Mein Name ist Manuel Richtenhofer, ich bin 16 Jahre alt und bin seit 3 Jahren ein Emo. Ich wohne zusammen mit meiner Mutter im Inneren von Berlin in einer Sozialwohnung. Meine Mutter hat keine Lust arbeiten zu gehen, deswegen reicht es nur für eine kleine 2-Zimmer-Wohnung im 30.Stock eines Hochhauses in Berlin Mitte. Meine Mutter und ich sind gebürtige Spanier, mein Vater ist nach meiner Geburt abgehauen, meine Mutter ist dem Alkohol verfallen. Letztenendes hat meine Mutter als ich 8 Jahre alt war, beschlossen, aus Spanien auszuwandern und nach Deutschland zu ziehen, damit sie ein neues Leben beginnen kann. Doch es wurde nur noch schlimmer, vor allen mit ihrem Alkoholproblemen. Und wenn sie besoffen ist, kriege ich alles ab, es ist wie ein Todeskreis. Wenn sie richtig betrunken ist, schlägt sie nach mir und wirft mir Gegenstände an den Kopf. Ich bin in der Schule ein Mobbingopfer, größtenteils wegen meiner Mutter. Ich hatte noch nie in meinem Leben eine Freundin und ich habe immernoch meine Unschuld. Doch das heißt nicht, dass ich keine Gefühle für jemanden hege. Ich habe sehr wohl Gefühle für ein Mädchen, sie geht zusammen mit mir in die 10. Klasse des Gymnasiums. Doch dieses Mädchen ist der Schwarm jedes Jungen auf meiner Schule und noch dazu ist sie mit dem Mädchenschwarm der Schule zusammen, Felix Shikovski. Ein richtiger Macho, der mit den Mädchen spielt, als wären sie eine Barbie-Puppe. Ich kann es nicht mitansehen, wie er meine große Liebe Steffi, zunichte macht. Sie könnte es doch so viel besser bei mir haben...
Ein ganz normaler Montag Morgen, meine Mutter schläft auf der Couch mit dröhnendem Fernseher, ihren Rausch von letzter Nacht aus. Sie schnarcht, als würden drei Kettensägen Bäume fällen und spricht dabei. Immer wieder fällt der Name meines Vaters. Es macht ihr nach all den Jahren immernoch zu schaffen, dass er nach meiner Geburt einfach abgehauen ist. Daher auch der Alkoholkonsum meiner Mutter. An einen Entzug denkt sie erst gar nicht, jeden Versuch, den sie bis jetzt gestartet hatte, hielt nie länger als einen Monat, dann sagte sie immer, sie wäre trocken und ein paar Tage später ging der Todeskreis wieder von vorne los. Es interessiert sie nicht, dass ich es nicht mehr aushalte, wenn sie mit Gegenständen nach mir wirft und mich anschreit. Ich habe gelernt, gegen den Schmerz anzukämpfen doch manchmal gehen meine Gefühle mit mir durch und ich verziehe mich ins Badezimmer, zusammen mit einer Rasierklinge. Ich setze mich an den Badewannenrand und schneide mich. Mittlerweile ist der Schmerz erträglich, nicht mehr so stechend wie beim ersten Mal. Ich warte bis es aufhört zu bluten und verbinde meine frische Wunde mit einer Binde. Als ich die Tür zum Badezimmer wieder aufmache, ist meine Mutter wach. "Oh Manuel, ich habe solche Kopfschmerzen.", jammert sie wie jeden verdammten Tag. Ich habe mich nie getraut, ihr zu sagen, dass sie aufhören soll zu jammern, ich wusste nie, wie sie reagieren würde. Doch heute war mir alles egal. "Dann hör auf zu Saufen und du wirst keine Kopfschmerzen mehr haben!", schrie ich sie an. "Wie redest du mit deiner Mutter?!"; schreit sie zurück. "Ich rede so mit meiner Mutter, wie sie sich verhält!"
