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Kapitel 1
Single - na und?
Nichts, was lebt, lebt allein oder für sich.
William Blake
Zum ersten Mal in der Geschichte unserer Kultur gilt das Alleinleben manchen Menschen als bevorzugter Lebensstil. Die Gründe dafür sind leicht einzusehen. Phantastisch angezogen, tänzeln sorglose Singles mit anbetungswürdigen Partnern durch die Cola-Werbung, sie amüsieren sich großartig, haben selbstverständlich interessante Berufe, und ihre Wohnungen sind mit dem neuesten elektronischen Schnickschnack ausgestattet. Wenn sie vom Abendessen in einem In-Restaurant nach Hause zurückkehren, werden sie sich (natürlich!) leidenschaftlich der Liebe hingeben - und müssen sich weder mit Kindern noch schmutziger Wäsche abpla¬gen.
Ein attraktives Szenario ... und doch ist das Bild nicht vollständig. Von den Alleinstehenden, die bei meinen Workshops mitmachen, höre ich etwas ganz ande¬res. Viele von ihnen haben mehrmals Phasen durchlaufen, in denen sie allein leb¬ten. Sie kamen zu mir, weil das Leben als Alleinstehende sie nicht glücklich machte - selbst wenn schicke Kleider und traumhafte Partner dazugehörten. Sie fragten sich, ob es im Leben nicht noch etwas anderes gäbe, einen Menschen, den sie wirk¬lich lieben könnten, der sie ebenfalls liebt und mit dem sie bis ans Ende ihrer Tage glücklich zusammenleben können.
Was ist der Grund dafür? Warum wollen in unserer heutigen Gesellschaft, wo die Ehe oft als der erste Schritt zur Scheidung gesehen wird, immer noch die meisten Menschen heiraten, obwohl wir doch endlich die Möglichkeit haben, auch allein ein erfülltes Leben zu führen, mit Liebhabern zusammenzuziehen, mit zahlreichen Partnern Sex zu haben oder sogar uneheliche Kinder zu bekommen? Und warum trachten Geschiedene oder Verwitwete danach, wieder zu heiraten? Für mich gibt es eine sehr einfache Antwort: Unbewußt sehnen wir uns nach der Erfüllung in einer Partnerschaft. Nur mit einem anderen werden wir uns ganz fühlen. Warum ist der Wunsch nach einer festen Bindung in uns so übermächtig? Warum haben Sie eine solche Beziehung bisher nicht gefunden? (Warum sind Ihre Versuche fehlge¬schlagen?) Was können Sie tun, um eine solche Beziehung einzugehen? Bevor ich in diesem Buch diese Fragen beantworten werde, müssen wir uns deutlich machen, womit Alleinstehende heute konfrontiert sind. Insbesondere, da ich überzeugt bin, daß der so weit verbreitete Mangel an Einsicht in die tiefere Bedeutung von Bezie¬hungen der Kern der Verwirrung und der Schmerzen ist, die Alleinstehende so hef¬tig empfinden.
Rites de passage
Für das Single-Dasein spricht vieles. Dieser dreißigjährige Werbetexter formulierte es sehr gut:
»Seit ich von der Uni in die Großstadt kam, habe ich mich blendend amüsiert. Ich habe angefangen in einer einfachen Mietwohnung in Greenwich Village, die ich mit einem alten Studienfreund teilte. Wir sind mit unseren Anfangsgehältern mal gera¬de so über die Runden gekommen. Wir lernten, unsere Hemden zu bügeln, und wir kochten auf einem Kocher mit zwei Platten. Abends suchten wir uns Veranstaltun¬gen heraus, bei denen man umsonst hereinkam, oder gingen zu Lesungen und fut¬terten uns durch mit den Gratishäppchen, die während der >Happy hour< als Beilage zu den Getränken serviert werden. Ich traf alle möglichen Leute, von denen viele nach den Maßstäben meiner provinziellen Universitätsstadt ziemlich schräge waren. Jetzt habe ich meine eigene Wohnung in einem Hochhaus an der Upper East Side mit einer modernen Küche - sogar mit Mikrowelle. Ich war mit vielen unterschied¬lichen Frauen zusammen, normalerweise nichts Ernstes. Mit einer aber habe ich fast zwei Jahre zusammengelebt (und sie brach mir das Herz). Ich war zweimal in Euro¬pa und im vorigen Jahr auf einer Campingtour in Kanada. Ich mache seit zwei Jah¬ren Tai Chi und seit einem Jahr eine Therapie. Ich habe schreckliche Angst vor dem Heiraten - ich glaube, ich habe wohl nicht allzu viele glückliche Ehen gesehen. Doch allmählich verliere ich das Interesse daran, nur jemanden zu haben, mit dem ich Samstag abends ausgehen oder ein weiteres sexuelles Abenteuer haben kann - ich hätte nie gedacht, daß mir je so etwas über die Lippen kommen könnte. Ich bin kurz davor, mit meiner Freundin zusammenzuziehen, ich habe das Gefühl, es ist viel¬leicht an der Zeit, mich niederzulassen.«
Dieser junge Mann führte ein ideales Single-Leben. Seine Zeit als Alleinstehender war eine Phase, nicht Selbstzweck. Einerseits war es eine recht unbeschwerte Zeit der Unabhängigkeit, andererseits aber mußte er für sein alltägliches Leben sorgen und war für sein eigenes Wohlergehen verantwortlich. Er verfügte über Zeit und Geld, und er traf seine eigenen Entscheidungen hinsichtlich seiner Karriere, seiner Freunde und Reisen. Er experimentierte mit verschiedenen Lebensstilen, mit Sex und Beziehungen und fand neue Interessengebiete und Hobbys. Er stieß sich die Hörner ab und hatte Beziehungen zu verschiedenen Frauen. Wenigstens eine davon beinhaltete eine relativ ernsthafte Lebensgestaltung. Es gab gute und schlechte Zeiten. Er formte eine Identität, wurde unabhängig von den Mustern seines Kollek¬tivs/seiner Familie. Dadurch entwickelte er ein starkes Gefühl dafür, wer er ist, was er will und wie er es bekommen kann. Seine Jahre als Single haben ihm Kenntnisse, Erfahrungen und eine größere Sensibilität für die Welt beschert. Er ist bereit, ohne Bedauern den nächsten Schritt zu tun.
