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Langsam gingen sie dem Sonnenuntergang entgegen.
Nur wenige Wolken strichen noch sanft die letzten hellblauen Streifen des Himmels.
Es war ein warmer Sommer, aber abends sehr angenehm. Leicht fegte der Wind über die Straße und wiegte ihre Haare auf und ab.
Er stand nur wenige Meter hinter ihr, während sie die leere Straße entlang schlendert, die außer Gras und vereinzelten Bäumen auf den Feldern nichts umgab. Das Dorf der beiden war einige Kilometer entfernt im Tal hinter dem Hügel.
Als würde sie einer unsichtbaren Linie folgen, ließ sie ihre Beine hoch schwingen und dann wieder langsam herabgleiten.
Dann blieb sie stehen.
Sie sah genau in die blassrosa-roten und violetten Farben der sinkenden Sonne.
Sie atmete tief ein und streckte ihre Arme.
Sie ließ sie zur Seite gleiten und stoppte auf Höhe ihrer Schultern.
Sie kicherte leise.
„Wenn ich jetzt losfliegen würde…“, sagte sie fröhlich.
Sie wand sich zu ihm um.
„…würdest du mir dann folgen?“
Sie grinste ihn breit an, während sich ihre Arme hinter ihrem Rücken trafen und sich ihre Finger miteinander verschlungen.
Er sah sie nur an. Wusste nicht, was er sagen sollte, was er denken sollte.
Ließ nur seine Augen auf ihr ruhen und prägte sich jedes Detail ein, so, als würde sie wirklich jede Sekunde verschwinden, sich in Luft auflösen.
Dann sah er überrascht in ihr Gesicht.
Ihr zuvor fröhlicher Blick war nun gequälter, auch wenn immer noch ein Lächeln auf ihren Lippen ruhte.
Er wandte sich ab, konnte diesen Anblick nicht ertragen.
Die Sonne blitzte und als er wieder zurückblickte,
war sie verschwunden.
Eine stille Träne glitt seine kühle Wange hinab.
Fort.
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Seltsam.
Manchmal ist es wirklich seltsam.
Dieses merkwürdige Gefühl.
Was will es mir sagen?
Ich weiß nur, dass ich immer unsicherer werde, je stärker dieses Gefühl wird.
Angst, die mich innerlich auffrisst und nicht loslässt, bis ich alles von mir gestoßen habe, was ihr Anlass gibt zu existieren.
Warum kann ich in genau solchen Momenten nicht sein, wie andere und einfach „Ja“ sagen.
Und „Driiiiing“. Schon wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, als alle das Zimmer stürmisch verließen. Tage wie diesen könnte man doch von Anfang an einfach wegschmeißen, nachdem man ihn zerrissen, zerknetet und zerknüllt hat. Eigentlich sollte alles ganz super laufen heute. Doch wie das Leben so mit einem spielt, wollte es natürlich nicht, dass auch nur mal ein Tag schöner endet als der Letzte. Zumindest was meine Verhältnisse anbelangt.
Mal wieder haben sich alle ausgemacht, etwas zu unternehmen und ich bin mal wieder nicht gefragt worden. Manchmal frag ich mich, ob diese Menschen, mit denen ich fast jeden Tag zusammen bin und rede, auch wirklich meine Freunde sind. Scheint sie nicht sonderlich zu interessieren, ob ich mal ein Problem mit mir herumschleppe. Normalerweise bin ich wesentlich ausgelassener, aber wenn ich mal ruhig bin, merkt es keiner. Höchstens, wenn ich wirklich keinen Ton von mir gebe. Und dann auch noch das.
Ein Neuer. Alle Aufmerksamkeit richtet sich natürlich wieder auf ihn. Dieser Riese mit seinen roten Haaren und grünen Augen.
Kaum ist er ein, zwei Tage hier, liegen ihm schon alle zu Füßen.
Ich will Klavier spielen!
Einfach meinen Frust rauslassen und alle innerlich verfluchen, die mich mal wieder enttäuscht haben. Mich der Musik hingeben, die so daher geklimpert an mir vorbeizieht.
Haach,…
Bloß schnell weg, damit ich dem Ansturm am Ausgang entgehe.
Wen interessiert schon so ein blöder Typ, der die ganze Zeit nur rumgrinsen kann und scheinbar alles beherrscht, was sich ihm vor die Füße wirft.
~~~
Doch als Ria den Menschenhaufen sieht, der den Ausgang versperrt, wird ihr nur noch schlechter. Leise fluchend überlegt sie, wie sie das Problemfeld am schnellsten umgehen kann. Sie hatte keine Lust wieder irgendwo darin hängen zu bleiben und sich zu verspäten. Immerhin hatte sie ihre beste Freundin seit mindestens einem halben Jahr nicht mehr gesehen, auch wenn es ihr selbst viel länger vorkam.
Während sie überlegte, lief sie zu ihrem Schuhfach, um ihre Schuhe zu holen. Dann kam ihr die Idee. Schnell schnappte sie sich ihre Chucks und warf ihre Schulhausschuhe ins Fach. Mit Socken an ihren Füßen rannte sie zum Zwischengang von Schulgebäude und Turnhalle. Angekommen streifte sie sich ihre Schuhe über und sprang über die niedrige Absperrung. Dabei war ihr ziemlich egal, welchen Blick ihr Rock auch freigab. Die Jungs ihrer Schule interessierten sie nicht sonderlich. Und die aufsichtführenden Lehrer waren sowieso alle am Eingang beschäftigt.
Ria warf sich ihre Tasche über die Schulter und lief um die Ecke des Schulgebäudes zum Hof des Eingangsbereiches. Je näher sie kam, desto lauter wurde auch das Gekreische und Gequitsche, von dem sie nicht wirklich wusste, ob Mädchen dazu in der Lage seien sollten, sie zu erzeugen.
Sie würdigte das Ganze mit einem kurzen genervten Blick, bevor sie ihr Tempo beschleunigte und auf das Schultor zulief. Sich nähernd, schlurfte ein schlaksiger Junge mit dunkelblonden Haaren auf dasselbige zu.
„Hey, Dem!“, sagte Ria, als sie kurz vor ihm stehen blieb.
Trotz der Kopfhörer, die seine Ohren neben ein paar Piercings zierten, konnte er Ria hören und hob sogleich die Hand.
„Yo“, sagte er, schlug leicht mit seiner Hand nach rechts und richtete sich langsam auf.
„Bist ja heute wieder voll motiviert, was?“, fragte Ria stichig.
Demyx grinste.
„Kennst mich doch. Sobald ich diese blöde Torschwelle übertreten habe, geht’s wieder voll ab“, antwortete er darauf, während beide um die Ecke durchs Schultor bogen.
Sie liefen die Schulmauer entlang die Straße hinunter zum Park.
„Hast du wieder diesen Trubel mitgekriegt? Ich check einfach nicht, was die alle von diesem Rothaaraffen wollen. Besonders Miss Lar hat sich wieder aufgebrezelt. Wie sie es trotzdem noch schafft, sich am Rande der Schuluordnung zu bewegen“, schimpfte Ria genervt.
„Tja. Is halt immer noch was Neues, auch wenn er schon ein paar Tage da is“, fügte Demyx hinzu.
„Das geht mir aber auf den Keks, wie die immer die Tür versperren müssen!“, knirschte Ria hinter ihren Zähnen hervor. „Wie bist du denn heute durchgekommen?“
„Hab mich durchs Klofenster geschwungen.“
„Das ist doch mal ‘ne Idee."
„Sag mal, kommt heute nicht deine Freundin? Wie hieß sie noch mal?“
„Hm? Ja. Aysha. Ich freu mich schon drauf“, erwiderte Ria fröhlich und hüpfte dabei in die Luft. „Sie wird auch an die Schule wechseln.“
„Na das kann ja heiter werden. Ein Neuer, dem alle Mädels hinterher eiern und eine Neue, der bestimmt die Jungs nachlaufen werden. Totalverstopfung!“, quengelte Demyx.
„Tja. Ist wohl nicht zu vermeiden. Aysha hat schon einige Jungsgeschichten hinter sich“, entgegnete Ria.
„Meinst du, sie wäre was für mich?“ Kurz sah Ria ihren befreundeten Musiker an.
Legere Uniform, Piercings. Hatte er nicht auch noch irgendwo ein Tattoo?
„Hmm…. Lass lieber die Finger von ihr. Du kannst sie nicht händeln“, erwiderte sie.
Beleidigt sah Demyx zu Seite.
„Na danke!“
„Keine Ursache“, grinste Ria.
Beim Park angekommen, liefen sie zum Getränkeautomat und holten sich jeder eine Dose. Anschließend setzten sie sich auf die Schaukeln des Spielplatzes, der in der Mitte des Parks lag.
„Maaan! Hab ich einen Bock, ey! Ich wünschte, diese blöden Hausaufgaben wären schon gemacht“, stöhnte Demyx und kippte sich seinen kalten Colatee in den Mund.
„Als ob du die denn machen würdest“, steuerte Ria nur bei.
„Du hast heut wohl ‘nen richtig miesen Tag, was?“
„Hmm. Ich denke, so kann man es auch nennen.“
„Was ist denn passiert?“, fragte Demyx, als er sich zurückschob und hervor schwenkte.
„Meinst du außer dem Rotschopf?“, entgegnete Ria spöttisch. „Naja… Der Test in Japanisch ist nicht ganz so gelaufen, wie geplant. Aber was soll’s.“
Auch sie stieß sich ab und schaukelte nun langsam vor und zurück.
„Pah! Das könnte ich über alle anderen Fächer auch sagen. Mathe war ja mal der größte Müll überhaupt!“, frustete Demyx.
„Aber Musik ist doch bestimmt super gelaufen, oder?“, fragte Ria und grinste ihren Schaukelnachbarn an. Dieser sah kurz herüber und musste dann auch grinsen.
„Ich hab sie alle in den Boden gespielt!“
„Ich bin stolz auf dich!“, sagte Ria und durchwurschtelte seine Haare, als sie in Reichweite kamen.
„Hey! Lass das!“, fauchte Demyx und sprang auf. Dann mussten beide lachen.
Ria sah auf die Uhr und bemerkte, dass es schon 4 Uhr war. Sie stoppte ihre Schaukel und stand auf.
„Verdammt. Ich muss los“, sagte sie. Schnell schnappte sie ihre Tasche, warf ihre leere Dose in den Mülleimer und lief mit einem „Wir sehn uns morgen, Dem!“ davon.
Als Ria zu Hause ankam, stand die Tür offen und ein paar Jungs trugen Kisten in das Haus.
„Mist! Ich bin zu spät!“, nuschelte sie in sich hinein und lief zur Tür. Einer der Jungs wurde auf sie aufmerksam und sah sie vorwurfsvoll an.
„Warum kommst du erst jetzt, Ria?! Wolltest du nicht gleich nach der Schule da sein?“, bluffte sie Hige, einer ihrer Brüder an.
Wie so vieles in ihrem Leben seltsam war, hatte sie auch gleich 4 ältere Brüder. Eigentlich nicht unbedingt so verwunderlich, aber das seltsame an ihnen war, dass alle ihre Brüder am gleichen Tag geboren wurden. Das heißt, sie sind Vierlinge. Auch wenn sie sich nicht wirklich ähnlich sahen und von ihrem Verhalten und ihren Hobbies her sehr verschieden waren. Hige war der Aufbrausenste ihrer Brüder und zugleich der Zweitjüngste.
„Ist doch in Ordnung, Hige. Sie hätte sowieso nicht hineintragen helfen sollen“, sagte Mizuke, der Älteste der Geschwister.
„Geh ruhig schon mal rein. Aysha wartet oben“, fügte er lächelnd hinzu.
Mizuke war immer sehr nett zu Ria, aber sie würde es eher als verhätschelnd bezeichnen. Für Mizuke war seine Schwester das Wichtigste und niemand durfte ihr wehtun. Schon seltsam. Er war total fixiert auf sie. Seitdem sie einmal einen Unfall hatte, an dem er sich die Schuld gab, hatte er immer auf sie aufgepasst. Bisher gab es keine sonderlichen Probleme, außer ein Junge trat in Rias Leben.
„Danke!“, rief Ria, als sie an ihren Brüdern vorbeilief. Drinnen begegnete sie Tsuchige und Kokike, die sie kurz grüßte. Schnell hastete sie die Treppe hinauf zum oberen Geschoß, in dem sich alle Zimmer befanden. Zielstrebig lief sie auf die letzte Tür im Flur zu und hielt vor dieser inne.
Kartons rahmten die Tür und im Zimmer herrschte ein herrliches Durcheinander. Ria musste prusten, als sie ein junge Mädchen inmitten des ganzen Gerümpels sitzen sah und diese sich mit ein paar alten Büchern beschäftigte.
„Man müsste meinen, dass du irgendwann mal den Dreh raushast dein Zimmer einigermaßen ordentlich zu halten. Zumindest, wenn du gerade mal eine Stunde darin wohnst“, entfuhr es Ria mit einem Grinsen.
Das blonde Mädchen vor ihr zuckte mit dem Kopf von den Büchern auf. Abrupt wandte sie ihren Kopf zu Ria und nach einem kurzen reglosen Moment griente sie ihre Freundin an.
„RIAA!“, schrie sie auf und sprang dieser eüberschwenglich entgegen und beide fielen zu Boden.
„Aua! Aysha! Musst du immer so stürmisch sein?!“, klagte Ria über die Schmerzen ihres Pos hinweg.
Aysha sah sie nur mit großen Augen an.
„Tschuldige“, sagte sie kleinlaut. Ria sah auf ihre Freundin und wuschelte dann ihr langes Haar.
„Also wirklich“, lachte sie, „du hast dich kein Stück verändert.“
Dann grinste Aysha breit. „Natürlich!“
Und beide mussten lachen.
„Vielleicht wäre es ganz günstig, wenn ihr nicht weiter die Tür versperrt. Ich hab das Gefühl, Aysha hat echt alles mitgenommen, was sich ihrem Blick zum Opfer fiel“, knurrte eine männliche Stimme. Ria und Aysha verstummten und sahen auf.
Voll bepackt mit 2 Kartons stand Kokike, Rias jüngster älterer Bruder, mit einem angenervten Gesicht vor ihnen.
Die beiden Mädchen dachten anscheinend dasselbe, als sie sich ihre Arme umeinanderschlangen und zu ihm sagten: „Und was ist, wenn wir nicht wollen?“
Beide grinsten ihn frech an.
„Was soll das denn heißen?! Ich bin hier der Ältere. Auf mich wird gehört, klar!“, fauchte Kokike.
Normalerweise war er eher der fröhlichere, sich über andere lustig machende Typ, aber wenn ihm etwas nicht passte, konnte er richtig zickig werden.
„Bäh!“, kam es nur von den beiden Mädchen, als sie ihm die Zunge raus streckten und an ihm vorbei rannten.
„Wenn ich euch zufassen kriege!“, knurrte er wütend, als Ria und Aysha schon auf der Treppe waren.
Am Fuße wurden sie allerdings von Rias zweitältesten Bruder Tsuchige aufgehalten. Dieser, ebenfalls mit einer Kiste und einem Teppich in den Armen, sah auf die beiden kleineren Mädchen herab. Tsuchige war der Stillste in der Familie und auch der Angenehmste. Ria mochte ihn gern, aber dennoch sollte man ihn nicht wütend machen.
Tsuchige sah in Rias Augen. Diese blickte nur verlegen zur Seite.
„Ich werde mich nachher bei ihm entschuldigen, okay?“, gab sie nur leise von sich, aber Tsuchige nickte nur. Als Ria daraufhin zu ihm aufsah, hatte er schon wieder ein Lächeln auf dem Gesicht. Ria lächelte zurück.
Da zupfte es an ihrem Ärmel. Ria drehte sich um und blickte in das Gesicht ihrer Freundin. Es sah irgendwie gequält aus und als Ria das laute Grummeln vernahm, wusste sie, dass es sich um einen Fall akuter Magenunterfüllung handeln musste. Sie grinste.
„Gehen wir in die Küche und gucken nach, was da ist. Wenn Hige nicht vergessen hat einzukaufen“, sagte sie dann und warf einen Seitenblick ihrem Bruder zu, der gerade in die Hocke ging, um den letzten Karton hochzuheben und auf einmal ganz laut nieste.
Zornig wand er sich um und rief: „Hör auf über mich zu reden, Ria!“
„Ich hab doch gar nichts gesagt“, beteuerte diese unschuldig, als Tsuchige kopfschüttelnd an ihr vorbei die Treppe hochstieg.
Aysha grinste und zerrte an Rias Arm.
„Lass uns endlich was suchen. Ich hab Hunger!“
Ria blickte kurz auf ihre Uhr und sagte, während sie zur Küche gingen: „Dann lass uns gleich Abendbrot machen. Kokike und Hige werden sowieso gleich anfangen zu quengeln.“
„Hey!“, hörte man es nur von oben und von der Tür her rufen. Die Mädchen kicherten.
„Ich muss ja mal sagen, dass du inzwischen wirklich gut kochen kannst, Ria“, murmelte Aysha, als sie sich das nächste Stück gebratenes Huhn aufspießte.
„Hey! Lass noch was übrig, Aysha! Ich bin am verhungern“, zischte Hige hinter seinem Glas, das er gerade leertrank.
Aysha verharrte kurz in ihrer Bewegung und das Fleisch hing an ihrer Gabel in der Luft. Perplex sah sie zu dem ihr gegenüber Sitzenden. Dann grinste sie ihn bitterböse an und meinte: „Warum sollte ich?“
Schnell segelte ihr Stückchen auf den Teller und schon hatte sie das erste Stück im Mund.
„Mhmmm!“, kaute sie genüsslich. Hige wurde Rot im Gesicht.
„Was-?!
„Ganz ruhig, Hige. Regt dich nicht auf“, gab Mizuke gleichmütig von sich, während er die vollbepackte Gabel in den Mund schob.
„Die provoziert mich!“, zeterte er und deutete auf die kauende Aysha.
„Zeig nicht mit deinem Finger auf meine Freundin, Hige“, fauchte Ria von der Seite. „Benimm dich mal!“
„Hmpf!“, murrte dieser nur und verschränkte seine Arme.
Aysha kicherte.
„Um aufs Thema zurückzukommen. Danke. Wenn man mit solchen Vielfraßen zusammenwohnt, die äußerste Feinschmecker zu seien scheinen, muss man schon einiges lernen“, erklärte Ria.
„Muss ganz schön anstrengend sein. Machst du auch den ganzen Haushalt allein?“, fragte Aysha.
„Denn teilen wir uns auf“, antwortete Kokike.
„Da Ria immer in der Küche stehen muss, haben wir beschlossen, uns um den Rest zu kümmern. Außer ihrer Wäsche und ihrem Zimmer“, fügte Mizuke stolz hinzu.
„Das hast wohl eher du allein beschlossen“, kam es brummend von Hige, der seinen Kopf auf dem Tisch abstützte.
Mizukes Augen blitzten auf und schon bohrte sich einer seiner Finger zwischen Higes Rippen. Dieser verkrampfte sich und verzog sein Gesicht zu einer leidenden Grimasse.
„Aua!“, schrie er auf.
„Wir machen das natürlich alle aus Liebe zu unserer Schwester“, sagte Mizuke fröhlich an Aysha gewandt. Diese sah ihn skeptisch an. Anscheinend war es besser, wenn man ihn nicht in irgendeinem Punkte, der mit Ria zu tun hatte, verärgerte.
Ria fasste sich an den Kopf.
„Das Essen war sehr lecker“, sagte Tsuchige und legte seine Handflächen vor seinem Gesicht zusammen. Überrascht sahen alle zu ihm.
„Danke“, sagte Ria lächelnd und Tsuchige erhob sich mit seinem Geschirr, das er in die Küche brachte.
„Was machen eure Eltern eigentlich gerade?“, fragte Aysha, während sie an ihrer Kartoffel kaute.
„Also…“, begann Ria.
„Sie müssten gerade in Deutschland sein, oder?“, fügte Kokike hinzu und wandte sich fragend an Mizuke. Dieser blickte zurück und nahm dann eine nachdenkliche Pose ein.
„Hmm. Ich glaube schon. Zuletzt haben sie eine Mail von dort geschickt“, bestätigte er.
„Ria. Ich hab noch Hunger“, klagte Hige über den leeren Tisch.
„Du bist wirklich ein Vielfraß“, gab Aysha stichelnd von sich. Hige würdigte sie nur eines bösen Blickes und wand sich wieder bettelnd wie ein Hund an Ria.
Diese seufzte nur und stand auf.
„Irgendwo hab ich noch ein Dessert“, sagte Ria und begab sich in die Küche.
„Ich helfe dir tragen!“, rief Kokike fröhlich. Doch er wurde von Hige zurückgehalten.
„Du wirst erst mal abräumen helfen“, ordnete Mizuke an. Kokike ließ die Mundwinkel sinken, begann aber trotzdem.
Aysha betrachte das Schauspiel belustigt.
Eine wirklich chaotische Familie, dachte sie.
„Puh! Jetzt bin ich voll“, keuchte Ria und rieb sich ihren Bauch.
„Du bist ja auch ein Mädchen. Haben wir noch was zum Knabbern?“, nörgelte Hige.
Alle sahen ihn aus den Augenwinkeln an.
„Ich bin dafür, dass Hige heute den Abwasch macht. Wer noch?“, warf Ria in die Runde. Alle meldeten sich und sahen auffordernd zu Hige.
Dieser sah beschämt zurück.
„Ihr seid so gemein!“, heulte er und lief in die Küche.
„Ihr solltet schlafen gehen. Morgen ist wieder Schule“, sagte Mizuke.
„Okay. Heute kannst du bei mir schlafen, Aysha. Dein Bett ist ja noch nicht aufgebaut“, sagte Ria fröhlich und beiden standen auf und gingen die Treppe hinauf.
„Deine Brüder sind noch genauso lustig, wie früher“, kicherte Aysha, als die beiden Mädchen oben angekommen waren.
„Ach ja? Ich denke, sie sind noch unselbstständiger, als vorher. Wenn ich nicht ab und zu was sagen würde, würde hier nix passieren. Und verhungern würden sie wahrscheinlich auch“, entgegnete Ria geschafft. „Hige wollte mir einmal etwas kochen. Mizuke hat sich mit eingeschalten und Kokike hat dumme Ratschläge beigesteuert. Es war das reinste Chaos, sag ich dir. Am Ende hat doch Tsuchige als Einziger etwas Essbares zu Stande gebracht.“
„Ist doch süß, wie sie sich um ihre Schwester bemühen“, grinste Aysha.
„Wenn du meinst“, zweifelte Ria und betrat ihr Zimmer. Aysha folgte ihr und schien erstaunt über die Ordnung ihrer Freundin, obwohl diese sie schon immer an den Tag gebracht hatte. Schnell zog Ria ein Bett unter ihrem eigenen hervor und holte Bettzeug aus einem Kasten daneben.
Aysha ließ sich derweil auf die Matratze fallen.
„Haach! Ich bin total geschafft. So ein Umzug ist echt anstrengend!“, nuschelte sie.
Bumm. Ein Stapel Bettzeug landete auf ihr.
„Hey, nicht so rumhängen. Mach dich bettfertig“, lachte Ria, als sich ihrer Freundin unter dem Bettzeug plättete.
„Is ja gut“, stöhnte diese und schob das Bettzeug beiseite.
Eine knappe halbe Stunde später waren sie auch schon im Bett.
„Ich find’s cool, dass ich bei euch wohnen kann“, grinste Aysha, als sie sich auf ihr Bett plumpsen ließ.
„Ich auch. Obwohl…. Noch so ein Vielfraß, den ich ruhig stellen muss“, murmelte Ria.
„Woah! Wie bitte?!“, sagte Aysha entrüstet und warf ihr Kissen nach ihrer Freundin. Es landete genau im Gesicht.
„Hey!“, schimpfte Ria, aber dann mussten beide lachen.
„So. Jetzt müssen wir aber schlafen. Du hast immerhin morgen deinen ersten Schultag vor dir“, sagte Ria als sie den Lichtschalter ausknipste.
„Gute Nacht“, murrte Aysha und warf sich die Decke über.
„Gute Nacht.“
„Warum hast du uns nicht früher geweckt, Mizuke! Jetzt kommen wir zu spät!“, schrie Ria, während sie zwischen Bad und Zimmer ständig hin und her rannte. Aysha aß bereits ihr provisorisch zusammengekipptes Müsli, als Ria endlich die Treppe hinunter kam. Schnell schnappte sie sich ein Toast, schnierte irgendwas darauf und schon zerrte sie ihre Freundin zur Tür.
„Hey! Meine Tasse ist noch halbvoll!“, maulte Aysha.