Dieser Streit endet damit, dass sie mir einen Topf gegen den Kopf donnert, der mich nach hinten taumeln lässt. Fast wäre ich mit dem Kopf an die offene Schranktür gefallen, die meine Mutter aufgemacht hatte, um den Topf herauszuholen. Sie würde sicherlich nichtmal bemerken, dass ich mir wegen ihr selber wehtue. Und selbst wenn, sie würde mich für verrückt oder durchgeknallt abstempeln, doch was sie war, das war ihr egal. Und dass ich mir für sie in der Schule schämte, wegen ihr keinerlei Freunde hatte, auch das war ihr egal. Für sie gab es nur die Wodka-Flasche und den Fernseher. Nichtmal ihr Essen konnte sie sich selber machen, meine Mutter wusste noch nichtmal was Kochen überhaupt heißt. Manchmal denke ich mir, sie hat die Kochutensilien nur, damit sie etwas hat, was sie mir an den Kopf werfen kann, wenn ich nicht nach ihrer Pfeife tanze. Disco-gehen wie die anderen Jungs aus meiner Klasse ist tabu, meine Mutter lässt mich nicht raus, sie sagt, ich hätte genug damit zu tun, für die Schule zu lernen. Klar, lerne ich für die Schule, aber vielleicht habe ich auch deswegen keinen einzigen Freund, weil ich wie die Anderen aus der Reihe tanze. Ich wünsche mir so sehr, endlich dazugehören zu können, aber das werde ich wahrscheinlich nie tun. Ich würde für den Rest meines Lebens ein Außenseiter bleiben und Single. Dabei habe ich mein Herz bereits verschenkt.
Nachdem ich mich von meiner morgentlichen Trachtprügel ein wenig erholt hatte, schaute ich auf die Uhr. Die Zeiger schwammen immernoch ein wenig vor meinen Augen, sodass ich eine zeitlang brauchte, um die Uhrzeit ablesen zu können. Ich hatte noch eine dreiviertel Stunde Zeit, bis die Schule anfing. Ich wohnte 20 Minuten von der Schule entfernt, mit dem Fahrrad war ich am Schnellsten. Ich schmierte mir ein Brot für die Schule und eins zum Frühstücken. ich schlang es förmlich hinunter, ich wollte einfach nur weg von zu Hause. Schon oft war ich kurz davor gewesen auszuziehen, doch ich wusste nicht wohin ich gehen sollte. Deswegen nahm ich das Prozedere wohl oder übel jeden verdammten Tag auf mich. Auch wenn es in der Schule für mich nicht besser war, es war überall besser wie hier zu Hause. Deswegen aß ich mein Brot besonders schnell, schnappte mir dann meinen Rucksack und schmiss deutlich hörbar die Haustüre hinter mir zu. Bestimmt hatte dieses Geräusch meiner Mutter auch Kopfschmerzen bereitet. Wenn sie weiter sich so viele Schmerztabletten gegen ihre Schmerzen reinpfeift, dann wird sie auch noch Tablettenabhängig, das fehlte gerade noch. Ich wünschte mir oft meinen Vater wieder her, einmal war ich sogar kurz davor, Kontakt aufzunehmen und ihn auf eigene Faust zu suchen, daraus wurde allerdings nie etwas, mir fehlte es an nötigen Kleingeld. Und dass hatten wir leider nicht.
Ich stellte mein Fahrrad in einen Fahrradständer bei der Schule, nachdem ich mich mal wieder durch den morgentlichen Verkehr in Berlin durchgedrängelt hatte. Mir hatten mindestens 10 Autos hinterhergehupt, doch es war mir egal. Schließlich musste ich pünktlich kommen, oder es würde einen Verweis hageln und die Reaktion meiner Mutter auf so einen blauen Brief bei uns zu Hause, daran wollte ich gar nicht erst denken, mir würde ein kalter Schauer über den Rücken laufen. Garantiert würde sie mich mit ihrem Kochtopf grün und blau schlagen, sodass ich ins Krankenhaus muss. Nein danke, dann doch lieber 10 hupende Autos. "Hey Schwachmat, gerade noch pünklich, wat?!", schrie mir unser Klassenclown Alex ins Gesicht, als ich zwei Minuten vor Gong das Klassenzimmer betrat. Ich traute mich nichts zu sagen, Alex hatte viele Schlägerfreunde, also setzte ich mich still auf meinen Platz. Wir hatten Einzelplätze, wie in der Higschool in Amerika, vor mir saß sie: das wunderschönste Mädchen der Schule, dem mein Herz gehörte. Ich konnte ihr nicht in ihr wunderbar schönes, makelloses Gesicht schauen, ohne dabei den Verstand zu verlieren. Ich schaute auf den Boden, als ich zu meinem Platz ging. Sie roch heute wieder unwiderstehlich nach Rose. Hatte sie ein neues Parfüm? Wie konnte so ein zauberhaftes Mädchen mit so einem Macho wie Felix zusammensein? Wie konnte man einem so wunderschönen Mädchen nur etwas vorlügen? Hinter mir saß Julian, der beliebteste Junge aus unserer Klasse. Um ihn rissen sich die Mädchen der Klasse, nur um mich kümmerte sich keiner. Und dass schon seit der 7. Klasse. In der ersten Stunde hatten wir Deutsch, Deutsch war nicht meine Stärke, verständlich als gebürtiger Spanier. Dafür war meine große Liebe Steffi perfekt in Deutsch, und dass war sie nicht nur in Deutsch, ihr Zeugnis hätte ich gerne gehabt, lauter einsen. Über mein Zeugnis konnte ich mich auch nicht beklagen, doch meine Mutter hatte mir beim letzten Jahreszeugnis wieder eins übergebraten. Ihr konnte man es nie rechtmachen. Aber was meine Mutter von meinem Zeugnis hielt war mir völlig egal, ich wollte nach dem Schulabschluss Medizin oder Jura studieren und ich würde es durchziehen bis zum bitteren Ende und meine Mutter konnte mich nicht umstimmen. Vielleicht würde ich mich irgendwann in meinem Leben nochmal neu verlieben, doch im Moment war das nicht möglich, mein Herz hing zu stark an Steffi. Und dabei wollte ich es auch bis zum Rest meines Lebens belassen, auch wenn ich, als Emo, sowieso keine Chance bei ihr hatte, das war mir klar. Doch jeder Mensch hat Träume. Und ich würde meinen Traum leben, denn ich würde die Hoffnung nie aufgeben, niemals in meinem Leben. Irgendwann erreiche ich was ich will.