Leider ist die Geschichte dieses Mannes nicht typisch. Viele Alleinstehende ver¬patzen diese wertvolle Gelegenheit, Unabhängigkeit und Selbsterkenntnis zu erwer¬ben. Das ist nicht verwunderlich, denn trotz der Freiheiten, Möglichkeiten und Mittel, die Alleinstehenden heute zur Verfügung stehen, wissen viele von ihnen nicht, wie sie aus den Jahren des Alleinlebens das Beste machen können. Woher sollten sie es auch wissen? Bis vor kurzem gab es »Singles« gar nicht. Alleinleben war lediglich eine Brücke zwischen dem Kinder- und dem Ehebett, die es möglichst schnell und ereignislos zu überqueren galt. Es ist kein Wunder, daß junge Männer und Frauen, denen es freisteht, neue, unbekannte Lebensformen auszuprobieren und sich selbst zu finden, sich nach traditionellen Mustern richten oder sich in ihrer Verwirrung mit unklaren neuen Geschlechtsrollen und Beziehungsdynamiken her¬umschlagen.
Im typischen Fall konzentriert sich eine Frau in ihren Jahren als Alleinstehende völlig auf die Jagd nach einem Mann, keinem beliebigen, sondern einem, der einer erschöpfenden Liste von genau festgelegten Qualitäten gerecht wird. Wie sich vor¬aussagen läßt, ist sie enttäuscht, diesem Musterexemplar nicht begegnet zu sein, oder, ist sie ihm begegnet, daß er nicht an einer Bindung zu ihr interessiert ist. Junge Männer dagegen verbringen die gleichen Jahre ausschließlich damit, sich ausgiebigst zu amüsieren, Strichlisten über ihre sexuellen Eroberungen zu führen und dabei so schnell wie möglich durch die entsprechenden Karriereränge zu rauschen. Sie beklagen sich, daß alle ihre Freundinnen nur von ihnen geheiratet werden wollen. Solange sie nur können, entziehen sie sich, bis der Druck, sich erwachsenen An¬sprüchen zu beugen, zu groß wird. Man könnte glauben, Männer und Frauen kämen von verschiedenen Sternen, so entgegengesetzt sind ihre Absichten.
Wer gegen den gesellschaftlichen Strom schwimmt, hat seine eigenen Probleme. Junge Frauen, die fest entschlossen im Beruf vorwärtskommen wollen, fühlen sich bedroht. Sie verschieben die Ehe vorerst. Doch sie wissen sehr wohl, daß ihre sta¬tistischen Chancen somit steil abfallen. Frauen müssen immer noch mit dem Stigma der »alten Jungfer« fertig werden. »Ist denn niemandem aufgefallen«, beklagt sich Mary Ann Meyer in einem Essay in der New York Times, »wie paradox es ist, daß eine Frau in dieser Gesellschaft, ganz egal wie erfolgreich sie ist, es erst dann wirklich geschafft hat, wenn sie >ja< sagt?«1 Weniger karrierebewußte junge Männer versu¬chen, im Hinblick auf die Geschlechtsrollen unkonventionelle Wege zu gehen. Sie haben ebenfalls das Gefühl, mit ihren Chancen und ihrer Attraktivität einen hohen Preis zu zahlen.
Allem Anschein zum Trotz sind es schwere Zeiten für Singles. Die Überfülle von Angeboten für Alleinstehende in Zeitungen und Zeitschriften spricht eine deutliche Sprache. Da sind zunächst all die Produkte und Dienstleistungsangebote, die darauf zielen, Alleinstehende zusammenzubringen: Ferien mit dem Club Mediterranee, Gourmet Clubs für Singles, Wohnungen für Alleinstehende, Bücher mit Titeln wie »Wie finde ich einen Mann« oder »Wie mache ich Frauen an« oder »Die Wahrheit über das andere Geschlecht« oder »Was Männer (Frauen) wollen«, die Kontakt¬anzeigen, in denen Alleinstehende die Vorzüge aufzählen, die sie sich bei einem
Partner wünschen - und mit denen sie sich selbst anpreisen. Dann gibt es Angebote für die Alleinstehenden, für die all das nicht zu funktionieren scheint: Therapeuten, die sich auf Depressionen und Einsamkeitsgefühle bei Alleinstehenden spezialisiert haben, Unterstützungsgruppen für »vorübergehend Alleinstehende«, Eheanbah¬nungsinstitute, die versprechen, zu liefern, wo andere versagt haben, Bücher über Frauen, die zu sehr lieben, und über Männer, die Frauen hassen. Alleinstehende fühlen sich wie zwischen Skylla und Charibdis. Einerseits sind sie nicht bereit, zu der traditionellen Form von Beziehung zurückzukehren, andererseits aber nicht darauf vorbereitet, zu neuen Ufern vorzudringen. Sie stehen unter dem Druck, se߬haft zu werden, jedoch das Leben aus vollen Zügen zu genießen. Was stimmt an diesem Bild bloß nicht?
