prinzesschen K.O. schlägst!“
Jetzt musste Mary kichern und auch Kate zog die Mundwinkel nach oben, während Heather beleidigt schnaubend die Arme verschränkte.
,, Na dann! Sorry nochmal!“
Kate sah mich an, dann drückte sie mich an sich. Ich erwiderte ihre Umarmung und strich ihr sanft über den Kopf.
,, Ist einfach ein bisschen viel für uns im Moment!“, erwiderte ich und meine beste Freundin nickte.
Da erhob Mary das Wort.
,, Also da das jetzt geklärt ist könnten wir uns bitte etwas beeilen? Sieht so aus als ob ein Sturm plus Gewitter mit Regen aufzieht! Wir sollten vorher irgendwo Unterschlupf suchen oder ein Haus erreichen um die Polizei zu verständigen damit man die Leichen wegräumen kann….“
Marys Worte holten uns alle zurück in die Wirklichkeit erinnerten uns an das Chaos, an all die Toten und die grässlichen Schattenwesen die womöglich noch in der Nähe waren und uns jederzeit angreifen könnten.
,, Also dann gehen wir mal!“, meinte Tony zaghaft und lief zusammen mit Heather vorraus, die Kate giftig ansah. Wir warteten bis Gerry und Mary an uns vorbeigingen, dann liefen auch ich und Kate los.
,, Der hast du es aber gegeben! Wetten Heather beschwert sich nei wieder?“, flüsterte ich halb grinsend um die bedrückte Stimmung etwas aufzulockern.
Meine beste Freundin sah immer wieder nach hinten, ängstlich huschten ihre Augen hin und her und suchten nach jemanden der uns vielleicht verfolgte.
,, Oh ja und wenn nicht dann polier ich ihr noch einmal ihr schönes Gesicht!“, antwortete sie, doch sie schien nicht ganz bei der Sache zu sein.
,, Hey Süße ich denke jetzt sind wir in Sicherheit. Diese Wesen wir sind alle tot und sobald wir wieder daheim sind sind wir sicher. Alles wird gut, du wirst sehen!“, beruhigte ich sie und legte einen Arm um sie.
,, Bist du dir sicher?“, wollte sie wissen.
,, Klar!“, nickte ich.
Doch tief in meinem Inneren wusste ich, dass das nicht stimmte. Ich spürte es, ein drohendes Unheil, das direkt über unseren Köpfen schwebte. Und bei der Vorstellung zog sich mein Magen schmerzhaft zusammen, sodass ich instinktiv und wieder die Arme um meinen Körper schlang. Kate bemerkte das, auch ihre Zähne klapperten jedoch vor Kälte, denn der Wind wurde immer heftiger. Er zerrte und rüttelte an den Bäumen und riss die Blätter und auch ein paar Äste ab, die krachend zu Boden fielen.
,, Soll ich Gerry rufen? Der wärmt dich sicher gerne?“, neckte sie mich und stieß mich schelmisch in die Seite.
Ich hingegen lächelte müde und schüttelte den Kopf.
,, Nein, nein geht schon.“
Kate sah mich fragend an, lief jedoch schweigend neben mir her.
,, Dann halt nicht..“, meinte sie achselzuckend.
Leise seufzte ich und blickte zu Gerry, der gedankenverloren in den immer dunkler werdenden Himmel starrte. Er schien meinen Blick in seinem Rücken zu spüren, denn er drehte den Kopf und sah mich an. Fragend sah er aus und auch ein wenig besorgt. Statt jedoch zu Lächeln oder sonst irgendwas zu tun, sah ich einfach weg. Aus den Augenwinkel konnte ich sehen wie sich seine Augen verdunkelten, jetzt sah er traurig aus. Dann wandte er sich wieder dem Weg zu. Wieder seufzte ich in den Wind hinein. Das Leben konnte wirklich kompliziert sein. Gerry mochte mich sehr und ich ihn, das war klar. Doch wie sollte ich es angehen. Was sollte ich tun oder sagen? Fragen über Fragen auf die ich keine Antwort wusste. Ich schob sie tief in meinen Hinterkopf. Das hatte Zeit, das konnte warten. Jetzt mussten wir erst einmal sicher und vor allem lebendig nach Hause kommen.
Der Wind wurde immer heftiger, er warf mich fast von meinen müden Füßen und zerzauste mir mein Haar, raubte mir die Sicht. Als hätte es nicht schlimmer kommen können fing es jetzt auch noch an wie aus Gießkannen zu regnen.
,, Weltuntergang…“, murmelte Mary sarkastisch und steckte die Hände in die Hosentaschen.
Und Heather? Die stieß einen spitzen Schrei aus.
,, Meine Frisur! NEIN!“
Sofort schlug sie sich jedoch auf den Mund sah sich vorsichtig zu Kate um, als könnte dies ihr wieder eine Ohrfeige verpassen. Doch die starrte nur genervt in den Regen, mit triefendem Haar und lachte, lachte Heather aus.
Ich hingegen konnte nicht lachen. Mit einem schweren Herzens bahnte ich mir einen Weg durch den Sturm und den strömenden Regen.
2 Stunden später war es mindestens 8 Grad kälter. Der Himmel war kohlrabenschwarz als wäre es tiefste Nacht und es goss immernoch. Dazu wehte ein heftiger Wind, der das Gehen schier unmöglich machte. Meine Füße schmerzten, ich war nass bis auf die Knochen und zitterte am ganzen Körper. Ich würde mir bestimmt eine Lungenentzündung holen. Inzwischen hatten wir uns alle an den Händen genommen und kämpften so gegen den Wind, Zentimeter um Zentimeter. Wir liefen immer noch auf der Straße, die man jetzt gut für einen Fluss halten könnte, das strömende Wasser war mittlerweile knöcheltief. Wir würden uns alle eine Lungenentzündung holen, wenn wir nicht vorher von den Ästen erschlagen wurden, die dauernd neben uns auf der Straße landeten oder auf der nassen Straße ausrutschten und uns den Hals brachen.
,, Bist du jetzt immernoch der Meinung das es gut war uns wieder zum Leben zu erwecken? Schönen Gruß der Tod war angenehmer als das hier, was sich Leben nennt!“, knurrte Kate Mary ins Ohr.
Dies fuhr herum.
