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Vorwort zu Herzensbürder

 

 

Ein Freund versteht deine Vergangenheit

 

glaubt an deine Zukunft

 

und akzeptiert dich heute so wie du bist.

 

*Verfasser unbekannt

Herzensbrüder

 

 

Herzensbrüder erzählt in kleinen heiteren wie auch nachdenklichen und traurigen Kurzgeschichten

die Erlebnisse von zwei jungen Männern Namens Niklas Olofsen und Oliver Sanderson.

 

Die Beiden kennen sich seit ihrer Jugend an und sind so verschieden wie es Freunde nur sein können.

Doch gerade ihre Verschiedenartigkeit ergänzt und formt ihre Freundschaft in all ihren gemeinsamen Jahren und macht aus den beiden Freunden etwas mehr wie nur ganz dicke aller beste Kumpels.

Sie empfinden sich schon sehr bald als Seelenverwandt und stehen sich im Leben so nah wie Brüder, in dem der Eine immer ein stetiger Teil im alltäglichem Leben des Anderen ist.

Nachtgedanken

 

Fast geräuschlos glitt der letzte Nachtzug aus der Halle. Der Bahnsteig war im Nu wie leer gefegt. Niemand hetzte mehr wie gejagt mit voll bepackten Koffern, durch die Gänge. Kein summendes Gemurmel von zig reiselustigen Menschen füllte mehr die Bahnhofshalle oder belegte mit hektischem Getümmel die Rolltreppen zu den einzelnen Bahngleisen. Ein leiser Windstoß wirbelte ein Stück Papier vom Boden auf und trieb es tänzelnd durch die Flure. Im Stützgebälck des Hallendaches kauerten dick aufgeplusterte, halbschlummernde Tauben eng aneinander und bildeten zusammen einen großen, grauen Federballen. Eine dumpfe Stille breitete sich aus, in der das monotone Rattern der Zugräder auf den Schienen mehr und mehr wie ein fernes, verirrtes Echo in der Weite verklang. Irgendwo in dieser scheinbar verlassenen, betongrauen Einöde hallte das einsame Schnippen eines Feuerzeuges von den Wänden wieder.

 

Ein junger Mann stand wie versteinert am Rande des Bahnsteiges und starrte mit seinen dunklen, großen Augen dem Zug hinterher. Sein schwarzes Haar kräuselte sich wirr ins Gesicht. Während er sich langsam und bedächtig eine Zigarette anzündete, fixierte er unbeirrt weiter wie die verblassenden, roten Schlusslichter allmählich in der pechschwarzen Nacht verschwanden. Ein wilder Hustenanfall riss Niklas aus seiner wehmütigen Versteinerung. „Verdammt, ich höre auf damit!“, grimmte er vor sich hin. Trotz allem versuchte er noch ein paar hilflose Züge aus der Zigarette, als wollte er damit seine innerliche Aufgewühltheit ganz cool und locker weg paffen. Dann wandte er sich fröstelnd vom Bahngleisrand ab und schnippte den Glimmstängel lautlos irgendwo hinter sich aufs Gleis. Nachdenklich schlenderte er zur Treppe am Ende des langen Ganges, die ihn zur Bahnhofshalle führte. Mit jeder Stufe keimten kleine Gedankenfetzen in ihm auf , wie: „Jetzt ist sie weg!“ oder „Sie hat dich verlassen!“ und „Das war´s nun!“. Ein Gefühl von melancholischer Sehnsucht stieg in ihm auf, begleitet mit der Frage warum nicht wieder alles so sein könnte wie vor 2 Jahren, als sie zusammen doch noch so überaus glücklich waren. War durch Veras Abreise nun wirklich alles vorbei? War sie jetzt auch gänzlich aus seinem Herzen gewichen?