In der großen Pause konnten wir uns etwas in der Cafeteria kaufen. Für mich war das die Schlimmste Zeit der Schule, denn keiner wollte, dass ich neben ihm sitze, wieso auch? Ich bin ja bloß ein dummer Emo ohne Gefühle. Auf meinen Gefühlen kann man ja rumtrampeln. Ich stellte mich mit meinem Tablett an und wartete. Ich hoffte, dass ich möglichst lange anstehen musste, aber leider kam ich zu schnell dran. Da stand ich nun mit meinem Tablett und wusste nicht wohin. Da saß sie... Steffi, zusammen mit Felix. Als Felix Steffi küsste, stach es in meiner Brust. Ich ging langsam mit meinem Tablett durch die Reihen und zog unfreundliche, verabscheuende Blicke auf mich. Wie hasste ich dieses Gefühl, von jedem angeglotzt zu werden, sicherlich würden sie alle am Liebsten auf mich losgehen, so, wie sie es nach der Schule immer machten. Dann schubsten sie mich durch die Gegend oder traten mir kräftig in meine Bauchgegend. Einmal musste ich mich übergeben, so stark hatte mir Alex damals in den Bauch getreten. Er hatte gesagt, wenn ich auf die Idee käme, zum Direktor zu gehen, würde mir noch schlimmeres drohen, das wollte ich auf keinen Fall, deswegen behielt ich es mein lebenlang für mich. Nur Steffi hatte es damals gesehen und hatte sich an ihren Felix geschmiegt, während mich die Anderen verprügelt hatten. Sie wollten mit ihrer Stärke und ihrem Mut bei Steffi landen, dabei wusste ich genau, dass Steffi, die Schönheit in Person, nicht auf solche abartigen Menschen stand. Fast jeden Mittag wurde ich zusammengeschlagen, einmal wäre ich fast im Krankenhaus gelandet, hätte mir nicht ein anderer Schüler damals geholfen. Damals dachte ich, er und ich könnten Freunde werden, doch 2 Wochen später zog er weg aus Berlin und wieder stand ich alleine da, all meine Hoffnungen auf einen Freund waren auf einmal wieder weggeblasen wie der Wind die Blätter im Herbst. Vielleicht war ich ja ein solches Blatt, vielleicht zog es mich nach dem Schulabschluss in eine andere Stadt und vielleicht könnte ich in dieser neuen Stadt endlich glücklich werden. Vielleicht würde ich ja zurück nach Madrid gehen, da, wo ich herkam. Denn da ging es mir eigentlich recht gut.
"Hey Schwachmat! Komm ja nich auf die spastige Idee dich hierher zu hocken! Dieser Platz muss nich verpestet werden!", schrie mir schon jemand von weitem zu. Wie hasste ich diese Tage, in der Schule essen zu müssen! Letzenendes führte mich der Weg ins Jungen-WC. Dort, wo ich eigentlich immer essen musste, weil keiner wollte, dass ich neben einem saß. Anders war ich es nicht gewohnt.
