Eine bedeutsame Begegnung
„Sofie kannst du bitte deine Schwester zu Bett bringen? Ich muss noch einmal zur Arbeit. Sorry, mein Schatz. Hab dich lieb“
Ich seufzte. So ging das nun seit drei Wochen. Seit sie ihren neuen Roman angefangen hatte, war meine Mutter so gut wie nie zu Hause. Deshalb musste ich sowohl auf meine kleine Schwester Lilly, als auch auf meinen Vater aufpassen. Er konnte weder Waschen noch kochen, geschweige denn meine Schwester zu Bett bringen.
„Okey“ rief ich. Hatte ich eine Wahl? Ich stieg aus meinem Bett, in dem ich es mir gerade gemütlich gemacht hatte und stellte die Teetasse weg. Dann musste mein neues Buch halt noch ein wenig auf mich warten.
Und schon ging meine Tür auf und meine Schwester kam herein.
„Erzählst du heute wieder etwas von den Elfen? Die waren sooooo toll!“ Sie liebte meine Geschichten.
„Na gut“ sagte ich „Aber heute nur eine ganz kurze Geschichte okay? Ich wollte auch noch mein Buch lesen“
„Aber es ist doch Wochenende, da kannst du doch ausschlafen. Und du wirst doch sowie so die ganze Nacht brauchen. Das sind doch bestimmt 500 Seiten.“ Sie deutete au das Buch, das ich gerade angefangen hatte.
Ich lächelte „523 aber je eher ich anfange, desto eher bin ich fertig. Und auch große Schwestern brauchen Schlaf“
„Paula sagt, als Erwachsener braucht man keinen Schlaf mehr“ maulte sie. Paula, meine ältere Schwester brauchte wirklich nicht viel Schlaf, aber das war wahrscheinlich auch der Grund, weshalb sie immer so unausstehlich war.
„Ich setze halt Prioritäten“ kam es aus dem Bad. Paula war mal wieder dabei sich für eine Party zurecht zu machen. „Und schlafen kann ich auch noch, wenn ich tot bin“
Ich schüttelte nur den Kopf. Es war mir ein Rätsel, wie man so viel feiern konnte. Sie ging fast jeden Abend aus und kam erst in den frühen Morgenstunden wieder nach Hause. Meistens war sie betrunken und wurde von irgendeinem Verehrer gefahren. Paula glaubte nicht an die wahre Liebe und dachte, Beziehungen seien Zeitverschwendung.
„Na dann, auf geht’s! Zuerst musst du dich aber noch Bett fertig machen.“
„Du bist ein Schatz“ jubilierte meine Schwester und stürmte aus dem Zimmer, nach dem sie mir einen dicken Kuss auf die Wange gegeben hatte.
Ich stand auf und ging in ihr Zimmer und machte ihr Bett fertig.
„Also, wo waren wir stehen geblieben?“ fragte ich sie, als sie das Zimmer betrat.
„Du hast erzählt, das Caiwen von einem Mann am Strand gefunden wurde, der gerade seine Tochter verloren hatte und nun sagte sie sei seine Tochter. 15 Jahre später fand sie zusammen mit ihrem Freund – ich vergesse immer seinen Namen – einen Mann am Strand. Er war genau so wie damals Caiwen und ihre Mutter nach einem Sturm dort angekommen. Sie pflegten ihn gesund, durften aber keinem von ihm erzählen, da Fremde auf dem Riff nicht willkommen waren. Er erzählte ihnen, dass er gekommen war um Caiwen, die eine Elfe ist zu ihrer Familie zu bringen. Es würde in den nächsten Tagen ein Schiff kommen, das sie zum Festland bringen würde. Er brachte Caiwen dazu ihm zu vertrauen, doch auf dem Weg zum Schiff erkannte sie, dass es eine Falle war und wollte fliehen, war aber nicht stark genug. Ihr Freund wollte ihr helfen und sprang ins Meer. Er wäre fast ertrunken, wurde aber von dem Seemonster gerettet. Und weil die Seemänner es als ein Zeichen Gottes ansahen, brachten sie auch den Freund auf das Schiff. Caiwen musste mit dem Kapitän essen und ging dann zu Bett “
„Stimmt“ Diese Geschichte stammte nicht von mir, aber ich fand sie so gut, dass ich Lilly davon erzählt hatte und sie wollte nun wissen wie es weiter ging. Und da ich das Ende zu kurz fand, wollte ich es auch noch ein wenig abändern. Aber mir war noch nichts Passendes eingefallen, mir kamen die besten Ideen immer beim Erzählen.
„Genau“ sagte ich „Ihr Freund heißt Heylon und der Böse ist Durin.“ Ich setzte mich zu ihr und deckte sie zu.
„Als es Nacht wurde und auf Deck Ruhe einkehrte, schlich sich Fineafin aus ihrem Versteck.“
„Wer War noch mal Fineafin?“ unterbrach mich meine Schwester.
„Sie ist die Elfe, die auch nach Caiwen sucht. Sie hat Durin ist der Gaststube getroffen. Erinnerst du dich? Sie hat ihm das Schlafpulver untergemischt und hat sich dann auf die Suche nach Caiwen gemacht. Ich fang noch mal an:
Als es Nacht wurde und auf Deck Ruhe einkehrte, schlich sich Fineafin aus ihrem Versteck und machte sich auf die Suche nach Caiwen. Sie hatte immer noch keinen Plan, wie sie Caiwen von dem Schiff bringen sollte. Der Schwarze hatte nur gesagt, sie solle dem Licht folgen und ihm vertrauen. Also blieb ihr wohl nichts anderes übrig.
Sie glitt lautlos durch Caiwens Tür und kam auf die schlafende Elfe zu. Caiwens Sinne waren zum Glück noch nicht so sehr ausgebildet, sonst hätte sie sich Caiwen nicht auf diese Art nähern können.
„Wenn du mir versprichst nicht zu Schreien nehme ich meine Hand weg“ sagte ich. Caiwen war aufgewacht, als ich meine Hand auf ihren Mund gelegt hatte und sah mich nun mit großen Augen an. Sie nickte
„Ich bin hier um dir zu helfen von diesem Schiff zu kommen. Wie du sicherlich schon erkannt hast ist Durin nicht auf deiner Seite und wird dich auch nicht zu deiner Familie bringen. Steh auf.“
„Was ist mit Heylon? Wir können ihn nicht hier lassen?“
„Keine Sorge er steht draußen vor der Tür und wartet auf uns.“
Caiwen stand auf und folgte ihr. Sie liefen durch einige Gänge und stiegen Treppen hoch, bis Fineafin plötzlich stehen blieb.
„Mist, ich hätte sie töten müssen“ sagte sie und blickte auf die Stelle, an der gerade eine große Ratte gesessen hatte, die nun spurlos verschwunden war.
„Wieso?“ fragte Caiwen „Das war doch nur eine Ratte“
„Nicht alles ist, was es zu sein scheint. Das war ein Gestalltenwandler, ich bin schon einigen von ihnen begegnet. Es sind böse Kreaturen. Und es bedeutet, dass wir entdeckt wurden. Wir müssen uns beeilen.“
Sie kletterten noch eine Treppe hoch und waren an Deck, wo Fineafin sich sofort daranmachte nach einem Licht zu suchen aber vergeblich.
„So sieht man sich wieder Elfe. Ihr wollt und doch nicht etwa schon verlassen?“ sagte eine stimme hinter ihnen. Caiwen, Heylon und Fineafin fuhren herum. Dort stand Durin.
„Ich sehe es nicht gerne, wenn meine Arbeit um sonst ist. Außerdem, wie dachtest du dass du Caiwen von Bord bringst? Wolltest du fliegen? Meines Wissens nach ist es auch Elfen nicht möglich.“ Durin lachte „ Also gib mir Caiwen und dann kannst du verschwinden. Nimm den Jungen am besten mit. Er sollte sowie so nicht mit.“
„Auf keinen Fall. Caiwen gehört zu uns“ sagte Fineafin bestimmt.
„Du bist nicht gerade in der besten Position um so etwas zu sagen. Wie mir scheint versucht du möglichst wenig lärm zu machen, damit die Matrosen nicht auf Deck auftauchen, nicht wahr? Denn selbst du könntest nicht gegen so viele kämpfen.“ Er lachte wieder.“ Und wenn du mir nicht gibst was ich will, werde ich sie rufen.“
In diesem Moment fiel eines der großen Fässer um und knallte so laut auf den Boden des Decks, dass sich alle vier erschrocken danach umsahen. Die Wachen, die an Deck postiert waren, hatten sie nun entdeckt und kamen mit gezogenen Schwertern auf sie zu und umzingelten sie. Fineafin, Heylon und Caiwen standen mit den Rücken an der Reling und dachten sie seien verloren, als sich hunderte Möwen auf die Matrosen stürzten.
„Springt“ rief Fineafin, denn sie hatte in der Ferne das Licht gefunden von dem der Schwarze gesprochen hatte.
Als Caiwen auf das kalte Wasser aufschlug, dachte sie es wäre wohl besser gewesen, nicht zu springen. Gefangen auf einem Schiff war besser, als frei aber tot. Und dann verlor sie das Bewusstsein.
„Caiwen?“ Sie spürte eine kalte Hand, die ihr Gesicht berührte. „Ich glaube sie wacht auf“ Sie öffnete Ihre Augen und sah sich etwas verwirrt um. Wie war sie auf dieses Boot gekommen? Sie konnte sich nicht erinnern. Neben ihr saßen Heylon und Fineafin und sie erkannte. Sie war gerettet.
So, das war’s für Heute. Schlaf gut.“
Lilly war schon fast eingeschlafen und seufzte ein müdes „gute Nacht“, drehte sich um und schlief ein. Sie war zu beneiden, dachte ich mir als ich die Tür hinter mir schloss. Sie brauchte nur wenige Minuten zum Einschlafen und ich? Ich lag meistens Stunden wach und wälzte mich von der einen Seite zu anderen. Aber es hatte auch etwas Gutes, denn in dieser Zeit war ich am kreativsten und dachte mir die meisten Geschichten aus. Ich wüsste nicht was ich ohne sie machen würde. Es war so, als würde mein Leben in diesen Geschichten ablaufen. Dort erlebte ich die tollsten Dinge, ich war groß, mutig und hübsch, kämpfte gegen Dämonen der Unterwelt oder segelte um die Welt, hatte viele Talente und war beliebt. Ich konnte sein, wie und vor allem wer ich sein wollte.
In der Realität war ich klein und schüchtern. Mit meinem Aussehen war ich zufrieden. Leider hatte ich nicht sonderlich viele Talente. Ich konnte Gitarre spielen und singen. Allerdings tat ich das nur, wenn ich alleine war. Mit dem malen hatte ich es mal versucht, es aber recht schnell wieder sein gelassen, da die Bilder so hässlich waren, dass ich sie verbrannte.
Also bleiben mir nur die Geschichten, mit denen ich andere begeistern konnte.
Ich sah mich um und bemerkte dass ich an meinem Zimmer vorbei gelaufen war. 2Sofie wach auf“ rief ich mir selbst zu. „Du kannst nicht dein ganzes leben verträumen“ Aber wie immer brachte es nichts.
In meinem Zimmer warf ich mich auf das Bett und nahm die Teetasse und das Buch und fing an zu lesen.
Als ich am Montag morgen aufwachte, wusste ich sofort, dass etwas anders war, aber ich konnte nicht sagen was es war. Es war einfach nur ein Gefühl. Ich sprang aus dem Bett, wo ich wie immer am Wochenende nur zum essen und duschen heraus gekommen war. Die zwei Bücher hatte ich wie immer gelesen. Das erste Buch war gut gewesen. Es ging um Vampire und gehörte zu einer Reihe die Night World hieß. Das zweite Buch war ziemlich schlecht und ich hatte den Titel schon wieder vergessen.