„Dann beschwer dich bei Mizuke! Nächstes Mal kippt ihr euch nicht die ganze Nacht die Birne zu!“, zeterte Ria.
Mizuke hielt sich den Kopf. Er versuchte das Gemecker abzudämmen, aber so ganz gelang ihm das nicht. Seinen Brüdern ging es dabei noch viel schlimmer.
„Bitte hör auf zu schreien, Ria! Mein Schädel platzt gleich“, stöhnte Hige und wand sich unter dem Lärm.
„Das hättest du dir vorher überlegen müssen“, rief Ria noch und stürmte die Tür hinaus. An der stand Tsuchige, vollkommen unberührt von irgendwelchen Alkoholkonsumfolgeerscheinungen und hielt 2 Bento für die Schule in die Luft. Ria griff beide und stürmte mit Aysha im Schlepp um die Ecke des Eingangstores.
„Mein Kaffeeeee--!“, hörte man Aysha mit leiser werdender Stimme klagen.
„Yo, Ria! Bist heute aber recht spät dran“, begrüßte Demyx seine Schulfreundin am Park.
„Halt den Mund und lauf! Wenn wir wieder zu spät sind, wird uns Horan-sensei die Hölle heiß machen!“, entgegnete sie nur, als sie seine Hand griff und ihn ebenfalls hinter sich her zerrte.
„Ria. Jetzt zieh doch nicht so!“, jammerte Aysha, der langsam der Arm wehtat.
„Daran musst du dich gewöhnen. Ria kann ‘ne ganz schöne Langschläferin sein. Dann wird man nur noch durch die Gegend gezerrt“, sagte Demyx gelassen, während er sich Rias Ziehtempo anglich.
„Immer noch?! Und wer bist du?“, fragte Aysha überrascht.
„Demyx. Freut mich. Und du bist Rias Freundin, die zu ihr gezogen ist?“, antwortete dieser.
„Ja. Gestern Abend.“
„Warum hat Ria denn diesmal verschlafen?“
„Weil Mizuke den Wecker überhört hat. Die Jungs haben sich volllaufen lassen!“, knurrte Ria, als sie in das Schultor bog.
„Und jetzt schnell in die Klasse. Wir sehen uns in der Pause, Dem. Cü!“
„Viel Spaß mit Kimura!“, rief Demyx hinterher, der am Tor stehen gelassen wurde und winkte.
Er hörte das Tor rattern und ein kalter Schauer rutschte ihm den Rücken hinunter.
„Na, Motoshi-kun? Willst du nicht in die Klasse, oder wäre ihnen das Strafsitzen in der Turnhalle lieber?“, fragte ein älterer Mann mit äußerst markantem Gesicht. Demyx drehte sich um und grinste mit einer schlimmen Vorahnung den Älteren an.
„Dass sie es doch noch in meinen Unterricht geschafft haben, wundert mich wirklich, Yuki-san“, ertönte kalt die Stimme von Kimura-sensei. Ria stand in der Tür, wie eine eingeschüchterte Katze.
„Können Sie mir nochmal verzeihen, wenn ich Ihnen sage, dass ich Aysha Nakaya mitgebracht habe?“, murmelte Ria verlegen.
Kimura-sensei bedacht sie mit einem Seitenblick und deutete auf ihren Platz.
„Setzen oder ich muss dich in die andere Richtung durch die Tür schicken.“
„Sehr wohl, Sensei!“ Schnell lief Ria zu ihrem Platz und ließ ihre Freundin an der Tür stehen.
Diese wurde von allen angestarrt. Der Lehrer wandte sich ihr zu und blickte sie an.
„Willst du nicht herkommen und dich vorstellen?“, fragte er sichtlich genervt.
„Ähm, ja!“, stammelte Aysha.
„Schon wieder jemand neues. Langsam habe ich das Gefühl, dass die Aufnahmeprüfung für Späteinsteiger wirklich zu einfach ist. Du bist schon die Zweite heute.“
Die Zweite, dachte Ria. Wer ist denn noch neu?
Sie drehte sich um und erblickte einen Jungen schräg hinter ihr, 2 Plätze neben dem Rotschopf zu ihrer anderen Seite, den sie ja so gut leiden konnte. Er war blond und sah genauso verwirrt nach vorn, wie alle anderen, die nicht mit einer neuen Mitschülerin gerechnet hatten.
„Also… Mein Name ist Aysha Nakaya. Ich bin erst vor kurzem hergezogen. Ich hoffe, wir werden gut mit einander klarkommen“, druckste Aysha herum und verbeugte sich vor der Klasse.
„Da du Yuki-san ja schon kennst, wirst du deinen Platz hinter ihr sicherlich schnell finden und ich kann endlich mit meinem Unterricht anfangen“, maulte Kimura-sensei und Aysha begab sich so schnell wie möglich zu ihrem Platz zwischen Rotschopf und Blondie. Natürlich starrten ihr alle nach. Immerhin war heute schon die zweite blonde Person in die Klasse gewechselt.
„Wuah! Ich hatte solche Angst vor diesem Lehrer! Der ist ja mal echt eiskalt“, heulte Aysha, als es zur Pause geläutet und Kimura-sensei den Raum verlassen hatte. Ria drehte sich um und stimmte zu.
„Ich hasse es in seinen Unterricht zu spät zu kommen. Er kann dich wirklich gnadenlos fertig machen. Heute war er noch vergleichsweise lieb.“
„Urgh! Da läuft es mir eiskalt den Rücken runter“, sagte Aysha und schüttelte sich dabei.
„Aber irgendwie hat er schon recht. Warum bekommen wir auf einmal so viele neue Schüler?“, fragte sich Ria, während sie die Menschenmenge um den Tisch des blonden Neuen argwöhnisch beobachtete.
„Ist es wirklich so einfach hier aufgenommen zu werden?“, fragte Aysha ihre Freundin. Diese blickte sie verwundert an.
Stimmt ja, dachte sie, Ayshas Familie hat ja Kontakt zum Rektorat. Da ist bestimmt was Kleines geflossen und schon war sie hier.
„Also eigentlich nicht. Zumindest die für die Nachzügler ist sehr hart“, antwortete Ria. Dann richtete sie sich von ihrer recht lockeren Pose auf dem Stuhl auf, als sie einen dunkelblonden Schopf an der Tür hinter dem Tisch des Neuen entdeckte.
„Ria? Bist du da?“, rief Demyx über die Menge hinweg, die sein Blickfeld beeinträchtigte.
„Jap. Hier bin ich“, sagte sie und hob ihre Hand, damit er sie fand. Demyx versuchte sich um die Menge herum zu zwängen und zu Ria, mit Mühe und Not, vorzudringen.
„Man! Is was los hier! Habt ihr etwa noch einen neuen Schüler?“, stöhnte Demyx hervor, als er sich endlich auf einem Stuhl neben Ria Platz gefunden hatte.
„Jop. Wir haben noch so ein Blondchen bekommen, deswegen bleibt Aysha wohl für die Pause verschont. Schon komisch. Ich wusste gar nicht, dass noch jemand außer ihr gewechselt ist“, antwortete Ria.
„Dann wirst du dich noch viel mehr wundern, wenn ich sage, dass bei uns auch gleich 2 gelandet sind“, erzählte Demyx, der seinen Kopf auf der Stuhllehne abgelegt hatte.
„Wie bitte?! Noch 2!“
„Das erklärt auch, warum der Lehrer meinte, dass die Prüfung wohl zu einfach wäre“, warf Aysha ein.
„Und wie sehen die aus?“, fragte Ria nicht wirklich interessiert.
„Die sind beide kleiner als ich. Der eine hat silberne Haare und is etwas größer als der Braunhaarige. Eigentlich sieht der Kleine nicht so schlau aus, dass er die Prüfung geschafft haben könnte“, sagte Demyx.
„Sei du mal ganz still. Du siehst auch nicht besonders schlau aus“, erwiderte Ria mit einem skeptischen Blick.
„Wie immer bin ich beeindruckt von deiner unglaublichen Feinfühligkeit“, neckte der Junge.
„Für meine Freunde nur das Beste. Weißt du doch“, grinste Ria.
„Aber wenn er wirklich nicht schlau ist, wie ist er dann auf die Schule gekommen?“, schaltete sich Aysha wieder ein.
Demyx sah einen Moment zu Ria, dann grinste er breit.
„Wenn man so unglaublich musikalisch begabt ist wie ich, brauch man keinen Test machen. Der is doch eh nur für Nixkönner und arme Leute“, witzelte er.
„Vielen Dank. Dann gehör ich wahrscheinlich zur gebildeteren Schicht der Schule“, erwiderte Ria leicht gekränkt.
„Deswegen sind die Lehrer doch so nachsichtig mit dir, Miss Ich-bin-in-der-Top-10-der-Schule.“
„Hör auf solchen Müll zu erzählen, Dem!“, fauchte Ria.
„Ist doch wahr“, spottete der Musiker, „und dann beklagst du dich, wenn mal ein Test nicht so läuft.“
Aysha kicherte und hielt sich den Bauch. Ria und Demyx drehten ihre Gesichter in Richtung der Blonden. Demyx schlich ebénfalls ein Grinsen aus Gesicht, Rias dagegen verfinsterte sich.
„Ich weiß nicht, was es da zu lachen gibt, meine Liebe“, zischte diese.
„Ihr seid wirklich ein lustiges Pärchen“, lachte Aysha.
„Wir sind kein Paar!“, kam es aus Rias und Demyx‘ Mund gleichzeitig. Aysha hörte auf zu lachen, die beiden anderen sahen sich kurz in die Gesichter, bevor sie sich voneinander abwanden.
Aysha bemerkte die angespannte Stimmung. Sie war wohl in ein Fettnäpfchen getreten.
„Entschuldigt. So habe ich das nicht gemeint“, sagte die Blonde.
„Schon gut. Alle denken, wir wären ein Paar, also kommen solche Sätze ständig“, erwiderte Demyx mit einem Abwinken.
„Mir geht das total auf den Keks. Als wäre es nie im Leben möglich, dass Jungen und Mädchen nur Freunde sind“, fügte Ria genervt hinzu.
Aysha lächelte. Sie war froh, dass ihre beste Freundin einen guten Freund gefunden hatte, während sie nicht zusammen waren.
Dann erklang ein unterdrücktes Kichern. Als auch Ria und Demyx dieses bemerkten, drehten alle 3 ihren Kopf in Richtung des Rotschopfes, der genau neben Aysha saß.
Stutzig sahen sie ihn an, aber wie es schien, fiel es ihm schwer sein Lachen zu unterdrücken. Plötzlich prustete er los und schlug mehrere Male mit seiner Faust auf den Tisch.
„Das ist einfach zu göttlich! Ich kann nicht mehr! Bitte! Ich halt’s nicht aus!“, stammelte er unter dem Lachen hervor.
Ria, als auch die anderen 2, sah ihn zweifelnd an.
„Meint ihr, es geht ihm gut?“, fragte Aysha.
„Ignorier ihn einfach. Wahrscheinlich will er sich nur die Aufmerksamkeit der letzten Tage wiederholen, die ihm Blondchen genommen hat“, erwiderte Ria mit einem Kopfschütteln.
„Alles klar, Alter? Kannst du noch atmen?“, fragte Demyx den Kichernden.
Dieser beruhigt sich langsam und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Dann sah er zu Demyx und kicherte wieder los.
„Ey. Ich steh da leider nicht so drauf, wenn man mich auslacht, klar?! Also was ist dein Problem?“, fragte Demyx sichtlich angepisst.
„Scheint Demyx wohl ganz schon zu nerven, wenn er ausgelacht wird“, flüsterte Aysha in Rias Ohr.
Die sah ihre Freundin nickend an.
„Jap. Er hat da so ein paar Komplexe, musst du wissen, die ihn manchmal ganz schön fertig machen“, entgegnete Ria.
„Wirklich?!“, fragte Aysha erstaunt.
„Ja. Besonders was seine Frisur angeht oder das er doch eher ein Spacko als ein Macho ist“, antwortete Ria.
„Ich kann dich hören, Ria“, knurrte es von ihrer Seite. Ria grinste verlegen.
„Sorry, Dem!“
„Bitte! Hört auf! Mein Bauch fühlt sich schon an wie ein ausgelabberter Kaugummi!“, keuchte der ältere Neue.
„Hör endlich auf zu lachen und reiß dich zusammen“, fauchte Demyx ihn an.
„Da muss ich ihm recht geben“, zischte Ria den Rothaarigen an.
Dieser verstummte zugleich.
Finster blickten sie sich in die Augen.
„Was ist dein Problem?“, fragte der Rothaarige.
„Ich kann dich einfach nicht ab. Das ist alles“, erwiderte Ria und drehte sich zur Tafel um.
„Dem. Du solltest langsam gehen. Die Pause ist gleich rum.“
Der Angesprochene sah seine Freundin verblüfft an, genau wie es Aysha tat. Dann erhob sich der Dunkelblonde.
„Dann sehn wir uns nachher?“, fragte er, bevor er zur Tür ging.
„Jap. Bis dann!“, antwortete Ria und hob nur ihre Hand. Aysha winkte Demyx noch, als er um die Ecke bog. Dann sah sie verwundert ihre Freundin an, die sich jetzt anscheinend mit ihren Aufzeichnungen lieber beschäftigte, als mit ihr.
Kurz blickte sie zu dem Rothaarigen herüber, der Ria gespannt ansah. Aysha zuckte mit den Schultern und die Menschenmenge am Tisch neben ihr löste sich langsam auf. Die Klingel läutete und dann war nur noch ein Häufchen blonder Haare auf der Tischplatte zu erkennen.
Aysha sah mitleidig hinüber.
„Die scheinen dich ja ganz schön in die Mangel genommen zu haben“, sagte sie zu ihrem Nachbarn. Dieser lugte mit seinem Auge durch seine Arme, auf denen sein Kopf lag. Dann richtete er sich seufzend auf.
„Das kannst du aber laut sagen. Ich dachte, ich werde aufgefressen!“
Aysha kicherte, als der Blonde sich streckte. Dann betrat der Lehrer das Zimmer und alle Aufmerksamkeit lag wieder beim Unterrichtsgeschehen. Ab und zu lugte Aysha noch zu dem Rothaarigen, der anscheinend die Worte von Ria immer noch nicht verdaut hatte und sie ständig anstarrte.
Sie seufzte.
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Als es zum Stundenende läutete, drehte sich Ria schnell um und sagte zu ihrer Freundin:
„Ich geh mal aufs Klo. Willst du mit?“
Aysha lächelte sie an und sagte: „Nö. Das schaffst du bestimmt alleine.“
Ria grinste zurück.
„Klar!“ Dann sprang sie auf und lief zur Tür, vorbei an dem blonden Jungen, der kurz zu ihr hoch blickte.
„Aber bring mir was mit, ja?“, rief Aysha hinterher.
Als Ria um die Ecke bog, hob sie den Daumen hoch und grinste breit.
„Immer doch!“
Und weg war sie.
Aysha blickte zu dem Rotschopf, der Ria anscheinend die ganze Stunde über beobachtete hatte.
Sie grinste in seine Richtung und als sich dieser darüber bewusst wurde, wand er sich verwundert zu ihr um.
„Was ist? Hast du auch ein Problem mit mir?“, fragte er mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen.
„Stehst du etwa auf meine Freundin?“, entgegnete Aysha ebenso frech.
Der Junge stutzte.
„Wie meinst du das?“, fragte er, doch das Mädchen wand sich ab.
Aysha grinste, aber schon stellte sich ihr ein großer, dunkelhaariger Typ ins Licht.
„Hey. Was geht?“, fragte er.
Aysha sah ihn abschätzig an und meinte: „Also deine Wuschelhaare bestimmt nicht.“
Allerdings schrak ihn das nicht ab und eine ganze Traube bildete sich um die Blonde. Bevor ihr Blickkontakt gänzlich abgerissen wurde, sah sie flehend zu ihrem rechten Nachbarn, doch er verschwand aus ihrem Blickfeld und Fragen aller Art begannen sie zu bombadieren.
Als Ria das Zimmer wieder betrat, bestätigte sich ihre Vermutung, dass sie nicht mehr auf ihren Platz zurückkehren konnte.
„Man, ey. Haben die nix besseres zu tun, als andere Leute zu belagern?“, meckerte Ria in sich hinein.
„Lässt sich schlecht vermeiden. Da sie neu ist und natürlich blonde Haare hat. In Japan ist das eben was Besonderes“, kam es von unten zu Ria hinauf.
Verwundert blickte sie sich um und ein Blondschopf schenkte ihr ein Lächeln.
Hat der mich gerade angelabert?, dachte Ria.
„Ähm, ja. Musst du ja wissen“, erwiderte sie matt. Da sie sonst keinen Platz fand, setzte sie sich eben auf den Stuhl vor dem Neuen und wandte sich ihm zu. Immer noch besser, als sich in diese Meute zu schmeißen.
Tut mir Leid, Aysha. Du wirst es überleben, dachte Ria und blickte seufzend in die dunkle Masse vor sich.
Dann stützte sie ihren Kopf auf ihre Arme und wandte sich dem Blonden zu. Er sah ihr in die Augen. Sie erwiderte den Blick.
„Und? Wie heißt du?“, fragte Ria.
Der Junge sah sie verwundert an. Anscheinend hatte er nicht mit so viel Aufmerksamkeit von ihr gerechnet. Als Ria bemerkte, dass er nicht antwortete, fragte sie: „Möchtest du mir nicht antworten, weil du diese Frage schon gehört hast, oder…?"
„Nein, nein! Entschuldige. Ich war nur gerade… Also ich heiße Roxas“, unterbrach er sie eilig.
Ria sah ihn überrascht an, dann dachte sie, sie könnte ihn anlächeln. Immerhin kann er nichts für den ganzen Trubel, der noch einige Tage um ihn herum stattfinden wird.
Als der Junge das Lächeln sah, grinste er zurück.
„Ich heiße Ria Yuki. Freut mich Roxas-kun?“
„Lass das Kun ruhig weg. Roxas reicht“, erwiderte er.
„Bin ich auch gewöhnt. Ich hab ‘ne Weile in Deutschland gelebt und da ist es üblicher, sich mit dem Vornamen anzusprechen“, sagte Ria.
„Wirklich? Und deine Familie ist auch vor kurzem hergezogen?“, fragte Roxas.
„Nein, nein. Ich wohne schon ein Jahr hier. Und ein knappes Halbes noch dazu“, antwortete das Mädchen.
„Allein?“
„Nein. Mit meinen Brüdern. Und jetzt auch Aysha“, sagte Ria fröhlich und deutete auf die Menge neben ihr.
„Ah. Wie viele Brüder hast du denn?“, fragte der Blonde interessiert, aber seine Aufmerksamkeit wurde im Moment darauf von etwas hinter Ria in Anspruch genommen.
Diese blickte überrascht den Blonden an, bevor sie sich umwand.
Lässig an den Tisch lehnte hinter ihr der Rotschopf.
Ria schnitt eine Grimasse. Den hatte sie jetzt wirklich nicht gebraucht.
„Und was willst du?“, fragte sie genervt.
„Ich dachte, vielleicht willst du deinen Zwist mit mir belegen?“, antwortete er grinsend.
Ria sah ihn skeptisch an. Was wollte er? Eigentlich konnte sich Ria nicht mal selbst erklären, warum, aber sobald sie ihn sah, kochte ihr das Blut.
Mit einem letzten abschätzigen Blick drehte sie sich wieder zu Roxas.
„Ich hab vier Brüder“, sagte sie mit einem Lächeln.
Ihr Gegenüber wirkte verdutzt. Der rothaarige Junge war gekränkt und warf Ria förmlich Messer in den Rücken mit seinem Blick.
„Ähm…Vier?!“, fragte Roxas überrascht. „Das sind aber viele.“
Man konnte ihm ganz klar ansehen, dass er sich unbehaglich fühlte.
„Würdest du bitte aufhören mich zu ignorieren?!“, knurrte das rothaarige Etwas hinter Ria.
Deren Blick wurde finster. Sie seufzte und wand sich wieder um. Funkelnd sah sie den Großen an, der mit verschränkten Armen zurückfunkelte.
„Ich kann dir gerne jedes Mal ins Gesicht sagen, dass ich dich nicht ausstehen kann“, erwiderte das dunkelhaarige Mädchen.
„Meinetwegen kannst du das gerne machen, wenn du mir erklärst, was das Problem ist“, entgegnete der Rothaarige gereizt.
Man konnte regelrecht die Blitze zwischen ihren Augen hin und her zucken sehen. Roxas saß eingeschüchtert hinter ihnen. Er wusste nicht wirklich, wie er mit der Situation umgehen sollte.
Da lichtete es sich leicht um den Platz seiner Nachbarin. Die Pause war bald vorbei. Zurück auf ihren Platz blieb ein ausgezerrtes Wesen, dessen blonde Wellen sich über den Tisch ausbreiteten.
Völlig fertig seufzte Aysha und wand sich Roxas zu.
„Hast du es überstanden?“, fragte er, die Streithähne beiseiteschiebend.
„Es war die reinste Folter. Ich hab schon Horrorfilme gesehen, die nicht mal halb so schlimm waren. Die wollten mich schon anknabbern wie die fleischgeilen Zombies“, erwiderte die Blonde.
„Ich kann dich sehr gut verstehen“, entgegnete der Junge mit einem gequälten Lächeln.
„Ähehe….und ähm, wie heißt du eigentlich?“, fragte Aysha, als sie bemerkte, dass ihr der Name des Jungen noch nicht bekannt war.
„Roxas“, grinste er.
„Ich bin Aysha“, grinste sie zurück. Dann bemerkte sie das Spektakel, das sich gleich neben Roxas abspielte.
„Und äh….was ist mit den beiden los?“, wandte sie sich verwirrt an Roxas.
„Wenn ich dir das sagen könnte“, erwiderte dieser.
Es klingelte. Ria wandte ihren Blick ab und erhob sich, um sich auf ihren Platz zu begeben.
Da packte sie der Rotschopf am Arm.
„Beantworte mir meine Frage“, forderte er. Ria sah ihn finster an und befreite sich gekonnt aus seinem Griff. In solchen Situationen war es sehr hilfreich, dass ihre Brüder ihr Kampfsporttechniken beigebracht hatten.
„Du solltest lieber auf deinen Platz gehen. Der Unterricht fängt gleich an“, erklärte sie kühl und setzte sich auf ihren eigenen.
Verwirrt und frustriert begab der Junge sich auf seinen Platz, als die Lehrerin den Klassenraum betrat.
Die beiden Blonden sahen einander an und zuckten mit den Schultern.
Aysha wunderte sich, dass ihre Freundin so feindselig auf den Jungen reagierte. So ist sie doch normalerweise nicht, dachte sie.
Sie sah zu dem Rotschopf, der sich genervt durch die Haare fuhr und Ria einen abschätzigen Blick zuwarf. Dann sah er zu der Blondine.
Als sich ihre Augen trafen, grinste Aysha ihn an. Er lächelte leicht zurück.
„Wie heißt überhaupt der große Böse, der meine Freundin so provoziert?“, fragte sie flüsternd hinüber gebeugt, als die Lehrerin bereits in den Unterricht vertieft war.
„Ich heiße Axel. Und wie heißt die Freundin, der Eiskönigin?“, fragte er zurück.
„Aysha“, erwiderte sie lächelnd.
„Zumindest scheinst du keine Abneigung gegen mich zu haben“, sagte Axel resigniert.
Aysha sah ihn mitfühlend an.
„Ich hab sie auch noch nie so erlebt, weißt du. Das ist das erste Mal, dass ich sie so erlebe“, lachte Aysha.
„Na dann schein ich wirklich einen großen Eindruck hinterlassen zu haben.“
„Wenn sie nicht gleich aufhören zu tuscheln, hinterlassen sie beide einen noch größeren Eindruck im Klassenbuch“, ertönte es über den zusammengesteckten Köpfen der beiden.
Als sie aufsahen, blickten sie in das Gesicht der verärgerten Lehrerin.
„Ähm. Wir sind schon ruhig“, sagte Aysha kleinlaut.
Ria schüttelte nur den Kopf.
„Ich will in deine Klasse, Dem!“, heulte Ria, als sie sich ihm an die Brust warf.
„Wie bitte?!“, sagte dieser verwirrt.
Zu dritt saßen sie auf dem Dach der Schule und genossen die Sonne beim Mittagessen.
„Ich will nicht mehr mit diesem blöden Typen mit den roten Haaren in einer Klasse sein“, jammerte sie. „Ich kann einfach nicht mit dem Leben! Und jetzt verbündet sich auch noch meine beste Freundin mit dem Feind!“
Ria zeigte auf Aysha, die gerade in ihr Sandwich biss. Diese warf ihr einen skeptischen Blick zurück.