Nach der Schule, bekam ich schwitzige Hände, ich hatte Angst, wieder verprügelt zu werden. Draußen stand Alex. In der hintersten Ecke des Pausenhofes standen Steffi und Felix, Händchenhaltend und rumfummelnd. Einfach widerlich, wie Felix mit seinen Händen an Steffi rumfummelt, aber ihr scheints ja zu gefallen. Schnurstracks ging ich zu meinem Fahrrad, als mich plötzlich jemand von hinten an meinen Kragen packte und mich unsanft umdrehte. Es war Nico, einer der Schlägerfreunde von Alex. Ich bekam noch mehr Angst und meine Hände schienen davonlaufen zu wollen, so feucht wurden sie beim Anblick Nicos. "Naa, fahren wir wieder zu deiner Saufmutter?", fragte er und schaute mich böse an. "Nein!", schrie ich. "Haben wir etwa eine Freundin?", fragte Alex, als er auf mich zukam. "Selbst wenn, es geht euch nen Dreck an wohin ich gehe!" Ich schrie immernoch. Vielleicht wollte ich damit erreichen, dass ich Aufsehen erregte und mich jemand aus den Klauen dieses Schlägers befreien würde, oder, dass Steffi mich anschauen würde. Aber die war zusehr damit beschäftigt, sich pervers befummeln zu lassen. Ich habe mir nie viele Gedanken darüber gemacht, wie andere mich fanden, ob sie mich wegen meinem Äußeren nicht mochten oder wegen irgendetwas anderem. Aber irgendwo in dieser beschissenen Welt würde es doch ein Mädchen geben, dass sich in einen Emo wie mich verlieben kann, oder? Jeder findet irgendwann die große Liebe, aber für den Anfang wären mir auch schon ein paar Freunde recht, die würden mich jetzt sicherlich vor diesem ekligen Typen retten. Doch heute tat es keiner, ich blieb weiter stur. Ich war immernoch der Meinung, dass es diese Typen einen Dreck anging, wo ich hinwollte. Klar musste ich nach Hause fahren um nach meiner Mutter zu schauen, die sich garantiert schon wieder die Rübe zugesoffen hatte und mindestens 1 Promille im Blut hatte, doch ich sagte nichts. Ich ließ mir Tritte und Schläge in den Bauch, das Gesicht und die Rippen geben und hoffte, dass sie bald von mir ablassen würden. Der Schmerz war unbeschreiblich, es stach mir überall. Mir wurde schwarz vor Augen und ich sank zu Boden, dann erinnerte ich mich an gar nichts mehr...
Ich wusste nicht, wie lange ich bewusstlos gewesen war, ich schlug langsam die Augen auf und blinzelte ein paar Mal. Ich sah über mir eine Neonlampe und rechts und links und vor mir sah ich weiße, kahle Wände. Das konnte nicht mein zu Hause sein, wir hatten weder eine Neonlampe, noch hatten wir so große Wände. Wo war ich hier? Ich hatte die Augen halb geschlossen, mich blendete das Licht über mir. "Hallo? Herr Richtenhofer, können sie mich hören?", fragte eine Stimme mich. Ich sah verschwommen, dass jemand über meinem Gesicht gebeugt war. Die Stimme drang dumpf in meine Ohren, doch ich nickte langsam und kurz. Das Nicken verursachte bei mir einen stechenden Schmerz in meinem Kopf, sodass ich schnell wieder aufhörte zu Nicken. Ich wollte auf keinen Fall die Augen aufschlagen, das Licht blendete so. Ich wollte nie wieder aufwachen. "Machen sie das Licht aus.", sagte ich leise, doch der Körper, der immernoch über meinem Gesicht gebeugt war und zu dem sicherlich auch die dumpfe Stimme gehörte, schaltete das blendende Licht aus. Jetzt schlag endlich die Augen auf!, rief ich mir selber zu, doch ich war zu schwach. Ich wollte endlich sehen, wer über mich gebeugt war. "Wie geht es ihnen?", fragte die Stimme. "Es ging mir schon besser. Wer sind sie?", fragte ich fast flüsternd und ich hatte gedacht, dass die Stimme mich nicht verstehen würde, so leise sprach ich. "Ich bin Doktor Schubert." Ein Arzt? Wie komme ich an einen Arzt? Jetzt wollte ich die Augen doch aufreißen, es kostete mich einige Überwindungen bis ich die Augen offen hatte, doch ich sah den Körper zu dem die Stimme gehörte jetzt ganz klar. Es war ein Mann, mitte 40, kurze, braune Haare. Er trug eine weiße Hose, ein weißes T-Shirt und einen Kittel darüber, auf dem sein Name stand. Ein Outfit, wie Ärzte in Krankenhäusern trugen. "Wo bin ich?", fragte ich benommen. Mir tat alles weh und ich konnte noch nicht einmal beschreiben, wo es mir genau wehtat. Es zog und schmerzte einfach überall, noch schlimmer, als das erste Mal, als die Rasierklinge in meine Haut eingedrungen war. Damals dachte ich, einen stärkeren Schmerz gäbe es nicht, doch jetzt weiß ich, dass ich mich