Ich stand auf zog mich an und ging frühstücken. Wie immer war ich die letzte, die an den Tisch kam. Meine Familie bestand nur aus Frühaufstehern. ich dagegen war ein leidenschaftlicher Langschläfer, weshalb Paula früher immer meinte, ich sei ein Findelkind gewesen.
Wie immer war ich spät dran und musste meine Sachen schnell zusammen suchen und mich auf den Weg zur Schule machen. Da ich nur ca. 10 Minuten von der Schule entfernt wohnte, musste ich immer laufen, egal wie spät es war.
Fünf Minuten nach dem Klingeln kam ich vor dem Klassenzimmer an. Ich ging in die 12. Klasse. Ich öffnete die Tür und huschte auf meinen Platz. Der Unterricht hatte zum glück noch nicht angefangen und so fiel es nicht weiter auf, als ich mich neben meiner Freundin Anna auf den Stuhl fallen ließ.
„Na, mal wieder verschlafen?“ fragte sie. Sie kannte mich einfach zu gut. Wir waren seit dem Kindergarten befreundet und auch sie gehörte zu den Frühaufstehern.
„Oder bist du heut’ Nacht nicht fertig geworden und musstest noch die letzten Seiten lesen?“ meldete sich Ben mein bester Freund zu Wort. Er saß wie immer noch halb schlafend auf seinem Platz hinter mir. Er kam nie zu spät, da er immer mit dem Auto kam, das er von seinen Eltern zu seinem 18. geschenkt bekommen hatte. Es war ein tolles Auto und er liebte es damit anzugeben.
„Nein, ich hab nur verschlafen“ seufzte ich „So wie immer“
„Ist ja auch egal“ meinte Anna „Schau mal, der Neue ist da!“ und nickte nach vorne. Gerade kam ein Junge durch die Tür.
Ich starrte ihn an. Wie wahrscheinlich alle anderen Mädels aus meiner Klasse, denn er sah einfach verdammt heiß aus. Normalerweise machte ich mir nicht viel aus Jungs. Klar hatte ich schon ein mal einen Freund gehabt. Wir waren 2 Monate zusammen gewesen und dann hatte er mich betrogen. Ausgerechnet mit der größten Schlampe der Schule. Danach hatte ich mir geschworen mich nie wieder mit einem Jungen einzulassen.
„Hey“ Ben zupfte Anna und mich an den Haaren. „Jetzt reißt euch doch mal wieder zusammen!“
Der Neue hatte sich auf den Stuhl vor uns gesetzt. Nach seinem Ausdruck zu urteilen hatte er mitbekommen, alle ihn anstarrt hatten und auch, dass alle Mädels ihn sexy fanden.
„So, wie ich sehe habt ihr schon erkannt, dass wir einen neuen Mitschüler haben“ kam es von vorn. Frau Misch lächelte wissend.
„Können wir jetzt mit dem Unterricht beginnen? Oder wollen Sie die Pause durch hier bleiben?“ Sie drehte sich um und begann an die Tafel zu schreiben.
Ich hatte Glück, dass sie mich heute nicht dran nahm, denn ich konnte nicht einmal sagen, was das Thema des Unterrichts war.
Ich war so dankbar, als es endlich klingelte. Ich sah Anna an.
„Ich glaube ich habe diesen Gesichtsausdruck bei schon sehr lange nicht mehr gesehen“ lachte sie. „Ich bringe dich nur ungern von deiner Wolke sieben. Aber ich glaube nicht, dass er der Richtige für dich ist. Er ist viel zu arrogant und so. Du brauchst jemanden liebevollen.“
„Ja ich weiß. Aber er ist unglaublich sexy.“
Anna und Ben fingen an zu lachen.
„Ich glaube ich habe dich noch nie so gesehen und noch nie gehört, dass du jemanden sexy findest“ meinte Ben „Ich glaube schon alleine deshalb ist er was besonderes“ Er lachte wieder.
„Ja lacht mich doch ruhig aus. ist schon okay. Ich geh dann mal raus. Ihr könnt’s euch ja bequem machen hier“ sagte ich beleidigt. Ich ging raus in den Gang und stieß fast mit dem Neuen zusammen.
„Hallo, ich bin Ash. Kannst du mir sagen wie ich zu Englisch bei Mr. Engel komme?“ Ich starrte ihn an. Er war nicht nur sexy, sondern hatte auch die schönsten Augen die ich je gesehen hatte. Sie waren haselnussbraun mit funkelnden, goldenen Sprenkel. Er hatte braun gelockte Haare und seine Haut war von der Sonne gebräunt.
„Hey Sofie“ sagte Anna „Wir sehen uns dann nach Englisch. Bis später“ Ich war ihr so dankbar, dass sie mich aus meinen Gedanken geholt hatte. Ich versuchte mich zu konzentrieren, jetzt da ich ihn nicht mehr anstarrte, ging das auch.
„Ja klar. Da muss ich auch hin. Wenn du willst kannst du mitkommen.“ Ich lächelte ihn an, bedacht darauf ihm nicht schon wieder in seine Augen zu schauen, denn dann würde ich mich wieder wie ein Idiot benehmen.
„Danke, das ist nett von dir“
Wir liefen schweigend nebeneinander her. Ich versuchte mich daran zu erinnern wie man Small talk führte. Es schien, als hatte der Blick in seine Augen dafür gesorgt, dass ich alles vergaß. Aber dann fiel mir doch etwas ein, was man einen Neuen fragen konnte, ohne völlig für verrückt zu gelten.
„Und von wo kommst du?“ fragte ich
Mir schien, er zögerte kurz, doch dann sagte er „ Aus Marbella in Spanien“
„WOW“ Ich war überrascht „Woher kannst du so gut deutsch?“
„Ich habe es von einen Freund gelernt“ meinte er lächelnd.
„Und wie kommt’s, dass du hier bist?“ Ich wusste, dass ich zu neugierig war, aber er faszinierte mich.
„ Eine langjährige Freundin ... von meiner Familie ist davon überzeugt, dass es hier besonders schön ist. Außerdem hab ich gehört, dass es hier sehr hübsche Mädels gibt“ er lächelte mich an und ließ mich vergessen, dass es eine sehr merkwürdige Erklärung war, die er gerade gegeben hatte.
„Ist deine ganze Familie mitgekommen?“
Er zögerte kurz und sagte dann „Ja, wir ziehen öfter um.“
„Wirklich?“ Ich war überrascht „Wie alt bist du?“ Er sah nicht älter aus als 18. Es erstaute mich, dass er kurz vor seinem Schulabschluss die Schule wechselte, vor allem da er in ein völlig fremdes Land gezogen war.
„Ich bin 19 Jahre alt“ Er lächelte, als wüsste er was in meinem Kopf vorging. „ Wir wohne in dem Haus der Freundin, die uns dazu gebracht hat hier her zu kommen. Sie besitzt hier ein Haus, ist aber nur die hälfte des Jahres hier. Die andere hälfte besucht sie ihre Familie.“
„Tschuldige, ich weiß ich bin ziemlich neugierig.“
„Ist schon okay. Ich bin ja schließlich der Neue. Ich hab mich schon daran gewöhnt. Ich ziehe ja oft um. Und es macht mir nichts aus.“ Wir gingen wieder eine Weile schweigend nebeneinander her. Egal ob er sagte, es mache ihm nichts aus, ich wusste es war unhöflich so viel zu fragen und ich versuchte die Fragen zu unterdrücken. Abgesehen davon dachte ich darüber nach, weshalb ich so interessiert an ihm war. Es gab schließlich auch einige hübsche Jungs an unserer Schule auch bevor er gekommen war und die hatten mich auch nicht interessiert.
„Was ist mit dir?“ fragte er in meine Gedanken hinein. „Bist du schon lange hier?“
„Ja“ meinte ich betrübt. „Ich bin schon mein ganzes Leben hier. Und ich habe auch keine Verwandten im Ausland. Leider.“ Jetzt fand er mich bestimmt völlig langweilig. Ich konnte ihm keine Geschichten von anderen Ländern erzählen. Ich war ja noch nicht einmal im Urlaub aus Europa rausgekommen.
Viel zu früh waren wir am Klassenzimmer angelangt und der Unterricht begann. Doch genau wie in der Stunde zuvor, konnte ich mich nicht auf das, was Mr. Engel sagt konzentrieren.
Ash saß diesmal ganz hinten in der Ecke und ich hatte leider keine Ausrede, weshalb ich mich so oft nach hinten umdrehte. Doch nachdem er mich zum dritten Mal dabei ertappt hatte, versuchte ich mich zu bremsen und war deshalb auch sehr froh als es klingelte. Erleichtert stand ich auf, packte meine Sachen zusammen und erwischte mich auf dem Weg zu Tür wieder dabei, dass ich zu Ash’ Platz sah, doch er war schon weg. Leider merkte ich, dass es mir etwas ausmachte, dass er mich diesmal nicht nach dem Weg gefragt hatte. Ich hätte ihm gerne geholfen.
Die nächsten Stunden vergingen schnell. Immer wenn ich das Klassenzimmer betrat sah ich mich verstohlen um, um zu schauen ob Ash wieder da war. Leider vergeblich.
‚Na ja’ dachte ich, als es zur Mittagspause klingelte, ‚vielleicht seh’ ich ihn ja dort’. Dieser Gedanke brachte mich dazu schnell meine Sachen zusammen zu packen.
Anna und Ben warteten schon vor der Cafeteria auf mich und wir suchten uns zusammen einen Tisch. Wie üblich waren auch Jade und James da. Die beiden waren nun schon seit fast drei Jahren ein Paar und man sah die beiden eigentlich nie getrennt voneinander.
„Ich habe gehört, du interessierst dich für den Neuen?“ platzte Jade hervor, sobald sie in Hörweite war.
„Sch“ Ich wollte nicht, dass es gleich die ganze Schule erfuhr.
„Na, der ist aber auch süß.“ sprach sie weiter, als hätte ich nichts gesagt. Sie war immer bestens über alles und jeden informiert. „Ich habe Geo und Deutsch mit ihm. Maria und Fabien haben noch nie so angestrengt versucht einen Jungen mit den Augen auszuziehen. Es würde mich nicht wundern, wenn die beiden nichts vom Unterricht mitbekommen haben.“ Sie lächelte süffisant. Sie mochte die beiden nicht und gehörte nicht gerade zu den Menschen, die damit hinter den Berg hielten.
In diesem Moment betrat Ash mit Paul und Jan den Raum. Es wunderte mich nicht, dass er mit den beiden zusammen hier auftauche – Sie waren schließlich die beliebtesten Jungs der Schule, aber es machte mich trotzdem traurig. Ich bezweifelte, dass er sich noch einmal länger mit mir unterhalten würde.
Jan war mein Ex, derjenige, der mich betrogen hatte und liebte es Gerüchte über mich zu verbreiten. Den Grund dafür hatte ich noch immer nicht herausgefunden. Jade meinte, dass er mich noch immer liebte und sauer war, weil ich ihm keine zweite Chance gegeben hatte. Aber konnte ihr das nicht glauben. Das war wohl der einzige Punkt, bei dem Jade falsch informiert wurde.
„Hallo? Weilst du noch unter uns?“ riss mich die Stimme von Ben aus meinen Gedanken.
„Ähm ja ich denke schon. Was ist denn?“ Ich war verwirrt. Er sah mich so an, als würde er auf eine Antwort warten.