Single - eine neue Definition
In seinem Buch »Kindheit und Gesellschaft«2 beschreibt der berühmte Psychoana¬lytiker Erik Erikson die Moratoriumsphase, die in den meisten primitiven Gesell¬schaften beobachtet wurde. In dieser Zeit wird dem Individuum gestattet und sogar von ihm erwartet, sich ohne Verantwortung auszuleben, bevor es mit einem Partner seßhaft wird, Kinder bekommt und zu einem nützlichen Mitglied der Gemeinschaft wird.
In unserer Kultur machen die Glücklichen, die in den Genuß einer Univer¬sitätsausbildung kommen, zwangsläufig ein solches Moratorium durch. Aber viele Studenten heiraten bald nach dem Examen, noch bevor sie die Chance hatten, ihre Flügel auszuprobieren. Zwar gehen immer mehr Schulabgänger an die Universität, weshalb das Durchschnittsalter für erste Eheschließungen in den vergangenen Jahren angestiegen ist, aber viele junge Leute heiraten immer noch direkt nach dem Schulabschluß. Und wer die Gelegenheit hatte, eine Weile solo zu leben, hat meist keine klare Vorstellung vom Weg oder Ziel seines Alleinflugs.
Ein Moratorium
Wir müssen den Begriff »Single« neu definieren, die Regeln auf den neuesten Stand bringen und Alleinstehenden aufzeigen, worin der Zweck und die Vorzüge dieser entscheidenden Übergangsperiode liegen. Ich denke, der beste Weg dazu ist, eine modernisierte Version von Eriksons »Moratoriumsphase« zu institutionalisieren. In unserer Gesellschaft wird jungen Menschen ein Modell vorgehalten, das ihnen früh Entscheidungen und Verpflichtungen für ihren Lebensweg abverlangt, und am Ende kommen ausgebrannte Führungskräfte dabei heraus und Hausfrauen, die sich nach dreißig Jahren überflüssig fühlen.
Nicht alle früh geschlossenen Ehen enden in der Katastrophe, ganz und gar nicht. Wer in einem gesunden Familienklima aufwuchs, in der Zeit der Ausbildung oder den ersten Berufsjahren ein gesundes Selbstgefühl entwickelt und sich einen guten Partner ausgesucht hat, bringt trotz seiner oder ihrer Jugend die besten Voraussetzungen für eine gute Ehe mit. Aber das sind Glücksfälle. Die meisten Leute sollten mit dem Heiraten warten, bis sie gut über zwanzig sind. In der Zeit zwischen Kindheit/Schule und Ehe würde dann von Alleinstehenden geradezu erwartet, daß sie sich an der Welt messen und ausprobieren, was sie zu bieten hat. Es gäbe keinen Druck, zu heiraten, oder vielmehr es gäbe den Druck, nicht zu heiraten, keine Karrierefixierung, sondern die Neugier an allen Lebensbereichen. Alleinleben wäre das entscheidende Stadium auf dem Weg zur Reife. Wir lernen, wer wir sind, entwickeln Verantwortlichkeit und Selbstgenügsamkeit und erkennen unsere wah¬ren Gefühle. Wir können uns mit unseren inneren Stärken und Dämonen ausein¬andersetzen, all die Dinge verändern, die unsere Lebenslust dämpfen und unsere Entwicklung behindern. So können wir lernen, mit Beziehungen umzugehen und auf allen Ebenen zu kommunizieren. Es wäre ein äußerst notwendiges Beziehungstraining.
Wäre es die Norm für Alleinstehende, bis zum Abschluß der Übung mit dem Heiraten zu warten, würden viele der Probleme, die Beziehungen sabotieren, weg¬fallen. Bestimmte tiefe Probleme tauchen natürlich nur im alltäglichen Zusammen¬leben in einer festen Beziehung auf und können auch nur dort gelöst werden. Grundsätzliche Probleme mit sich selbst wären bereits bearbeitet, so daß sie eine Ehe nicht noch zusätzlich belasten. Die Partner würden sich selbst besser kennen, sie könnten gelassener mit Nähe umgehen und bereit sein, die Verantwortung in einer Ehe zu übernehmen. Wenn sie besser Bescheid wüßten, was sie wirklich vom Leben wollen, würden sie später nicht so viele Überraschungen erleben. Solche Singles wären besser in der Lage, mit den gewaltigen psychischen Auseinander¬setzungen fertig zu werden, die eine Ehe mit sich bringt, und wären sich ihres unge¬heuren spirituellen Potentials sehr viel bewußter. Außerdem - wozu die Eile? Mit achtundzwanzig oder zweiunddreißig ist immer noch reichlich Zeit, eine Menge Kinder zu bekommen und - aus freien Stücken - eine Karriere voranzutreiben.