„Jetzt krieg dich mal wieder ein, Ria. So schlimm ist Axel gar nicht.“
„Siehst du! Sie hat ihn sogar nach seinem Namen gefragt!“
„Manchmal ist es besser man kennt den Namen des Feindes“, überlegte Demyx und legte ein Hand auf Rias Rücken. Aysha schüttelte seufzend den Kopf.
So was dummes, dachte sie.
Dann warf sie ihren Gegenüber einen misstrauischen Blick zu.
„Also mal ehrlich. Wenn ihr immer so zusammen hängt, ist es kein Wunder, wenn alle denken, ihr seid ein Paar“, sagte Aysha vorwurfsvoll.
Die beiden Angesprochenen sahen sie gleichermaßen überrascht an. Dann trennten sie sich hektisch voneinander und ihre Wangen nahmen einen leichten roten Schimmer an.
Aysha kaute auf einer Ecke ihres Sandwiches und verdrehte die Augen.
„Aber…es war wohl eine gute Idee herzukommen“, sagte Demyx zu Aysha, leicht rosa um die Nase. Ria sah zu ihm rüber.
„Ja. Das stimmt. Ich werde zum Glück verschont von irgendwelchen Verfolgern“, sagte Aysha erleichtert. „Vielleicht hätten wir Roxas auch davon erzählen sollen. Er wird bestimmt-“
Plötzlich wurde die Tür zur Treppe aufgerissen und wieder zu geschlagen.
Schnaufend stand Roxas da und ließ sich auf den Boden sinken.
Die drei anderen sahen überrascht zu ihm rüber. Dann begann Aysha zu grinsen.
„Wen man vom Teufel spricht. Hast du sie abgehängt?“
Roxas keuchte leicht und sah zu der Blonden auf. Er lachte schwach.
„Zum Glück, ja. Ich bin bestimmt durch die ganze Schule gejagt worden“, entgegnete der Junge. Dann stand er auf und begab sich zu der Dreiergruppe.
„Du tust mir wirklich leid, Alter“, sagte Demyx, als sich der Junge hinsetzte. „Es gibt nix schlimmeres, als von kreischenden Mädchen verfolgt zu werden. Außer vielleicht… keine Musik mehr machen zu können?“
„Das trifft jetzt wirklich nur auf dich zu, Dem“, meinte Ria mit einem argwöhnischen Blick.
„Wirklich? Ich hätte gedacht, es gibt noch mehr Musiker außer mir auf dieser Welt“, erwiderte Demyx frech.
Ria schlug ihm auf den Hinterkopf. Der Dunkelblonde erwiderte dies mit einem bösen Blick. Er rieb sich die Stelle, während Roxas und Aysha sich ein Lachen verkneifen mussten.
Derweil war der rothaarige Axel in den Schulgängen unterwegs und schielte in die Klassenzimmer. Anscheinend war er auf der Suche nach jemanden. Seine Mitschüler hatten inzwischen aufgehört ihn zu belagern. Manche sahen sich nach ihm um, aber angesprochen wurde er kaum noch. Seine Mitschüler hatten zu viel Respekt vor ihm, um sich mit ihm zu unterhalten. Vielleicht sollte er sein Training etwas runterschrauben?
Aber offensichtlich gab es auch Leute, die es wenig störte, dass er so muskulös war.
Wie war noch gleich der Name dieses Mädchens gewesen?, fragte er sich. Aysha war die Blonde und Demyx der Typ…
Dann verfinsterte sich sein Blick. Was hat die bloß für ein Problem? Ich check’s nicht…
Als er gerade um die Ecke zur Treppe bog, flog ihm jemand entgegen und man hörte es dumpf aufschlagen.
Im nächsten Moment lag der Rothaarige halb geplättet auf dem Boden und auf ihm ein kleinerer, brünetter Junge.
„Sora!“, rief es von der Treppe und ein silberhaariger Junge kam sie hinunter. „Ist alles in Ordnung?“, fragte dieser, als er bei den beiden Umgefallenen ankam.
„Aua!“, jammerte der Kleinere, als er sich aufrichtete und den Kopf rieb. „Mein Kopf tut ein wenig weh, aber ansonsten scheint nichts passiert zu sein.“
Der Silberhaarige sah den Kleineren argwöhnisch an. Dann setzte er dem Sturz eine Kopfnuss nach.
„AUA!“, schrie der Kleinere auf. „Was soll das Riku!“
„Wie kann man nur so dumm sein und von allein die Treppe runterfliegen. Erklär mir das Mal bitte“, erwiderte dieser auf den bösen Blick des anderen Jungen.
Vom Treppenabsatz des oberen Stockwerkes konnte man Stimmen hören, die ganz aufgeregt durch einander redeten. Ab und zu fielen die Namen der beiden Jungen, auf die Axel gerade getroffen war.
Das müssen die anderen Neuen sein, dachte er. Er warf dem brünetten Jungen, der anscheinend Sora hieß einen skeptischen Blick zu. Sowohl dieser als auch der Silberhaarige bemerkten dies.
„Also Jungs. Vielleicht sollte man sich wirklich bei einer Kopfverletzung nicht bewegen, aber ich habe keine Lust hier noch zu sitzen, wenn die Horde da oben runter kommt. Besonders wenn jemand auf mir drauf hockt“, sagte Axel frustriert.
Nun bemerkte erst Sora, dass er die ganze Zeit auf Axels Beinen gesessen hatte.
„Ah! Entschuldige!“, rief er und stand eilig auf. Wohl zu schnell, da er leicht schwankte. „Wow. Ich sehe Sterne.“
Der andere Junge griff ihn am Arm, damit er nicht umfiel. Er schüttelte nur den Kopf, bevor er sich Axel zuwandte. Er hielt ihm die Hand hin. Dieser sah sie einen Augenblick an und griff schließlich nach ihr.
„Danke“, sagte er.
„Wie sieht’s bei dir aus? Hast du dich verletzt?“, fragte der Silberhaarige.
„Kein Problem. Alles super“, entgegnete der Rotschopf.
„Tut mir Leid“, sagte nun der Kleine. „Ich bin ausgerutscht.“
„Ich frag mich immer noch, wo man da ausrutschen kann“, meinte der Hellhaarige.
Doch bevor Sora antworten konnte, hörte man schon Rufe von der Treppe. Beide zuckten zusammen. Sie waren entdeckt worden.
„Verdammt“, flüsterte der hellhaarige Junge.
Axel ergriff daraufhin den Arm von Sora und zog ihn hinter sich her.
„Kommt mit. Ich weiß, wo wir uns verstecken können“, rief er zu den Silberhaarigen, während er mit Sora den Gang hinunter jagte, vorbei an verwundert drein blickenden Schülern. Der andere Junge folgte ihm, als die Meute ihn schon fast erreicht hatte.
Schnell jagten sie vom einem zum anderen Ende der Schule und die Treppen hinauf.
„Hey! Zieh doch nicht so!“, sagte Sora
„Willst du lieber von den anderen zerfleischt werden?“, entgegnete Axel bissig, als sie die letzte Treppe hinauf jagten.
„Wo willst du überhaupt hin?“, rief der dritte Junge hinter ihnen, doch da stieß Axel bereits die Tür zum Dach auf. Er zog Sora um die Tür und der Silberhaarige war gerade hindurch geschlüpft, als die Tür zu schlug. Axel ließ den Jungen los und setzte sich auf den Boden. Er keuchte leicht. Dann grinste er die anderen beiden Schwertatmenden an.
„Ich würde mal sagen, wir haben sie angehängt.“
„Und dann müsst ihr ausgerechnet hier landen?“, ertönte eine Mädchenstimme.
Die drei Jungen drehten sich zur Quelle der Stimme und erblickten Ria und die anderen Drei.
„Sora. Riku. Was macht ihr denn hier?“, fragte Demyx.
„Du kennst sie?“, fragte Aysha.
„Das sind die Neuen aus meiner Klasse“, erklärte er.
„Ganz ruhig, Ria“, sagte Roxas, der versuchte das dunkelhaarige Mädchen zu beruhigen.
„Warum tauchst du immer dann auf, wenn man dich nicht gebrauchen kann“, schimpfte diese und funkelte Axel an.
„Ich denke, dass die beiden hier mich schon gebraucht haben“, erwiderte Axel genervt.
„Du bist doch nur hierher gerannt, weil du genau wusstest, dass wir hier sind!“
„Und woher bitte sollte ich das wissen?!“
„Weil du uns vorhin belauscht hast, als wir losgegangen sind!“
Die Stimmen der Beiden wurden immer lauter. Roxas versuchte Ria zu beschwichtigen, aber es gelang ihm nicht wirklich. Sora und Riku sahen sich verwirrt an. Aysha seufzte und Demyx schüttelte den Kopf.
„Beruhige dich, Ria“, fuhr ihre Freundin sie jetzt an. „Das kann man sich nicht mehr mitanhören! Seit wann bist du bitte so zickig?!“
Ria sah ihre Freundin beleidigtet an. Kurz blickte sie zum Rothaarigen und wandte sich dann ab. Sie war aufgesprungen, als dieser sich hatte zu Boden fallen lassen. Sie setzte sich wieder zu Demyx, mit dem Rücken zu Axel. Sie hatte keine Lust mehr sich zu streiten. Auch Axel schien das Ganze satt zu haben.
„Tut mir Leid, Aysha. Aber wenn sie mich so anfährt, kann ich nicht anders darauf reagieren“, wandte sich dieser an die Freundin der Streitsüchtigen.
„Schon gut. Ich werde nachher mal mit ihr reden“, entgegnete sie, während sie abwinkte.
Demyx lehnte sich mit seinen Schultern gegen Rias.
„Meinst du, du schaffst es, nicht mehr auszuflippen, wenn du ihn siehst?“, fragte er.
Ria sah ihn angesäuert an.
„Ich werde es versuchen. Aber nur Aysha zu Liebe!“
„Gut“ Der Dunkelblonde grinste.
Als Aysha in eine Möhre biss und die anderen beiden Jungen nun vollkommen wahrnahm, sagte sie: „Was ist mit euch? Wollt ihr nichts essen?“
Die Angesprochenen sahen sich an und Sora antwortete: „Wir haben nichts dabei.“
„Das ist kein Problem. Wir haben genug. Ein paar Mädchen aus dem 1. Jahr haben mir einen Haufen Bentos gemacht“, sagte Demyx und hielt den beiden je eine Box hin.
Man konnte das Funkeln in ihren Augen sehen. Als ihre Mägen knurrten, war es klar, dass sie lange nichts mehr gegessen hatten. Aysha lachte.
„Setzt euch!“, sagte sie und schlug auf den Boden neben sich.
Die Jungs ließen sich das nicht zweimal sagen und setzten sich.
„Und was ist mit dir?“, fragte Aysha Axel. Dieser blickte kurz zu Ria. Dann wand er sich dem blondem Mädchen zu.
„Es ist wohl besser, wenn ich gehe“, erwiderte er, als er sich erhob.
„Du kannst auch hier bleiben. Es ist mir egal“, sagte Ria, als der Junge bereits an der Tür angekommen war. Er drehte sich um und sah das Mädchen an, das über seine Schulter zu ihm sah. Sie löste ihren Blick von seinem und sagte: „Ich werde auch nicht mehr streiten.“
Axel sah verdutzt zu ihr rüber. Dann musste er grinsen und das Grinsen wurde zu einem Lachen. Er musste sich den Bauch halten, während alle anderen ihn ungläubig anblickten.
Ria wurde rot im Gesicht und stand wütend auf.
„Was ist daran so lustig?“, fragte sie.
„Ich hätte nie gedacht, dass ausgerechnet du die Krallen einfährst“, erwiderte der Rotschopf lachend.
Ria wurde noch röter im Gesicht. Ihre Fäuste bebten, aber sie biss sich auf die Lippe, um nichts zu sagen. Sie versuchte sich an ihr Wort zu halten. Sie drehte sich weg und verschränkte die Arme.
Der Rothaarige hörte auf zu Lachen, als er merkte, dass Ria darauf nicht mehr reagierte. Dann ging er zu ihr rüber und stellte sich neben sie. Er gab ihr ein Küsschen auf die Wange.
Als sie sich überrascht zu ihm umwand, grinste er sie breit an.
„Dabei bist du so niedlich, wenn du wütend bist.“
„Ria. Ich weiß, dass das keine schlaue Idee war, aber so übel zurichten, musstest du ihn auch wieder nicht“, seufzte Aysha mit einem Kopfschütteln.
Beide saßen im Krankenzimmer. Aysha verband Rias Hand, die aufgeschürft blutete. Ria spürte einen pochenden Schmerz, aber sie versuchte ihn zu ignorieren.
Noch nie war es ihr passiert, dass sie so ausgerastet war. Eigentlich hatten ihre Brüder ihr gesagt, die Kampfkunsttechniken nur in Notfällen und zur Verteidigung zu gebrauchen. Ria fühlte sich schrecklich. Körperliche Auseinandersetzungen vermied sie immer. Wie konnte ihr nur so die Hand ausrutschen? Und dann verletzte sie sich auch noch selbst.
„Alle Neune, Ria. Du warst schon immer gut im Zielen“, ertönte Demyx Stimme hinter einem Vorhang.
„AU! Pass doch auf, Mann!“, johlte Axel.
„Ja, ja. Drück es mir noch richtig rein“, entgegnete Ria und seufzte.
„Wenn du es so bereust, wieso hast du es dann nicht gelassen?“, fragte ihre Freundin sie.
Ria warf einen genervten Blick zur Seite.
„Ich wurde provoziert.“
„Hättest ja der Provokation nicht nachgeben müssen“, meinte Demyx.
„Hey! Das tat weh!“, schrie Axel.
„Jetzt reiß dich mal zusammen, Alter. Oder bist du ein Mädchen?“
„Ich dachte immer, Musiker wären feinfühlige Menschen!“
Demyx sah ihn genervt an und schlug auf Axels Bauch.
„ARGH! Du mieser-! Das hast du mit Absicht gemacht!“, schrie Axel und krümmte sich vor Schmerzen.
„Ria. Du triffst wirklich immer auf den Punkt“, meinte Demyx das sich kringelnde Häufchen ignorierend.
Aysha lachte. Sie packte das Verbandszeug weg, als sie mit Rias Hand fertig war und ging zu den beiden Jungen hinter dem Vorhang neben dem Bett, auf dem Ria saß.
„Du siehst gar nicht so weinerlich aus, Axel. Ich bin erstaunt, wie du das hinbekommen hast, Ria“, sagte sie fröhlich.
Ria sah weg und Axel versuchte sich auf seinem Bett aufzurichten. Dabei zuckte er einmal zusammen, als er seine Beine über die Bettkante warf und sie auf dem Boden aufsetzte.
„Lass mich mal machen, Demyx. Du tust ihm sonst wirklich noch mehr weh“, meinte Aysha und der Dunkelblonde erhob sich, drückte ihr die Salbe und den Verband in die Hand und setzte sich Ria gegenüber, wie Aysha es zuvor getan hatte.
Aysha wandte sich derweil dem Rothaarigen zu und drückte die Salbe aus der Tube auf ihre Hand. Sie verteilte sie auf dem Bauch des Jungen, der ab und zu mal zusammenzuckte.
Das war auch zu verstehen. Wer würde nicht zusammenzucken, wenn jemand über den riesigen, blauen Fleck auf seinem Bauch fahren würde, der ein Bein abzeichnete.
Dann legte Aysha einen stabilen Verband an, damit der Junge eine aufrechtere Haltung einnahm. Dies sollte größere Schmerzen verhindern, erzeugte aber zunächst das Gegenteil.
„Aua!“, heulte Axel auf.
„Jetzt hab dich mal nicht so. Ria hat keinen Ton von sich gegeben, als ich sie verband. Und sie hat ihre Hand gegen eine WAND geschlagen“, tadelte Aysha den Jungen.
„Wäre ich nicht ausgewichen, wäre diese ‚Faust‘ in meinem Gesicht gelandet!“, protestierte dieser, zuckte aber bei seiner ruckartigen Bewegung. Er fluchte leise.
„Du hättest sie nicht provozieren müssen“, schimpfte Aysha.
„Ich denke nicht, dass ich sie provoziert habe.“ Axel sah beleidigt zur Seite.
Ria seufzte. Er ist wirklich viel kindischer, als er aussieht, dachte sie. Demyx stupste sie in die Seite. Als sie zu ihm sah, grinste er sie an. So versuchte er immer sie aufzumuntern. Ria lächelte.
Da klopft es an der Tür. Ein blonder Schopf lugte durch den Türspalt hindurch.
„Wie sieht’s aus? Alles okay?“, fragte Roxas.
„Keine Probleme“, grinste Demyx und hielt den Daumen hoch.
„Wer hat hier keine Probleme?!“, meckerte Axel, der hinter dem Vorhang hervorkam und Demyx wütend ansah.
„Lass es lieber, sonst kann ich dir noch einen neuen Striem verpassen“, funkelte Ria ihn an.
Axel warf ihr einen finsteren Blick zu und die Atmosphäre spannte sich an.
Dann blickte er auf Demyx herab.
„Ich wusste gar nicht, dass du dich hinter einem Mädchen versteckst“, spottete der Rothaarige.
Einen Moment war es still.
Dann sprang Demyx auf und griff nach Axels Kragen. Böse funkelte er den Größeren an.
„Ich verstecke mich nicht hinter Ria!“
„Na, die Spannung scheint sich ja wirklich gelegt zu haben“, meinte Roxas zu Aysha.
Diese nickte.
„Da hast du Recht. Ria, wollen wir langsam zurück in die Klasse? Die Pause dürfte schon um sein“, sagte sie an ihre Freundin gewandt.
„Deswegen bin ich auch hier. Der Lehrer hat schon nach euch gefragt“, fügte Roxas hinzu.
„Ja. Lasst uns gehen“, erwiderte Ria darauf.
Die beiden Streithähne funkelten sich immer noch an. Ria seufzte kurz und griff dann nach Demyx Ohr.
„Lass gut sein, Dem. Du musst auch wieder zurück in die Klasse“, sagte Ria, während sie den vor Schmerz schreienden Demyx hinter sich aus dem Zimmer zog.
„Aua! Ria! Lass los! Das tut weh!“
„Was ist das für ein Krach da draußen?!“, schimpfte ein blondes Mädchen. Sie saß auf einem Tisch und begutachtete die Arbeit der Personen vor ihr. „Können die nicht leiser sein, wenn sie nach Hause rennen?“
„Du bist auch nicht gerade viel leiser“, ertönte es hinter ihr in gelangweilter Weise. Ein blauhaariger Junge, dessen Haare sein Gesicht halb verdeckten, arbeitete gerade ein paar Formulare durch. Das Mädchen sah ihn beleidigt an. Dann wand sie sich wieder den anderen zu.
„Du da!“, rief sie und deutete auf einen der älteren Jungen mit langen, altrosafarbenen Haaren. Dieser lehnte sich leger gegen seinen Tisch, während er mit dem Stuhl kippelte und aus dem Fenster blickte. Er drehte sich zu der Blonden um.
„Was?“
„Hör auf zu faulenzen und mach auch was! Schließlich bist du hier Vizeschülersprecher“, fauchte sie ihn an. Die Anderen im Raum hielten inne, als sie ihre Stimme erhob.
Der große Junge grinste.
„Dann solltest du wissen, wem du Vorschriften zu machen hast und wem nicht“, erwiderte er.
Dem Mädchen verschlug es die Sprache. Der Junge wandte sich wieder dem Fenster zu und beobachtete die am Himmel vorbeiziehenden Wolken.
„Nur weil du unser Wachhund bist, kannst du dich hier so aufplustern. Treib es nicht zu weit, Larxene!“
Entsetzt sah sie ihn an. Sie stand blitzschnell vom Tisch auf und schnappte sich ihre Tasche. Als sie den Raum verlassen hatte, schmiss sie die Schiebetür regelrecht zu.
„Musst du sie immer so provozieren?“, fragte der Blauhaarige, als er seufzend seinen Kopf aufstützte.
Der Langhaarige legte seine Hände hinter den Kopf und wackelte mit seinem Stuhl vor und zurück.
„Ich provoziere sie nicht. Sie hat nur ein aufbrausendes Temperament“, grinste er.
„Wenn du meinst“, erwiderte der Blauhaarige und wand sich wieder seiner Arbeit zu.
Der Langhaarige erhob sich von seinem Stuhl und schlenderte hinüber zu dem Arbeitenden. Er blieb stehen und stützte sich auf der Tischplatte ab. Dabei grinste er den in seine Formulare vertieften Jungen an.
„Und was ist mit deinem kleinen Blümchen? Hast du sie immer noch nicht überzeugen können für dich zu arbeiten“, fragte er verschmitzt.
Der Blauhaarige warf ihm einen finsteren Blick zu.
„Und was sollte dich das angehen?“
Der Größere stellte sich aufrecht hin. Er hob theatralisch die Arme und sagte: „Ich will doch nur, dass unser Schülerrat endlich vollständig ist. Schon seltsam, dass sie ihrer Verpflichtung nicht nachkommt.“
Der Blauhaarige sah ihn skeptisch an. Er wusste genau, worauf er hinauswollte.
„Sie wird schon noch kommen“, sagte er und schrieb etwas auf die Papiere.
„Natürlich“, grinste der Langhaarige. „Aber ich frage mich, warum sie bisher nicht gekommen ist.“
Der Blauhaarige schlug mit den Händen auf den Tisch und stand auf. Er beugte sich zu dem Größeren hinüber, bis sich die Gesichter beinahe berührten. Er blickte ihn durchdringend an und sagte ganz ruhig: „Vielleicht solltest du wirklich etwas tun, Vizeschülersprecher Hanazuka.“
Der Kleinere drückte dem anderen Jungen einen Stapel Papiere in die Hände und schnappte sich seine Tasche.
„Wir sehen uns morgen“, sagte er und verließ den Konferenzraum.
Der Langhaarige blickte auf den Stapel Zettel in seinen Händen. Dann zuckte er mit den Achseln und schob ihn weiter an seinen Sekretär.
„Ich werde mich dann auch mal davon machen“, sagte er, als er sich selbst seine Tasche über die Schulter warf und nach ein paar Schritten die Tür hinter sich zuschob.
Als schon alle zum Ausgang gerannt waren, lugte Roxas hinter der Schiebetür seines Klassenzimmers hervor. Den ersten Ansturm hatte er vermeiden können. Er sah den Gang hoch und runter, konnte aber niemanden mehr entdecken.
„Willst du nicht rausgehen?“, fragte eine tiefe Stimme. Als er sich umdrehte, sah er Axel. Er richtete sich auf und lächelte dem Größeren zu.
„Ja. Ich wollte nur nicht, dass man mich belagert“, erwiderte er.
„Das Schlimmste hast du noch nicht überstanden“, ertönte eine weitere Jungenstimme. Vor der Tür war Demyx aufgetaucht. Überrascht war der Blondhaarige herumgefahren.
„Hallo Demyx“, sagte Roxas und grüßte ihn zusätzlich mit der Hand.
„Wo habt ihr denn Ria gelassen?“, fragte Demyx.
„Wenn der Riese hier nicht im Weg stehen würde, wäre ich schon längst auf dem Gang“, erklang die Stimme der Gesuchten.
Roxas und Demyx schauten um den Größeren herum, der sich umgedreht hatte, um das Mädchen zu sehn. Diese sah genervt zu dem Größeren hoch. Aysha stand direkt hinter ihr und kicherte.
„Bleib ruhig, Ria. Ich glaube nicht, dass Axel das absichtlich gemacht hat“, sagte diese.
Ria stieß nur einen Seufzer aus und lief dann um Axel herum. Bevor sie sich jedoch zu Demyx und den bereits neben ihm stehenden Roxas gesellte, blieb sie vor Axel stehen und drehte sich zu diesem um. Kurz sah sie ihm in die Augen, wandte aber ihren Blick ab. Sie wurde leicht rot um die Nase.
„Tut mir Leid wegen vorhin. Ich habe die Beherrschung verloren. Ich wollte dich nicht verletzen.“
Axel sah erstaunt auf sie hinab.
„Mo-moment! Ich muss mich erst mal fassen!“, entgegnete er.
Rias Rotschimmer wurde dunkler und breitete sich im Gesicht aus.
„Das hab ich nur gesagt, weil es sich gehört, klar?! Ich bereue nie etwas, was ich getan habe. Schließlich kann ich es nicht mehr ändern“, fuhr sie ihn an.
Sie drehte sich um und schnappte sich Demyx' Arm. Abermals zog sie ihn den Gang herunter.
Die drei Zurückgebliebenen sahen einander an.
„Nimm es ihr nicht übel“, sagte Aysha zu Axel. „Sie hat sich vor einer Weile angewöhnt, nichts mehr zu bereuen.“
„Das erspart immerhin unnötige Gedanken“, fügte Roxas hinzu.