„Wir haben überlegt heute Abend weg zu gehen. Und diskutieren wahrscheinlich schon so seit fünf Minuten, wo wir hin gehen!“ lachte Anna. „Und diesmal hast du keine Ausrede. Morgen haben wir erst um 10 Uhr Schule. Also musst du auch nicht früh zurück. Und damit du auch mal mitkommst haben wir beschlossen auf die Eisbahn zu gehen. Da musst du auch nicht tanzen.“ Sie lachte wieder.
„Hmm. Okey ich bin dabei“
„Was? Ich glaube ich habe mich gerade verhört. Ich haben gehört, du hättest okay gesagt und wir mussten dich noch nicht einmal überreden.“ Alle sahen mich überrascht an.
„Was denn? Ich hab halt mal Lust auszugehen. Jetzt schaut mich nicht so an, sonst überleg ich’s mir noch Mal.“
„Okay, dann treffen wir uns heute Abend um acht. Bis später“ Ben stand auf. Ich schaute mich in der Cafeteria um, wir waren fast die letzten. Also machten wir uns auch auf zum Unterricht.
In meiner letzten Stunde hatte ich mich gerade damit abgefunden, dass ich nur zwei Fächer mit Ash zusammen hatte, doch dann ließ er sich mit einem breiten Lächeln auf den Stuhl neben mir fallen.
Für mehr als ein kurzes ‚Hey’ war keine Zeit, denn Herr Gotz war schon da und er hatte eine besondere Gabe dafür die Schüler zum Schweigen zu bringen. Man könnte es auch überzeugende Argumente nennen, denn keiner hatte Lust zu den vielen Hausaufgaben noch 4 Seiten über fast unbekannte Dichter des Mittelalters zu schreiben. Und leider vergaß er so etwas auch nie.
Es klingelte.
„Ich wünsch dir einen schönen Abend“ sagte Ash, mit einem wissenden Lächeln auf den Lippen und verschwand durch die Tür.
Freunde
„Siehst du? Gestern Nacht war doch toll. Du konntest ruhig mal öfter mitkommen.“ begrüßte mich Anna am nächsten Morgen. Und sie hatte recht. Es war ein toller Abend gewesen. Auch wenn ich zugeben musste, dass sie das Beste, was gestern Abend passiert war, noch gar nicht wusste.
Ich lächelte.
„Und was lief da zwischen dir und dem Neuen?“ platzte Ben heraus. Allem Anschein nach, hatten die beiden gerade darüber diskutiert und wollten unbedingt wissen was geschehen war.
„Wieso hat er dich nach Hause gebracht? Seid ihr zwei jetzt zusammen?“
„Also er hatte zumindest nur Augen für dich auf der Bahn. Hat er dir schon gesagt, dass er in dich verliebt ist?“
So ging das noch eine ganze Weile weiter, bis ich beschloss ihnen die Wahrheit zu sagen.
„Nein, wir sind nicht zusammen. Wer hat ihn eigentlich eingeladen? Wir haben nur geredet und sind jetzt offiziell Freunde.“
„Das sah aber gestern nicht so aus, als wäre das euer beider Absicht.“ meinte Ben. „Ich hab ihn eingeladen. Diese Idioten, Paul und Jan wollten ihn dazu überreden mit ihnen Fußball zu schauen. In irgend einer Kneipe. Er sah nicht besonders begeistert aus und deshalb dachte ich mir, du würdest dich bestimmt freuen, wenn er mitkäme und er könnte nette Leute kennen lernen.“
„Und ihr habt euch nicht geküsst oder so? Das kann ich ja kaum glauben. Es sah so aus, als würdet ihr euch schon seit einer Ewigkeit kennen und lieben. Als wäret ihr für einander bestimmt.“
„Nein, haben wir nicht“ Ich konnte kaum das Bedauern aus meiner Stimme fern halten. „ Und ich glaube auch nicht, dass so etwas in der nächsten Zeit passieren wird. Ich hab doch gesagt wir sind jetzt offiziell Freunde.“
Ich dachte an gestern Abend. Ich war mal pünktlich gewesen und hatte mit deshalb auch einiges an Spott von meinen Freunden zu hören bekommen. Was mich am meisten überraschte war, dass Ash bei ihnen stand und mich anlächelte. Jetzt verstand ich auch das Lächeln, das er mir schenkte, als er ging und mir einen schönen Abend wünschte.
„Hallo“ Da war das schöne Lächeln wieder. „Du kommst also immer zu Spät?“
„Ja und ich habe das Talent mir immer wieder Freunde zu suchen, die ganz bestimmt in ihrem Leben noch nicht eine Minute zu Spät waren.“ Das war vielleicht etwas übertrieben, aber die Aussage dahinter war trotzdem wahr.
„Na, dann war es ja vorherbestimmt, dass wir uns anfreunden würden.“ meinte Ash.
Ich strahlte. „Das heißt du kommst auch nie zu Spät.“ Ich versuchte mürrisch zu schauen, aber es wollte nicht gelingen. Er hatte gerade gesagt, dass wir Freunde waren.
Als wir uns etwas zu trinken holten und ich – wahrscheinlich zum ersten Mal an diesem Abend, die Augen nicht auf Ash oder das Eis richtete, fiel mir auf, dass wir nicht die einzigen aus unsere Schule waren. Es waren erstaunlich viele Mädchen da. Und ich konnte mir auch denken, dass nicht ich der Grund dafür war, dass sie hier in solchen Scharen auftauchten, obwohl sie mich ansahen, als sei ich der Grund. Ich stand neben Ash und es schien sie sehr zu stören, dass er an diesem Abend noch nicht einmal meine Seite verlassen hatte und auch noch Spaß zu haben schien.
Auch Ash waren sie wohl aufgefallen, denn er fragte „Ist das bei allen Neuen an der Schule so, dass sie von allen angestarrt werden und verfolgt werden?“
„Nein normalerweise nicht. Aber die sehen auch nicht so gut aus wie du.“ Ich sollte mir die Zunge abbeißen oder wenigsten zuerst nachdenken, bevor ich antwortete.
„Ach so. Würdest du mir einen Gefallen tun? Mich heute bitte nicht alleine lassen?“ Er sah mich an, als würde er mir unglaublich viel abverlangen.
„Klar, mach ich doch gerne“ Und das tat ich dann auch den ganzen Abend über. Zumindest fast.
„Kommst du mal mit auf die Toilette?“ fragte Anna mich so um 11 Uhr.
Ich überlegte. Die Mädels schienen alle auch diese Chance zu warten. Ash war mein Zögern und der Blick aufgefallen und sagte „Ich komm schon für ein paar Minuten alleine klar. Geh nur“
„Sorry, dass ich euch zwei trenne“ sagte sie lachend, als wir außer Hörweite für Ash waren. „Aber ich dachte mir du würdest sicherlich gerne hören was ich erfahren habe.“ Ohne auf eine Antwort zu warten, begann sie zu erzählen. „Es gehen schon die wildesten Gerüchte über euch beide herum sagt Jade. Zum Beispiel: Ihr zwei habt euch in den Sommerferien kennen gelernt, als du in Frankreich warst. Er war dort mit Freunden. Ihr seid seit dem zusammen und du bist schwanger, weshalb er auch hier her gekommen ist. Oder: Du hast ihm irgendwelche Tabletten gegeben und willst heute Abend über ihn herfallen. Aber das Beste ist immer noch: Er stammt aus einer anderen Welt und ist gekommen um dich mitzunehmen, denn du bist die Herrscherin oder so was.“ Sie lachte. „Ich glaube an unserer Schule werden zu viele künstlerische Fächer unterrichtet, wenn die eine solche Fantasie haben.“
Ich konnte ihr nur zustimmen. Aber ich war trotzdem sehr froh, als ich zurück auf dem Eis war und sah, dass Ash sich mit Ben unterhielt.
„Da seid ihr ja wieder“ strahlte Ben, als wir auf die beiden zukamen „Ich dachte schon wir müssen euch suchen gehen.“ Und er flüsterte mir ins Ohr „Du kannst ihn doch nicht so lange allein lassen. Der Arme wurde von einer ganzen Gruppe Mädels überrollt, als du dich umgedreht hast. Auf Anna, wir haben immer noch unser Wettrennen vor uns. Los geht’s“ sagte er wieder in lauter Stimme zu ihr und die beiden liefen davon. Ich sah ihnen nach. Ich hatte tolle Freunde.
Um 12 beschlossen wie dann zu gehen, da ja am nächsten Morgen wieder Schule war. Vor dem Eingang trafen wir wieder auf Ben, Anna Jade und James. Sie würden mit Bens Auto fahren da sie alle in die gleiche Richtung mussten. Ash würde mich mitnehmen, was mir nur zu recht war. Leider wohnte ich nur wenige Meter von der Eisbahn entfernt und wir waren schon drei Minuten Später bei mir.
„Also dann, bis Morgen“ Ich wollte noch nicht aussteigen, aber mir fiel auch nichts ein, wie ich noch ein paar Minuten herausschlagen konnte. „Und danke fürs nach Hause fahren“
„Gerne, wenn du willst nehme ich dich auch morgen mit. Dann musst du nicht wieder zu Spät kommen.“ Er lächelte.
„Ist das kein Umweg für dich?“ Ich wusste gar nicht wo er wohnte.
„Nicht wirklich. Bis morgen. Ich hol 20 vor acht ab. Bist du da schon fertig oder soll ich später kommen?“
„Nein, das ist gut. Ich kann ja auch zur Abwechslung mal zu früh da sein. Ich muss schließlich 12 Jahre zu spät kommen wieder ausgleichen.“ Wiederstrebend stieg ich aus und sah zu wie er davon fuhr.
„Miss Johnson? Are you still with us? What is your opinion? Is it right to do this or not?” holte mich die Stimme von Mr. Engel aus meiner Erinnerung. Ich hatte keine Ahnung wovon er gerade sprach. Mir war noch nicht einmal aufgefallen, dass ich in den Unterricht gekommen war. Ash war nicht gut für mich. Ich sollte mich mal wieder auf den Unterricht konzentrieren, denn ich hatte schon gestern den ganzen Tag verpasst.
„I don’t know. I’m sorry” sagte ich.
„Please, would you listen then. “ Er drehte sich um und machte weiter. Ich sah mich um und führ zusammen. Da saß Ash und musterte mich belustigt.
„Na? Vielleicht sollte ich dich morgen etwas später abholen.“
„Daran liegt es nicht.“ meinte ich. „Ich war nur in Gedanken versunken.“
„Ja das habe ich gemerkt. Ich hab versucht dich anzusprechen, als du in die Klasse kamst. Aber du hast mich noch nicht einmal angeschaut.“
Ein strenger Blick von Mr. Engel beendete das Gespräch.
„Und hast du schon die Gerüchte über uns gehört?“ fragte ich ihn, als wir uns auf den Weg zur Cafeteria machten.
„Ein paar“ Er lachte. „Ich werde Vater. In der wievielten Woche bist du denn? Eure Schule ist wirklich etwas anderes. Ich hab dir ja erzählt, dass ich schon oft neu an einer Schule war, aber kein Mal kamen so schnell, so viele Gerüchte zusammen. Und die waren auch auf jeden Fall nicht so kreativ.“
Viele Blicke folgten uns, wie wir uns essen holten und dann an meinen üblichen Tisch setzten. Die anderen mochten Ash und stellten viele fragen. Ich war in Gedanken aber bei unserem Auftritt von heute Morgen.
Ash war wie versprochen pünktlich da.
„Guten Morgen. Gut geschlafen?“ fragte ich, als ich mich auf den Beifahrersitz setzte.
