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Ein Briefmark

 

Ich suchte in dem alten Schrank,

ein Buch? Weiß nicht mehr, was.

Weiß nicht, ob ich’s gefunden hab,

denn es passierte DAS!

 

Ein Briefmark, Bild von einem Mann,

mit Staub von Rand zu Rand,

lag dort und sah mich fragend an.

Ich hab‘ ihn gleich erkannt!

 

Als fragt‘ er mich nach langer Zeit:

„Ist das denn nun Dein Dank?

Ich reiste doch für Dich so weit

und lieg‘ schon lang‘ im Schrank?

 

Ich brachte Dir doch ihren Brief,

Du warst in weiter Ferne,

der Dich zur Rückkehr zu ihr rief,

sie hatte Dich so gerne.

 

Sie schrieb, wie sehr sie Dich doch liebt,

ich hab’s genau gelesen,

und dass es auf der Welt nichts gibt,

das lieber ihr gewesen.

 

So lieb, so schön, wie Gold ihr Haar,

zart nahm sie mich zum Kleben,

schrieb mit der Handschrift, mutig gar,

‚K. k. u. d. B.‘ daneben.“

 

Ich sah ihn an, den dunklen Mann,

ihn hab' ich aufbewahrt,

mich zu erinnern, wann er kann,

ich wechselte die Fahrt.

 

Fast fünfzig Jahre ist es her,

kein Tag war uns zu viel!

Und war es manchmal etwas schwer,

wir hielten unser Ziel.

 

Jetzt schreibe ich ihr einen Brief,

dank ihr für die Geduld,

für ihren Mut, als sie mich rief,

ich steh in ihrer Schuld.

 

Ich schreib‘ mit Tinte auf Papier,

es werden viele Seiten,

so viel zu danken hab‘ ich ihr,

so wenig gab’s zum Streiten.

 

Bring ihr den Brief, es ist nicht weit,

mein Freund, Du gehst im Glück.

Und Du, Du gehst nach langer Zeit

den Weg zu ihr zurück.

 

Zu uns‘rer Goldenen Hochzeit

wünsch ich uns noch viel‘ Jahre

in glücklicher Gemeinsamkeit

Das ist das einzig‘ Wahre!

Anmerkung

 

 

Die scherzhafte Abkürzung „K.k.u.d.B.“ war nicht nur unter Verliebten üblich.

„Kuss klebt unter der Briefmarke.“

Man musste mit der Zunge die Rückseite der Briefmarke anfeuchten, um sie aufzukleben.

Irgendwann hatten Briefmarken deshalb den Geschmack von Vanille. Oder war es Pfefferminze?

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Tag der Veröffentlichung: 11.11.2021

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