Ich wurde wach, als erste Wassertropfen sacht auf mein Gesicht nieselten. Leicht benommen schlug ich die Augen auf und fand mich mitten auf einer Lichtung im Wald wieder. Ich lag im Gras und war wohl eingeschlafen.
Die Tropfen wurden immer dicker und ich stand auf und flüchtete mich unter die schützenden Äste einer großen, alten Tanne. Dort wollte ich den Schauer abwarten und überlegen, wie ich in diesem Wald gelandet war.
Der Regen prasselte immer heftiger auf die Erde nieder, als ich ein: ¨Da hat dich der Sommerregen aber eiskalt erwischt.¨ hörte. In dem Moment kam auch schon ein Mädchen mit blonden Zöpfen und einer roten Haube um die Ecke. Es hatte einen Weidenkorb dabei, der prall gefüllt schien. Ich starrte dieses Mädchen, das eine fatale Ähnlichkeit mit Rotkäppchen hatte, entgeistert an. Sie jedoch lächelte mich freundlich an und meinte: ¨Bin gerade auf dem Weg zu meiner Großmutter. Komm, ich liefere dich bei Harry ab. Der hat sicher ein Tränklein gegen Erkältung für dich.¨
¨Bei Harry?¨, fragte ich entgeistert.
¨Ja.¨, meint sie. ¨Harry Potter, er lebt hier ganz in der Nähe. Die haben da ein übelst seltsames Zelt aufgeschlagen. Wenn man da rein kommt, ist es viel geräumiger, als es von außen aussieht.¨
Ich kam nicht mehr dazu noch etwas zu sagen, denn Rotkäppchen war auch schon wieder weiter gelaufen. Ich stolperte ihr über Wurzeln und ein Bett aus Nadeln hinterher. So lang, bis zwischen den Bäumen ein Zelt auftauchte. Wir steuerten darauf zu, läuteten eine Glocke, die davor hing und gingen einfach rein.
Es war, wie Rotkäppchen es gesagt hatte. Von außen sah es aus wie ein normales Zelt für zwei Mann. Im Inneren aber war es eine Villa, ausgestattet mit allen Schikanen, die man sich nur vorstellen konnte.
¨Harry wird in seinem Labor sein¨, meinte Rotkäppchen und steuerte auf eine rote Tür zu. Doch bevor wir dort angekommen waren, ging diese auch schon auf und Harry kam heraus.
¨Hallo Rotkäppchen! Wieder auf dem Weg zur Großmutter?¨
Rotkäppchen lief leicht rot an und wurde verlegen. ¨Ja, manchmal glaube ich, sie macht absichtlich einen auf krank, damit ich oft zu ihr komme. Aber ich habe die hier gefunden, im Wald bei der Lichtung.¨ Sie deutete auf mich. ¨Scheint so, als hätte sie nicht mehr alle Latten am Zaun...¨
Harry lachte. ¨Dann bestelle der Großmutter mal einen Gruß von mir. Ich werde ihr mal ein Kräftigungstränklein brauen.¨
Rotkäppchen ging und lies mich mit diesem Harry allein.
¨Nun zu dir.¨ Er sah an mir herunter und dann wieder rauf. ¨Zunächst mal sollten wir dich trocknen, dann bekommst du ein Tränklein gegen Erkältung und dann sehen wir weiter.¨ Er schob mich also in sein Labor, zauberte mich trocken und reichte mir dann ein Reagenzglas mit einer seltsamen pinken Flüssigkeit, die ich trinken sollte.
¨Harry! Harry!¨ Ein Mädchen kam ins Labor gestürmt und fiel Harry um den Hals. ¨Gott sei dank bist zu Hause. Dem Prinzen geht es nicht gut! Wir sind doch noch mitten in der Zeit, in der er seine Braut auswählt.¨
¨America, bleib ruhig. Was hat er denn?¨
America? America Singer? - Ich glaubte langsam selber, ich hätte nicht mehr alle Latten am Zaun. Das konnte doch alles nicht wahr sein.