 

„Aus den Augen, aus dem Sinn!“, ging es Niklas durch den Kopf, als er wenig später auf einer Banklehne in der Bahnhofshalle saß und dort einen Becher billigen, schalen Automatenkaffee vor sich hin nippte. Einige Meter vor ihm, prangerte die große Bahnhofsuhr über dem gläsernen Eingangstor und zeigte ihm tickend „1Uhr“ an. Menschenleer und beinahe totenstille war es um diese Zeit. Nur das dumpfe brummen der Motoren, von den Autos auf den Straßen, drang stumpf in die Vorhalle. Wieder spürte Niklas diese melancholische Sehnsucht die leise weiter in sein Herz kroch. Ein Hauch von Trauer erfasste ihn und füllte ihn mit einer endlosen Leere. Er hatte für einen kurzen Moment das Gefühl, dass nur seine Hülle mit dem Namen Niklas auf der Banklehne saß. Der Mensch selbst aber war, irgendwo auf den Gleisen, dem Zug wie verzweifelt hinter hergerannt und dann auf der halben Strecke völlig außer Atem stehen geblieben, während dieser sich unaufhaltsam weiter von ihm entfernte.Wie in Trance hatte er sich um Punkt 0.05 Uhr von Vera verabschiedet. Ein letzter, wenn auch nur freundschaftlicher Kuss, eine letzte sanfte Umarmung und ein bedrücktes „Leb wohl!“ von Vera in sein Ohr gehaucht. Es klang für ihn beinahe wie eine Art Schuldeingeständniss, als wollte sie damit ausdrücken: „Es tut mir leid. Ich wollte nie dass es so endet.“ Mit einem flüchtigen Lächeln war sie dann in den Zug gestiegen. Ein schriller Pfiff des Schaffners neben sich, ließ ihn aus seiner Trance zucken und die Türen der Wagone schlossen sich. Mit einem Ruck setze sich der letzte Nachtzug in Bewegung und glitt ganz langsam aus der Halle. Niklas meinte sich zu erinnern, dass Vera ihm noch lange nach gewunken hätte. Doch so ganz sicher war er sich darüber nicht mehr. Er hasste Abschiede und noch mehr hasste er diese Art von Abschied, bei denen er wusste das es danach kein weiter gab, sondern nur mehr ein:“ aus für immer und ewig!“. All ihre gut gemeinten Worte, ihre letzte Umarmung und zum Schluss dieser Kuss, gaben ihm für einen Bruchteil von Sekunden diese wohlvertraute Nähe wieder. „Hätten wir uns doch nur bis aufs Blut gestritten.“, dachte er bei sich und nippte ein erneutes Mal an seinem bereits kalten Automatenkaffee und hätte sich dabei so sehr gewünscht vielleicht auch einen gewissen Schluck Hass mitzutrinken. Sein bester Freund Oliver meinte noch kurz bevor Niklas zum Bahnhof fuhr “Ist doch wirklich besser so . Sonst hört Eure Off-On-Beziehung ja nie auf. Is eh schon wie ne schnulzige ,dumpfe Seifenoper.” Niklas stimmte ihm nur mit einem schwachem Lächeln nickend zu, denn irgendwie war er sich dem nicht ganz sicher , ob es wirklich so besser wäre. “Die hatte dich nie verdient !” versuchte Oliver weiterhin auf ihn einzureden. “Soll sie doch endlich wieder dahin verschwinden wo sie her gekommen ist und dort ihren neuen Typen mit ihren Zickereien tyrannisieren. Wer weiß wie lange sie dem dann treu bleibt, bis sie für den Nächsten die Beine breit macht .” wertete er fast schnaubend ab . Olivers Worte klangen hart und mehr als abwertend, doch leider waren sie war. Niklas wusste nicht genau was ihn an diesen Worten so verärgerte. Das sie so wahr und richtig waren oder sie seine Illusionen gänzlich zerstörten. Trotz allem was Vera ihm in den letzten zwei Jahren alles angetan hatte, schaffte er es immer noch nicht so richtig wirkliche Wut oder gar Hass für sie zu empfinden.