Zum Alleinleben ist es nie zu spät
Angesichts der begrenzten Lebenserwartung der heutigen Ehen ist Alleinleben nicht nur auf junge Menschen beschränkt. Mit über dreißig, vierzig oder sechzig kann es besonders schwierig sein, vor allem wenn man bei der Heirat jung und unerfahren war und glaubt, es sei gelungen, die notwendigen Auseinandersetzungen mit Einsamkeit und Abhängigkeit zu umgehen. Nur allzuoft kommen zum Allein¬sein in der Lebensmitte noch Ängste vor dem Alter hinzu, der Druck, sich zum ersten Mal auf den Arbeitsmarkt zu begeben, die Schwierigkeiten, Kinder allein auf¬zuziehen, und finanzielle Belastungen.
Aber ein Moratorium in der Partnersuche kann eine unschätzbare Gelegenheit sein, sich selbst zu erforschen - in jedem Alter. Selbst für die, die zwangsläufig und ungewollt allein leben, kann es sich schließlich als Segen erweisen. Es ist eine Zeit, in der man heilen, die eigenen Prioritäten neu setzen und ein neues Selbstgefühl entwickeln kann. Geschiedene Leute erzählen nicht nur einmal, daß sie entsetzliche Angst vor dem Alleinsein hatten, selbst wenn ihre Ehen lieblos und quälend waren. Sie fürchteten sich davor, sich nach anderen Partnern umzusehen und wieder einen Beruf ergreifen zu müssen. Zu ihrer Erleichterung aber erkannten sie ihr neues Leben als einen wunderbaren Balsam, eine Zeit des Heilens und der Beschäftigung mit sich selbst.
Eine Frau im mittleren Alter verließ ihren Ehemann. Übelste Vorahnungen über ihr Alleinsein und den veränderten Lebensstil ergriffen sie. Überrascht äußerte sie später:
»Ich ertappte mich dabei, daß ich singend im Haus herumging. Ich genoß die ein¬fachsten Dinge, zum Beispiel allein zu essen (und zwar genau das, worauf ich Lust hatte und dann, wann ich wollte, ganz egal, wie unorthodox es war). Ich badete, blätterte Zeitschriften durch, arbeitete die halbe Nacht hindurch. Lange Zeit hatte ich weder den Wunsch noch das Bedürfnis, mich nach einem Partner umzusehen. Es war, als müßte ich mich wieder neu zusammensetzen, um herauszufinden, wer ich bin und was ich wirklich gern habe, auf jedem Gebiet. In mancher Hinsicht war das extrem schmerzhaft, aber mein wachsendes Gefühl für mich selbst und meine Fähigkeit, allein zu sein, waren eine Offenbarung für mich. Es sah so einfach aus, allein zu leben. Natürlich fing ich irgendwann an, jede Bindung zu fürchten, die mein Gleichgewicht durcheinander bringen könnte. Und jetzt habe ich Angst, in meinem Alter keinen Partner mehr zu finden. Aber das ist eine andere Geschichte.«
Brian, ein erfolgsorientierter, eigensinniger Mann, ließ sich mit über fünfzig Jahren scheiden. Er erzählte mir, er habe zunächst ein ausschweifendes Leben geführt, sei mit Frauen ausgegangen und habe alles getan, um seine leere Wohnung zu meiden. Danach habe er jedoch herausgefunden, daß er in Wirklichkeit eigent¬lich gern Brot backte, abends lange aufblieb, um Klavier zu spielen (das er nicht mehr angerührt hatte, seit er zwanzig war), spät ins Büro ging und Campingtouren in abgelegene Angelreviere unternahm. All das wich radikal von dem ab, was seiner Ansicht nach das Leben ausmachte. »Warum brauchte ich so lange, um das heraus¬zufinden?« fragte er. »Könnte ich das nicht alles haben und meine Ehe noch dazu?« Viele geschiedene oder verwitwete Menschen kehren zu den Verhaltensmustern zurück, die sie vor ihrer ersten Heirat hatten: allein leben, ihren eigenen Rhythmus finden, eine Menge unterschiedlicher Menschen kennenlernen, in die Therapie gehen, neue Freunde finden, neue Interessen entwickeln, lernen, mit sich selbst zu leben und für sich zu sorgen.
Single fürs Leben
Für immer mehr Menschen ist das Alleinleben eine Entscheidung für das ganze Leben. Für manche ist es ein notwendiges Opfer zugunsten kreativer Ziele oder einer Karriere. Für andere stellt es eine Rebellion gegen die mit den Geschlechts¬rollen verbundenen Erwartungen oder Pflichten dar. Wieder für andere ist es eine Entscheidung, um den Schmerz oder die Nähe zu vermeiden, die sie in früheren Beziehungen erlebt haben. (Einer eigenen Kategorie gehören diejenigen an, für die es Bestandteil ihres religiösen Gelübdes ist, die sich einem Leben des Dienens ge¬weiht haben. In diesem Fall wird das Alleinsein kulturell hoch bewertet. Aber selbst römisch-katholische Nonnen, die sich für das Zölibat entschieden haben, geben Jesus ein »Hochzeitsgelübde«.)