,, Hey ok? Wenn wir zu Hause sind dann wird dein Leben schön glaub mir! Und dankesehr, wirklich toll wie sehr du mir dankst das ich dir und Amiee das Leben gerettet habe!“, schnaubte Mary.
,, Angenehm wenn ich nach Hause komme? Wenn ich nach Hause komme kriege ich sicher eine Lungenentzündung. Dann labern mich meine Eltern voll, ich muss der Polizei alles erklären und werde deshalb für verrückt gehalten und muss in eine Anstalt, oder ich lüge einfach! Und dann..“
Kate konnte nicht zu Ende reden, denn auf einmal rief Gerry:
,, Da seht nur, da ist Licht!“
,,WAS?“, riefen alle gleichzeitig und ich stellte mich auf die Zehenspitzen um besser sehen zu können. Und tatsächlich: Nicht weit von hier war ein schwaches Licht zu sehen.
,, Das , das ist ein Haus!“, jubelte Tony.
,, Kommt! Dort können wir uns bestimmt aufwärmen und Polizei und unsere Eltern verständigen!“
Mit diesen Worten beschleunigten wir unsere Schritte. Meine Hoffnung wuchs, je näher wir kamen. In diesem Haus wohnte jemand, dort gab es Storm. Wir konnten uns aufwärmen und unseren Eltern erklären das wir noch lebten. Natürlich mussten wir der Polizei auch von den vielen Toten erzählen…. Ich erschauderte. Ich hoffte wir mussten nicht noch einmal an diesen grässlichen Ort. Auch wenn das meiste Blut dank dem Regen jetzt bestimmt weg gewaschen war.
Nach 10 Minuten standen wir vor dem Haus. Es war ein kleines Haus, daneben war eine große Scheune. Ein Bauernhof also.
,, Hallo? Ist jemand da? Wir brauchen Hilfe!“
Gerry klopfte laut und heftig gegen die Tür. Keine Sekunde später ging diese auf.
,, Ja was ist denn? …. Sapperlott!“
Ein älterer Herr, mitte 60 stand da und sah uns fragend an. Als er sah wie durchnässt und verzweifelt wir aussahen meinte er:
,, Was ist denn mir euch passiert? Kommt erst einmal herein!“
Dankend traten wir ein und ein Glücksgefühl durchströmte mich als ich in den warmen Raum trat. Sofort schoss ein Schäferhund kläffend auf mich zu. Er knurrte. Misstrauisch musterte er mich und die anderen.
,, Ruhig Rufus das sind Gäste! Was macht ihr eigentlich hier so allein in der Gottverlassenen Gegend?“, wollte der Mann wissen.
Zum Glück erhob Gerry das Wort, denn wir anderen waren zu erschöpft um etwas zu sagen.
,, Unsere Schulbus ist explodiert. Die anderen sind alle tot, nur wir leben noch...“
Der alte Mann erschrak und kratzte sich am Kopf.
,, Sapperlott….naja. Zieht eure Sachen aus und dann geht nach oben. Ich habe 3 Badezimmer da könnt ihr euch heiß duschen. Ich lege euch ein paar Sachen raus. Die dürften euch passen, ich habe 2 Angestellte Peter und Annemarie, ungefähr 20, die müssten eure Größen haben!“
Dankend sah ich den alten Herren an. Er war unsere Rettung!
Eine halbe Stunde saßen wir alle in schicken Jeans, mit Gummistiefeln und Hemden und Blusen, aufgewärmt am Esstisch. Dank dem heißen Bad und den neuen Klamotten dürften wir keine Erkältung bekommen. Der alte Herr, er hieß übrigens Herr Brauner war ein echter Engel. Er kochte uns eine Bohnensuppe zum Abendessen, dann setzte er sich zu uns.
,, Guten Appetit!“, meinte er lächelnd.
Das liesen wir uns nicht zweimal sagen. Wir aßen jeder gierig unseren Teller leer und tranken etwas Milch. Rufus, der Schäferhund lag an meine und Kates Füße gekuschelt und aß gierig sein Trocken futter. Dann erhob der alte Herr das Wort:
,, Die Telefonleitung ist wegen dem Sturm leider tot, aber morgen sollte sie wieder gehen. Ihr könnt in der Scheune im Stroh übernachten. Decken liegen schon da. Das Klo ist hier im Haus, ihr könnt nachts einfach gehen. Morgen früh mache ich euch ein Frühstück, dann könnte ihr telefonieren. Fals das Telefon immernoch nicht geht könnt ihr zum nächsten Dorf gehen. Es ist nicht weit. Ihr könnt meine Pferde nehmen, ich besitze 6 junge wunderbare Tiere.
,, Sie haben Pferde? Wundervoll!“, stieß Tony hervor, die ein echter Tierfreund war.
Auch ich liebte Tiere und war eine begeisterte Freizeitreiterin. Die Möglichkeiten die der alte Mann uns gegeben hatte klangen vielversprechend, ebenso wie das Bett im Heu. Ich bemerkte wie mich meine Kräfte verließen und gähnte ausgiebig. Der alte Herr lachte.
,, Sie haben unten in der Scheune ihren Stall, ihr schlaft oben am Heuboden. Rufus begleitet euch und beschützt euch, als Wachhund sozusagen! Solltet ihr irgendetwas benötigen kommt einfach her! Gute Nacht!“
Lächelnd stand der alte Herr auf und ging. Wir hingegen liefen hinüber zur Scheune. Und wirklich. Ein lautes Wiehern drang herein und als ich eintrat erblickte ich 6 Pferde. Ein Rappe, ein Schimmel, ein Fuchs, ein Falbe, ein Schwarz geschecktes und ein Braunes.
,, Seid ihr süß!“; quietschte Tony und eilte zu den Tieren.
Heather verdrehte nur die Augen und rümpfte die Nase, verkniff sich jedoch einen Kommentar.
Zusammen mit Rufus, der mich wirklich mochte kletterte ich die Leiter zum Heuboden hinauf und lies mich direkt auf eins der Bettlaken fallen. Die anderen taten es mir gleich und nach 10 Minuten waren alle um mich herum eingeschlafen. Nur ich konnte komischerweise nicht einschlafen. Und das obwohl ich völlig erschöpft war. Seufzend drehte ich mich und stieß gegen Rufus, der neben mich gerollt dalag. Er schlief aber nur halb, denn seine Ohren zuckten, er nahm jedes Geräusch wahr. Lächelnd kraulte ich ihn an den Ohren, weshalb er zufrieden knurrte, dann wandte ich mich an Kate.
