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Über den Autor

Von Richard von Lenzano sind im BookRix-Verlag

bereits folgende eBooks erschienen:

 

 

 

 

2011 Suicid ist verdammt schwer

2011 Highlights/Spezialitäten  (Fotobuch)

2011 Hiroshima - Habt Ihr schon alles vergessen

2011 Natur bei Nacht  (Fotobuch)

2011 Erotisches zur Nacht

 

2012 Mein Lesebuch  (für Kinder)

2012 Ich werde Papst

 

2013 13 x muss sein  (Kurzgeschichten)

2013 Tränen meiner Seele

 

 

 

 

 

Richard von Lenzano wurde 1944 in Görlitz geboren.

Nach Schulausbildung erlernte er den Beruf des Bäckers,

bevor er dann 8 Jahre bei der Marine diente.

 

Danach wechselte er in den Dienst der Landespolizei

und wurde 2004 pensioniert.

 

Seine größten Hobbys sind Fotografieren und Schreiben,

sowie seine einzige Enkeltochter.

 

Er ist seit 1965 verheiratet und lebt mit seiner Famiien

an der Ostsee in Schleswig-Holstein.

 

 

 

 

Titel

Hürdenlauf

Prolog


Ich war jung. Ich war klein
Ich war frech und ungezogen -

aber ich war immer höflich
aber -  wie gesagt auch rotzfrech

und  -  das mit sechs Jahren!


Das war bezeichnend für meine Kinderjahre.


Wenn ich nun zurückblicke ist es doch interessant einen
Abriss über derzeit 75 Lebensjahre zu zeigen.

Viel Schnee ist gefallen und geschmolzen,
Menschen wurden geboren, sind gestorben.

Und genau deshalb will ich hier einen Abriss machen
weil es von der Psyche und der Physis her noch klappt.

Das kann sich schnell ändern -

das war meine Motivation.

Hürdenlauf ........

Auf der Flucht

 

 

 

Ich war nicht immer so, nein, ich glaube, ich war auch einmal anders, so normal wie Du und all die anderen.

 

Aber, normal bin ich doch heute auch noch, nur vielleicht etwas anders als andere? Wenn Krankheiten eine Person derartig verändern können, dann, ja dann bin ich unter Umständen etwas anders.

 

Angefangen hat alles mit meiner Geburt im Jahr 1944. Es war ein Jahr vor Kriegsende und um meine Geburtsstätte herum war totaler Krieg, es herrschte Chaos und – es fielen Bomben.

Von Osten her fluteten Soldaten der Roten Armee ins Land, überrannten Dörfer und Städte, und wüteten, vergewaltigten und plünderten, wie es vorher Teile unserer Armee im Osten ebenfalls gemacht hatten.

 

Wer konnte, floh zu Fuß, mit übervollen Leiterwagen oder voll bepackten Fahrrädern oder einfach mit Kinderwagen – unten einige Habseligkeiten und obenauf festgebunden das Kind oder auch mehrere.

 

 

Meine Mutter nutzte die Chance mit wirklich dem letzten Zug nach Westen zu flüchten. Es war nur ein Güterzug mit vielen Waggons. Als Güter waren hunderte Menschen an Bord, die Angst hatten und alle nach Westen drängten.

 

Den Kinderwagen, in dem ich mich befand, durfte meine Mutter mitnehmen, weil ich noch zu klein war. Viele andere Menschen mussten alles zurücklassen, bis auf das, was sie am Leib hatten oder tragen konnten.

 

Von Görlitz aus ging es langsam und quälerisch nach Westen, und die russischen Jäger machten sich einen Spaß daraus, den Güterzug zu jagen und zu beschießen. In und auf den Waggons herrschte Angst, und es gab viele Verluste. Es roch nach Angst, Schweiß und Exkrementen.