„Guten Morgen. Ja, wir wohnen etwas außerhalb. Da ist es sehr schön ruhig. In Spanien haben wir mitten in der Stadt gewohnt und wie du weißt, sind die Menschen dort etwas lauter.“
Die Fahrt war recht ruhig, denn ich war noch müde und Ash schien das zu merken. Es waren erstaunlich viele schon an der Schule obwohl es noch so früh war. Ich hatte nicht damit gerechnet. Als wir ausstiegen wurden wir von allen Seiten angestarrt. ‚Was denn?’ dachte ich ‚so oft kommen irgendwelche Leute zusammen zur Schule, die wurden auch nicht so angeschaut.’
Ash brachte mich zu meiner Klasse. Die ersten Stunden hatten wir nicht zusammen.
„Bis später“ rief er mir zu, als er ging.
„Habt ihr schon gehört. Fabien erzählt überall, dass sie gestern mit Ash nach Hause ist. Blöd für sie ist nur, dass auch Maria das auch erzählt und ihr zwei heute Morgen zusammen herkamt.“ Jade brachte uns auf den neusten Gerüchte-Stand.
„Ich dachte, ich hätte ihnen gestern klar gemacht, dass ich an keiner Beziehung interessiert bin.“ meinte Ash etwas betrübt.
„Ach waren die beiden auch auf der Eisbahn?“ fragte ich.
Alle lachten.
„Sofie wo hattest du denn Gestern Abend deine Augen. Die waren Gestern alle da. Als du Ash kurz alleine gelassen hattest, kamen die alle nach einander zu ihm rüber.“ Ich hatte es wirklich nicht mitbekommen. Genauso wenig, wie mir aufgefallen war, dass wir wohl von allen meinen Freunden beobachtet wurden.
„Oh, mist. Wir haben nur noch fünf Minuten. Ich muss noch die Hausaufgaben machen. Kann ich mal von dir Abschreiben?“ fragte Anna besorgt. Ich gab ihr mein Heft und sie verzog sich an einen anderen Tisch, wo sie mehr platz hatte.
Ash und ich waren aufgestanden. Ich hatte nur noch eine Stunde, er hingegen noch zwei. Deshalb würde ich nach Hause laufen müssen.
„Ich komm morgen wieder um die gleiche Zeit vorbei?“ fragte er. „Oder soll ich dir noch ein wenig Zeit geben? Nicht dass du morgen wieder den Unterricht verpasst, weil du noch schlafen musst.“
„Ne, ich gehe heute einfach etwas früher ins Bett. Bis Morgen.“
Die letzte Stunde dauerte lange und auch der Nachmittag wollte nicht vorbei gehen.
Nach dem Abendessen brachte ich Lilly wieder zu Bett. Sie meinte Heute habe sie das Recht auf eine extra lange Geschichte, da ich ihr Gestern keine erzählt hatte.
„Okey:
„Ich habe dir versprochen, deine Fragen, soweit ich die Antwort kenne zu beantworten, wenn du in Sicherheit bist. Dieser Zeitpunkt ist jetzt gekommen.“ sagte Fineafin sanft.
„Du weißt, dass du eine Elfe bist. Und hast bestimmt schon bemerkt, dass es einige Unterschiede zwischen Menschen und Elfen gibt. Mit dem Aussehen angefangen. Wir haben spitze Ohren, sind recht groß und schlank und haben blonde Haare, sind schnell und bewegen uns leise außerdem haben wir die Fähigkeit Lügen zu erkennen. Was du wahrscheinlich noch nicht weißt, wir sind unsterblich. Zumindest sterben wir keinen natürlichen Tod, aber wir können umgebracht werden. Außerdem bist du die Tochter der Hohepriesterin und hast deshalb die Gabe die Kälte zu bannen. Das ist der Grund für die ungewöhnlich milden Winter auf dem Riff. Aber auch der Grund, weshalb man Durin dazu gebracht hat, dich zu holen. Du und der Elfenkönig, ihr seid die einzigen, die den Bann von den Feuerelfen nehmen können. Sie wurden auf die Feuerinseln verbannt, da sie versucht hatten den Elfenkönig zu stürzen und die Macht an sich zu reißen. Die Verräterin war die damalige Hohepriesterin, dein Großmutter. Ihr Plan hätte funktioniert, wenn sich nicht deine Mutter den König gewarnt hätte. Alle dachten, diese Geschichte sei damit zu Ende. Doch dann wurde die Wächterstatue geklaut, die die Anderweltkreaturen davon abhält in unsere Welt einzufallen. Der König der Menschen ließ deine Mutter entführen, um sie gegen die Wächterstatue einzutauschen. Deshalb wart ihr zwei auf dem Schiff. Das war vor 17 Jahren. Ich war die Vertraute deiner Mutter und machte mich auf den Weg nach ihr zu suchen, aber der dann kam der Krieg zwischen den Elfen und Menschen. Aber da die Kälte noch nicht das ganze Land eingeschlossen hatte, dachte ich, dass deine Mutter noch am Leben sein musste. Denn es dauert viele Jahre bis man seine Gabe einsetzten kann. Ich wusste nicht, dass deine Mutter ihr Wissen an dich weitergegeben hat.“ Nach dieser Geschichte ließ sie Caiwen etwas Zeit ihre Gedanken zu ordnen.
„Das heißt sie brauchen mich um den Fluch von ihnen zu nehmen?“ fragte Caiwen nach einiger Zeit langsam. Sie glaubte Fineafin, denn sie konnte spüren, dass die Elfe sie nicht anlog, auch wenn Caiwen wusste, dass es einen Weg geben würde diese Fähigkeiten zu täuschen.
„Ja genau. Deshalb werde ich dich nach Hause ins Zweistromland bringen.“
Nach Hause. Wie konnte ein Land, das man nicht einmal kannte sein zu Hause sein. Und was würde dort auf sie warten. Fineafin hatte gesagt, dass sie die Gabe hatte die Kälte zu bannen, die das Land nach und nach einnahm. Egal wo sie hinginge, wie wäre eine Gefangene. Doch sie wollte auch, dass es den Elfen wieder gut ging.
Sie blickte auf. Die Küste lag vor ihnen. Fineafin und Heylon hatten schon alles, was sie hatten zu drei Päckchen gepackt und gingen an Land.
Als Caiwen an Land ankam, bemerkte sie, dass der Schnee der alles bedeckte unter ihren Schuhen schmolz und sie stand bald auf Graß und die ersten Blümchen streckten ihre Köpfe heraus.
„Fineafin? Was passiert hier?“ bei den anderen war der Schnee nicht geschmolzen.
Fineafin lächelte „Ich hab dir doch gesagt, dass du die Gabe hast die Kälte zu bannen. Wir sollten aber schnell weiter. Die anderen werden sonst noch unserer Spur folgen können.“
Sie liefen den ganzen Tag hindurch. Fineafin schien immer zu wissen, wo es hinging und das war auch gut so. Caiwen und Heylon waren Schnee nicht gewohnt und waren nicht in der Lage die verschneiten Bäume auseinander zu halten.
Am Abend ließen sie sich unter einer Baumgruppe nieder, wo nur wenig Schnee lag. Sie entzündeten ein Feuer und aßen. Caiwen und Heylon schliefen völlig erschöpft ein und Fineafin würde die erste Nachtwache übernehmen.
Es war mitten in der Nacht, als Fineafin Caiwen weckte, damit sie die nächste Schicht übernahm. Doch Caiwen war so müde, dass sie nach kurzer Zeit wieder einschlief und erst aufwachte, als ein Steifenhörnchen von einem Baum auf sie sprang. Sie fuhr hoch. Es roch merkwürdig. Sie sog noch einmal tief die Luft ein und erkannte den Geruch. aber es war schon zu spät. Ihr wurde klar, dass die betäubt wurde und wollte die anderen warnen, aber da wurde ihr auch schon schwarz vor den Augen.
Als sie wieder erwachte saß sie an einem Feuer und ihre Hände waren gefesselt. Ihr gegenüber saß Durin und das Streifenhörnchen. Sie sprachen miteinander und da wurde es Cawien klar. Das Streifenhörnchen war der Gestalltenwandler vom Schiff.
„Hallo, Caiwen schön dich zu sehen.“ sagte es und nahm die Gestallt eines Hundes an. „Ich bin Safrax.“
In dem Moment kam ein lautes Knurren aus dem Wald. Durin und Safrax sprangen auf. Aus den Schatten des Waldes traten mehrere scheußliche Kreaturen. Obwohl Caiwen sie noch nie zuvor gesehen hatte, wusste sie, dass es sich um Kreaturen aus der Anderwelt handeln musste. Eines von ihnen sprang auf Durin los. Konnte Caiwen nichts mehr sehen, da ein großer schwarzer Hund vor sie sprang.
Der Kampf war aussichtslos. Es waren viel zu viele Anderweltkreaturen, doch dann hörte Caiwen mehrere menschliche Stimmen.
Die Anderweltkreaturen, die es überlebt hatten zogen sich zurück und auch Safrax verschwand, so dass Caiwen wieder sehen konnte. Es waren Reiter, die ihnen zu Hilfe gekommen waren.
„Danke“ sagte Durin „Ihr habt mir das Leben gerettet.“
Einer der Reiter ging auf ihn zu. „Es war nicht dein Leben das wir retten sollten, sondern ihres.“ Er zeigte auf Caiwen. „Wir sollen sie zu Maeve bringen, da du dieser Aufgabe wohl nicht gewachsen bist.“
„Habt ihr mein Geld dabei“ fragte Durin.
„Du hast die Aufgabe nicht erfüllt. Ohne uns wäre sie nun tot. Dafür gibt es kein Geld. Wir haben dir dein Leben gerettet. Das sollte genügen.“ Er wandte sich ab und sprach zu seinen Männern „nehmt das Mädchen und bringt schafft sie auf ein Pferd.“
„Halt“ sagte Durin „Ich will zuerst mein Geld haben.“
Der Mann drehte sich wieder um und sah Durin ins Gesicht. „Es gibt kein Geld und wenn du dich meinen Männern in den Weg stellst wird dich das dein Leben kosten. Also geh aus dem Weg.“
Doch bevor Durin auch nur einen Schritt machen konnte, schlug ihm einer der Männer von hinten auf den Kopf. Durin sackte zusammen und Caiwen konnte nichts dagegen tun. Sie wurde auf ein Pferd gesetzt und sie ritten los.
„Aufwachen“ Fineafin richtete sich auf. Sie hatte schlimme Kopfschmerzen und blickte sich um. Dem Stand der Sonne nach zu urteilen, war es nach Mittag. Heylon saß wenig neben ihr und sah sie mit weiten Augen an.
„Ich dachte schon du würdest nie mehr aufwachen.“ Es war nicht Heylon, der da sprach. Sie sah sich um. Auf einem Ast saß ein Streifenhörnchen. „Wir müssen los sie haben Caiwen mitgenommen und Durin niedergeschlagen. Ihr müsst mir helfen. Wir haben nur zusammen eine Chance sie zu finden und noch rechtzeitig zu kommen.“
„Nie im Leben werde ich mit einem Gestalltenwandler zusammen arbeiten. Los Heylon wir müssen sie finden.“ Sie sprang auf und packte ihre Sachen zusammen.
„Sie haben Pferde und sind heute Nach los. Ihr könnt sie nicht zu Fuß einholen. Ich habe eines ihrer Pferde, nimm es und ich verwandle mich auch in ein Pferd und trage Heylon.“
„Fineafin“ sagte Heylon „Es hat recht. Wir haben nur mit ihnen eine Chance. Warte mal du hast gesagt sie haben Durin niedergeschlagen? Wo ist er? Lebt er noch?“
„Ja, aber er braucht eure Hilfe. Er ist bewusstlos und wird sterben, wenn wir nicht bald kommen.“
„Na dann los.“ Heylon packte seine Sachen und stieg auf Safrax. Fineafin bestieg mit einem bösen Blick den Rücken des Pferdes.