,, Kate? Kate bist du wach?“, flüsterte ich.
Keine Antwort kam. Ich war mir nicht sicher ob sie schlief. Sie hatte mir den Rücken zugedreht und atmete tief, jedoch zu unregelmäßig um zu schlafen.
,, Kate?“, versuchte ich es noch einmal.
Keine Reaktion. Also drehte ich mich seufzend auf den Rücken, als auf einmal eine Gestalt vor mir auftauchte. Ich erschrak und wollte Schreien doch dieser jemand legte mir eine Hand auf den Mund.
,, Sscht! Ich bin es!“
,, Gerry, du hast mich erschreckt!“; hauchte ich.
,, Tut mir leid aber ich kann nicht schlafen und habe gehört das du wach bist!“
Er stand auf und setzte sich ganz an den Rand des Heubodens, ließ die Beine herunter baumeln. Vorsichtig, um Rufus nicht zu wecken robbte ich vor und setzte mich neben Gerry. Einige Minuten sagte niemand etwas und es war totenstill bis auf das Atmen der anderen und das leise Schnauben der Pferde. Dann drehte Gerry den Kopf zu mir.
,, Amiee?“
,, Ja?“
Ich sah ihn an. Direkt in die eisblauen Augen, die in der Dunkelheit zu leuchten schienen.
,, Ich kann nicht beschrieben was ich für dich empfinde…“, begann er und nahm meine Hand.
Ein Ruck ging durch meinen Körper und wieder breitete sich diese Wärme aus.
,, Ich weiß es auch nicht…“, gab ich kaum hörbar eine Antwort.
,, Dann lass es uns herausfinden, Schritt für Schritt!“, meinte Gerry.
Damit strich er mir über die Wange, wanderte mit seinen Finger langsam meinen Rücken herunter, sodass ich erschauderte. Dann legte er seine Hand zart an meinen Nacken und zog meinen Kopf zu sich heran. Ich spürte seinen heißen Atem an meiner Wange, unsere Blicke begegneten sich schiene sich zu verschmelzen und etwas wunderbares auszutauschen, etwas was ich nicht beschrieben konnte. Dann legte er seine Lippen sanft auf meine und küsste mich. Unsere Lippen verschmolzen, wurden eins. Zärtlich legte ich die Arme um seinen Nacken, fuhr ihm durchs Haar. Und so küssten und küssten wir uns still und stumm, zärtlich, versuchten uns unseren Gefühlen klar zu werden, versuchten unsere Liebe einzustufen. Und so küsste ich Gerry, den Jungen mit den wunderschönen eisblauen Augen. Den Jungen den ich vor einem Tag kaum richtig gekannt hatte.
--Kate--
Die Müdigkeit hielt sich von mir fern. Ich war zu angespannt und zu ängstlich um ein Auge zu machen zu können. Jeden Moment glaubte ich wieder in das Grauen am Unfallort zurück gezogen zu werden. Der Schutz der mir der Stall bot, reichte nur aus um kurz durch schnaufen zu können um dann sofort wieder weiter rennen zu können. Obwohl meine Beine schmerzten und ich übles Seitenstechen hatte, wäre es mir lieber gewesen immer weiter zu laufen. Das Grauen immer weiter hinter mir zu lassen.
Ich konnte Aimee nicht antworten. Ich hatte zu wenig Kraft um meine Stimme unter Kontrolle zu halten. Obwohl ich nicht sehen konnte, was Aimee und Gerry machten, lauschte ich mit meinen Ohren. Ich wollte mich dafür interessieren, nicht nur weil ich ihre beste Freundin war, sondern auch, weil ich dadurch Abstand von dem gewann, was alles geschehen war.
Ich versuchte meine Aufmerksamkeit bei den beiden Turteltauben zu lassen, doch ich sehnte mich zu sehr danach nach draußen zu gehen, an die frische Luft, weg von hier. Ich sehnte mich nach Ruhe, nach der dunklen Nacht und nach der friedlichen Stille die dort herrschen würde. Der Sturm musste nach gelassen haben, es war nicht einmal mehr der Regen zu hören.
So leise wie möglich setzte ich mich auf und stand langsam auf, vorsichtig, damit ich niemanden der anderen weckte. Aimee und Gerry küssten sich gerade. Stören wollte ich die beiden sicher nicht. Ich zwang meine Beine, die sich wie Blei anfühlten sich langsam fort zu bewegen. So gut ich konnte schlich ich zur Leiter, die nach unten führte zu den Pferden. Gerade als ich anfangen wollte die Leiter hinunter zu klettern wurde Aimee auf mich aufmerksam.
„Gerry! Ich glaube da ist jemand!“, flüsterte sie ängstlich ihrem Schatz zu.
Gerry richtete sich auf, nahm Aimee schützend in den Arm und schaute sich mit festem Blick um. Er sah aus, als würde er jeden Moment, wenn jemand auch nur Anstalten machen würde seiner Aimee in die Nähe zu kommen, sofort ohne zu zögern, den Angreifer zu Nichte machen. Ich war froh, dass Gerry nicht erkennen konnte, das ich der Fremde in der Dunkelheit war.
Eilig stieg ich die Leiter weiter hinab und war glücklich, als ich wieder festen Boden unter meinen Füßen spüren konnte. Wie ein Indianer schlich ich weiter, bis zur Tür des Stalles. Eines der Pferde hob neugierig seinen Kopf und schaute in meine Richtung. Für einen kurzen Monet blieb ich stehen und erwiderte den Blick dieses wunderschönen Tiers. Langsam, mit ausgestreckter Hand nährte ich mich dem schwarz-weiß gescheckten jungen Pinto. Ich ließ ihn an meiner Hand schnuppern und strich ihm sanft übers Fell. Die Wärme des Pferdes beruhigte mich und ohne darüber nach zu denken, öffnete ich die Tür seiner Box kuschelte mich an ihn und schloss das Gatter hinter mir. Ich genoss es das wunderschöne Tier zu streicheln. Ein zufriedenes Lächeln huschte mir über das Gesicht.