 

„Wenn man sich hasst, kann man sich besser entlieben!“ hörte er seine Mutter sagen, als er sie neulich angerufen hatte, um ihr mitzuteilen dass es nun endgültig vorbei wäre zwischen ihm und Vera. Er wollte Worte hören wie: „Es tut mir so leid für dich, mein Junge. Brauchst du etwas? Kann ich dir irgendwie helfen?“. Doch seine Mutter war nicht gerade ein sehr herzlicher Mensch, sondern eher von der ruppigen Art. Niklas wusste zwar, dass sie es mit ihrer Aussage nur gut gemeint hatte, doch so wirklichen Trost hatte es ihm in dem Moment nicht gespendet. Es folgten dann nur so blasse Phrasen von ihr wie: “Andere Mütter haben auch schöne Töchter.“ Oder „Du bist noch jung, hast das ganze Leben vor dir. Verschwende die Zeit nicht wegen einer solchen Frau, die eh nicht wusste was sie will!“ Und dann kamen ihre berühmten Schimpftriaden über seinen sauberen Herrn Vater. Seine Eltern hatten sich vor gut einem Jahr, nach 20 gemeinsamen Ehejahren, getrennt. Vielleicht hatte Papa ihr keifendes, ruppiges Gemüt einfach satt und hatte sich deswegen eine Jüngere gesucht. Ein wenig konnte er ja seinen Vater verstehen, auch wenn er die Art und Weise wie er damals mit seiner Mutter umgegangen war absolut nicht in Ordnung gefunden hatte. Nach 20 Jahren Ehe hatte man trotz aller Zerwürfnisse eine bessere und respektvollere Art verdient geschieden zu werden und nicht mit einer lausigen Abfindung und den Worten: „Fahr zur Hölle Hilde!“ Nach der Meinung seiner Mutter waren es ihre vergeudensten Jahre ihres ganzen Lebens und sie wäre zu lange viel zu naiv gewesen. Denn mit einem solchen Mann, wie mit seinem Vater, hätte man niemals glücklich werden können und schon gar nicht für immer und ewig. „Für immer und ewig ist nur der Tod!“ zeterte sie Niklas weiter in den Hörer. Das ganze schwoll im Laufe ihrer Unterhaltung, oder eher gesagt in ihrem Monolog, von Silbe zu Silbe zu noch mehr Dramatik an. “Diese junge, aufgepumpte Silikonpute nimmt ihn eh nur aus wie eine Weihnachtsgans!“, keifte sie und wechselte so gleich in ein schrilles schadenfreudiges Gelächter. „ So ein grenzdebiler, alter, geiler Bock dient doch nur als Geldbrunnen. Wenn das Geld weg ist, sucht die sich doch nen neuen, schrulligen Opa oder Sugardaddy, wie man zu so was heute sagt!“ Niklas verdrehte dabei jedes Mal genervt seine Augen und hatte an diesem Punkt ihres Monologes bereits zu dritten Mal verlauten lassen, dass er bald auflegen würde, weil er noch zu einem wichtigen Termin müsse. Seine Mutter hatte sich allerdings schon so derartig in Rage gekeift, dass sie seine Hinweise wohl längst nicht mehr wahrnahm, geschweige denn, überhaupt noch den eigentlichen Grund wusste, weswegen er sie angerufen hatte. Irgendwann aber gelang es ihm dennoch sich von all dem Gezeter loszueisen und den Hörer erschöpft, wie nach einer stundenlangen Hetzjagd, aufzulegen.

 