Ich habe einen Freund, der sich entschieden hat, allein zu leben. Er ist Komponist und hat sich ganz seiner Arbeit geweiht. Er lebt fast wie ein Eremit, arbeitet unre¬gelmäßig und führt ein einfaches Leben, zufrieden mit den 15000 oder 20000 Dollar, die sein Werk einbringt. Er fürchtet, in einer Ehe müßte er nicht nur mehr Geld verdienen, sondern auch seine Gewohnheiten und seinen gesamten Lebensstil auf Kosten seiner wahren Liebe, der Musik, ändern. »Ich lebe in einer Bruchbude mit undichtem Dach. Ich habe keinen Fernseher, keine Krankenversicherung und bin seit drei Jahren hier nicht herausgekommen. Klingt das so, als wäre ich ein begehrenswerter Junggeselle?«
Ingrid, eine begeisterte Chemikerin, die in der Forschung arbeitet, sagt, sie sei zufrieden mit ihrem Leben. Sie ist allerdings wütend, weil sie das Gefühl hat, eine Entscheidung treffen zu müssen.
»Männer in meiner Position haben Ehefrauen, die für sie sorgen, die täglichen Hausarbeiten erledigen, den Alltag organisieren und die Zerstreuungen und die sie unterstützen. Es ist nicht nur sehr schwer für eine Frau wie mich, einen Mann zu finden, der verstehen oder tolerieren würde, wie sehr ich von meiner Arbeit absor¬biert werde, in den meisten Fällen würde auch von mir erwartet, meine Arbeit auf¬zugeben, dem Vorzug zuliebe, verheiratet zu sein. Heutzutage ist es wenigstens möglich, daß ich einen Liebhaber habe, ohne deshalb allzusehr unter Beschuß zu stehen - obwohl es für manche Leute ein Problem ist, daß mein gegenwärtiger Liebhaber soviel jünger ist als ich - wieder etwas, das kein Mensch zur Kenntnis nähme, wenn ich ein Mann wäre.«
In eine etwas andere Kategorie gehören jene, die durch bestimmte Umstände gezwungen sind, allein zu leben. Vielen von ihnen ist es gelungen, das Beste daraus zu machen. In gewisser Weise aber haben sie ihren Traum von einer Beziehung auf¬gegeben, oft weil sie in der Vergangenheit sehr verletzt wurden. Wie spöttelte Edna Ferber doch so schön? »Eine alte Jungfer sein ist wie ertränkt werden, es ist kein ganz und gar unangenehmes Gefühl, wenn man erst einmal aufgehört hat, zu kämpfen.«
Für manche ist die Entscheidung für das Alleinbleiben nur eine Rationalisierung ihrer Unfähigkeit, mit den Forderungen einer Beziehung umzugehen. »Ich brauche meinen Freiraum«, »Ich habe einfach nie den Richtigen/die Richtige gefunden«, »Meine Arbeit nimmt all meine Energien in Anspruch.« Oft haben sie wiederholt die gleichen Probleme und Verletzungen erlebt. Ihre schwierige Kindheit hat bei ihnen Narben hinterlassen, die in jeder Beziehung Verheerung anrichten. Die Wun¬den brechen immer wieder auf, anstatt geheilt zu werden. Wieder und wieder müs¬sen sie feststellen, daß sie an der gleichen Stelle festsitzen. Und so beschließen sie, vielleicht zu Recht, daß sie allein besser zurechtkommen. Sie entscheiden sich, aus ihrer Situation das Beste zu machen, in einem gesellschaftlichen Klima, in dem es wenigstens toleriert wird, allein zu leben.
Ihre Zukunft wird rosiger sein. Aber für diejenigen, die das Alleinleben als Durchgangsstadium zur Ehe begreifen, werden die kommenden Jahre produktiver werden. Ich hoffe, daß das Alleinleben immer mehr akzeptiert werden wird. Aber, wie Sie zweifellos bereits bemerkt haben, sehe ich das Alleinleben in jedem Lebens¬abschnitt als eine Gelegenheit, sich und den eigenen Platz in der Welt zu finden. Angesichts eigener Erlebnisse, meiner Einstellung zur menschlichen Natur und Erfahrung mit Alleinstehenden glaube ich, daß etwas am Alleinleben nicht stimmt. Vermutlich lesen Sie dieses Buch, weil Sie es ebenfalls nicht für so überaus erstre¬benswert halten, auch wenn Sie Ihr Leben allein gegenwärtig vielleicht genießen. Vermutlich haben Sie den Wunsch nach einer dauerhaften Beziehung, und vermut¬lich ist eine solche bisher noch nicht zustande gekommen.
Das Bedürfnis nach Verbundenheit
Alleinstehende erzählen mir oft, sie hätten das Gefühl, mit ihnen stimme etwas nicht, weil sie ein so starkes Bedürfnis nach einer Beziehung haben. Manchmal hoff¬ten sie nur, daß praktisch irgend jemand des Weges komme, sich in sie verliebe, sie heirate und alles sich zum Besten wendete. Das mag uns unerwachsen und verzwei¬felt vorkommen. Doch nur allzuoft werden so Ehen geschlossen, die unter dem Vorzeichen stehen »Es ist meine einzige Chance«. Die Folgen sind meist katastro¬phal. Ohne das Gebot ihres Alleinlebens zu ehren, stellen sie in gewisser Weise ihre Jahre als Single nur bis nach einer Scheidung zurück. Sie müssen schon viel Glück haben und sehr hart an ihrer Beziehung arbeiten, um das zu verhindern. Viele ver¬harren in einer aussichtslosen Ehe.