„Du bist aber ein Hübscher.“, flüsterte ich dem Hengst zu.
Als hätte er mich verstanden stupste er mich sanft mit seiner Nase an. Ich musste kichern. Doch dann wurde mir wieder klar, dass ich eigentlich nicht hier war um mit diesem wunderschönen Pferd zu kuscheln sondern weil ich nach draußen, an die frische Luft wollte.
Noch einmal strich ich über das Fell des Tieres und ging aus der Box. Ich schloss die Tür wieder hinter mir. Ich warf einen Blick auf das Namensschild und konnte die Buchstaben nur schwer in der Dunkelheit erkennen, doch das Mondlicht reichte aus: Django.
„Tschüss Django.“, verabschiedete ich mich von dem Pinto und drehte mich seufzend weg.
Ich konnte nicht anders als diesem schönen Wesen noch einen Blick zu zuwerfen, dass für mich so vertraut war, als wäre ich wieder auf dem Reithof von Bens Großvater und würde meinem Ex helfen sich um die Pferde zu kümmern..
Dann beeilte ich mich, endlich aus dem Stall hinaus zu kommen. Ich schob die schwere Stalltür bei Seite und hoffte das niemand das Knarren mit bekommen hatte, das die alte Tür von sich gab. Die kalte Luft wehte in mein Gesicht. Ein Schauder überfiel mich als ich hinaus in die Kälte trat. Ich schlang mir meine Arme um meinen Körper um mich warm zu halten und begann mich langsam von dem Stall zu entfernen, in dem meine Freunde friedlich schlummerten.
Die Kälte der Nacht war einigermaßen erträglich. Ich stapfte über die Wiese hinüber zum Haus des alten Bauers. Der Mond stand am Himmel und beleuchtete die Hütte und den Stall. Durch das Mondlicht bekam die ganze Atmosphäre einen mystischen Hauch. Um mich herum war es Still, nur der Wind der die Blätter zum rascheln brachte war zu hören.
Ich genoss die Ruhe und die Einsamkeit. Das erste Mal an diesem Tag hatte ich das Gefühl, dass es Hoffnung für uns geben würde, dass das alles bald enden würde. Hätte ich gewusst, wie falsch ich mit diesem Gefühl lag, wäre ich sicher nicht auf die Idee gekommen schutzlos in der Nacht, ganz alleine herum zu laufen.
Ich blieb für wenige Sekunden stehen, schloss die Augen und atmete tief durch. Die frische Luft die meine Lunge füllte war angenehm und zauberte mir ein schwaches Lächeln ins Gesicht. Als ich die Augen wieder öffnete glaubte ich etwas im Schatten der Bäume zu sehen. Ich redete mir ein, es wäre nichts doch etwas in mir schrie verzweifelt danach davon zu laufen. Meine Beine machten sich selbständig und ganz langsam lief ich rückwärts. Ich wurde schneller und stolperte fast. Ich wusste nicht in welche Richtung ich zurück wich, aber das war mir auch egal.
Ich schrie erschrocken auf, als ich gegen etwas stieß. Ich fuchtelte mit meinen Armen um mich um mich zu verteidigen. Ich zitterte als mich etwas an meinem Armen packte um mich ruhig zu stellen. Ich keuchte auf und erst als ich mir Zeit ließ die Umrisse der Person zu begutachten, wusste er wer mir als Schatten gefolgt war.
„Peter?“, fragte ich unsicher und riss eine Arme von ihm los.
Er ging einen Schritt zurück, zog einen länglichen Gegenstand aus seiner Tasche und nach einem leisen Klick, ging in der Finsternis ein Lichtlein an. Peter trug einen schwarzen Mantel und eine Mütze auf dem Kopf, unter denen er seine goldenen Engelslöckchen versteckt hielt. Seine -schokoladenbrauen Augen blickten mich ernst an und obwohl er zwei Köpfe größer als ich war, kam er mir nun da ich wusste wer er war, nicht mehr so groß vor. Der hübsche Bedienstete des alten Bauers, über den Heather hergezogen war, hatte das schüchterne Lächeln verloren, dass er beim Essen gehabt hatte, wenn er zu mir und Aimee geschaut hatte.
„Es tut mir leid, wenn ich euch erschreckt habe, Kate.“, entschuldigte er sich aufrichtig und hielt sich die freie Hand an die Brust, als wäre ich eine Prinzessin und er ein Ritter. Wahrscheinlich hätte nur noch die Verbeugung gefehlt, dass wäre dieser Kerl offiziell im falschen Zeitalter gelandet, aber sein Verhalten machte ihn um so niedlicher.
Ich konnte nicht anders als ihn breit anzugrinsen.
„Macht nichts, Peter.“, schmunzelte ich.
„Darf ich fragen was ihr zu dieser Uhrzeit hier draußen macht? Es ist gefährlich für ein junges Mädchen alleine in der Finsternis herum zu spazieren.“
Was für ein unendlich charmanter Schnuckel. Mir war noch nie so ein Gentleman wie Peter begegnet. Respektvoll bot er mir seinen Mantel an, als ich wieder meine Arme um meinen leicht zitternden Körper schlang. Ich wollte ablehnen, doch er bestand darauf und half mir in seinen weichen, warmen Mantel hinein, an den ich mich anschmiegte. Geduldig wartete bis ich ihm antwortete.
„Ich wollte nur mal an die frische Luft. Ich konnte nicht schlafen.“, meinte ich sanft und fügte zuckersüß hinzu, „Keine Sorge, mir wird schon nichts passieren.“
Für wenige Sekunden, schien er mir widersprechen zu wollen und machte immer wieder seinen Mund auf, aber brachte dann doch nichts weiter heraus als: „Gut.“
„Und was machst du hier?“, fragte ich ihn neugierig und lehnte mich zu ihm hinüber.
Das erste Mal huschte wieder sein schüchternes, zauberhaftes Lächeln zurück, aber nicht lange, denn sein Blick huschte nervös zur Dunkelheit und zu den Bäumen, die sich im Wind wiegten.
„Ich wollte nach den Pferden schauen und nach euch und euren Begleitern ob ihr noch irgendetwas benötigt.“
Ich war mir sicher, dass es nicht alles war, weshalb er sich aus dem alten Bauernhaus gestohlen hatte. Irgendetwas schien ihn gewaltig zu beunruhigen und die Nacht schien ein Grund für seine Nervosität zu sein.
