Ca am 2.6.2017 wird Band 2 von Failed erscheinen. Das Team geht in ein neues Abenteuer. Für euch gibt es in den nächsten Tagen die ersten 5 Kapitel als Leseprobe. Wir starten heute mir dem ersten Kapitel (noch ohne Endkorrektur, es kann noch Spuren von Fehlern enthalten :-p )
Das Ebook ist nun vorbestellbar https://www.amazon.de/dp/B072FSG9DR
Viel Spaß mit Louis Bauer, dem Agenten mit Biss und seinen tierisch wandelbaren Kollegen:
Verdammt, der Schlag saß. Scharfer Schmerz schoss durch Louis’ Rippen und die Wucht trieb ihm die Luft aus der Lunge. Nur die minimale Drehung im letzten Moment, milderte die Härte des Hiebes ein wenig ab, der ihm sonst vielleicht eine Rippe gebrochen hätte.
Scheiße auch, der Kerl war verdammt gut und in seinen Rücken zu kommen nahezu unmöglich. Sicher hatte Louis zuvor auch schon mal gegen einen Kojoten gekämpft, aber Trevorian war anders. Er schien in kein Schema zu passen, auf jeden Angriff eine passende Antwort zu wissen. Unbesiegbar. Und genau das kitzelte Louis’ Ehrgeiz heraus.
Hastig sprang er zurück, sein linkes Bein schoss vor, der Tritt ging jedoch ins Leere, denn Trevorian wich blitzschnell aus. Wuchtig traf seine Handkante Louis’ Unterschenkel. Taubheit breitete sich sofort aus, und nur eine Rolle rückwärts und ein weiterer, recht unbeholfener Sprung zur Seite, brachte Louis aus seiner Reichweite. War der Knochen gebrochen? Verflucht, er konnte den Fuß kaum aufsetzen.
Ein hämisches Lächeln kräuselte Trevorians Lippen, jagte Louis kurz eine Gänsehaut über den Rücken. Dies war definitiv kein Spiel, sondern ein echter Kampf. Knurrend griff Trevorian an, durchbrach Louis’ Abwehr spielerisch und schleuderte ihn zu Boden. Nur das beherzt angewinkelte Knie brachte etwas Abstand zwischen sie und verschaffte Louis den Bruchteil einer Sekunde, um sich zu wandeln und durch Trevorians Beine zu schlüpfen. Mit drei gewaltigen Karnickelsätzen schoss er davon, sprang an der Wand hoch und wandelte sich im Flug zurück. Wo war Trevorian? Scheiße! Direkt vor ihm. Der Kerl war so irre schnell.
Mit einer unmöglich erscheinenden Drehung entkam Louis haarscharf einem Tritt gegen seine offene Seite, packte im Fallen Trevorians Bein und riss ihn zu Boden. Sofort warf er sich auf ihn, schlug so hart zu, wie er konnte. Nochmal und noch einmal.
Lachte Trevorian etwa? Ah verdammt, er hatte eine Millisekunde gezögert. Genug Zeit für Trevorian, ihn abzuwerfen und ihm einen mächtigen Tritt zwischen die Schulterblätter zu verpassen, der Louis mehrere Meter davonschleuderte und hart aufprallen ließ.
Stöhnend rollte er sich herum. Sein Bein schmerzte, die Seite, der Rücken, die Rippen. Keuchend nutzte er die Verschnaufpause, die ihm Trevorian gab, um ihn genauer zu mustern. Spürte der miese Typ denn gar keinen Schmerz? Er hatte ihm direkt in die Nieren geschlagen. Jeder andere würde sich wimmernd herumrollen. Nein, von Schmerzsignalen nicht eine winzige Spur. War der etwa aus Stahl? Eine besondere Wandlerzüchtung, die keinen Schmerz verspürte, dafür voll boshafter Trainingsanweisungen und hämischer Bemerkungen steckte? Gratulation, dann war diese Züchtung perfekt gelungen. Scheiß Kojote!
„Stoß dich weiter ab. Das war einfach nur lächerlich. Als Wallaby wärst du wesentlich weiter gekommen.“ Trevorian schien nicht einmal außer Atem zu sein.
„Wenn das Biest sich denn mal zeigen würde“, knurrte Louis frustriert, holte gierig keuchend Luft. Und dieser Arsch ihm sein Bein nicht gerade fast gebrochen hätte. Scheiße, das tat noch immer verdammt weh.
„Es ist in dir, also kannst du dich auch wandeln. Tu es endlich.“ Dieses verdammt süffisante Grinsen, begleitet von einer auffordernd winkenden Geste. Mühsam rappelte Louis sich auf. Seine Faust wollte so gerne in diese Fresse und traf sie nie. Und sein dämliches Wallaby meinte, sich nach dem ersten „Hallo! Da bin ich, schön dich zusehen“, bei dieser Geschichte in Mexiko, weiter verborgen zu halten.
„Los, schwing deinen Puschelhintern schon wieder hoch, wir sind noch nicht fertig.“ In Trevorians Augen funkelte es gefährlich.
Oh Mann, er war durchaus schon fertig. Und zwar fix und alle. Zwei oder drei Stunden? Wie lange scheuchte ihn dieser Sadist nun schon von einer Trainingseinheit in die nächste? Es half auch nicht viel, dass Cosmo an der Seite saß, selbst schwer atmend, schweißüberströmt, reichlich erledigt und ihm mitleidige Blicke zuwarf. Ein schwacher Trost, dass Trevorian ihn nicht weniger hart angefasst hatte.
„Noch einmal. Hol mehr Schwung, stoß dich kräftiger ab. Die Hinterläufe deines Wallabys tragen dich bei dieser Art von Sprung mindestens drei Meter weit. Gib dir mehr Mühe über mich zu springen“, forderte Trevorian. Er brauchte nicht ergänzen, dass es andernfalls recht schmerzhaft werden würde. Louis kannte ihn, wenn er zu flach sprang, würde er es zu spüren bekommen. Scheiße. Abends würde er kaum noch sitzen oder liegen können, geschweige denn …
„Louis? Hängst du etwa noch immer in der letzten Trainingsanalyse fest?“ Schwer legte sich eine große Hand von hinten auf seine Schulter und er zuckte zusammen, riss sich von der Aufzeichnung los. Louis gönnte sich den Luxus, kurz die Augen zu schließen, den warmen, vertrauten, geliebten Duft einzuatmen. Sein Büffelchen, der Mann, den er über alles liebte. Noch immer war allein seine Nähe ausreichend, ihm heiße Glücksgefühle durch den ganzen Körper zu senden. Selbst wenn der Frust an ihm nagte.
„Ja, verdammt. Wenn der Arsch schon nicht selbst da ist, um mich erneut zu verprügeln, dann will ich wenigstens wissen, wie er es gemacht hat. Damit ich nächstes Mal vielleicht eine winzige Chance habe, ohne tausend blaue Flecken, Quetschungen, angebrochene Rippen und dergleichen heim zu kriechen.“ Louis stoppte die Analyse des letzten Trainingskampfes, fror das Bild ein und starrte missmutig auf die Daten.
„Vergiss es, Trevor kann man nicht analysieren.“ Cosmo lachte leise, seine Hand wanderte in den Nacken, der Daumen fuhr zärtlich über die unteren Haare. Hach ja, dieselbe Hand hatte ihn letzte Nacht im Nacken ins Kissen gedrückt, während ein heiseres Stöhnen die finalen Stöße ankündigte und … Verdammt, hier war kein Ort für diese Art Erinnerungen.
„Dieser Kojotenhund hat Reflexe, die sollte kein Mensch, kein Kojote, kein Wandler haben“, murmelte Louis, während das Analyseprogramm ihm zahlreiche Daten zu Trevorians Bewegungsabläufen lieferte. „Schau hin. Der wusste schon, welche Hand ich einsetzen würde, noch ehe ich es selbst wusste. Kann der etwa Telepathie?“
„Bei Trevor würde mich gar nichts wundern“, warf Carlos von der gegenüberliegenden Seite des Trainingsraum herüber, wo er ein paar neue Waffen testete.
„Los Jungs, wo der Big Boss gerade nicht da ist, erzählt doch mal, was ihr so über ihn wisst.“ Louis wandte sich um, musterte die anderen Agenten von Failed einen nach dem anderen. Carlos, zuckte mit nur einer Schulter, ein Tablet unter den Armstumpf geklemmt und wirkte plötzlich ein wenig betreten. Jamie, der das Meerschweinchen Roseanne auf seiner Hand mit einer Salzstange fütterte, grinste verlegen und fuhr sich durch die Haare. Selbst Herman, der mit einer gefährlich anmutenden Brillenkonstruktion auf der Nase und Spezialwerkzeugen ausgerüstet, an einem Mikrochip herumbastelte, brachte nur ein unbestimmtes Brummen hervor.
„Hm, großartig, ich brauche kein Analyseprogramm um festzustellen, dass ihr nicht viel über den Mann wisst, der uns alle liebend gerne herumkommandiert und in gefährliche Einsätze schickt“, folgerte Louis, schaute Cosmo mit verschränkten Armen herausfordernd an. „Du aber doch sicher, oder? Immerhin war er dein Ausbilder.“
„Unser aller“, warf Carlos ein, machte eine lockere Handbewegung und feuerte dabei die winzige Waffe ab, die zwischen seinen Fingern verborgen lag. Der Knall war kaum zu vernehmen, die Wirkung umso gewaltiger, denn in der dicken Panzerstahltür, auf die er gefeuert hatte, war nun ein handtellergroßes, sauber kreisrundes Loch. Wow, eine echt durchschlagende Wirkung. Von den Dinger wollte Louis zu gerne eins auf den nächsten Einsatz mitnehmen.
„Dennoch wusste keiner von uns, dass er ein Killer ist“, ergänzte Jamie, kratzte sich am Kopf. „Wobei es mich nicht wirklich gewundert hat.“
„Ja, aber ich meine, er muss ja irgendwoher kommen. Irgendwo gelebt haben, irgendwo ausgebildet worden sein. Der fällt doch nicht vom Himmel. Ist er vielleicht eine Spezialzüchtung? Was ist sein Geheimnis? Wer ist der Kerl eigentlich?“, stieß Louis genervt hervor, während er mit grimmigen Gefühlen der Aufzeichnung zuschaute, wie Trevorian ihn bei dem nächsten Sprung förmlich aus der Luft pflückte und auf den Boden knallte. Verdammt, für einen Moment hatte er wirklich gedacht, der Kerl würde ihn dabei umbringen.
„Komm schon, Cosmo. Ist das etwa ein Tabu? Der Kerl spaziert da so einfach in meine ehemalige Abteilung rein, verkündet, dass ich dich Grünling ausbilden soll und hat Befugnisse, die meinen Ex-Chef blass werden lassen? Mal abgesehen von der Sache mit den Monsterwandlern in Mexiko, die wir mit ihm gelöst haben und das sich die Obersten der Shifter Force One vor Angst fast eingepinkelt haben, als sie ihn nur gesehen haben. Gut, er ist also ein Killer. Ein Problemlöser, wie er sich nennt. Das habe ich verstanden. Aber im Auftrag der Shifter Force? Oder der Community? Wem ist er unterstellt? Von wem kriegt er Befehle? Kommt schon Jungs, der Mann ist seit vier Tagen mal wieder in einem dieser Ultrageheimaufträge unterwegs und ihr tut so, als ob er dennoch direkt hinter euch stehen und zuhören würde.“ Verärgert schnaubend beobachtet er sich selbst auf dem Monitor, wie er seine schmerzenden Knochen vom Boden aufrappelte, kläglich humpelnd und geschlagen Richtung Dusche davonschlich.
