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Über die Serie 'Queery Tales':

Es war einmal ... 

 

Märchen gab es zu allen Zeiten und in allen Kulturen.

Märchen berühren, faszinieren, laden zum Träumen ein.

Märchen kennt jeder.

 

Aber nun wird ein neues Kapitel im Märchenbuch aufgeschlagen: Die Queery Tales erzählen von Prinzen, die einen Prinzen suchen, von Müllersöhnen, die eine Prinzessin und das halbe Königreich ausschlagen, um einem dunklen Fremden zu folgen, und von bösen Wölfen, die einen Mann nur sprichwörtlich zum Fressen gern haben. Kurz gesagt, in den Queery Tales wird mal klassich, mal modern erzählt, wie märchenhaft die Liebe unter Männern sein kann. In der Serie werden in loser Folge Geschichten verschiedener Autoren veröffentlicht, die jeweils in sich abgeschlossen sind.

 

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute …

 

 

Nach "Queery Tales: Auf magischer Reise" von Seth Ratio liegt nun der nächste Band der Serie vor. Er enthält zwei romantische Märchen mit einer winzigen Prise Erotik, sehr frei erzählt nach Motiven der Brüder Grimm.

Die Geschichten bauen nicht aufeinander auf und können unabhängig voneinander gelesen werden.

Über dieses Buch:

1. Siebenschön

Als Alexsanders Blick auf einen schlanken Mann mit einer dunklen Maske fällt, ist es um ihn geschehen.

Darf sich ein Prinz einfach so verlieben?

Martin, der höhnisch 'Siebenschön' genannt wird, war sein Leben lang alleine und kann gar nicht glauben, wer sich da für ihn interessiert.

Darf ein einfacher Schneider träumen, vom wem er will?

 

Die beiden Männer können entgegen aller Vernunft nicht voneinander lassen, aber kein Geheimnis bleibt für immer im Verborgenen ...

 

 

2. Der Teufel mit den goldenen Haaren

Lucas gerät unabsichtlich ins Visier des Königs und schlittert so in etwas hinein, was ihn sein Leben kosten oder das Schicksal eines ganzen Landes ändern könnte. Doch nichts ist so, wie es im ersten Moment aussieht und Lucas hat zum Glück einen geheimnisvollen Beschützer mit glühenden Augen ...

1. Siebenschön

Es war einmal …

 

Am Rande eines kleinen Dorfes lebte bescheiden ein altes Ehepaar. Sie wohnten in einem winzigen Häuschen, in dem sie auch ihre Schneiderei betrieben. Sehr spät im Leben war das Glück ihnen noch einmal hold gewesen und so hatte die Frau einem Sohn das Leben geschenkt.

Der kleine Martin wuchs von einem glücklichen Kind zu einem freundlichen, liebenswerten und gutaussehenden jungen Mann heran. Er gab alles, um seine Eltern zu unterstützen, denn er war ihnen sehr zugetan. Also arbeitete, fegte, wusch, spann und nähte Martin so viel wie sieben andere. Die Söhne seiner Nachbarn mochten ihn nicht, da er ihnen ständig als leuchtendes Vorbild vor Augen gehalten wurde. Sie behaupteten, er würde nur wegen seines hübschen Gesichts gelobt werden und nannten ihn höhnisch ‚Siebenschön‘.

Die jungen Frauen im Dorf lachten zuerst über den merkwürdigen Spitznamen, doch mit der Zeit wurden sie still. Mit seiner ruhigen, höflichen Art, seinen feinen Gesichtszügen und seinem schlanken Körper gefiel Martin mehr als einer und so versuchte jede einzelne, seine Gunst zu erringen. Freundlich, aber bestimmt wies Martin eine nach der anderen ab. Da beschimpften die jungen Frauen ihn als hochmütig und eingebildet und riefen ihm ebenfalls ‚Siebenschön‘ hinterher.