Axel kratzte sich am Hinterkopf.
„Mach dir deswegen keine Sorgen. Ich bin nicht sauer auf sie. Sie hat sich doch entschuldigt, egal ob sie es nun erst meinte oder nicht. Für mich ist die Sache gegessen. Lasst uns gehen.“
Als sie ihre Schuhe angezogen hatten und auf den Hof traten, sahen sie Demyx und Ria mit einem weiteren Jungen zusammen.
„Wer ist denn dieser Blauhaarige?“, fragte Aysha die beiden Jungs hinter ihr.
„Sieh mich nicht an. Ich bin genauso kurz an dieser Schule, wie du“, erwiderte Roxas.
„Ich weiß auch nicht genau. Nur wenn er an mir und der Meute, die mich vorher immer umgeben hatte, vorbeiging, haben sich alle verbeugt. Vielleicht vom Schülerrat?“, überlegte Axel und kratzte sich am Kopf.
„Lasst uns am besten einfach mal hingehen“, räumte Roxas ein.
Als sie bei ihren Freunden angekommen waren, verabschiedete sich der blauhaarige Junge bereits und verschwand.
„Der kann mich mal. Als ob ich das freiwillig machen wollte“, sagte Ria und streckte ihm die Zunge hinterher.
„Wer war das?“, fragte Aysha.
„Der Schülersprecher, Yamagata“, antwortete Demyx.
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„Was wollte dieser Typ denn vorhin von dir, Ria“, fragte Aysha ihre Freundin, als sie zu Hause in Rias Zimmer saßen und Hausaufgaben machten.
Ria sah zu ihrer Freundin, die sich auf dem Boden ausgebreitet hatte und alle Fächer durcheinander bewältigte, während sie am Schreibtisch saß. Dann widmete sie sich wieder ihrer eigenen Arbeit.
Einen Moment war es still, während Aysha immer noch zu Ria hochblickte.
„Es war nichts Wichtiges“, antwortete die Dunkelhaarige dann endlich.
Aysha sah sie skeptisch an.
„Ja klar. Der Schülersprecher quatscht dich an und will irgendwas, aber es ist nicht wichtig. Das macht wirklich Sinn, Ria.“
Das dunkelhaarige Mädchen warf ihr nur einen kurzen warnenden Blick zu. Das Thema war abgeschlossen für Ria, damit musste sich Aysha jetzt nun mal abfinden.
Diese war allerdings nicht sonderlich darüber begeistert.
„Gut“, sagte sie und erhob sich, „wenn du es mir nicht sagen willst, dann auch gut.“
Sie schob ihr Zeug mit den Füßen zusammen und verließ den Raum.
Ria seufzte. Warum musste dieser verdammte Typ ausgerechnet jetzt damit ankommen, dachte Ria verbittert.
Und dann bestimmt er auch noch einfach über mich. Nur weil er der Beste an der Schule ist, kann er sich auch nicht alles erlauben. Verdammter Yamagata!
In ihrer Rage hatte Ria ihrer Druckbleistift zerdrückt. Sie seufzte und stand auf. Als sie die Tür öffnete, stand Aysha vor ihr mit einem Eis in der Hand und einem anderen im Mund.
Erst sah sie ihre Freundin überrascht an. Dann sah sie beschämt zur Seite. Sie griff nach dem Stiel ihres Eises und sagte: „Tut mir Leid wegen gerade.“
Ria griff nach dem anderen Eis, das Aysha ihr hinreichte und biss ab.
„Also wirklich! Glaubst du ernsthaft, dass ich deswegen sauer werde!“, spottete sie und grinste ihre Freundin an.
Diese lächelte zurück und dann umarmten sich die Beiden.
„Erzählst du mir jetzt, was dieser Schülersprechertypie von dir wollte?“, fragte Aysha.
„Ich denke nicht dran“, grinste Ria.
„Dann werd ich wohl warten müssen bis du es mir sagst, stimmt‘s?“, zuckte Aysha mit den Schultern.
„Ganz genau. Und jetzt weiter mit deinen Aufgaben. Ich bin schon so gut wie fertig!“, erwiderte Ria.
„Du bist manchmal wirklich eine Sklaventreiberin.“„Das mach ich nur zu deinem Besten.“
„Ja, ja.“
Und schon glitt die Tür hinter den beiden Mädchen zu.
„RIA! ICH HAB HUNGER!“
„Argh!“, seufzte Ria frustriert aus, als ihr älterer Bruder wiedermal nach Essen schrie. Aysha und sie hatten gerade eine lustige Show im Fernsehen gefunden und sich halb tot gelacht, als Higes Stimme ertönte.
Sie lief zur Tür und riss sie auf.
„Ich komme ja gleich!“, schrie sie den Gang runter. Sie ging zurück ins Zimmer und schaltete den Fernseher aus, während Aysha sich vom Boden erhob.
„Geht das jetzt jeden Abend so?“, fragte diese.
„Nein. Nur an den ruhigen Abenden. Für gewöhnlich kommt er in mein Zimmer gestürmt und macht eine nervige Szene“, erwiderte Ria genervt.
Die beiden Mädchen gingen die Treppe hinunter, an dessen Fuß bereits der Hungernde wartete wie ein mit dem Schwanz wedelnder Hund.
Als Ria neben ihm stand, warf er sich an ihre Brust.
„Ich sterbe gleich!“, heulte er und das Dröhnen seines Bauches war bestimmt im ganzen Haus zu hören. „Reiß dich mal zusammen, Hige. Ich dachte, du wärst wesentlich stolzer“, schimpfte Aysha neben Ria.
Böse funkelte sie der Angesprochene an.
„Natürlich! Aber von Stolz werde ich nicht satt!“
„Und wenn ich ausziehe auch nicht mehr“, sagte Ria und befreite sich aus der Umklammerung ihres Bruders.
Dieser sah sie entsetzt an und schon stürmte ein verängstigter Mizuke vom Sofa heran. „Was soll das heißen, Ria? Willst du etwa ausziehen?! Das geht nicht. Das darfst du nicht machen!“ Er hatte sie an den Schultern gepackt und leicht geschüttelt.
Ria befreite sich auch seinem Griff.
„Krieg dich wieder ein. Ich habe mit keinem Wort gesagt, dass ich jetzt ausziehen werde“, erwiderte Ria schnippisch und verschränkte die Arme. „Und selbst wenn, hast du mir das nicht zu verbieten!“
„Solange ich hier der Herr im Hause bin, wirst du auf das hören, was ich sage!“, fuhr ihr Bruder sie an.
Ria wollte etwas erwidern, aber da zupfte jemand an ihrem Shirt. Als sie sich umdrehte, sah sie Kokike. Seine Augen glänzten und er sah gequält aus.
Das war eine von Kokikes Macken. Er war unglaublich nah am Wasser gebaut, wenn es um Familienthemen ging.
„Du….du wirst doch nicht weggehen, oder Ria? Du wirst nicht…“, stammelte er.
Ria hasste es, wenn er so wurde. Er zog dann immer sein Niedlichkeits-Ass aus dem Ärmel, auch wenn er das nicht bewusst tat, und dann konnte sie nichts mehr erwidern.
„Nicht weinen, Kokike. Ich geh nicht weg“, sagte sie und nahm ihrem Bruder in den Arm. Er war nur ein paar Zentimeter größer als sie. Vielleicht 2 oder 3. Sie strich ihm durch die Haare, während er sie umarmte.
„Wuah! Jetzt hört doch mal mit dieser kitschigen Szene auf! Ich fang gleich an zu heulen!“, rief Aysha und rieb sich schon die Augen.
Ria löste sich von ihrem Bruder. Jetzt musste sie Aysha durch die Haare wuscheln, um sie vor den Tränen zu bewahren.
Kokike hing sich um ihren Hals, während Aysha sie umklammerte. Mizuke musste natürlich gleich noch mit mitmachen.
„Ihr benehmt euch heute wirklich wie Kleinkinder“, sagte Ria kopfschüttelnd. „Bis ich ausziehe dauert es doch noch eine Weile.“
„Du weißt gar nicht, wie schnell das gehen kann! Kaum hast du einen Jungen kennengelernt und ihr seid intim geworden, willst du schon zu ihm zieh‘n!“, heulte Mizuke in Rias Ohr.
„MIZUKE!“, rief sie und wurde rot im Gesicht.
„NEiEIEIEN! Nicht unsere kleine RIAAA!“, heulte Kokike noch lauter.
„Kokike!“
„Aber der will dir an die Wäsche!“„Wer will Ria an die Wäsche?“, schaltete sich nun auch Hige ein.
„Seid endlich still!“, schimpfte Ria mit puterrotem Gesicht.
„Oh man! Musste das gestern Abend echt sein?“, jammerte Ria, als sie gerade um die Ecke der Straße ihres Hauses bogen. Aysha sah belustigt drein, als ihre Freundin einen Seufzer nach dem andern ausstieß.
„Tja. Geschwister werden nun mal sentimental, wenn man auszieht. Du hättest mal meine erleben müssen! Das war eine einzige Flennerei“, sagte Aysha.
„Jaaa. Aber noch zieh ich nicht aus. Ich sollte manchmal vorher wirklich besser nachdenken, bevor ich was sage“, erwiderte die Dunkelhaarige.
„Das könnte sehr hilfreich sein.“ Aysha grinste sie an. Die Tatsache, dass sie selbst auch angefangen hatte zu weinen, schoben beide einfach mal beiseite.
Sie bogen um eine weitere Ecke und liefen nun durch eine Allee von Bäumen auf den Park zu. Es war Frühling und die Kirschbäume blühten im wunderschönen zartrosa. Sanft rieselten vereinzelt Blätter herunter und wirkten wie Schneeflocken. Irgendwie stimmten sie Ria wieder fröhlicher und sie verdrängte den gestrigen Abend.
An der nächsten Ecke an einem Geländer sahen sie schon Demyx stehen. Lässig hatte er sich seine Tasche über die Schulter geworfen und sah zu den Bäumen hinauf. Als die Mädchen immer näher kamen, bemerkte er sie und grüßte sie grinsend. Ria und Aysha lächelten zurück.
„Was haltet ihr davon, wenn wir demnächst zum O-Hanami gehen?“, fragte Demyx und deutete auf die rosa Blüten.
„Die Idee hatte ich auch schon. Das wird bestimmt lustig! Lass uns das machen, Ria! Ich war noch nie beim O-Hanami!“, entgegnete Aysha begeistert darauf.
Die Dunkelhaarige dachte einen Moment nach.
„Okay. Aber erzählen wir meinen Brüdern nichts davon. Sonst wollen die alle mit“, meinte sie dann schließlich.
„Schade. Ich hab deine Brüder ja noch nicht wirklich kennengelernt“, erwiderte Demyx darauf und sie liefen weiter zur Schule den Hang hinauf.
„Das willst du auch nicht“, sagten Aysha und Ria wie aus einem Mund.
„Sie sind einfach zu anstrengend. Vor allem, wenn sie hungrig sind“, sagte Ria darauf.
„Und wir hatten gestern schon ein ganz schönes Theater bezüglich dem Thema ‚Ria und Jungs‘“, fügte Aysha dazu und machte eine abwertende Bewegung mit ihren Händen.
„ARGH! Ich hatte es gerade verdrängt, Aysha!“, stöhnte Ria auf.
„Sorry.“
Demyx sah die Mädchen irritiert an, aber Ria war noch nie wirklich gut auf ihr Brüder zu sprechen gewesen. Sie hatte immer abgeblockt, wenn er sie mal besuchen wollte. Gerne würde er ihre Brüder kennenlernen. Aber wenn es wirklich so war, dass sie ihre Kampfkünste von ihren Brüdern gelernt hatte, dann war es vielleicht doch sicherer nicht hin zu gehen. Er ließ das Thema eben sein und fragte nicht weiter nach.
„Und wann wollen wir gehen?“; fragte er schließlich.
Ria sah ihn an und dachte dann einen Moment nach.
„Ich bin für so schnell wie möglich!“, rief Aysha begeistert und ihr Grinsen auf dem Gesicht wurde immer breiter.
„Ich denke, wir sollten das mit den anderen noch abklären. Ich bin sicher, dass Roxas auch Lust hat mitzukommen“, meinte Ria darauf.
„Ich hätte auch die anderen Jungs gefragt. Das wird doch sowieso viel lustiger, je mehr wir sind“, stimmte Demyx zu.
„Dann fragen wir also noch Roxas, Sora und Riku“, zählte Aysha an ihren Fingern auf, „und Axel!“
Rias Gesicht verzog sich leicht. Aber wie es schien, konnte ihre beste Freundin diesen Kerl wohl gut leiden. Wenn sie zusammen wären,… Ria dachte lieber nicht weiter darüber nach.
Sie waren schon am Tor angekommen und Horan-sensei blickte sie überrascht an.„Sieh an. Dass ich sie beide nochmal pünktlich erlebe“, sagte er mit einem schiefen Grinsen. „Wahrscheinlich hat eure neue Mitschülerin einen guten Einfluss auf euch.“ Er grinste zu Aysha.
Diese blickte nur verlegen zurück und dann von Ria zu Demyx, die beide die Augen verdrehten.
„Wir sind auch nur Menschen, Horan-sensei. Wir können auch mal Fehler machen“, sagte dann Demyx mit einem Grinsen an den Lehrer.
Dieser sah ihn erst verwirrt an und die Drei liefen schnell an ihm vorbei, bevor der Lehrer endlich begriff, was Demyx meinte.
„Dieser Horan-sensei scheint ja nicht der Hellste zu sein“, sagte Aysha.
„Naja. Sagen wir mal indirekte Beleidigungen oder Witze begreift er nicht so schnell“, entgegnete Ria.
„Ja. Eigentlich ist er gar nicht soo doof. Vor allem wenn es darum geht, Schulschwänzer und Trödler aufzuspüren“, fügte Demyx hinzu. „Sag mal, Ria. Wie willst du jetzt eigentlich die Sache mit Yamagata lösen?“
Ria sah ihn erschrocken an. Diese Frage hatte sie jetzt nicht erwartet. Dann verzog sich ihr Gesicht zu einer genervten Grimasse.
„Der kann mir mal sonst wo. Ich hab keinen Bock drauf“, antwortete sie schließlich.
„Willst du mir jetzt endlich mal erklären, was der nun wollte?“, fragte Aysha sichtlich genervt, dass sie nicht wirklich mitreden konnte.
„Hast du ihr nicht davon erzählt?“, fragte Demyx und sah Ria überrascht an.
Ria verzog noch mehr das Gesicht. Sie wirkte jetzt vollkommen entnervt.
„Ich wollte ihr davon nicht erzählen, weil es nicht wichtig ist“, antwortete Ria und drehte den Kopf zu Seite um die beiden nicht mehr sehen zu müssen.
„Nicht so wichtig. Als ob es nicht wichtig wär, dass du die Sekretärin des Schülersprechers bist“, seufzte Demyx und schüttelte den Kopf.
Aysha fiel der Mund auf.„Du bist die Sekretärin von diesem Blauhaarigen?“, fragte sie ungläubig.
Ria streckte nur die Zunge raus, als hätte sie etwas absolut widerlich Schmeckendes im Mund, dass sie versucht rauszuschieben. Aysha sah sie verwirrt an.
„Aber wenn du keine Lust hast den Job zu machen, warum lehnst du dann nicht einfach ab“, fragte sie darauf.
„Was denkst du, was ich schon versucht hab“, stöhnte Ria und ließ ihre Füße schwer über den Boden schleifen.
„Bei uns läuft das hier ein bisschen anders, Aysha“, sagte Demyx. „Bei uns wählen die Schülervertreter, also Schülersprecher und Vize ihren Sekretär selbst. Diese können das Amt dann nicht ablehnen.“
„Aber warum hat Yamagata dann ausgerechnet Ria ausgesucht, wenn sie doch so gar keine Lust hat?“ Aysha war nun mehr verwirrt. Seltsame Angelegenheit, dachte sie.
„Tja. Das ist ja die Frage, die auch uns beschäftigt. Nicht wahr, Ria?“ Demyx wandte sich jetzt an diese.
Ria sah nur mit einem gequellten Lächeln zurück. Sie waren bei Demyx Klassenraum angekommen und er verabschiedete sich damit die Problemlösung auf später zu verschieben. Die beiden Mädchen gingen weiter zur nächsten Tür und bogen in die Tür hinein.
„Morgen“, grüßte sie Roxas mit einem Lächeln, der anscheinend auch gerade angekommen war. Er wollte sich gerade setzen.
„Guten Morgen!“, grinste Aysha zurück.
„Morgen“, murmelte Ria deprimiert. Sie schlürfte weiter zu ihrem Platz und ließ sich wie ein ausgeleierter Ballon auf ihr Pult fallen. Sie seufzte schwer. Roxas sah sie verwirrt an und drehte sich dann zu Aysha um, die gerade auf dem Weg zu ihrem Platz neben ihm war.
„Scheint ja ein guter Start in den Tag gewesen zu sein“, meinte er zu ihr und deutete auf Ria. „Was ist denn passiert?“
„Ach weißt du. Frauen haben immer mehrere Probleme auf einmal, wenn sie welche haben“, erwiderte Aysha und grinste ihn leicht gezwungen an. Er schien nicht wirklich zufrieden, aber fragte auch nicht weiter nach. Er blickte nur betrübt zu der seufzenden Ria. Aysha beobachtete ihn neugierig, aber er schien es nicht zu merken.
„Müssen ja echt harte Probleme sein, so wie die da hängt“, mischte sich nun eine Stimme von links ein. Axel hatte sich unbemerkt von den anderen auf seinen Platz zu Ayshas Linken gesetzt.
„Morgen“, grüßte ihn Aysha. „Ja. Aber lass sie heut lieber in Ruhe. Ansonsten kommst du nicht so harmlos davon wie gestern.“
Axel fuhr sich über den Bauch. „Ich lass sie in Ruhe. Ich bin noch zu jung zum sterben.“Aysha musste lachen. Dann hielt sie aber inne und schielte zu Ria. Diese schien das aber nicht bemerkt zu haben. Diese Sache mit dem Schülersprecher scheint ja echt tief zu sitzen, dachte sie.
„Aysha!“, jammerte es von ihrer Seite. Roxas sah sie mit besorgtem Gesicht an. „Mach was! Ich kann das nicht mehr mit ansehen.“ Er deutete auf Ria. Axel und Aysha sahen zu dem seufzenden Mädchen vor ihnen.
Inzwischen war Mittagspause und seit heute Morgen hatte sie auf nichts mehr reagiert. Die Lehrer schienen auch schon besorgt zu sein. Ria war eine der besten Schülerinnen und es verwunderte doch sehr, dass sie sich so gehen ließ. Auch Roxas war bedrückt. Aysha sah ihn einen Moment an und musste dann selbst seufzen.
„Würde ich ja gern, aber das würde nichts bringen“, sagte sie. Roxas blickte nun noch betrübter drein und richtete seinen Blick wieder auf Ria.
„Meinst du, er steht auf sie?“, hauchte es plötzlich in Ayshas Ohr. Sie schrie auf und wandte sich dann zu Axel, der sich zu ihr herüber gebeugt hatte.„Hast du mich erschreckt“, sagte sie. Dann sah sie wieder zu Roxas. Es schien ihn wirklich zu beschäftigen, was mit Ria war. Ihren Aufschrei hatte er auch nicht bemerkt. „Hmm. Vielleicht hast du Recht. Aber nach gerade mal 2, 3 Tagen?“
Axel sah sie an und schien zu grübeln.
„Hm. Stimmt auch wieder. Aber es gibt doch auch so was wie Liebe auf den ersten Blick, oder?“, grinste er sie an.
Zuerst spürte sie Wärme in ihren Wangen und dann grinste sie zurück.„Ja. Der Meinung bin ich auch. Aber ich hätte eher gedacht, dass du auf sie stehst“, stichelte sie.
„Was?!“, entfuhr es Axel und jetzt wurde sogar er rot unter dem herausfordernden Blick des Mädchens.
„Nein! Ich… Es ist einfach nur lustig, wenn sie wütend wird. Mein Typ ist sie nicht so wirklich. Und dann sind da doch noch ihre Brüder, oder? Von denen hat sie doch ihre Kampfkünste. Nee, danke!“
Ayshas Blick wurde von freudig auf einmal beleidigt. Sie schürzte ihre Lippen und wand sich von ihm ab. Axel sah sie überrascht an. Hatte er was Falsches gesagt?
„Was ist denn jetzt?“, fragte er.
„Ria ist ein hübsches, liebes, hilfsbereites Mädchen und meine beste Freundin. Du hast nicht das Recht sie so runterzumachen!“, fuhr sie ihn an. Ein böser Blick traf seinen und Axel wurde ganz klein.
„Tut mir ja Leid“, gab er kleinlaut von sich.
„Scheint ja ne echt tolle Stimmung hier zu sein“, ertönte nun eine bekannte Stimme. Aysha und Axel drehten sich und sahen Demyx.
„Was ist denn hier los?“, fragte er und deutete zuerst auf den blonden Jungen hinter sich, dann auf Ria.
Ayshas Blick verfinsterte sich.„Eigentlich bist du ja an allem Schuld. Warum musstest du von diesem Yamagata anfangen!“, schimpfte sie.
„Also hat es mit dem Schulsprecher zu tun?“, fragte Axel neugierig.
„Deswegen hängt sie da so rum?“, fügte Demyx hinzu.„Sie macht sich halt einen Kopf, wie sie das Problem mit ihm lösen kann“, erwiderte Aysha. „Und Roxas macht sich einen Kopf, wie er sie aufheitern kann.“
Demyx drehte sich zu dem Kleineren um. Dieser hatte ihn immer noch nicht bemerkt, geschweige denn seinen eignen Namen, wie schon, als er ins Zimmer kam und ihn grüßte. Demyx schmeckte einen sauren Geschmack in seinem Mund. Irgendwie passte es ihm nicht, dass Ria seine ganzen Gedanken einnahm.„Von was für einem Problem reden wir denn hier?“, fragte Axel. Aysha und Demyx sahen ihn an.
„Das geht dich nichts an. Das ist eine Sache zwischen dem Schülersprecher und Ria“, entgegnete Demyx etwas angesäuert. Axel zog eine Braue genervt nach oben.
„Jetzt hört mal auf und seht dahin!“, flüsterte Aysha plötzlich heftig und deutete auf den Tisch vor ihr. Die Jungen wanden sich voneinander ab und richteten ihren Blick in die gedeutete Richtung.
Roxas hatte sich auf den Stuhl vor Ria gesetzt und sah sie ziemlich nervös an. Er schien nicht wirklich zu wissen, was er jetzt machen sollte. Er hob die Hand, zögerte doch sie zu berühren und ließ sie wieder verschwinden.
„Ähm…also…Ria?“, fragte er zögerlich. Sie reagierte kaum, aber hatte ihn gehört. „Wollen wir uns vielleicht was zu essen kaufen gehen? Du müsstest doch… Hunger haben.“
Sie drehte ihr auf den Armen liegendes Gesicht zu seinem. Sie dachte kurz darüber nach.
„Ja…stimmt schon“, antwortete sie und sah zur Seite.
Roxas schien sichtlich erfreut, dass Ria endlich Lebenszeichen von sich gab. Er grinste übers Gesicht. Aysha und die beiden Jungs wirkten verblüfft.„Dann lass uns gleich gehen, bevor die Pause vorbei ist“, sagte Roxas voller Übereifer und sprang vom Stuhl auf. Ria richtete sich auf.
„Aber ich habe…, glaube ich, kein Geld mit“, meinte sie dann nüchtern.
„Kein Problem. Dann leihen wir dir halt was“, sagte Demyx hinter ihr. Ria drehte sich um. Die drei Chaoten hinter ihr grinsten sie fröhlich an und Roxas stellte sich neben sie.
„Lass uns gehen, ja?!“, freute er sich.
Einen Moment sah sie ihn nur an. Worüber grinsen die denn alles nur, dachte sie.
Dann lächelte sie aber doch den Blonden neben ihr an und sagte: „Ja.“
„Ria? Ria?! Wo bist du?“, rief Demyx durch die Menge.
Das brünette Mädchen war gerade in einer Masse von Schülern unter gegangen, die sich alle um den Essensstand drängten, um noch etwas halbwegs Gutes abzubekommen. Irgendwo weiter vorne konnte er Aysha und Axel erblicken, der das Mädchen anscheinend gerade vor einer Lawine von Brötchen rettete, die die Verkäuferin den Hungrigen zuwarf. Er selbst und Roxas hatten sich gerade an den Rand um eine Ecke gekämpft und verschnauften, als sie bemerkt hatten, dass das zweite Mädchen verloren gegangen war.