Ich musste zugeben, dass die Dunkelheit die diesen Ort umgab etwas ungewöhnliches an sich hatte. Manchmal hatte man das Gefühl sie würde sich bewegen, doch das war sicher nur Einbildung.
Ich beschloss Peter nicht nach dem wirklichen Grund zu fragen, denn ich wollte nicht unhöflich sein.
„Die anderen schlafen alle.“, versuchte ich ihn zu beruhigen und konnte nicht anders als noch etwas hinzu zu fügen, „Außer Gerry und Aimee. Die beiden üben fleißig Mund zu Mund Beatmung.“
Peters Blick wurde verwundert. Er schien die Worte über Aimee und Gerry sich noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen.
Ich lief rot an. Wieso konnte ich nicht einfach meine Klappe halten. Ich war richtig peinlich.
„Wieso üben sie Mund zu Mund Beatmung?“, stocherte Peter interessiert nach, als wäre meine Andeutung nicht gut genug gewesen.
Dieser Kerl war vielleicht hübsch, tapfer, charmant und ein Gentleman, aber sein Grips war ihm anscheinend davon gelaufen.
„Ähm,“, ich versuchte mich aus der Lage geschickt zu retten, „Die beiden haben bald ihre Prüfung im erste Hilfe Kurs und sind ständig am üben.“
Für eine Notlüge, war das eine echt gute gewesen. Peter warf mir noch einmal einen verwirrten Blick zu, ließ es dann aber dabei und meinte dann mit fester Stimme: „Ich gehe jetzt zu den Pferden. Wenn ihr meine Hilfe braucht dann ruft einfach nach mir und ich komme.“
„Okay. Danke.“, entgegnete ich und musste mir ein hysterisches Kichern verkneifen.
Ich bestand diesmal darauf, dass er seinen Mantel wieder an sich nahm und er tat es auch. Wahrscheinlich war es ein Fehler von mir gewesen, denn nach dem warmen, kuscheligen Mantel kam mir die Nacht nur noch kälter vor. Er mahnte mich ein Auge auf mich selbst zu haben und verschwand dann in der Dunkelheit mit seiner Taschenlampe in Richtung Stall.
Ich wartete darauf, dass Peter ganz im Stall verschwand und lief dann erst weiter. Es war beruhigend zu wissen, dass Peter in meiner Nähe war und sofort herbei eilen würde, falls mir irgendetwas zustoßen würde, wobei ich mir in dem Moment sicher war, das ich keinen Schutz brauchen würde.
Ich umrundete des Bauernhaus mehrere Male und blieb ruckartig stehen, denn nicht weit entfernt von mir, auf der anderen Seite des Hauses, stand jemand. Ich war aufgeregt, ein bisschen ängstlich, als der dunkle Umriss der Person sich mir nährte, immer schneller wurde und schneller. Ich wollte rufen nach Peter, aber meine Stimme war gezwungen worden ruhig zu sein. Mein Herz schlug wie wild. Das Bauernhaus und der Stall scheinen in einem dicken Stoff aus Finsternis zu verschwinden. Mein Atem ging schnell, meine Augen waren starr auf den Umriss der großen Person vor mir gerichtet die sich wie ein Tier auf mich warf.
Mir rutschte ein leises Wimmern aus meinem Mund, als ich mit Wucht auf den Boden prallte. Ich sah meinem Jäger direkt in die Augen. Seine grau-grünen Augen schienen vor Begierde zu funkeln, sein Mund war zu einem spöttischen Lächeln gemeißelt worden. Sein braun-blondes Haar war kurz und wirr. Er erdrückte mich fast mit seinem Gewicht, denn anstatt Fett, bestand sein Körper aus reiner Muskelmasse. Er war große und stark. Auf seinem Oberarm, denn ich dank seines schwarzen T-shirt das er trug sehen konnte, hatte er ein Tattoo das sich wie eine Schlang mit feinen, zarten, wunderschönen Kringeln um seinen rechten Oberarm wand.
Er hätte Model seien können, denn er schien perfekt. So perfekt, dass es einem Angst einjagen konnte. Aus irgendeinem Grund strahlte er einen innere Finsternis aus die mir Gänsehaut verschaffte.
Seine Hände, mit denen er meine Arme zu Boden drückte brannten auf meiner Haut und ich glaubte das er mir mein Blut abschnürte. Es schmerzte wo er mich berührte. Hilflos sah ich mich um, nach Hilfe, doch das einzige was ich sehen konnte war dichte Finsternis, undurchdringbar.
„Ruhig Kleines, ich tue dir schon nichts!“, schnurrte mein Jäger mit einer tiefen, verführerischen Stimme bei der die meisten Frauen dahin geschmolzen wären wie Schokolade.
Ich versuchte mich zu wehren, als er mir zärtlich über mein Gesicht strich und dabei wie fasziniert meine Haut beobachtete. Sobald ich meinen einen Arm wieder bewegen konnte, drückte er mich tiefer in die Erde und ich wimmerte auf.
„Scht, keine Angst Hübsches. Du bist bei mir sicher.“
So wie er es sagte, so überzeugend von sich selbst und zärtlich als wäre ich seine Geliebte oder sein Mittagessen, bekam ich mehr Angst vor ihm als vor der erdrückenden Finsternis. Dieser Kerl war krank, fast doppelt so alt wie ich.
Ich wollte mich noch einmal wehren, doch in diesem Moment wurde die Finsternis von einem Knall durch brachen und Flammen die nicht weit entfernt in die Luft flogen. Ich hörte Schreie, ich sah Flammen. Ich hörte das Wirren der Pferde. Der Stall brannte und ich konnte nicht helfen. Ich schrie, ohne es zu bemerken. Hilflos strampelte ich gegen meinen Jäger an.
Gesichter kamen in meinem Kopf hoch. Ich konnte mir nicht aufhören vorzustellen wie es jetzt Aimee ging und ob sie unter denen waren die aus Schmerzen brüllten.