„Schwache Leistung, Bauer“, vernahm er noch einmal Trevorians Aussage und sie traf ihn ebenso hart, wie nach dem aufgezeichneten Training. Scheiße auch, der Typ sollte von ihm aus weit weg bleiben. Am besten für immer. Auf weitere Demütigungen hatte er so viel Bock wie auf ein blutiges Steak.
„Trevor erzählt nichts von sich“, murmelte Cosmo, lehnte sich rückwärts gegen den Tisch und schaute zu Trevorians Platz hin, der wie immer picobello aufgeräumt und reichlich verlassen aussah. „Er hat höchstens mal ein paar Andeutungen gemacht, daher vermute ich, dass er aus dem Kaukasus oder zumindest der Ecke stammt. Du weißt doch, dass in der Shifter Community die menschliche Staatszugehörigkeit keine Bedeutung mehr hat.“
„Oder vielmehr keine haben sollte“, warf Louis ein, maß Cosmo mit einem gefälligen Blick. Oh ja, sein Amiboy war schon eine Augenweide. Vor zwei Wochen warten sie von ihrem gemeinsamen Auftrag auf den Malediven zurückgekehrt. Nachdem sie einen Ring von Wandlerhändlern hatten auffliegen lassen und zahlreiche Wandler befreit hatten, die in die Sklaverei hatten verkauft werden sollen. Hach ja, das war so richtig nach Louis’ Geschmack gewesen. Handfeste Aktion und mindestens eine Explosion. Ja, er mochte seine Arbeit bei Failed. Bis auf diese Trainingseinheiten mit Trevorian.
Seither hatte Cosmo nur zwei Nächte im Hauptquartier von Failed verbracht. Seine Fortschritte in der Bettsportausbildung waren beachtlich. Leider waren die für Trevorian nicht so von Bedeutung, der ihr übriges Training leitete. Mit sadistischer Präzision arbeitete er immer die schwächsten Stellen heraus und ließ keinerlei Ausreden gelten. Louis hasste ihn abgrundtief dafür. Und zollte ihm Respekt. Einen besseren, gnadenloseren, kompetenteren Ausbilder hatte er nie erlebt.
Nichtsdestotrotz war da immer dieses latente Misstrauen. Lag wohl in seiner Natur, keinem Fleischfresser zu vertrauen. Außer seinem Büffelchen. Aber der hatte eben viele Seiten.
„Nicht in allen Ländern sind Wandler gerne gesehen. Offiziell gibt es uns nicht, was einige Länder durchaus als Anlass nehmen, besonders Kinder, bei denen sich die Gabe zeigt, verschwinden zu lassen. Viele Wandler tauchen daher in den Untergrund ab. Ich vermute, dass Trevor aus genau so einem Land stammt. Von seiner Ausbildung hat er nie etwas erzählt, sie muss aber verdammt hart und gut gewesen sein.“
„Vermutlich hat er mit den erlernten Fähigkeiten als erstes seinen Ausbilder umgelegt“, knurrte Louis, machte eine nur halbherzig beschwichtigende Geste, als Cosmo pikiert die Stirn runzelte. „Also ich würde das voll verstehen.“
„Ich auch“, warf Jamie kichernd ein, duckte sich sofort, als ob man ihn bei etwas Verbotenem erwischt hätte und seufzte. „Mal ehrlich, ich glaube, ich habe ihn bei keinem Trainingskampf je ein einziges Mal getroffen.“
„Ich einmal“, warf Carlos schmunzelnd ein. „Glaube ich zumindest. Ich hatte danach eine Gehirnerschütterung, ich erinnere mich nicht an alles.“
„Tolle Aussichten“, brummte Louis missmutig.
„Hey, da seid ihr beide wesentlich besser. Cosmo hat ihn wenigstens schon ein paar Mal flachgelegt“, meinte Jamie mit eindeutiger Bewunderung in der Stimme. Seine Finger kraulten Roseanne, die geschickt an seinem Arm hinaufkletterte und den üblichen Platz auf seiner Schulter einnahm.
„Ja, darin ist er wirklich sehr gut“, murmelte Louis leicht abwesend, den Blick noch immer auf Trevorians Tisch gerichtet. Ob es möglich war, an einige Daten in seinem PC zu kommen? Wie gut hatte er das System gesichert? In jedem Fall zu gut für seine rudimentären Computerkenntnisse. Verflixt, immer diese dumme Karnickelneugierde, die brachte ihn zu gerne in Schwierigkeiten. Warum musste er sein Näschen auch immer in alles stecken? Der Gedanken wollte ihn allerdings nicht loslassen
„Doch nicht so. Mann, Louis!“ Jamie verdrehte die Augen, während Cosmo unweigerlich betreten wirkte. Noch immer hing ihm ein Hauch seiner Insulaner-Unschuld an, auch wenn sein Erfahrungsschatz täglich wuchs.
„Hey, ich hab es auch schon zweimal geschafft“, wandte Louis ein, rieb sich instinktiv das Kinn. Er hatte den Hieb mit dem Ellenbogen nicht einmal kommen sehen, der ihn ausgeknockt hatte. Immerhin war er in Cosmos Armen aufgewacht. Oh ja, dieser zärtlich besorgte Ausdruck, die Frage, ob es ihm gut ginge. Nur der Eisbeutel auf dem Kinn, seine höllischen Kopfschmerzen und Trevorians prompter Vortrag über jeden seiner Fehler, hatten die Romantik ein kleines bisschen gestört.
„Siehst du, du wirst immer besser.“ Zuversichtlich lächelte Cosmo ihn an, streckte die Hand einladend aus. „Los komm. Lass uns eine Runde trainieren.“
Seufzend schaltete Louis die Aufzeichnung aus. Oh ja, Training mit Cosmo war etwas ganz anderes. Nicht ganz so gut wie der Sex mit ihm, aber nahe dran.
„Gut. Du weißt ja, wer verliert …“ Aufreizend leckte er sich über die Lippen, ließ den Blick über Cosmos sexy Körper gleiten. Jeden Zentimeter davon konnte er wieder und wieder liebkosen. Was für ein Traum von Kerl und ganz seiner.
„Ja?“, warf Jamie neugierig ein, startete ein neues Analyseprogramm für ihre Trainingseinheit.
„Och, der muss heute Abend … abwaschen“, gab Louis schmunzelnd zurück, während er seine Schultern kreisen ließ und Cosmo wohlwollend beim aufwärmen zusah.
„Ähm, hattest du nicht einen Geschirrspüler?“
„Ach, Jamie. Manche Dinge überlasse ich ganz und gar deiner Fantasie“, warf ihm Louis über die Schulter zu und nahm Kampfhaltung an. Heute Abend würde er nicht unten liegen. Dazu musste er nur diesen Büffel auf die Matte schicken.
„Ich habe so etwas geahnt. Danke fürs Kopfkino“, brummte Jamie unwirsch. „Legt schon los. Wenn ihr kämpft, sieht das eh mehr nach heißem Sex aus als alles andere.“
„Wenn du wüsstest, was in meinem Schlafzimmer so alles …“
„Louis! Halt die Klappe und kämpfe“, unterbrach ihn Jamie, kurz bevor Cosmo der Aufforderung nachkam und angriff.
Jeah! Das war Training so ganz nach seinem Geschmack. Enger Körperkontakt, Cosmos Hände überall. Und was diesen James Bond der Shifter Force anging … Er würde schon noch hinter Trevorians Geheimnisse kommen. Irgendwann.
Morgen geht es weiter mit Kapitel 2.
Hier wird weitergehoppelt und es wird ein bisschen heißer ...
Kapitel 2
Mit einem kräftigen Stoß gegen die Brust schleuderte Louis Cosmo auf den Rücken, war über ihm und klemmte ihn sich zwischen die Beine, noch ehe dieses herrlich schelmische Grinsen seine volle Ausprägung erreicht hatte. Seine Hände umklammerten die kräftigen Oberarme, unter sich vibrierte der Körper voller Kraft. Oh ja, jeder Kampf mit Cosmo törnte ihn mächtig an. Zumindest in der Erinnerung. Während des Kampfes ließ Cosmo ihm ganz gewiss keine Zeit für mehr als den Hauch anrüchiger Gedanken.
„Was hatte ich dir neulich noch gesagt?“, raunte Louis, beugte sich vor und biss Cosmo nicht ganz so zärtlich in die Unterlippe. Unter ihnen ächzte das Bett. Ganz klar, dieses schwedische Möbelhaus konnte kein Bett fertigen, das auf Dauer der dynamisch vollzogenen Kopulation von Rammler und Büffel standhielt. Es war nur eine Frage der Zeit, bis auch dieses aufgab. Vielleicht sollten sie dazu übergehen, einfach die Matratze auf den Boden zu legen.
„Wie heiß du mich findest? Wie gerne du mir die Eier leckst? Wie toll du es findest, wenn ich noch mal Schwung hole, ehe ich in di...“ Über Cosmos Lippen kam ein zischender Laut, als Louis fester zubiss, die Beine härter zusammen drückte. Straffe, nackte Oberschenkel versuchten seine Beinklammer nur halbherzig zu sprengen. Wenn Cosmo sich wirklich befreien wollte, dann konnte er das sehr wohl, wie er auch im letzten Kampf wieder bewiesen hatte. Nur, dass Louis das mittlerweile sehr genau wusste und nur darauf gewartet hatte, um den Spieß umzudrehen. Hah, dieses Mal war am Ende die volle Punktzahl an ihn gegangen. Davor war es knapp gewesen, weil Cosmo mit allen Mitteln, was auch unlautere einbezog, gekämpft hatte.
„Du weißt genau, was ich meine.“ Knurrend lockerte Louis den Biss, leckte nur flüchtig über die Lippen, schob die Arme nach oben, bis er sie über Cosmos Kopf mit einer Hand fixieren konnte. Wie herrlich Cosmos Augen funkelten, wie viel Glut darin verborgen lag, wie heiß es ihn machte, Louis Gewalt über sich zu geben.
„Weiß ich das?“ Mit einem leisen Stöhnen hob Cosmo das Becken, rieb seinen Ständer an Louis’, versuchte ihn tiefer zu schieben, ihn zu mehr zu animieren. Vorbei war die Müdigkeit der Muskeln nach dem Kampf. Wenn die Haustür hinter ihnen zu fiel, dann dauerte es meist bei ihnen keine zwei Sekunden, die Kleidung herabzureißen und übereinander herzufallen.