„Wo ist sie nur hin?“, fragte Roxas verwirrt und streckte sich, um auch nach Ria zu sehen, war aber definitiv zu klein.
„Ich kann sie nicht sehen“, sagte Demyx, der viel größer war, sie aber trotzdem nicht finden konnte.
„Alter! Was ist denn das bitte?!“, stöhnte Axel, als er endlich sich aus der Masse befreien konnte, Aysha vor sich herschiebend.
Diese sackte an der Wand zusammen und sagte halb atemlos mit Armmeldung: „Ich bin dafür, dass wir nie wieder hierher kommen! Wer noch?“
Die anderen stimmten ihr zu. Dann sah Aysha sich um.
„Also irgendwie habe ich das Gefühl, dass was wichtiges fehlt“, bemerkte sie und sah auf ihre Hände. Nein. Das harterkämpfte Essen hatte sie noch.
„AH! Wo ist Ria?!“, schrie sie und sprang auf. Sie lugte hastig um die Ecke zu der hungrigen Meute von Schülern.
„Sie ist doch nicht versunken in den Tiefen der Verfressenen, oder?“, fragte sie nervös die Jungs neben ihr.Axel winkte ab.
„Nein, nein. Das glaub ich nicht“, versuchte er sie zu beruhigen.
„Aber trotzdem ist sie verschwunden“, fügte der kleine Blonde freudlos hinzu.
„Eigentlich war sie direkt hinter uns. Und dann auf einmal“, Demyx machte mit seinem Armen eine Bewegung wie die Ausdehnung einer Explosion, „puff, war sie weg.“
Bedrückt sahen sich alle an. Wohin war Ria nur verschwunden?
„Hmm! Hör…auf damit!“, schrie Ria und drückte ihr Gegenüber von sich. Doch so einfach war das nicht. Sie konnte sich etwas Freiraum verschaffen, aber die Person ließ nicht von ihr ab. Ria sah in das Gesicht eines Jungen, den sie sehr gut kannte.
„Was soll das? Warum schleifst du mich hierher und-?!“, rief Ria, doch der Junge hinderte sie am Weiterreden.
Der Raum war dunkel, da das Licht des Fensters sie nur spärlich erreichte. Zu viele Papiere und Gerümpel stand darin.„Meinst du nicht, dass es besser wäre, wenn du jetzt mal ruhig bist?“, säuselte er leise in Rias Ohr und griff nach ihren Handgelenken. „Wenn du schön artig bist, werde ich dir auch nicht wehtun.“
Ria sah ihn finster an, aber wehrte sich nicht mehr, auch wenn er ihr so immer näher kam.
Sie spürte seinen Atem deutlich auf ihrer Haut.
„Was willst du?“, fragte sie schroff. Sie merkte wie seine Lippen sich zu einem Lächeln verzogen.
„Ich will nur ein bisschen was von dir haben, wenn du schon nicht machst, was ich von dir verlange“, antwortete er.
Rias Augen weiteten sich. Dann schloss sie sie genervt.
„Also geht es doch darum…“, murmelte sie.
„Egal, ob du es willst oder nicht. Du weißt zu viel. Und wenn du-“
„Ich bin nicht dumm!“, fuhr sie ihn an. „Wenn es nach mir gehen würde, hätte ich das längst schon wieder vergessen!“
Nun sah er ihr bewusst in die Augen. Die dunklen Haare berührten ihr Gesicht.
„Meine Entscheidung kannst du nun aber leider nicht rückgängig machen. Alles was ich will, ist, dass du deine Aufgaben erfüllst.“ Seine Stimme klang jetzt wesentlich bissiger, doch Ria hielt seinem Blick stand.
Dann ließ er endlich von ihr ab und wand sich um. Ria wusste nicht, ob es jetzt klug war zu fliehen, also rührte sie sich nicht vom Fleck. Sie wusste, dass er sehr grausam sein konnte, wenn er wollte. Er war stark. Stärker, auch wenn er noch weniger danach aussah, als sie selbst.
„Ich habe gehört, dass ihr zum O-Hanami gehen wollt“, sagte er ruhig. Er drehte sich wieder zu ihr und grinste.
„Worauf willst du hinaus?“, fragte Ria.
„Der Rosaschopf will dieses Wochenende eine kleine Party veranstalten“, begann er und kam Ria wieder näher, „Er hat doch immerhin einen schönen Kirschgarten. Wie wäre es, wenn du und deine Freunde vorbeikommen würden?“
Rias Wut ließ sie zittern, aber sie konnte jetzt nicht aus der Haut fahren. Es fiel ihr schwer sich zusammen zu reißen, also biss sie sich auf ihre Lippe und sah zu Boden.
„Überlege dir gut, ob du ablehnen solltest“, flüsterte er in ihr Ohr, dann ging er zur Tür.
„Wir sehen uns nachher“, sagte er, bevor er die Schiebetür hinter sich schloss.
Ria ballte die Fäuste und spannte sie an bis ihre Knöchel weiß wurden.
„Verdammt!“, schrie sie auf und schlug mit einer Faust gegen die Wand.„Ich hasse ihn!“
„RIA!“, rief Roxas und sprang von seinem Stuhl auf. Auch die Drei hinter ihm wurden auf das Mädchen aufmerksam, als er zu ihr rüber lief.
„Wo warst du denn? Wir haben uns schon Sorgen gemacht, dass du zertrampelt wurdest!“, rief Aysha und hastete ebenfalls zu ihrer Freundin. Diese versuchte die beiden zu beruhigen, was ihr nur schwer gelang, da Aysha es ihr nicht leicht machte.
Während sich Ria Schimpftriaden von Aysha anhören musste, beobachtete Demyx sie eher skeptisch.
„Ist es dir aufgefallen?“, fragte er den Rothaarigen neben ihm, der es sich gerade auf seinem Stuhl gemütlich gemacht hatte. Er sah zu dem Dunkelblonden auf. Beide Gesichter waren ernst.
„Meinst du den Blick, den sie hatte, als sie ins Zimmer kam?“, erwiderte Axel. „Er sah nicht besonders fröhlich aus.“
„Ha! Bestimmt nicht. Ich habe schon lange nicht mehr so einen finsteren Blick an ihr gesehen“, fügte Demyx hinzu.
Als sich Ria und die beiden Blonden sich den Jungs näherten, fragte Axel: „Na? Wo bist du abgeblieben?“
Ria blickte leicht gequält drein.„Die Masse hat sie in genau die andere Richtung gespült, so dass sie in den Toiletten feststeckte bis jetzt“, antwortete Aysha gekünstelt. Sie war sauer, da Ria immerhin ihr Handy dabei gehabt hatte und die Kontaktaufnahme ja nun nicht so schwer hätte sein können.
„Ich hab doch gesagt, dass es mir Leid tut. Aber ich kann nichts dafür, wenn mein Akku den Geist aufgibt, wenn ich anrufen will.“
„Dann lad dein Handy das nächste Mal gefälligst ordentlich auf!“, knurrte Aysha.„Mach ich, Ma’am!“, salutierte Ria. „Hab dich nicht so affig!“, fuhr sie ihre Freundin an. Diese aber prustete los.
„Jetzt sei doch nicht so, Aysha. Ich bin sicher, du hast es erst gar nicht bemerkt, dass ich gefehlt habe!“, lachte Ria. Roxas lächelte leicht nervös.
Ihre Freundin lief rot im Gesicht an.„Das stimmt nicht!!“
„Ach so? Also ich hab da was anderes in Erinnerung“, grinste Demyx. Aysha sah ihn wütend an und ihr Blick schrie förmlich: ‘Halt die Klappe!‘
Axel kicherte vor sich hin. „Da muss ich ihm Recht geben.“
Ria hörte auf zu lachen.
„Echt jetzt? Hat sie wirklich nicht gemerkt, dass ich nicht da war?“ Entrüstet sah sie ihre Freundin an, in deren Gesicht sich die Röte immer weiter ausbreitete.
„Ach, haltet doch alle den Mund!“ Und wütend ließ sie sich auf ihren Stuhl fallen.
„Hey. Sei nicht bockig, Aysha“, stichelte Axel und piekte in ihren Oberarm, aber Aysha ignorierte ihn gnadenlos. „Aysha. Komm schon“, bettelte er.
Ria kicherte, aber ließ die Bockige in Ruhe. Axel schien allerdings nicht so schnell aufzugeben. Schließlich würde die Stunde ziemlich langweilig werden, wenn Aysha ihn auch während dieser die ganze Zeit ignorieren würde.
Derweil wandte sich Demyx an Ria.„Wann wollen wir jetzt eigentlich zum O-Hanami?“, fragte er sie.
Ria zuckte bei der Frage etwas zusammen und wich seinem Blick aus. Demyx sah sie überrascht an.
„Was ist ein O-Hanami?“, fragte Roxas.
Ria und Demyx sahen verblüfft zu ihm. Roxas lief rosa an.
„Was ist? Hab ich was Falsches gesagt?“, fragte er peinlich berührt.
„Du willst mir doch nicht allen Ernstes erzählen, dass du in Japan wohnst, aber nicht weißt, was O-Hanami ist?“ Ria sah ihn bestürzt an. „Oh mein Gott! Das müssen wir unbedingt ändern! Nicht wahr, Dem?“
Demyx nickte. „Klar. Komm einfach mit und dann weißt du, was O-Hanami ist“, grinste er den Blonden an. Dann wand er sich um.
„Du kannst auch mitkommen, wenn du willst, Axel.“
Dieser hob einfach nur den Daumen, während er weiter versuchte mit Aysha ein Gespräch zu führen.
„Cool! Und wann wollen wir zum O-Hanami?“, fragte Roxas sichtlich aufgeregt.
„Das haben wir noch nicht beschlossen“, antwortete Demyx.
Ria sah gequält lächelnd zur Seite.
„Was ist denn, Ria?“, fragte Roxas. Ria wurde leicht rosa unter den Augen.
„Naja…also….“, fing sie an.
Demyx sah sie schräg von der Seite an.
„Was is? Kannst du etwa nicht mitkommen?“, fragte er leicht säuerlich.
„Nein, nein! SO ist es nicht!“, antwortete Ria schnell. „Es ist nur… Also… Hanazuka-san…“
Sie wich immer wieder dem Blick ihres besten Freundes aus, dessen eigener immer skeptischer wurde mit jedem Wort, dass Ria hervor würgte.
„Was ist mit dem Vize?“, stocherte Demyx nach.
„Naja… Er hat uns zu seiner Party… am Wochenende… eingeladen…“ Ria zögerte sehr, aber letztendlich hatte sie es doch gesagt. „Er hat doch so einen großen Kirschbaumgarten…“
Demyx hob seine Augenbraue.
„Und warum lädt er ausgerechnet uns ein? Wir haben doch gar nichts mit ihm zu tun“, hackte er weiter. „Wann hat er dich überhaupt gefragt?“
Ria sah ihn überrascht an.
„Also…Das ist so ‘ne… Schülerratssache… Und er hat mich vorhin… auf dem Gang gefragt, ob ich…nicht kommen will…. Und ihr seid auch eingeladen, wenn… also wenn ich nicht allein kommen will. Und ich dachte,… wenn wir schon zum O-Hanami gehen wollten… Im Garten ist es dann nicht so…voll….“, entgegnete sie holprig.
Ria sah sichtlich gequält aus, als sie das sagte. Es war ihr auch sehr unbehaglich, die Tatsachen etwas zu verdrehen. Aber sie wusste nicht, was er machen würde, wenn sie nicht zur Party erscheinen würden.
Dies blieb Demyx keinesfalls verborgen. Er wusste, dass sie irgendwas bedrückte. Und er kannte auch Hanazuka. Es war vielleicht nicht so dumm von ihr gewesen, nicht abzulehnen. Bestimmt hatte der Schülersprecher da auch irgendwie seine Finger im Spiel.
„Hmm. Vielleicht sollten wir wirklich hingehen“, sagte Demyx langsam. Auch wenn ich Hanazuka nicht über den Weg traue, dachte er. Und Yamagata noch weniger. Aber wenn wir zusammen sind, dürfte nichts passieren, was ich nicht garantieren kann, wenn sie allein gehen würde.
„Wie seht ihr Zwei das?“, wand er sich an Axel und Aysha.
„Find ich gut“, grinste der Rothaarige. Die Blonde brummte nur, aber es hörte sich wie eine Zustimmung an. Schließlich wollte sie von allen am meisten zum O-Hanami.
„Roxas?“
„Ja, gern“, lächelte der Kleine dem Dunkelblonden zu.
Als Demyx wieder zu Ria sah, wirkte sie sichtlich erleichterter.
„Dann werde ich ihm Bescheid sagen“, sagte sie nun fröhlich. Ihr fiel ein Stein vom Herzen, dass anscheinend keiner was dagegen hatte. Und so schlimm sollte Vizeschülersprecher Hanazuka auch nicht sein. Er hatte eine große Villa. Heißt: Viel Platz für viele Leute, weswegen er schon öfter, laut Mundpropaganda gute Partys geschmissen haben soll.
Dann klingelte es und Demyx ging in sein Klassenzimmer zurück. Auf seinem Gesicht immer noch ein skeptischer Gesichtsausdruck.
„Wuchuu! Ich freu mich schon auf Samstag!“, rief Marluxia. „Das wird bestimmt lustig, oder, Schülersprecher?“ Er warf seinen Arm um Zexions Schultern, der gerade über einem Stapel Dokumente saß.
„Schön, dass du dich so freust. Und jetzt könntest du ruhig wieder an die Arbeit gehen! Die Vorbereitungen für das Schulfest machen sich nicht alleine“, knurrte Zexion.
Marluxia grinste.
„Mein Sekretär befasst sich mit allem, was ich nicht schaffe“, grinste er.
„Was so ziemlich alles ist, was?“, spottete Larxene.
Marluxias Blick blieb lachend, aber wirkte nun wesentlich kälter.„Haben wir nicht schon letztes Mal geklärt, welche Stellung du hast, kleine Larxene?“, giftete er zurück und erhob sich. „Wie siehst aus, Shimano? Wie viel fehlt denn noch?“
Der Sekretär des Vizes zuckte verschreckt zusammen. „Ähm…also…Einige Klassen haben ihre… Attraktionsvorschläge noch nicht….abgegeben“, antwortete er kleinlaut.
„Na dann werden wir den Klassen wohl ein bisschen einheizen müssen. Was, Shimano?“, grinste Marluxia und legte seinen Arm nun um die Schultern seines Sekretärs, der nur umso heftiger zusammenzuckte.
„Du scheinst es ja wirklich zu lieben, auf anderen rumzuhacken, was, Hanazuka-fûkaichô?“
„Uh! So hat mich lange keiner mehr genannt! Wer-?“, rief Marluxia auf, wand sich zur Tür um und hielt inne. Dann stemmte er seine Hände in seine Hüften. „Sieh an, sieh an. Da taucht also mal deine kleine Sekretärin auf, was, Kaichô?“ Er grinste hinüber zum Schülersprecher.
Zexion stoppte seine Arbeit und sah nun ebenfalls zur Tür. Er begann zu grinsen und stützte seinen Kopf auf eine Hand.
„Bist du also wirklich gekommen, Yuki-san?“
Ria sah ihn finster an.
„Wir werden am Wochenende kommen“, erwiderte sie bitter.
„Wie?!“ Marluxia war überrascht, aber Zexion lachte.
„Wie schön! Und jetzt kannst du ja ein wenig deiner Aufgabe nachkommen.“
Ria nickte nur widerwillig und schloss die Tür hinter sich.
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„Hey, Ria! Wie war’s bei der Schülervertretung? Hat dich der Blauschopf wieder genervt?“, fragte Aysha, als Ria das Zimmer betrat und sich erschöpft aufs Bett warf.
Es war bereits halb 8 und erst jetzt hatte sie ihre Arbeit, die seit Anfang des Schuljahres rumlag, begonnen und vielleicht ein Fünftel davon geschafft. Und das war schon nicht wenig gewesen.
„Hör mir mit dem auf! Das ist ein echter Sklaventreiber! Der hat echt nix besseres zu tun, als den Großteil seiner Arbeit auf mich abzuwälzen. Und Shimano-kun ist sogar noch schlimmer dran… Hanazuka halst ihm gleich seine ganze Arbeit auf. So einen unfähigen Vize hab ich noch nie gesehen. Und dann ist auch noch dieses verdammte Schulfest!“
Ria wälzte sich hin und her. Wie konnte die Schule nur so eine Schülervertretung wählen? Sie seufzte einmal tief und schloss die Augen. Aysha sah sie mitfühlend an.
„Muss ja wirklich hart sein. Diese Regelung, dass man sein Amt nicht ablehnen darf, ist wirklich echt furchtbar“, sagte sie.
„JA! Und dieser Hanazuka macht mich auch echt fertig. Ich hasse diese Blümchen-Aura! Erst is er lieb und nett und dann…mehr als ein Arsch. Und dann auch noch diese blöde Larxene am Hals! Ich kann sie nicht ab!“, regte sich Ria auf und drehte sich auf die Seite, um Aysha anzusehen.
„Armes Ri-Chan!“ Aysha strich über die Haare ihrer Freundin.
„Aber jetzt erst mal was Wichtigeres. Hanazuka setzt voraus, dass wir ausreichend gestylt und gekleidet sind. Ergo: Wir müssen shoppen gehen!“, sagte Ria und sah Aysha auffordernd an. Auf deren Gesicht erschien ein breites Grinsen. Wenn es etwas gab, was Aysha sehr gern machte, dann war es shoppen.
„JUCHU! Das wird cool!“, schrie sie und sprang auf. „Wir werden uns richtig aufbrezeln!“Das wird hart, dachte Ria und ließ ihren Kopf auf ihr Kissen plumpsen, während Aysha in ihrer Euphorie schon diverse mögliche Kombinationen durchplante. Dann jedoch schreckte Ria mit einem Aufschrei so plötzlich hoch, dass Aysha vor Überraschung selbst aufschrie und das Gleichgewicht verlor.
„AUA! Ria! Erschreck mich doch nicht so! Mein armer Po“, schimpfte sie und rieb sich ihr Hinterteil.
„Wir müssen uns irgendwas für die Jungs einfallen lassen“, keuchte Ria hervor und deutete nach unten. „Sie dürfen das mit der Party nicht mitbekommen! Wenn sie das rauskriegen, bekomm ich lebenslangen Hausarrest und Hanazuka und alle anderen männlichen Wesen auf der Party werden eiskalt niedergemetzelt!“
Ayshas Augen wurden mit jedem Wort größer.
„Ach du scheiße!“, sagte sie monoton. „Das ist echt….blöd.“
„BLÖD?! Aysha! Das war mein voller Ernst und nicht nur rhetorisch, ja! Meine Brüder kennen da keine Gnade!“, schrie Ria und fuchtelte wild mit den Armen.
„Hätte nicht gedacht, dass deine Brüder so dagegen sind, wenn du mal auf eine Party gehst…“, erwiderte Aysha und sah enttäuscht nach unten. „So viel Freiheit könnten sie dir schon lassen.“
Ria seufzte auf.
„Der Meinung bin ich auch. Es ist ja auch nicht die Party an sich, aber sobald es Jungs betrifft, ist das so ne Sache.“
„Das ist echt total paranoid. Als ob die nicht schon selbst Mädels flachgelegt hätten…“, schmollte Aysha. „Oder sind die frustriert, weil sie noch keine rangelassen hat?“„Aysha! Bitte! Ich will nicht darüber nachdenken, was meine Brüder mit Mädchen ‚treiben‘!“
„Naja… Ob sie experimentierfreudig sind oder nicht , möchte ich auch nicht so genau wissen. Aber sie wissen bestimmt, was man falsch machen kann. Deswegen sorgen sie vielleicht vor, damit du nicht die gleichen Erfahrungen machst. Aber das ist wirklich ein Problem.“
Ria ließ wieder den Kopf sinken. Wie stellen wir das nur am blödesten an? Ich muss mir was einfallen lassen, dachte sie verzweifelt.
„Wir sind dann we-eg!“, rief Ria und öffnete die Haustür. Aysha schob sich schnell an ihr vorbei durch die Tür und das Schlagzeug vor sich her.
„Macht nicht so lange. Es ist zwar morgen keine Schule, aber ihr solltet trotzdem nicht zu lang an eurem Gruppenprojekt arbeiten“, sagte Tsuchige und umarmte seine kleine Schwester nochmal, bevor sie über die Schwelle trat.
„Machen wir. Wenn was ist, ruft mich an. Habs Handy mit“, entgegnete Ria.
„Und das sind auch wirklich nur Mädchen?“, fragte Mizuke schon zum 50. Mal nach.
Ria stöhnte nur.
„Jaa! Das ist so ein Projekt, wo Jungs mit Jungs und Mädchen mit Mädchen arbeiten. Wenn du mir nicht glaubst, frag bei Yuni-chan nach. Sie wird dir das schon bestätigen.“
Mizuke sah sie immer noch skeptisch an.
„Von wegen Projekt! Ihr wollt doch nur ne Pyjama-Party schmeißen und euch bei Filmen vollstopfen. Morgen kommst du bestimmt kugelrund zurück, stimmt’s?!“, murrte Hige mit schiefem Blick zwischen Tsuchige und Mizuke hervor. „Ich wette 100 Yen drauf!“
„Dann leg die schon mal auf Rias Schreibtisch. Denn diese Wette wirst du verlieren!“, grinste Aysha hinter Ria. „Sie ist ja nicht so verfressen, wie du!“
„Wie bitte?!“, fauchte Hige.
„Schluss jetzt. Lass uns losgehen, Aysha. Wir sind schon spät genug dran!“, unterbrach Ria den aufkommenden Streit. „Es ist schon 6.“
„Aye, aye!“ Und schon eilten beide durch den Vorgarten und die Straße hinunter.
Nachdem Ria und Aysha um einige Ecken gebogen waren, verlangsamten sie ihr Tempo.
„Wie es aussieht, haben sie unsere Ausrede geschluckt“, sagte Aysha fröhlich.
„Ja. Jetzt müssen wir nur noch alles bei Yuni-chan abliefern und einkaufen. Ich hoffe, wir sind pünktlich!“, seufzte Ria.
„Pünktlichkeit ist doch eh was für Langweiler“, murrte Aysha hervor, da Rias Gleichgültigkeit gegenüber dem gelungenen Plan sie nervte.
„Glaub mir, es ist besser, wenn wir pünktlich sind. Hanazuka kann ein echtes Monster sein“, erwiderte Ria darauf.
„Pff! So ein Typ mit rosa Haaren macht mir keine Angst. Selbst wenn er der Vizeschülersprecher der Schule ist“, nörgelte Aysha.
„Das sagst du jetzt noch. Da ist die Bahn!“ Ria deutete auf eine Haltestelle und beide Mädchen rannten los, um die Bahn noch zu erwischen.
Als sie diese wieder verließen und einige Straßen abgelaufen waren, erreichten sie ein gelblich schimmerndes Haus. Ria klingelte an der Tür und ein Mädchen mit schwarzen Haaren öffnete ihr die Tür. Sie lächelte den beiden anderen Mädchen zu und ließ sie ins Haus.
Nach wenigen Minuten verabschiedeten sich Ria und Aysha wieder von der Schulkameradin und liefen zurück zur Bahnhaltestelle. An dieser bogen sie rechts ab und marschierten geradewegs auf ein Einkaufscenter zu.
„Das ist ja wirklich riesig“, sagte Aysha mit großen Augen. Die Ladenstraße zog sich vor ihren Augen in die Ferne und sie sah es überall glitzern. „Also wenn wir hier nichts finden, dann geh ich nackt auf die Party!“
„Aysha! Bitte! Alles, nur das nicht! Lass uns jetzt losgehen. Wir werden bestimmt eine Weile brauchen und halb 8 geht die Party schon los!“, hetzte Ria und zog ihre Freundin in den nächsten Laden. Diese quiekte auf und griff schon nach den ersten Kleiderbügeln.
„Das war so coooool! Lass uns das öfter machen, Ria!“, rief Aysha fröhlich, als sie bereits um die vorletzte Ecke zur angestrebten Adresse bogen.
„So was mach ich bestimmt nicht nochmal mit! Das kannst du knicken! Vielleicht, wenn wir nicht nur 30 Minuten Zeit für den Einkauf haben. Zum Glück haben wir es noch pünktlich geschafft“, erwiderte Ria erschöpft. Sie war erstaunt darüber, dass Aysha anscheinend nach jedem Einkauf immer mehr Energie besaß als davor.„Zumindest hat es sich gelohnt. Du siehst wirklich toll aus, Ria!“, strahlte Aysha. „Allerdings passt dieser Mantel echt nicht. Man sieht überhaupt nicht, was du an hast!“
Murrend zupfte die Blonde an dem schwarzen Stoff, der Ria einhüllte.