grundlegend geirrt habe. Es gibt Schmerzen die schlimmer sind, doch damit meinte ich nicht meine körperlichen Schmerzen, sondern meine Seelischen. Wie konnte Steffi sich nur dem Schleimer Felix einlassen? Was fand sie so anziehend an ihm? Ich konnte mir das nicht erklären. Wie konnte man sich in so einen Schleimer nur verlieben? Bei dem Gedanken an Steffi, stach es in meiner Brust. "Geht es ihnen gut?", fragte mich der Arzt und ich nickte benebelt. "Wann kann ich nach Hause?", fragte ich. Der Arzt lachte kurz auf. "Man hat sie gerade erst eingeliefert, sie können froh sein, wenn sie nächste Woche rauskommen, so wie man sie verprügelt hat." Nächste Woche? Nein, das durfte nicht sein, ich wollte Steffi wiedersehen, ich wollte wieder ein Glücksgefühl in mir haben. Ein Gefühl, dass größer war, dass man es gar nicht mehr beschreiben konnte. Ein Gefühl von Beliebtheit. "Gibt es hier jemanden, mit dem ich reden kann?", fragte ich. "Wir haben hier eine Psychologin, vielleicht hilft die ihnen, wenn sie etwas auf dem Herzen haben.", sagte der Arzt und lächelte mich an. Ich konnte jetzt nich lächeln, ich wollte einfach über meine Gefühle reden. Ich wollte und konnte sie nicht weiter in mich reinfressen, die ganze Welt sollte wissen, wie sehr ich Steffi liebte. Ich nickte. "Ich werde gleich bescheid sagen.", sagte der Arzt und ging aus dem Zimmer.
Eine Stunde später klopfte es an meiner Tür. Eine Frau kam herein, sie sah nett aus, das musste die Psychologin sein. Ich versuchte ihr Namensschild zu lesen, aber es schwamm nur vor meinen Augen. "Sie wollten mit mir reden.", sagte die Frau nett. Sie holte sich einen Stuhl und setzte sich neben mich. "Ich wollte mit ihnen reden, weil ich ihren Rat brauche.", sagte ich. "Dann erzählen sie mal." Ich fing an zu erzählen, über meine Gefühle, über meine Ängste gegenüber Felix und Alex und seinen Freunden und darüber, dass ich keine Ahnung hatte, wie ich weitermachen sollte, weil ich bald daran verbrach, an Steffis Liebe zu Felix. "Sie müssen sich den Ängsten gegenüber dem Freund ihres Schwarms stellen, sie müssen um ihre große Liebe kämpfen und wenn sie stark genug sind, dann werden sie das auch schaffen, sie müssen an sich selber glauben. Sprechen sie doch das Mädchen ihrer Träume einfach mal an, ich bin mir sicher, dass sie sie nicht abweisen wird, so einen netten Jungen wie sie. Versuchen sie ihr Glück und wenn sie sie wirklich abweist, dann machen sie sich nichts draus, trauern sie ihr nicht lange hinterher, sondern kämpfen sie weiter, sie muss merken, dass sie nicht so einfach aufgeben. Das wollen sie doch nicht, oder?" Ich schüttelte den Kopf. Diese Frau hatte wirklich Recht. Ich wollte Steffi, ich wollte sie wie nichts anderes auf dieser Welt. Sobald ich hier rauskam, würde ich alles dafür tun, damit Steffis Blicke sich auf mich wendeten. So hässlich konnte ich nicht sein, auch wenn ich selber an mir zweifelte. Als hätte die Frau meine Gedanken gelesen sagte sie: "Und hören sie auf an sich selber zu zweifeln, jeder ist wunderbar, egal wie er aussieht. Außerdem mögen Mädchen es nicht, wenn man selber über sich zweifelt, das dürfen nur sie." Sie zwinkerte als sie das sagte. "Danke", brachte ich mühsam heraus. Sie hatte Recht. Die Frau verabschiedete sich und ich fiel in einen langen Schlaf. Ich träumte von Steffi, wie ich mit ihr zusammen an einem See lag und sie küsste, auf ihre unwiderstehlich weichen Lippen. "Herr Richtenhofer?", weckte mich eine Stimme. Es war eine männliche Stimme. "Ja?", fragte ich benommen. Ich war sauer, dass man mich aus meinem wunderschönen Traum gerissen hatte, gerade, als Steffi meine Lippen berührte. Dann sah ich aber, dass es der Arzt von vorhin war. Wie lange hatte ich geschlafen? "Wir haben eine gute Nachricht für sie.", sagte er und lächelte. "Dann schießen sie mal los." Ich konnte es gar nicht erwarten, endlich eine erfreuliche Nachricht zu hören, ich hatte ja nich oft etwas, worüber ich mich freuen konnte. "Sie können morgen nach Hause. Ihre Prellungen sind sehr gut verheilt, sie werden nur eine zeitlang noch ein paar blaue Flecken haben." "Damit kann ich leben.", sagte ich und musste plötzlich auch lächeln. Ich war froh, endlich entlassen werden zu können und mich an meine Mission zu machen. Ich konnte es nicht mehr erwarten, meine Sachen zu packen, doch dann sprang die Realität