„Oh, aber sicher. Ich erinnere dich einfach mal an folgende Situation: Ich hatte dich mit einem genialen Mix von zwei Schlägen und einem Tritt zu Boden geworfen, mit dem Unterarm über der Kehle fixiert. Du hattest keine Chance mehr. Und dann …“ Mit einem leichtem Anflug von Sadismus und dem wohltuenden Gefühl von Macht, umschloss Louis die Erektion, bewegte seine Hand jedoch keinen Millimeter. Cosmos Stöhnen klang definitiv gequälter, sein Penis pochte zwischen Louis’ Fingern.
„Dann hast du mir ins Ohr geraunt.“ Ganz nah kam Louis, ließ die Zungenspitze über Cosmos Lippen tanzen.
„Ja! Hasi!“, stöhnte Cosmo langgezogen, presste einen weiteren eher wimmernden Laut hervor, der Louis eisernem Griff um seine Erektion geschuldet war.
„Genau. Hasi. Und was hatte ich dir darüber gesagt?“ Langsam drückte Louis den Daumen auf die Eichel, krümmte den Finger, bis der Daumennagel in die höchst empfindliche Öffnung drückte. Oh ja, diese Art Laute liebte er besonders, mochte es zu gerne, wenn Cosmo schauderte, sein Körper sich instinktiv wehrte und er sich ihm dennoch willig hingab. Eine perfekte Kombination, ein immerwährendes Spiel zwischen ihnen, bei dem es nie Verlierer, sondern immer Gewinner gab.
„Nenn mich nicht Hasi!“, stieß Cosmo keuchend hervor, verzog das Gesicht, warf den Kopf in den Nacken. Im Haaransatz der Stirn glitzerten feine Schweißtröpfchen. „Außer im Bett.“
„Genau. Jamie hat sich halb tot gelacht und mir die Aufzeichnung dreimal vorgespielt“, knurrte Louis, musste an sich halten, um Cosmo nicht mit Küssen zu verschlingen, so begehrenswert war er in seiner gefangenen Lust. Dieses Gefühl süßer, klebriger Vorfreude an seinen Fingern. Er musste aufpassen, dass er ihn nicht zu weit trieb. Cosmos Kontrolle ließ noch zu wünschen übrig.
„Aber doch nur … Oh Mann. Scheiße!“ Abermals stöhnte Cosmo, seine Bewegungen wurden heftiger, die langen, hellbraunen, fast dunkelblonden Haare lagen wundervoll zerzaust über das Kopfkissen ausgebreitet und Louis löste seine Hand von den Handgelenken. Fest griff er hinein, zog Cosmo den Kopf noch weiter nach hinten, bis der Adamsapfel ihm förmlich entgegen sprang. Ein neues Ziel für Zähne und Zunge.
„Nur, weil du dich davon ablenken und von mir überwältigen hast lassen“, entkam es Cosmo keuchend, während Louis’ Finger sich unter seine Hoden bewegten und einer in ihn drang.
„Das war absolut unfair“, brummte Louis mit zuckenden Mundwinkeln. Verdammter Mistkerl, Cosmo hatte natürlich haargenau gewusst, wie es auf ihn wirkte, wenn er ihn diesen Kosenamen ins Ohr wisperte. Niemand sonst durfte ihn je so nennen. Aber ein tiefes, brummend aus der Kehle vibrierendes: „Hasi“, von Cosmo wirkte auf ihn wie eine kleine Dosis Viagra.
„Sagt der Champion der unkonventionellen Methoden“, stöhnte Cosmo, die Beine zuckten unkontrolliert, als Louis seinen Finger genüsslich langsam tiefer in ihn drückte. Noch war der Widerstand zu groß, Cosmo jedoch ein gelehriger Schüler und bald würde er sich entspannen, dann konnte eine größere Aufgabe kommen. Vielleicht sollte er ihm dabei ein wenig helfen?
„Du bist ja ein echter Musterschüler“, flüsterte Louis, küsste die wunden Lippen, bis Cosmo der Atem wegblieb. Kreiselnd ließ er die Zunge tiefer gleiten, löste den harten Griff und schob sich nach unten.
„Dafür gibt es dann auch mal eine Belohnung“, murmelte er gegen die heiße Haut. Seine Nasenflügel bebten, tief inhalierte er den herben Moschusgeruch seines Büffels ein. Mit verhangenem Blick folgte Cosmo jeder seiner Bewegungen, wurde dennoch von Louis überrascht, der seine Beine packte und ihn mit einem harten Ruck zu sich heranzog, sodass Cosmos Hintern direkt vor ihm lag. Prima, alles in Reichweite, was er zum Spielen brauchte.
„Weißt du, wie absolut heiß du da zwischen meinen Beinen aussiehst?“, stieß Cosmo hervor, streckte die rechte Hand aus und strich ihm über die Wange.
„Weißt du, wie heiß dir gleich werden wird?“, gab Louis süffisant grinsend zurück, ließ die Zunge einmal innen um seine Unterlippe kreisen. „Und wie hart du an deiner Disziplin arbeiten wirst? Ich will nicht mehr als diese …“, mit dem Zeigefinger nahm er etwas von den zähklebrigen Lusttropfen auf und ließ sie Fäden ziehen, „... Art von Tropfen sehen. Wenn du kommst, ehe ich mit dir fertig bin, müssen wir das wohl so lange wiederholen, bis es dir gelingt.“
„Und du nennst Trevor einen sadistischen Arsch?“ Gepresst stöhnend legte Cosmo den Kopf in den Nacken, die feuchten, wundgeküssten Lippen bebten, die Finger krallten sich in die Bettdecke. Er verging vor Lust während Louis mit Zunge und Fingern dafür sorgte, dass es ihm möglichst schwer fiel, die Kontrolle über seine Reaktionen zu behalten und ihn zugleich für sich selbst vorbereitete. Oh ja, das war ein Spaß. Cosmos Laute signalisiertem ihm ganz genau, wie weit er war. Die Spannung des engen Muskels ließ immer mehr nach, er genoss, wie Louis ihn mit den Fingern verwöhnte und zugleich noch weiter dehnte. Ah, nun wurde sein Stöhnen immer heller und abgehackter. Diese fast kieksenden Laute schossen Louis direkt in den Unterleib. Sie waren beide soweit.
„Louis! Ich bin so offen wie ein Scheunentor. Was soll da denn noch alles reinpassen? Mach endlich“, stieß Cosmo aus, entzog sich ihm und warf sich mit einem Ruck herum. „Leg los.“ Auffordernd streckte er ihm den Hintern hin, was wiederum Louis zu einem stöhnenden Keuchen animierte. Verdammt! Bei dem geilen Anblick konnte er sich kaum selbst beherrschen und es wäre ein Leichtes, jetzt einfach über diese straffen Backen und den Rücken abzu…
„Scheiße“, presste Louis hervor, umklammerte seinen pochenden Penis, hangelte hastig nach dem Kondom und streifte es sich mit mehr als fahrigen Fingern über. Wie passierte es nur immer wieder, dass er alleine bei Cosmos Anblick so nahe an die Grenze kam? Ein Kuss, sein gerauntes Wort, eine spezielle Geste, der Anblick, wie er mit hochgerecktem Hintern einladend winkte. Dieser Kerl war pure Sexyness und er ihm so was von verfallen.
„Und halt dich dieses Mal nicht zurück“, grollte Cosmo, warf ihm über die Schulter einen entsprechenden Blick zu. „Du bist doch der berühmte Rammler, also beweise es mir.“
„Kannst du haben“, knurrte Louis, drückte seinen Ständer in Cosmo Spalte, lehnte sich über ihn, während er zügig in ihn eindrang. Hach, diese Hitze und Enge, dieses Gefühl, miteinander zu verschmelzen. Ja, bisher hatte er sich meist zurückgehalten, einfach weil ihm Cosmos Unerfahrenheit stets bewusst war. Unter gar keinen Umständen wollte er ihn verletzen und niemals würde er auch in der größten Lust derart die Kontrolle über sich verlieren. Aber heute war er offen, weit, optimal vorbereitet und er kostete es aus, jedes langsame Zurückziehen, jedes energischere Vorstoßen. Bereits nach dem zweiten Mal nahm Cosmo den Rhythmus auf, stieß sich heftiger zurück, forderte mit seinen Bewegungen definitiv eine härte Gangart.
Wie Musik klang sein Stöhnen, jeder ihrer Lustlaute untermalte die Melodie der Körper. Haut auf Haut, Bewegungen im Einklang, dass leise Scharren rauer Haare, das Reiben aneinander, das Klatschen bei jedem Stoß. Sicher, er könnte es jetzt hinausbrüllen, diese gewaltige Ladung überwältigender Gefühle in ein schnödes: „Scheiße Mann, ich liebe dich“, kleiden. Ein Frevel. Völlig unpassend.
Dies war der schönste Moment, wenn alle Wahrnehmung, alle Sinne aufeinander abgestimmt waren, die Welt völlig an Bedeutung verlor und nichts wichtiger war, als einander Lust zu geben und zu empfangen, die Körper, Lippen, Finger und Zungen ausdrücken zu lassen, was Worte nur unzureichend konnten.
Wer als erster kam war kein bisschen von Belang. Sie kamen, schwangen sich zusammen auf, um das höchste Glücksgefühl gegenseitiger Erfüllung zu verspüren und landeten sicher, fingen sich in den Armen des anderen auf. Auch diesen Moment liebte Louis über alles. Die Gewissheit, gehalten, gefangen, gestützt zu werden und dasselbe zurückgeben zu können. Sie mochten bereits ein erstklassiges Team als Agenten von Failed sein, sie waren ein unübertroffen geniales beim Sex.
Schwer atmend, die schweißfeuchten Beine und Arme in einem wirren Durcheinander verwickelt, lagen sie beieinander, schwebten sanft zurück von ihrem Trip, ließen die Welt sie langsam wieder zurückholen.
„Geht doch“, brummte Cosmo, ächzte leise, während er sich ein wenig mehr auf die Seite drehte.
„Genug Rammler für dich?“, raunte Louis, die Nase irgendwo in Cosmos Achselhöhle vergraben, die Augen noch unwillig, sich zu öffnen.
„Für den Anfang. Aber vielleicht auch noch …“ Ein zufriedenes Seufzen. „Etwas verbesserungswürdig.“
„Ach komm schon, sei ehrlich: Niemand hat dich je so gefickt wie ich.“ Glucksend lachte Louis, schob die Nase über die heiße Haut Richtung Brust und öffnete träge die Lider.
„Damit sprichst du die Wahrheit gelassen aus. Niemand hat mich vorher gefickt.“ Zärtlich zupften Finger in Louis’ Haaren herum. „Ich hoffe nur sehr, dass Trevor morgen nicht wieder da ist und volles Programm fährt. Shit, ob ich überhaupt sitzen kann?“
„Der soll bleiben wo der Pfeffer wächst“, brummelte Louis, bettete seinen Kopf an Cosmos Brust. „Der versucht dann nur wieder mich windelweich zu prügeln und dieses dämliche Wallaby zeigt nicht mal eine Schwanzspitze.“ Seufzend kuschelte er sich enger an Cosmo, blinzelte zu diesem hoch. „Wieso kriege ich das nicht hin? Gibt es irgendeinen Trick, den ich noch nicht kenne? Du kannst doch einfach so von einem Stinktier zum Büffel zu etwas von den anderen bissigen Viechern werden. Wieso klappt es bei mir nicht?“
„Hm, ich weiß nicht recht. Dein Wallaby hat sich gezeigt, als du in Gefahr warst.“
„Ja klasse, an dem Punkt waren wir in einigen der Trainingskämpfe auch schon. Mann, neulich dachte ich echt, er nimmt mich zwischen die Beißerchen und knackt das Genick durch. Ein Biss und Hasi wäre Geschichte.“ Frustriert schnaubte Louis, rutschte etwas höher, bis er den Kopf gegen Cosmos Halsbeuge legen konnte.