„Lass das! Ich bin solche Sachen eben nicht gewohnt!“ Rias Gesicht färbte sich rosa.
„Aber die Schuluniform trägst du doch auch“, meinte Aysha.„Das ist damit nicht zu vergleichen!“, schimpfte Ria und sie bogen um die letzte Ecke. Abrupt blieben die Mädchen stehen und sahen auf eine große Villa hinter der sich ein Garten erstrecken musste, in dem Scheinwerfer Bäume beleuchteten. Was zumindest aufscheinende Lichtstrahlen vermuten ließen. Ein reger Trubel herrschte vor dem Eingang. Anscheinend wussten nicht wenige von der anstehenden Party. Etwas abseits der großen Schlange, die durch zwei große Türsteher kontrolliert wurde, stand eine kleine Gruppe. Aysha hüpfte auf und ab, als sie die Personen erkannte.
„Das sind die Jungs! Schnell, Ria! Ich will sehen, was sie tragen!“ Und schon zerrte sie ihre Freundin hinter sich her zu ihren Mitschülern.
„Da seid ihr ja endlich! Ich dachte, wir wollten uns 10 Minuten vorher treffen?“, stöhnte Demyx auf, als er die Mädchen auf sie zulaufen sah. Axel schwang einen Arm um seinen Hals.
„Naja. Zumindest hat sich das Warten gelohnt, Demyx. Du siehst toll aus, Aysha“, grinste er.
Diese blieb vor ihm stehen und drehte sich einmal. Der dunkelrote, kurze, mit schwarzer Spitze gesäumter Rock flatterte und die große, weiße Rose mit Ranken, die darauf eingestickt war, funkelte im Licht der Laterne, unter der die Gruppe stand. Das Neckholder-Top schmiegte sich dabei so eng an ihren Körper, dass es schien, als würde sie ein Kleid tragen. Eine schwarze Samtschleife, ebenfalls mit Spitze und feinen weißem Muster, war mit einem Band direkt unter der Brust umgebunden. Ihre Haare waren, bis auf einzelne, goldene, in Wellen fallende Strähnen, hochgesteckt.
„Ja, nicht wahr? Ich find es auch super! Aber du solltest erst mal Ria sehen. Aber sie will diesen doofen Mantel nicht ausziehen. Dabei ist es so warm“, nörgelte Aysha, freute sich aber auch über das Kompliment.
„Aber wenn es so gut aussieht, warum versteckt sie es dann?“, fragte Roxas sichtlich neugierig.
„Weil es ihr zu peinlich ist“, erwiderte Aysha kopfschüttelnd.
„Aysha!“, fauchte Ria.
„Ist doch war!“
„Wäre aber schade, wenn uns der Anblick enthalten bliebe, wo wir schon sooo lange gewartet haben“, säuselte Axel. „Nicht wahr, Demyx?“
Doch dieser duckte sich unter dem Arm weg und schob ihn beiseite.
„Also wart ihr noch einkaufen?“, fragte er die Brünette.
Ria wurde leicht rot und wandte ihr Gesicht von ihm ab.
„Ja. Und Aysha hat es mal wieder übertrieben“, antwortete sie.
„Stimmt gar nicht. Du bist nur zu verklemmt!“
„Verklemmt schien sie mir aber gar nicht“, sagte Axel und rieb sich über seinen Bauch. „Als sie mich gekickt hat, hat es ihr ja auch nichts ausgemacht, dass ihr Rock hochgeflattert ist.“
Erschrocken sah Ria zu Axel und ihr ganzes Gesicht füllte sich mit der tomatenroter Farbe. Aysha blieb der Mund offen stehen. Dann musste sie lachen.
„Das ist nicht witzig, Aysha“, schrie Ria.
„Lass deine blöden Bemerkungen“, knurrte Demyx und schlug mit seiner Faust auf Axels Hinterkopf.„Hey! Das tat weh“, fauchte dieser zurück und rieb sich heftig den Hinterkopf, als er schon zu einem Gegenschlag ausholte.
Dieser wurde von einer großen Hand gestoppt, die sich um Axels Handgelenk schloss, bevor seine Faust Demyx Gesicht erreichen konnte. Sowohl Axel als auch Demyx sahen zu dem Besitzer des Armes auf. Einer der Türsteher hielt Axel eisern fest.
„Tse, tse, tse. Ich sehe es nicht so gerne, wenn man sich vor meinem Haus prügelt“, ertönte eine tiefe Stimme. Hinter dem Schrank aus Muskeln trat ein junger Mann mit rosa Haaren hervor.
„Oh! Yuki-san. Was für ein Zufall. Ich dachte, ich sehe mal nach, wer hier so einen Tumult veranstaltet und wenn finde ich? Die kleine Arbeitsverweigerin“, grinste Marluxia.
Axel lockerte sein Faust und der große Türsteher ließ seinen Arm los. Er richtete sich wieder auf und stellte sich hinter Aysha, die Rias Arm gegriffen hatte. Roxas und Demyx stellten sich an Rias andere Seite und alle blickten skeptisch zu dem Vizeschülersprecher.
„Hanazuka-senpai. Ich hoffe, wir sind nicht zu spät“, sagte Ria ruhig. Der rote Schimmer in ihrem Gesicht war verschwunden, als sie Marluxias Stimme gehört hatte.
Dieser lächelte breit.
„Nein, nein! Ihr seid sehr pünktlich. Senjo, lass sie rein“, erwiderte Marluxia und wand sich zum Gehen. „Ich hoffe, ihr werdet Spaß haben.“
Dann ging er zurück zur Schlange und unterhielt sich mit ein paar Mädchen, bevor er mit diesen durch den Torbogen, der vor dem Haus eine Lücke in der Mauer füllte, verschwand.
„Moment“, sagte der junge Butler, der vor der großen geöffneten Tür der Villa stand. „Darf ich Ihnen Ihren Mantel abnehmen?“
Ria lugte unsicher zu ihren Freunden hinter sich, die noch teilweise auf der weißen Marmortreppe standen und dann zu Aysha vor ihr, die bereits durch die Türflügel gegangen war.
„Also…Eigentlich würd ich ihn… lieber… anbehalten…“, stammelte Ria und zupfte an ihrem Mantel herum. Der Butler sah sie verdutzt an.
„Jetzt hab dich doch nicht so, Ria. Du siehst gut aus. Nichts, wofür man sich schämen muss“, murrte Aysha und stemmte ihr Hände in die Hüften. Sie warf Ria einen vorwurfsvollen Blick zu. Wie kann man sich nur so haben?
Ria sah nochmal unruhig hinter sich und die drei Jungen hinter ihr schienen sehr erwartungsvoll darauf, was sich unter dem Mantel verbarg.Sie sah sie mit roten Wangen an.„Na gut. Aber wehe ihr lacht!“, fauchte sie und drehte sich wieder dem Butler zu.
Als sie den Mantel geöffnet hatte und langsam über ihre Schultern streifen ließ, grinste Aysha breit und die Augen des jungen Butlers wurden größer.
Sicher war es nur schlicht und kaum geschmückt, aber der schwarze Stoff umwallte Rias Körper ohne unschöne Stellen aufzuzeigen. Das Kleid war ärmellos, aber die Strähnen, die Ria an ihren Schläfen über die Schultern fielen, wirkten beinahe, als hätte es welche. Ihre mittellangen Haare fielen ihr seidig auf den Rücken, als sie den Mantel hinuntergleiten ließ. Der Stoff war am Brustansatz drapiert und fiel frei bis zur Hälfte ihres Oberschenkels. Ein Bändel zog zu einer auf ihrem Rücken gebundenen kleinen Schleife den Stoff um ihre Taille etwas straffer. Am Rand ihres Ausschnittes waren mit silbernen Fäden kleine Stickereien eingearbeitet, die den Glanz des kleinen Silberkettchens wiederspiegelten, das sie trug. Der Saum war, im Gegensatz zu Ayshas Rock, gerade und unverziert. Diese griff nach Rias linker Hand und an beiden Handgelenken blitzten silberne Armkettchen auf. Ayshas mit roten, Rias mit weißen Perlen.
Der Saum flatterte auf, als Ria dem Butler ihren Mantel reichte und ihr rotes Gesicht drehte sie beschämt zur Seite. Aysha grinste nur noch breiter. Ihr beste Freundin war doch so süß, wenn sie sich so zierte. Mal ausgenommen des nervigen Aspektes.
Erst griff der Butler nicht nach dem Mantel. Ihm war einfach der Mund aufgeklappt, genau wie auch Demyx und Axel. Roxas war bis zu den Ohren rot angelaufen.
Ria hielt immer noch den Mantel, aber als sie merkte, dass der Butler nicht zu reagieren schien, sah sie ihn an. Dieser zuckte zusammen, schloss seinen Mund, griff hastig nach dem Mantel und bedeutete Ria mit seiner Hand einzutreten.
„Danke“, murmelte diese nur leise und legte sich ihr kleines Handtäschchen quer um. Die schwarzen Schuhe der Mädchen klapperte auf den Marmorfliesen, die die Eingangshalle pflasterten. Aysha grinste Ria breit an.
„Siehst du? War das jetzt so schlimm?“, fragte sie fröhlich.
Ria schwieg und ließ ihren Pony vor ihre Augen fallen. Der rötliche Schimmer war jedoch nicht zu verstecken. Dann wand sich Aysha um und sah nach den Jungs.
„Was ist mit euch? Seid ihr versteinert oder wollt ihr nicht mitkommen?“, fragte sie verschmitzt und schmiegte sich an Rias Arm. Diese sah unsicher über ihre Schulter und als ihr Blick die jungen traf, zuckten diese wie der Butler zusammen. Hastig pellten sie sich aus ihren Jacken und warfen sie dem Butler zu, der noch immer dem schönen Gast seines Herren hinterher starrte. Auch noch, als die kleine Gruppe sich schon fast am Ende der Treppe befand, die sie hinauf gewiesen wurde, und andere Gäste ihn verwirrt ansprachen.
„Warum musstet ihr alle so starren?“, murmelte Ria und verbarg ihr Gesicht vor Scham in ihren Händen, als sie oben im Gang angekommen waren.
„Weil du so hübsch bist, Ria“, grinste Aysha breit und hüpfte fröhlich um ihre Freundin herum. „Aber etwas fehlt noch!“
Aysha kramte in ihrem eigenen kleinen Handtäschchen und zog eine kleine schwarze Haarnadel mit einem silbernen, Schmuckstein besetzten Schmetterling hervor. Sie steckte die Haarnadel in die Seite des Ponys ihrer Freundin. Ria sah auf und fühlte nach dem Schmetterling. Aysha kramte derweil weiter in ihrer Tasche.
„Weil du es so eilig hattest, haben wir es nicht mehr geschafft dich ganz fertig zu machen. Ah, hier!“ Und schon zog sie den Lipgloss aus ihrer Handtasche, den sie ebenfalls gekauft hatte.
„Öffne bitte deine Lippen leicht“, sagte Aysha und drehte den Lipgloss auf.
Ria sah sie entnervt an, aber tat, was sie wollte.
Während Aysha den Lipgloss auf Rias Lippen verteilte und diese anfingen zu glimmern, mussten zwei der drei Jungen neben den Mädchen schlucken. Axel grinste nur vor sich hin.
Die Jungs selbst waren eher schlicht als schick gekleidet. Jeans, T-Shirt und einfache Sweatshirts darüber. Axel trug als Einziger ein Hemd über seinem Shirt.
„Ich hatte gar nicht erwartet, dass du so schön aussehen kannst“, sagte Axel belustigt. Ria warf ihm einen bösen Blick zu und Aysha drehte den Lipgloss mit einem finsteren Seitenblick zu Axel wieder zu. Dieser sah die beiden überrascht an.
„Was? Das war eigentlich ein Kompliment“, rechtfertigte er sich und Aysha wand ihm den Rücken zu.
„Jaja. Ich hab dir schon mal gesagt, dass du über Ria keine Witze machen sollst!“, sagte sie schnippisch und verschränkte die Arme. „Sie ist nicht einfach nur schön!“
Axel kratzte sich am Hinterkopf.
„Jetzt sei doch nicht wieder eingeschnappt, Aysha“, flehte der Rothaarige. „Du weißt, wie ich das gemeint habe.“
„Hmpf.“ Und Aysha lief den Gang hinunter zu einem Raum aus dem Musik drang.
„Warte, Aysha!“, rief Axel und lief ihr nach.
Ria, Demyx und Roxas blieben zurück. Ria seufzte auf, als sie ihre Freundin mit dem Rotschopf im Raum verschwinden sah. Dann wand sie sich den zwei Jungen neben ihr zu.
„Wollen wir dann auch?“, fragte sie erschöpft und deutete in die Richtung, in die ihre Freunde verschwunden waren.
Roxas reagierte zuerst. Er ging auf Ria zu und griff nach ihren Händen. Er grinste sie breit an.
„Du siehst wirklich unglaublich schön aus, Ria. Ich bin froh, dass ich mitgekommen bin. Lass uns viel Spaß auf der Party haben, ja?“
Der überraschten Brünetten lief wieder die Röte ins Gesicht. Aber sie spürte auch Hitze in ihrem Bauch aufsteigen und wie sich ihre Brust leicht zusammenzog.
„Ja“, erwiderte sie mit einem fröhlichen Lächeln.
Roxas ließ ihre rechte Hand los und wollte losgehen, Rias linke Hand immer noch haltend, als sie sich plötzlich umdrehte.„Was ist, Demyx? Kommst du?“, fragte sie den Dunkelblonden, der schon Zeit einer Weile nichts mehr gesagt hatte, obwohl er doch immer etwas beizutragen hatte.
„Ja…“, erwiderte er und lief an Ria vorbei ohne sie anzusehen. Sie sah ihm verwundert nach, aber als auch Roxas losgehen wollte, folgten sie Demyx den Gang hinunter.
Bei der Tür angekommen, verschwand Demyx auch gleich im Raum. Ria riss sich von Roxas los und lief Demyx hinterher.„Warte, Dem-!“ Ihr blieben die Wörter im Halse stecken. Der Raum, an dessen Tür sie gerade stand, war riesig. Bestimmt doppelt so groß wie ihr Klassenzimmer in Höhe, Breite und Länge. Alles war festlich geschmückt und große Gemälde zierten die Wände. Tische mit Essen und Getränken waren an diesen aufgereiht. Genau gegenüber der großen Tür, in der Ria stand, hinter der Tanzfläche, waren riesige Glastüren geöffnet, die hinaus auf einen Balkon führten, von dem man den ganzen Garten betrachten konnte. Laute Musik drang aus übergroßen Lautsprechern aus jeder Ecke des Raumes. Die Tanzfläche war brechend gefüllt und Ria konnte Demyx in der hiesigen Menge nicht mehr ausmachen, als Roxas sich neben sie stellte.
„Wow! Das ist mal ‘ne Party“, sagte er und sah sich den Raum an.
„Ria! Das seid ihr ja endlich!“, rief Aysha, als sie schon vom Buffet herüber gerannt kam. Axel folgte ihr beflissen mit seinen Snacks, die er sich gekrallt hatte. Aysha warf sich Ria um den Hals.„Ist das nicht total cool hier! Ich hab noch nie so eine riesige Party gesehen und unsere Familie ist ja auch nicht gerade arm“, jubelte sie. Dann sah sie sich verwundert um. „Wo habt ihr denn Demyx gelassen? War er nicht bei euch?“
Ria sah einen Moment zu Roxas. Der sah über die Menge, zuckte dann aber mit seinen Schultern.
„Er ist kurz vor uns reingekommen. Aber ich hab ihn aus den Augen verloren“, erwiderte Ria.
„Hmm… Naja… Wir werden ihn schon irgendwo in der Menge wiederfinden, wenn wir uns jetzt gleich in sie hinein werfen!“, sagte Aysha und griff nach Rias Arm. „Auf in die Tanzmenge! Schließlich sind wir hier um Spaß zu haben!“
Sie grinste Ria breit an und diese ahnte schon Schlimmes, als sie schon in die Menschenmassen gezogen wurde.
Axel warf sich sein letztes Häppchen in den Mund und deutete auf die Mädchen, die er gerade so noch ausmachen und konnte.
„Dann werden wir uns wohl auch mal reinwerfen, was?“, grinste er dann breit.
Roxas grinste zurück.
„Na dann! Bleib am Leben“, erwiderte Roxas schelmisch.
Von der Tür aus beobachtete ein blauhaariger Junge, wie Roxas und Axel sich zu den beiden Mädchen durchkämpften. Auf Zexions Gesicht breitete sich ein hämisches Grinsen aus, als er das Mädchen mit den langen, braunen Haaren erblickte.„Wie es aussieht, wird das noch ein spaßiger Abend“, sagte er belustigt.
„So, wie es auch seien sollte, Boss“, stimmte eine weibliche Stimme Zexion zu.Dieser wand sich um, erst überrascht, dann wieder grinsend.„Wenn ich dich so sehe, dann bestimmt.“
Finster lachte das blonde Mädchen auf.
„Ich habe, was du wolltest“, sagte sie und hielt zwei kleine Tütchen hoch. Der Junge griff nach den Beiden. Sein Grinsen wurde immer breiter und er kicherte.
„Jetzt wird die Party erst richtig losgehen“, sagte er freudig und lachte auf, als Ria erneut in sein Blickfeld fiel.
Der Wind wehte leicht durch Demyx dunkelblonde Haare. Es war frischer, aber er fror nicht. Ausdruckslos beobachtete er die Kirschblüten, die im Licht der Scheinwerfer leuchteten.
„Wer hat sich überhaupt ausgedacht sich nachts die Kirschblüten anzusehen“, murmelte er und drehte sich um. Er lehnte sich gegen die Balkonbalustrade. Alles war aus festem Stein gebaut und zu seiner Rechten konnte man eine Treppe hinunter in den Garten folgen. Links führte eine weitere Treppe in die zweite Etage, in der anscheinend weniger los war, als das Geschehen vor ihm. Er seufzte, bevor er mit seinen Augen in der Menge fand, was er suchte.
Ria tanzte mit Aysha, Roxas und Axel zu der lauten Musik, die selbst bis zu ihm stark dröhnte. Demyx hatte das Gefühl, er würde nicht mal seine eigenen Gedanken hören können. Die Musikauswahl gefiel ihm aber sichtlich, da er mit dem Fuß im Takt wippte.
Wieder seufzte er.
„Sie ist wirklich wunderschön…“Argwöhnisch traf sein Blick Roxas, wie er Ria auffordernd die Hand hinhielt, als gerade ein langsameres Lied erklang. In ihm rumorte es wild und er hatte das Gefühl, als würde ihm die Galle höchstpersönlich Säure spritzend den Hals hoch gerannt kommen. Wie es ihn wütend machte, wenn er ihn nur sah, wie fröhlich er sie anlachte und sie mit ihm zu tanzen begann, eine seiner Hände auf ihrer Hüfte ruhend.
„Tse!“, zischte Demyx und wand sein Gesicht von der Szene ab. „Warum bin ich nur so wütend auf diesen verfluchten, blonden Knirps!“
Er biss sich auf die Unterlippe und kaute auf ihr herum. Noch nie hatte er es so sehr gehasst, wenn ein Junge Ria Aufmerksamkeit schenkte, wie es Roxas tat. Dabei hatte er schon oft hören müssen, wie die Jungen an seiner Schule über Ria geredet hatten. Es hatte ihn sauer gemacht, aber der Zorn, der nun in ihm aufwallte, war kaum zu vergleichen. Das einzige Mal, dass er so viel Wut in sich gespürt hatte, war, als Yamagata Ria zu seiner Sekretärin gemacht hatte.
Keine Ahnung, warum er das getan hat, aber irgendwas führt dieser Typ doch im Schilde, dachte Demyx misstrauisch. Ich könnte schwören, dass ich die Beiden noch nie habe miteinander reden sehen und trotzdem scheinen sie ein enges Verhältnis zueinander zu haben – welcher Natur das auch immer sein mag. Ich kann ihn nicht ab!
Demyx schielte hinüber zu seinen Freunden und sah, wie sich Ria anscheinend bei Roxas entschuldigte. Ein Lächeln umspielte Demyx Lippen.
„War ja klar, dass sie ihm auf die Füße tritt. Sie konnte noch nie wirklich tanzen“, kicherte er und erinnerte sich an die Tanzversuche, die er mit ihr auf dem Schuldach gestartet hatte.
Danach glätteten sich wieder seine Gesichtszüge und er wand sich dem Garten zu. Sein Getränk, das er beim Durchstürmen des Raumes noch schnell geschnappt hatte, nahm er in die Hand und nippte daran.
„Dieser Neuling scheint sich ja ganz schön an Yuki-san ranzuschmeißen, was? Stört dich das denn gar nicht?“, fragte eine klare Stimme gehässig.
Abrupt fuhr Demyx herum und erblickte den Jungen, den er seit dem ersten Kontakt nicht leiden konnte. Sein Gesicht verfinsterte sich.
„Ich weiß nicht, was dich das angehen sollte, Kaichô“, schnitt seine Stimme wie geschliffenes Eis durch die kühle Atmosphäre.
Zexion lachte auf.
„Meinst du?“, fragte er belustigt. „Ich denke da anders.“
„Das interessiert mich aber herzlich wenig“, knurrte Demyx und wand sich wieder von ihm ab. Er wollte die Treppe zum Garten hinunter gehen, als Zexion kicherte.
„Dann kann ich ja mit ihr machen, was ich will, wenn es dich nicht interessiert.“
Demyx blieb stehen und schielte über seine Schulter.„Mit unserer Yuki-chan, meine ich“, sagte Zexion und grinste Demyx breit an.
Es war nur ein kurzer Moment der Stille, dann preschte Demyx los und griff Zexion wütend am Kragen. Er keifte ihn regelrecht an.„Halt dich von ihr fern, oder ich werde dich-“
„Sie gehört mir. Und du kannst daran nichts ändern“, unterbrach ihn der Blauhaarige finster. Sein Blick glich dem eines eiskalten Mörders.
„Wie bitte?!“, schrie Demyx dem Kleineren direkt ins Gesicht. Er holte mit seiner Faust aus und wollte zuschlagen.
„Wie ich es sagte: Sie gehört mir“, wiederholte Zexion kalt und schloss die Augen. Demyx stoppte seinen Arm kurz vor dem Gesicht seines Schülersprechers. Seine Augen weiteten sich.
Einen Moment Stille in dem tosendem Lärm der Feiernden.
„Was soll das heißen?“, fragte er ruhiger als vorher. Seine Augen fixierten den Kleineren.Als dieser seine Augen aufschlug, wurde der Griff an seinem Kragen lockerer. Er schlug Demyx‘ Hand mit seiner eigenen weg und richtete sein Hemd.
„Tse! Muss ich mich nochmal wiederholen?“, murmelte Zexion.
„Drück dich endlich klar aus oder du bekommst doch noch meine Faust zu spüren“, knurrte Demyx genervt.
Zexion blickte ihn finster an.
„Nur weil du nichts weißt, gehört sie mir. Warum sollte ich dir dann irgendwas verraten“, erwiderte der Blauhaarige und tat so, als würde er Dreck von seiner Schulter klopfen.
Beide sahen sich in die Augen und standen scheinbar ruhig da. Einige Gäste liefen an ihnen vorbei die Treppen hinunter. Demyx überlegte, aber irgendwie ergab das alles für ihn keinen Sinn.
„Wenn ich…wie du sagtest, von nichts wissen darf… warum provozierst du mich dann so, dass ich es wissen will?“, fragte er langsam.
Auf Zexions Gesicht breitete sich ein selbstzufriedener Ausdruck aus.
„Ja. Warum sollte ich das wollen?“, sagte er und verschränkte kichernd seine Arme. Sein Blick wanderte auf und ab, während er Demyx aufmerksam betrachtete.
Er trat immer näher an Demyx heran und legte seine rechte Hand auf der Balustrade neben Demyx Hüfte ab. Dieser konnte den Atem des anderen Jungen an seinem Hals spüren.
„Aber was ich will, tut jetzt nichts zur Sache“, flüsterte Zexion ihm ins Ohr und kehrte sich von Demyx ab.
Er ging ein Stück in Richtung des Partyraumes. Dann drehte er sich wieder Demyx zu und deutete mit seinem Daumen über seine Schulter.
„Sprechen wir lieber über das, was du willst“, sagte Zexion und grinste leicht.
Demyx folgte mit seinem Blick der gewiesenen Richtung und sah wieder das Mädchen, dass heute Abend so schön aussah, wie nie zuvor.
„Du kannst sie haben. Für diese Nacht leihe ich sie dir“, fügte der Blauhaarige hinzu. Demyx löste seinen Blick von Ria und beobachtete Zexion aufmerksam. Dieser holte zwei kleine Tütchen aus seiner Tasche hervor.