Martin wusste gar nicht, wie ihm geschah. Neid und Missgunst waren seinem Wesen fremd, daher traf ihn dies besonders tief. Seinen Spitznamen mochte er überhaupt nicht. Vor allem hasste er die Anspielung auf sein Aussehen, für das er schließlich nichts konnte. Er fing an, die Menschen zu meiden, wo immer es möglich war und ging nur noch durchs Dorf, um die Näharbeiten auszutragen. Schließlich verhüllte er sein Gesicht mit einer Maske, wann immer er das Haus verließ und hoffte so, dem Hohn ein Ende zu bereiten. Leider hatte er keinen Erfolg. Sein ungeliebter Name blieb ihm erhalten.

 

***

 

Nun begab es sich eines Tages, dass Alexsander, der Sohn des Königs, von einem Jagdausflug zurückkehrte und auf dem Heimweg in dem kleinen Dorf rastete. Mit seinem ganzen Tross saß er auf dem Marktplatz in den blassen Strahlen der Wintersonne und ließ sich eine einfache Mahlzeit und frisch gebrautes, herbes Bier schmecken. Der Wirt hatte wegen des unerwarteten Ansturms hochgeborener Gäste eilig jede Hilfe herbeigerufen, derer er habhaft werden konnte, und so tänzelten die Dorfschönheiten um den Prinzen und seine Männer herum. Ausschnitte blitzten verführerisch auf und verhüllten kaum noch die drallen Rundungen, welche die jungen Frauen zu bieten hatten.

 

Es ahnte niemand, aber auch wirklich niemand, dass Alexsander Brüste im Stillen als Quarktaschen bezeichnete und weder Wimpernklimpern noch verschämtes Gekicher mochte. Es war ihm zuwider, dass sämtliche Frauen unter dreißig und einige, die dieses Alter schon deutlich überschritten hatten, sich in seiner Gegenwart wie rollige Katzen aufführten, weil sie gerne Prinzessin werden wollten. Ob sich überhaupt eine von ihnen nach ihm umschauen würde, wenn er nicht der Erbe des Königreiches wäre?

Immer wenn seine Gefährten wieder einmal von einer der blonden oder dunkelhaarigen Schönheiten bei Hofe schwärmten, an die sie gerade ihr Herz verloren hatten, musste Alexsander sich beherrschen, um nicht angeekelt den Mund zu verziehen. Der Gedanke, mit einem Mädchen das Lager zu teilen, sorgte bei ihm nicht für Erregung, sondern für tief empfundene Abscheu. Der Prinz konnte sich nicht vorstellen, sein Leben mit einer Frau an seiner Seite oder gar in seinem Bett zu verbringen. Er war deshalb fest entschlossen, niemals zu heiraten.

 

Also hatte Alexsander auch keinen Blick für die Dorfschönheiten übrig, die ihn umschwärmten wie die Bienen den Honigtopf, sondern ließ seine Augen gelangweilt umher schweifen. Völlig unerwartet sah er etwas - nein, besser gesagt ‚jemanden‘ -, der sein Herz merkwürdig stolpern ließ. Geschmeidigen Schrittes eilte ein gertenschlanker Mann in einfacher, dunkler Kleidung über den Marktplatz, unter dem Arm ein sorgsam verschnürtes Bündel. Er schaute weder nach rechts noch nach links und verschwand mit einer eleganten Bewegung in einer schmalen Gasse. Erst im letzten Moment warf er einen Blick über die Schulter. Sein Gesicht war mit einer Maske verhüllt, die nur die Augen frei ließ. Einen Wimpernschlag später war er im kühlen Halbdunkel zwischen den Häusern verschwunden.

Das Bild brannte sich unwiderruflich in Alexsanders Seele ein. Er grübelte darüber nach, ob er sich die Traurigkeit in dem Blick des Anderen nur eingebildet oder ob er sie tatsächlich gesehen hatte. Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er sich oft genauso fühlte: Wie ein maskierter Schatten, der alleine im Schatten seinen Pflichten nachging, während das pralle Leben sich vor ihm im Sonnenlicht abspielte. Ob der andere Mann ihn wohl verstehen würde? Ob er wusste wie es war, nicht alleine und doch einsam zu sein?