„Du warst dir aber eben nicht sicher“, meinte Cosmo, strich ihm über die Stirn und rutschte in eine bequeme Position. Von unten dröhnte Bachs Toccata und Fuge zu ihnen hoch. Ah, sie waren wohl mal wieder zu laut gewesen. Die Antwort des älteren Klavierlehrers in der Wohnung unten bestand in klassischer Musik in voller Lautstärke. Dagegen hatte Louis nicht viel, er mochte Bach. Mozart war weniger sein Fall. Meistens hielten die Nachbarn gegenüber des Klavierlehrers dann mit Punkrock dagegen, und die über ihnen setzten ein reiches Repertoire an Heavy Metal als Lärmwaffe ein, was durchaus seinen Geschmack traf. Schwierig würde es erst werden, wenn einer von denen mit Schlagern anfing. Irgendwann würde er sich wohl mal nach einer anderen Wohnung umsehen müssen, die schallgedämpft war. Und am besten ebenerdig.
„So sicher wie man sich sein kann, wenn man schon die Zähne in die Haut eindringen spürt“, knurrte er.
„Nein. Du warst dir dennoch sicher, dass Trevor dich nicht töten würde“, widersprach Cosmo entschieden. „Du warst nicht in echter Gefahr.“
„Du meinst, da müssen erst meine Knochen knacken, ehe sich dieses egoistische Wallaby bequemt, auch nur ein Ohr zu zeigen? Klasse, sehr beruhigend.“ Großartig. Warum konnte es nicht einfach sein? Wo er schon einer dieser Duowandler war, von denen es nur wenige auf der Welt gab. Superkaninchen mit großem Bruder quasi. Nur das der große Bruder der Meinung war, Puschelschwänzchen käme auch ganz gut ohne ihn zurecht. Was im Großen und Ganzen ja auch stimmte.
„Wie ist es bei dir? Was machst du, damit du dich von einem zum anderen wandelst?“, fragte er, hatte genau vor Augen, wie rasend schnell Cosmo vom Adler zum Kaiman, zum Stinktier, zum Mähnenwolf wurde. Nur den Büffel, den schien er nicht wirklich oft zu zeigen.
„Ich weiß nicht recht, ich muss eigentlich nur daran denken“, murmelte Cosmo, klang leicht schläfrig.
„Und dein Büffel? Der zeigt sich doch auch meist nur, wenn Gefahr im Verzug ist? Ob es sich mit meinem Wallaby ebenso verhält?“ Musste er sich erst in einen Käfig sperren lassen, um festzustellen, ob sein zweites Tier es dann für nötig hielt, ihm zu helfen? Großartig.
„Er macht es mir schwerer. Es ist allerdings deutlich leichter, mich in ihn zu verwandeln, wenn ich jemandem helfen will“, erklärte Cosmo etwas schleppend, sein Griff wurde immer lockerer und der Atem langsamer. Louis kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er gleich einschlafen würde. Keine Ausdauer diese Jugend. Wohingegen er noch länger wach liegen würde und die Gedanken um dieses leidige Thema kreiselten.
„Denk nicht so viel drüber nach. Du bist perfekt so wie du bist. Ob mit oder ohne Wallaby“, wisperte Cosmo.
„Mit einem Tier, das diesem Arsch von Trevorian mal so richtig in die Eier treten würde, wäre es perfekt“, antwortete Louis. Wohlweislich jedoch erst, als Cosmos Atem verriet, dass er eingeschlafen war. Hoffentlich hatten sie noch eine Weile länger Ruhe vor ihm. Wo der sich wohl wieder herumtrieb? Ohne Trevorian gab es auch keinen neuen Auftrag und wenn er ehrlich war: So langsam begann er sich in der Basis zu langweilen. Ein bisschen mehr Action wäre nicht zu verachten.
Und auf geht es in das nächste Kapitel, nach der kleinen Aufwärmrunde:
Es ließ sich nicht länger leugnen: Louis langweilte sich furchtbar. Zwar hatte er versucht, sich mit Recherche abzulenken, sich bemüht, die Hintergründe einer neuen Welle von Wandlerverfolgung in osteuropäischen Staaten zu verstehen, aber Büroarbeit war einfach keine Sache die ihm lag. Nebenher ging er natürlich auch der Frage nach, aus welchem Land davon womöglich Trevorian stammen könnte. Diese Suche war, wie alles andere zu seiner Person, eine absolute Sackgasse. Nicht einmal in den Datenbanken der Shifter Force schien es mehr als den Namen und den Rang zu geben. „Special Agent“, schien als Hinweis zu genügen. Was so speziell an ihm war blieb Spekulation.
Frustriert klopfte Louis mit dem Fuß auf den Boden. Nichts. Absolut nichts. Eine weiße Seite, jemand, der zwar an sich existierte, jedoch völlig unsichtbar agierte. Wie ein Geist.
Die übrigen Informationen waren kaum weniger geeignet, ihn in gute Laune zu versetzen. In den letzten Monaten häuften sich Berichte und Gerüchte, dass in mindestens drei Ländern massiv und äußerst brutal gegen Wandler vorgegangen wurde. Natürlich gab es nichts offizielles: Sie existierten in der Menschenwelt nicht. Was Menschen nicht davon abhielt, sie zu verfolgen, foltern und zu töten. Nicht in allen Ländern war die Shifter Community stark genug vertreten, um solche Übergriffe zu verhindern und ihre Mitglieder zu beschützen. Zumal die sich ja auch eher für die ersten beiden Kategorien interessierten. Die Zahl verschwundener Wandler war mit Sicherheit noch größer, wenn man alle Kategorie Dreier und auch die unregistrierten Wandler einkalkulierte. Leider war in dieser Sache auch wenig Hilfe der menschlichen Sicherheitsdienste zu erwarten, denn von denen wussten jeweils nur die höchsten Dienstränge von der Existenz der Wandler. Verzwickte Situation und eigentlich definitiv ein Fall für Failed. Aber ohne Trevorian war keine Aktion abgesegnet und der schien irgendwo Urlaub zu machen. Unschlüssig starrte Louis auf die Bilder und Berichte. Es wurde einem sinnlosen Herumstochern im Heuhaufen gleichkommen, wenn er planen würde, auf eigene Faust zu ermitteln. Darüberhinaus würde das vermutlich auch seinen Rauswurf aus Failed bedeuten. So sehr Trevorian seine unkonventionellen Methoden schätzen mochte, so wenig würde er ihm eine derartige Kompetenzübertretung verzeihen.
Na klasse, da war er zu Failed gekommen und saß letztlich ebenso an einem Schreibtisch tatenlos herum wie in dem miefigen Büro seiner alten Abteilung. Seufzend öffnete Louis eins der Computerspiele, das würde den Frust zumindest ein wenig vertreiben und wenigstens meckerte hier keiner darüber oder kürzte sein Gehalt deswegen.
Schmunzelnd beobachtete er Cosmo, der sich etwas zu trinken geholt hatte und sich, noch immer ein wenig zu vorsichtig, auf seinen Stuhl sinken ließ, nicht ohne Louis ein verzerrtes Lächeln zu schenken. Heute lag kein Kampftraining an und nicht nur Cosmo schien darüber erleichtert zu sein.
Nach zwei Leveln kam die Langeweile unaufhaltsam zurück. Louis stand auf, streckte sich, schlenderte zum Kaffeeautomaten, holte sich seinen Café au lait und musterte die anderen Agenten, die vor ihren Bildschirmen saßen.
Carlos bastelte an einem technischen Gerät herum, das in unregelmäßigen Abständen pfeifende Töne von sich gab und ihm jede Menge amerikanischer Flüche entlockte, wenn er erneut Daten in seine Tastatur hämmerte und den Scanner darübergleiten ließ.
Jamie war in irgendetwas am Monitor vertieft, Cosmo ging mit bewundernswerter Geduld tausende von Listen auf der Suche nach Hinweisen zu verschwunden gemeldeten Wandlern durch. Was für ein Glück, dass er einige Sprachen mehr als Louis konnte und damit die Recherche auf diesen Seiten übernommen hatte.
Louis nahm noch einen Schluck und bewegte sich zu Herman, der noch immer an einem Mikrochip arbeitete. Louis hatte vermieden zu fragen, was genau er damit vorhatte, um den unweigerlich folgenden Wissenschaftsvortrag zu umgehen.
„Schon was von unserem Sklaventreiber gehört?“
Herman reagierte zunächst nicht, fummelte mit einer winzigen Zange herum, ehe er diese seufzend beiseite legte, die Brille hochschob und Louis mit einem deutlich genervten Blick musterte.
„Trevor wird sich schon melden, wenn er wieder im Land ist. Oder auch nicht. Sag bloß, du vermisst ihn?“
„Nicht direkt, aber die Luft hier drinnen wird durch eure Fürze nicht gerade besser. Geht ihr nie raus? Mir steht der Sinn gerade sehr nach einem Ausflug in den Osten. Sollen ja faszinierende Länder sein.“
„Ah, die Sache mit den Säuberungsaktionen reizt dich.“ Nickend rieb sich Herman über den tätowierten Nacken, machte sich nebenbei ein paar Notizen. Es war nicht übermäßig warm in der Basis, Herman trug jedoch meist ein Muskelshirt. Das brachte seine Tätowierungen gut hervor, täuschte jedoch nicht darüber hinweg, dass es nicht viel an Muskeln gab. „Gut möglich, dass Trevor da bereits dran ist und euch einsetzt, sobald es ein konkretes Ziel gibt. Vielleicht will er dir auch einfach mehr Zeit geben, dein Duotier zu trainieren.“
„Dann kann ich wohl lange auf einen neuen Einsatz warten, weil dieses dämliche Wallaby sich bei mir nicht hervorlocken lässt“, rutschte es Louis heraus. Missmutig nagte er an dem Becher. Ja, er war ein ungeduldiges Kaninchen, das nicht gerne in einem Bau hockte. Ihm ging die Enge auf die Nerven und er schritt lieber zur Tat als auf einen Monitor zu starren. Jetzt eine wilde Verfolgungsjagd oder wenigstens eine Explosion. Ach Mann, nicht mal der Spaß war ihm vergönnt.
