Cover

Shaw

Ich trat aus der Bar in der mein Arbeitskollege John seinen Geburtstag feierte. Als ich an ihn dachte stahl sich ein Grinsen auf mein Gesicht denn ich mochte ihn sehr. Ein kalter Windstoß riss mich aus meinen Gedanken. Die Straßen waren komplett leer. Trotzdem hatte ich das bedrückende Gefühl, beobachtet zu werden. Ich hatte Angst, dass der Mann, der mir seit zwei Tagen in meinen Träumen erscheint, hinter mir her ist. Das waren keine normalen, schönen Träume, sondern Alpträume. Jeder dieser Träume endete für mich an der Stelle, an der er mich tötet.

Ich beschleunigte meine Schritte immer mehr, bis ich auf einmal ein lautes Rascheln hinter mir hörte. Ich blieb so abrupt stehen, dass ich schon fast stolperte und wagte es nicht, nur einen weiteren Schritt zu gehen oder auch nur einen Finger zu bewegen. Vor Angst schnürte sich meine Kehle zu und ein eisiger Schauer lief über meinen Rücken. Ich lauschte angesträngt, darauf bedacht, auch nur das kleinste Geräusch zu hören. Plötzlich hörte ich von hinten Schritte auf mich zukommen und drehte mich um. Mein Herz setzte einen Schlag aus als ich ihn sah: Er hatte Hellbraune Haare die in alle Richtungen abstanden und moosgrüne Augen in denen ich zu versinken drohte. Er sah mir tief in die Augen und sagte: ,,Endlich habe ich dich gefunden." Er kam mit fünf großen Schritten auf mich zu und blieb erst stehen, als sein Gesicht nur mehr wenige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt war. ,,Wer sind Sie?" fragte ich den Fremden mit zitternder Stimme und verfluchte innerlich meinen verräterischen Körper. Ein übermütiges Grinsen stahl sich auf sein Gesicht als er mir ins Ohr flüsterte: ,,Ich bin Shaw. Übrigens brauchst du dich nicht vorzustellen, denn ich kenne deinen Namen schon. Du kannst auch wieder aufhören, wie Espenlaub zu zittern denn ich will dich nur beschützen!" Dieser Satz holte mich wieder aus meinem Schockzustand. Ich riss meine Augen auf und fragte:,, Vor wem?" Sogleich verdunkelten sich Shaws Augen und ich hörte ein tiefes Grollen in seiner Brust. Ich fragte mich wie ein Mensch so ein Grollen zustandebringt, denn ich kannte das nur von Katzen. Jedoch ließen mich Shaws nächste Worte hellhörig werden: ,, Jade, ich bin ein Gestaltwandler,genauso wie du. Ich muss dich vor einer Organisation in Sicherheit bringen, die es auf Gestaltwandler abgesehen hat." Nebenbei bemerkte ich auch, wie absurd diese Situation war. Ich stand hier in der Nacht mit einem überirdisch schönen Mann, der offensichtlich auch verrückt war, mitten in der Stadt wo ich doch eigentlich schon längst in meinem Bett liegen sollte, da ich morgen ja zur Arbeit musste. ,, Shaw ich muss jetzt gehen. Schön dich getroffen zu haben." nuschelte ich und rannte davon. Ich drosselte das Tempo nicht, bis ich nach Luft ringend vor meiner Haustüre ankam.

 

Letzte Gedanken?

Ich brauchte mehrere Versuche den Schlüssel in Schlüsselloch zu treffen, da meine Finger wie wid zitterten wie auch mein restlicher Körper. In meinem Schlafzimmer angekommen, schmiss ich meine Tasche in eine Ecke, legte mich ins Bett und schlief prompt ein. Plötzlich schloss sich eine Hand um meine Kehle, während eine andere Hand in einen Punkt unter meinem Ohr drückte und ich in der Bewusstlosigkeit versank. Mein letzter Gedanke war: Oh mein Gott ich bin sowas von tot.