Ich möchte allerdings nicht zu hart urteilen, denn in den meisten Fällen ist die Sache komplexer. Es geht dann nicht einfach nur um den verzweifelten Wunsch zu heiraten oder das Bedürfnis, einem leeren Leben Sinn zu geben. Diese Bedürftigkeit ist ein Symptom für ein tiefes Verlangen im Unbewußten. Es ist Ausdruck des menschlichen Bedürfnisses nach Ganzheit und Verbundenheit, genauer gesagt, nach einer sicheren, innigen, lebendig machenden Partnerschaft. Ich will damit sagen, daß wir Beziehungen brauchen. Das klingt ganz schön dramatisch, aber ich bin überzeugt davon, daß es zutiefst wahr ist. Es geht nicht einfach um verzweifelte Singles. Unsere menschliche Natur und unsere menschlichen Bedürfnisse lassen sich nicht verleugnen, egal wie sehr wir rationalisieren oder uns anpassen.
Denken Sie nur daran, wie wir mit dem Wort »allein« umgehen. Wir definieren Alleinstehende als abhängig von ihren Beziehungen: geschieden, verwitwet, getrennt lebend, verlobt, Junggeselle oder alte Jungfer - auch als nicht verheiratet. Oberflächlich sieht es so aus, als spiegele sich darin die Einstellung unserer Gesellschaft zur Ehe. Tatsächlich aber zeigt sich darin, daß wir unsere im Grunde beziehungsorientierte Natur unbewußt annehmen. Denken Sie nur daran, wie lebendig und in Überein¬stimmung mit der Welt wir uns fühlen, wenn wir verliebt sind und uns miteinander verbunden fühlen. Fehlt eine solche Verbindung, geraten wir aus dem Gleichge¬wicht.
Die Gesundheitsstatistiken sprechen eine deutliche Sprache über unser angebo¬renes Bedürfnis nach Beziehung. Menschen, die über lange Zeitabschnitte allein leben, neigen zu Depressionen. Ihr Immunsystem ist geschwächt. Sie sind anfälli¬ger für Krankheiten und haben eine geringere Lebenserwartung. Außerdem arbei¬ten sie weniger effizient und können Krisen oder Enttäuschungen schlechter durch¬stehen. Es ist praktisch ein Gemeinplatz, daß eine verwitwete Person innerhalb etwa eines Jahres nach dem Tod des Gatten verfällt, krank wird oder sogar stirbt, ob die Ehe glücklich war oder nicht. Und zahlreiche Studien haben nachgewiesen, welch schädigende Auswirkungen Vernachlässigung oder mangelnde Zuwendung bei Kleinkindern haben.3
Kurz gesagt, wir brauchen Beziehungen, insbesondere bindende, langfristige Liebesbeziehungen, die uns Heilung und Wachstum gestatten. Meiner Ansicht nach beschneidet fortgesetztes Alleinleben das Wachstum, denn es leugnet die funda¬mentalen Bedürfnisse des Unbewußten. Ich glaube, daß Alleinleben als Stadium gedacht ist, nicht als ständige Lebensform. Es gibt bestimmte Dinge im spirituellen und psychologischen Bereich, die wir nur in einer bindenden Zweierbeziehung erreichen können. Ich möchte Alleinstehende keineswegs kritisieren. Sie werden von einer Kultur, die den Zweck des Alleinlebens heutzutage weder versteht noch unterstützt, in der Luft hängengelassen. Alleinstehende müssen mit schwierigen Problemen fertig werden, ohne über die Mittel dafür zu verfügen. Ich wünsche mir, daß Alleinleben in dem Kontext, in den es gehört, akzeptiert und außerdem ver¬standen und ermutig wird. Gleichzeitig möchte ich mit der Vorstellung aufräumen, die Entscheidung, allein zu leben, sei einer Ehe gleichwertig. Das Alleinleben ist einer Ehe nicht gleichwertig. Mit dem Entschluß, allein zu leben, nehmen wir eine Beschneidung unserer Entwicklung hin und ignorieren die Direktiven des Unbe¬wußten zu unserem eigenen Schaden. Wir sind für Paarbeziehungen geschaffen.
Das Problem mit dem Alleinleben
Ich empfinde also große Sympathie für alle, die den glühenden Wunsch haben, eine Liebesbeziehung zu finden und zu bewahren. Aber mit Alleinlebenden zu tun zu haben, kann auch frustrierend sein. Ich stelle oft fest, wie jämmerlich wenig sie sich ihrer Erwartungen bewußt sind und ihres Verhaltens in Beziehungen. Sie sind nach den alten Regeln aufgewachsen und spielen nach den neuen. Sie wollen mit ande¬ren eine enge Beziehung eingehen, bevor sie verstehen, was Nähe bedeutet, und bevor sie sich überhaupt selbst nahegekommen sind.
Als Prediger habe ich jahrelang in kirchlichen Gruppen mit Alleinstehenden gear¬beitet. Ich habe nie aufgehört, mich darüber zu wundern, daß im Verlauf einer jeden beliebigen Sitzung mehrere der Teilnehmer sich endlos darüber ausließen, es gäbe für sie einfach niemanden, oder sie würden nie den richtigen Partner finden - obwohl sie von ein- oder zweihundert attraktiven potentiellen Kandidaten umgeben waren. Niemand schien ihren Vorstellungen gerecht zu werden. Inmitten der vielen offensichtlich zu habenden Heiratswilligen konnten sie niemanden ausmachen, an dem sie Interesse gehabt hätten.