Harry und America unterhielten sich lang, während Harry sich an den vielen Fläschchen, Döschen und Behältern auf dem Regal über dem Bunsenbrenner zu schaffen machte. Als sie fertig waren, füllte er ein lila Trank in ein Fläschchen ab und überreichte es America.
¨Was bin ich dir schuldig?¨, fragte sie.
¨Du nimmst mir dieses Mädchen hier ab und siehst zu, dass du was aus ihr raus bekommst. Die hockt hier rum, klammert sich an dem Reagenzglas fest und spricht kein Ton. Rotkäppchen meinte schon, dass sie wohl nicht mehr alle Lauten am Zaun hat.
Ehe ich mich noch recht versehe, befinde ich mich mit Lady Ameria auf dem Weg durch den Wald. Dieses Mal allerdings auf den schon ausgetretenen Wegen. America hat nur einen einzigen Satz zu mir gesagt: ¨Wenn du glaubst, du kannst dich an meinen Prinzen ran machen, dann hast du dich geschnitten. Ich werde dich dem Zauberer Ebenzum übergeben. Soll der doch sehen, was er mit dir macht¨
Ich habe dazu nichts gesagt, sondern bin einfach nur hinter ihr her gelaufen, um dann ein prächtiges Schloss zu betreten und da direkt in den Keller geführt zu werden, wo ich mal wieder in einem Labor lande. Hier hantiert ein recht klein geratener Kerl mit Gläsern und Fläschchen rum und murmelt dabei mit sich selber.
America schuppt mich rüde auf einen Hocker. Dann spricht sie den Magier an: ¨Hey Ebenzum! Die hier hat mir Harry mit gegeben. Sieh mal zu, dass du sie aus dem Weg räumst. Der Prinz ist mir!¨
Damit ist sie auch schon verschwunden und der kleine Mann dreht sich zu mir um. ¨Die Mädchen sehen das alle so verbissen. Jedes Mal, wenn ein Prinz eine Frau sucht, wird hier so ein Aufriss gemacht. Aber erzähl mal lieber wo du her kommst?¨
¨Keine Ahnung. Ich bin plötzlich auf dieser Lichtung wach geworden und hatte ab dann keine Ahnung mehr, was los ist...¨
Ebenzum lächelt spöttisch. ¨Oh je, die Lady hatte wohl doch recht. Du hast nicht mehr alle Latten am Zaun. Ich werde dich einfach weg zaubern. Der Lady ging es nur darum, dass du ihr den Prinzen nicht streitig machst und ich habe keine Zeit Babysitter zu spielen.¨ Mit diesen Worten fängt er an, mit seinen Armen durch die Luft zu fuchteln und dabei seltsame Laute von sich zu gehen. Es war wohl ein Zauberspruch, denn ich finde mich wieder mitten im Wald auf einem Baumstumpf sitzend wieder.
Ein Lichtstrahl fliegt zwischen den Bäumen herum. Im Zickzack, scheinbar ohne ein Ziel, saust er vor und zurück und hin und her. Dann hält er inne und materialisiert sich zu einem jungen Mann. Alle Achtung, zu einem äußerst attraktiven jungen Mann. Sein Sixpack ist wirklich perfekt ausgebildet und die Jeans sitzt perfekt und formt aus seinem Arsch einen Knackhintern.
¨Wer bist du denn?¨ spricht er mich an.
Ich lächle verlegen. ¨Die Frage ist viel mehr, wer du bist.¨, erwidere ich.
„Ich bin Daemon. Und hast jetzt hoffentlich nicht gesehen, dass ich eigentlich ein Lichtwesen bin. Quasie nicht von dieser Welt.¨
Mir fällt die Kinnlade herunter. Sollte das der Daemon sein aus den Romanen von Jennifer L. Armentrout? Ich zweifle mehr und mehr an meinem Verstand. Wieso begegne ich denn plötzlich lauter Wesen aus Büchern, die ich mal gelesen habe?