Mit gerunzelter Stirn musterte ihn Herman, verzog die Lippen zu einem angedeuteten Schmunzeln. „Na siehst du, du passt doch absolut hervorragend zu den anderen Agenten von ,Failed‛.“
„Haha.“ Energisch stellte Louis den Becher ab, beugte sich vor. „Du bist doch hier unser Wandlergentiksupergenie. Du hast uns lange genug studiert und weißt alles über Shifter. Mono wie Duo wie Multi. Spar dir einmal all diesen ganzen umständlich wissenschaftlichen Kram. Klipp und klar: Warum geht es bei mir nicht?“
„Louis, die Kapazität deines Hasenhirns ist wirklich etwas zu begrenzt um …“, begann Herman, registrierte wohl rechtzeitig Louis’ beginnendes Knurren und das Funkeln der Augen, brach hastig ab und leckte sich über die Lippen. „Schon gut, ich versuche es mal ganz simpel zu erklären. Es ist allerdings nur eine unbewiesene These. Bisher sind Duowandler der Kategorie Drei nicht besonders intensiv erforscht worden. Ich kann daher nur unzuverlässige Rückschlüsse aus den geringen Mengen an statistischem Material ziehen, dass mir zur Verfügung steht. Während Duotiere der Kategorie Eins in der Regel sehr schnell hervorbrechen, ihrem Naturell entsprechend auf Angriff aus sind, scheint es bei den Kategorie Dreiern mitunter zu Verhaltungen zu kommen. In einigen Fällen braucht das Duotier offenbar besondere Voraussetzungen. Es wird nur dann aktiv, wenn das erste Tier inkompatibel scheint oder der emotionalen Situation nicht gewachsen ist.“
„Inkompatibel? Nicht gewachsen?“ Louis stutzte. „In welcher der Einsätze wäre mein Baumwollschwanzkaninchen denn kompatibel gewesen? Demnach hätte das Wallaby doch schon längst den Job übernehmen müssen. Es ist größer, schwerer, kräftiger, schneller, kann weiter springen, hat längere Zähne und … Ja, auch einen längeren Schwanz. Dieses verdammte australische Beutelspringteil zeigte sich jedoch neulich zum ersten Mal, als ich in Gefahr war, als knuspriger Braten zu enden. Hielt es davor wohl nicht für nötig, oder?“
„Warst du nicht schon vorher mal in Lebensgefahr?“, hakte Herman nach, schob den Kaffeebecher demonstrativ von seinen Notizen und tippte zwischendrin Daten in die Tastatur.
„Na aber sicher. Da kam kein Beutelsuperwesen um mich rauszuhauen. Zeigt es sich vielleicht nur … wenn ich zusätzlich jemanden beschützen will?“ Sehr wohl erinnerte Louis sich an Cosmos Worte. Und die Situation, wie er im Griff dieses Mundgeruchskillers hing und Cosmo in dem Käfig steckte. Nein, da hatte er vor allem eins verspürt: Hass und Hilflosigkeit. Das Kaninchen konnte rein gar nichts ausrichten. Oh wie fuchsig ihn das gemacht hatte.
„Wie bei deinem anderen Partner?“ Herman sah auf, musterte Louis kurz, als ob er sich seiner Reaktion versichern wollte. Nein, Sandros Erwähnung war kein Problem mehr für ihn, die alte Bitterkeit endgültig verflogen. Eine liebenswerte Erinnerung. Den Rest füllte Cosmo so umfangreich aus, wie sein Büffel schwer war.
„Da hat es nicht mal einen Mucks von sich gegeben. Ich habe diesen Mörder als Mensch mit bloßen Fäusten angegriffen“, schnaubte Louis. Die Tatsache, dass dieser Wolf damals nicht recht Herr seiner tierischen Sinne gewesen war, wie er nun wusste, machte es ihm ein wenig schwer, denselben Zorn zu empfinden.
„Ah. Na da siehst du.“ Nickend griff Herman nach der Brille, setzte sie jedoch nicht gleich auf, als ob er auf etwas warten würde.
„Was?“, stieß Louis hervor. Was sollte das bedeuten? Wenn Herman nicht in wissenschaftlichem Kauderwelsch redete, sprach er dennoch in Rätseln.
„Es steht zu vermuten, dass es sich um einen Situativwandler handelt. Davon sind mir bisher drei Fälle bekannt, die …“ Mit einer unwirschen Geste unterbrach Louis Hermans beginnenden Exkurs.
„Was zur Hölle ist ein Situativwandler?“
Das Seufzen war überlaut. Herman rieb sich mit zusammengekniffenen Augen mit Daumen und Zeigefinger über die Nasenwurzel. Hinter ihm kicherte Carlos, bewies, dass er ihr Gespräch genau mitbekam.
„In ganz simplen Worten: Bisher war der Einsatz des Wallabys nicht nötig. Es zeigt sich nur, wenn es absolut notwendig ist“, warf er an Hermans Stelle ein, rollte näher. „Der Situation angepasst also.“
„Ah? Und das entscheidet es einfach so?“ Skeptisch musterte Louis die beiden. Herman, seufzte noch einmal, nickte fahrig und machte Anstalten, die Brille wieder aufzusetzen.
„Jedes Tier ist ein Teil von dir. Dein Kaninchen ist stark, man könnte auch sagen übermächtig. Solange diese Form von dir derart vorherrschend ist, wird das Wallaby unterdrückt. Nur in einer Situation, die du als Kaninchen oder Mensch nicht bewältigen kannst, wird es sich zeigen“, erklärte er, den Blick bereits wieder auf den Mikrochip gerichtet.
„Und seien wir realistisch: Das dürften äußerst wenige sein“, ergänzte Carlos lachend. Grinsend setzte Herman sich die Brille auf, nahm das Werkzeug zur Hand.
Das war es? Verblüfft starrte Louis ihn an. Das klang leider zu plausibel. Na toll.
„Prima. Und wer verklickert das Trevorian, wenn der geruht uns mit seiner Erscheinung wieder zu beehren? Weil er mich dann nämlich nicht mehr grün und blau schlagen muss, das Beutelbiest wird sich nicht zeigen.“
„Wer weiß? Vielleicht verfolgt er einen Plan.“ Schulterzuckend wollte Carlos zurückrollen, verdrehte stattdessen die Augen, sein Blick ging jedoch an Louis vorbei, der sich prompt umwandte und überrascht die Luft einsog. „Mann, Jamie. Nicht schon wieder.“
Nanu? Wo war denn Jamie abgeblieben? Ah, da saß das Grauhörnchen. Nein, der Puma. Nun wieder das Grauhörnchen. Verdammt, der wechselte so schnell, dass die Augen kaum folgen konnten. Was trieb er da?
„Was ist denn mit ihm los?“ Besorgt stieß Louis sich vom Tisch ab, starrte irritiert hin.
„Oh Fuck, Jamie!“, stieß Carlos äußerst genervt hervor. „Kannst du dir diese Pornos nicht einfach hinten in deinem Raum anschauen? Mann, ey, das ist echt bescheuert. Was soll Roseanne denn von dir halten? Guck die etwa mit? Fuck!“
Jamie schaute während der Arbeit Pornos? Louis musste prustend loslachen. Stimmt, Jamies Problem war ja, dass er bei Erregung unkontrolliert wechselte und sehr offensichtlich war er gerade … nun sehr erregt. Was für Filmchen er sich da wohl reinzog? War sicher schwer, als Grauhörnchen zu masturbieren. Oder als Puma.
Neugierig marschierte Louis los, Cosmo hielt ihn jedoch am Arm zurück, schüttelte kaum merklich den Kopf. „Lass ihn, das ist sein privates Ding.“
Pah, so ein Spielverderber. Seufzend verbiss sich Louis eine entsprechende Bemerkung, schüttelte den Arm ab, schnappte sich seinen fast leeren Becher und ging noch einmal zum Automaten. Mit hochrotem Kopf saß zwischendurch nun auch Jamie am PC, doch wann immer er den Mund öffnete, wandelte er sich auch schon wieder. Armer Kerl. Dem wäre ein Situativwandler sicher allemal lieber gewesen. Vor allem mit einem so langen Schwanz.
„Wenigstens einer hat Spaß solange Trevorian weg ist“, brummte Louis.
„Unter uns, langsam mache ich mir Sorgen“, bemerkte Carlos, der zu ihm getreten war, sich ebenfalls einen Kaffee holte.
„Unter uns: Ich nicht“, stieß Louis aus, revidierte jedoch sogleich: „Nein, stimmt nicht wirklich. Es ist schon etwas seltsam. Oder ist er schon öfter derart lange fort gewesen?“
Auch Cosmo kam zu ihnen, warf noch einen Blick zu Jamie, der sich leise murmelnd bei Roseanne entschuldigte und ihnen verlegene Blicke zuwarf. Wenigstens schien er nun die Wandlung im Griff zu haben.
„Keine Nachricht, kein Zeichen. Das ist nicht seine Art.“ Cosmo reichte Louis seinen Becher.
„Denkst du, er ist in etwas geraten, was eine Nummer zu groß für ihn war?“ Nein, der Gedanken brachte keine Genugtuung. Trevorian möchte ein elendig sadistischer Ausbilder sein, er war auch Kopf und Herz von Failed. Ja, scheiße, er traute diesem Kojoten nicht einen Millimeter, konnte jedoch auch nicht leugnen, dass er ihn irgendwie mochte.
„Ich weiß nicht, wo er steckt. Keine Koordinaten. Das Flugticket ging nach Österreich“, meinte Carlos, strich sich die wilde Mähne aus dem Gesicht. „Für gewöhnlich meldet er sich zurück, sobald er am Zielort angekommen ist. Dieses Mal herrscht seither Funkstille.“
„Kannst du ihn nicht irgendwie orten? Mit seinem Smartphone? Mann, ihr seid doch die Technikgenies hier. Keine Idee?“, warf Louis ein.
„Wir reden von Trevor Trevorian.“ Carlos schnaubte. „Wenn er nicht gefunden werden will, findet ihn niemand.“
„Unser James Bond der Shifter Force, 007 ist verschwunden. Ich wittere eine Weltverschwörung“, stieß Louis hervor, der lachende Laut klang nicht echt und irgendwo in der Nähe seines Magens war da dieses ungute Gefühl, dass ihm Gefahr signalisierte. Auf seine Karnickelinstinkte war immer Verlass. Irgendwas stimmte nicht und es roch nach viel Ärger. Und Aktion.
„Eher ein 003. Er hat mal nebenbei erwähnt, dass es nur drei von ihnen geben würde“, meinte Cosmo, wirkte ein wenig betreten.
„Von ihnen?“, hakte Louis nach.
„Spezialagenten. Wie er. Problemlöser. Mehr weiß ich nicht. Das ist ihm wohl herausgerutscht. Sonst redet er nicht über solche Sachen.“
„Hm, mir scheint, Cosmo ist derjenige, der noch am meisten über ihn weiß. Also, ich schlage dann mal vor, wir versuchen herauszufinden, wo er ist. Ich meine, wenn er in Gefahr ist, dann wäre es doch völlig legitim, ihm nachzureisen und ihn rauszuhauen, oder?“ Mit hochgezogenen Augenbrauen schaute Louis von einem zum anderen, spürte das Unbehagen der anderen und auch ihre latente Neugierde.
„Ich denke, es kann nicht schaden, es mal zu versuchen“, murmelte Carlos, schaute zu Trevorians Arbeitsplatz hin, straffte die Schultern und holte so tief Luft, als ob er in einen Abgrund springen wollte. Ohne Fallschirm.