 

Unterwegs musste der Zug mehrfach wegen technischen Defekts anhalten und wurde notdürftig getarnt. Irgendwie hatte ich mir eine gefährliche Lungenentzündung eingehandelt, meine Mutter hielt mich schlapp und apathisch in ihren Armen, meine Chancen den Westen zu erreichen sanken stündlich.

 

Während eines technischen Stopps, trat eine Zigeunerin an meine Mutter heran und sagte zur ihr, sie möge mal mit aus dem Zug kommen.  Dort, neben den Bahngleisen floss ein kleiner Bach, der klares, aber fast eisiges Wasser führte.

 

Den folgenden Satz hat mir meine Mutter erst Jahrzehnte später erzählt, sie sagte:

 

Frau, da kaltes und gutes, gesundes Wasser. Wirf dein Kind rein, und hole es wieder raus. Wenn es das überlebt, wird es schnell gesund werden. Wenn nicht, würde es so oder so sterben müssen“!

 

Meine Mutter folgte dem Rat der alten Zigeunerin, tauchte mich mehrfach unter, ging dann sofort mit mir in den Zug, um mich trocken zu legen. Weshalb oder aber, warum der Rat der Weisen funktioniert hat, konnte sich meine Mutter nie im Leben erklären. Ich übrigens auch nicht.

 

Fest stand auf jeden Fall, meine Mutter kam mit meiner Schwester und mir heil im Westen an.

 

Warum befasse ich mich so ausführlich mit unserer Flucht nach Westen?

 

Als Kind habe ich häufig davon geträumt, dass ich mich in einem Zug befand und über mir tiefes und gefährliches Brummen von Flugzeugen hörte. Erst nachdem ich schon lange erwachsen war, teilte ich meiner Mutter meine damaligen Träume mit. Somit habe ich durch ihre Erzählungen eine schlüssige Erklärung meiner früheren Träume gefunden.

 

 

 

Schulzeit

 

 

 

Meine Schulzeit begann in Baden-Württemberg, das damals noch unter amerikanischer Besatzungsmacht stand. Es verging kein Tag, an dem man nicht amerikanische Uniformen oder Jeeps bzw. Militärtrucks sehen konnte. Auf den Ladeflächen saßen oft Soldaten in Uniform und winkten uns zu. Wir winkten zurück und wurden dafür belohnt, da die Soldaten uns diverse Päckchen Chewinggum (Kaugummi) zugeworfen haben.

 

Die Besatzungszeit wurde von uns Kindern nicht unbedingt negativ gesehen. So haben die Amerikaner in Baden-Württemberg die Schulspeisung eingeführt.

 

Das hieß, dass jeder Grundschüler einen Henkeltopf oder ein adäquates Gefäß mit in die Schule bringen musste.

In der großen Pause hat es dann etwas zu essen und zu trinken gegeben. Zum Essen wechselten Sauerkraut mit Erbsen oder auch mal Nudeln; Haferbrei; Reisbrei sowie teilweise undefinierte Suppen aus Gemüse oder Milch. Dazu bekam jeder der Schüler warme oder kalte Milch und ab und zu auch Kakao mit Brötchen, auch mal mit Wurst oder Käse belegte Brötchen. Es durfte nichts mit nach Hause genommen werden, es musst alles vor Ort gegessen werden.

 

Unter diesen Verhältnissen, welche mich geprägt haben, wuchs ich – noch als Nachkriegskind - auf.

 

Mein Vater, war eine Zeit lang arbeitslos, unsere tägliche Verpflegung war nicht als reichhaltig und ausreichend zu bezeichnen. Ich kann mich aber nicht daran erinnern, jemals gehungert zu haben. Aber ich weiß, dass ich häufiger nicht ganz gesättigt zu Bett ging, da das Essen immer für eine Woche reichen musste.

 

Meine Erziehung war alles andere als einfach. Ich blieb mir häufig selbst überlassen und konnte somit machen und tun, was ich wollte. Mein Vater arbeitete bis spät in die Nacht, nachdem er wieder eine Anstellung gefunden hatte, meine Mutter half ihm dabei in einem zahntechnischen Labor.