--Amiee--
Ruckartig riss ich mich aus Gerrys Armen und fuhr erschrocken herum. Bis vor einer Minute war alles noch perfekt gewesen. Ich hatte in Gerrys starken Armen gelegen und die Ruhe genossen, doch dann war die Welt um uns herum explodiert—mal wieder. Eigentlich war es stockdunkel im Stall doch irgendjemand schien ihn in Brand gesetzt zu haben, denn riesige feuerrote Flammen fraßen sich knackend durch den Stall und erleuchteten alles taghell. Sofort war der ganze Stall von Rauch durchtränkt, das Feuer breitete sich rasend schnell heraus, was ich bemerkte als das Stroh Feuer fing auf dem wir geschlafen hatten und der Rauch heftig anschwoll. Ich sah Gerry entsetzt in die Augen.
,, Wir müssen hier raus—sofort!“
Er nickte dann nahm er meine Hand und zog mich zur Leiter, die zum Glück noch nicht brannte. Ich konnte nicht mehr klar denken, spürte nur noch die nackte Angst. Das Knistern und die Wärme des Feuers sowie den Rauch um mich herum nahm ich kaum wahr. Ich konzentrierte mich nur auf das Wichtigste: Auf das Überleben. Als unten ein alter brennender Balken krachend zu Boden fiel und ein zu Tode erschrockenes Wiehern ertöhnte, hauchte ich:
,, Die Pferde!“
Gerry sah mich verständnislos an.
,, Was?“
,, Die Pferde wir…wir müssen sie hier rausholen sonst sterben sie!“
Der Junge, in den ich mich in so kurzer Zeit verliebt hatte, zog mich nah an sich.
,, Amiee, erst einmal müssen wir heraus. Um die Pferde kümmern wir uns später!“
,,, Aber…sie werden sterben und der Bauer! Was wird er dazu sagen?!“
Der Bauer…..Ein Schmerz durchzuckte meinen Körper als ich an den alten, freundlichen Bauer dachte. Er hatte uns so nett aufgenommen und jetzt würde er womöglich mit dem Leben dafür bezahlen.
Inzwischen waren auch Heather und Tony hellwach und rannten kreischend umher. Tony versuchte verzweifelt die Flammen mit ihrer Schlafdecke zu ersticken, doch diese fing sofort Feuer. Schreiend warf sie sie zischend weg in die Flammen. Ihre großen runden Augen waren geweitet und starr vor Schreck.
,, Wir müssen sofort hier raus! Und wir müssen die Pferde mitnehmen…“
,, Was habt ihr alle mit den Pferden verdammt!“, schrie Gerry, er war kurz vorm Nervenzusammenbruch.
Was ja auch verständlich war. Der Rauch nahm mir inzwischen die Sicht und das Feuer kam immer näher, langsam wie eine tödliche Schlange die nur darauf wartete zuzuschlagen.
,, Mit den Pferden können wir schnell fliehen!“, unterbrach Tony knurrend.
Das leuchtete auch Gerry ein.
,, Na gut, dann nichts wie raus hier!“, schrie er unter dem Gebell des Hundes vom Bauern, der panisch hin und herlief und zwar zwischen unseren Beinen. Mit der Schnauze drängte er uns immer näher zur Leiter, einen bittenden Blick in den Augen. Der Hund hatte Recht. Uns lief die Zeit davon.
Doch bevor ich zur Leiter stürzen konnte, um mich auf den Weg an die lebensrettende Luft zu machen ertöhnte ein markerschütternder, spitzer Schrei. Geschockt fuhr ich herum und erblickte Heather. Eins dieser tödlichen Schattenwesen hatte sie gepackt und hielt sie gierig hoch, die knochige, uralte, schwarze Hand drückte ihr langsam die Kehle zu. Heather röchelte, die Angst hatte sich in ihren Augen breit gemacht. Todesangst.
,, Hilfe…hilfe bitte!“, hauchte sie so leise das es inmitten des knisternden Feuers kaum zu hören war.
,, Lass sie gehen!“, schrie Gerry, die Fäuste erhoben.
Panisch sah ich ihn an. Als ob das etwas nützen würde! Das Schattenwesen stieß einen spöttischen, heiseren Laut aus, was entfernt nach einem Lachen klang. Dann, als wollte es Gerry provozieren bohrte es seine langen Fingernägel in Heathers Hals. Diese röchelte und stieß einen so lauten und so markerschütternden Schmerzensschrei hervor, sodass mir richtig übel wurde. Keine Sekunde später spritzte Blut hervor und sickerte langsam an ihrem Hals herunter und tropfte zischend auf das brennende Stroh.
,, Was sollen wir tun? Wir können es nicht mit diesem Ding aufnehmen! Es wird sie und uns töten…“, hauchte ich und musste sofort daran denken wie mich diese Wesen schon einmal getötet hatte.
Der Gedanke als es gierig mein Blut geleckt und mich sowohl innerlich als auch äußerlich zerissen hatte jagte mir einen Schauder über den Rücken. Marry hatte mir damals das Leben gerettet. Ich sah Marry in die Augen, sie stand einige Schritte entfernt und schob sich vorsichtig zu uns, Angst im Gesicht aber trotzdem funkelte sie das Wesen wütend an. Marry hatte ihre Leben verschwendet, es hatte nichts genützt. Die Wesen hatten wir einmal durch Glück abschütteln können aber nicht mehr. Sie wollten uns unbedingt tot sehen. Und nichts, rein gar nichts konnte sie daran hindern ihr Ziel zu erreichen. So standen wir da, inmitten der brennenden Scheune und warteten darauf was passieren würde. Das Wesen hielt Heather immernoch fest, doch es machte keine Anstalten sie zu töten. Es sah uns erwartungsvoll an, wartete darauf das einer von uns eingreifen würde. Das wir versuchen würden Heather zu retten. Falls wir das versuchen würden würde uns das Wesen ohne mit der Wimper zu zucken umbringen. Meine Miene verhärtete sich und Wut kochte in mir hoch. Diese körperlose Wesen, nur bestehend aus schwarzen Fetzen war gerissig und unglaublich grausam. Ich spielte mit dem Gedanken einfach die Leiter herunterzuklettern und zu fliehen und Heather alleine zu lassen. Ich mochte sie nicht sonderlich, wollte jedoch auch nicht das ihr etwas passierte. Doch jetzt war alles anders. Jetzt zählte nur das mir nichts passierte, das ich überlebte. Und Gerry natürlich. Ich blickte Gerry von der Seite an. Er wirkte unglaublich wütend, aber in seinen Augen sah ich Verzweiflung und ein dickes Fragezeichen. Keiner wusste, was wir tun sollten. Ruhig standen wir da, bewegten uns nicht. Keiner achtete auf das Feuer, das nach und nach die Scheune zerfraß, keiner beachtete das Wiehern der Pferde und das Schlagen ihrer Hufe, als sie in ihrer Verzweiflung um zu entkommen die Boxentüren einschlugen. Und keiner achtete auf Rufus, der wild bellend um uns herum sprang und uns mit aller Kraft mit seiner Schnauze zur Leiter drückte. Da auf einmal hörte ich wie unten Boxentüren geöffnet wurden und eine Stimme ruhig die völlig verschreckten Pferde beruhigte. Keine Sekunde später kam eine Person die Leiter hochgeklettert. Es war—Peter. Er hatte eine Mistgabel in der Hand und wirkte völlig erschrocken.