„Ich halte das für keine gut Idee“, bemerkte Herman. „Damit überschreiten wir Kompetenzen.“
„Ich weiß nicht, ob wir hier überhaupt einen Hinweis finden“, begann Carlos zögernd, stand vor Trevorians Schreibtisch, als ob ein Sperrzaun ihn umgeben würde.
„Zumindest Hinweise, wer genau er eigentlich ist und damit vielleicht auch, wo er sich herumtreibt. Welche Problem er gerade löst.“ Probleme betonte er dabei ganz besonders. Entschlossen trat Louis in die Tabuzone, zog den Stuhl zur Seite. Minen und Fallen waren ja nun nicht gerade zu erwarten, nichtsdestotrotz war er überrascht, dass die Schubladen nicht einmal abgeschlossen waren. Während Carlos, Herman und Cosmo ihm skeptisch zusahen, kam auch Jamie dazu, Roseanne auf der Schulter, mied er ihre Blicke. Sein Gesicht glänzte noch immer und das T-Shirt hatte dunkle Stellen unter den Armen. Instinktiv tat er Louis ziemlich leid, wie er da mit hängenden Schultern stand. Was für eine vertrackte Situation für den armen Kerl. Vor allem weil es ja Zeiten gegeben haben musste, in denen er mit Cosmo gewichst hatte. Vor seiner Duowandlung.
„Wir sollten doch lieber einfach warten, ob Trevorian sich meldet. Gewiss ist es ihm nicht recht, wenn wir ungefragt …“, fing Herman schon wieder an, doch Louis unterbrach ihn mit einem genervten Schnauben und einer wegwischenden Geste. Bedenken konnte er hier nicht gebrauchen.
„Herman, du bist doch ein exzellenter Biologe? Biogenetiker, oder? Mehrfacher Doktor, wer weiß was noch für Titel. Und ein ziemliches Genie. Niemand kennt die Wandlerbiologie besser als du. Niemand weiß mehr über sie und hat Shifter genauer studiert. Du bist eine Koryphäe auf dem Gebiet.“
„In der Tat. Ja?“ Argwöhnisch beäugte Herman ihn, wie er vor der ersten Schublade stand und die Papiere herausfischte. Okay, das war dann doch wohl zu dick aufgetragen gewesen. Louis grinste.
„Rein Interessehalber: Wärst du wohl in der Lage, so etwas wie Viagra zu erfinden?“, fragte er, versuchte möglichst unschuldig zu klingen.
„Na sicher doch. Das ist keine besonders schwere Sache. Das wäre nur eine Frage der richtigen … Worauf willst du hinaus?“ Oh, das Misstrauen in der Stimme war unüberhörbar. Louis verdrehte bei gesenktem Kopf die Augen, teilte den Papierstapel in drei Haufen und schob Cosmo, Jamie und sich je einen davon zu, ehe er wieder aufschaute.
„Wenn es etwas wie Viagra gibt, wäre es doch sicher möglich, etwas zu erfinden, dass … Keine Ahnung, halt eher das Gegenteil bewirkt und vielleicht … Jamie helfen kann?“ Überrascht schaute ihn dieser an, die Lippen bebten, ehe er sie fest aufeinander presste und: „Nicht nötig. Hab das schon im Griff“, murmelte. Roseanne schmiegte sich an seinen Hals, gab ein tröstend klingendes: „Oink“, von sich. Sicher, sie hatte da ebenso die Arschkarte gezogen. Aber wenigstens war sie sich mit ihren überwiegend tierischen Instinkten dessen nicht so bewusst.
Mit gerunzelter Stirn musterte Herman Louis, kaute innen auf der Wange herum. Ja, da erschien dieses feine Glimmen in seinen Augen, wenn er sich für etwas zu begeistern begann. Innerlich klopfte Louis sich bereits auf die Schultern. Na bitte, ging doch. Der würde gleich nicht mehr stören.
„Hm, eine Pille wäre nur vorübergehend wirksam, das wäre viel zu stümperhaft. Dieses Problem benötigt eine raffiniertere Lösung. Eine rein unterdrückende Wirkung der Libido macht langfristig keinen Sinn. Da vor Beginn der Duowandlung, sexuelle Erregung ohne Nebenwirkungen möglich war, hängt folglich die Citometamorphose direkt mit einer hormonellen Disbalance zusammen, die sich aus der Duowandlung ergeben hat. Vielmehr käme es also dabei auf die gezielte Regulierung der niedermolekulare Verbindungen, ganz besonders des Hormonhaushaltes an. Das ließe sich eventuell enzymatisch steuern. Man müsste die Leydig-Zellen lediglich …“, murmelte Herman vor sich hin.
„Worauf wartest du dann noch? Lass das Genie arbeiten. Wenn einer eine Lösung finden kann, dann doch du“, forderte Louis ihn auf, schaute höchst befriedigt zu, wie Herman, weiter vor sich hin murmelnd, zu seinem Arbeitsplatz zurück ging. Super. Der war erst mal aus dem Weg und beschäftigt.
„Jamie, der PC gehört dir, du bist doch der Computerheld. Davon habe ich zu wenig Ahnung. Finde heraus, was wir herausfinden müssen. Wo könnte Trevorian sein? Wo fliegt er besonders oft hin? Kontakte, Ziele, Fotos. Alles, was Hinweise geben könnte, wer er mal war und natürlich wo er jetzt ist. Jeder andere nimmt sich einen Stapel und geht alles genau durch. Los, greift schon zu, die beißen euch nicht. Ähm, diese Papiere hier sind … ausländisch halt. Wer von euch Sprachgenies kann das lesen?“ Rasch teilte Louis die Unterlagen auf, nahm sich den kleinen Stapel in Deutsch und Englisch und warf sich höchst zufrieden, endlich Trevorians Geheimnissen auf die Spur zu kommen, auf dessen Stuhl, die Füße landeten auf dem Tisch neben seinem Kaffeebecher.
„Der Computer ist nicht mal passwortgeschützt“, bemerkte Jamie skeptisch, während er mit flinken Fingern über die Tastatur flog. „Sieht auf den ersten Blick nicht so aus, als ob hier irgendetwas verborgen werden sollte. Abrechnungen, Berichte, das Übliche Failedzeugs eben. Kein Sonderzugang, alles genau wie bei uns anderen auch.“
„Hah, logisch. Unser Kojote hat das ganz sicher raffinierter angestellt. Geh mal alle Ordner durch. Such nach geheimen Dateien, Kontaktlisten. Irgendwas muss da doch sein. Fotos, Notizen, komm schon, irgendwas muss es geben. Trevorian ist doch auch nur ein Mensch.“
„Dessen wäre ich mir manchmal nicht mal so sicher“, murmelte Jamie, lächelte Louis verschmitzt an.
„Okay, auch Aliens hinterlassen Spuren. Es muss doch Daten geben, irgendeinen Zugang zu seinem Kontakt bei der Shifter Force One. Unsere Server sind autark. Wie ist das mit den Konten?“, fragte Louis nach, überflog die Papiere, die sich als öde Berichte und Lieferscheine entpuppten. Ein paar davon waren eindeutig Geheimdienstberichte über Vorkommnisse, die Louis nur teilweise wandlerrelevant erschienen. Ganz klar: Trevorian hatte Kontakte in den höchsten Kreisen diverser Regierungen, wenn er an diese Art von Informationen herankam.
„Alle Ausgaben laufen über besondere Failedkonten auf die wir auch Zugriff haben“, erklärte Carlos. „Das ist alles so angelegt, dass es dutzendfach umgeleitet wird, sodass nie nachverfolgbar sein wird, dass es uns gibt. Die Gelder erhalten wir natürlich dennoch von der Shifter Force, nur kann das niemand nachweisen. Keiner weiß, dass es uns gibt. Außer Trevorian und seinem Kontakt.“
„Dessen Namen herauszufinden wäre demnach höchst praktisch. Ich meine, wenn Trevorian seinen Meister gefunden hat und irgendwo tot herumliegt, sitzen wir ziemlich blöd da, weil wir niemanden kontaktieren können. Denkt ihr nicht, dass jemand wie Trevorian Vorkehrungen getroffen hat, falls dieser Fall eintreten sollte?“, warf Louis ein.
„Vielleicht hat er das und dieser Fall ist eben noch nicht eingetreten“, gab Cosmo zu Bedenken, legte seine Papiere seufzend ab. „Dies sind alles Unterlagen, die uns sonst auch zugänglich wären. Eine Vielzahl von Berichten, was derzeit im Jemen, Tschetschenien und den anderen Balkanstaaten an Wandlerverfolgungen vor sich geht. Hier zum Beispiel eine Liste an Wandlern der Shifter Force, die von dort evakuiert wurden. Und mögliche Lager, in denen weitere inhaftiert wurden.“
„Dieser Computer ist absolut steril“, meinte Jamie, deutete auf den Bildschirm. „Bis auf ein Hintergrundbild hat er ihn überall in den Standardeinstellungen belassen. Es gibt nicht einmal Musik oder ein Spiel. Wer arbeitet denn an so einem Blankocomputer?“
„Ach komm schon? Nicht einmal irgendwelche Pornos? Jeder von uns Kerlen hat welche drauf. Oh, sorry, Jamie.“ Augenzwinkernd machte Louis eine beschwichtigende Geste, nahm die Füße vom Tisch und starrte den Computer misstrauisch an. Da musste doch was sein.
„Es war gar kein Porno“, murmelte Jamie, klang etwas trotzig.
„Ah, es war also eine Kampfanalyse, die dich so ins Schwitzen gebracht hat? Stimmt, ja, Cosmo und mein letzter Kampf. Der war heiß oder?“ Schau an, also war Jamie doch schwuler als gedacht. Schnaubend machte dieser eine rüde Geste.
„Fick dich. Nein! Bilde dir nur ja nichts Falsches ein, mein Puschelschwänzchen. Selbst wenn ihr zwei nackt kämpfen würdet, macht mich höchstens der Kampf selbst an. Es war …“ Er senkte die Stimme und biss sich kurz in die Unterlippe, ehe er flüsterte: „Frauenwrestling. Mit Öl. Die waren echt …“
„Stopp! Es gibt Dinge, die ich schwules Karnickel mir gar nicht vorstellen will. Nicht für meine Löffel geeignet“, unterbrach ihn Louis hastig, schüttelte sich. Glitschige, nackte Frauen? Bäh, wie widerlich.
„Och, ich würde es mir gerne mal anschauen“, bemerkte Carlos grinsend.
„Okay, dann tauscht euch doch bitte später darüber aus. Jetzt gilt es Trevorian aufzuspüren. Zeig mir mal sein Hintergrundbild.“ Heteros! Dachten immer nur an das Eine.
Hm, das war das Foto einer steinigen Wüstenlandschaft mit rötlichen Hügeln und schneegekrönten Bergen im Hintergrund. Ziemlich gewöhnlich. Etwas, was man vermutlich irgendwo im Netz herunterladen konnte. Nachdenklich musterte Louis es, bemerkte wie Cosmo neben ihn kam und ebenfalls darauf starrte.
