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Zähneknirschen




Meine Frau hatte starke Zahnschmerzen und sie bekam umgehend beim Zahnarzt einen Termin. Dieser rückte heran und am Tage des Geschehens putzte meine Frau ihre echten und unechten Zähne gründlich - man will sich ja nichts nachsagen lassen. Dazu kam dann noch ein wenig Mundwasser und ab ging es - zum Zahnarzt.

Nach erfolgter Anmeldung verbrachte sie diverse Zeit mit anderen Patienten im Wartezimmer. Irgendwann, so nach 2 Stunden wurde sie in einen Behandlungsraum geführt. Man legte sie flach und sie bekam ein Plastik-Lätzchen um.

Nachdem sie dem Zahnarzt ihre Probleme geschildert hatte, machte dieser eine große Inspektion des Ober- und Unterkiefers. Seine Helferin notierte sorgsam alle beanstandeten Reparaturstellen in ihren Computer. Danach drückte sie auf „Enter“ und der Computer meldete mit monotoner Stimme:
„Bitte das Röntgen nicht vergessen“!

Freundlich wurde meine Frau aus ihrer liegenden Haltung befreit und in den Röntgenraum geleitet. Nach erfolgter Panoramaaufnahme durfte sie wieder auf ihrer Plastikauflage Platz nehmen. Diese war inzwischen kaum abgekühlt und entbehrte nicht einer gewissen Feuchtigkeit, welche sofort durch die Kleidung meiner Frau wieder aufgenommen wurde.

Der Zahnarzt nahm den Zahnersatz heraus und besah sich denselben genau und von allen Seiten. Er desinfizierte die Teile penibel und legte
sie auf eine farbige Unterlage. Er holte seine digitale Kamera und machte Bilder von allen Seiten des Zahnersatzes. Anschließen führte er eine Mini-Kamera in die Mundhöhle meiner Frau und filmte Ober-sowie Unterkiefer.

Innerhalb von Sekunden wurden die Bilder aufgenommen und von der Software digitalisiert – sie erschienen danach in Farbe auf dem Monitor. Arzt und Helferin starrten gebannt auf die Bilder und schüttelten leicht die Köpfe. Nach einigen Sekunden sagte der Arzt zur Helferin:
„Bitte Auswertung“!
Sie drückte zwei Tasten – danach auf Enter - und der Computer reagierte sofort mit der Äußerung:
„Totalsanierung Ober- und Unterkiefer sowie Erneuerung des Zahnersatzes unbedingt erforderlich“!

Es muss dabei jedoch eine kleine Panne aufgetreten sein, denn der Lautsprecher des Computers war wohl zu laut gestellt - so dass meine Frau auch den Rest der Ansage hören konnte:
„Gesamtkosten 6.000,00 Euro - davon Laborkosten und Behandlungskosten 1.500,00 Euro, Materialkosten 500,00 Euro, Gewinn vor Steuern 4.000,00 Euro - bitte Patientin unbedingt von der Notwendigkeit überzeugen“!

Freundlich kamen Arzt und Helferin zu meiner Frau zurück und man besprach die festgestellten Mängel. Nachdem meine Frau bestätigt hatte, dass sie Privatpatienten sei, durfte sie den Behandlungsplan unterschreiben, wobei ihr aber aufgefallen war, dass ganz unten ein Kleingedruckter Zusatz stand:

„Es ist nicht auszuschließen, dass sich die Gesamtkosten bis
um 10 Prozent erhöhen können“.

Die Nachfrage beim Arzt ergab, dass er lapidar meinte:
„Bisher haben wir fast immer die Kosten einhalten können“.

Das war dann die erste Sitzung und meine Frau bekam einen Termin für die nächste Woche. Dieser Termin begann damit, dass die Helferin den mehr oder weniger vorhandenen Zahnstein zu entfernen versuchte. Dem Einwand meiner Frau, dass dies doch erst vor 6 Wochen zuletzt erfolgt sei, wurde entgegengehalten, dass sie das doch gar nicht sehen könne, und auf jeden Fall gemacht werden müsse.

Wir wissen bis heute noch nicht, was man bei meiner Frau von den noch vorhandenen Zähnen entfernt hat. Dann wurden noch diverse Ab-drücke des Ober- und Unterkiefers abgenommen und die erste Sitzung war beendet.

In der Folgewoche wurde dann kein Zahnstein mehr entfernt. Es ging sofort an das „Eingemachte“ und die neu gefertigten Prothesen wurden eingepasst, herausgenommen, abgeschliffen, neu eingesetzt und wieder abgeschliffen und gerichtet – bis sie endlich passten.

Nachdem meine Frau alles unterschrieben hatte und die Daten in den Computer eingelesen waren äußerte sich dieser:
„Bitte warten, die Rechnung wird sofort zweifach ausgedruckt“!
Meine Frau sah den Zahnarzt an und dieser versuchte zu erklären,
dass die Postzustellung zu teuer und die Zustellung durch fremde Hilfskräfte zu unpünktlich sei.


Wir haben dann, nach einer Anstandsfrist von drei Wochen, die Zahnarztrechnung per Internet überwiesen. Allerdings einen Betrag von 10 Prozent haben wir einbehalten, falls meine Frau Folgebeschwerden bekommen sollte.
Nachdem dies nicht der Fall war, haben wir den Rest anstands- und kommentarlos auf das Arztkonto überwiesen.


Ja, nun hatte meine Frau ein total saniertes Esszimmer, während ich mit meiner unvollständigen Kauleiste auch noch an die Reihe kommen sollte.
Nachdem wir das Geld zusammengespart hatten, meldete ich mich beim Zahnarzt meiner Frau an. Vermutlich in Anbetracht des winkenden Gewinnes erhielt ich innerhalb kürzester Zeit einen Behandlungstermin.
Ich erschien dann auch pünktlich und es lief genauso ab, wie damals bei meiner Frau.
Ich spitzte die Ohren als der Computer sagte:

„Gewinn vor Steuern: 6.000,00 Euro“!

Mir lief der Schweiß kalt den Rücken hinunter, denn ich konnte mir ungefähr ausrechnen, wie die Gesamtrechnung aussehen würde. Dann kam die Helferin und wollte den Zahnstein entfernen, als mir der Kragen platzte. Ich blökte sie an:

„Sie, ich habe nur noch 6 Zähne im Ober- und Unterkiefer,
da ist nicht mehr mit Zahnstein“!

„Wenn Sie nicht wollen“, meinte sie, „dann eben nicht“.

Ich stand auf, verabschiedete mich knapp und verließ die Zahnarztpraxis.

Irgendwann in den nächsten Wochen habe ich mich dann in die Universitäts-Zahn- und Kieferklinik begeben - und mich dort behandeln lassen. Die Behandlungskosten betrugen nur 2.000,00 Euro.


Wieso?

Ich habe mir meinen Ober- und Unterkiefer operativ ändern lassen. Meine Frau und ich tragen jetzt dasselbe Gebiss. Meine Frau vormittags – und ich nachmittags.

Während der Mahlzeiten geht es wechselweise.

Einmal isst zuerst meine Frau und dann ich - und bei der nächsten Mahlzeit – ist es umgekehrt.


Es hat sich eingebürgert, dass jeder von uns, so er will, das Gebiss auch einmal über Nacht tragen kann.


Es klappt wunderbar.




Impressum

Texte: © 09-2011 by Richard von Lenzano
Tag der Veröffentlichung: 01.09.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
... für alle Zahngeschädigten und Leidtragenden ... und für meine Zahnärztin ...

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