Selbst seine Eltern hatten sich einst einmal geliebt und sie hatten sich, ähnlich wie Niklas und Vera, in ihrer Studienzeit kennen und lieben gelernt. Niklas erinnerte sich noch gut an diese unbeschwerte, glückliche Zeit zusammen. Sie waren immer der Meinung dass ihre Liebe etwas ganz besonderes, etwas unvergleichbares und vollkommenes war. Nichts und Niemand würde so etwas Einzigartiges je trennen können, glaubten sie. Doch die Wahrheit sah bald anders aus. 3 Jahre lang waren sie ein Paar und in zwei davon hatten sie sich unzählige Male getrennt und wieder versöhnt und durchlebten jegliche Höhen und Tiefen ihrer Liebe. Es war nur eine Frage der Zeit bis es zum endgültigen und erlösenden Cut ihrer Beziehung kam. Man hatte sich im Alltag verloren. Ganz still und leise, wie ein Dieb in der Nacht, waren die Routine und die Gewohnheit in ihr gemeinsames Leben geschlichen. Mittendrin führte jeder sein eigenes Leben und alles Gemeinsame, die Nähe des anderen, was ihnen einst immer so wichtig gewesen war, gab es plötzlich Stück für Stück nicht mehr. Bei jedem Streit und jeder Trennung entfernte er sich immer einen Teil mehr von Vera und sie von ihm. Als würde sich alles was einst einmal zwischen ihnen war, wie in Rauchschwaden auflösen und zu einem schönen, aber alten Mär verblassen. Ihre Beziehung war mit jedem Neuanfang zu einem noch größeren Trugbild geworden an dem beide fälschlicherweise festhielten. Keiner tat etwas dafür, um dieses wunderbare, einzigartige Märchen wieder aufleben zu lassen, sondern fügte nur weitere Wunden hinzu, um es gänzlich sterben zu lassen. Doch das Aussprechen von: „Ich liebe dich nicht mehr.” oder dem “ Zwischen uns ist es aus!“, brachte keiner von ihnen über die Lippen. Vor gut drei Wochen erkannten aber beide letztendlich, dass sie sich schon längst stumm einig über das Aus ihrer Beziehung waren. Niklas hatte beim Aufräumen des Schreibtisches einen Brief gefunden, dessen Absender ihm völlig unbekannt war. Der Inhalt jedoch war nicht an ihn gerichtet und auch nicht jene verheißungsvollen Liebesschwüre die wie:“ Ohne dich will ich nicht mehr sein. Du gehörst hier her zu mir. Steig einfach in den nächsten Zug und lass uns hier bei mir einen Neuanfang wagen. In Liebe, dein Andreas!“

Wütend und mit bebender Stimme hatte Niklas damals den Brief Vera vor die Füße geworfen und sie dabei mit eindringlichen, enttäuschtem Blicken gefragt: „ Als du vor vier Wochen von Neuanfang gesprochen hast, meintest du damit wirklich mich oder eher ihn?“ Stumm und mit entsetzter Mine starrte sie Niklas mit ihren eisblauen Augen nur Minutenlang an. Ihre Wangen hatten sich mit einem Mal gerötet und gaben ihrem sonst so blassen Teint eine erhitzte Note. „Niklas ich…wir…also…“, stammelte sie und meinte dann hektisch: „ lass uns das alles heute Abend in Ruhe besprechen!“

 