Außerdem wurden mir regelmäßig Fragen gestellt, die so begannen: »Was ist, wenn die Person, der ich begegne, nicht ...«, worauf eine Reihe kaum verhüllter Klagen folgte: »... offen ist«, »... wieder anruft«, »... mit mir schlafen will«, »... auf¬richtig ist«, »... mich heiratet«, »... das Abendessen bezahlt«. Es verblüffte mich, daß diesen Menschen die dringendsten Grundlagen der Kommunikation und des Beziehungsverhaltens fehlten. Warum stellten sie sonst solche Fragen? Und würde es ihnen helfen, wenn ich ihnen die Antworten geben würde, wie: »Fred wird Sie nicht heiraten, weil er gern allein lebt.« - »Mona will nicht mit Ihnen schlafen, weil sie glaubt, das sei alles, was Sie von ihr wollen.« - »Irwin spürt, wie bedürftig Sie sind, und er fühlt sich davon bedroht, deshalb ruft er nicht wieder an.« »Alan bezahlt nicht fürs Abendessen, weil er nicht gern für einen Spender von Gratis¬Abendessen gehalten werden möchte und Sie ihm versichern müssen, daß Sie ihn wirklich gernhaben.«
Lange Zeit fragte ich mich verwirrt, warum all diese attraktiven Menschen so unerklärlich wenig Erfolg in ihrem Liebesleben hatten, bis ich eines Tages mit dem Pfarrer sprach, der in einer großen Nachbargemeinde eine Gruppe für Allein¬stehende leitete. Er gab zu, die gleichen Probleme zu haben. »Wissen Sie«, sagte er zu mir, »ich habe daraus den Schluß gezogen, daß viele Alleinstehende einfach nicht erwachsen geworden sind. Sie haben keinen rechten Bezug zur Realität, kennen sich selbst nicht. Sie haben nicht die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen. Ihre Vorstellungen von Liebe gehören in eine Phantasiewelt. Sie rennen einer Ehe ent¬weder hinterher oder davon, und dabei tappen sie im Dunkeln, um was es dabei eigentlich geht. Sie haben die Privilegien und den Besitz von Erwachsenen, aber sie sind noch nicht erwachsen geworden. Deshalb sind sie chronisch allein.«
Zuerst wehrte ich mich gegen das, was er damit sagen wollte, aber der Begriff »chronisch allein« setzte sich in meinem Kopf fest. Es ist zwar schwer, allgemein¬gültige Aussagen über Alleinstehende zu machen, aber heutzutage gibt es tatsäch¬lich eine riesige Gruppe von Menschen, die sich sicherlich als »chronisch allein« klassifizieren ließen: der Junggeselle, der nie ein Heim gründet, die Frau, deren Liebhaber nie zurückrufen oder die nie den richtigen Märchenprinzen findet, der Alleinstehende, bei dem offenbar immer wieder berufliche Ziele erfordern, eine Ehe auf später zu verschieben. Selbst diejenigen, die eine Reihe gescheiterter Ehen hinter sich haben, sind in gewisser Weise chronisch allein, wobei sie im Verlauf ihres grundsätzlichen Alleinseins zwischendurch kurze Ausflüge in Beziehungen unter¬nehmen.
Bei Workshops für Alleinstehende stellte ich fest, daß Alleinstehende erwarten, irgendeine magische Antwort auf ihre verwünschte Partnerlosigkeit serviert zu bekommen. Als könnte ich ihnen sagen, was sie zu tun, wohin sie zu gehen und was sie zu sagen hätten, um einen Partner zu finden - und zwar schnell. Oder sie hoff¬ten, der oder die Richtige würde sich neben sie setzen. Sie würden wahre Liebe doch nicht erkennen, auch wenn sie sich ihnen auf den Schoß setzte. Es könnte noch jemand Besseres geben. Vom nächsten Schritt in das Stadium von Nähe und Bindung hätten sie keine Ahnung. Eine junge Frau sagte wahrhaftig zu mir: »Ich liebe Joel, aber er ist nur ein Trainee in einer Bank, und er hat kein Interesse daran, ins Theater oder Museum zu gehen. Was passiert, wenn ich Joel sage, ich werde ihn heiraten, und dann einen Besseren finde?«
So viele Alleinstehende konzentrieren all ihre Bemühungen auf eine Perfek¬tionierung des äußeren Drum und Dran und die Strategien des Single-Daseins, um bei der Musterung der Partnerwahl zu bestehen. Dabei vernachlässigen sie die Erforschung ihres Inneren. Sie wollen den perfekten Partner finden, heiraten und machen sich dann Sorgen darüber, ob sie auch glücklich verheiratet sind. Sie weisen mögliche Partner ab. An denen finden sie dies oder das auszusetzen und erkennen nicht, daß der Fehler bei ihnen selbst liegt. Die Ironie ist, daß fast 50 Prozent der Heiratenden ihr Gepäck aus der Kindheit noch nicht ausgepackt und untersucht haben. Daher sind sie dazu verdammt, sich wieder in die Reihen der Alleinlebenden einzugliedern, und zwar auf die harte Tour der Scheidung. Sie verstehen nicht, daß sich nichts verändern wird, solange sie sich nicht ändern. Sie werden keinen gesün¬deren, reiferen Partner finden, solange sie selbst nicht gesünder und reifer sind. Sie müssen zuerst ihre Hausaufgaben machen.