,, Leute der Stall brennt! Nehmt die Pferde und nichts wie raus hier!“, schrie uns Peter zu.
Er sah uns an als hätten wir den Verstand verloren, mitten im brennenden Stall zu stehen.
,, Wir könne nicht Peter! Dieses Wesen hat Heather und wird auch uns nicht gehen lassen!“, erwiderte Mary bissig und deutet auf Heather die unaufhörlich aber leise nach Hilfe flehte. Als Peter das Wesen und Heather erblickte weiteten sich vor Schreck.
,,Allmächtiger!“, brachte er schließlich hervor.
Das Wesen schien verwirrt grinste jedoch als es Peter erblickte, dem die Angst ins Gesicht geschrieben stand. Doch Peter besaß Mut, das bewies er jetzt.
,, Ich weiß nicht was los ist und was das da ist..“
Er zeigte zögernd auf das Wesen.
,, Aber ihr müsst hier raus! Nehmt die Pferde und reitet weg so schnell ihr könnt! Nehmt die Pferde sie gehören euch! Ich bleibe hier und versuche eure Freundin zu befreien!“
Er zückte die Mistgabel und hielt sie drohend dem Wesen entgegen.
,, Was?“, hauchte ich.
,, Geht!“, rief Peter
,, Ich schaff das schon!“
,,Aber…“
,, Bringt euch in Sicherheit!“; schrie Peter, als auf einmal eine große Flamme direkt neben uns entfachte.
Entsetzt wichen wir zurück und hätte mich Gerry nicht festgehalten, wäre ich gefallen.
,, Komm!“,rief er und zog mich hastig die Leiter runter.
,, Aber Peter und Heather…“, begann ich.
Gerry und die anderen gingen nicht darauf ein. Kaum unten angekommen stiegen wir auf die Pferde. Schnell schwang ich mich auf den ungesattelten Rücken eines pechschwarzen Hengstes mit einem weißen Fleck auf der Stirn. Wir wollten gerade losreiten, als mir auf einmal auffiel das auf 2 der Pferden niemand saß. Heathers Pferd war ohne Reiter ebenso wie ein weiß-schwarzer Pinto. Aber wer fehlte? Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen:
,, Oh mein Gott Kate!“
Erschrocken sah ich mich um, hatte Todesangst. Wo war sie? Wo war meine beste Freundin?
,, Amiee? Amiee komm wir müssen los!“, erinnerte mich Gerry.
,, Aber Kate..“; begann ich.
Das hörte mein Freund jedoch nicht, da in dem Moment ein brennender kleiner Balken direkt vor unsere Füße fiel und mächtig Staub aufwirbelte. Eine kleine Stichflamme zuckte an unseren Pferden vorbei die erschrocken stiegen. Verzweifelt klammerte ich mich an der Mähne fest und konnte mich gerade noch auf dem Pferd halten. Alle wirkten erschrocken nur Gerry starrte gerade zu fasziniert in die Flammen.
,, Aber natürlich—das ist es! Eine Staubexplosion!“
,, WAS?“, riefen alle.
Gerry sah auf.
,, Sobald ich los sage galoppiert ihr los so schnell ihr könnt. Ich werde die Scheune mithilfe einer Staubexplosion in die Luft jagen! Dadurch werden wir das Schattenwesen töten—und die restlichen!“
Alle drehten sich um. Erst jetzt bemerkte ich 4 weitere Schattenwesen die langsam auf uns zu schwebten.
,, Und wie willst du das anstellen?“, wollte Marry wissen.
,, Zufällig einen Ventilator dabei?“
Gerry ignorierte diese sarkastische Bemerkung und sah sie fest an.
,, Heute Nacht habe ich es bemerkt. Meine Gabe ist das Element Luft. Es spiegelt meine Gefühle wieder. Ich muss mich nur konzentrieren!“
Tony riss die Augen auf und Mary schüttelte ungläubig den Kopf.
,,Aber das geht nicht, das…“
,, Das gibt es nicht genauso wenig wie Schattenwesen und 7 Leben! Gerry mach wir hören auf dein Kommando!“, ergänzte Tony Marrys Satz und nickte Gerry zu.
Dieser nickte ebenfalls dann starrte er auf das Stroh das überall herum lag. Ich spürte einen Wind aufkommen, der immer heftiger würde. Einige Sekunden war es totenstill, dann schrie Gerry:
,, JETZT!“
Sofort trat ich mein Pferd so heftig in die Seiten das es wiehernd einen Riesensatz nach vorne durchs Tor hinaus machte. Und das keine Sekunde zu früh, den in diesem Moment gab es einen riesigen Knall und die Scheune hinter uns explodierte. Stroh, brennendes Holz flog an mir vorbei und landete neben mir auf dem Weg. Doch davon lies ich mich nicht beirren und galoppierte mit den anderen los. Mein Pferd achtete auf nichts was um es herum geschah. Die Angst in den schwarzen Augne wollte es nur von hier weg genau wie ich. Jedoch fiel mir wieder ein, was mir Sorgen machte, als der schwarze-weiße Pinto neben mir auftauchte. Kate war weg und Peter und Heather sicher tot. Gerry hatte nicht nur die Schattenwesen bei dieser Staubexplosion getötet sondern auch die beiden.