 

Schulisch hatte ich keine Probleme, es bestand nie die Gefahr einer Klassenwiederholung, nur, ich war einfach bequem und stinkfaul. Nach einem Jahr in der Oberstufe hatte man mir meine Faulheit bescheinigt und ich kehrte wieder in die Volksschule zurück.

Lernen fiel mir sehr leicht, aber die Lust war nicht immer da. Was ich gern gemacht habe war, Gedichte auswendig zu lernen. Da hatte ich so meine richtige Freude daran. Einen Großteil der damals erlernten Gedichte kann ich teilweise noch heute rezitieren. Egal, ob es sich um den Taucher, die Kraniche des Ibykus, die Glocke, den Zauberlehrling oder andere Texte handelt.

 

Wie bereits gesagt, meine Erziehung war zwar am losen Zügel, aber trotzdem erfuhr ich häufiger eine körperliche Züchtigung in Form von Schlägen auf den Hintern mit einem Weidenstöckchen. Wenn sich meine ältere Schwester und mein jüngerer Bruder stritten und sich nicht einigen konnten, wurde die Schuldfrage auf mich abgewälzt und, ich musste dafür die Schläge einstecken. Und wenn mal nicht, dann ging es ohne Abendbrot ins Bett.

 

Meine Mutter schlich dann zu mir ans Bett und steckte mir ein Stück Brot zu. Sie selbst war nicht in der Lage uns zu bestrafen oder zu züchtigen. Wenn es ihr zu viel wurde sagte sie nur: „Warte ab, wenn Vati heute Abend nach Hause kommt“!  So war es dann auch. Als er kam, auch wenn es spät war, setzte es noch eine Tracht, mitunter wusste ich schon nicht mehr wofür.

 

Ich weiß, dass meine Eltern uns mochten, aber sie waren nicht in der Lage, es uns entsprechend zu sagen oder zu zeigen. Zuneigung oder Liebe war nicht zu spüren, ich selbst hatte lediglich ein Gefühl der Geborgenheit in der Wohnung, viel mehr aber auch nicht.

 

 

 

Lage der Eltern

 

 

 

Ich muss nun, zur Ehrenrettung meiner Eltern, noch einmal tiefer in deren Vergangenheit kramen.

 

Mein Vater musste als Zahntechniker den Russlandfeldzug mitmachen und erlebte dort grausame und schlimme Situationen. Da er in Medizin bewandert war, musste auch er Amputationen und Operationen an verletzten deutschen Soldaten durchführen. Obwohl die Lazarette durch das Internationale Rote-Kreuz-Zeichen gekennzeichnet war, wurden sie von den Russen beschossen und zerbombt. Einmal flog nach einem Bombenabwurf das halbe Lazarett weg. Mein Vater und einige Soldaten überlebten schwer verletzt.

 

Dann geriet er in Gefangenschaft und konnte nach einigen Jahren mit einigen Mitgefangenen fliehen. Sie schlugen sich nach Westen durch, leider kam nur die Hälfte der Personen im Westen an, da die anderen auf der Flucht erschossen wurden.

 

Kaum im Westen, kam erneut die Gefangenschaft, diesmal bei den Alliierten, mein Vater wurde später dann in Rendsburg entlassen und kehrte nach Süddeutschland zu uns zurück.

 

Wohnungs- und Arbeitsprobleme kamen auf ihn zu, und er war bemüht, der Familie das Überleben zu sichern.

 

Es war auch die Zeit, in der man einerseits sparsam und genügsam war, aber andererseits wollte man sich den nach vielen entbehrungsreichen Kriegsjahren wieder etwas gönnen. Deshalb wurde alles aufgehoben und gesammelt was einen materiellen Wert darstellte. 