„Ich kann dafür sorgen, dass sie die ganze Nacht dir gehört. Nur dir allein. Was sagst du?“
Zexion grinste ihn breiter an und hielt die beiden Tütchen hoch.
Demyx betrachtete ihn und die Tütchen abwechselnd. Der Blauhaarige grinste breiter.
„Ist dein Interesse geweckt?“
Demyx setzte einen skeptischen Blick auf.
„Was wäre, wenn?“
Ria entschuldigte sich wieder einmal, während Axel und Aysha regelrecht über die Tanzfläche um sie herum flogen.„Ich bin echt zu blöd zum Tanzen. Tut mir Leid, Roxas“, jammerte sie und ließ den Kopf hängen.
Roxas winkte ab.
„Kein Ding. Ich bin auch kein Startänzer. Aber bei unseren Freunden hier, sieht das wohl anders aus“, erwiderte er mit einem Lächeln. „Lass uns was Essen, okay?“
Ria dachte kurz nach.
„Ich möchte lieber einen Moment an die frische Luft. Es ist ganz schön warm hier drin“, antwortete sie.
„Dann geh ich was holen. Warte auf dem Balkon, ja?“
Ria nickte.
Als Aysha sah, wie sich das scheinbare Paar löste, wurde sie etwas langsamer.
„Wie es aussieht, wollen sie Pause machen“, sagte sie zu dem Rotschopf, der sein Tempo anpasste.
„Aber warum trennen sie sich? Ob Roxas irgendwas Falsches gesagt hat?“, entgegnete er.
„So ein Quatsch! Er geht nur Essen holen. Er geht schließlich zum Buffet rüber“, sagte Aysha mürrisch und bei den Tanzdrehungen, drehte sie ihren Kopf nach ihrer Freundin. „Ria geht wohl schon mal auf den Balkon.“
Axel grinste.
„Roxas hat sich wacker geschlagen, dafür, dass Ria ihm ständig auf die Zehen latschte“, kicherte er.
„Jaa… Ria ist nun mal nicht zum Tanzen geboren, aber naja… Und was sagst du dazu?“ Aysha sah ihn auffordernd an.
Axel sah verwundert in ihre Augen.
„Wie meinst du das?“, fragte er.
„Also wirklich! Zwischen den Beiden ist doch irgendwas! Und wenn da nix auf Rias Seite ist, dann wenigstens von Roxas aus! Bist du blind?“ Entrüstet sah Aysha ihren Tanzpartner an und löste sich von ihm.
„Ist ja gut. War nur ein Scherz. Es ist ja so offensichtlich, dass Roxas was von ihr will“, erwiderte er hektisch.
„Und wir müssen dafür sorgen, dass er auch bekommt, was er möchte“, grinste Aysha und rieb sich die Hände, während sie zu Roxas hinübersah, der gerade zwei Teller füllte.
„Du willst doch nicht etwa Kupplerin spielen? Ich glaube, dass würde Ria nicht gefallen“, sagte er skeptisch.
„Und? Du sagtest doch, dass es dir Spaß macht sie zu ärgern, oder? In diesem Fall würde ich das sogar tolerieren. Und du darfst Roxas aushorchen!“ Aysha grinste ihn breit an. Dann lachte Axel auf.
„Na dann sollten wir uns an die Arbeit machen, oder?“
„Ria! Der Lieferservice ist da!“, rief Aysha auf, als die beiden Jungen auf den Balkon traten.
Ria seufzte kurz und drehte sich dann um.
„Wie schön die Blüten sind. Im Nachtlicht sehen sie viel schöner aus. Als würden sie schimmern“, sagte Ria ruhig und lächelte.
„Dafür, dass wir zum O-Hanami wollten, haben wir bisher ziemlich wenig von den Blüten gesehen“, sagte Axel und reichte der nach Essen jammernden Aysha ihren Teller.
„Danke!“, sagte sie Freude strahlend.„Dabei wollte Aysha unbedingt her und dann sieht sie sich nicht mal die Kirschbäume an“, sagte Ria leicht säuerlich.
Aysha sah von ihrem Teller auf.
„Hey! Der Abend hat gerade erst angefangen. Ich hab noch genug Zeit für Blütenschau!“
Roxas reichte auch Ria einen Teller. Die Häppchen sahen wirklich lecker aus. Ria biss in ein kleines belegtes Baguette. Roxas jedoch sah sich um.
„Wo ist eigentlich Demyx abgeblieben?“, fragte er. Die Anderen wurden aufmerksam.„Ich habe ihn im Garten nicht gesehen“, antwortete Ria und Aysha und Axel schüttelten beide den Kopf.
„Da wirst du ihn auch nicht finden, Yuki“, sagte eine Ria sehr bekannte Stimme. Sie sah auf und erblickte Zexion auf der Treppe, die in den zweiten Stock führte. Er grinste sie an und winkte sie mit seiner Hand zu sich. Ria stellte ihren Teller auf der Balustrade ab und wollte hinübergehen, als Aysha sie festhielt.
„Willst du wirklich gehen?“, fragte sie bedrückt.
„Schon gut. Er ist ganz harmlos“, erwiderte Ria mit einem Lächeln. Dann lief sie hinter Zexion her, der im 2. Stock verschwand.
In den Gängen des oberen Geschosses war es nur spärlich von ein paar Kerzen beleuchtet.
Kurz vor einer Ecke zum Hauptgang blieb Zexion stehen. Das Mondlicht fiel gerade bis vor seine Füße. Ria blieb nur wenige Schritte vor ihm stehen.„Wo hast du Demyx versteckt?“, fragte sie kühl.
„‘Versteckt‘? Ich hab ihn nicht versteckt. Ich weiß nicht, was er macht“, beteuerte Zexion seine Unschuld. Dann grinste er breit und verringerte den letzten Abstand zwischen sich und Ria. Sie wollte zurückweichen, als er sie schon gegen die Wand stieß.
Ria zuckte zusammen.
„Schon wieder das gleiche Spiel?“, fragte sie sarkastisch und sah ihn mit aufgesetztem Grinsen herausfordernd in die Augen.
Zexion fuhr mit seiner Nase über ihren Hals.„Vielleicht. Aber vielleicht will ich heute auch ein bisschen mehr spielen“, erwiderte er. Sein warmer Atem ließ Ria zittern. Sie versuchte ihn von sich zu drücken, aber es gelang ihr nicht.
„Schade nur, dass ich keine Lust auf deine Spielch-“
Doch er unterbrach sie stürmisch.
Schon seltsam, wie Lippen, die solche gemeinen Worte und Intrigen hervorbrachten, nur so weich seien konnten.Ria spürte eine Hand an ihrem Knie. Wie sie ihren Oberschenkel hinauffuhr und kurz unter ihren Saum innehielt.
Zexion schmunzelte.
„Als würde ein Spielzeug das bestimmen können.“
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Seine Hand fuhr weiter unter den Saum ihres Kleides. Die langen Finger bahnten sich einen Weg über ihre Hüfte - er zupfte kurz an der Spitze ihrer Unterwäsche - zu ihrer Taille. Der Stoff glitt unter seiner Hand weg, so, dass diese wieder auf dem matten Schwarz lag. Während er sie intensiv küsste, schmeichelte seine Hand ihren Rundungen, bevor sie wieder zurück zur Taille glitt und auf ihren Rücken weiterwanderte. Die andere Hand hielt eines ihrer Handgelenke fest, während sie mit ihrer anderen Hand versuchte ihn von sich zu drücken.
Ihr wurde heißer unter seinen Berührungen. Obwohl sie das gar nicht wollte, reagierte ihr Körper auf seine ‚Zärtlichkeit‘. Tränen traten ihr in die Augen. Sie hasste sich für ihre Empfindungen. Doch langsam konnte sie ihre Gedanken nicht mehr kontrollieren. Ihr wurde die Luft knapp.
Seine Lippen lösten sich von ihren und sie rang nach der milden Kühle. Ihre Lippen glühten, als sie ihm bitterböse, leicht keuchend, in die Augen aufsah. Zexion lachte auf.
„Schau nicht so finster“, grinste er sie an. „Sei doch ehrlich, dass du diese Erfahrung nicht bereust.“
„Du meinst wie jede andere schon vorher auch?“
Ria holte mit ihrer freien Hand aus und schlug ihm ins Gesicht. Trotz seines abgewandten Gesichtes sah er sie aus den Augenwinkeln an. Sein Lächeln hatte er bei dem Schlag verloren, aber schon war es wieder auf seinem Gesicht. Er begann wieder zu kichern.
Dann wandte er ihr sein Gesicht wieder zu. Er kam ihr näher. Drückte sie enger an die Wand.
„Du müsstest wissen, dass ich mich kaum zurückhalten kann, wenn du so wild wirst“, flüsterte er ihr belustigt ins Ohr.
Ihre Augen wurden weiter, als er sie fest an sich drückte und leicht in ihren Hals bis. Jedoch leckte er sofort über den Biss und liebkoste ihn. Er drängte sich so sehr an sie, dass sie sich nicht rühren konnte. Sie konnte die roten Flecken an ihrem Hals regelrecht aufflammen spüren, als er seine Lippen von ihrem Hals zog und sie wieder auf ihre legte.
Sie spürte wie seine Zunge versucht sich Zutritt zu verschaffen und es viel ihr nur sehr schwer ihn zurückzuhalten. Dann hatte sie jedoch eine Idee. Sie öffnete leicht ihren Mund und ließ ihn gewähren. Sie löste die Anspannung in ihrem Körper und fuhr mit der Hand, die ihn erst noch geschlagen hat, langsam die Brust hinauf zu seinem Hals.
Funktioniert wohl, dachte sie, als seine Zunge mit ihrer fröhlich ein Spiel begann. Er intensivierte den Kuss und Ria zog ihre Zunge zurück, während sein ihr folgte.
Plötzlich schrie er auf und ließ von Ria ab, die er unsanft zurückstieß.
„Du verdammte…“, knurrte er unter seiner Hand hervor, während er das Blut in seinem Mund schmeckte. Seine Hand schnellte hoch, doch bevor sie auf ihre Wange treffen sollte, wurde Ria zur Seite gezogen.
Noch bevor der Junge ein Wort gesagt hatte, erkannte ihn Ria, auch wenn sie ihn nicht ansah. Seinen Geruch würde sie überall wieder erkennen.
„Als Schülersprecher müsstest du wissen, dass man keine Mädchen schlägt“, sagte eine ruhige Stimme.
Demyx drückte Ria mit einer Hand an sich und wandte sich von Zexion ab. Er sah ihn finster an. Um sich davor zurückzuhalten Zexion seine Faust ins Gesicht zu rammen, drückte er Ria nur noch fester an sich. Diese sah zu ihm auf. Das Gesicht ihres besten Freundes erschreckte sie. Sie konnte sich nicht an eine Situation erinnern, in der er jemanden so verachtend angesehen hat.
Zexion ließ seine Hand sinken. Er fuhr mit seiner Zunge über seine Lippen und Blut blieb vereinzelt an ihnen hängen. Dann lachte er auf.
„Da habe ich mal wieder das Vergnügen Yukis zarte Lippen zu kosten und dann platzt du dazwischen“, grinste er finster. „So was kann ich gar nicht leiden!“
„Als ob mich das interessieren würde“, erwiderte Demyx kühl. „Komm, Ria!“
Er drehte sich zum Gang und griff Rias Armgelenk. Doch bevor er sich rührte, lachte Zexion auf.
„Wir werden sehen.“
Demyx lief den Gang hinunter und zog Ria hinter sich her. Die Wut kochte in seinem Blut, aber sie war nicht alles. Innerlich zerriss ihn das drückende Schuldgefühl.
„Wo Ria nur bleibt?“, fragte Roxas leicht nervös und blickte zur Treppe, die in den zweiten Stock führte.
„Ich traue diesem Yamagata nicht. Wie macht Ria das nur?! In welcher Beziehung steht sie zu diesem Typen!“, schimpfte Aysha, die sich gerade auf die Decke fielen ließ, die zu ihren Füßen auf dem Gras ausgebreitet war.
Axel fing ein Blütenblatt, das gerade vom Ast herabglitt, mit seiner Hand auf. Er öffnete seine Faust und betrachtete das zerbrechliche, zarte Blatt der Kirschblüte.
„Ich verstehe, was du sagen willst“, stimmte er Aysha ruhig zu. „Aber das ist eine Sache, die nur Ria und den Schülersprecher was angeht. Wenn sie uns nichts erzählt hat, wird das seinen Grund haben. Welchen auch immer.“
Aysha sah ihn funkelnd aus den Augenwinkeln an. Irgendwo hatte er Recht, aber Aysha fühlte sich unwohl, wenn sie daran dachte, was dieser Typ mit ihrer besten Freundin anstellen könnte, auch wenn er vielleicht keine Hintergedanken hätte. Doch das schloss Aysha aus. So wie Zexion Ria angesehen hat, kann er nichts Gutes gedacht haben, sagte sie sich.
Aysha griff nach einem O-Nigiri, das die Diener neben anderen Kleinigkeiten auf Decken unter den beleuchteten Kirschbäumen hergerichtet hatten. Sie kaute auf dem Reis herum und dachte angestrengt darüber nach, wieso Zexion anscheinend so viel Interesse an ihrer Freundin habe könnte, aber sie kam auf keinen Nenner.
Sie sah zu Roxas der immer noch neben der Decke stand und unruhig zur Treppe hinüberblickte. Würde er zu ihr rennen, wenn er wüsste, dass ihr was Schlimmes widerfährt?, fragte sich Aysha. Dann zog sie am Bein seiner Hose.
„Setz dich endlich. Du machst mich nur noch fuchsiger!“, fuhr sie ihn an. Roxas sah sie an und blickte dann noch ein letztes Mal zur Treppe hinüber, bevor er sich setzte.
„Hier! Iss was!“, knurrte sie ihn an und drückte ihm ein Sandwich in die Hand.
„Lass dich nicht von ihr anfahren, Rox. Sie macht sich nur Sorgen um ihre Freundin“, winkte Axel ab und klopfte Roxas auf die Schulter. Dabei kam er Aysha näher, denn sie saß zwischen den beiden Jungen. Seine Brust berührte ihre Schulter und sie zuckte zurück, als sein Gesicht sich vor ihres schob, als Axel sich über sie hinweg beugte, damit er zu Roxas sprechen konnte. Sie hob ihre Hand und drückte sein Gesicht von sich mitten im Satz den er gerade begonnen hatte.
„Komm mir nicht so nahe!“, fauchte sie.
Axel sah sie perplex an.
„Gerade haben wir noch eng aneinander getanzt und jetzt darf ich dir nicht nahe kommen? Seltsame Logik“, sagte er empört.
„Ich bin auch gerade sauer wegen Mister-Super-Doof-Nimmt-Meine-Freundin-Einfach-Mit!“, erwiderte sie grimmig.
„Jetzt krieg dich mal wieder ein. Dieser Schlappi wird ihr nix tun. Denk doch mal an den Tritt, den sie mir verpasst hat. Ich glaube kaum, dass er sie zu irgendwas zwingen kann, wenn er sich das überhaupt zutraut“, entgegnete der Rothaarige auf ihre Aussage.
„Vielleicht hast du Recht, Axe, aber ich fühle mich nicht so wohl dabei, dass sie mit ihm weg ist“, schaltete sich Roxas dazwischen. „Dieser Yamagata ist wirklich ein unheimlicher Typ. Immerhin ist er Schülersprecher und nicht Hanazuka, obwohl mir der sehr viel autoritärer erscheint, als Yamagata.“
Axel sah Roxas an. Auch Aysha blickte zu ihm herüber, während er in sein Sandwich biss und zu Boden sah. Ruhe herrschte außer dem fernen Klang der Musik aus dem Tanzsaal.
„Sag mal, seit wann benutzt ihr für euch Spitznamen?“, fragte Aysha verwundert. Roxas verschluckte sich und hustete heftig, um sich wieder zu fangen.
„Wie bitte?! Wieso stellst diese Frage ausgerechnet in so einer Situation?!“, fragte Roxas und sah sie verwirrt an. Aysha zuckte mit den Schultern.
„Hat mich interessiert“, antwortete sie knapp. Axel prustete los.
„Du bist echt heftig drauf, Aysha! Scheinst deinen Ärger ja schnell zu vergessen!“, lachte Axel und warf sich nach hinten vor Lachen. Aysha sah ihn schief an. Dann hob sie ihre Hand und begann ihn in den Bauch zu piksen.
„Aua! AUA! Hör auf damit, Aysha!“, schrie Axel und krümmte sich bei jedem Stich von Ayshas Fingernagel.
„Sag so was nicht nochmal, oder du kommst nicht so leicht davon“, erwiderte sie trocken.
„Schon gut! Ich wird jetzt bestimmt blaue Flecken kriegen wegen deiner unsanften Behandlung“, wimmerte er und rieb sich über seine Seiten. Die beiden zankten noch weiter, aber Roxas schüttelte nur den Kopf.
„Hoffentlich geht es Ria gut“, flüsterte und sah nochmals zu den Fenstern im 2. Stock.
Die Tür knarrte leise, als Demyx sie hinter sich und Ria schloss.
Das Zimmer war groß und die Wand war mit weinroten Stoffen verkleidet, auf denen sich barocke Muster wanden. Auch hier hingen große Bilder an der Wand. Diesmal aber mit eher landschaftlichen, fantastischen Motiven von Engel und Fabelwesen. Ein persischer Teppich zierte den Boden. Links der Tür über zwei Sofas, die am großen Fenster mit eigenem kleinen Balkon standen, fielen zarte Stoffbahnen wie ein Himmelbett von der einen zur anderen Wand. In den Ecken standen große, breitgeschwungene Kerzenständer, die den Raum beleuchteten. Ein Tisch mit Gläsern und einer Flasche stand auf einem dunkelgetäfelten kleinen Tischchen, das vor den Sofas stand.
Ria sah aus dem Fenster die Baumkronen und die vielen Sterne am dunklen, samtenen Nachthimmel leuchten.
„Wow! Das ist wirklich toll hier“, rief sie fröhlich auf und lief zum einen Sofa, das an der Wand stand und blickte erneut aus dem großen Fenster.
Demyx lächelte sanft und setzte sich dann, lässig angelehnt, zu seiner besten Freundin. Diese drehte sich zu ihm um und grinste.„Die Sterne sehen toll aus! Und die Blüten schimmern so schön im Scheinwerferlicht! Ich liebe solche Lichtspiele“, sagte sie fröhlich. Auch Demyx grinste.
„Ich weiß“, lachte er. Als er jedoch die roten Flecken an ihren Hals bemerkte, verschwand sein Lachen und er sah sie traurig an. Ria war überrascht und wollte etwas sagen, als er sich zu ihr beugte. Seine Hand fuhr zu ihrem Hals und strich gedankenverloren über ihre Haut. Nun wurde auch ihr Blick traurig. Aber sie fühlte sich auch schuldig. Schuldig und schwach, dass sie sich nicht hatte dagegen wehren können.
Ihre Hand legte sich auf seine und er sah auf zu ihren zu Boden gerichteten Augen. Ria zupfte an ihrem Saum, der ihre Beine nur spärlich bedeckte, während sie halb hockend auf dem altmodischen Sofa saß. Ihre Hand umklammerte dabei Demyx‘ immer fester, je mehr seine Finger sich von ihrer Haut lösten.
„Entschuldige, dass ich nicht früher da war“, flüsterte er zu ihr.
Sie sah von ihrem Saum auf in seine Augen. Sein Blick zeigte eine innere Qual, die sie nicht deuten konnte. Das ließ sie sich nur noch schuldiger fühlen. Eigentlich hatte sie dem Handel mit Zexion nur zugestimmt, damit er seine Aufmerksamkeit nicht auf Demyx richtete, aber nachdem dieser sie vor Zexion gerettet hatte, würde der Schülersprecher erst recht Interesse an ihrem dunkelblonden Freund haben. Sie fühlte sich elend, dass sie es nicht hatte abwenden können.
Ria wich Demyx Blick aus.
„Nein. Ich hätte besser aufpassen sollen. Normalerweise-“, sie unterbrach sich.
Eindringlich sah Demyx sie an.
„Also,… war das hier...nicht… das erste Mal.“ Es klang eher wie eine Feststellung als eine Frage. Ria verfolgte mit traurigem Blick dem Muster der Wand. Sie konnte Demyx nicht ansehen. Nicht, da sich ihm die Wahrheit so sehr näherte, wie in diesem Moment. Auch wenn sie das verriet. Diesen Teil konnte sie einfach nicht mehr verleugnen. Egal, wie sehr sie es auch versuchen würde.
Demyx betrachtete die Hand, die seine festhielt und dabei so sehr zitterte. Sie drückt nicht fest zu. Es war wie ein Versuch, der ihr einfach nicht gelang. Ihre Hand sträubte sich dagegen.
Er drehte seine Hand in ihrer und verschränkte die Finger ineinander. Er griff fest zu, um ihr Zittern zu stoppen, aber ganz hörte es nicht auf.
Ria zuckte und versuchte Demyx nicht anzusehen, sondern seinem Blick auszuweichen. Aber das gelang ihr nicht wirklich. Als sich ihre Augen trafen, konnte sie nicht mehr wegsehen.
„Bitte sei ehrlich“, begann Demyx. „Wie weit...ist er gegangen?“
Stille. Nur der dumpfe Bass der Musik dröhnte vom Boden herauf.
Ria sah ihn ausdruckslos an. Sein Blick bedrängte sie, aber ihm auszuweichen würde nichts nützen. Sie öffnete ihren Mund und brachte nur leise die Worte hervor, die sie ihm sagen wollte.
„Er…ist nie weiter gegangen als…als mich…Also wir hatten….keinen…“, stotterte sie. Mit jeder Pause blickte sie suchend umher.
Demyx zog ihre Hand neben sich. Ria sah ihn wieder an. Auf seinem Gesicht lag ein sanftes Lächeln.
„Keine Sorge. Er wird dir nichts mehr tun. Dass verspreche ich“, flüsterte er und zog sie dabei an sich. Er löste ihre Hände und strich ihr leicht über die Wange. „Ich werde auf dich aufpassen.“
Ria spürte eine innere Unruhe. Ihre Wangen wurden heiß. Dort, wo Demyx sie berührte, kribbelte ihre Haut und ihr Magen fühlte sich an, als wäre er schwerelos. Nur wenige Zentimeter, doch sie wandte ihren Kopf von ihm ab.
„Also…ich…hab Durst“, stammelte sie hervor. Ihr Körper fühlte sich so unwirklich an, dass es sie verwirrte. Sie rutschte auf dem Sofa herum bis Demyx sie los ließ. Auf sein Gesicht hatte sich ein Lächeln geschlichen.
„Zum Glück hat Hanazuka in jedem Raum etwas hingestellt“, sagte er, stand auf und drehte sich zu dem kleinen Tischchen um, auf dem die Flasche und zwei Gläser standen. Demyx griff nach der Flasche und öffnete den Korken.
„Ist das Wein?“, fragte Ria und sah seinen Rücken an. „Ich-“
„-mag keinen Wein. Ich weiß. Aber das ist Erdbeerwein. Den wirst du bestimmt mögen“, fiel ihr Demyx ins Wort. „Du magst doch Erdbeeren.“
Er goss den Wein vorsichtig ein. Ria wandte sich von ihm ab und sah aus dem Fenster.
„Ich bin ja mal gespannt. Klingt zumindest schon mal lecker“, sagte sie fröhlicher als vorher. Sie fühlte sich seltsam. Ihr Körper fühlte sich so viel leichter an und doch so viel schwerer, als er sie losgelassen hatte. Ihr Herz klopfte etwas schneller. Sie dachte an das, was ihr bester Freund gesagt hatte. Jetzt stiel sich auch ihr ein kleines Lächeln auf den Mund, während sie die Sterne betrachtete. Irgendwie beruhigte seine Anwesenheit sie immer.
Demyx zog zwei kleine Tütchen aus der Hosentasche. Das eine war rötlich gefärbt, das andere leicht bläulich. ‘Das Rote für sie und das Blaue für dich, dann werdet ihr viel Spaß haben‘, hallte es in seinem Kopf. Ein Lachen, dass er versuchte abzuschütteln. Er öffnete das rote Tütchen und schüttete das weiße Pulver in den Wein, das sich sofort auflöste. Sein Herz zog sich zusammen. 'Sie wird nichts tun, was sie nicht selbst wollte. Wenn sie dich mag, wird sie sich dir hingeben. Das Pulver ist nur eine Art Beschleuniger.'