Die Liebe fürs Leben
In diesem Buch geht es nicht darum, einen Partner zu finden. Doch mir sind die Probleme der Alleinstehenden wohl bewußt. Schüchternheit, Angst, Ambivalenz und vergangene Beziehungskatastrophen können sehr starke Hürden bei der
Partnersuche sein. Glauben Sie mir, ich habe von entmutigenden Alleinstehenden viele Schreckensgeschichten von Zurückweisung, peinlichen, sogar gefährlichen Situationen gehört. Den Impuls, zu Hause zu bleiben, ein Buch zu lesen und zu hoffen, daß man auf dem Weg zur Arbeit über den zukünftigen Geliebten stolpert, kann ich nur zu gut verstehen. Aber es ist unausweichlich, daß Sie sich als Bezie- hungssuchender in eine Situation begeben müssen, in der sie anderen Menschen begegnen. Das bedeutet, daß Sie sich exponieren müssen. Ich meine damit nicht, daß Sie Ihre Vorzüge am hellichten Tag öffentlich zu Markte tragen sollen. Sie soll¬ten sich aber so viele Möglichkeiten wie möglich geben, den Pool potentieller Partner zu vergrößern. Niemandem wird die Post einen Traumprinzen oder eine Traumfrau abliefern. Sie müssen jeden Weg prüfen - Gruppen für Alleinstehende, kirchliche Gruppen und Gruppen für Singles mit besonderen Interessen, Kurse und Aktivitäten, die auf Alleinstehende zugeschnitten sind. Schließen Sie auch die Anzeigenvermittlungen oder Kontaktanzeigen in seriösen Zeitungen oder Zeit¬schriften nicht aus, bei denen Sie den Eindruck haben, sie würden von der Art von Person gelesen, die Sie suchen.
Abgesehen davon sollten Sie Ihre Urteilskriterien überprüfen. Je enger und detail¬lierter Ihre Liste von erwünschten Qualitäten ist, je fester Ihre Vorstellung von einem annehmbaren Partner, desto beschränkter ist Ihre Auswahl. Ohne es zu wol¬len, lehnen Sie Tausende von möglichen Partnern ab. Sie geben ihnen keine Chance, Ihr Herz zu erobern. Beschäftigen Sie sich auch mit Menschen, die anders ausse¬hen, handeln und denken als die, an die Sie gewöhnt sind. Auch wenn Sie nicht glau¬ben, Ihren Partner auf diesem Weg zu finden, Sie selbst erweitern damit Ihre Mög¬lichkeiten. Das erweitert zudem die Zahl in Frage kommender Kandidaten.
Ich möchte hier auch kurz auf die Selbstsabotage eingehen, die ich bei vielen Alleinstehenden beobachtet habe. Diese Selbstsabotage manifestiert sich zum Teil darin, daß die Betroffenen nicht ausgehen, um andere Menschen kennenzulernen, oder die Kriterien für die Auswahl eines möglichen Partners eng einschränken. Mit ihrem Verhalten schrecken sie mögliche Partner mit Sicherheit ab. Ein Freund von mir meinte, daß viele Frauen, mit denen er während seiner Jahre als Alleinstehender ausgegangen war, »sich selbst in den Fuß schießen« würden. Als ich ihn bat, das näher zu erläutern, listete er mehrere Verhaltensweisen auf: Sie sprachen abfällig über frühere Freunde oder Beziehungen, setzten ihr Aussehen oder ihre Intelligenz herab, brachten ganz allgemein sofort negative Einstellungen zum Ausdruck, insbe¬sondere gegenüber dem anderen Geschlecht, fanden bereits in den ersten paar Minuten etwas an ihm auszusetzen, kamen schon bei der ersten Verabredung zu spät und brachten faule Ausreden vor, schoben das Versagen früherer Beziehungen vollständig auf ihre Partner, ließen allzu deutlich erkennen, daß sie sexuell und auch sonst zu haben waren, und reagierten dann peinlich berührt oder gingen fort, wenn er auf ihre Signale reagierte. »Nun frage ich mich, ob ich so etwas auch machte«, meinte er.
Achten Sie auf Verhaltensweisen, mit denen Sie sich selbst ein Bein stellen. Kurzgefaßt lautet das Rezept: Seien Sie positiv. Seien Sie aufrichtig. Seien Sie ansprechbar und offen für andere Menschen. Seien Sie Sie selbst, mit so viel Selbstvertrauen, wie Sie nur aufbringen können.
Mehr habe ich zu diesem Thema eigentlich nicht zu sagen. Ich bin davon über¬zeugt, daß Sie nicht mehr tun können. Es ist sinnlos zu versuchen, den oder die »Richtige« ausfindig zu machen. Das kann nur Ihr Unbewußtes, und Sie werden möglicherweise gar nicht allzu begeistert sein von dem, was es Ihnen präsentiert. Das einzige, was Sie bewußt bei Ihrer Partnerwahl tun können, ist, sich jemanden auszusuchen, der sich seiner selbst bewußt ist. Er sollte sich darauf einlassen, die notwendige Arbeit für eine dauerhafte Liebesbeziehung zu leisten.
Machen Sie sich bereit!

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Tag der Veröffentlichung: 24.05.2011

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