,, Lebt wohl…“
Mehr konnte ich nicht denken. Nicht einmal weinen konnte ich oder richtig um sie trauern, ich musste hier weg. Da bemerkte ich direkt vor mir 2 Menschen. Ein großer Mann drückte jemanden gewaltsam zu Boden—es war Kate.
,, Kate!“; schrie ich und beschleunigte mit meinem Pferd, ritt direkt auf die beiden zu.
Wut stieg in mir hoch. Wer wagte es meine Freundin festzuhalten?! Ich hielt meinen Hengst nicht an, er bremste ganz von allein heftig und kam schliddernd wenige Zentimeter vor den Beiden zum stehen. Ich hingegen fiel vom Sattel und landete hart auf dem Hintern. Ich verzog das Gesicht, au mein Steißbein! Doch dann erinnerte ich mich wieder was passiert war und Wut stieg in mir hoch. Wütend baute ich mich vor dem Mann auf.
,, Amiee geh weg!“, keuchte Kate.
Doch ich beachtete sie gar nicht.
,, Lassen. Sie.Meine.Fruendin.Los. Sofort.“
Tonlos funkelte ich den alten eigentlich attraktiven Mann an. Sein Grinsen das er auf den dünnen Lippen trug lies ihn gehässig und böse wirken außerdem sah er alt aus er musste mindestens 40 sein.
,, Sonst was? Pass auf was du sagst Mädchen!“
Er zückte ein Pistole und Kate keuchte auf aber ich zuckte nicht einmal mit der Wimper.
,, Sie unterschätzen mich!“, erwiderte ich und lächelte mild.
Dann konzentrierte ich mich und lenkte all meine Wut auf den Mann. Keine Sekunde später keuchte er und sah sich wild um. Es hatte geklappt. Ich hatte ihm die Sicht genommen. Der Mann lies Kate los und wischte sich verzweifelt über die Augen. Immer wieder rief er: ,, Ich bin blind! Ich kann nichts Sehen!“ Die Chance nutzte ich, packte Kate, zog sie hoch und mit auf mein Pferd. Dann galoppierte ich los, den anderen hinterher die etwas weiter vorne waren, sie hatten uns gar nicht gesehen.
,,Was machst du nur für Sachen Kate ich hatte wahnsinnige Angst um dich! Ich bring dich um!“, scholt ich sie wütend.
,,Das musst du vielleicht nicht, die werden es vor dir tun!“, meinte meine Freundin da tonlos und deutete nach hinten. Ich griff noch fester in die Mähne des Pferdes und dankte still meinen Eltenr für 8 Jahre Reitunterricht, als ich 4 Schattenwesen und einen wütenden Mann mit schwarzen Haaren auf einem Motorrad erblickte.
,, Scheiße!“; murmelte ich.
Da passierte alles gelichzeitig. Die Wesen stürzten nach vorne auf die anderen und der Motrorradfahrer fuhr ganz dicht an mein Pferd, das scheute und stieg. Ich konnte mich nicht mehr halten und wurde samt Kate ins Gras geschleudert. Verwirrt rieb ich mir den schmerzenden Po und wollte gerade aufstehen als mich der Mann am Hals packte und hochzog. Ich keuchte auf als er mich wütend anfunkelte.
,, So du und deine Freunde haben uns also so viele Probleme gemacht! Ihr hattet wohl gedacht ihr könnt fliehen? Tja falsch gedacht!“
Ich versuchte verzweifelt zu atmen und sah mich erschrocken um. Die Schattenwesen hatten meine Freunde gepackt! Die Lage war aussichtslos. Jetzt würden wir also doch sterben.
,,Auf wiedersehen!“, meinte der Mann gehässig und hielt mir eine Knarre an den Kopf.
Ich schloss die Augen und bereitete mich auf meinen Tod vor. Da auf einmal ertöhnte ein Schuss und mein Hals war befreit. Schnell öffnete ich die Augen und sah wie der Mann die Augen aufriss und röchelnd zu Boden fiel dann war er tot. Aus einer Schusswunde an seinem Hinterkopf schoss Blut. Mein Blick schweifte umher. Die Schattenwesen hielten inne und starrten auf einen großen Baum. Auf einem großen dicken Ast stand ein Mädchen mit minzfarbenem Haar. Eine Pistole in der Hand sprang sie zielsicher wie eine Raubkatze zu Boden. Flüchtig sah ich ihre Augen. Rechts ein blaues, das eiskalt und glitzernd in meine Richtung starrte, rechts ein blicklose rotes. Ich erschauderte. Darauf war sie blind. Dann landete sie zielsicher und elegant auf den Füßen und eine dicke Strähne ihres Haares verdeckte ihr rotes Auge wieder. So stand sie da. Sie trug eine blutverschmierte Jacke und einen Rock, nun ja er war ihr mal bis an die Knie gegangen jetzt jedoch war es ein Minirock da sie sich etwas davon abgerissen hatte um ihre Wunde am rechten Arm zu verbinden. Auch an den Beinen hatte sie unzählige Schnittwunden und ihre Beine waren ziemlich schmutzig.
,, Sie muss das Busunglück auch überlebt haben!“, dachte ich.
,, Sie hat mir das Leben gerettet!“
Doch ob sie wirklich eine Gute war, da war ich mir plötzlich nicht mehr so sicher. Denn in dem Moment sah ich ihr Gesicht. Ihre Auge blitzte, sie hatte ein wahnsinniges Grinsen im Gesicht und unter ihrem Pony lief ein Rinnsal rotes Blut über ihre Wange und tropfte zu Boden. Sie sah sich um, dann lud sie das Maschinengewehr—wo zum Teufel hatte sie das her?!—in ihrer rechten Hand nach und meinte:
,,Strike!“
Ihre Stimme hatte etwas rauchiges und unheimliches sarkastisch, klang jedoch gleichzeitig unglaublich sanft. Und genau das lies mir das Blut in den Adern gefrieren. Nicht nur ich hatte Angst. Auch die Schattenwesen qikten auf, dann liesen sie meine Freunde los und suchten das Weite.
Texte: figuren und inhalt (C) allein bei rikki98 und theage.
Bildmaterialien: (c) vom cover allein bei rikki98. wer kopiert kriegt ärger!
Tag der Veröffentlichung: 30.11.2012
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