Niklas erinnerte sich noch sehr gut an jenen Abend, als sie bei schummrigen Licht und einem guten Glas Wein auf dem Sofa gesessen hatten. Es war fast so wie jeden Abend, wenn sie sich dort zusammen müde aneinander kuschelt und sich die Ereignisse vom Tage erzählten. Nur an diesem Abend hatte er Vera nicht in seinen Armen und sie hatte wie selbstverständlich etliche Kissen zwischen sich und Niklas gestopft, beinahe als hätte sie sich so einen eigenen Schutzwall vor ihm errichtet. Ihre Augen wanderten verlegen durch den Raum und suchten erst gar nicht nach den Seinigen. Irgendwann durchbrach er die trügerische verklemmte Stille. „Also..?“, begann er und machte dabei eine auffordernde Handbewegung zu Vera. „Welchen Neuanfang meintest du nun genau?“. Als ob Vera auf diese Frage gewartet hätte platzte es aus ihr heraus und sie sprudelte mit gekünstelter Selbstsicherheit darauf los. „Weißt du Niklas, menschlich bist du mir absolut nicht egal geworden. Durch die gemeinsamen Jahre die wir hatten, mit all den Höhen und Tiefen, haben wir etwas durchaus Gutes und völlig Neues für uns kreiert. Ich kann sogar mit gutem Gewissen behaupten, dass du gerade deswegen zu einem engen und vertrauten Freund geworden bist, den ich so niemals hatte. Nur als Partner spüre ich dich eben nicht mehr, so als wärst du einfach aus meinem Herz gewichen. Am Anfang tat mir diese Gefühlsstille noch weh und ich versuchte sie immer wieder neu zu füllen. Doch durch Andreas habe ich gelernt es zu akzeptieren und auch den Gedanken daran das alles zwischen uns viel zu gewöhnlich zu Ende ging.“ Sie heftet ihre Blicke auf das Weinglas und drehte es nervös in ihren Händen. „Dabei hatte alles einmal so unglaublich und einzigartig begonnen.“ Fügte sie dann leise und bedauernd hinzu, gefolgt von einem bittersüßen Lächeln. Niklas hatte nur stumm dagesessen, seine Blicke ebenfalls nur leer auf sein Weinglas fixiert. Ihre Worte trafen ihn wie ein Dolch in den Rücken. Vielleicht hätte er lieber hören wollen, dass sie ihn noch liebte und dieser Andreas nichts von Bedeutung für sie war. Doch zugleich sah er auch ein, das sie nicht so ganz Unrecht hatte mit ihrer Aussage er wäre ihr allmählich „aus dem Herzen gewichen“. Ihm erging es ja ähnlich, nur mit dem Unterschied das er keine großen und leeren Versprechungen gemacht hatte und sich dann doch um etwas eventuell Besseres umsah.”Nun Gut, “ meinte er zu Vera. “wenns denn so ist, das Andreas dein Favorit ist...oder wie war das mit dem Kerl vor ihm ? Wie hiess er doch noch mal ? Marco ? Bernd ? Lars ? Tut mir leid wenn ich den Überblick von deiner Betthasensammlung verloren habe.” gab er mit giftigen zynischem Ton als Antwort. „Du Schlampe!“ knurrte sein Verstand in ihm auf. Doch sagen wollte er genau das nicht. Vera hatte sich nur stumm erhoben , war zum Fenster gegangen und meinte mit abgewandtem Blick “ Vielleicht war all das doch nicht so besonders und einzigartig und ich bin wohl auch nicht die Frau für dich mit der du für immer glücklich werden könntest!” Niklas musste wohl in dem Augenblick erkennen, dass es nun wirklich keine neue Chance für sie beide gab. Noch am gleichen Abend packte er seine Sachen und verließ ihre gemeinsame Bleibe. Er wollte nur noch eines, schnell weg aus diesem Karussell von Wut, Enttäuschung und stiller Erleichterung. Seit dieser Zeit hatten sie sich nie wieder gesehen oder gar noch einmal versucht ein klärendes Wort zu wechseln. Niklas nahm die Dinge nun einfach so hin und im Endeffekt wollte er es auch so dabei belassen. Was sollte auch all diese Gefühlsduselei, denn ein Zurück zu Vera und zu einem erneuten Beziehungsdrama gab es für ihn nicht mehr. Erst als Niklas vor drei Tagen die SMS von Vera erreichte, in der sie ihm geschrieben hatte, dass sie heute gegen 0.00 Uhr mit dem letzten Zug nach Hamburg fuhr, hörten und sahen sie sich seitdem wieder zum ersten mal.

 