Am liebsten wäre Alexsander aufgesprungen und der dunklen Gestalt nachgerannt. Eine eigenartige, süße Erregung hatte ihn erfasst und sein Puls raste. Zum ersten Mal im Leben konnte er die Sehnsucht nachvollziehen, mit der so mancher seiner Kameraden von der Dame seines Herzens schwärmte.

Wieso bloß empfand er so etwas für einen anderen Mann? Das war ungewöhnlich und über dergleichen wurde bei Hofe nur hinter vorgehaltener Hand geflüstert. Trotzdem konnte er sich eine Frage nicht verkneifen:

„Wer war der Mann mit der dunklen Maske?“

Das junge Mädchen, das ihm gerade Bier nachschenken wollte, schaute erschrocken auf, als es so unerwartet von dem Prinzen angesprochen wurde.

„Eine Maske? Das kann nur Siebenschön gewesen sein. Wir alle hier nennen ihn so.“

Dann knickste sie und verbeugte sich tief, damit ihr Dekolleté gut zur Geltung kam.

„Siebenschön?“, hakte der Prinz erstaunt nach.

„Ach, der ist hochmütig und hält sich für etwas Besseres. Hat nie Zeit und ist den ganzen Tag nur damit beschäftigt, zu arbeiten und es seinen Eltern recht zu machen. Außerdem …“ Verschwörerisch beugte sich die junge Frau näher und flüsterte nun. „Er badet jeden Abend unten bei der alten Eiche im Fluss! Dabei weiß doch jeder, dass zu viel Wasser der Gesundheit schadet!“

Das mit dem Baden schien Alexsander keine ganz dumme Idee zu sein. Zumindest würde es dralle Kellnerinnen davor bewahren, penetrant nach Knoblauch und altem Schweiß zu stinken. Eine diesbezügliche Bemerkung gegenüber der schwatzhaften jungen Frau ersparte er sich allerdings und winkte sie stattdessen zur Seite. Nachdem er ihrer Duftwolke entkommen war, konnte er endlich wieder frische Luft atmen.

Innerlich fragte sich Alexsander, wieso es ‚hochmütig‘ sein sollte, dass jemand den ganzen Tag schuftete, um Vater und Mutter Beistand zu leisten. Tatsächlich machte er selbst kaum etwas anderes. So ein Königreich verwaltete sich schließlich nicht von alleine und als Thronfolger hatte er bereits eine Fülle von Aufgaben zu erledigen. Selbst der heutige Jagdausflug diente in erster Linie dazu, diplomatische Beziehungen zu einem anderen Herrscherhaus zu pflegen. Sein eigenes Vergnügen war dabei nebensächlich.

Alexsander gefiel die Vorstellung, dass Siebenschön nicht nur einen traumhaften Körper, sondern auch einen freundlichen Charakter hatte. Das machte den maskierten Mann für ihn noch anziehender. Sehnsüchtig suchten die Augen des Prinzen jeden Winkel ab. Zu seinem Bedauern zeigte sich die dunkle, schlanke Gestalt mit der Maske nicht noch einmal auf dem kleinen Marktplatz.

 

Kurze Zeit später brach die hochherrschaftliche Jagdgesellschaft wieder auf. Wie er es seinem Rang schuldig war, setzte sich Alexsander an ihre Spitze und führte sie nach Hause ins königliche Schloss. Dabei fühlte er sich mit jedem Schritt seines Rappen, als würde er etwas Wichtiges zurücklassen. Nur mit Mühe und Not konnte er sich daran hindern, die Zügel herumzureißen, um wieder in das Dorf zu galoppieren.

 

***

 

Langsam besiegte die Frühlingssonne den Winter und der Schnee schmolz auch auf den höchsten Bergen. Die Felder grünten und überall spross neues Leben. Wie immer half Alexsander seinem Vater tagsüber bei der Regierung des Reiches. Abends jedoch kletterte er auf die Zinnen des höchsten Turmes im Königsschloss und ließ seine Gedanken schweifen. Sie führten ihn immer unweigerlich in das kleine Dorf am Fluss, zu einem maskierten Mann mit schlanken Schultern und geschmeidigen Schritten.

