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... von hinten ...

Ein Kirchenportal, groß und geschwungen verziert steht es erhaben vor mir. Wie aus dem Nichts ist es vor mir aufgetaucht. Dabei bin ich doch gar kein regelmäßiger Kirchgänger....

Na gut, wenn ich nun schon mal hier bin, kann ich auch rein gehen. Gerade die katholischen Kirchen sind von innen immer so gigantomanisch ausgeschmückt. Allein der Anblick einer großen Orgel lässt mir immer das Blut in den Adern gefrieren.

Als ich nun die Klinke des Portals herunterdrücken will, erlebe ich eine herbe Enttäuschen. Es ist verschlossen.

Ich will mich zum Gehen wenden, muss aber feststellen, dass um mich herum nichts weiter als ein blendendes, aber doch leeres weiß ist. Nicht etwa Schäfchenwolken oder so etwas. Es ist einfach alles weiß. Nur weiß!

Vom Inneren der Kirche ertönt der Klang der Orgel. Ich halte inne. „Ave Maria“ wird gespielt.

Im nächsten Moment schwingt das Portal von allein auf. Fast so, als wäre man jetzt bereit, Besuch zu empfangen...

Erst als die Flügel ganz offen sind, mache ich vorsichtige Schritte ins Innere. Aber noch hinter der letzten Bankreihe bleibe ich stehen, schließe die Augen und lausche der Musik. - Diese verklingt aber irgendwann. Erst da öffne ich meine Augen und schaue mich um:

Ein paar schick gekleidete Leute sitzen in den ersten Bankreihen. Sie wirken steif. Ihre Mienen kann ich nicht erkennen, da ich alles nur von hinten sehe.

Ein Pfarrer, dessen Gesicht aber seltsam verschwommen auf mich wirkt, steht vor einem Brautpaar. Ich denke zumindest, dass es sich um ein Brautpaar handelt. An der Kleidung kann man es nicht eindeutig erkennen. Sie ist mit einem hellen Hosenanzug bekleidet. Nicht einmal Blumen hat sie in der Hand. Er trägt eine schwarze Jeanshose und dazu ein rotes Hemd.

Mein Blick schweift ab: Es handelt sich auch nicht um eine katholische Kirche. Das Portal ließ eine große Kirche, ja fast einen Dom, erahnen. Doch nun stehe ich in einer schlichten kleinen Dorfkirche. Sie ist recht ungepflegt, denn Staub ist überall. Die Weben hängen dick und dunkel an den Pfeifen der Orgel.

Der Altar ist schlicht. Ganz aus Holz, dilettantisch mit etwas Farbe gestaltet. Die Kerzen sind nur noch Stummel und drohen teilweise bereits zu erlöschen. Sie haben nichts mehr von den großen weißen Altarkerzen.

An den Bankreihen befindet sich keinerlei Schmuck, der eine Hochzeit erkennen lässt. Und bei genauerer Betrachtung erkenne ich die Fraßspuren vom Holzwurm in der Lehne letzten Bankreihe. - Bei diesem Anblick wundert es mich gar nicht, dass so manche Kirchengemeinde ein Nachwuchsproblem hat...

Der Pfarrer, falls er denn überhaupt einer ist, scheint seine Rede beendet zu haben. Er wendet sich zum Altar. Dort legt er sein Buch ab, welches er bisher gehalten hat, und nimmt etwas anderes auf. ER dreht sich wieder dem Brautpaar zu und reicht erst ihr etwas kleines, dann ihm. - Ah, das Paar steckt sich die Ringe an.

Vielleicht kann ich sie ja erkennen … - Nein, sie haben sich nicht weit genug gedreht. - Aber welcher Pfarrer drückt denn dem Brautpaar die Ringe so ohne jedes Zeremoniell in die Hand? Das geht durchaus auch feierlicher....

Dann kommt der Kuss. Auch hier stehen sie in einem Winkel zu mir, der es mir unmöglich macht, ihre Gesichter zu erkennen.

Die Leute in den Bänken verhalten sich sehr seltsam. Sie verharren in ihren Positionen wie zu Salzsäulen erstarrt. Nicht einer verändert seine Sitzposition um besser sehen zu können oder zückt gar ein Taschentuch, um sich eine Rührungsträne aus den Aug zu tupfen. Keiner klatscht oder hebt die Hände vor Freude. Alle bleiben sitzen, als ginge sie das Geschehen nichts an.

Dann setzt sich die Orgel wieder ein. „Solveigs Lied“, auch ein schönes Stück, aber für eine Hochzeit? - Ich weiß nicht....

Ah, das Brautpaar schient die Kirche verlassen zu wollen. Sie drehen sich langsam um. Gleich kann ich endlich ihre Gesichter sehen. Aber da blendet mich ein sehr helles Licht. Wie eine Korona umstrahlt es das Paar und nimmt mir die Sicht. Dann setzt ein Ton ein, schrill und in immer gleichen Abständen quält er meine Ohren.

Das Bild, welches ich eben noch vor Augen hatte, verblasst und weicht der Wirklichkeit. Ich starre auf die ewig langweilige Holzpaneel an der der Schlafzimmerdecke.

Ein einzige Handbewegung genügt, um den nervigen Ton des Weckers abzustellen. - Nicht schon wieder der Traum dieser verschrobenen Hochzeit! Langsam wir der Langweilig.

Impressum

Texte: Rika Wächter
Bildmaterialien: Rika Wächter
Lektorat: keins
Tag der Veröffentlichung: 13.11.2013

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