„Das ist die Atacamawüste in Chile“, meinte er, klang grübelnd. „Ich erinnere mich, Trevor hat erwähnt, dass er dort gewesen ist. Er erzählte von den Blüten, die dort sprießen, wenn es mal regnet.“
„Wo war der Kerl denn nicht? Hm, aber wenn er sich das als Hintergrundbild macht, dann hat es doch was zu bedeuten. Sein Geburtsort? Ist er dort aufgewachsen? Hat er dort mal gelebt?“
„Vielleicht wurde er dort ausgebildet“, vermutete Cosmo, schaute genauer hin. „Gibt es nicht ein Ausbildungslager in Chile?“
„Die Shifter Force hat auf der ganzen Welt Ausbildungslager. Sicher auch in Chile, und eine Wüste ist immer ein guter Ort für ein Versteck. Moment.“ Rasch rief Carlos die entsprechende Karte auf einen der großen Monitore an der Wand auf, zoomte nach Südamerika und nach Chile. „Seltsam. Nein, scheint so, als ob es dort tatsächlich keins gäbe. Sicher, ein Büro für Wandlerangelegenheiten, eine Basis der Shifter Force, aber die liegen alle im Süden. Nichts. Auch früher gab es dort kein Lager. Diese Wüstenregion im Norden ist vielleicht doch zu menschenfeindlich? Atacama ist die trockenste Wüste der Welt. In manchen Regionen hat es seit Jahrzehnten nicht geregnet“, erklärte er, scrollte über die Bilder der Wüste, die Salzseen, eine blühende Wüste zur Regenzeit und Sternwarten auf den Bergen zeigte.
„Jamie? Kannst du das Hintergrundbild mal auf den Monitor holen?“ Louis’ Nase juckte. Da war etwas, er musste es nur finden, da war er sich ganz sicher.
„Die NASA nutzt die Wüste zu Testzwecken. Die Bedingungen sind teilweise marsähnlich“, berichtete Carlos, während auf dem einen Monitor Trevorians Hintergrundbild erschien, rief er auf dem anderen Berichte und Daten der Region ab. „Schaut mal, sie haben da sogar ein Alien gefunden.“ Lachend vergrößerte er die Bilder. „Okay, war wohl keins, nur eine extrem kleine Mumie mit menschlicher DNA. Ansonsten gibt es da nicht viel.“
„Dieser PC ist sauber oder wenn da Daten versteckt sind, dann sind sie so gut verborgen, dass ich sie nicht finde“, brummte Jamie verärgert.
„Wie gut bist du denn im Hacken?“, fragte Louis nach. „Habt ihr das in Jarvis gelernt? Echt?“
„Na ja, im Wesentlichen schon. Hacken hat es da natürlich keiner genannt.“ Grinsend zwinkerte Jamie ihm zu, erklärte jedoch: „Bisher bin ich in jeden Computer rein und an alle Daten rangekommen. Aber hier ist rein gar nichts.“
„Da muss was sein“, murmelte Louis mehr zu sich selbst, musterte das Foto. Atacama. Wenn die NASA dort forschte, gab es zumindest Einrichtungen der Amis und damit stieg die Wahrscheinlichkeit, dass Trevorian in einem davon gewesen war. Ob er als Undercoveragent bei den Menschen gewesen war? Ein Wandler bei der NASA? Gut möglich, wenn er sich nicht wandelte, würde niemand je herausfinden, was er war. Was hatte er dort wohl getrieben und wieso fand er diese Landschaft wichtig genug, um sie als Hintergrundbild zu verwenden? Was übersah er nur?
„Kannst du das Foto schrittweise vergrößern?“, bat Cosmo, ließ den Blick aufmerksam über die Aufnahme gleiten. Ziemlich öde Gegend. Der größte Teil schien rötlicher Sand zu sein. Eine von einer Reifenspur angedeutete Straße, eine hellere Fläche, die wohl zu einem Salzsee gehörte.
„Carlos, gib mit mal die passende Karte zu diesem Foto und die neuesten Satellitenaufnahmen. Vielleicht kann man darauf was sehen“, verlangte er, während Cosmo noch ein wenig näher an den Monitor heranging. Stück für Stück vergrößerte sich das Bild, wurde aus den erkennbaren Struktur ein wildes Wirrwarr aus Pixeln in unterschiedlicher Farbe.
„Da, ich habe es. Das muss es sein, die Geographie stimmt überein.“ Auf dem anderen Monitor erschien ein Satellitenbild. Auch darauf waren jedoch keine menschlichen Strukturen oder Besonderheiten zu erkennen. Einfach nur eine menschenleere Wüste am Arsch von Chile. Was verbarg sich dort? Dieser Kojote von Trevorian musste etwas mit dem Bild bezweckt haben. Nur was? Louis biss sich verärgert in den Daumen. Es lag vor seiner Nase, er spürte es so deutlich, warum konnte er es nicht erkennen?
„Stopp.“ Cosmo richtete sich plötzlich auf, deutete auf das bunte Durcheinander. „Guckt hin. Da steht doch etwas.“
„Verdammt, deine Adleraugen möchte ich haben.“ Überrascht schaute Louis auf die Stelle und tatsächlich, inmitten der Pixel stand etwas. So klein, dass es nur in der enormen Vergrößerung erkennbar war. Nur ein einzelnes Wort: „Failed.“
Hier nun das letute Kapitel der Leseprobe. Das Ebook erscheint am 2.6. Das Print folgt. Hopplahop auf geht es:
„Kojoten gelten in der Mythologie als Trickser. Wusstet ihr, dass die Indianer im Kojoten ein ganz besonderes Krafttier sehen? Hier steht: Er stellt das bisherige Leben auf den Kopf und kommt als Krafttier, um einen anderen Weg zu zeigen, einen, den man bisher nicht entdeckt hat und eher selten betreten würde. Ah, das wird dir gefallen, Louis.“ Carlos lachte, während er den Text vorlas: „Der Kojote animiert dazu, etwas Ungewöhnliches, Verrücktes, Außergewöhnliches oder Spektakuläres zu machen.“
„Wie, diesen Computer einfach runter zu schmeißen, die Konten zu plündern, zu kündigen und Trevorian da verrotten zu lassen, wo er nun mal ist?“, brummte Louis genervt. Mann, war das frustrierend. Seit zwei Tagen versuchten sie nun schon hinter das Geheimnis des Hintergrundbildes zu kommen. „Failed“ traf es perfekt: Sie waren keinen Schritt weitergekommen. Die Schrift hatte keine erkennbare Funktion, ergab keinen Code, keine Datei, keinerlei weitere Hinweise. Mittlerweile erwog Louis ernsthaft den Gedanken, Trevorian hätte diesen Hinweis einzig aus dem Grund gegeben, sie zu verwirren und zu beschäftigen. Das würde zu gut zu ihm passen.
„Der Kojote hat ein zwiespältiges, andere gerne neckendes Wesen, ein erfindungsreicher, listiger Gaukler, der gerne Unruhe stiftet und Streiche spielt. Man weiß nie, wann man ihm glauben kann und wann nicht“, las Louis weiter und grollte zustimmend. „Stammt das von Trevorians Profiler? Das steht nicht zufällig auch, wo sich dieser Kojote verstecken würde?“
„Leider nein. Und egal wo ich suche, kein Hinweis auf einen bevorzugten Aufenthaltsort. Wenn Trevorian sich regelmäßig mit seiner Kontaktperson trifft, dann tun sie es nie am gleichen Ort oder er reist jedes Mal anders dahin.“ Seufzend fuhr sich Carlos mit dem Armstumpf über die Stirn. „Es ist fast 22 Uhr. Ich mach für heute Schluss, Jungs. Wie schaut es aus? Wollt ihr beide heute mitessen? Jamie hat Tortillas gemacht, die sind berühmt berüchtigt: scharf und sehr nachtragend.“
„Ah, die sind so lecker.“ Cosmo stand auf, reckte die Arme hoch, die Haare fielen ihm in den Nacken, die Muskeln spielten und er entlockte Louis damit ein glücklich schmachtendes Geräusch. Sein Amiboy war ja so was von zum Anbeißen lecker. Was hatte er nur für ein unverschämtes Glück gehabt, ihn zu lieben und von ihm geliebt zu werden.
„Wenn Louis keine Angst vor den Nachwirkungen hat? Die vegetarische Variante hat es nicht weniger in sich.“ Feixend schlug ihm Jamie auf die Schulter. „Da brennt es dort, wo es sonst auch brennt. Aber ohne den Sex vorher. Bist du stark genug, oder kneifst du lieber den Schwanz ein?“
„Klingt sehr verlockend.“ Gespielt gequält verzog Louis’ das Gesicht. „Und du hast keine Ahnung, wie stark ich etwas einklemmen kann.“
„Verdammt, Louis! Cosmo, du hast mein vollstes Mitgefühl.“ Brüllend lachte Jamie auf, hieb Cosmo in die Seite, der sich mit einem Gegenschlag revanchierte und ihn kurzerhand in den Schwitzkasten nahm. Rangelnd marschierten sie zur Küche, zogen auch Herman von der Arbeit weg, der zwar halbherzig protestierte, schließlich aber doch dem Ruf des leeren Magens folgte. Nur mit halben Ohr hörte Louis der alles andere als kurzen Zusammenfassung seiner bisherigen Ergebnisse zu Jamies Problem zu. Der Hunger war groß und auch wenn er die Zweisamkeit mit Cosmo sehr schätzte, war so ein vergnüglicher Abend mit den Failed-Jungs genau nach seinem Geschmack. Wenn Trevorian wüsste, welchen Spaß er verpasste.
Während sie die Tacos verspeisten und Carlos kurzerhand noch Donuts in den Backofen warf, bei deren Duft Louis bereits das Wasser im Mund zusammenlief, erfuhr er jede Menge anzügliche, lustige und verrückte Episoden aus der Ausbildung der drei auf der Guanoinsel. Ein wenig bedauerte er zwischendurch, dass er als Kategorie Dreier nie für diese Ausbildungsstätte in Betracht gezogen worden war. Die Kameradschaft, von der die Drei berichteten, hatte ihm auf der Akademie stets gefehlt. Dort war es immer eher ein Gegeneinander gewesen, geprägt von Neid, der oft in Missgunst umschlug und rüdes bis bösartiges Verhalten mit sich brachte.
Noch immer fühlte es sich ein wenig ungewohnt an, Teil eines derartig guten Teams zu sein und zu wissen, dass jeder davon dem anderen den Rücken decken würde.
„Mit dem Besen! Meine Mutter hat wirklich versucht, mich mit dem Besen zu verscheuchen. Sie konnte ja nicht ahnen, dass das Chamäleon in ihrem Schlafzimmer, ihr Sohn war. Schließlich bin ich aus dem Fenster geflüchtet und erst heimgekehrt, als ich wieder als Mensch unterwegs war. Ich konnte es immerhin gut einen Monat geheim halten.“ Lachend warf Carlos jedem von ihnen einen dampfenden Donut zu.