Siebenschön.

Wie mochte das Gesicht hinter der Maske wohl aussehen?  Und wie der Körper unter der einfachen Kleidung?

Nachdem ihm nun plötzlich klar war, dass sein Interesse gar nicht Frauen galt, veränderte sich Alexsanders Blick auf andere Männer, wurde schärfer. Manchmal fielen ihm jetzt heimliche Gesten, heiße Blicke und verstohlene Berührungen auf, die ihm früher entgangen waren. Erstaunt stellte er fest, dass ein junger, hübscher Baron ihn kaum verhohlen anschmachtete.

Aber so wenig wie die Frauen, die er zuvor angeschaut hatte, brachte einer der Männer bei Hofe, die Alexsander nun unauffällig musterte, sein Blut zum Kochen. Es schien, als könne allein der geheimnisvolle Siebenschön aus dem kleinen Dorf am Fluss sein Verlangen erregen, seinen Herzschlag aus dem Takt bringen und seine Seele mit Sehnsucht erfüllen.

Alexsander wusste, dass es Zeit wurde zu handeln.

 

 ***

 

Martin arbeitete unterdessen wie immer fleißig als Schneider, unterstützte seine Eltern und ahnte nichts von dem wilden Begehren, das er in einem fremden Herzen entzündet hatte.

Obwohl der Frühling gerade erst in den Sommer überging, suchte er jeden Abend den Fluss auf, nachdem sein Tagewerk beendet war, und nahm ein Bad. Er mochte es, wenn das kühle, frische Wasser den Schweiß und die Mühsal des Tages abspülte und mit sich fort nahm.

Auch wenn er sich jedes Mal unbeeindruckt gab, so trafen ihn die Häme und der Spott der Dorfbewohner doch bis ins Mark. Oft schon hatte er darüber nachgedacht, warum sie ihn wohl nicht mochten. Eine Antwort konnte er nicht finden. Wenn seine Eltern nicht auf seine Hilfe angewiesen wären, würde er einfach fortgehen und versuchen, seine eigenen Träume zu verwirklichen.

Nur in den stillen Minuten am Fluss erlaubte Martin es sich, seine Gedanken schweifen zu lassen. Sie drehten sich oft um eine bestimmte Sache. Allein in dieser einen Angelegenheit weigerte er sich, ein gehorsamer Sohn zu sein. Immer wenn seine Mutter ihn drängte, sich endlich eine Frau zu nehmen, regte sich heftiger Widerspruch in ihm.

Denn in seinen heimlichen Fantasien lag er niemals bei einem Mädchen, sondern immer bei einem anderen Mann. Manchmal erwachte er am Morgen hart und erregt aus einem sinnlichen Traum, in dem er sich an einen starken Körper schmiegte. Zu Anfang hatte ihn das beschämt. Seit einer ganzen Weile hingegen fanden seine Finger beinahe ohne sein Zutun den Weg unter die Decke und schlossen sich mit sanftem Druck um seine Härte. Wenn er sich selber befriedigte, stellte er sich einen Partner mit muskulösen Schultern, kräftigen Armen und einer starken, rauen Hand mit Schwielen vor, der ihn zärtlich berührte und ihn damit über die Klippe trieb. Sein lustvolles Aufstöhnen unterdrückte er stets mühevoll im Kissen.  

Martin war überzeugt, dass er in seinem kleinen Dorf niemals einen Mann finden würde, der seine Wünsche teilte, und deshalb behielt er sie still für sich. Mit wem hätte er auch darüber reden sollen? Freunde gab es für ihn

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: C.J. Rivers
Bildmaterialien: Kooky Rooster
Lektorat: Savannah Lichtenwald, Seth Ratio
Tag der Veröffentlichung: 21.03.2015
ISBN: 978-3-7368-8480-9

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für jeden, der sich gerne in der Magie verliert, die sich zwischen den Zeilen einer guten Geschichte findet ... Danke für die Unterstützung und die Geduld. Ihr wisst wer gemeint ist!

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