Aus diesem Grund war er nun hier, saß in der Stille der Bahnhofshalle und ließ vor seinem geistigen Auge alle Ereignisse der vergangenen Wochen Revue passieren. Ein „für immer“ sollte es werden, nun war sie nach drei Jahren weg. In eine andere Stadt, zu einem anderen Kerl, mit dem sie sich ein neues: „für immer und ewig“ aufbauen wollte, wenn überhaupt. Niklas fühlte sich von Vera verraten, für Maslos dumm verkauft und so unermesslich um seine Chance betrogen. Wieder kreisten ihm ihre Worte durch den Kopf und nun klangen sie irgendwie plötzlich mehr wie blanker Hohn. Ähnlich leise, schleppend, gleichsam wie die Trauer und Sehnsucht von vorhin, nur wesentlich schmerzhafter, ballte sich etwas in ihm zusammen. Erst fühlte er es ganz sacht in sich grollen, dann aber schwoll es von Sekunde zu Sekunde zu noch mehr Größe an und tobte schier wie ein kleines, trotziges Kind. „Warum hat sie es mir denn nicht schon eher gesagt?“ Unverständlich schüttelte er den Kopf. „Was sollten denn diese bescheuerten Floskeln von engen und vertrauten Freund?“ ergrimmte sich Niklas. „Als Freund findet sie mich also ganz toll, aber ins Bett geht sie dann doch lieber mit anderen Kerlen!“ zischte es spöttisch aus ihm heraus. Wie hatte es Olvier böse aber doch sehr treffend gesagt : “Einmal fremd gefickt , wirds nicht mehr zurück genommen !” Bei Vera war es leider mehr als nur einmal und immer wieder hatte er ihr aufs Neue verziehen und erneut all ihre schönen Lügen geglaubt. Erbost über diese Tatsache knüllte er den leeren Plastikbescher zusammen, warf ihn vor seinen Füssen auf den Boden und stampfte etliche Male energisch darauf herum. „Nicht mehr mit mir!“ giftete er und schmiss das platte Plastikding wütend in den Abfallkorb. Zornig versetzte er diesem noch zusätzlich einen Tritt, bevor er dann einige Schritte ziellos durch die Halle wanderte. „Wenn man hasst, entliebt man sich besser!“, hörte er wieder seine Mutter sagen. Auch wenn er ihr nur allzu ungern zustimmte, aber jetzt und in dieser Minute hatte sie Recht. Endlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen und die Gewissheit vertiefte sich in seinem Herzen. Es war nur mehr alles eine Lüge gewesen und hatte nichts mehr mit dem zu tun, was er einst Liebe nannte.“ Du liebst sie wirklich nicht mehr und die wirst sie auch nie mehr wieder lieben können!“, gab es ihm weiter zur Antwort. Matt fuhr sich Niklas durch sein Haar und rieb sich die Augen. Dann streckte er sich, als wäre er von einem langen tiefen Schlaf erwacht. Die mächtige Bahnhofsuhr über den gläsernen Tor zeigte im 2.30 Uhr an. Langsam schlenderte er auf sie zu und drückte die schwere Glastür auf. Bevor er jedoch gänzlich die Halle verlies drehte er sich noch einmal um und blickte zurück in die gähnende Leere des Bahnhofes. „Aus den Augen, aus dem Sinn!“, flammte der Spruch erneut in ihm auf. „Das ist ganz gut so!“, sagte ihm nun sein Verstand. Niklas trat hinaus und atmete die dämmrige, süßliche Luft tief ein. Noch ein wenig zögernd setzte er einen Fuß vor den anderen. Stufe für Stufe entfernte er sich immer weiter von jenem Ort, an dem er heute für immer und ewig seiner großen Liebe „Lebe wohl!“ gesagt hatte. Alles was er jetzt hinter sich ließ, gehörte von nun an zu einer abgeschlossenen Vergangenheit. Mit allmählich zügigeren Schritten tauchte er in den noch schlummernden Stadttrubel und stolzierte beinahe voller Vorfreude in ein völlig neues und noch unbescholtenes, junges Leben ohne Vera. „ Willkommen, du jungfräuliche Welt!“, lächelte Niklas in den beginnenden Morgen.

 

 

 

Impressum

Texte: Daniel C. David
Bildmaterialien: Daniel C. David
Lektorat: Daniel C. David
Übersetzung: Daniel C. David
Tag der Veröffentlichung: 24.04.2016

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
In liebevoller Erinnerung an: Meinen besten Freund und Herzensbruder Ralph B. *16.8.1969 - +8.1.2016 und Meiner großen Liebe , meinem "Rösschen" Martina S. *28.7.1969 - +28.2.2002 *Ich liebe und vermisse Euch *

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