Nach kurzer Zeit kamen sie zu der Stelle an der Durin lag. Fineafin kümmerte sich um Durin. Er war schwer verletzt, doch er würde wieder gesund werden. Safrax machte sich auf noch ein Pferd zu holen. Als er zurück kam saß Durin an einen Baum gelehnt und aß.
„Danke“ sagte er, als er Safrax erblickte. „Du hast mir wieder das Leben gerettet.“
„Ich weiß“ sagte Safrax lässig „ Und dafür wirst du mir helfen Caiwen zu finden und sie zurück zu den Elfen zu bringen.“
„Wie kommt’s, dass du sie jetzt zurück holen willst“ fragte Durin mürrisch und nickte.
„Ich mag die Reiter nicht und Maeve mag ich auch nicht. Außerdem mag ich die Kälte nicht. Los geht’s. Ich habe ihre Spuren nicht weit von hier entdeckt.“
Sie packten ihre Sachen zusammen und machten sich auf den Weg um Caiwen zu retten.
So ich glaube das reicht jetzt. Schlaf gut.“ Ich stand auf und verließ das Zimmer.
Der Fehler
„Na? Hast du gut geschlafen?“ begrüßte mich Ash, als ich mich wie immer auf den Beifahrersitz fallen ließ. Es war inzwischen vier Wochen her, dass wir uns kennen gelernt hatten. Die Zeit schien wie im Fluge zu vergehen und ich hatte mich daran gewöhnt, dass er mich jeden Morgen abholen kam. Und auch in der Schule hatte man sich daran gewöhnt. Für die meisten war es klar, wir waren zusammen – für ihn leider nicht, aber ich hatte mich damit abgefunden, dass wir nur Freunde waren.
Er war wie immer gut gelaunt und strahlte. Ich musste mich jeden morgen wieder davon überzeugen, dass er der reale Ash war und nicht der aus meinen Träumen. Denn er war seit dem ersten Tag in jedem meiner Träume vorgekommen. Es fühlte sich so echt an, dass ich Ash gebeten hatte mich jeden morgen zu zwicken, denn eine Berührung fühlte sich sowohl in meinen Träumen, als auch in der realen Welt erstaunlicherweise gleich an. Als ich ihn darum bat, lachte er nur und meinte ich hätte Angst schlafwandelt in die Schule zu gehen. Und ich beließ es dabei, mir war nämlich keine besonders gute Ausrede eingefallen.
„Au“ sagte ich und sah mich ein wenig verwirrt um. Ash lächelte mich entschuldigend an.
„Ich dachte, diesmal würdest du wirklich schlafwandeln. Sonst antwortest du nämlich ‚Guten Morgen’ oder wenn du schlecht geschlafen hast und noch müde bist einfach nur ‚Morgen.’“
„Ach so. Nein ich war nur in Gedanken.“ Das kannte er schon. Es war zum verrückt werden. Seit ich ihn kannte, war ich oft so versunken in meine Tagträume, dass es sehr schwer war mich wieder zurück zu holen. Die Lehrer in der Schule machten sich schon Sorgen. Vor zwei Wochen sprach mich Frau Wendisch, die Vertrauenslehrerin an und fragte mich, ob mit mir alles in Ordnung war. Ob ich vielleicht reden möchte oder Hilfe bräuchte. Als ich dankend ablehnte, gab sie mir einige Broschüren mit. Sie alle hatten Titel, wie ‚Frei von Drogen’ oder ‚Keine Macht den Drogen’.
„Hallo? Soll ich dich noch einmal zwicken?“ holte mich Ashs Stimme wieder aus meinen Gedanken.
„Nein. Es tut mir Leid, ich habe nur gerade über Frau Wendisch nach gedacht. Du weißt schon, die Vertrauenslehrerin, die mit die Broschüren gab. Ich habe ein schlechtes Gewissen ihr gegenüber. Sie hat sich wirklich Sorgen gemacht. Sie hat Gestern bei uns zu Hause angerufen und nachgefragt, ob alles in Ordnung sei und so. Danach sind meine Eltern völlig ausgeflippt. Die haben mein ganzes Zimmer auf den Kopf gestellt. Und ich habe zwei Stunden gebraucht sie davon zu überzeugen, dass ich keine Drogen nehme. Aber ich muss trotzdem noch mit zu dieser Drogenberatung gehen.“
„Dann geh halt hin, dann sind sie beruhigt, weil sie wissen, dass du jemanden hast, mit dem du reden kannst, falls du Drogen nehmen solltest. Und sie können sich dort ja auch beraten lassen. Vielleicht bekommen sie dadurch wieder einen klaren Kopf.“ Er hatte recht. Und im Internet sagten sie, es würde nur eine Stunde dauern, das würde ich schon überstehen.
Wir waren an der Schule angelangt. Heute hatten wir nur zwei gemeinsame Stunden, was bedeutete es würde wieder langweilig werden. Immer wenn er nicht in meiner Nähe war, fiel es mir schwer mich auf das Thema des Unterrichtes zu konzentrieren. Nicht dass es mir leicht fiel, wenn er da war, aber dann brachte er mich immer wieder in die Realität zurück.
Die letzte Stunde vor der Mittagspause fiel aus und ich schaute mir meine Notizen an. Ich war stolz auf mich. Ich hatte richtig viel mitgeschrieben, das musste bedeuten, ich hatte auch gut aufgepasst. Das hoffte ich zumindest.
Ich machte es mir an unserem Tisch gemütlich und wartete auf die anderen. Wie gewöhnlich schweifte ich in Tagträume ab und erschrak, als ich ein leichtes knuffen in meiner Seite spürte.
„Heute bist du ja ganz schlimm. Verpasst sogar deinen Unterricht.“ Anna sah mich gespielt tadelnd an. „Vielleicht sollten wir dann heute Abend doch nicht weg gehen. Obwohl morgen Samstag ist. Ich habe den Eindruck du brauchst deinen Schlaf wirklich. Vielleicht sollten wir dir immer ein Wochenende zum erholen geben?“
„Sehr witzig“ meinte ich murrend „Nein, ich hatte eine Freistunde. Da wird man ja wohl tun dürfen, was man will. Und außerdem, recht machen kann man es dir auch nicht. Noch vor ein paar Wochen hast du dich immer darüber beschwert, dass ich nie mitkomme und jetzt? Willst du das ich zu Hause sitze, obwohl ich mit will.“
Es stimmte, ich hatte auf ein Mal wirklich spaß daran am Abend auszugehen. Natürlich hatte Ash etwas damit zu tun, aber auch ohne ihn war es lustig.
Ich ging am liebsten in kleinere Kneipen, wo Live Musik gespielt wurde. Heute Abend wollten wir ins Irish Pub gehen. Da kamen immer recht unbekannt Künstler hin, die aber sehr gut spielten.
„Also ich habe jetzt noch eine Stunde“ meinte Ash „Dann fahren wir zu dir nach Hause und machen das Bio Projekt fertig. Dann muss ich noch einmal kurz nach Hause. Mein Bruder hat doch gemeint er, wolle mal für die ganze Familie kochen. Ich hoffe zwar noch, dass meine Mutter ihn davon abbringen kann, aber ich habe nicht sehr viel Hoffnung. Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann macht er das auch meistens. Ich denke mal, dass wir so um halb zehn dann mit dem aufräumen fertig sind. Soll ich dich dann abholen?“
„Ja, hol mich ab. Ich der Bus braucht bestimmt ne halbe Ewigkeit bis zum Irish Pub. Müssen wir wirklich heute Bio machen? Ökologie ist ein sooo dämliches Gebiet der Biologie. Das macht überhaupt kein Spaß und unlogisch ist es auch noch. Man hat einfach keine klare Antwort.“ Ich war total schlecht darin. Und Ash einfach unglaublich gut. Ich fühlte mich immer wie ein Kind, wenn ich ihn bitten musste mir das was er gerade herausgefunden hatte noch einmal zu erklären, weil ich schon wieder nur Bahnhof verstanden hatte. Es half auch nicht, das Ash eine unendliche Geduld hatte und auch fünfmal das Gleiche erklärte. Er hatte die Gabe, jedes mal wieder neue Worte zu finden etwas zu erklären. Ich konnte ihm Stunden lang zu hören und ertappte mich nicht selten dabei, wie ich seiner Stimme zuhörte und nickte, obwohl ich gar nicht wusste, wovon er sprach. Ash schien es meistens zu merken und wiederholte es dann noch einmal mit einem Schmunzeln auf den Lippen.
„Wir sollten es Heute machen. Ich habe diesmal nämlich auch keine Ahnung und auch keine Idee. Wir können es uns ja mal anschauen und versuchen. Wenn nicht dann haben wir noch das Wochenende jemanden zu finden, von dem wir abschreiben können.“
„Okey, überredet. Bis später.“ Es würde gleich klingen und ich musste noch durch das ganze Schulhaus laufen. Ich stand auf, um auch noch die letzte Stunde dieses Tages über mich ergehen zu lassen.
Ich war ein wenig nervös. Das war das erste Mal, dass Ash bei mir zu Hause war. Also ich meine damit im Haus, denn davor hatte er schon oft gestanden und auf mich gewartet. Leider würde meine ganze Familie da sein. Ich hatte leider Gestern erwähnt, dass Ash mitkommen würde. Da meine große Schwester Paula auch auf meine Schule ging, waren die Gerüchte um Ash und mich auch bis zu ihr gelangt und sie konnte sich den Kommentar ‚Ach dein Freund’ nicht verkneifen.
Darauf hin überschlugen sich meine Eltern mit Fragen. Sie wollten wissen, wie alt er war, seit wann wir uns kannten, wie seine Eltern hießen, ob er Geschwister hatte, etc. All das was Eltern halt nun einmal so fragten. Das Gute an der Sache war, dass ich jetzt nicht mehr mit zur Drogenberatung musste, denn meine Mutter meinte, sie könne sich erinnern, wie es bei ihrer ersten großen Liebe gewesen sei. Damals hätte sie sich auch auf nichts mehr konzentrieren können.
Meine halbherzigen Versuche zu erklären, dass wir kein Paar waren, wollte keiner hören und so konnte ich nur hoffen, sie würden mit die Peinlichkeit ersparen und ihn nicht nach unserer Beziehung fragen.
Ich hatte Glück. In der Firma meiner Mutter war ein Rohr geplatzt und mein Vater sollte ihr Helfen. Sie selbst war erst gar nicht nach Hause gekommen. So hatte ich noch etwas mehr Zeit, sie davon abzubringen all die Fragen zu stellen.
„Hallo? Jemand zu Hause?“ rief ich, als ich die Tür hinter uns schloss.
„Küche“ kam es aus der Küche von meinen Schwestern. Paula half Lilly gerade dabei sich Mittagessen zu kochen.
„Ash, das sind meine Schwestern Paula und Lilly. Paula kennst du vielleicht. Sie ist in der Klasse über uns.“ Ich hasste es Leute vorzustellen, aber ich dachte es sei unhöflich ihn einfach in mein Zimmer zu schmuggeln. Sie wechselten ein paar Worte und wir zogen weiter in mein Zimmer.