wieder zurück in mein Leben. Meine Mutter, Alex, Felix und die Freunde von Alex, wegen denen ich hier drinnen lag. Sie würden nie aufhören mich fertig zu machen. Erst, wenn sie hatten was sie wollten, dass ich die Schule wechsel und aus der Stadt ziehe, aber das würde ich niemals tun, nicht, solange Steffi nicht meine Freundin war und sie dazu bereit war, mit mir wegzugehen. Vielleicht würde ich das ja nie erreichen, aber träumen durfte doch jeder. Ich beschloss, keine Angst mehr vor den Jungs zu haben und meine Mission zu erfüllen, denn nur das zählte. Für mich zählte nur Steffi und nichts anderes. Ich wollte Steffi, als würde ich um jeden Preis um sie kämpfen, solange, bis ich sie hatte. "Wie lange hab ich geschlafen?", fragte ich den Arzt jetzt doch, ich war zu neugierig gewesen um nicht wissen zu wollen, wie lange ich in diesem wunderschönen Traum gelebt hatte. "Fast den ganzen Tag. Es ist schon abends um 10.", sagte der Arzt und ich traute meinen Ohren nicht. Als ich das letzte mal auf die Uhr geschaut hatte, war es drei Uhr nachmittags gewesen und jetzt war es schon Abend? Ich hatte noch nie so lange geschlafen wie heute, lag das an meinen Verletzungen, oder daran, dass ich noch nie so einen wunderschönen Traum hatte wie heute, weil mich immer die Ängste an den nächsten Tag geplagt hatten?
Am nächsten Tag packte ich meine Sachen zusammen, es waren nicht viele, deswegen war ich beizeiten fertig mit packen. Ich wartete noch die Visite ab und verließ dann das Krankenhaus. Ich hatte Angst, wieder in die Schule zu gehen, aber die Angst war erträglich wenn ich an Steffi dachte. Morgen würde ich anfangen, es konnte mir nie schnell genug gehen, wenn es um meine geliebte Steffi ging. Für sie würde ich sogar die Prügeleien ihres Ach so Tollen Felix hinnehmen, alles war erträglicher, wie die Liebe zu Steffi.
"Ich bin wieder zu Hause.", rief ich, als ich die Wohnungstür einschloss. Ich bezweifelte, dass meine Mutter mich vermisst hatte. "Komm ins Wohnzimmer du Bastard!", schrie sie. Ich wusste, was jetzt kommen würde. Ich ging langsam rein, meine Mutter ging mir doch sonstwo vorbei, solange sie so weitersoff. "Wo warst du zwei Tage lang?!", schrie sie mich an und ich zuckte kurz zusammen, ließ mir aber nichts anmerken. "Wenn dus genau wissen willst,ich lag im Krankenhaus! Ich hatte gehofft, du würdest mich im Empfang nehmen wie eine normale Mutter ihren Sohn wenn er aus einem Krankenhaus entlassen wird! Aber du kriegst ja noch nichtmal ein Wie gehts dir Manuel raus! Ist das zu viel verlangt?! Ich hasse dich!", schrie ich. Sie knallte mir einer binnen einer Sekunde. Es war mir so egal. "Was tust du im Krankenhaus?! Du weißt genau, dass wir uns das nicht leisten können!" "Und was soll ich machen, wenn ich wegen meiner versoffenen Mutter zusammengeschlagen werde?! Kannst du mir das mal verraten, statts mir die Ohren vollzujammern? Wir könnten uns so viel mehr leisten, wenn du endlich arbeiten gehen würdest, aber dafür bist du ja zu faul und du müsstest deinen Freund den Alkohol zuhause lassen, aber das kriegst du ja nicht auf die Reihe!" Das war alles schon so lange überfällig gewesen und jetzt, wo ich meiner Mutter die Meinung geigte, ging es mir gleich viel besser wie die Jahre davor. Ich merkte, wie sich meine Augen mit Tränen füllten, und das nur, weil meine Mutter mich wie den feuchten Dreck behandelte. "Du interessierst dich ja nichtmal dafür, dass ich meine große Liebe gefunden habe, aber die wegen dir nichts von mir wissen möchte!" Jetzt weinte ich wirklich. Ich drehte mich schnell um, damit meine Mutter meine Tränen, die jetzt überflossen, nicht sehen konnte. Dann ging ich in mein Zimmer und schmiss die Tür hinter mir zu. Ich wollte sie nicht mehr sehen, nie wieder in meinem Leben. Heute war wieder so ein Tag, andem ich mir Gedanken machte, ob es nicht wirklich besser wäre, wenn ich mich umbringen würde. Wer würde mich hier vermissen, ich hatte ja noch nichtmal Freunde? Meiner Mutter würde es vielleicht noch nichtmal bemerken, wenn ich irgendwann nicht mehr nach Hause kam. Sie war glücklich wenn ihr Alkohol neben ihr stand, das wars dann aber auch. Ich hatte schrecklichen Liebeskummer, ich hatte keinen Bock mehr darauf, noch weiter zu leben. Ich würde mich umbringen, und daran würde auch Steffi nichts ändern können, mein Entschluss stand fest...