Daemon beäugt mich argwöhnisch. ¨Du musst weg. Wenn du mein Geheimnis auch nur einer Menschenseele erzählst, bin ich weg vom Fenster. Und dazu ist das Leben echt zu schade...¨ Mit diesen Worten greift er sich ans Kinn, massiert einen Bart der nicht da ist und scheint zu überlegen, was er mit mir machen soll.
Er streckt mir die Hand entgegen. ¨Los hoch mit dir! Ich bring dich zum Käpt`n. Der wird schon wissen, was er mit dir anstellt. Im Geschichten erfinden ist er ja spitze.¨
Wie in Trance greife ich nach seiner Hand und schon scheine ich unvorstellbar schnell zu rennen. Die Welt um mich herum nehme ich nur noch als lange verschiedenfarbige Striche war. Und als ich dann alles wieder scharf sehe, stehe ich vor einem riesigen Segelschiff.
¨Hallo Daemon¨, ruft eine mir nur all zu bekannte Stimme. Sollte das tatsächlich Käpt`n Blaubär sein? Und als der an die Reling tritt, ist er es wirklich.
¨Tag Käpt`n. Die hier war im Wald, als ich meine wahre Gestalt hatte. Sie muss zum Schweigen gebracht werden. Kannst ihr nicht eine deiner Geschichten eintrichtern?¨
Der Käpt`n kommt die Gangway herunter. Er nimmt meine Hand und ich stelle fest, dass mir der Bär gerade mal bis zur Hüfte reicht.
¨Das arme Kind ist ja vollkommen verstört. Daeomon, du bist doch nicht etwas mit ihr in deiner Geschwindigkeit gerannt?¨
Daemon sieht betreten zu Boden. ¨Is doch egal. Mach was mit ihr. Ich hab keinen Bock drauf, dass alles raus kommt.¨ Und schon ist er weg.
Der Käpt`n nimmt mich mit in sein Boot. Er führt mich in die Kajüte, wo er mir einen widerlich stinkenden Tee kocht. Ich bin zu höflich etwas zu sagen und trinke brav und artig eine Tasse nach der anderen. In der Zeit kaut mir der Bär ein Ohr ab und erzählt mir Seemansgarn, wie es hanebüchener nicht sein kann.
Als ich müde werde, zeigt er mir eine Kohje, in die ich auch gleich sinke. Kaum liege ich bequem, labert der Bär auch schon weiter. Irgendwann höre ich ihn aber nicht mehr und nehme sein Gerede nur noch als unstimmiges Gemurmel wahr.
Ich wache auf, als feiner Regen mein Gesicht benetzt. - Nein, kein Regen. Mein Bruder steht mit der Blumenspritzflasche neben der Hollywoodschaukel und sprüht mein Gesicht ein.
¨Kleine Abkühlung gefällig?¨, fragt er frech.
Resigniert setzte ich mich auf, wobei mein EBook-Reader runter fällt.
Das war ein Traum, den muss ich kein zweites mal haben. Vielleicht sollte ich mal überlegen, mir ein andere Leidenschaft als Lesen zu suchen.
Rotkäppchen
Hauptfigur des gleichnamigen Märchens der Brüder Grimm
Harry Potter
Bekannt aus der siebenteiligen Buchreihe von und mit dem Zauberlehrling Harry Potter von J. K. Rohling.
America Singer
Hauptfigur der Selection-Trilogie von Kierra Cass.
Daeomon
Einer der Protagonisten der Obsidian-Trilogie von Jennifer L. Arementrout.
Der Käpt`n
Auch bekannt als Käpt`n Blaubär aus der Sendung mit der Maus. Bücher von Walter Mörs waren zum Beispiel ¨Die 13 1/2 Leben des Käpt`n Blaubär¨ oder ¨Die Stadt der träumenden Bücher¨
Texte: Rika Wächter
Bildmaterialien: Rika Wächter und pixabay
Lektorat: Rika Wächter
Tag der Veröffentlichung: 11.03.2015
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