„Es ist nicht das Größte aber auf jeden Fall hat es eine schöne Form.“ An meinem Zimmer war ein kleiner begehbarer Schrank. Also eigentlich war es nur eine Ecke, aber ich hatte mir dort einen Schrank hineingebaut. Das Gute daran war, ich brauchte keine Möbel in mein Zimmer zu stellen, außer meinem Schreibtisch und meinem Bett. Das war einer der Gründe weshalb ich mein Zimmer liebte. Der zweite war, es war sehr hell und ich brauchte unglaublich viel Licht. Im Winter machte ich sogar manchmal Tagsüber das Licht an, obwohl ich drei Fenster hatte.
Ich ließ mich in meinen Hängestuhl fallen. Ich liebte es in Stühlen zu sitzen die sich bewegen ließen, so etwas wie Schaukelstühle oder auch Hängematten.
„wollen wir nicht noch eine kleine Pause einlegen“ fragte ich ihn, als er seine Sachen auspackte. „Ich habe noch keine Lust“
„Da bringt aber auch keine Pause etwas. Komm wir machen es gerade fertig und chillen dann.“
Es dauerte noch ein wenig bis wir anfangen konnten. An diesem Tag war ich es, der die Lösung einfiel.
Wir hatten noch fast eine Stunde bevor er gehen musste.
„Spielst du Gitarre?“ In der Ecke stand die Gitarre meiner Mutter, die ich mir ausgeliehen hatte.
„Ein wenig und nur so zum Spaß. Ich kann auch nicht viele Lieder spielen, weil ich es mir selbst bei bringe.“ Er bat mich ihm etwas vorzuspielen und so ging auch die letzte Stunde schnell vorbei. Er verabschiedete sich und fuhr zu seiner Familie.
Als ich es mir gerade gemütlich gemacht hatte, klingelte das Telefon und meine Mutter bat mich wieder meine Schwester ins Bett zu bringen, da sie erst spät am Abend kommen würde. Lilly freute sich schon, da ich in den letzten Wochen nicht viel Zeit hatte und ihr kleinere Geschichten erzählt. Heute würde es wieder mit den Elfen weiter gehen.
Sie freute sich so sehr, dass sie sogar schon zwei Stunden früher ins Bett gehen wollte. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich sie so hingehalten hatte. Ich selbst hasste es, wenn ich eine Geschichte angefangen hatte und dann unterbrochen wurde. Immer wenn die Fortsetzungen meiner Bücher herauskamen war ich mehrere Tage nicht ansprechbar, halt so lange ich brauchte um sie zu lesen.
„Also Heylon, Fineafin, Safrax und Durin haben sich zusammen getan um Caiwen zu retten.
Sie waren zu spät dachte Fineafin, als sie endlich am Hafen ankamen. Maeves Schiff war schon ausgelaufen, was bedeutete, dass Caiwen nun auf dem Meer war und sie sie nicht mehr retten konnte.
„Ich schaue mal, ob ich ein Schiff finde, was in nächster Zeit ausläuft.“ rief Safrax. Er hatte sich in eine Möwe verwandelt und erhob sich schon in die Lüfte. Heylon sagte nichts. Er machte sich große Sorgen. Hätte er doch bloß Caiwen davon überzeugt, nicht mit Durin mit zu gehen.
„Da vorne ist ein Mann, der sagt wir könnten mit ihm fahren. Kommt ich bringe euch hin.“
Es war der Schwarze, der Fineafin alles von Caiwen erzählt hatte und ihnen das Boot geschickt hatte, als sie noch auf der Flucht vor Durin waren.
„Ich dachte du kannst das Land nicht verlassen?“ fragte Fineafin den Schwarzen.
„Das stimmt. Aber wenn wir Caiwen nicht retten können, werde ich auch sterben. Also kommt es auf das gleiche raus. Auf beeilt euch, wir müssen los“
Durin betrachtete das Boot mit einem zweifelnden Blick.
„In diesem Ding werden wir sie niemals einholen. Und ich glaube auch nicht, dass es geeignet ist da draußen herumzufahren.“ Der Schwarze lachte.
„Komm an Bord und wir schauen, wer recht hat.“
Sie kletterten in das Boot, das sich in Bewegung setzte, als sie alle dort waren.
„Er hat magische Kräfte“ erklärte Fineafin Durin, der sich nach Segeln umschaute.
Sie suchten alle Still nach einer Lösung. Sie hatten noch keinen Plan geschmiedet, wie sie Caiwen vom Schiff bekommen wollten. Fineafin hatte Heylon und Durin erklärt, dass sie nicht nur gegen die Besatzung des Schiffes kämpfen mussten, sondern auch gegen die Hohepriesterin, die mit auf die Insel verbannt wurde. Sie war sehr mächtig geworden, da sie es geschafft hatte, eine böse Macht, die auf der Feuerinsel lebte für ihre Zwecke zu gewinnen. Die Hohepriesterin hatte einen Feuerring um die Insel gelegt und nur die Schiffe, die sie empfangen wollte, konnten dieses Hindernis überwinden.
Als das Schiff und die Feuerinsel am Horizont auftauchte und ihnen klar wurde, sie würden das Schiff nicht mehr daran hindern können im Hafen der Insel einzulaufen, kam Safrax eine Idee. Er würde sich in einen großen Vogel verwandeln und sie auf die Insel bringen, wenn die Hohepriesterin Caiwen in Empfang nehmen würde. Der Schwarze, dessen Kräfte schwanden, würde versuchen sie vor den Blicken der Priesterin zu schützen.
„So, nun hat dich der Weg also zu mir geführt.“ sagte Maeve. Sie schien vergessen zu haben, dass Caiwen nicht freiwillig hier war. Sie waren schon seit einiger Zeit auf dem Schiff und Caiwen hatte keine Hoffnung mehr gerettet zu werden. Sie würde sich alleine ihrer Großmutter stellen müssen.
„Zeigt ihr ihr Zimmer.“ befahl sie den Männern, die Caiwen hergebracht hatten. „Ich freue mich schon auf unsere Zusammenarbeit.“ Mit diesen Worten ging sie davon und Caiwen wurde zu ihrem Zimmer gebracht. Sie stellte sich an ihr Fenster und versuchte verzweifelt einen Ausweg zu finden. Sie war so in Gedanken versunken, dass sie zuerst gar nicht bemerkt hatte, dass dort vor ihr das Meer zu brennen schien.
Da schien das Bild vor ihren Augen zu flackern. Es wurde hell um sie herum. Caiwen drehte sich um und sah eine Frau aus Licht auf sie zu kommen. Sie erkannte sie sofort. Es war ihre Mutter, die gekommen war, um ihr das Wissen und die Macht zu geben ihre Großmutter aufzuhalten.
„Die Zeit ist gekommen“ sprach sie „Du musst beenden, woran ich gescheitert bin. Deine Großmutter hat nur eine Schwäche. Du musst den Kelch mit ihrem Blut finden. Sie hat einen Pakt mit einer bösen Macht geschlossen, die ihr Kraft gibt. Dieser Pakt kann nur durch dein Blut gebrochen werden.“ Caiwen hatte sich so sehr auf die Worte konzentriert, dass sie nicht bemerkt hatte, wie ihre Mutter verblasste. „Pass auf dich auf mein Schatz“ waren die letzten Worte die ihre Mutter jemals sagen würde.
Nach einer scheinbar unendlich langen Zeit würde Caiwen, die nun fest entschlossen war, ihre Großmutter aufzuhalten, vom Schiff auf die Insel gebracht. Die Feuerelfen lebten unter der Erde. Der Vulkan, der die Insel erschaffen hatte, hatte ein Höhlenlabyrith entstehen lassen.
Nach einer Weile kamen sie vor einer Höhle zum stehen. In dem Eingang stand eine Elfe und obwohl Caiwen sie noch nie in ihrem Leben gesehen hatte, war sie davon überzeugt, dass es ihre Großmutter war.
„Endlich“ rief sie aus. „Du bist gekommen, um uns zu befreien und den Fehler deiner Mutter wieder gut zu machen. Komm herein, bevor wir damit anfangen, denke ich du solltest etwas essen und deine Kleidung wechseln. Diese Sachen passen nicht zu einer Hohepriesterin.“
Caiwen betrat die Höhle ihrer Großmutter. In der Mitte stand ein gedeckter Tisch.
„Ich werde euch niemals befreien. Meine Mutter hatte recht euch zu verbannen.“
„So Fineafin hat also ganze arbeit geleistet. Sie hat es also geschafft dir diese Geschichte einzureden. Ich mache dir keine Vorwürfe, du wurdest nie darin geschult Lügen zu erkennen. Vielleicht willst du dir meine Geschichte anhören. Setz dich. Trink etwas. Wie du vielleicht schon bemerkt hast ist es hier drinnen wegen des Vulkans etwas warm.“ Caiwen setzte sich und trank. Sie war davon überzeugt, nicht werde ihre Meinung ändern, also konnte sie sich auch diese Geschichte anhören. Es würde ihr Zeit verschaffen sich in der Höhle umzuschauen und vielleicht den Kelch mit dem Blut entdecken.
„Es war diene Mutter, die es nicht erwarten konnte zur Hohepriesterin zu werden. Sie hatte schon eine ganze Weile davon geträumt alleine das Land zu regieren und sie hatte einige Freunde gefunden, die sich ihr anschließen wollten. Dazu musste sie allerdings noch mich aus dem Weg räumen. Sie stellte mir eine Falle. Ich hatte niemals damit gerechnet, dass meine eigene Tochter mir etwas antun würde oder mich belügen würde, denn ich vertraute ihr. Also hatte ich auch niemals einen Grund dazu ihre Worte zu überprüfen. Sie brachte dem König die Schriften, in denen sie geplant hatte, wie sie ihn stürzen wollte. Sie sagte sie habe sie gefunden und wolle mich stoppen. Der König glaubte ihr, ich weiß bis heute nicht, wie sie ihn dazu gebracht hat ihre Lügen nicht zu durchschauen. Er sorgte dafür, dass ich und ihre Freunde verbannt wurden.“
Caiwen hatte aufmerksam zugehört und war nun davon überzeugt, ihrer Großmutter helfen zu müssen. Es war ihre Pflicht den Fehler ihrer Mutter wieder gut zu machen. Sie würde die Feuerelfen befreien.
Ihre Großmutter stand auf und brachte ihr ein Gewand, das sie anziehen sollte. Es war dem ihrer Großmutter sehr ähnlich doch war ihres blau.
Caiwen zog es an und folgte dann ihrer Großmutter in eine große Höhle, die dem Anschein nach als Versammlungsraum genutzt wurde. Auf einem großen Stein, der zu einem Tisch umfunktioniert worden war, stand ein Kelch, der mit einer roten Flüssigkeit gefüllt war. Caiwen und ihre Großmutter schritten darauf zu, als plötzlich eine schwarze Gestallt auf sie zu kam.
„Du wagst es das Land zu verlassen, obwohl es deinen Tod bedeutet? Du bist ein Narr, genau wie meine Tochter, wenn du glaubst, du könntest mich aufhalten. Deine Tochter hat bereits zugestimmt den Bann zu lösen. Deine Kräfte sind nicht groß genug um sie umzustimmen.“ Caiwen versuchte aus dem was ihre Großmutter sagte schlau zu werden. Aber ihr Kopf fühlte sich an, als würde er explodieren, sie konnte sich nicht konzentrieren und doch wusste sie, es war wichtig zu verstehen, was der schwarze Mann sagte. Sie wusste nicht was dieses Gefühl auslöste, aber sie wusste, sie konnte diesem Gefühl vertrauen.