Ich hatte mir lange eingeredet, dass es doch sicherlich noch einen Ausweg geben würde, ohne, dass man gleich das Handtuch schmeißen muss. Ich hatte lange, viele Gedankengänge versucht mir einzureden, doch ich war immer auf das gleiche Ergebnis gekommen: Ich stand alleine da und keiner würde mich vermissen. Also stand mein Entschluss weiter fest, umbringen war die einzige Möglichkeit endlich glücklich werden zu können. Steffi würde ihren Felix nie wegen einem sensiblen, an selbstmorddenkenden Emo verlassen. Soviel stand fest. Was sollte ich bloß tun?
Ich schlief mit Tränen in den Augen ein, so wie fast jeden Tag, wenn ich mich mal wieder mit meiner Mutter gestritten hatte. Es tat mir weh, dass sie nicht so war, wie andere Mütter. Wieso konnte sie nicht einfach so sein, wie ich sie mir wünsche? Ich schaltete gerade das Licht aus, als es an meiner Tür klopfte, das erste Mal seit ich hier wohnte. Träumte ich? Nein, es klopfte wieder. Ich setze mich auf und rief Herein. Meine Mutter kam langsam ins Zimmer. "Darf ich rein?", fragte sie und sie klang das erste Mal ehrlich und traurig. Ihre Augen waren rot unterlaufen, hatte sie auch geweint? "Können wir reden?", fragte sie. Sie war irgendwie anders. Hatte sie endlich kapiert, dass es so nicht weitergehen konnte? Ich nickte. "Ich habe viel falsch gemacht, schon seit deiner Geburt. Ich weiß, ich habe dir sehr wehgetan, aber das mit deinem Vater geht mir sehr nahe. Du musst mich verstehen." Jaa na klar musste ich das, ich muss immer alle verstehen, aber versteht mich jemand? Ich hatte bis eben die Hoffnung gehabt, dass meine Mutter kapiert hatte dass sie MIR wehgetan hatte, nicht ich ihr. Klar, habe ich auch meinen Teil dazu beigetragen dass sie so geworden ist, aber sie ist der Hauptgrund. Es war mir sonnenklar gewesen, dass sie es auf meinen Vater schob, sie sah nie ihre Fehler ein. Ich schmiss sie aus meinem Zimmer und schmiss mich erneut weinend aufs Bett. Mein Entschluss stand weiterhin fest, ich würde mich umbringen, gleich morgen vor der Schule. Es konnte so nicht mehr weitergehen und so wollte ich auch nicht, dass es weiterging. Ich hatte auf alles keinen Bock mehr. Dann schnappte ich mir immernoch schluchzend Papier und Stift und schrieb einen Abschiedsbrief. Er würde für Steffi sein, auch wenn ich nicht wusste, wie sie ihn je lesen würde.