„Was unweigerlich die Frage aufwirft, was du in ihrem Schlafzimmer zu suchen hattest.“ Pustend warf Louis das noch recht heiße Gebäckstück von einer Hand in die andere. Auf seiner Zunge glühte noch die letzte Tacofüllung nach, die zu 80 Prozent aus Habaneros bestanden haben musste. Ja, Louis begann sich ein wenig vor dem nächsten Gang zum stillen Örtchen zu fürchten.
„Wusstet ihr, dass diese Habaneros bis zu 350 000 Scoville Einheiten haben? Der Capsaicingehalt ist in der getrockneten Variante besonders hoch. Hölle, sind die scharf. Jamie! Nimm Roseanne den Taco weg, das könnte sie umbringen“, stieß Herman keuchend hervor. Schon nach den ersten Bissen in seinen Taco hatte Herman keuchend die weiße Flagge gehisst und mit hochrotem Kopf einen ganzen Liter Milch hinterhergekippt.
„Oh sie hat eine reine Gemüsevariante. Das schärfste daran ist Paprika. Ich habe sie aussuchen lassen, was sie reinhaben wollte. Denkst du etwa, ich kann auf die Kleine nicht aufpassen?“ Tadelnd schüttelte Jamie den Finger, streichelte das cremefarbene Meerschweinchen, das sehr vergnügt an seinem Taco knabberte. Dabei musterte Jamie belustigt Cosmo, der äußerst tapfer mit rotem Kopf und schweißnassem Gesicht mit dem zweiten Taco kämpfte. Natürlich wollte er nicht hinter Louis zurückstehen, der mit seinem Ehrgeiz und der Vernunft einen harten Zweikampf ausfocht, ob er sich den dritten zumuten sollte. Lediglich Carlos schien die Schärfe wenig auszumachen, er hatte bereits den vierten verschlungen und bis auf ein paar Schweißperlen an den Schläfen wirkte er recht unbeeindruckt. Vermutlich hatte er Chilis schon mit der Muttermilch aufgesogen.
„Nun ja.“ Verlegen kratzte er sich mit einem Finger am Kinn. „Ich war ja mitten in der Pubertät, sie hatte meine Pornohefte entdeckt und konfisziert. Die lagen halt unter ihrem Bett und so ein Chamäleon wird nicht so leicht entdeckt. Ich fand das echt cool. Bis auf den Besen.“
„Meine erste Wandlung war beim Wichsen“, gab Jamie zu, seine Augen blitzten schelmisch in dem dunklen Gesicht. „Gerade kurz vor dem Abspritzen klopfte doch mein Dad an der Tür, weil wir zur Kirche wollten, und schwupps, wurde ich zu einem Grauhörnchen. Fuck, ihr glaubt gar nicht, was für einen verdammten Schreck ich bekommen habe. Ich dachte echt erst, das ist die Strafe Gottes dafür, dass ich Hand an mich gelegt hatte. Tja, die Latte war dann natürlich weg und damit auch das Grauhörnchen. Hat zwei Wochen gedauert, bis ich es mich wieder getraut habe. Danach musste ich recht oft zur Beichte.“ Lachend grinsten sie ihn an. Das passte absolut zu Jamie.
„Ah, eine traumatische Belastung im Zuge der erste Metamorphose. Religiöse Vorbelastung. Psychischer Stress. Das erklärt einiges“, murmelte Herman, zog sich rasch ein Notizbuch aus der Hosentasche kritzelte hinein.
„Hey, mein Dad hat mich nie dabei erwischt. Weder bei dem einen noch dem anderen. Nur der Scheißpastor in der Kirche muss dann bei einem von der Shifter Community gepetzt haben, denn danach kam Trevorian zu uns. Natürlich hat er meinen Eltern nicht gesagt, worum es in der Ausbildung geht, nur was von Eliteakademie gefaselt und dass ich durch mehrere Tests positiv aufgefallen wäre. Erst als wir alleine ein Gespräch hatten, hat er mich über die ganze Wandlersache aufgeklärt. Mann, ich habe mich fast eingepullert, als er mir seinen Kojoten zeigte.“
„Shit ja, das hat mich auch tierisch erschreckt“, gab Carlos zu, würzte tatsächlich seinen Taco noch nach. Innerlich stöhnte Louis gequält auf, seine Zunge revoltierte, fühlte sich an wie der Weg zum Höllenschlund. Verdammt, alleine der Anblick reichte, um bei ihm in Schweiß ausbrechen zu lassen. Fahrig wischte er ihn sich ab, betete zu allen Göttern, dass er das überleben würde und bemerkte gerade als er die Hand zögernd nach dem nächsten Taco ausgestreckt hatte, wie Cosmo den Rest seines Tacos auf den Teller legte und nach dem Milchglas griff. Hah! Dem Himmel sei Dank, ihm blieb noch eins von den Teufelsdingern erspart.
„Zu scharf für dich?“ Das hämische Schmunzeln misslang Louis ein wenig, zu sehr brannten Zunge und Gaumen und es kostete ihn jedes bisschen Disziplin, abzuwarten, bis Cosmo das Glas absetzte, ehe er zu dem seinen griff und ihm solidarisch zuprostete.
„Viel zu scharf. Kaninchen schmeckt mir eben besser“, gab Cosmo mit einem wahrhaftig hinterhältig wirkenden Lächeln zurück, leckte sich bezeichnend und sehr langsam den Daumen ab. Scheiße verdammte, als ob ihm nicht schon heiß genug wäre. Hastig stürzte Louis die Milch hinab, die ihm nur Erleichterung für den Mund und Gaumen, nicht für die Hitze in seinem Unterleib brachte. Na warte, das würde Cosmo noch beweisen müssen.
„Ihr und euer ständiges Sexgeplänkel. Muss Liebe schön sein.“ Feixend schnaubte Jamie, kostete von dem Donut und verzog vor Wonne das Gesicht. „Fuck, der ist köstlich.“ Ganz plötzlich setzte sich Roseanne auf, spitzte die Öhrchen und witterte. Na, die wollte wohl auch was abhaben.
„Fast so süß wie ein Vogelschwanz“, brachte Louis mit halbvollem Mund hervor, leckte sich über die Lippen und hatte die Genugtuung, dass Cosmo ein winziges Seufzen entkam. Das plötzlich zu einem seltsamen Laut wurde. Irritiert schaute Louis sich um. Nein, das kam von woanders her. Ein helles Sirren. Mit lautem Oinken antwortete Roseanne, der Laut schwoll an und sie sprangen hastig auf, blicken sich hektisch um. Was zur Hölle war das?
„Das kommt von vorne. Ein Alarm. Jemand versucht in die Basis einzudringen“, stieß Herman erschrocken aus. Jamie und Cosmo stürzten auch schon los.
„Quatsch, wenn jemand eindringen wollte, dann gäbe es einen automatischen Shutdown. Diese Basis ist besser gesichert als Fort Knox, da kommt niemand Externes rein“, versicherte Carlos, wischte sich einen Rest Soße ab und folgte Cosmo und Jamie. Rasch stopfte sich Louis den restlichen Donut in den Mund, streckte Rosanne die Hand hin, die aufgeregt hin und her lief und Jamie nacheilen wollte. Geschickt kletterte sie nach oben auf seine Schulter, fortwährend quiekend, während er den anderen nacheilte. Sein Herz schlug wuchtig und die Nase juckte gewaltig. Irgendetwas ging hier vor sich und er schwor seinen Puschelschwanz darauf, dass es mit Trevorian zu tun hatte.
„Eingang ist gesichert. Da kommt keiner durch“, rief Jamie von seinem Computer aus. Rote Lichter erhellten den Flur, ein wirres durcheinander von bläulichen Laserstrahlen durchkreuzte den Gang. Niemand kam da durch, der nicht frittiert werden wollte. Am ende des Ganges blinkten die Augen des Hirsches in dem Gemälde entsprechend angriffslustig in grellem Rot.
„Kein Angriff von Außen“, bestätigte Cosmo, der Bilder sämtlicher Außenkameras auf die Monitore gerufen hatte. „Alles sauber.“
Dichter drängte sich Roseanne an Louis’ Hals. Das helle Sirren war nervtötend, es drang direkt ins Gehirn. Schlimmer als Fingernägel auf Schiefertafeln. Woher kam das nur?
„Wenn keiner von Außen eindringen will, dann …“, begann Jamie, tippte hastig auf seiner Tastatur herum, „von Innen. Da versucht jemand unsere Server zu hacken. Da warte, Freundchen, das solltest du besser nicht versuchen.“ Kampfbereit schob er den Unterkiefer vor.
„Kein Alarm vom Server.“ Carlos verneinte, schritt die Reihe der summenden Blöcke ab. „Alles sauber. Die würden Alarm anzeigen. Kein Hacker dran.“
„Verdammt, wo kommt das denn her?“, genervt schaute Jamie sich um.
„Ich habe da ja so eine Ahnung“, meinte Louis, schritt zu Trevorians Platz und musterte den dunklen Computer. Vorsichtig setzte er Roseanne ab, die mit einem Satz vom Tisch sprang und quiekend zu Jamie rannte. Nur kurz zögerte Louis, ehe er den Computer anschaltete. Surrend fuhr er hoch, das Hintergrundbild erschien.
„Na da schau an.“ Fasziniert starrte Louis auf das Foto. Es war im Wesentlichen dasselbe wie vorher. Nur, dass es nun eine Blüte gab und diese genau über dem verborgenen Wort blühte.
„Ich hole es auf den Monitor.“ Rasch wirbelten Jamies Finger über seine Tastatur. In großer Auflösung erschien das Wüstenbild. Da war die Pflanze, wirkte so, als ob sie schon immer dort gewesen wäre. Unter ihren Wurzeln war das Wort verborgen.
„Geh mal mit dem Zeiger drauf“, verlangte Jamie von seinem Platz aus, während die anderen gebannt auf das Bild schauten. Sofort bewegte Louis den Cursor darauf und kaum erreichte er das Wort, begann es auch schon sich zu verändern und gab ein kleines, blinkendes Zeichen frei. Ganz kurz zögerte Louis, ehe er draufklickte. Das Sirren erstarb schlagartig. Es wirkte plötzlich so still im Raum, dass das Brummen der Server überlaut klang. Entschlossen klickte er doppelt drauf. Nichts.
„Versuch es nochmal“, verlangte Carlos. Nichts. Wieder und wieder versuchte Louis das blinkende Licht anzuklicken.
„Das klappt nicht. Da muss was anderes sein. Das ist doch ein Touchscreen. Mal schauen …“ Kurz verharrte sein Zeigefinger über dem Blinken. Kaum berührte die Fingerkuppe vollständig den Monitor, veränderte sich das Blinken, der Bildschirm wurde schwarz und direkt in der Mitte erschien eine Eingabeaufforderung.
„Scheiße! Wer von euch kennt zufällig Trevorians Passwort?“, stieß Louis aus, hatte kein gutes Gefühl bei der Sache. Ganz besonders nicht, weil unter der Eingabeaufforderung nun ein Countdown zu laufen begann.
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Texte: CPR
Bildmaterialien: CPR/Juliane Schneeweiss unter Verwendung von Bildern von www.pixabay.de
Lektorat: Nicole Hehr, Ingrid Kunantz
Tag der Veröffentlichung: 20.05.2017
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