„Sie wird dir niemals helfen. Während du sie mit deinen Lügen gefüttert hast, habe ich die Kräfte des Vulkans entfesselt. Ihr werdet nicht die Zeit haben den Bann zu lösen.“
Caiwen erkannte, dass der Mann die Wahrheit sagte. Und plötzlich löste sich der Nebel in ihrem Kopf, der sie daran gehindert hatte klar zu denken. Und ihr wurde bewusst, ihre Großmutter hatte sie ihrem Willen unterworfen. Sie rannte auf den Kelch zu, der noch immer auf dem Stein stand. Doch genau in diesem Moment erzitterte die Erde und riesige Risse entstanden in den Wänden, Decke und Boden. Es regnete Steinen und es wurde unglaublich heiß. Der Vulkan würde gleich ausbrechen.
Einer der Steine fiel auf den Kelch, noch bevor Caiwen zu ihm gelangt war. Der Boden begann unter Caiwens Füßen weg zu brechen und sie konnte sich nur mit einem großen Sprung davor retten in die Tiefe zu stürzen. Dabei riss sie sich ihre Handflächen auf.
Sie erreichte den Kelch. Er schien von einem Zauber umgeben, denn der Stein hatte ihn nicht zerbrochen und das Blut, das herausfließen müsste, da der Kelch auf der Seite lag, wurde wie von einer unsichtbaren Macht daran gehindert.
„Nein“ schrie ihre Großmutter. Sie rannte auf Caiwen zu. Doch dann öffnete sich der Boden vor ihren Füßen und sie musste sich auf die Seite werfen, um nicht hinunter zu fallen.
„Caiwen beeil dich!“ rief der Schwarze. „Ich kann sie nicht lange aufhalten“
Da löste sich ein Bluttropfen von ihrer Hand und fiel auf den Kelch. Der Zauber, der das Blut daran hinderte hinauszufließen, sog Caiwens Blut auf.
Der Kelch begann zu glühen und ging dann in Flammen auf.
„Nein“ schrie Caiwens Großmutter wieder, doch es war zu spät, der Kelch hatte sich aufgelöst. Die Augen vor Schreck weit aufgerissen, stürzte Caiwens Großmutter los, brach dann aber zusammen. Sie zitterte und wimmerte und verstummte schließlich.
Hinter Caiwen löste sich ein großer Stein und erinnerte sie daran, dass sie mehrere Kilometer unter der Erde war in einem Tunnel, der nach und nach einstürzte.
„Caiwen lauf dort hinten zur Öffnung, dort wirst du Safrax finden, der dich hier raus bringt. Ich laufe den Weg hoch. Beeil dich.“
Caiwen wollte nicht ohne ihren Vater den Tunnel verlassen, aber der Spalt zwischen ihnen wurde immer größer und heißer. Sie konnte die Lava schon sehen. Also blieb ihr nichts anderes übrig, als zu rennen und zu hoffen.
Doch am Ende des Tunnels war kein Safrax. Also rannte sie weiter. Es war so dunkel hier, dass sie immer wieder über Steine auf dem Boden stolperte und hinfiel. Es wurde immer heißer und es fiel ihr schwer zu atmen.
Als sie um eine Ecke bog, sah sie ein Licht am Ende des Tunnels und sie rannte darauf zu. Dann wurde es schwarz, der Eingang wurde verdeckt und Caiwen fiel über einen Stein. Völlig entkräftet bleib sie am Boden liegen. Es würde ihr niemals gelingen die Steine vor dem Eingang wegzurollen, bevor die Lava, von der sie nur noch wenige Meter entfernt war sie erreichen würde.
„Caiwen, steh auf“ rief Safrax. „Ich kann dich mit meinen Klauen nicht auf meinen Rücken bringen.“ Es war Safrax gewesen, der als großer Vogel den Eingang verdeckt hatte. Caiwen zog sich auf Safrax Rücken, der nun auf den Eingang zuflog.
Er brachte Caiwen auf das Schiff, wo auch Fineafin und Heylon waren, die Den Schwarzen trugen. Seine Kleidung war angebrannt und sah schrecklich aus. Überall waren offene Wunden und Blut.
Caiwen glitt vom Rücken des Tieres und setzte sich neben ihren Vater. Er öffnete die Augen.
„Du hast es geschafft, mein Schatz, du hast das Zweistromland gerettet. Deine Mutter und ich sind sehr Stolz auf dich. Mach dir keine Sorgen, mein Engel und auch wenn es dir vorkommt, wie das Ende, es ist der Anafan.“ Er lächelte „ Dein Anfang“
„Du darfst mich nicht verlassen“ flehte Caiwen weinend „Ich habe dich doch gerade erst gefunden“
„Meine Zeit ist gekommen. Es war das Richtige. Du musst nach vorne sehen. Das Zweistromland braucht dich. Und ich werde dich niemals ganz verlassen. Es gibt einen Baum der Ahnen im Zweistromland, dort leben die Seelen der Elfen. Ich werde immer in deiner Nähe sein.“ Seine Augenlieder zuckten und das Licht schwand aus seinen Augen.
„Nein“ schluchzte Caiwen.
Sie hielt seine Hand fest, bis sie den Hafen des Zweistromlandes erreichten. Heylon hatte sich zu ihr gesetzt, doch sie sprachen kein Wort. Er hatte einen Arm um sie gelegt und tröstete sie.
Im Zweistromland verdrängte der Frühling den Winter, da die Hohepriesterin wieder zurückgekehrt war.
Und sie lebten glücklich bis in alle Ewigkeit.“ Beendete ich meine Geschichte.
„Was ist aus Caiwen und Heylon geworden? Heylon ist doch ein Mensch und der lebt nicht bis in alle Ewigkeit.“ Lilly hatte Tränen in den Augen, sie brauchte immer ein Happy End.
„Heylon lebt mit Caiwen im Zweistromland. Sie leben in der Nähe des Ahnenbaums, und die Kräfte der Ahnen schenken ihm ein ewiges Leben. Sie sind sehr glücklich“ Sie lächelte und ich gab ihr einen Gutenachtkuss und verließ das Zimmer. Ich musste mich beeilen. Es war schon viertel nach neun und ich musste mich noch fertig machen.
Ich zog meine neue petrolfarbene Bluse an und dazu eine schwarze Jeans und lief dann hinunter und suchte die grauen Stiefel mit dem Absatz. Als ich gerade meinen Mantel vom Haken nehmen wollte klingelte es an der Tür.
„Du siehst wunderbar aus“ begrüßte mich Ash. Ich wurde etwas verlegen und um es vor ihm zu verbergen, musterte ich seine Kleidung. Er hatte eine schwarze Lederjacke an, darunter einen beigefarbenen Pullover und ebenfalls eine schwarze Jeans. Es war wohl ein Fehler gewesen ihn so genau zu mustern, denn mein Gesichtsaudruck musste wohl genau das sagen, was ich dachte. „WOW, sexy.“ Ich besann mich und schaute schnell wieder in sein Gesicht. Er lächelte. Es war offensichtlich, dass er genau wusste was mir gerade durch den Kopf gegangen war. Er zog mich ganz nahe an sich und gab mir einen zarten Kuss auf die Wange. Seine Lippen waren ganz weich und ich drehte meinen Kopf leicht zur Seite, um seine Lippen auf meinen zu spüren.
Genau in diesem Moment fuhren meine Eltern in die Straße und hupten einmal laut. Ich erschrak und wünschte mir, das Rohr wäre noch einmal geplatzt, sodass meine Eltern noch beschäftigt wären. Konnte man nicht einmal einen schönen Moment erleben, ohne gestört zu werden?
Ich sah Ash an, der sehr besorgt aussah und nahm all meinen Mut zusammen und zog ihn zum Auto meiner Eltern.
„Komm, ich stell dich meinen Eltern vor“ Er nickte. Männer! Heute Morgen noch war er noch ganz begeistert meine Eltern kennen zu lernen und jetzt? Er sah aus, als wolle er am liebsten fliehen.
„Schön, dass wir dich noch treffen mein Schatz“ meinte meine Mutter. „Und du bist Ash? Wir haben schon viel von dir gehört. Es ist schön dich kennen zu lernen.“
„Ja. Es ist such schön Sie kennen zu lernen. Sofie hat mir auch schon viel über sie erzählt.“ Er lächelte nun wieder und wollte meiner Mutter die Hand reichen. Und meine Mutter? Anstatt ihm die Hand zu geben nahm sie ihn in den Arm und drückte ihn ganz fest. Sie musste wohl sehr froh darüber sein, dass ich mich nur verliebt hatte und keine Drogen nahm.
Jetzt kam auch mein Vater um das Auto und stellte sich vor. Ach war das schön, dass ich dieses Mal nicht die dumme sein musste, die alle einander vorstellte.
Ich sah auf die Uhr. Wir mussten uns beeilen, wenn wir noch rechtzeitig kommen wollten und ich verabschiedete mich schnell von meinen Eltern und zog Ash hinter mir her zu seinem Auto.
Auf der Fahrt war er ungewöhnlich still und ich war zu verlegen um die Stille zu durchbrechen. War es ihm aufgefallen, dass ich ihn küssen wollte und er dachte jetzt darüber nach, wie er mir schonend beibringen konnte, dass er nichts für mich empfand? Oder war etwas passiert, bevor er zu mir gekommen war?
Da fiel mir auf einmal ein Thema ein um die Stille zu brechen.
„Wie war das Essen? Hat dein Bruder das Haus in die Luft gejagt?“ Meine Stimme zitterte leicht und ich hoffte, dass es ihm nicht aufgefallen war.
Er lächelte mich an und meinte „Nein, das Haus steht noch. Seine Freundin hat ihm geholfen oder besser gesagt, sie hat das Essen gemacht. Er stand die meiste Zeit nur nutzlos in der Ecke herum und versuchte ihr zu helfen. Dabei hat er eigentlich jedes Mal irgendetwas heruntergeworfen oder kaputt gemacht. Er hat versucht einen Nachtisch zu machen. Tiramisu. Naja das sollte es werden. Es war mehr Kaffe mit Keksen und Sahne. Denn er hatte wohl vergessen die anderen Zutaten dazu zu mischen.“ Ein Glück, dass mir noch eine Frage eingefallen war. Die Atmosphäre im Auto entspannte sich und wir redeten noch eine Weile fröhlich weiter.
Das Irish Pub war völlig überfüllt, aber meine Freunde hatten es geschafft einige Tische zusammen zu schieben und es waren noch genau zwei Plätze für uns frei.
Auf der Bühne sagen gerade zwei Mädchen, die aussahen, als wären sie noch nicht einmal sechzehn. Stimmt heute Abend war anfangs Karaoke. Ich hoffte Es würde schnell rum gehen. Ich konnte es nicht leiden immer wieder die gleichen Songs zu hören.
Final Countdown, Father and son, What’s up, Skandal im Sperrbezirk und natürlich durfte bei so etwas auch ABBA nie fehlen. Die Lieder waren zwar gut, aber nach hunderten Abenden, an denen man sie gehört hatte, wären neue Lieder auch mal ganz gut.
Meine Freunde begrüßten uns von allen Seiten her. Ash schien sich wieder wohl zu fühlen und ließ sich auf dem Stuhl neben mir nieder. Ich bestellte mir ein Colabier und Ash, der noch fahren musste, nahm nur eine Cola.
Anna und Ben spielten mit Finn, Nora und Will, die auch bei uns in der Klasse waren Trinkspielchen. Sie spielten gleich zwei verschiedene, Karten pusten und 21. Beim Karten pusten musste man versuchen, einige Karten von dem Kartenstapel, der auf einer Flasche lag herunter zu pusten. Wenn die letzte Karte herunter fiel musste derjenige trinken. 21 war etwas komplizierter und sie hatten sich vorher nicht auf die Regeln geeinigt, weshalb jeder nach seinen eigenen Regeln spielte. Da sie aber schon einiges getrunken hatten, merkten sie es nicht einmal. Jade und James tanzten einige Meter von uns entfernt.