"Liebe Steffi,
ich weiß, du kennst mich, auch wenn wir nicht so viel Kontakt zueinander haben. Ich sitze hinterdir. Ich glaube, ich bin dir noch nie so aufgefallen weil ich ein Außenseiter bin, aber du musst mir glauben, dass ich das nicht freiwillig bin. Ich werde ständig von Alex und seinen Freunden zusammengeschlagen und ich liebe dich... Ich weiß, dass es plötzlich kommt und ich wollte es dir schon viel länger sagen, aber du warst für jemanden wie mich immer unerreichbar und du hattest ja auch Felix. Gegen Felix hätte ich sowieso keine Chance, damit wollte ich mich abfinden. Dann haben mich Alex Freunde krankenhausreif geschlagen, im Krankenhaus hatte ich viel Gelegenheit nachzudenken, ich wollte um dich kämpfen. Doch nun habe ich einen Entschluss gefasst. Er fiel mir nicht leicht, doch da ich weiß, dass ich für dich nur Luft bin, werde ich mich umbringen. Es ist nicht nur wegen dir, es ist auch wegen meiner Mutter. Sie hat ein Alkoholproblem. Ach wie gerne hätte ich dir das alles irgendwann persöhnlich gesagt... Du bist für mich alles Steffi und das wirst du auch für immer bleiben, auch wenn ich nicht mehr da sein werde, du bist und bleibst für mich meine große Liebe. Ich weiß, vielleicht denkst du dir jetzt, oh mein Gott, der spinnt doch, aber naja, das denkt jeder. Ich werde mich morgen vor der Schule von der Nikolaibrücke stürzen, weil ich weiß, dass das Wasser da sehr niedrig ist... Ich weiß nicht wieso ich dir das alles sage, jetzt, wo es eh zu spät ist. Es tut mir leid Steffi...
Manuel"
Ich packte den Brief in einen Briefumschlag und schrieb Steffis Namen darauf. Vielleicht würde ihn jemand für mich geben, wer auch immer das sein sollte, mich kannte ja noch nichtmal jemand. Dann schlief ich ein.
Am nächsten Morgen wachte ich extra früh auf, ich hoffte, dass meine Mutter wieder ihren Rausch ausschlafen würde, dann bekam sie nie etwas mit. Leise schlich ich mich aus der Wohnung, den Brief für Steffi lies ich auf meinem Nachtkasten zurück. Es war noch nicht sehr hell und ich hatte ein bisschen Angst so früh am Morgen durch Berlin zu gehen, doch alles war besser, als mir das noch weiter anzutuen.
Da stand ich nun, die Brücke war sehr hoch, und normalerweise fuhren hier sehr viele Autos lang, doch nicht jetzt um diese eigentlich vertrottelte Zeit. Jetzt war alles ruhig. Ich zitterte ein wenig, als ich mich auf die Brüstung stellte und in das schwarze Wasser der Elbe schauen konnte. Ich hatte Angst, vor dem was mich erwarten würde. Angst, alles zu verlieren, was mir lieb war. Dennoch lies ich die Brüstung los, das schwarze Wasser stürtzte binnen Sekunden auf mich zu und ich fiel. Um mich herum wurde alles dunkel...
4. Kapitel - Steffis Sicht
Er war mir nie sehr aufgefallen, dieser Manuel, der hinter mir in der Schule saß, doch ich fühlte mich von ihm immer beobachtet, egal wo ich war, immer fühlte ich mich unwohl. Selbst dann noch, als ich mich in die Arme meines Felix schmiegte und seine weichen Lippen meine trafen. Heute war Manuel nicht da. Er war eigentlich nie krank gewesen, das war mir aufgefallen. Sein Platz war noch nie leer gewesen. Aber auch den Stärksten erwischte mal die Grippe. "Guten Morgen!", rief unser Mathelehrer, Herr Dommerschmitt. Ich hasste diesen Mann, vor ein paar Jahren musste ich in der ersten Reihe sitzen, es war die Hölle. Dieser Mann spuckt wenn er redet. Einmal hatte er mein Heft getroffen, dafür hasste ich ihn heute noch. Ich habe mir danach natürlich gleich ein neues gekauft, das hätte ich garantiert nichtmehr benutzt. "Wer ist heute krank?", fragte er die Klasse. Alle quatschten herum, auf den ollen Dommerschmitt hörte sowieso nie jemand. "WER IST HEUTE KRANK?!", schrie er jetzt und schmiss das Klassenbuch auf den Tisch. So hatte ich den ja noch nie erlebt. Ich zuckte zusammen. "Scheiße, jetz is mein Nagel abgebrochen."; fluchte ich, denn ich hatte mir gerade die Fingernägel gefeilt. Das konnte jetz echt nich wahrsein. "Der olle Manuel.", sagte ich, damit ich das möglichst schnell hintermir hatte und mich wieder meinen Fingernägel widmen konnte. "Nachname?" "Keine Ahnung man, stress mich nich so.", sagte ich. War mir doch egal der Nachname von diesem Außenseiter.
Texte: Der Text ist ausschließlich von mir verfasst worden! Er spiegelt mein Leben dar, kopieren und inhalte fälschen wird zur Anzeige gebracht!
Tag der Veröffentlichung: 26.02.2009
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
ich widme dieses Buch meiner großen Liebe, meinem Leben und allen, die es lesen und lieben!
Eurer Rickoo