 

Alte Bekleidung wurde repariert bis sie nur noch aus Flicken bestand, kam dann erst in einen großen Sack, der, wenn er voll war, zum „Lumpenhändler“ gebracht wurde.  Dort wurden wir nicht nur alle Metalle los, sondern auch unsere gesammelten - und als Kugeln – zusammengerollten Stanniolpapiere. Das Geld wurde für „Neuanschaffungen“ gespart.

 

Unsere Schuhe besohlte mein Vater selbst. Er hatte es nie gelernt, aber Not machte erfinderisch. Er besorgte sich Leder und besohlte die Schuhe so lange bis es nichts mehr zum Besohlen gab und sie tatsächlich „alle“ waren.

 

Damals wurde alles getragen und benutzt, bis es „auf“ war.

 

Meine Mutter wuchs in einer Familie mit 12 Kindern auf und war, leider, eine der ältesten Mädchen. Es kamen also früh Verantwortungen und Pflichten auf sie zu. Da es eine sehr christliche Familie war, musste meine Mutter immer jede Woche das Sonntagsblättchen der Kirche austragen. Das Geld – einschließlich der paar Groschen Trinkgelder – musste sie ihrem Vater abgeben.

 

Ihr Vater hatte es nicht so richtig mit der Arbeit, wenn er Lust hatte, arbeitete er mal hier und da. Wichtig für sein Leben war, dass er zu Fuß nach Rom gepilgert ist, um dort vom Papst empfangen zu werden, was ihm leider aber nicht vergönnt war. Die vier Paar Schuhe, die er auf dem Weg nach Rom und zurück durchgelaufen hatte, die hingen in seiner Wohnung an der Wand.

 

Kaum war meine Mutter der Schule entwachsen wurde sie bei einem Fabrikanten in den Haushalt gesteckt, um Geld zu verdienen bzw. der Familie nicht mehr auf der Tasche zu liegen. Eine Berufsausbildung wurde ihr somit leider verwehrt.

 

 

 

Verfehlungen

 

 

 

Aufgrund der Doppelbelastung meiner Eltern durch Beruf und Erziehung meiner Schwester, meinem Bruder und mir, hatten wir Kinder doch relativ große Spielräume und Freiheiten. In der Schule lief es gut, und wir hatten viel Freizeit, heute muss ich sagen – zu viel Freizeit!

 

Wir machten nicht nur gute oder nützliche Sachen, ich selbst bestimmt nicht. Aber ich lebte einfach in den Tag hinein und dachte über mein Tun so gut wie nie nach. Wer macht das schon im Alter von sieben Jahren, zumal die moralische und sittliche Reife noch nicht zu erkennen bzw. ausgeprägt war.

 

Es kam dann wohl auch, wie es kommen musste, ich hatte viele Freunde. mehr schlechte als gute, ich tendierte zu denen, die viel Mist machten und Draufgänger waren.

 

Fast jedes Jahr kam eine evangelische Zeltmission in unsere Stadt und baute ihr riesiges Zelt auf. Wir Kinder, vor allen Dingen die Jungs, halfen dann das Zelt aufzubauen und erhielten dafür kleine Geschenke.  Mein Freund sagte mir, dass am Ende der jeweiligen „Gottesdienste“ die Kollekte in großen offenen Holzbehältern – an den Eingängen - gelegt würde und sehr häufig auch Scheine dabei wären.

Unser Trick war, mit der Hand Kleingeld hineinzulegen und bei Herausnahme der Hand einen Schein in dieser verschwinden zu lassen. Das funktionierte vorzüglich, und die Kohle wurde von uns anschließend in der Stadt umgesetzt.  

 

Wir mochten auch gerne Leute necken und ärgern. Beliebt waren unsere „Klingelstreiche“. Abends drückte man auf irgendeine Klingel, klemmte ein Streichholz zwischen den

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: RICHARD von LENZANO
Tag der Veröffentlichung: 17.10.2019
ISBN: 978-3-7487-1808-6

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