Ria mag mich definitiv. Es wird alles gut gehen, wiederholte Demyx in seinem Kopf. Er hatte keine Ahnung, was Yamagata ihm da gegeben hatte, als er das Pulver des blauen Tütchens in sein Glas schüttete. Er wusste nicht, warum er diesem zweifelhaften Typen glaubte, aber sein Verlangen nach Ria war für ihn kaum zu bändigen. Er konnte nicht mehr klar denken. Alles in ihm zog ihn zu ihr hin. Er wollte sie einfach nur.
Lange hatte er es verborgen und versucht, sie selbst dazu zu bringen, ihm zu sagen, dass er ihr viel bedeutete, aber er hatte keinen Erfolg gehabt. Das war der erste Abend, an dem er vollkommen ohne Zeitstress und ohne Befürchtungen, dass sie gehen würde, mit ihr verbringen konnte. Und dann hatte Yamagata es ihm erzählt. Die Beziehung, die er zu Ria hegte. Das machte ihn wütend. Er hatte nichts unternehmen können. Und auch jetzt konnte er nicht mehr tun, als ihr etwas Schönes zu schenken, dass sie von Yamagata niemals bekommen würde. Es war ihm nicht möglich, sie aus seinen Fängen herauszuziehen. Nicht vollkommen. Aber diese Nacht würde nur ihm gehören. Ihm und seiner besten Freundin, die er so sehr liebte.
Als das Pulver sich auch in seinem Glas verschwunden war, griff er nach beiden und wandte sich wieder Ria zu. Diese war hinüber auf das andere Sofa gekrochen, um besser aus dem Fenster sehen zu können. Ihr langes, dunkles Haare glänzte im Schein des Mondes, der sich gerade hinter einer Wolke hervor stahl. Demyx hielt den Atem an.
Dann ging er doch zu ihr und setzte sich neben sie. Sein Herz raste. Ria drehte sich zu ihm und lächelte ihn an. Ein Aussetzer. Er reichte ihr das Glas. Ria bedankte sich und nahm einen Schluck von dem Wein. Erst sah sie verblüfft aus, dann grinste sie.
„Der schmeckt wirklich gut.“
Demyx grinste. Er fühlte sich erleichterter und setzte sein eigenes Glas an.„Hab ich doch gesagt, dass er dir schmecken wird!“
Roxas zuckte zusammen, als ein Kirschblütenblatt seinen Hals streifte. Aber das war nicht alles. Plötzlich lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken. Er hatte auf einmal ein mulmiges Gefühl im Magen.
Aysha bemerkte, dass der Blondhaarige auf einmal nervöser geworden war. Sie ließ ihre Arme sinken, die Axels Handgelenke fest umklammert hielten. Gerade noch hatten sie sich gekabbelt, aber jetzt war es ruhig unter dem Kirschbaum.
Roxas strich sich über die Arme. Die Gänsehaut lief ihm wie Wellen den Körper hinab. Dann erblickte er ihn. Den blauhaarigen Jungen, der Ria mitgenommen hatte. Aber er war allein. Roxas sprang auf und lief auf die Treppe zu.
„Ah! Warte, Roxas!“, rief Aysha ihm hinterher und sprang ebenfalls auf. Sie hastete ihm nach, Axel an ihren Fersen.
Der Kies der Gartenwege knirschte bei den hastigen Schritten des blonden Jungen. Unbeirrt stürmte er auf den Schülersprecher zu, der gerade den Balkon erreicht hatte und ihn bemerkte. Zexion blieb an die Wand gelehnt stehen und sah grinsend zu, wie die kleine Gruppe auf ihn zu gelaufen kam.
Warum wartet er auf uns?, fragte sich Roxas, als er schon auf die Treppe bog und sie hinauf lief. Oben angekommen, blieb er leicht keuchend vor Zexion stehen. Aysha und Axel hielten nur kurze Zeit neben ihm.
„Warum bist du so losgehetzt?“, fragte Aysha keuchend. Aber als sie den Kopf hob, brauchte sie ihre Antwort nicht mehr. Sie richtete sich auf und spannte sich an. Hätte Axel nicht seine Hand auf ihren Rücken gelegt, hätte sie nicht gewusst, was sie getan hätte.
Ihre beste Freundin war nicht bei diesem Typen, den sie mit jeder Minute immer weniger leiden konnte. Das Blut auf seiner Lippe machte es ihr wiederum schwer, sich zurückzuhalten. Sie ballte die Fäuste, aber Axel griff nach ihrer linken Hand und hielt sie fest. Aysha schnaubte nur und sah weg von den drei Jungen. Sie konnte das hämische Grinsen im Gesicht ihres Schülersprechers nicht ertragen.
„Was jagst du denn so auf mich zu? Willst du irgendwas?“ Zexion sah Roxas überheblich an. Dieser sah direkt in Zexions Augen. Sein Blick schweifte kurz zur Wange des Blauhaarigen und dann wieder zu den Augen. Zexions Grinsen milderte sich.
„Wo ist Ria?“, fragte der Blonde ruhig.
„Woher soll ich das wissen?“, erwiderte Zexion. „Vielleicht vergnügt sie sich jetzt lieber mit irgendeinem anderen Kerl, nachdem sie mir fast die Zunge abgebissen hat.“
In Roxas stieg die pure Wut auf. Er griff nach dem Kragen des kaum größeren Schülersprechers und drückte ihn unsanft gegen die Wand.„Was soll das heißen?!“; schrie er ihn an.
„Roxas!“, riefen Axel und Aysha gleichzeitig.
Zexions Blick verfinsterte sich. Roxas konnte einen eiskalten, stechenden Schauer spüren, aber er wich nicht zurück. Zexion griff nach der Faust, die seinen Kragen zerknitterte.
„Wie ich es gesagt habe! Sie vergnügt sich mit eurem Musikerfreund. Und jetzt lass besser los, oder soll ich mal über dich mit der Schulleitung reden?!“, fuhr er den Blonden an.
Roxas ließ von Zexion ab. Dieser richtete seinen Kragen wieder in eine richtige Position. Dann beugte er sich soweit vor, dass er Roxas ins Ohr flüstern konnte.
„Vergiss nicht, wer dir die Chance gegeben hat, ein normales Leben an einer Schule zu führen!“
Roxas Augen weiteten sich. Er war wie versteinert. Zexion richtete sich wieder auf und warf Roxas einen verächtlichen Blick zu.
„Du willst doch bestimmt nicht, dass alle dein kleines Geheimnis erfahren. Also wage es nie wieder, mich so anzufahren!“ Zexion wandte sich ab und ging durch die großen Türen zurück in den Saal.
„Roxas?“, fragte Aysha flüsternd. „Was-?“ Aber sie konnte die Frage nicht beenden, da Axel sie abhielt. Er sah sie an und schüttelte den Kopf.
Roxas rührte sich keinen Zentimeter. Natürlich, wie hätte er auch erwarten können, dass er niemals mehr von seiner Vergangenheit eingeholt würde. Schließlich gehörte sie zu ihm, wie die Gegenwart und die Zukunft. Und ausgerechnet diese beiden lagen in den Händen des Schülersprechers und seinen kleinen, dunklen Geheimnissen. Er war genauso in die ganze Sache eingewickelt wie der Schülersprecher. Er würde sich nie befreien können. Aus dem Netz, dass sich um ihn gesponnen hatte.
Doch jetzt war er und seine ganzen Probleme erst mal egal. Ria schien genauso in den Fängen Yamagatas zu hängen wie er. Aber im Moment ist sie bei Demyx. Roxas lächelte leicht. Er wandte sich zu den beiden anderen um, die auf Reaktion von ihm warteten. Sein Lächeln war matt, seine Augen leer.
„Sie ist bei Demyx. Das ist gut so. Ich…“ Es klang eher selbstbeschwörend als beruhigend. Roxas ließ den Kopf hängen. Den Satz beendete er nicht.
Aysha sah ihn mitfühlend an. Auch wenn sie sich hilflos fühlte. Erst ihre beste Freundin und jetzt ihr neuer Freund Roxas. Wieso waren alle so seltsam, sobald es um den Schülersprecher ging? In ihre wallte Zorn auf ihn auf. Aber nicht nur auf ihn, sondern auch auf Roxas und Ria. Und alle anderen. Sie wollte ihre Ruhe.
„Roxas!“, sagte sie bestimmt. Das riss ihn aus seinen leeren Gedanken. Er sah sie an. Dann setzte er ein Lächeln auf.
„Ich werde dann nach den beiden suchen, okay? Ich mache mir irgendwie trotzdem Sorgen“, flüsterte er halb. Das Lächeln auf seinen Lippen konnte Aysha ihm nicht abkaufen. Es machte sie nur noch wütender.
„Schön! Quäl dich ruhig, wenn du willst. Lass mich einfach in Ruhe mit der Sache!“, fuhr sie ihn an. Dann wandte sie sich ab und ging zur Tür zum Tanzsaal hinüber.„Aysha! Warte!“, rief Axel. Aber Aysha sah ihn nur mit einem vernichtenden Blick über die Schulter an und er hielt inne, bevor er überhaupt einen Schritt auf sie zu gemacht hatte.
Dann verschwand das Mädchen im Saal.
Axel kratze sich am Kopf.
„Man, man, man. Die hat vielleicht ein Laune, seid Zexion mit Ria weg war“, nuschelte er. Dann sah er zu Roxas, der immer in die Richtung starrte, in die Aysha gegangen war.
„Ich hoffe,…“, begann Axel und Roxas zuckte zusammen. Er sah zu dem Rotschopf.
„Ich hoffe, du weißt genau, was du tust, Rox. Ich glaube nicht, dass Aysha als auch Ria das toll finden werden, wenn sie herausbekommen, was los ist. Aber wenn du es nicht sagen willst, werden wir alle damit leben müssen. Pass nur auf dich auf, ja?“ Axel grinste ihn an und hob einen Daumen hoch.
„Kannst du dir das merken?“
Roxas sah ihn an, dann nickte er. Das Lächeln, das nun leicht auf seinen Lippen lag, war echter als das letzte.
„Dann solltest du jetzt nach deiner schönen Blume suchen“, fügte Axel noch breiter grinsend hinzu.
Roxas schlich sich ein rosa Stich auf die Wangen. Aber auch ein Stich ins Herz.
„Ja.“
Bevor sie das Glas gänzlich leeren konnte, goss er ihr von dem Wein nach. Ria trank nie viel Alkohol. Aber wenn, dann er den Alkohol, der nicht o schnell in ihr Blut sauste wie dieser Wein es tat. Sie fühlte wie ihr ganzer Körper heißer wurde und nahm ihre Haare in einer Hand zusammen.
„Demyx. Ich glaube nicht, dass ich noch viel vertragen werde“, lachte sie. „Mir ist jetzt schon ganz schummrig.“ Dennoch nahm sie noch einen Schluck von dem Wein.
Ihre Arme und Beine wurden irgendwie tauber mit jeder Minute, die verging. Es war so, als könnte sie sie einfach nicht mehr kontrollieren, obwohl sie sie noch sehr wohl spürte. Sie versuchte das Glas abzustellen, aber beinahe wäre es beim Absetzen umgekippt, hätte Demyx nicht im letzten Moment nach ihrer Hand gegriffen.
„Du solltest besser aufpassen, Ria“, grinste er sie an und beide stellten das Glas ab. Demyx nahm nun sein eignes Glas in die Linke und trank es in einem Zug leer, um es auch abstellen zu können. Er war Ria so nahe, dass sie die Wärme, die er ausstrahlte, auf ihrem ganzen Körper spüren konnte.
Ihre Beine lagen überschlagen auf dem Sofa. Ihre Knie berührten Demyx Hüfte. Sie hielt sich mit einer Hand an der Armlehne fest, damit sie nicht nach hinten fiel. Demyx‘ Augen waren auf Höhe ihrer Lippen, als er das Glas abstellte, doch er sah Ria in die Augen.
Ria stieg die Scham in die Wangen, als er sie so eindringlich betrachtete. Ihre Lippen kribbelten. Ihr Herz zog sich zusammen. Selbst die sanfte, kaum merkliche Berührung von Demyx‘ Sweatshirt, das ihr Knie streifte, ließ Schauer durch ihren Körper fahren. Ihre linke Hand wollte ihn berühren, aber hielt inne.
Demyx fühlte sich nicht minder erregt. Er wandte seinen Blick ihren Lippen zu und ließ seine Hand auf Rias rechte sinken. Mit der anderen Hand hielt er sich an der Lehne fest, direkt neben Rias Schulter, während er sich zu ihr hindrehte. Er konnte spüren wie es begann zu zucken mit jedem Millimeter mehr, den er seine Lippen ihren näher brachte. Sein Atem wurde schneller und flacher. Die wenigen Zentimeter, die noch zwischen beiden lagen, hielt er inne und sah ihr nochmal kurz in die Augen, bevor er auch diese überbrückte.
Dann konnten sich beide nicht mehr beherrschen. Ria krallte sich mit ihrer linken Hand in sein Sweatshirt, die rechte schnellte unter seiner Hand hervor und zog sein Gesicht enger an ihres. Auch wenn sie sich ihm entgegen reckte, schlang er seinen linken Arm um ihre Taille und vergrub seine rechte Hand in ihren Haaren. Da so beide ihren Halt verloren, rutschte Ria unter ihn und Demyx auf sie.
Der Kuss wurde intensiver. Ria hatte das Gefühl, dass ihr diese Nähe immer noch nicht reichte, doch ihre Arme waren wie entkräftet. Sie wollte ihn näher an sich ziehen, aber es gelang ihr nicht. Demyx schien das aber zu bemerken und presste sich an sie. Das, wonach er sich so lange gesehnt hatte. Sein Körper brannte regelrecht und seine Lippen verschmolzen mit ihren. Es raubte ihm den Atem.
Als sich ihre Lippen lösten, rangen beide nach Luft. Rias Gesicht flammte. Beide sahen sich in die Augen. Und bevor er seine Lippen wieder auf ihre legte, zog er ihr Bein zu sich heran. Strich mit den Fingern über ihre Haut und sie spürte bittersüße Schauer. Seit wann war sie nur so empfindlich, wenn sie jemand berührte? Schon bei Zexion war es ihr seltsam vorgekommen. Aber im Moment war das Ria sehr egal, als Demyx mit ihrer Zunge zu spielen begann.
Es zog in ihrem Unterleib und sie spürte, wie auch er sich immer mehr erregte. Seine Lippen schmeckten süß von dem Wein, den sie getrunken hatten. Er strich einzelne Haarsträhnen aus ihrem Gesicht und liebkoste es. Ihre Augen, ihre Stirn, ihren Wangen. Demyx richtete sich auf, zog sein Sweatshirt aus und warf es auf den Boden. Rias Saum rutschte herunter.
Ihre Lippen trafen sich wieder. Dann küsste er ihre Wange. Seine Berührungen wanderten ihren Hals hinab. Rias Hand verfing sich in seinem Haar, ihre zweite strich über seinen Arm, dessen Hand von ihrem Hals hinab glitt. Strich ihre Schulter und fand den Reißverschluss. Seine Küsse brannten auf ihrer Haut. Eine Spur aus Prickeln und Erschauern. Seine Zunge zog sie nach. Rias Finger griffen nach etwas, das nicht existierte und ihren Körper durchfluteten die heißen und kalten Wellen, als sie sich ihm entgegenstreckte.
Sein ganzer Körper bebte vor Verlangen. Sie roch so süß. Wie der Wein. Ihre Haut war weich. Heiß. Seine freie Hand griff nach Rias, die andere zog sie enger an sich. Jeder Kuss, je näher ihrem Herzen, ließ zu zucken. Er konnte es genau fühlen. Und die Welt um ihn herum war ihm egal. Nur Ria. Nur sie.
Als Ria ihre Augen öffnete, erstarrte sie. Doch als Demyx in ihre Brust biss, musste sie aufstöhnen und ihren Blick abwenden.
„Dem!“, stieß sie aus und versuchte mit ihrer Hand seinen Kopf von sich zu drücken, aber sie war zu schwach. Ihr Arm wollte einfach nicht genug Kraft dazu aufbringen. Seine Berührungen ließen ihr nur noch mehr heisere Geräusche entweichen. Seine Hand fuhr auf die Innenseite ihres Oberschenkels. Es kribbelte, je näher er kam.
„DEM!“, rief sie auf. „Lass…ngh….das!“
Aus dem Sessel am anderen Ende des Zimmers hörte Ria es kichern.
„Ihr scheint ja viel Spaß zu haben“, sagte eine Stimme, die Ria nur zu gut kannte. Demyx Hand fuhr hinauf zu ihrer Hüfte. Seine Zunge tanzte über ihre Brust. Ria konnte ein Aufseufzen nicht verhindern. Es fühlte sich so gut an, auch wenn ihr Kopf sagte, dass es jetzt nicht so zu sein hatte.
Wieder kicherte es.
„Er scheint ja wirklich eingenommen von dir zu sein. Oder ist es eher umgekehrt?“ Der Junge erhob sich aus dem Sessel und ging langsam hinüber zu den Sofas. Einige Meter vor dem Tisch blieb er stehen. „Auf jeden Fall bekommt er nicht mal mehr mit, dass ich hier bin.“
Ria zog den Stoff ihres Kleides etwas höher. Obwohl sie nur spärlich beleuchtet wurde, musste er sie nicht so sehen. Sie warf ihm einen finsteren Blick zu.
„Was willst du hier, Zexion!“
„Ich glaube, du hast genug getrunken“, sagte Roxas, als Aysha sich schon das nächste Glas greifen wollte. Sie sah ihn vorwurfsvoll an.
„Lass mich! Ich bin erwachsen! Ich weiß, was ich tue!“, fauchte sie ihn an und riss ihm das Glas aus der Hand. Als Roxas gesehen hatte, wie sich Aysha einen Absinth nach dem anderen hinter kippte, hatte er seine Suche nach Ria vorübergehend eingestellt.
„Lass sie doch. Aysha will doch nur ein bisschen Spaß haben. Sei nicht so ein Spießer, Neuling“, mischte sich Marluxia ein, der einen Arm um Aysha warf, die bereits ein Drittel des Glases geleert hatte.
„Wenigstens einer, der mich versteht!“, seufzte sie auf und gab Marluxia einen Klaps auf den Brustkorb mit dem Handrücken. Dieser grinste.
„Wie siehst aus, Hübsche. Wollen wir uns ein bisschen unterhalten?“, fragte er sie und beugte sich zu ihr hinunter, um sie auch genau verstehen zu können.
„Klar! Alles ist besser, als weiter bei diesem Spielverderber zu bleiben.“Und schon drehte sie sich um und ging mit Marluxia von dannen. Es gab Roxas einen kleinen Stich, dass Aysha das gesagt hatte, aber sie war betrunken. Doch jagte ihm erneut ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Was mach ich jetzt nur? Ich bin mir sicher, dass mit Ria irgendwas nicht stimmt, aber Aysha mit Marluxia alleine lassen? Ich glaube, da würden mich Axel und Ria gleichzeitig töten, dachte er. Schnell zog er sein Handy aus der Tasche und sah Aysha und Marluxia gerade durch die Tür zum Gang verschwinden. Hastig tippte er eine SMS und schickte sie Axel, der nicht unweit des Saaleingangs am Buffet stand. Dann steckte Roxas das Handy wieder in die Hosentasche und kämpfte sich zum anderen Raumende durch zu den geöffneten Glasflügeltüren. Auf dem Balkon angekommen, rannte er die Treppe hinauf.
„Ist es nicht interessant, dass ausgerechnet dein bester Freund ausgerechnet heute mit dir eine so innige Beziehung eingehen muss?“, fragte Zexion belustigt und beobachtete Rias Gesichtsausdruck. Schnell sah sie sich um und sah am Boden neben dem Sweatshirt kleine Tütchen liegen. Zexion lachte auf, als ihr die Gesichtszüge entgleisten.
„Wie-?“ Ria sah entsetzt zu den Weingläsern. Demyx begann wieder ihren Hals zu küssen. Seine Hand zupfte gefährlich an der Spitze ihrer Unterwäsche, als er sein Gewicht auf sie legte. Sie drückte gegen seine Schulter, aber ihre Kraft war gleich Null.
„Dem! Hör auf!“, keuchte sie auf.
Ein Kichern direkt neben ihrem Ohr. Ria drehte entsetzt ihren Kopf.
„Es scheint mir, dass Demyx sehr viel Spaß hat“, säuselte der Blauhaarige in Rias Ohr. „Wie lange er wohl aushalten musste, bis du ihn rangelassen hast?“
Ria konnte nichts erwidern. Was ging hier nur vor?
„Was-? Was soll das? Warum bist du hier?!“ Ria spürte Kälte und keuchte auf.„Wie es aussieht, konntest du ihn wohl nicht lange vor mir schützen. Zumindest hat er sich freiwillig auf diesen Handel eingelassen. Obwohl“, Zexion hockte sich neben das Sofa, „von Handel können wir wohl nicht ganz reden. Demyx ist sich nämlich noch nicht darüber im Klaren, was er für mich zu tun hat.“ Zexion kicherte boshaft.„Wa-?!“ Ria zuckte zusammen. Ihr blieb der Atem stocken.
Zexion strich über ihren Oberarm neben sich.
„Wie empfindlich du wirst, wenn man die so ein bisschen Liquid verpasst“, sagte Zexion ruhig mit einem Lächeln auf den Lippen. „Schade nur, dass du die volle Dosis nicht von mir bekommen hast.“
Rias Augen weiteten sich. Sie nahm alle Kraft, die sie aufbringen konnte, zusammen und schob Demyx von sich. Dieser hielt verwundert inne, aber schien nicht anwesend.
„Du! Du Schwei-!“
„Na, na. Nicht solche schmutzigen Worte, Yuki!“, schimpfte Zexion und legte ihr einen Finger auf die Lippen. Ria keuchte heftig. Ihr Körper war angespannt.„Wie konntest du?!“, fuhr sie ihn an und griff nach dem rutschenden Stoff ihres Kleides.
„Er war derjenige, der es wollte. Ich hab ihm lediglich einen Gefallen getan“, erwiderte Zexion und deutete auf Demyx, der sich in die Sofalehne zurückgelehnt hatte und heftig atmete. Seinen Kopf hatte er auf die Lehne gelegt.
Ria sah entsetzt von ihm zu Zexion und zurück. In ihrem Kopf kreiste es. Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. Ihr Körper war immer noch heiß vor Erregung. Doch dann griff sie nach ihren Schuhen und sprang auf. Zexion lehnte sich verwundert zurück.
„OH! Willst du schon gehen?“
Doch Ria reagierte nicht darauf. Sie hatte nicht genug Kraft, um Zexion so richtig eine… Sie hastete zur Tür und riss diese auf. Kaum einen Moment später war sie schon dahinter verschwunden.
Zexion sah überrascht zur Tür, dann grinste er.
„Erstaunlich, dass sie sich nach so einer Dosis noch so bewegen kann.“
Zexion wand sein Gesicht nun Demyx zu, der immer noch japste. Seine Erregung war deutlich zu sehen. Das Grinsen auf Zexions Gesicht wurde nur noch breiter.
„Da hat sie dich doch tatsächlich im entscheidenden Moment hängen lassen.“ Zexion stand auf, ging den einen Meter weiter und blieb vor Demyx stehen. Dieser öffnete die Augen und sah ihn mit fiebrigem Blick an.
„Ri-a?“ Zexion beugte sich über ihn.
„Tut mir Leid. Die ist weg. Aber vielleicht kann ich mich … um dich kümmern?“
Seine Hand fuhr hervor.
Ria lehnte gegen die Wand. Ihre Kräfte verließen sie. Sie sackte zusammen. Wie konnte er das nur tun? Wieso hatte er ausgerechnet Zexion -? Warum hatte sie nicht vorher bemerkt, was er empfand?Ria ließ ihren Kopf in ihre Hände sinken. Die Tränen liefen ihr über die Wangen. Sie konnte sie nicht stoppen, selbst wenn sie es gewollt hätte. Es war, als würde der ganze Himmel über ihr einbrechen. Ihr ganzer Körper war schwer.
„RIA!“, hörte sie eine Stimme rufen. Schnelle Schritte. Jemand rannte auf sie zu. Sie hob ihren Kopf. Das Mondlicht fiel auf ihre Füße. Ihr ganzer Körper zitterte. „Ria!“
Sie wandte ihren Kopf der Stimme zu. Die Tränen trübten ihre Sicht. Sie konnte nichts genau erkennen. Er war schon bei ihr. Griff nach ihren Schultern.
„Ria! Was-? Du-!“ Er konnte keinen klaren Satz bilden. Auch wenn er nur verschwommen war, konnte sie ihn erkennen. Sie berührte sein Shirt. Ihre Hand verkrallte sich darin. Sie zog ihn mit schwacher Kraft an sich. Er zögerte, aber schlang dann seine Arme um sie.„Roxas“, flüsterte sie.„Bitte. Bitte bleib bei…mir.“
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Tag der Veröffentlichung: 08.07.2010
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