Nach einiger Zeit gesellten sich noch eine Gruppe, die den Tisch neben uns in beschlag genommen hatte zu uns und spielten mit.
Beim Karten pusten war ich einigermaßen gut, aber beim 21 war ich eine ultimative Versagerin, da ich nicht gut lügen konnte, worauf es bei diesem Spiel aber ankam.
Ash hatte sich zu den zwei Mädels der Gruppe neben uns gesetzt, die keine Lust hatten mit zu spielen und unterhielt sich mit ihnen. Da es aber recht laut war, rückten sie bald recht nahe zusammen. Die Mädels waren beide hübsch und es gefiel mir gar nicht. Ich überlegte gerade ob ich rüber gehen sollte und mich zu ihnen setzen sollte, als sich einer der Jungs zu mir setzte.
Er war süß, aber eigentlich nicht mein Typ.
„Hey“ sagte er und ich verdrehte innerlich die Augen. Einfallsreich war er wohl auch nicht. Es stand ihm so deutlich ins Gesicht geschrieben, dass er sich an mich ran machen wollte. Aber da ich nichts Besseres zu tun hatte ließ ich mich darauf ein. Bestimmt hatte auch der Alkohol, den ich in mich gekippt hatte damit zu tun.
Es stellte sich heraus, dass der Typ auf die gleiche Schule ging, wie ich, gerne Volleyball spielte, zwei Schwestern hatte und ebenfalls Gitarre spielte. Er gab sogar unterricht.
„Ich wette deine Schüler kommen alle an und sagen „Kannst du mir Nothing else matters und hier kommt Alex beibringen?““ meinte ich lachend.
„Ja genau“ er verdrehte die Augen und lachte mit mir.
Als die Band anfing zu spielen gingen wir tanzen. Er war wirklich nett und ich hatte mich wohl ganz und gar in meiner ersten Einschätzung getäuscht. Er hatte eine Freundin, die später auch noch kommen würde. Ich war überrascht, als Ash plötzlich hinter ihm auftauchte und ihn etwas unsanft zur Seite schubste und seine Arme um mich legte.
„Ähm, ich will mich ja nicht beklagen… Aber…Wieso? “mehr als das unzusammenhängende Gelpapper brachte ich nicht heraus. Es war so schön in seinen Armen zu liegen.
„Ich will nicht, dass du von irgendeinem Fremden begrapscht wirst.“ Meinte er sehr leise, so dass ich schon fast dachte ich hätte es mir eingebildet.
Wir tanzen, bis die Musik ausgemacht wurde und die Lichter angingen. Ich hatte noch einiges getrunken. Bis Ash irgendwann meinte ich hätte genug. Ich trank normalerweise nicht so viel, aber ich war so nervös, nun endlich in seinen Armen zu liegen, dass ich angst hatte alles falsch zu machen. Der Alkohol war bestimmt nicht Hilfreich, wenn es darum ging mich richtig zu verhalten, aber er nahm mir die Angst davor. Und ich redete mir ein das sei etwas Gutes.
Erst als ich auf die Straße trat, fiel mir ein, dass ich Anna meine Tasche gegeben hatte. Und in der Tasche war auch mein Schlüssel. Ich bekam Panik. Wie sollte ich jetzt nach Hause kommen? Meine Eltern würden mir sowieso den Kopf abreißen. Ich sollte normalerweise spätesten mit dem letzten Bus, also um 3 nach Hause kommen. Es war schon 6 Uhr.
„Hey was ist denn?“ fragte mich Ash besorgt.
„Ich bin so ein Idiot. Ich habe meine Tasche nicht, Anna hat sie. Und jetzt komme ich nicht nach Hause und ich bin zu Spät und ich hab auch kein Handy dabei, meine Eltern haben bestimmt schon die ganze Mailbox vollgequasselt und die Polizei gerufen…“jammerte ich den Tränen nahe. Es war los mit mir ich war doch sonst nicht so? Ash hielt mir den Mund zu und lächelte mich lieb an.
„Du kommst mit zu mir ist doch klar. Wir schreiben deinen Eltern eine SMS und dann ist alles wieder gut.“
Ich lehnte mich seufzend an ihn und er nahm mich noch fester in die Arme und streichelte mich.
„Du zitterst ja! Auf wir fahren jetzt nach Hause.“ Meinte er schließlich. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass ich zitterte und wollte schon protestieren, aber er drückte mich einfach auf den Beifahrer sitz und kam dann ums Auto herum und fuhr los.
Ich lehnte mich an die Scheibe und schaute heraus. Ich war noch nie bei Ash gewesen und freute mich drauf. Er wohnte etwas außerhalb, so dass die fahrt recht lange dauerte. Oder zumindest kam sie mir lange vor.
Dann standen wir endlich vor einem schönen, schlichten Haus. Im schwachen Licht konnte ich die Farbe nicht genau erkennen.
Ash parkte genau vor der Tür und half mir auszusteigen. Ich hatte wohl doch mehr getrunken, als gut für mich war. Ash hielt mich an der Hand fest, als er die Tür aufschloss.
„Kommst du auch mal nach Hause?“ rief da eine Stimme. Auf dem großen Sofa lag ein Mann, der aufsprang, als er mich sah.
„Was ist denn jetzt? Hat sie es rausgefunden? Oder konntest du dich nicht mehr zurück halten und hast …“ weiter kam er nicht, denn Ash war auf ihn losgegangen. Er sah richtig wütend aus.
Schnaufend kam er wieder zu mir und zog mich hinter sich die große Treppe hoch. Ich war froh, dass er mich fest hielt, das nur wenig Licht auf die Stufen fiel.
Wir gingen einen langen Flur entlang und er zog mich schließlich in ein Zimmer und machte das Licht an.
Ich war so müde, dass ich mich nicht einmal umsah. Ich Bemerkte nur das große Bett, das mitten im Zimmer stand. Ich ließ mich darauf fallen und schloss die Augen.
„Ähm…. Magst du dich nicht noch umziehen?“ hörte ich Ash fragen. Ach ja das könnte ich noch tun. Ich setzte mich auf und Ash warf mir ein großes T-Shirt zu. Seufzend stand ich auf, um mich umzuziehen. Auf einem Bein stehend, kämpfte ich mit dem Reisverschluss meines Stiefels, der nicht aufgehen wollte. Aber durch die Mischung zu viel Alkohol und Müdigkeit, hatte ich keinen guten Gleichgewichtssinn mehr und wäre hingefallen, wenn mich Ash nicht aufgefangen hätte. Er nahm mich in die Arme und drehte mich zu ihm um.
Sein Gesicht war voller Sorge. Um mich.! Wie süß schoss es mir durch den Kopf und sein Mund war leicht zu einem Schmollmund zusammengezogen. Er sah so süß aus, dass ich nicht länger nachdachte und ihn küsste. Von seinen Lippen schien Elektrizität durch meinen Körper zu fließen und hinterließ ein Kribbeln. Mit meinen Händen wanderte ich in seine Haare und zog ihn noch näher an mich heran.
„Sofie?... wir sollten…“ fing Ash an, aber ich ließ ihn den Satz nicht zu Ende führen. Ich wollte nicht hören, dass wir uns nicht küssen sollten. Es war viel zu schön um schon aufzuhören.
Ich biss leicht in seine Unterlippe und er seufzte und ergab sich. Seine Lippen bewegten sich mit meinen. Gott hatte er weiche Lippen, war alles, was ich noch denken konnte.
Nach einer gefühlten Ewigkeit, legte ich meinen Kopf an seine Schulter. Er streichelte meinen Rücken, vergrub seinen Kopf in meinen Haaren und flüsterte meinen Namen. Ich wünschte mir, Die Zeit würde stehen bleiben, so dass dieser Moment niemals verging. Ich wollte für immer in seinen Armen liegen und seinen Atem auf meinem Hals spüren.
Aber ich war müde und mir fielen fast im stehen die Augen zu. Schweren Herzens begann ich mich umzuziehen. Ash schaltete das Licht aus und kroch zu mir unter die Decke. Er legte seine Arme um mich und ich bette meinen Kopf auf seiner Brust. Ich konnte sein Herzen schlagen hören. Es schlug noch immer etwas schneller als gewöhnlich und das freute mich. Wenn sein Herz schneller schlug, wenn ich ihn küsste, so musste es ihm auch etwas bedeuten folgerte ich.
Glücklich und vollkommen zufrieden mit der Welt schloss ich die Augen. Ich spürte noch wie er mir einer seiner Hände über meine Wange strich. Immer und immer wieder, bis ich einschlief.
Am nächsten Morgen versuchte ich mit aller Kraft nicht aufzuwachen, da ich davon überzeugt war, ich hätte alles nur geträumt. Doch dann spürte ich Ashs Arm, der noch immer um mich geschlungen war. Ich legte mich wieder auf seine Brust und döste noch einige Zeit weiter.
„Sofie? Deine Mutter ist am Telefon und möchte dich sprechen.“ Ich riss die Augen auf. Vor mir stand ein Mädchen, wahrscheinlich 16 oder 17 Jahre alt und hielt mir ein schnurloses Telefon hin.
„Sie meinte, dass heute deine Verwandten angekommen sind und du sie eigentlich mit abholen solltest. Meine Mutter hat schon geklärt, dass sie dich nach Hause fährt.“
„Danke“ meinte ich etwas kleinlaut. Ich nahm das Telefon, überzeugt davon eine Strafpredigt zu hören und wurde überrascht.
„Hallo, mein Schatz. Ich habe mit Amelie ausgemacht, dass sie dich in einer halben Stunde fährt. Also steh endlich auf und iss noch etwas bevor du kommst.“ Wer war Amelie? Ich war davon überzeugt keine Amelie zu kennen, aber versprach meiner Mutter mich sofort fertig zu machen.
Wie konnte ich das nur vergessen? Meine lieblings Tante und ihr Mann wollten heute kommen. Ich hatte mich schon die ganze Woche darauf gefreut und jetzt? Hatte ich sie verpasst.
Ich gab dem Mädchen das Telefon zurück und bedankte mich. Ich seufzte tief und stand auf. Das Mädchen wahrscheinlich Ashs Schwester, verließ das Zimmer. Sie sah ihm nicht ähnlich.
Sie hatte rabenschwarze Haare und hellblaue Augen.. Sie war recht klein, aber auch Ash war nicht der Größte. Natürlich nur auf die Körpergröße bezogen. Er war ein toller Mensch.
Langsam suchte ich meine Sachen zusammen und zog mich an und legte mich dann noch einmal kurz neben Ash. Es war so gemütlich, dass ich am liebsten hier geblieben wäre.
Ich drehte mich auf die Seite und küsste ihn zum Abschied auf die Wange. Er grummelte kurz und drehte sich zu mir, doch er war nicht aufgewacht. Seine Arme umschlossen mich und mir wurde ganz warm, als ich hörte, wie er meinen Namen vor sich hin murmelte. Im Schlaf!
Langsam schlüpfte ich aus seinen Armen. Ich sollte ihm einen Brief schreiben, damit er sich keine Sorgen macht, wenn er aufwacht. Nicht dass er denkt ich würde es bereuen, denn das tat ich nicht. Überhaupt nicht.
Ich sah mich um und sah auf seinem Schreibtisch einen Block liegen, riss ein Blatt heraus und begann zu schreiben:
Guten Morgen mein Sonnenschein
Musste leider schon früh gehen, meine Verwandten kommen uns besuchen. Ich wäre gerne noch geblieben. Ich rufe dich später an.
In Liebe
Sofie
Dann machte ich mich auf den Weg nach unten.
Tag der Veröffentlichung: 22.08.2010
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