 

Neues Leben

Eine schallende Ohrfeige holte mich aus der Bewusstlosigkeit. Als ich im nächsten Moment bemerkte, dass ich nicht in meinem Bett lag, ließ ich meinen Blick panisch umherschweifen. Was ich dort sah versetzte mich aber in noch größere Angst: Ich befand mich in einer altmodisch aussehenden Zelle und war mithilfe von Seilen auf einem Stuhl gefesselt. Die Seile schnitten mir unangenehm ins Fleisch und nebenbei musste ich mich noch bemühen, mich wegen des modrigen Geruches nicht zu übergeben, da mein Mund mit einem Tuch verschlossen war. Da bemerkte ich erst den Mann, der im Schatten vor mir stand. Mein Gefühl sagte mir, dass ich ihn kannte, ich konnte aber nicht herausfinden woher. Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Dieser man war mein Entführer. Er sah mich an und das boshafte Glitzern in seinen Augen ließ mir einen Schauder über meinen Rücken laufen. In diesem Moment erinnerte ich mich an Shaws Worte und ärgerte mich darüber, dass ich sie ihm nicht geglaubt habe. Mir stiegen Tränen in die Augen und ich musste ein Schluchzen unterdrücken, denn ich wollte dem Mann mir gegenüber nicht zeigen, welche Angst ich vor ihm hatte. Doch dieser sah meine Tränen sofort, ging mit ruhigen Schritten hinter mich, beugte sich vor und wispert mit seidenweicher Stimme: ,, Ich bin Lennard. Wie gefällt es dir hier in deinem neuen Zuhause? Naja, eigentlich interessiert es mich nicht, weil du auch bleiben wirst, wenn es dir hier nicht gefällt. Übrigens, du sollst eine Gestaltwandlerin sein? Du hast doch noch nicht einmal versucht, dich zu verwandeln. Oder hast du noch keinen Gefährten?" Ich antwortete nicht, da ich erst einmal seine Worte verdauen musste. Woher wusste er von den Gestaltwandlern? Und seit wann glaubte ich eigentlich daran, dass Shaw die Wahrheit gesagt hat? Der Mann deutete mein Schweigen als eine Antwort und sprach ganz erstaunt: ,,Du weißt wirklich nichts, oder? Dass ich das noch erleben darf! Ich dachte immer, die Rudel schützen zukünftige Gefährtinnen, aber anscheinend ist dem nicht so. Ich erzähle dir jetzt mal etwas: Es gibt keine weiblichen Gestaltwandler, sondern nur männliche. Aber dann gibt es noch die Gefährtinnen. Jede Gefährtin hat einen Seelenverwandten unter den Gestaltwandlern und wenn diese zwei die Paarbindung akzeptieren,sind sie offiziell Gefährten. Wie dem auch sei, ich muss jetzt weg. Ich hoffe du vermisst mich nicht! Ich lasse dir auch Konstantin hier.", meinte er und verzog sein Gesicht und versuchte zu grinsen, was ihm nicht besonders gut gelang. Die Zellentüre öffnete sich und ein breitschultriger, grimmig aussehender Mann trat ein. Dass musste wohl Konstantin sein. Er setzte sich mir gegenüber auf einen kleinen Stuhl und sah mich forschend an. Was er wohl gerade dachte? Ich konnte immer schlechter atmen, da mein Hals wie ausgetrocknet war. Konstantin bemerkte es, nahm mir das Tuch vom Mund. Er hielt mir ein Glas Wasser so vor den Mund, dass ich trinken konnte. Zu spät überlegte ich, ob dieser Lennard wohl etwas in das Wasser gegeben hat, denn ich spürte wie ich immer schläfriger wurde. Was ich nicht wusste war, dass Konstantins Blick noch immer auf mich gerichtet war, als ich schon schlief.

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 27.12.2013

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /