Cover

Interaktives Lesevergnügen

 

 

Was anfangs so neu und interessant war …

 

In den Eierschalen wurde es langsam aber sicher eng ... nein, furchtbar bedrückend eng!

„El, es ist unerträglich! Ich hab ständig meine Pfote im Auge. Mach mal was dagegen!“, moserte Su und grollte tief in ihrer beklemmenden Behausung. Obwohl, wenn sie sich auf dieses Grollen konzentrierte, dann hörte es sich eher wie ein quietschiges Quengeln an. Seltsam!

„Reg dich nicht auf. Nun sind unsere Körper lebensfähig und so lange musst du nicht mehr warten, bis du wieder mehr Freiraum hast“, kommentierte El die Beschwerde ihrer Götterschwester.

Konnte es nicht jetzt schon losgehen? Su war drauf und dran dieses Experiment abzubrechen. Wenn man es gewohnt war, gar keine Grenzen zu kennen, dann war diese mistige Eierschale kaum zu ertragen!

Auch El ging es nicht gut, was sie ihren Schwestern aber nicht auf die Nasen binden würde, doch am schlimmsten traf es Ka, denn sie konnte kaum noch ihre Augen aufhalten. Ständig überkam sie der Drang die Augen zu schließen, worauf dann ihre Gedanken immer weg waren. Dann noch dieses stetige Maulaufreißen und dieses Geschmatze. Seltsam!

Unsereins würde es als Gähnen und Müdesein bezeichnen, doch wie sollten die göttlichen Drachenwesen das wissen oder erkennen?

Alle drei bekamen die volle Auswirkung eines irdischen Lebens zu spüren …

Und wenn es dann noch an einer Stelle ziepte und man sich nicht kratzen konnte, und darüber hinaus noch nicht mal wusste, was denn ‚Kratzen‘ war …

Wirklich, die drei armen Draggöttinnen waren angepisst, aber so was von!

Wann ging es endlich los?

 

 

Derweil an einem anderen Ort …

 

Bedrohlich düstere grauschwarze Nebelschwaden überzogen Dragotan, die Insel der Dragots.

Die Nebeldrachen der Unterwelt waren auf der Suche nach vorantreibendem Lebenssaft.

Schwärze, nichts als Schwärze bedeckte den Boden, alles Leben ging unter dieser undurchdringlichen Schicht zu Grunde. Die Magie dieser Drachenwesen war, wenn man es neutral betrachtete, phänomenal, einfach der pure tödliche Wahnsinn. Aber man konnte es nicht neutral bewerten, denn alles, was lebte erstarb!

Voller Sorge blickte Jason beim Überfliegen in das nahegelegene Waldstück.

Die Nebeldrachen entzogen selbst den größten Bäumen so rasend schnell all ihren Lebenssaft, dass diese kalkweiß ihre kahlen Äste in den Himmel strecken, und damit Jason entgegen.

Alles aus dem Nebel Emporragende, was einst Leben in sich trug, war gebleicht von der immensen Saug- oder Sogkraft. Nicht der kleinste Grashalm hatte diesen Angriff überstanden.

Tränen liefen ohne Unterlass über seine Wangen.

‚Wie konnte sie sich nur so weit vorwagen? Weiß sie denn überhaupt, was sie damit angerichtet hat? Was alles auf dem Spiel steht?‘

Dank der heißen Lavaströme blieb der Vulkan von der Wirkung der Nebeldrachen verschont. Jason landete auf der Insel im Vulkan. Zakton und Rob standen neben ihm. „Die Insel ist verloren, alles an der Oberfläche stirbt. Wir müssen die Insel verlassen, es gibt kein Zurück. Die Nebeldrachen haben alles erstickt.“

Rob umrundete verzweifelt den Baum im Krater. „Axa muss vernichtet werden, bevor alles hier an der Oberfläche tot ist. Wir müssen sie finden, die Nebeldrachen werden die ganze Erdoberfläche überfliegen. Dragotan ist erst der Anfang. Sie will die Unterwelt an die Oberfläche bringen. Sobald die Nebeldrachen ihre Arbeit verrichtet haben, wird sich alles drehen. Die Wesen der Unterwelt gelangen hierher und alle anderen Welten sind ebenso betroffen.“

Vor Aufregung zitterten Jasons Flügeln. „Was können wir tun? Wo sollen wir anfangen sie zu suchen?“

Behutsam legte Zakton seine Krallen auf Jasons Schulter. „Deine Kinder finden sie. Sie sind unsere einzige Hoffnung.“

Das war definitiv keine Alternative, Jasons Nackenschuppen richteten sich auf. Unwillig sah er zu Zakton auf. „Nein, das lasse ich nicht zu. Sie sind zu jung!“

Jeder kannte die Prophezeiung, Rob stellte sich zu ihm. „Jason, denke nach, bevor du dich entscheidest. Wir sind bei ihnen, können jederzeit ins Geschehen eingreifen.“

Jason wandte sich dem Lavafluss zu, sah in den glühenden, trägen Strom. Die aufsteigende Hitze ließ sein Blut brodeln. „Das weiß ich, aber wir sollten erst alle anderen Möglichkeiten in Erwägung ziehen.“

Der Junge begriff die Tragweite seiner Worte nicht, Zakton lehnte sich gegen den Baumstamm. „Das tun wir seit Wochen. Ich habe sämtliche Seelen vor geraumer Zeit auf die Suche geschickt, keine kam zurück.“

„Womit ich ausschließen kann, meine seherischen Fähigkeiten schneller wiederzubekommen.“

Mit Nachdruck redete Rob auf seinen Sohn ein. „Jason, die Zeit drängt! Es ist so weit, wir müssen sie holen.“

Sie breiteten ihre Flügel aus und erhoben sich in die Luft.

Außerhalb des Kraters fiel das Atmen schwer. Selbst der Sauerstoff war arg in Mitleidenschaft gezogen und ziemlich dünn worden. Wie sollte es auch anders sein, und es würde stündlich weniger werden. Es waren keine Grünpflanzen mehr da, um für Nachschub zu sorgen. Jason ließ seinen Blick in die Runde gleiten, vor ihm breitete sich eine schwarze Wüste aus, die fließend in das Grau des Himmels überging. Er überflog den Friedhof, sah Zakton plötzlich in einem kahlen Baum hängen, er wollte sich zu seinem Vater umdrehen und starrte in Axas verzerrte Fratze.

 

Schweißgebadet und um sich schlagend erwachte Jason. Es war stockdunkel um ihn herum.

Schon zum siebten Mal in diesem Monat hatte er diesen Traum und erwachte stets an dieser Stelle. Immer in etwas abgewandelter Form, doch immer auf der Insel und immer mit Nebel. Sein Kissen war komplett durchgeschwitzt. Er schnipste die Kerzen in seinem Zimmer an und stieg aus seinem Bett. Völlig übermüdet schlich er in die Küche, schüttete sich ein Glas Blaublubberlimo in ein Glas und setzte sich an den Küchentisch. Nicht nur er war wach, Snowsky, Charlyns Katze schlich um seine Beine.

‚Ich hasse diesen Traum. Wenn das die wahre Zukunft ist, dreh ich durch. Keiner darf von diesem Traum erfahren! Vielleicht kann ich die Zukunft in eine andere Richtung lenken‘, dachte er.

In wenigen Tagen würden die Kinder von ihm und Raika schlüpfen. Auch sein elfter Geburtstag stand in ein paar Monaten an.

 

Reichlich unerwartet erschien Rob plötzlich im Türrahmen. „Wieso bist du mitten in der Nacht wach? Was quält dich dermaßen, dass du Blaublubberlimo in dich rein schüttest?“

Nein, Jason sah nicht auf, behielt seinen Blick im Glas. „Mich nervt, dass der Hotelgang nächste Woche wieder anfängt.“

Die Limo verfärbte Jasons Nasenspitze bläulich.

Irgendetwas an Jasons Verhalten war unstimmig, Rob wusste nicht, ob er ihm das so abnehmen sollte. „Geh wieder ins Bett. Noch hast du Zeit, dich um Raika zu kümmern und Idalos ist auch noch da.“

„Ja, du hast recht. Was machst du überhaupt hier? Ich dachte du schläfst im Schaukasten?“

Dumme Frage, Rob grinste frech. „Ich hab deine Mama besucht, bin jetzt aber auf dem Weg zum Schaukasten.“

 

Sicher … nächtlicher Besuch, kein Problem, doch es nervte Jason, dass sein Vater seiner Mutter das Gegenelixier immer noch nicht gegeben hatte. „Dann wünsch ich dir noch einen netten Traum.“

„Danke, mein Sohn. Ich wünsch dir auch noch eine ruhige Nacht.“ Rob verließ das Haus.

Widerwillig ging Jason wieder in sein Zimmer und schmiss sich auf sein Bett. Ohne seine Höllenhündin Sparkie hasste er sein Zimmer. Mit niemandem konnte er seine Gedanken so austauschen, wie mit ihr.

Skyla war und blieb auch verschwunden, wohin wusste keiner. Sie war weg, seitdem Axa Dragonrock kurzweilig in ihrer Gewalt hatte. Jason hoffte die ersten Tage vergebens, wenigstens ihre Katze würde auftauchen. So hätte er vielleicht eine Basis, sie zu suchen.

In den letzten Tagen spukte Skyla immer häufiger in seinen Gedanken. Unzufrieden warf er sich auf sein Kopfkissen und heulte sich in den Schlaf.

 

Früh am Morgen stand Elaine in der Tür und weckte ihn. „Jason, steh auf. Raika wartet.“

„Ja gleich, nur noch eine Minute.“

„Das kenne ich, und dann schläfst du wieder ein. Steh jetzt auf!“

Wenn es denn sein musste… er stand auf und schlurfte ins Bad, blickte in den Spiegel … nett, seine Nasenspitze war noch blau von der Blaublubberlimo. Müde strich er seinen kinnlangen Pony nach hinten und wusch sich.

 

Beim Frühstück amüsierte sich Charlyn königlich über seine Nase und wollte auch Blaublubberlimo trinken, was Elaine strikt ablehnte. Daraufhin verzog sich die kleine Hexe nach dem Essen maulend in den Garten.

„Wo sind Rob und Leo?“, fragte Jason seine Mutter.

„Leonard hat im Hotel Nachtwache gehalten und musste die Gästelisten mit den Wächtern durchgehen. Wo Rob ist, weiß ich seit Tagen nicht.“ Elaine nahm neben Jason Platz und schmierte sich ein Brot, während sie ein neues Thema anschnitt. „Warum sagst du nicht endlich Papa zu Leo? Er macht einen ziemlich geknickten Eindruck, wenn du ihn mit seinem Namen anredest.“

„Frag das Rob und nicht mich.“

„Mir ist klar, dass du viel Zeit mit Rob verbracht hast. Doch er ist nicht dein Vater.“

Jason schielte sie schief an und verdrehte die Augen. ‚Warum gibt er ihr nicht endlich den Trank? Ich hasse Leobleo. Dieser eingebildete Fatzke nervt mit seinem ständigen Papi-Sohn Getue. Was bezweckt er damit? Mama, du bist so blind, siehst du gar nicht, dass er uns nur manipulieren will?‘

 

Anfangs wollte Jason es selber nicht glauben, was Charlyn ihm erzählt hatte, aber er beobachtete Leonard und es stimmte.

Sobald Leonard glaubte allein zu sein, redete er wirres Zeug daher. Im Dorf gaffte er auch jeder jungen Hexe nach. Jason hatte versucht, seine Mutter darauf hinzuweisen. Doch sie ignorierte alles Schlechte über Leonard, als ob sie es nicht hören würde und superdeutlich konnte er es ihr nicht sagen, dazu fehlte ihm der Mut. Er rief seinen Besen. „Ich flieg los. Bis heut Abend.“

„Kannst du nicht früher nach Hause kommen? Leo und ich hatten vor mit Charlyn und dir einen Ausflug zu See zu machen. Damit du auch mal auf andere Gedanken kommst.“

Jasons Nackenhaare sträubten sich. ‚Heile Familie spielen, nein danke!‘

Um seine Mutter nicht zu verletzen, griff Jason zu einer Notlüge. „Sei mir nicht böse, aber Idalos bringt mir heute Abend bei, was Drachenbabys so alles brauchen. Das ist wichtig, du verstehst das doch?“

Elaine nickte ihm zu und ging betrübt zurück ins Haus.

 

Bevor Jason die Katakomben ansteuerte, machte er einen Abstecher in die Bibliothek des Schlosses.

Bogus, der Bibliothekar strahlte ihn über seinen Brillenrand hinweg an. „Was verschafft mir die Ehre deines Besuches?“ Bogus legte das dicke Buch in seinen Händen geräuschvoll auf seinen Schreibtisch.

Jason war mächtig froh darüber, dass Bogus nicht nachtragend wegen der Sache mit dem ‚Buch der Drags‘ vor ein paar Wochen war. Wenn man es genau betrachtete, gehörte ihm das Buch ja auch nicht wirklich, denn es war eines der Heiligtümer der Dragots. „Hallo Bogus, ich möchte etwas über Nebeldrachen lesen. Hast du so was?“

Eine weitere bekannte Person blickte zwischen zwei Bücherregalen raus, Mrs. Salara. „Was willst du mit einem Buch aus der Parallelwelt?“

Hm, anscheinend handelte es sich um ein Buch, dass Kinder nicht häufig lasen, Jason drehte sich ihr zu. „Nichts Besonderes, ich hab das irgendwo aufgeschnappt und bin neugierig geworden.“

Sie kam mit einem Stapel Bücher an den Sekretär. „Du solltest dir lieber Bildungsbücher ausleihen. Dir fehlen mehrere Gastmonate.“ Ohne weiter auf Jason einzugehen verschwand Mrs. Salara samt der Bücher, nachdem Bogus jedes einzelne mit seinem Z-Stab angetippt hatte.

 

Da der Bibliothekar den jungen Dragot mochte, winkte Bogus Jason zu sich und flüsterte. „Die Abteilung für Parallelweltbücher ist dort hinten links. Ich kann diese Bücher nicht herhexen. ‚Nebeldrachen der Unterwelt‘ müsste in der dritten Reihe von oben ziemlich mittig stehen. Ich genehmige dir zwei Wochen für das Buch. Danach darfst du es dir nie wieder ausleihen, also sei fleißig.“

Irritiert, aber nicht wirklich verwundert über diese Aussage, sah er Bogus an. „Wieso kann ich es mir dann nie wieder ausleihen?“

Seine Aufmerksamkeit wurde durch zwei Kinder, die sich um ein Buch stritten, abgelenkt.

„Unterweltbestimmungen“, antwortete Bogus kurz angebunden und bequemte sich aus seinem Sessel. Er ging schnurstracks auf die Kinder zu und schimpfte mit ihnen.

 

In der Abteilung der Parallelweltbücher knarrten die Bodenbretter erbärmlich. Was zur Folge hatte, dass die Bücher leise vor sich hin stöhnten, als ob sie die Störung ihrer Ruhe nicht mochten. Ungeachtet dessen haftete Jasons Blick an einer Tür, die am Ende der beiden Regalreihen in der Wand erschien. War die schon immer dort? Die Klinke wurde von der anderen Seite heruntergedrückt.

Ein super blasses weißhaariges Mädchen von circa fünfzehn Jahren trat durch die Tür. Schwer bepackt begann sie den Stapel Bücher abzusortieren. Dabei fiel ihr eines vor Jasons Füße. Er hob es auf und wollte es ihr geben. Verstört sah sie sich um, griff zu hastig danach und die restlichen Bücher ergossen sich auf dem Boden. Völlig von der Rolle heulte sie lautlos vor sich hin, während sie die Bücher mit Jasons Hilfe aufhob. Ihren stummen Lippen konnte Jason entnehmen, dass sie sich bedankte. Schnell waren nun alle Bücher an ihrem Platz und das Mädchen eilte durch die Tür. Jason sah ihr hinterher und konnte das Folgende nicht fassen … die Tür verschwand einfach. Er ging zu der nackten Wand und fühlte sie ab, nichts, nur kalter Stein. Irritiert schüttelte er den Kopf und begann vergebens sein Buch zu suchen ...

 

Nach einer Viertelstunde Bücherrücken anstarren und Titel entziffern, gab er die Suche auf.

Ein letztes Mal sah er auf die Wand und ging zu Bogus zurück. „Ich kann es nicht finden.“

„Warte, ich sehe nach.“ Bogus zog einen schwarzen Zettel unter seinem Schreibtisch vor. „Nein, es ist nicht verliehen. Ich suche es für dich raus.“

Aha, anscheinend fand die Suche zwischen den Regalen statt, Jason folgte Bogus.

Mit seinen Fingern glitt Bogus über die Buchrücken. „Es muss falsch eingeordnet sein. Trete in den Hauptgang.“

Neugierig und um nichts zu verpassen, ging Jason rückwärts und beobachtete Bogus, der seinen Z-Stab schwang.

Ruhig und fachkundig beschwor Bogus einen Sortierhex. „MOLADE EMTIRAL SORT!“

Schwerelos glitten alle Bücher aus den gegenüberliegenden Regalen und begannen langsam Bogus zu umkreisen. Jedes einzelne tippte er an und es schwebte auf seinen richtigen Platz. Das letzte Buch blieb vor ihm in der Luft stehen, er nahm es und warf es Jason in die Hände. Jason drehte es so, dass er den Titel lesen konnte. ‚Nebeldrachen der Unterwelt!‘

„Danke, in zwei Wochen bring ich es zurück.“

„Vergiss das nicht, sonst kann ich für nichts garantieren.“

Fragend blickte Jason von dem Buch hoch zu Bogus.

„Die Unterwelt duldet keine Überziehung. Bring es pünktlich zurück, dann geschieht nichts, und lass es nicht fallen. Die Buchstaben sind schwer davon zu überzeugen, ihren alten Platz einzunehmen.“

Interessant, doch sicher absolut Quatsch um ihn aufzuziehen, Jason kratzte sich am Kopf, bedankte sich und ging.

 

Draußen vor den Schlosstor war es ruhig. Die Gäste schliefen zum überwiegenden Teil noch. An der Baumgruppe stand ein einzelner Hexer mit dem Rücken zu ihm. Jason atmete tief ein und drückte das Buch an seine Brust.

Jäh griffen zwei Krallenfüße in seine linke Schulter. Ihm lag ein unschöner Fluch auf den Lippen, so sehr bohrten sich die spitzen Krallen in sein Fleisch. Vorsichtig sah er nach, wer es sich da auf seiner Schulter gemütlich gemacht hatte und schaute in ein paar schwarze Rabenaugen, die ihn mit einem schrägen Blick fixierten. Jason fand es nicht einmal seltsam, dass der Vogel ihn so anstarrte. Die Krähe faltete ihre Flügel ein und guckte weiterhin, als ob sie etwas von Jason erwarten würde. Vorsichtig, damit er das Tier nicht verschreckte, setzte Jason sich auf das breite Geländer des Schlosseingangs.

„Und was gedenkst du nun zu machen? Ich kann dich nicht dorthin mitnehmen, wo ich jetzt hin muss.“

Unverblümt starrte die Krähe ihn an, neigte ihren Kopf noch ein wenig mehr zu seinem Gesicht.

„Bist du eine männliche oder eine weibliche Krähe? Verstehst du mich eigentlich?“

Echt schräg, er plauderte mit einem Vogel, Jason hob langsam seine rechte Hand und streichelte der Krähe durch das Brustgefieder. „Mal sehen. Ich versuch jetzt einfach mal was. Wenn du ein Männchen bist, dann nickte einmal, wenn nicht zwei Mal.“

Zwei Mal zog die pechschwarze Krähe ihren Kopf so weit runter, dass Jason sich sicher sein konnte, dass sie ihn verstanden hatte.

„Schön, auf meiner Schulter bohrt eine weibliche Krähe ihre Kallen runter bis auf meine Knochen. Hat es einen bestimmten Grund, warum ich in diesen Genuss komme? Einmal nicken für ja, zwei Mal für nein.“

Nun nickte die Krähe einmal.

„Es ist eigentlich hirnrissig dich zu fragen, ob du mir wohlgesonnen bist. Denn falls nicht, würdest du es mir sicher nicht auf die Nase binden, oder?“

Ein recht aktives Vögelein, denn jetzt stupste die Krähe mit ihrer schwarzen Schnabelspitze auf seine Nase.

„Hast du einen Namen? Ich hab so die Angewohnheit, den Tieren, die mir zulaufen oder zufliegen einen Namen zu verpassen. Ja einmal, nein zweimal.“

Sie nickte einmal. „So, du hast einen Namen und den kannst du mir sicher nicht verraten, oder?“

Sie nickte zweimal, also nein.

„Darf ich ihn denn wissen?“

Sie antwortete mit einem Kopfnicken.

„Kannst du ihn in den Sand schreiben?“

Ach nee … der schwarze Vogel schüttelte seinen Kopf.

„Na prima, du kennst den Unterschied zwischen einem Nicken und Kopfschütteln, dann können wir uns das ein oder zweimal Nicken ja wieder verkneifen.“

Die Krähe nickte heftiger.

„Bist ein sehr schlaues Tier. Darf ich deinen Namen nun wissen?“

Sie nickte. Beide vereinbarten ein Zeichen, wenn Jason das ABC langsam aufzählte, das sie kurz aufkrähte, wenn der Buchstabe stimmt.

Nach dem Anfangsbuchstaben A folgte ein P ...

Am Ende kam - Apula - heraus.

 

„Ein schöner Name, Apula. Und nun verrat mir, was ich für dich tun kann.“

Die Krähe schüttelte energische ihren Kopf. Plötzlich haftete ihr Blick an der nördlichen Burgmauer. Jason sah ebenfalls empor und staunte.

„Sind das deine Kumpels?“

Apula antwortete nicht, begann zu zittern. Die erste Krähe hob von der Mauer ab, breitete ihre Flügel aus und steuerte auf Jason zu. Die anderen Krähen hoben gleichzeitig ab und folgten der ersten, die viel größer war als all die anderen. Jason spürte, wie Apula ihre Krallen aus seiner Schulter herauszog. Sie breitete ihre Flügel aus, drückte sich ab und floh vor dem Krähenschwarm davon.

Jason sah ihr nach, bis sie aus seinem Blickfeld verschwand. Kurz dachte er darüber nach ihr zu folgen, doch dann warf er einen Blick auf die anderen Krähen und warf sich zu Boden. Sie überflogen ihn so knapp, dass er den Windzug ihrer Flügel in den Ohren pfeifen hörte. Erst als alles still war, sah er auf. Alle waren weg. Mit einem Sprung war Jason auf den Beinen und drehte sich der Baumgruppe zu.

 

Er wollte den Hexer fragen, wohin die Krähen geflogen waren. Doch der Mann war ebenso wie die Vögel verschwunden. Seltsam, auch wenn er nicht wusste warum, dieser Krähe war er nicht zum letzten Mal begegnet.

Momentan fehlte ihm allerdings die Zeit und die Lust, der Sache auf den Grund zu gehen. So ging er seinem eigentlichen Ziel wieder entgegen Richtung Katakomben ins Schloss.

Die seltsame Begegnung war schnell vergessen.

 

Im Eingang der Katakomben lag ein neues Buch auf einem verschnörkelten Stehpult. Jason trug seinen Namen ein und stellte sich auf das Verkleinerungspentagramm. Mittlerweile beherrschte er den Verkleinerungshex auch perfekt allein.

Nachdem er sich umgesehen hatte hob er ab, flog empor und drehte eine Runde über dem Schaukasten. Die Festung sah aus wie immer.

Walisa sah sehnsüchtig zu ihm auf, sie wusste immer, wann Jason kam.

 

Vorausschauend öffnete er die Tür am Schaukasten mit dem dazugehörigen Schlüsselwort, legte das Buch aufgeklappt über den Besenstiel und schickte seinen Besen voraus.

Im freien Fall wandelte Jason sich zum Dragot, breitete seine Schwingen aus und überflog die hohe Mauer der Burg. Im Sturzflug näherte er sich Walisa und sie fing ihn ab. Beide kullern über die Wiese. „Na meine Hübsche, wie hast du geschlafen?“

Walisa schleckte ihm durchs Gesicht. Einen Augenblick wünschte Jason sich, dass er sie verstehen könnte, doch aus irgendeinem Grund, konnte er gerade ihre Gedanken nicht erfassen. Sie wäre die einzige, der er alles anvertrauen würde, was ihm sonst nur bei Sparkie, seiner Höllenhündin gelungen war.

„Walli, du drückst meinen Flügel platt.“

Vorsichtig ließ sie seinen Flügel unter ihrer Pfote frei und leckte ihn besorgt sauber.

„Das kitzelt!“ Jason krümmte sich vor Lachen.

Endlich konnte er ihrer Zunge entwischen. „Das reicht, wir spielen nachher weiter.“

Da Walisa jedes seiner Worte verstand, trottete sie unter die Baumgruppe, drehte sich um sich selbst und plumpste ins Gras.

 

Rob, der sich ebenfalls unter den Bäumen aufgehalten hatte, trat aus dem Schatten auf Jason zu. „Na, auch endlich wach?“

„Bin ich schon lange. Ich war in der Bücherhöhle, Bogus musste mir helfen ein Buch zu finden, das hat so lange gedauert.“

„Welches Buch hast du dir ausgeliehen?“

Anstelle einer Antwort rief Jason seinen Besen, der sogleich auf Hüfthöhe heran schwebte. Er nahm das Buch an sich und reichte es Rob.

„Nebeldrachen der Unterwelt?“, las Rob und sah Jason fragend an. „Wieso ein Buch aus der Parallelwelt?“

Kommentarlos wiederholte Jason die Lüge, die er Mrs. Salara aufgetischt hatte.

„Lese es mit Bedacht, sonst bleibst du in den Zeilen hängen. Eine äußerst nervige Angelegenheit, wenn du eine Zeile so lange nicht weiterlesen kannst, bis sich alle Wörter richtig in dein Hirn fressen.“ Rob gab Jason das Buch zurück.

„Weißt du etwas über Nebeldrachen?“

„Ja, was willst du wissen? Aber ich muss dich warnen, alles was ich dir im Vorfeld erzähle, wird für dich nicht mehr nachlesbar sein. Die Seiten öffnen sich nicht mehr, und was du dann vergisst, bleib vergessen.“ ´

„Ist das immer so mit Büchern aus der Unterwelt?“

„Das hier ist ein Buch aus der Parallelwelt nicht aus der Unterwelt. Richtige Unterweltbücher existieren nur dort und sind kaum zu finden. Deshalb haben die Parallelweltler die gefundenen Bücher kopiert und bewahren sie in unserer Welt auf.“

„Wie kommt man in eine Parallelwelt?“

„Durch Tore, genau wie in die Unterwelt. Warum bist du so neugierig? Hast du vor einen Ausflug zu machen? Davon rate ich dir apodiktisch ab.“

Das hieß bestimmt nichts gutes, Jason sah ihn schräg an. „Was, bitte sehr, heißt ‚apodiktisch‘?“

„Das ich es dir verbiete!“ Rob und Jasons Blicke trafen sich.

Er ließ den Vater raushängen … Jason winkte ab. „Muss ich mit allem, was ich in Zukunft sage, vorsichtig sein?“

„Jason, ich bin dein Vater und sei dir sicher, ich passe auf meine Kinder auf.“

„Prima, dann geb ich dir nun die Entwarnung. Es hat mich nur interessiert, weil mir ein ziemlich blasses, älteres Mädchen mit weißen Haaren begegnet ist. Sie kam in der Bücherei durch eine Tür in der Wand und brachte Bücher zurück. Danach verschwand sie hinter der Tür und die mit ihr.“

 

Den gekonnten Themenwechsel bekam Rob nicht mit, denn das eine passte nicht zum anderen. „Und das soll ich dir abnehmen? Zum Märchenerzählen eignest du dich nicht. In der Bücherei ist kein Tor. Sicher gibt es verborgene Tore, aber nicht in der Bücherhöhle.“

Es fehlte ihm an Ambitionen sich zu rechtfertigen und so beschloss Jason die Sache herunterzuspielen. „Dann hab ich Tagträume und spinne.“

Irgendetwas kam Rob nun aber doch komisch vor, er ging neben Jason zum Feuerturm. „Wie alt könnte das Mädchen gewesen sein?“

„Was ist daran noch wichtig? Du glaubst mir ja eh nicht“, maulte er.

Mit einem Griff an den Oberarm seines Sohnes blieb Rob stehen und blickte Jason an. „Weil mir gerade eingefallen ist, dass schon in meiner Hotelzeit das Gerücht über einen Durchlass die Runde machte. Seinerzeit wurde, um der Sache auf den Grund zu gehen, die Wand bei den Einmalbüchern weggestemmt. Ich hab mich damals nicht sonderlich dafür interessiert.“

„Heißt das, dass du mir jetzt glaubst?“

„Vielleicht! Ich dachte an deine nächtliche Wanderung. Und davon ausgehend könnte es ja sein, du träumst mittendrin wirklich. Dein Stressfaktor war in den letzten Wochen sehr hoch. Was mich viel mehr als das Mädchen interessiert, ist, was du nachts Schreckliches träumst.“

Prompt fühlte Jason sich ertappt, beschleunigte seinen Schritt, nahm Anlauf und flog am Feuerturm empor.

So schnell ließ er sich nicht abschütteln, Rob erreichte vor ihm das offene Fenster.

„Ich warte auf eine Antwort!“

„Kann ich es dir heute Abend erzählen?“

„Denk nicht, dass ich es bis dahin vergessen hab.“ Rob sprang von der Fensterbank und öffnete die Tür zu Raikas Drachenzimmer.

 

Sie lag vor dem Steinnest, Jason begrüßte sie. „Guten Morgen, Raika. Wie lange dauert es noch?“, wollte er gleich wissen.

„Hallo Jason. Nicht mehr lange, eines der Eier bewegt sich bereits. Das da weiter links wird sicher als erstes schlüpfen.“

Jason beobachtete die Eier, Raika hatte recht, eines der Eier wippte leicht hin und her.

„Dann werde ich ab jetzt bei dir bleiben. Ich will nichts verpassen.“

Rob lächelte verschmitzt und ließ die beiden allein.

 

Einen Augenblick lang ließ Jason seine verpackte Brut nicht aus den Augen, bis er Raika wieder ansprach. „Könntest du dich eigentlich wieder in ein Mädchen verwandeln?“

„Ich glaube schon. Aber solange ich nicht weiß, wie unsere Kinder geboren werden, bleibe ich ein Drache. Wie hast du eigentlich erfahren, dass du ein Dragot bist?“

„Rob hat es mir gesagt. Aber du müsstest dich daran erinnern, dass Hong Samut das bereits erwähnt hatte.“

„Ja, dieser Widerling, oh wie hab ich ihn gehasst.“

Worte, die nichts mehr bedeuteten … „Er ist Geschichte, vergiss ihn.“

„Du hast recht. Sag, was für ein Buch hast du da mitgebracht?“

„Nebeldrachen der Unterwelt. Kennst du es?“

„Nein, und wieso Unterwelt? Glaubst du an das Märchen, dass es eine Unterwelt gibt?“

Ungläubig blickte Jason in ihre Augen. „Ich war dort! Du warst dort! Wir haben dich in der Unterwelt aus Axas Festung geholt.“

„Woher soll ich das wissen? Ich war die ganze Zeit geistig umnebelt.“

„Ist in Ordnung. Lass uns nicht mehr darüber reden.“

„Das wäre mir sehr recht. Nun sag mir, was Nebeldrachen sind.“

„Noch habe ich selbst keine Ahnung. Soll ich vorlesen?“

„Ja bitte! Vom ewigen Eierbegucken, bin ich schon ganz dusselig.“

Dieser knuffige Kommentar entlockte Jason ein breites Schmunzeln. Er schlug das Buch auf. Jäh durchfuhr ihn ein beklemmendes Gefühl, denn schon auf der ersten Seite glitten Drachen schemenhaft über die Titelschrift. Doch es war nur ein Buch … Jason rückte sich so hin, dass Raika mit ihm auf die Seiten sehen konnte. Die Drachen, die wie Geister über den Titel flogen, wurden langsamer und sahen ihn lautlos brüllend in die Augen, Jason bekam Bauchdrücken, er erkannte die Furcht einflößenden Wesen aus seinem Traum.

„Sind das Nebeldrachen?“ Raika sah ihm über die Schulter.

Ohne diese Wesen näher zu kennen, wusste er, sie waren sehr gefährlich, Jasons Hals war abrupt wie ausgedörrt, er brachte nur ein kurzes ‚Ja‘ heraus.

Raika entging nicht, dass etwas mit Jason nicht stimmt. „Sollte ich vorlesen? Geht es dir nicht gut?“

„Nein, es geht schon.“ Er blätterte die nächste Seite auf und begann zu lesen.

 

‚Einleitende Warnung: Dem Leser dieses Buches sei gewiss, dass Gelesene wird sich unwiderruflich in den Gedanken verewigen! Für verdrehte und somit fehlerhafte Erinnerungen durch das Lesen dieses Buches um die Nebeldrachen und deren Geschichte, übernimmt die Unterwelt keine Hexhaftung! Von nochmaligem Lesen über dritte Personen, wird dringend abgeraten! Ein weiteres Ausleihen dieses Buches ist unter keinen Umständen möglich! Unerlaubtes Ansichnehmen dieses Buches wird mit Traumverfolgung geahndet!
Bestätigen Sie, Jason M. Dragonblood, dass Sie die Warnung vollständig gelesen und begriffen haben! Zur Bestätigung legen Sie den rechten Daumen auf den vor Ihnen erscheinenden Stern! Dem Buch ist es erst gestattet sein Wissen preiszugeben, wenn Ihrerseits die Bestätigung erfolgt ist! Um Missverständnissen vorzubeugen empfiehlt es sich, diese Warnung ein weiteres Mal sorgsam durchzulesen!‘

Hammer! Jason sah Raika an. „Wow, das ist hart! Woher weiß das Buch, wie ich heiße?“

Nun guckte Raika Jason mehr als belämmert ins Gesicht. „Wieso bewegst du nur die Lippen? Ich dachte, du wolltest vorlesen.“

„Tu ich doch!“

„Nein, ich höre nichts. Außerdem finde ich es sehr seltsam, dass du auf eine leere Seite siehst.“

Hm, Jason sah von Raika auf das Buch. „Ach, ich verstehe! Raika, es tut mir leid, aber ‚ich‘ habe mir das Buch geholt. Unterweltbücher können wohl nur von der Person gelesen werden, die dieses Buch ausgeliehen hat. Was machen wir jetzt? Soll ich es zumachen und wir unterhalten uns über was anderes? Ich kann das Buch auch später noch lesen.“

„Lies du ruhig, ich schlaf ein Stündchen.“ Raika gähnte herzhaft und drückte ihren Kopf in Jasons Rücken.

Nun denn, wenn sie müde war … Jason schlug die Seite wieder auf.

 

‚Bestätigen Sie!‘

 

Jason drückte seinen rechten Daumen auf den fünfeckigen Stern. Ein Nadelstich ließ ihn den Daumen ruckartig zurückziehen. Ein Blutstropfen von ihm füllte den Stern aus.

‚Vielen Dank für Ihre Bestätigung! Bitte bemühen Sie sich das Buch vollständig und konzentriert zu lesen, um schwerwiegende Fehlinterpretationen zu vermeiden! Für Nebenwirkungen übernehmen wir keine Hexhaftung! Die Unterwelt eröffnet Ihnen, Jason M. Dragonblood, nun das aktuelle vollständige Wissen um die Nebeldrachen!

Aktualisierter Stand vom 25.01.2068 Erdzeit durch Sabera Dugal, Großdragotin der Unterwelt, Beraterin und gute Freundin von Jason M. Dragonblood!‘

 

„Hallo Jason, viel Geduld beim Lesen! Achte auf das geschlossene Kapitel, es wird den Weg weisen!“

Erschrocken klappte Jason das Buch abermals zu. ‚Das ist krass!‘

Ohne dass Jason es mitbekam, weil er so geschockt war, kam Rob mit Essen herein.

„Na, schon ein paar Seiten ausgelöscht?“

„Was?“

„Ob du bereits ein paar Seiten gelesen hast?“

„Nee, nicht wirklich. Wusstest du, dass dieses Buch meinen Namen kennt?“

„Damals als ich elf Jahre war, wir nahmen gerade die Unterweltinselketten bei einem Langzeitgast durch, hielt ich mich für schlauer als die anderen und habe mir das dazugehörige Buch ausleihen. Und was soll ich groß reden ... ich hab angefangen, genau wie du und nach kurzer Zeit hingen mir die Unterweltinseln zum Halse raus. Gerade die Hälfte hatte ich geschafft, weil der Text extrem langweilig war, da war die Verleihzeit um. In dem Moment verschloss sich das Buch. Absurderweise steht das Wichtigste immer im letzten Kapitel. Was hab ich alles versucht, um an die letzten Seiten zu kommen ... alles vergebens. Jason, dass Buch muss seinen Leser erkennen, um sein Wissen nur einmal herzugeben. Lese es gründlich durch und bis zum Ende.“

„Das habe ich verstanden. Kann ich mich denn mit anderen darüber unterhalten?“

„Ja, aber nur mit denen, die es auch gelesen haben. Davon wird es im Hotel nicht viele geben. Nebeldrachen können in unserer Welt nicht existieren.“

„Schade!“

„Ich hoffe das bezieht sich darauf, dass du dich mit niemanden darüber unterhalten kannst?“

„Ja, wieso?“

„Soviel ich weiß, sind die Nebeldrachen nicht das, was man sich hier wünschen sollte.“

„Ja, das stimmt.“

Vor seiner Antwort hatte Jason nicht nachgedacht, was ihm schlagartig auffiel, als er es ausgesprochen hatte, hoffentlich bemerkte Rob es nicht. Schnell sah Jason auf den Einband des Buches, in der unteren Ecke erschienen zwei Zeilen auf denen stand: ‚Dieses Buch haben dreizehn Leser beendet, hundertsiebenundachtzig lasen es nicht bis zum vollständigen Wissensstand, dreiundsiebzig mahnt weitere Verfolgung!‘

„Kannst du diese Zeilen lesen?“ Jason hielt Rob das Buch unter die Nase.

„Ja, das ist ein weiterer Hinweis, wie wichtig das vollständige Lesen ist. Ich leide auch in jeder Nacht zum 6.06. unter einem Traum, der an diesem einen Tag immer wiederkehrt.“

„Warum werden nur dreiundsiebzig Leser verfolgt, was ist mit den restlichen hundertvierzehn Leuten?“

Rob beugte sich zu ihm. „Die dürften tot sein!“

„Ach!“

„Ich lass euch allein. Charlyn wollte heute unbedingt mit mir wohin, hat sie jedenfalls gesagt.“

„Dann wünsch ich dir mit der kleinen Nervensäge viel Spaß.“

„Dito, lese mal schön!“ Rob hielt den Daumen hoch und ging.

 

Unschlüssig drückte er sich das Buch an die Brust, warf einen Blick auf die drei Eier und lehnte sich an Raikas Schulter.

‚Hoffentlich haben wir ein paar Monate Ruhe. Ich will die Drachenbabys aufwachsen sehen. Vielleicht sieht mir ja eins ähnlich.‘

Die Vergangenheit holte ihn ein, als er ins Nichts starrte, Jasons Gedanken kreisten. ‚Warum hat Sparkie mir so oft das Leben gerettet? Wieso ist sie nicht mehr für mich da? Wo mag sie jetzt sein?

Er legte das Buch in seinen Schoss. ‚Warum weiß keiner, wo Skyla ist? Alle aus meinem Jahrgang sind da, aber wo ist sie? Ob es ihr gut geht?‘

 

Sieben Jahre war sie an seiner Seite gewesen. Oh, wie oft hatten sie sich gestritten. Doch wenn sich irgendwer zwischen sie drängen wollte, hatten sie zusammengehalten wie Pech und Schwefel. Es verging mittlerweile kein Tag mehr, an dem er nicht an sie dachte. Ihr Genörgel, wenn er sie aufzog, wie sie mit den Augen rollte, wenn sie wütend wurde. Bei diesen Gedanken huschte ein Lächeln über seinen Mund und gleichzeitig tat ihm der Bauch weh.

Obwohl sich viele Personen um ihn kümmerten, empfand er unendliche Einsamkeit in seinem Herzen. Jason wusste, dass der Kampf gegen Axa gerade erst begonnen hatte.

‚Was bringt es ihr, die Welt zu beherrschen? Was an diesem Gedanken macht sie so gierig darauf? Warum kann nicht jeder so leben, dass er zurecht kommt?‘

Von den vielen Gedanken wurde ihm schwindelig. Jason glitt auf Raikas Vorderpfote. Er legte seinen Kopf ab, wenige Augenblicke später nickte er ein.

 

Heißer Atem in seinem Nacken ließ ihn hochfahren. „Was ist?“, rief er erschrocken.

„Du hast um dich geschlagen und mir auf die Nase gehauen. Das tut weh!“

„Tut mir leid! Ich habe in der letzten Zeit immer so einen mistigen Traum.“ Jason hatte Rob nicht bemerkt, der ihm gegenüber saß.

„Was für einen Traum?“, fragte sein Vater natürlich sofort nach.

„Ich will nicht darüber sprechen!“, antwortete er stur.

Derweil rieb Raika die Pfote über ihre Nase.

Unverwandt sah Rob seinen Sohn an. „Dann verrate mir nur eins, stirbt darin jemand, den du kennst?“

„So weit träume ich nie! Nein, es stirbt keine Person“, gab Jason ehrlich zu.

So sehr es Rob diesmal auf der Zunge brannte, er stellte keine weiteren Fragen, Jason musste mehr Vertrauen zu ihm gewinnen.

„Gibt es eigentlich Krähen oder Raben auf Dragonrock?“

Noch mehr Ungereimtheiten, Rob zog seine Brauen in die Stirn. „Nein, warum fragst du?“

„Weil ich vorhin glaubte, welche gesehen zu haben.“ Jason war, seit seiner Äußerung, eine verborgene Tür in der Bücherei gesehen zu haben, vorsichtiger mit der Wahl seiner Worte.

„Da musst du dich getäuscht haben. Seelenboten haben hier auf der Insel keine Einfluggenehmigung.“

Seelenboten … Jason sah voller Neugier auf. „Sie haben eine Bestimmung?“

„Ja, in der Menschenwelt und in der Parallelwelt sind sie Seelenfänger. Nicht im Bösen, sie geleiten die Seelen dorthin, wo ihre Bestimmung liegt.“

„Kehren sie nach dem Überbringen zurück?“

„Ja, bis zur nächsten Reise.“

„Und für uns sind sie nicht zuständig?“

Rob stand auf, stellte sich ans Fenster. „Jason, was willst du? Soll ich dir jetzt die Krähen und ihr seltsames Verhalten erklären?“

„Hast du die Zeit dafür?“

„Nimm das Buch, geh aufs Dach, lenk dich ab. Das mit den Krähen klären wir später. Du kannst dich nicht auf zu viele Sachen konzentrieren. Ich hole dich, falls sich etwas tut.“

„Danke! Sag, wolltest du nicht mit meiner Schwester unterwegs sein?“

„Ja, aber deine Mutter hatte beschlossen, mit ihr und Leonard einen Ausflug zu machen.“

Tja, das hatte er vorhin vergessen zu erwähnen, Jason kratzte sich am Kopf. „Stimmt, da sollte ich auch mit. Hab mich aber rausreden können.“

„Sehr schlau, dann geh jetzt.“

 

Um ungestört zu sein, stieg Jason die schmaler werdende Treppe zum Dachboden hoch. Im Gebälk kreischten ein paar taubengroße Buntdrachen auf, als die Dachluke mit einem lauten Knall nach hinten fiel.

Die Drachen umrundeten Jason und versteckten sich wieder im Balkenwerk.

Mittig auf dem Dachboden stand ein roter Ledersessel und um ihn herum brannte ein wärmendes Feuer. Jason streckte vorsichtshalber die Hand aus.

Nicht, dass er Angst vor der Hitze hatte, nein durch einige Feuer konnte man ja reisen, aber danach stand Jason im Moment nicht der Sinn. Doch dieses Feuer war nur angenehm und brannte nicht wirklich. Er ging hindurch und machte es sich in dem großen Sessel bequem.
Unschlüssig sah er in die Flammen. Irgendwie hatte er keine Lust zu lesen.

Wie er so dasaß und ins Nichts stierte, veränderte der Raum sich mit einem Mal. Dunkle Regale und Schränke erschienen. Behaglichkeit erfüllte den Dachboden. Wieder drifteten seine Gedanken ab. Sparkie und Skyla, Skyla und Sparkie, wo waren sie?

 

Diese Gedanken mussten momentan verbannt werden, Jason schlug das Buch auf. Die Flammen um ihn herum loderten höher, gerade genug, dass er ohne Anstrengung lesen konnte.

 

‚Einleitung: Dieses Material dient ausschließlich der Bildung! Wer es zu Heraufbeschwörungszwecken missbraucht, wird sich vor dem Hohen Rat der Unterweltler wiederfinden!

 

Titel: Nebeldrachen der Unterwelt

 

Hallo Jason,

wenn es dir recht ist ... ich habe den Text für dich umgeschrieben, damit du dich nicht so langweilst. Falls du doch die alte Version vorziehst, dann hab ich mir die ganze Arbeit umsonst gemacht … und das wäre wirklich schade!‘

Wie sollte er sich entscheiden?

,Wenn du die ursprüngliche Fassung lesen willst, zähle langsam rückwärts von zehn auf eins.‘

Jason wusste zwar nicht, was er davon halten sollte, doch auf trockenen Lesestoff hatte er keine Lust. Er las weiter.

 

‚Prima, ich wusste es doch, dass du auch in jungen Jahren dem staubigen, trockenen Bücherwälzen entsagst. Dann fang ich mal an.

Du bist kurz vor deinem elften Geburtstag, laut deinen Erzählungen müsstest du jetzt diesen wiederkehrenden Albtraum über die Nebeldrachen haben. Stimmt´s?‘

„Ja!“, antwortete Jason automatisch.

‚Gut, ich darf der Zukunft, die ja eigentlich schon lange Vergangenheit ist, *grins* nicht vorgreifen. Hast du es mir selbst verboten. Tja, ich kanns nicht ändern, denn versprochen ist versprochen. Nur so weit: Die Ereignisse nehmen im Frühling, ab Ende März, ihren zeitlichen Lauf. Wir kennen uns zwar noch nicht lange, aber ich habe viele der Unterweltbücher geschrieben oder kopiert. Was nicht stimmte, hab ich dann selber berichtigt. So wie bei den Nebeldrachen. In deiner Zeit bin ich gerade auf der Suche nach Hornaugendrachen, eine üble Drachenart. Aber nichts gegen die Nebelgleiter, wie ich die hier beschriebene Drachenart gerne nenne. Nebeldrachen sind mit Abstand die tollwütigsten Drachen überhaupt. Im letzten Kapitel schick ich dir ein paar Anregungen. Mehr hast du mir verboten! Oh, du bist so grausam zu dir selbst.*grins*

Ich bekam dieses Buch etwa vierzig Jahre vor deiner Geburt. Siehst du mal, ich denke Rob und Elaine waren auch noch nicht auf der Welt. Jedenfalls begann ich es zu lesen. Oh, dieser Fachkram! Kaum ein Wort habe ich verstanden. Natürlich hab ich mich gleich aufgemacht, es lesbarer zu machen. Bevor du dich fragst, ich bin die einzige lebende Dragotin, die in der Unterwelt geboren wurde. Deshalb darf ich die Bücher berichtigen. Ja, ich darf auch über die Unterweltbücher mit Nichtlesern reden, und du Schuft nutzt das bei jeder Gelegenheit schamlos aus!

Es waren gute drei Jahre Forschung, die ich dir jetzt vermitteln werde. Also bemühe dich, in diesen vierzehn Tagen alles zu lesen. Ich weiß, dass du auch noch andere Sorgen in dir trägst. Schieb sie in den Hinterkopf.

Alles wird sich finden, früher oder später ...

Nun werde nicht altklug und denke, sie muss doch wissen, ob ich das Buch zu Ende gelesen habe. Ich weiß das schon, aber du sitzt JETZT dort und nicht in der Zukunft, also lies!

Wenn man mal in Betracht zieht, dass Nebeldrachen aus keiner festen Substanz bestehen, stellt sich die Frage, warum können sie alles Leben auslöschen, sei es eine Mikrobe oder ein Pflänzchen. Würde ihre Substanz gefiltert werden, könnte man sie im Grunde als Heilmittel verwenden. Doch da nur Menschen an unheilbaren Krankheiten leiden, nehmen sich weder das Hexenvolk, noch die Dragots dieser Forschung an. Gut, ich schweife ab.

Nebeldrachen sind Einzelwesen, sie leben nicht, wie ursprünglich angenommen, im Nebel, sie erzeugen ihn in der Unterwelt.

In Gruppen kommen sie ausschließlich unter Kontrolle eines dunklen Führers vor. Merk dir das!

Sie pflanzen sich nicht fort. Hin und wieder entstehen sie durch giftige Erdkerngase, die mit Hilfe von Gasen toter Drachen und Nebelschwaden, die die eigentlichen Grundlagen sind, eine Verbindung eingehen.

Eigentlich können sie nicht auf der Erdoberfläche bestehen, denn ihre Zusammensetzung würde sich durch den hohen Anteil an Sauerstoff verflüchtigen. In der Unterwelt werden die Nebeldrachen als Landeroberer eingesetzt. Was meiner Meinung nach unsinnig ist, da das Land dadurch mehrere Jahrzehnte unbrauchbar wird. Aber da wir wesentlich älter als Menschen werden, warten die Landbesitzer einfach ab.

So du Schlaumeier, ich weiß, dass du jetzt denkst: Warum nehmen sie Drachengestalt an?‘

Jason las den letzten Satz ein weiteres Mal.

‚Sie hat recht, genau das habe ich gerade gedacht!‘ Spontan stellte er eine Frage an das Buch. „Kannst du mich verstehen?“

Ein neuer Satz schob sich zwischen die Zeilen.

‚Ja sicher!‘

„Dann verrate mir, warum es Drachen sind.“

Ein weiterer Satz erschien.

‚Lies weiter! Wenn wir uns mit überflüssigen und unnötigen Fragen aufhalten, reichen deine zwei Wochen nicht bis zum letzten Kapitel!‘

Das leuchtete Jason ein und er las weiter.

 

‚Drachenatem und Madengase, die in den Unterweltsümpfen aufsteigen, sind dafür verantwortlich. Den Großteil dieser Gase machen verstorbene Grauschwanzdragos aus. Es wird behauptet, dass frisch verstorbene Grauschwanzdrachen ihre Seele in die Nebeldrachen schicken nur um existent zu bleiben. Das konnte ich bis zum heutigen Tag nicht bestätigen.
So, dass waren die Grundkenntnisse. Jetzt kannst du im ersten Kapitel lesen, wie meine erste Begegnung mit einem Nebeldrachen verlief.

Im zweiten Kapitel steht, wo sie meist vorkommen.

Im dritten, wie man ihnen im Dunkeln effektiv entkommt.

Im vierten, wie sie ihr Umfeld vernichten.

Im fünften, was aus dem Land wird, und wie lange es braucht um wieder Leben zuzulassen.

Im sechsten und vorletzten Kapitel, Gruppenbildung durch schwarze Magie.

Im letzten Kapitel erst eine Zusammenfassung der wichtigsten Antworten und zu guter Letzt ein kurzes Extrakapitel nur für dich!

Wenn du deinen Geist öffnest, kannst du aus den Zeilen den Weg zum Erfolg finden. Unterstrichene Wörter oder Buchstaben bilden des Rätsels Lösung. *grins*

Ich konnte es mir nicht verkneifen. Sei bitte nicht böse, wenn wir uns heute Abend im Kasino treffen.‘

„Wie lange werde ich für ein Kapitel brauchen?“

Die Buchstaben rückten ein.

‚Pro Kapitel ist dir ein dreimaliges Durchlesen gewährt. Das ist mehr als einem Durchschnittsleser erlaubt ist. Die dürfen es nur zweimal lesen. Wenn du dich ranhältst, reichen pro Kapitel zwei Tage.‘

 

Jason las sich das erste Kapitel durch und erfuhr, dass Sabera Dugal ein umfangreiches Wissen über die Nebeldrachen gesammelt hatte. Die Tiere, wenn man sie so nennen wollte, verfügten über eine Intelligenz, die über dem eines Durchschnittsdrachen lag.

Er dachte über das eben gelesene nach und sah dabei verträumt aus einer Fensterluke. Der Lichteinfall hatte sich verändert und es wurde dunkel, obwohl es erst Mittag gewesen sein dürfte. Blitze durchzuckten den Schaukasten. Jetzt wusste Jason, was draußen geschah. Die Wetterhexen brachten einigen Drachen, die bald ausgewildert werden sollten, dass Verhalten bei einem Gewitter bei.

Und wieder drifteten seine Gedanken ab ...

‚Was hat sie geschrieben? Man kann sich nur von hinten einem Nebeldrachen nähern. Und man musste Sauerstoff mitnehmen. Wie sollte das gehen? Sollte ich den Drachen anpusten?‘

Mit beiden Händen kratzte sich Jason am Kopf.

‚Hoffentlich kann ich mir das alles merken. Allein das erste Kapitel hat so viel Input, dass mein Kopf qualmt.‘

Jason schaute auf den Schreibtisch rechts neben sich. Es lag ein Stapel unbeschriebener Blätter auf einer Ablage. Eine Schreibfeder fand Jason ebenfalls. Er tunkte die Feder ein und notierte sich Stichworte.

Doch nach dem zehnten Wort begann sich das erste aufzulösen, egal was er schrieb, es wurden nie mehr als zehn Wörter.

„Ich muss das anders machen“, murmelte er vor sich hin. Er nahm ein neues Blatt und schrieb das erste Wort nieder, für die weiteren Wörter notierte er nur den ersten Buchstaben. Diese Buchstabenkette bildete ein seltsames Kauderwelsch, aber da sie zusammenhingen, blieben alle Buchstaben erhalten. Anfangs begeisterte ihn sein Buchstabensalat, doch als er die Wörter abermals entziffern wollte, stockte er bereits beim vierten Buchstaben. Frustriert knüllte er das Blatt zusammen und warf es ins Feuer.

‚Tja, ich gebe mich geschlagen und werde alles noch mal durchlesen.‘

 

Bis in den Nachmittag hinein quälte er sich abermals durch das erste Kapitel.

‚Wie mag bloß die alte Fassung geschrieben sein?‘

Wenn er es denn wissen wollte ... Vor seinen Augen bildeten sich Wörter zu Sätzen. Er versuchte zu lesen, was vor ihm in der Luft stand, doch allein die ganzen Fachbegriffe bereiteten ihm schon Kopfschmerzen. Jason atmete tief ein und pustete die Sätze von sich, worauf die Buchstaben im Feuer verglühten.

‚Geh etwas essen!‘ … stand auf einmal im Buch. Joa, kein schlechter Vorschlag, Jason schlug es zu und legte das Buch in den Sessel. Die Pause kam ihm recht, sein Magen hing in den Kniekehlen.

 

 

 

 

 

 

Brodelndes Drachenblut

 

 

 

Gemeinsam mit Raika und Rob stärkte Jason sich, wobei er immer wieder seinen Vater von der Seite anschielte, was diesem nicht verborgen blieb. „Frag schon!“

Völlig in Gedanken zuckte Jason zusammen. „Was?“

„Das, was du mich fragen willst.“

„Ja gut! Vielleicht hört sich das jetzt blöd an, aber konntest du dich mit den Unterweltbüchern unterhalten? Kannte dich der oder die Autorin?“

Rob neigte seinen Kopf, zog eine Braue hoch und grinste von einem Ohr zum anderen. „Sabera Dugal?“

„Ja genau.“

„Ihre überarbeiteten Fassungen sind die besten. Dass sie einen kennt, liegt an der Ausleihverpflichtung.“

Jason überlegte kurz, nein, er würde Rob noch nicht sagen, dass sie ihm aus der Zukunft schrieb. Erst musste er wissen, inwiefern das Auswirkungen auf sein Handeln hatte. „Kennst du Sabera Dugal persönlich?“

„Ich weiß, dass sie eine Großdragotin der Unterwelt ist. Nur sie darf diese Bücher überarbeiten, weil sie dort geboren wurde. Persönlich kennenlernen konnte ich sie bisher nicht, aber irgendwann läuft man sich sicher über den Weg.“

„Danke für deine Auskunft. Ich geh wieder hoch, ich muss das erste Kapitel noch mal lesen.“ Im Vorbeigehen streichelte Jason Raika über den Rücken und verließ den Raum.

 

Wie schon zuvor setzte Jason sich in den Sessel und las den ersten Absatz erneut.

‚Meine erste Begegnung mit den Nebeldrachen!

Aufgrund meiner Nachforschungen musste ich tief ins Innere der Unterwelt vordringen. Grottendämonen zum Trotz begab ich mich auf die Reise zum Ursprung der Nebeldrachen: Dorthin, wo die Gase ihre Quelle haben, dort, wo die toten Graudrachen verwesen und der Schwefelgestank die Augen tränen lässt ... in die Berglandschaft des Dragfriedhofes der Unterschichten.

Bereits unterwegs stieß ich auf verwesende und längst tote Drachen, die vor Erreichen des eigentlichen Friedhofes ihr Ende gefunden hatten. Als Dragot wusste ich um den Schwefelgestank einiger verwesender Rassen. Doch hier konzentrierten sich die Ausdünstungen um ein Vielfaches. Die austretenden Gase vermischten sich mit den Flüssigkeiten, die das tote Gewebe absonderte. Es war nur eine Frage der Zeit und der aufsteigenden Nebelbänke, bis die Nebeldrachen sich formen würden. Rein und ohne schwarze Hexerei haben diese Wesen alle neun Jahre ihren Ursprung im Tal des Todes. Um den Gasen so weit wie möglich auszuweichen, näherte ich mich dem Friedhof über die Berghänge. Das Klettern auf dem Geröll fiel mir schwer, aber es war bezüglich der Geruchsintensität allemal erträglicher. Sicher fragst du dich, warum ist sie nicht geflogen? Nun, wenn ich das getan hätte, könnte ich dir diese Zeilen nicht schreiben. Denn der Luftraum über dem Tal des Todes wird streng überwacht. Die Drachentodeswächter hätten mich buchstäblich in der Luft abgeschossen. Überdies war es sowieso ein Wagnis, den Friedhof überhaupt als nicht sterbender Drache aufzusuchen.

Nun gut, ich schweife ab. Inmitten des Tales, umgeben von Grabstätten, stand auf einer kleinen Anhöhe ein gewaltiger Drachenbaum, durch den ein stiller Wächter die Seelen der Sterbenden auf die Reisen in die Ewigkeit oder in einen neuen Körper schickte.

Du kennst den Drachenfriedhof in eurer Welt, in einer lautlosen Seelensitzung hast du mir vor Kurzem die Gedanken deiner Erlebnisse gesandt und du erinnerst dich sicher an die Paarung mit Raika.

Hier in der Unterwelt ist diese Stätte ebenso heilig. Das hat mich meine Forschung gelehrt. Durch die Aufzeichnungen der eigentlichen Fassung des Buches wusste ich, dass der Zeitpunkt der Entstehung kurz bevor stand. Ich versteckte mich in den Ästen des Seelenbaumes und wartete. Während ich dort saß, kamen drei Graudrachen, die ihrem Ende entgegensahen. Ein Ratschlag meinerseits, solange du unter den Quicklebendigen verweilst, suche keinen Drachenfriedhof auf, es ist einfach schrecklich mit anzusehen, wie Drachen verenden. Sie brüllen ihre Seele heraus. Im wahrsten Sinne des Wortes!

Die Wetterlage veränderte sich in der Abenddämmerung, es wurde diesig. Die Luft kühlte sich zum Abend stark ab. Erste Dunstschwaden bildeten sich über den Leibern der toten Drachen. Durch den erwärmten Boden und der noch immer vorhanden Körperwärme, entstanden die ersten flachen Nebelwände, wenig später war der Nebel über dem Boden so dick, dass du ihn hättest schneiden können.

Die Erdgase sind unter solch idealen Bedingungen sehr kompatibel mit den anderen Grundstoffen und können eine Verbindung aufbauen - und so geschah es. Der Nebel komprimierte sich zu drei Wolken und nahm die Gestalten dreier Nebeldrachen an. Wissend um die Gefahr, in der ich schwebte, faszinierte mich der Anblick dieser substanzlosen Drachen so stark, dass ich nicht die Flucht ergriff und regungslos im Baum verharrte.
Seltsamerweise ging von dem Seelenbaum solch eine Macht aus, dass auch diese alles vernichtenden Nebelgleiter ihm nichts anhaben konnten.

Ha, das wäre wichtig, merk dir das! Auch wenn ich das hier nicht erwähnen dürfte! *grins*

Mit etwas Einfühlungsvermögen und zwischen den Zeilen gelesen, hättest du es sicher auch ohne meinen Hinweis herausbekommen.

Wäre ich geflüchtet … wer weiß, vielleicht hätten sie mich vernichtet. Die drei neugeborenen Nebeldrachen haben den Seelenbaum bis in die Morgenstunden umkreist, denn sie wollten mich töten.

Dir zu schildern, wie die Tageszeiten hier in meiner Welt funktionieren, würde deine Ausleihzeit überschreiten, nur soviel sei gesagt: Unsere Tage haben nach eurer Zeiteinteilung sechsunddreißig Stunden. Tag und Nacht teilen sich die Zeit zu zwei Drittel Tag und ein Drittel Nacht. Eine direkte Sonne haben wir nicht. Es wird aber trotzdem hell und zur Nacht dunkel. Vielleicht gehen wir bald diesem Phänomen gemeinsam auf den Grund und besuchen die Wetterhexen. Natürlich in meiner Zeit und dann öfter. *grins*

Ich verließ den Baum erst, als ich in dem Glauben war, dass die Entfernung zwischen den Nebelgleitern und mir groß genug sei. Nebelgleiter mögen kein Tageslicht und die damit verbundene Erwärmung der Luft. Wichtig, merken!

Ich nahm den Weg, den ich gekommen war auch wieder zurück. Zu meinem Leidwesen muss ich gestehen, dass ich nicht bedacht hatte, dass dieser Weg mich durch einen dichten Wald in einem tiefer gelegenen Landstrich führte. Durch die Lautlosigkeit der Nebeldrachen stand ich dann plötzlich mitten im Wald eingekesselt zwischen ihnen. Ich sah, wie alles Leben um sie herum erstarb, alles ergraute, wurde schwarz und zerfiel.

Ich stand da und konnte mich nicht rühren. Die Nebeldrachen wussten, wie sie mich kriegen konnten. Wohlwissend ließen sie die Bäume um mich herum nicht sterben, was mir die Flucht nach oben verwehrte. Instinktiv begann ich mit meinen Flügeln zu schlagen. Wind vertreibt Nebel!

Während ich das tat, setzte ich all meine Energie in einen Feuerstoß über mir. Ich musste die Baumkronen verkohlen, um mir einen Fluchtweg zu schaffen. Als mein Feuersturm wuchs, ließ mein Flügelschlag nach. Das nutzten die Nebelgleiter zum Angriff aus. Ich musste wohl oder üblich meine gesammelte Feuerkraft opfern, um mir die Nebeldrachen vom Leib zu halten. Sie lösten sich sicher durch das Feuer in Luft auf. Dachte ich zu mindestens, aber ich wurde eines Besseren belehrt.

In sicherer Entfernung formten sie sich neu zusammen. Schuld daran waren die Schwefeldämpfe in meinem Atem. Ungestüm schickte ich Feuer in ihre Richtungen, doch sie wussten bald, welcher Abstand für sie gut war. Lange hielt ich das nicht mehr aus und meine Kraft nahm merklich ab. Aber diese Wesen wussten, wann ich mich den Bäumen zuwenden wollte und kamen wieder näher. Sie wollten mich bis zur Erschöpfung auspowern. Vielleicht hilft dir deine Hexenkraft im Kampf gegen sie. *grins*

Ich war zu dem Zeitpunkt nicht ausgebildet in simpler Hexerei! Also verlängern wir diesen Ausflug nicht mehr unnötig. Ich wandelte mich mit letzter Kraft vom Drachen zum Dragot und umschloss mich mit meinen Flügeln, durch eine Rotation meines Körpers um mich selbst entfachte ich einen Tornado, glitt dann in ihm empor und entkam.

Schärfe deine Instinkte in den kommenden Monaten. Meine retteten mir mein Leben!

 

Leben retten … Jason sah aus dem Fenster, seine Gedanken drifteten ab. ‚Sparkie, wo bist du?‘

Müde vom Lesen lehnte er sich zurück und überflog die Zeilen noch mal. Ein Satz bildete sich. ‚Sei nicht traurig, du triffst sie bald wieder!‘

„Woher weißt du das?“

‚Darf ich dir nicht sagen, vertrau mir, sie kommt wieder zu dir zurück!‘

Jason las das erste Kapitel weiter, er erfuhr über zwei weitere Begegnungen, die Sabera überlebt hatte und sein Respekt vor ihr wuchs. Zwischendurch notierte er sich die unterstrichenen Buchstaben …

 

Setze deinen persönlichen Drag ein!

 

‚Was genau ist ein Drag?‘

Knapp vor dem Kapitel-Ende siegte die Müdigkeit, seine Augenlider schlossen sich.

 

„Jason, wach auf.“

Nein, Jason wurde nicht wach, nur das Buch glitt aus seinen Fingern. Rob fing es behutsam auf, legte es auf den Tisch. Er hexte eine Decke her und ließ Jason weiterschlafen. Sein Junge brauchte diese Erholungsphasen …

 

Mitten in der Nacht erwachte Jason unsanft, denn draußen brüllte ein Drache. Mit einem Satz stand er am Fenster, konnte aber durch die schlechte Position des Fensters nicht in den Innenhof sehen. Er öffnete es und stürzte sich hinaus. Im Flug ließ er seine Flügel herausgleiten, drehte eine Schleife und überflog den Platz.

 

Walisa stritt sich mit einem anderen Drachen. Sie schnappte nach ihm. Der andere Drache zeigte sich davon nicht sonderlich beeindruckt.

In sicherer Entfernung konnte Jason Idalos erkennen und landete neben ihm.

„Ich dachte du hast die Paarungsversuche mit Walli aufgegeben?“

Idalos sah zu ihm herab. „Das hab ich nie gesagt. Sie ist einfach zu wählerisch. Nitro haben die Sucher vor vier Wochen im Himalaja des Hexenreichs erspäht. Er ist wie Walisa ein Einzeldrache, ihrer Urabstammung nach sind sie nah verwandt, deshalb hab ich ihn heute kommen lassen. Ob wir jemals ihren hohen Ansprüchen genügen werden, steht in den Sternen.“

„Sollte ich mal mit ihr reden?“

Verwundert sah Idalos Jason an. „Du verstehst ihre Sprache doch?“

Jason schüttelte den Kopf. „Nein, aber sie versteht, was ich ihr sage.“

Mit ausgestrecktem Arm wies Idalos ihm den Weg. „Dann versuche dein Glück.“

 

Jason hob ab, flog zwischen die sich zankenden Drachen. Walli zog sich sofort zurück, sie hatte Angst, Jason zu verletzen. Nitro, der männliche Drache demonstrierte Jason seine mächtige Statur, bäumte sich vor ihm auf.

Ohne lange darüber nachzudenken, winkte Jason lässig ab und drehte sich Walli zu. Das war strategisch unklug! Nitro sah in Jason und seinen Drachenflügeln einen Rivalen und blies dem Jungen von hinten eine Feuerladung auf den Hintern.

Trotz Feuerelement fühlte Jason die glühende Hitze, geschockt von dem unerwarteten Angriff und seinem brennenden Hintern flog er hoch, steuerte den Teich hinter der Baumgruppe an und tauchte seinen lederbepackten Po ein. Es zischte, und seine Gesichtszüge entspannten sich.

Wütend sah er sich zu dem Drachen um.

 

Idalos amüsierte sich derweil über Jasons Pobad.

Mehr als missgelaunt kroch Jason aus dem Teich, keuchte zornig auf und verlor die Kontrolle, wandelte sich zum Drachen. Schnaufend stürmte er auf Nitro los und dabei begann der gesamte Schaukasten leicht zu beben.

Nun war Nitro unvorbereitet und die beiden prallten aufeinander.

Verzückt sah Walisa den beiden zu. Sie nahm wohl an, dass die beiden nun um sie kämpfen würden.

 

Das laute Angefauche weckte einige der anderen Bewohner, ein paar sahen dem Treiben durch die Fenster zu, manche ließen es sich nicht nehmen, sich zu Idalos zu gesellen. Auch Rob sah zu, allerdings als Dragot und mit Abstand zu den anderen. Er würde eingreifen, wenn es die Situation verlangen würde.

 

Wie zwei aufgeplusterte Gockel umkreisten sich Nitro und Jason. Dann griff Nitro an, er zielte mit einer Feuerfontäne auf Jasons Flügel. Jason drehte sich gekonnt, doch seine Flügelspitze bekam etwas ab. Tobend bäumte Jason sich auf, schlug mit seiner linken Pranke zu, erwischte Nitro am Schulterblatt. Nitro brüllte und wollte zum Gegenschlag ausholen, da schnellte Jasons Hinterbein vor, traf ihn mit voller Wucht in die Seite. Nitro verlor das Gleichgewicht, fiel schwerfällig auf seinen rechten Flügel.

Rasend vor aufkeimender Drachenwut rollte Nitro sich herum, kam auf die Beine, nahm Anlauf und rammte Jason unter die Baumgruppe. Einige der Hexen mussten beiseite springen.

Puh, der Angriff hatte gesessen, Jason stand auf und schüttelte sich. Inzwischen brüstete sich Nitro vor Walisa und es entging Jason nicht, dass Walli sich geschmeichelt zierte.

Nun verstand er die Welt nicht mehr.

Warum himmelte sie Nitro plötzlich an? Und warum gefiel ihm das ganz und gar nicht? Jason grollte kurz und wandelte sich kurzerhand zum Dragot. So war er dem Drachen an Schnelligkeit überlegen.

Gerade als er mit den Flügeln zu schlagen begann, hielt Rob ihn zurück. „Nein Jason, wir gehen rein!“

„Der Kampf ist noch nicht vorbei!“ Jason wollte sich aus Robs Griff befreien, was ihm nicht gelang. „Lass mich los!“, schrie er ungehalten.

„Ich lass dich erst frei, wenn du dich beruhigt hast und Walli kurz beobachtest.“

 

Walisa ließ sich von Nitro umgarnen, nun warb er richtig um sie. Jason überkam ein Gefühl, das er in dieser Art noch nicht kannte, er wurde eifersüchtig. Gefrustet drehte er sich aus Robs Griff und flog empor in den Turm, aus dem er zuvor gekommen war.

Ärgerlich schmiss er sich in den Sessel, griff nach dem Buch und wollte weiter lesen, doch die Seiten blieben leer, nur ein Satz erschien.

‚Finde dich damit ab, Walli gehört nicht zu dir!‘

„Das weiß ich!“, schnauzte er ins Buch.

‚Dann beruhige deinen Geist!‘

„Kann ich nicht, er nimmt sie mir weg!“

‚Denk doch mal nach, was ist, wenn deine Kinder geschlüpft sind? Wie viel Zeit hast du dann noch für Walli? Und sie sehnt sich seit Jahren nach Nachwuchs. Du bist ein Egoist!‘

Sabera hatte ja recht, was Jason jetzt auch schmerzlich bewusst wurde.

Erst Skyla, dann Sparkie jetzt Walisa. Rex war zu temperamentvoll, mit ihm balgte Jason nur herum. Aber seine Sorgen wollte er ihm nicht erzählen, dafür war der Drache zu jung.

Die Buchstaben erschienen und Jason begann weiterzulesen. Er las die ganze Nacht hindurch, bis er in den frühen Morgenstunden über dem Buch einschlief.

 

Gegen Mittag erwachte Jason, weil einer der Buntdrachen sich in seinen Schoß gekuschelt hatte und sein Magen knurrte. Vorsichtig hob er den Buntdrachen hoch, stand auf und setzte den kleinen Drachen in den Sessel. Erst dann nahm er das Buch und ging runter.

Als er das Zimmer betrat hielt Raika gerade ein Nickerchen, leise setzte er sich zu ihr und aß einen Bissen. Die Eier verhielten sich ruhig. Rob war nicht in Sichtweite, also schlug er das Buch auf und begann mit dem zweiten Kapitel.

Wo Nebeldrachen sich aufhalten!

Diesem Kapitel entnahm Jason, dass die Nebeldrachen es feucht und dunkel mochten. Von ihrem Naturell her waren sie gar nicht so angriffslustig, man sollte es nur vermeiden, in ihren Lebensraum einzudringen.

Das Kapitel wurde für Jason so gut beschrieben, dass er es schon nach dem ersten Durchlesen begriff und das Wissen darum behielt. Sabera Dugal schien das zu merken, denn die Zeilen des Kapitels verblassten.

Zum dritten Abschnitt kamen viele Hexereien und Abwehrsprüche, die Jason den Mut nahmen weiterzulesen. Immer wieder musste er mit einzelnen Sätzen neu beginnen.

Besonders die Abwehrsprüche wollen einfach nicht im Kopf bleiben.

‚Du musst deinen Hexensinn aktivieren, das ist ein Teil deines Gehirns im Hinterkopf. Geh wieder rauf, dort ist deine Konzentration besser.‘

Jason folgte Saberas Anweisungen.

 

Erneut las er das Kapitel, wie man den Nebeldrachen im Dunkeln entkommen konnte. Wieder blieb er an einzelnen Sätzen hängen und klappte frustriert das Buch zu.

Warum und wieso es begann, wusste Jason nicht, aber ein schmerzliches Ziehen durchwanderte seinen Kopf, von der Nasenwurzel hin zum Nacken. Dort breitete sich ein unglaublicher Druck auf und intensivierte sich zunehmend.

Es schmerzte so sehr, so stark, dass Jason es nicht aushielt, fast irrsinnig wurde und sich mit seiner mittleren Kralle schon ein Loch durch seine eigene Schädeldecke bohren wollte … und es dann wirklich tat. Er musste den Druck in seinem Kopf herauslassen, doch der verstärkte sich nochmals.

Brüllend vor Schmerz versuchte er die Treppe hinabzusteigen, fiel die letzten Stufen runter. Ein kleines Rinnsal Blut aus den Einstichloch lief über seine Stirn, verklebte seinen Pony. Doch das und alles andere um sich herum, nahm er nicht mehr wahr.

Blind vor Schmerzen rannte er den Turm weiter herunter und lief auf halber Strecke Idalos in den Arm. Instinktiv hielt Idalos ihn an den Schultern fest, sah in seine blutunterlaufenen Augen. Er sprach zu ihm, aber Jason hörte nicht, was er sagte. Auch Idalos bemerkte, dass er nicht zu dem Jungen durchdrang, schleppte ihn kurzerhand in den nächstbesten Raum und verschwand im Nichts.

Es würde nicht mehr lange dauern, bis er mit dem Kopf gegen irgendeine Wand rennen würde, Jason krümmte sich bereits vor rasenden Kopfschmerzen.

Jäh hockte Rob halb über ihm und schüttelte Jason durch.

„Reinige dich, sofort! Los, wandle dich zum Hexer! Du kennst das von den Heilungen. Mach, sonst muss ich etwas machen, dass dir noch mehr wehtut!“

 

Mit Robs Hilfe setzte Jason sich aufrecht auf den Boden, es kostete ihn gewaltige Kraft, sich auf das Wandeln zu konzentrieren. Mit Müh und Not meisterte er die erste Wandlung. Erst mit dem folgenden Gestaltwechsel legte sich der Schmerz minimal. Jason konnte zumindest freier atmen und denken, wenn auch nicht besonders gut.

„Weiter, nicht aufhören!“, befahl ihm Rob.

Musste das sein? Die Wandlungen waren auch nicht gerade prickelnd ... doch sie halfen.

Absolut erschöpft fiel Jason nach sieben weiteren Wechseln zurück und blieb auf dem angenehm kalten Boden liegen.

„Wie viele Stunden hast du ununterbrochen gelesen?“

„Weiß nicht ... viele“, brummte er.

Seine Augen waren immer noch blutunterlaufen.

„Scheiße, du musst nach jeder Seite eine Pause von mindestens zehn Minuten machen. Hast du das nicht am Ende jeder Seite gelesen?“

„Doch, aber es war so spannend.“

Rob atmete schwer ein. „In welchem Kapitel bist du?“

„Im dritten.“ Jason wollte sich wieder aufsetzen, doch sein Vater drückte ihn wieder runter.

„Du musst noch liegen bleiben. Sonst kommen die Schmerzen wieder. Weißt du eigentlich, dass du unendliches Glück hast, ein Dragot zu sein? Drei Kapitel am Stück lesen, dass haut den stärksten Hexer um, macht ihn wahnsinnig. Jason, für jedes Kapitel hast du zwei Tage zur Verfügung. Meinetwegen kannst du dich stundenlang mit einer Seite beschäftigen, doch vor der nächsten Seite machst du eine Pause. Wenn zwei Tage um sind, beginnst du mit dem nächsten Kapitel.“

„Warum hat mir das keiner vorher gesagt? Das mit den Kapiteln wusste ich nicht.“

Tja, das war ein Rätsel, Rob setzte sich neben ihn. „Generell schafft es niemand mehrere Kapitel nacheinander zu lesen. Schon nach dem ersten setzt ein automatischer Reflex einen Schmerz in deinem Kopf frei, der dich daran hindert weiter zu lesen. Hast du das nicht gemerkt?“

Daran konnte er sich nicht erinnern, Jason schüttelte im Liegen den Kopf. „Nein, ich bin nur gelegentlich eingeschlafen.“

„Dann musst du den Schutzschmerz weggeschlafen haben. Ehrlich, davon hab ich noch nie etwas gehört. Sonst hätte ich dich doch gewarnt.“

Jason schossen Tränen in die Augen. „Sabera hat an alles gedacht, warum hat sie mich nicht gewarnt?“

„Frag sie in zwei, nein, in vier Tagen.“

„Kann ich jetzt aufstehen?“

„Nein, bleib noch ein paar Minuten liegen.“

„Gut, aber dann musst du mir verraten, wann die Babys endlich schlüpfen.“

„Wenn ich richtig schätze, könnte es innerhalb der nächsten achtundvierzig Stunden so weit sein. Freust du dich darauf?“

„Ja und nein! Ich war ja schon bei Rex’ Geburt dabei. Das war ziemlich aufregend, aber dass ich jetzt richtig Vater werden soll, kann ich mir noch nicht vorstellen. Wie will ich meinen Kindern klarmachen, dass ich als Hexer selber noch ein Kind bin?“

„Denk nicht zu viel darüber nach. Vieles ergibt sich von ganz allein und ich bin ja auch noch da.“

Apropos Eltern ... Jason platzte mit einer Frage heraus, die er im selben Moment bereute. „Wann gibst du Mama endlich das Elixier?“

Ein reichlich krasser Themenwechsel, Rob sah ihn verblüfft an. „Ich denke, dass das noch Zeit hat. Im Vordergrund steht jetzt, was hier passiert. Meine Wünsche können warten.“

„Das denke ich nicht. Immerhin wartest du schon mehr als zehn Jahre auf sie.“

Verlegen kratzte Rob sich an der Stirn.

Nun musste Jason noch einen draufsetzen ... „Ich weiß aus zuverlässiger Quelle, dass Mama bevor sie Leonard traf, ganz versessen auf dich war.“

„Ich glaube, dass du das schon erwähnt hast.“ Rob sah zum Fenster.

„Warum zögerst du dann noch so lange?“

„Jason, du bist zwar mein Sohn. Aber ich muss dir nicht alle Gefühle schildern, die ich für deine Mutter habe.“

„Tja, dann hilf dir selbst. In den nächsten hundert Jahren schaffst du das bestimmt.“ Unzufrieden drehte Jason sich weg.

„Warum bist du so erpicht darauf, dass ich deiner Mutter die Wahrheit auf den Pelz brate? Weißt du eigentlich, wie sie reagieren wird, wenn sie erfährt, dass ihre ganze glückliche Familie eine einzige Lüge ist, die auch noch auf einem Liebeselixier aufgebaut wurde?“

Sicher würde es Fragen aufwerfen und unangenehm werden, Jason wich seinem direkten Blickkontakt nicht aus. „Nein, und wie es aussieht werde ich das auch nie wissen!“, mäkelte er.

„Warum ist es dir auf einmal so wichtig?“, bohrte Rob.

Endlich ließ Jason seinen Gefühlen freien Lauf. „Ich hasse Leonard! Er liebt meine Mutter nicht wirklich.“

 

Da steckte mehr dahinter, Rob fühlte, dass Jason noch mehr bedrückte. „Woher willst du das wissen?“

„Ganz einfach, er sieht jeder jungen Hexe hinterher ... jeder! Ich wollte Mama das sagen, doch sie hört mir einfach nicht zu, wenn ich ihr so was erzähle. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie weh es tut mit anzusehen, wie er sich verhält, wenn sie es nicht sieht, nicht sehen kann oder nicht will.“

„Er hat wieder angefangen? Warum hast du mir das nicht früher gesagt?“ Robs Gesichtszüge bekamen Drachenmerkmale. Er ballte seine Fäuste und seine Körpertemperatur stieg. „Weil ich darauf gehofft habe, dass du endlich was machst. Leonard ist ätzend und schleimig im Umgang mit uns Kindern. Ich kann nicht genau sagen wie, aber wenn er so weiter macht, werde ‚ich‘ ihn fertig machen, so wie er es mit Mama tut. Wenn er denkt, dass wir es nicht hören, dann ist er besonders ekelig zu ihr. Sagt Wörter, die ich hier nicht wiederholen werde, selbst wenn du versuchst, sie aus mir heraus zu prügeln. Ich hasse diesen Idioten und sobald die Kinder da sind, mach ich ihn fertig!“, platzte es aus Jason heraus.

„Das überlässt du lieber mir!“

Jason schielte seinen Vater von unten an. „Wie lange soll ich warten … bis ich alt und grau bin?“

„Wenn du das innerhalb der nächsten Stunde schaffst?“

Er drehte sein Gesicht gänzlich zu Rob. Sofort wurde es ihm klar: Rob meinte es ernst! Grenzenloser Hass spiegelte sich in seinen Augen wieder. Jason beobachtete ihn, wie er aufstand und durch das geschlossene Fenster sprang. Draußen brüllte er, dass der Schaukasten erzitterte.

Zurück blieb ein Jason, der nicht mehr sicher war, ob er richtig gehandelt hatte.

 

Im Direktflug flog Rob Vanillas Haus an. Rasend vor Wut riss er alle Türen auf, doch das Haus war leer. Er rannte in den Garten zurück, sah in den Himmel. Kurz überlegte er, es würde ihm nicht weiterhelfen, wenn er Leonard vor Elaine zum Kampf forderte. Sie würde sich dazwischen stellen. Nein, er musste seinen Trieb unterdrücken. Einen Plan schmieden, Leonard von ihr wegzulocken.

Suchend überflog Rob die Insel, am Vulkansee wurde er fündig. Schon aus der Ferne erkannte er Elaine und Charlyn. Sie bauten eine Sandburg auf die Art, wie Rob es Charlyn und Jason beigebracht hatte.

Leonard stand mit verschränkten Armen im Wasser, beobachtete eine Gruppe Junghexen beim ausgelassenen Wassertoben. Ihn interessierte überhaupt nicht, was Elaine und Charlyn machten. Er geiferte nur nach den Junghexen.

‚Jason hat recht! Warum hab ich nicht schon längst gehandelt?‘ Rob überlegte nicht lange, brüllte über den gesamten Strand den Starrehex aus und setzte noch einen Umgebungsstopper drauf.

 

Charlyns kleine Hand blieb mitten in einem erstarrten Sandwirbel stecken. Elaines hochgeworfene Muscheln verharrten regungslos in der Luft. Die badenden Hexen froren ebenfalls in ihrer Wasserschlacht ein. Rund um sie herum standen die Wasserfontänen. Rob landete und stellte sich zu Leonard ins Wasser.

Finster blickend umrundete er Leonard, ließ ihn nicht aus den Augen.

Seine Fäuste ballten sich. „Du bist das verlogenste Stück Dreck, das mir je untergekommen ist!“, flüsterte er Leonard ins Ohr. „Wie kannst du es wagen, meiner Elli weiterhin wehzutun? Verschwinde endlich aus unserem Leben. Such dir eine Hexe, der es egal ist, ob du sie wie Dreck behandeltest. Und die dich auch ohne dein Teil nimmt.“

Überraschend drehte Leonard sich zu Rob um. „Warum sollte ich das? Ich hab sie doch schon. Und du wirst sie niemals bekommen. Dafür werde ich sorgen, sobald ich Addi finde.“

 

Kurzzeitig war Rob perplex, ließ es sich jedoch nicht anmerken. Warum wirkte der Erstarrer nicht auf ihn?

„Was ist, rede weiter!“ Leonards Augen verdunkelten sich, seine Flügel glitten fast lautlos aus dem Rücken. „Hat es dir die Sprache verschlagen? Dein kümmerlicher Hex wirkt bei mir nicht mehr, ich habe vorgesorgt. Glaube nicht, dass ich dir nochmals die Chance lasse, mir zu schaden. Eine kleine Überraschung hab ich auch noch für dich.“ Er grinste Rob dämonisch an.

Irgendetwas stimmte mit Leonard nicht. Rob roch das förmlich, er musste Zeit gewinnen.

„Warum Elaine? Wieso keine andere?“

„Da musst du schon Adelina fragen. Es war ihr Grundgedanke, jedenfalls zu Anfang, dann hat mir der Gedanke immer besser geschmeckt, dir die kleine, unschuldige Elli auszuspannen. Ich war der, der den Junghexen zeigte, wo es lang ging.“

Mit den Füßen im Wasser umkreisten sich die Dragots.

„Du wusstest von ihrem Plan, mir Elaine auszuspannen?“

„Ich hab sie doch erst darauf gebracht, obwohl sie annahm, der Plan ginge von ihr aus. Sicher war Addi hinter dir her, was mir absolut egal war, ich hatte sie schließlich schon von meinen Vorzügen überzeugt. Ich hatte es eher auf euch zwei abgesehen. Eure unschuldige Liebe zueinander hat mich angestachelt. Ständig diese verstohlenen Blicke … wahre Liebe, ha! Außerdem war Elaine das süßeste Hexlein im Hotel. Alle Jungs haben ihr hinterher gegeifert. Da war klar, dass ich sie dir nicht lassen konnte und auch keinem anderen. Hast du das gar nicht bemerkt, warst du so blind? Ich hab nur den Fehler gemacht, dass ich dich als zu nebensächlich für sie hielt, sie hatte ja schon den ersten Trank hinter sich. Wie mir schien, hatte Addi sich nur in der anfänglichen Stärke vertan, leider, sehr bedauerlich. Was mich zu der Frage führt, wie du es angestellt hast, sie hier am See zu verführen? Eigentlich wäre sie niemals mit dir gegangen, niemals. War die Maskerade mit meiner Visage so gut? Wie hast du dich gefühlt, als du mit meinem Gesicht bei ihr warst? Vielleicht hätte ich ja nach ein paar Wochen von ihr abgelassen. Aber du musstest sie mir ja vor der Nase wegschnappen. So musst du nun mit meiner lebenslangen Rache leben. Sie gehört mir, ist mein Eigentum, unerreichbar für dich! Tja, und nun auch noch die Kinder von uns, die jeden Tag unter deinen Augen umherlaufen, deprimierend oder? Sie ist ein guter Brutofen, sind doch gut gelungen, oder was? Ich hab ihr Jason gleich bei unserem ersten heißen Date verpasst, nachdem du sie allein gelassen hast. Hättest du doch nur etwas gewartet, dann wären sie vielleicht dein gewesen. Nur ein paar heiße Stunden später. Ursprünglich wollte ich ja nur ihren Körper, aber du musstest ja alles versauen. Ich kann ihr auch schon lange nichts mehr abgewinnen, sie ist langweilig, so anteilslos, so stupide! Macht alles, was ich will … ja … alles! Wehrt sich nicht einmal.“

Unverhohlen grinste Leonard Rob böse an, er wusste, dass er Rob mit jedem Wort bis ins Mark verletzte. „Und ich habe Großes mit meiner Brut vor!“

 

Rob war sich nicht im Klaren, ob Leonard Charlyn und Jason etwas antun würde, wenn er erfuhr, dass er nicht deren Erzeuger war und auch niemals Kinder zeugen konnte.

 

Für den Bruchteil einer Sekunde holte Rob die Erinnerung ein, die locker über zehn Jahre zurück lag …

 

„Du musst mir helfen, es ist deine verdammte Pflicht!“

Rob musterte Leonard finster, doch dieser laberte unbeeindruckt weiter.

„Keiner außer dir ist fähig, sich in mich zu verwandeln, allein wegen der Statur! Mach es, dann sorge ich dafür, dass du den Mist im dritten Stock nicht angekreidet kriegst!“ Leonard sah ihn abnötigend an. „Du brauchst nur mit ihr Händchen halten, Mann, sie ist deine Schwester, niemandem würde ich sie sonst anvertrauen!“

Da würde aber einer den Bock zum Gärtner machen ... Rob wandte sich ab. ‚Was weißt du Idiot schon! Schnappst mir meine große Liebe vor der Nase weg und jetzt willst du, dass ich dich bei ihr vertrete.‘

„Sag ihr doch, dass du keine Zeit hast, sie wird es schon verstehen.“

„Nein, kann ich nicht, heut ist Vollmond und da treffe ich sie immer am See. Das hat Tradition, in vier Wochen hab ich sie dann endlich so weit, dann ist sie reif!“

„Hör auf, so über sie zu reden!“, knurrte Rob ihn an.

„Mann, stell dich nicht so an. Ich hab noch ein anderes Date im Dorf. Die Schnecke betet mich an, das kann ich nicht sausen lassen!“

Rob war es herzhaft egal, ob er für seinen Mist im dritten Stock Ärger bekam. Aber Elaine war ihm nicht egal, es war nun schon einige Jahre her, dass er viel mehr für sie empfand als bloße Geschwisterliebe. Es war auch nichts weiter daran zu bemäkeln, da er nicht wirklich ihr Bruder war, sie waren nur unterm selben Dach aufgewachsen.

Im letzten Sommer waren sie sich endlich etwas näher gekommen. Fast hätten sie es getan, doch Vanilla, ihre Mutter und gleichzeitig seine Ziehmutter, hatte Mittel und Wege gefunden, sie auseinander zu halten.

Irgendwie kam immer was dazwischen, wenn sie sich gefunden hatten. Bis sie dann Leonard über den Weg lief, kurz bevor er ihr seine Liebe endlich gestehen wollte.

 

Rob sah Leonard verächtlich an, er hasste ihn so sehr dafür, dass er Elaine, wo es nur ging, betrog.

„Machst du es jetzt, oder nicht?“

Als ob er zunächst darüber nachdenken müsste, blickte Rob in den Himmel, wo einige Wolken über die Festung hinwegzogen. „Ja.“

„Danke Mann, ich kümmre mich gleich um den Mist im Dritten. Du musst heut Nacht um elf am See sein, bring ihr ne Rose mit. Und nicht mehr als ein Kuss auf die Wange, ist das klar?“

Wortlos, mit einem Zucken im Mundwinkel, neigte Rob seinen Kopf, sah ihn von unten an, schwieg.

„Gut, ich muss los!“ Leonard verschwand im Schloss.

Er sah ihm hinterher und seine Augen funkelten verächtlich. „Ich habe dir kein Versprechen gegeben. Mal sehen, wie der Abend so verläuft!“, flüsterte Rob.

 

Nach dem Hotelgang flog Rob umgehend ins Dorf und steuerte den Hexshop an. Drinnen kam eine junge Hexe auf ihn zu. „Was kann ich für dich tun? Suchst du etwas Bestimmtes?“

„Ja, ich brauche eine Wandelmaske, so eine, die mit dem Gesicht verschmilzt!“

„Da kann ich dir nicht helfen, du bist noch keine achtzehn Jahre!“

„Auf das halbe Jahr kommt es doch wohl jetzt nicht mehr an?“

„Ich darf keine Ausnahme machen. Tut mir leid, komm meinetwegen gleich an deinem Geburtstag wieder.“

Wenn nicht so, dann anders, Rob zog die Hexe spontan zu sich ran, sah ihr tief in die Augen, übte seinen Einfluss auf sie aus.

Hui, sie blickte ihm umgehend verträumt in die Augen! „Gut, warte hier, ich hole sie! Männlich oder weiblich?“

„Männlich, für Teens!“

Die Hexe eilte ins Hinterzimmer und holte eine flache Schachtel. „Hier, das ist sie!“

„Wie wende ich sie an?“

„Die darzustellende Person muss bekannt sein und am besten hilft etwas Persönliches, das man an ihr reibt, ehe man sie aufsetzt!“

„Danke, was bin ich dir schuldig?“

Die Hexe sah ihn sehnsüchtig an, es war klar zu erkennen, dass sie kein Geld, sondern eine andere Gegenleistung in Erwägung zog. Rob grinste dreist und drückte ihr einen Kuss auf die Wange.

Dahinschmelzend entschwand sie in den Hinterraum.

Rob klemmte die Schachtel unter den Arm und flog nach Hause.

 

Als er das Haus betrat, sah Rob in jeden Raum, bis er fündig wurde, Elaine saß allein in der Küche und aß.

„Wo ist Vanni?“

Elaine grinste ihn zuckersüß an und richtete sich auf, was Rob dem Atem nahm. Sie trug eines ihrer superengen Tanktops, das mehr zeigte als verbarg. „Sie ist noch im Hotel. Kommt aber gleich. Es gab Ärger im Dritten, sie wollte nach dem Rechten sehen. Warum fragst du?“

„Ach, nur so, und was machst du gerade Schönes?“

„Essen und dann nehmen ich gleich ein Bad! Willst du probieren?“

„Was, ich kann mit reinkommen? Oh ja, ich schrubb dir den Rücken!“, feixte er.

„Du bist doof! Und außerdem musst du vorher Leo fragen, aber ich denke, er würde es dir nicht erlauben!“

‚Wenn du wüsstest!‘

Elaine lächelte ihn herausfordernd an. „Und außerdem rede ich vom Essen, wenn ich frage: Willst du probieren?“

 

Na gut, dann halt nur essen ... Rob setzte sich neben sie, hielt seinen Mund in ihre Richtung auf. Dieses Spiel spielten sie öfters, so machte sie sich auch keine Gedanken darüber. Elaine schob ihre volle Gabel in seinen Mund.

Kauend sah er ihr in die Augen. „Was ist das?“, wollte er wissen und drückte gleichzeitig seinen Arm an ihren Leib. Seine Hand landete auf ihrem nackten Knie, sie trug nur ein kleines, weites Röckchen.

„Nudelauflauf, ein Menschengericht ... und, schmeckt es?“

Die Frage hatte er schon nicht mehr gehört … Robs Gedanken drifteten ab ...

 

Elaine legte ihre Hand auf seine, die auf ihrem Knie ruhte.

Irritiert sah er sie an, sie kam ihm so nahe, dass er ihren warmen Atem in seinem Gesicht fühlte.

Ihr Atem beschleunigte sich, sie kam mit ihrem Mund immer näher an seinen, ihre Lippen berühren sich leicht.

 

„Rob, hallo, wo bist du? Wach auf! Wie schmeckt dir der Nudelauflauf denn nun?“

Elaine fuchtelte mit ihrer Hand vor seinem Gesicht hin und her.

„Oh entschuldige, ich habe geträumt.“

Bis auf die Tatsache, dass seine Hand immer noch auf ihrem Bein lag, war nichts passiert. Aber sie nahm seine Hand auch nicht weg, im Gegenteil, er hatte das Gefühl, dass sie diese Berührung wollte.

„Ist dir schlecht? Schmeckt dir das Essen nicht?“

Rob zog vorsorglich seine Hand von ihrem Schenkel, denn seine Finger wollten wandern. „Doch, doch schmeckt lecker! Krieg ich noch einen Bissen?“ Er sah wirklich hungrig aus, doch sie erkannte nicht, um welchen Hunger es sich handelte.

Elaine fütterte ihn, bis er satt war, nun ja, zumindest sein Magen.

Den sichtlich erregten Bereich darunter verdeckte er mit seiner freien Hand.

Kurz hatte er das Gefühl Elaine hätte es bemerkt, aber dann hielt sie ihm ein Glas unter die Nase. Er leerte es in einem Zug und stellte es neben den Teller. „Danke, war lecker. Ich geh dann mal hoch, viel Spaß beim Baden.“

Rob nahm im Vorbeigehen das flache Päckchen von der Anrichte.

„Was hast du da unterm Arm?“

Er drehte sich zu ihr um. „Wenn ich es dir sage, kann ich dann mitbaden?“

Elaine grinste frech. „Nein!“

Wenn sie stur war, war er es auch, Rob hob die Schultern. „Dann bleibt es ein Geheimnis, mit dem du wohl leben musst.“

Oh nein, so leicht gab sie sich nicht geschlagen, Elaine stand zügig vom Stuhl auf. So weit käme es noch, dass er etwas vor ihr verbergen würde! Rob wusste genau, was sie vorhatte und rannte aus der Küche. Elaine stürmte hinterher.

 

Erst vor seiner Zimmertür ‚ließ‘ er sich von ihr erwischen.

„Los, zeig es mir!“ Ihr heißer Atem streifte seinen Hals, prompt drückte er sie an die Wand, fixierte eine ihrer Hände über ihrem Kopf neben einem Wandbild.

Das Päckchen fiel zu Boden, blieb aber zum Glück verschlossen.

Schlagartig war das Geheimnis nicht mehr wichtig, Elaine legte ihre freie Hand auf seine breite Brust, drückte ihn aber nicht wirklich weg.

Heilige Junghexe, ihr Augenaufschlag entfachte in Rob einen Feuersturm an Gefühlen. Seine freie Hand wanderte unter ihr Top auf ihren Rücken, er zog sie an sich. Ihre Münder waren wenige Millimeter voneinander getrennt, dann trafen sich ihre Blicke.

Ohne Vorwarnung drückte er ihr einen Kuss auf.

Sie zog ihren Kopf zurück, sah ihn schmachtend an. „Warum machst du das?“, flüsterte sie verlegen.

Als ob sie das nicht wüsste, Rob zog sie noch dichter an sich ran und küsste sie richtig.

Ohne Widerstand, lag sie in seinem Arm und streichelte seinen Nacken.

Doch Vanilla würde bald kommen …

‚Ich liebe dich! Wir sehen uns heut Abend!‘ Rob löste sich von ihr, ließ sie belämmert stehen, schnappte sich das Päckchen und knallte seine Tür vor ihr zu.

Dass sie noch lange aufgewühlt vor seiner Tür stehen blieb, konnte er nicht wissen. Schade für ihn. Es hätte die Zukunft durchaus verändert, wenn er sie mit in sein Zimmer genommen hätte.

 

Gegen halb elf am Abend stellte er sich vor den Spiegel, öffnete die Schachtel und entnahm ihr die silikonartige Maske. Er hob den Handschuh, den er Leonard geklaut hatte und rieb damit darüber. „Leonard M. Dragonblood!“, flüsterte er.

Nun nahm er die Maske und legte sie über sein Gesicht. Das Material verband sich schmerzlos und ziemlich unkompliziert mit seiner Haut und veränderte sein Gesicht.

Scheißhackfresse, Leonard sah ihm aus dem Spiegel entgegen. Prompt überkam Rob ein Kotzreiz, aber am See gab es keine Spiegel, und er war er selbst - nicht Leonard.

In Windeseile öffnete er sein Fenster und kletterte auf seinen Besen, denn er wollte eigentlich vor Elaine am See sein.

 

Der Vollmond war zu dieser Jahreszeit so hell, dass er schon von Weitem sehen konnte, wie sie auf ihn zuflog und direkt neben ihm landete.

„Hallo Hexlein!“ Rob stand auf, ging auf sie zu und in ihren Augen konnte er das Leuchten des Mondes sehen. „Hat Vanni mitbekommen, wie du dich aus dem Haus geschlichen hast?“

„Nein, sie war so müde und ist gleich zu Bett gegangen.“

„Und Rob?“

Ihre Augen funkelten ihn seltsam an, dann grinste sie spöttisch. „Keine Ahnung!“

„Nicht, dass er dich verrät!“

Sie schmunzelte. „Nein, so was würde er doch niiie machen“, säuselte sie.

„Ach ja?“ Er nahm sie in den Arm und ihr glitt dabei der Besenstiel aus der Hand. Sofort schlängelten sich ihre Hände um seinen Nacken.

„Und was machen wir heute?“ Mit gesenkten Lidern blickte sie ihn schelmisch an.

„Verrat du es mir, ich bin zu jeder Schandtat bereit“, entgegnete er frech.

So hatte er noch nie mit ihr geredet. „Was ist heut mit dir los, du bist so aufgedreht?“

„Es ist so schön dich im Arm zu halten.“ Er spürte ihre Körperwärme durch das dünne T-Shirt.

„Ach ja?“

„Ja!“

Sie streckte sich ihm entgegen und drückte sich fordernd an seine Brust. Langsam zog sie ihn am Nacken zu sich runter, doch er entzog sich ihr. „Was ist?“

„Nichts, ich wollte deine wunderschönen Augen noch ein wenig im Mondschein betrachten.“

„Seit wann hast du denn so eine romantische Ader?“

„Seit gerade eben. Ist dir das nicht recht?“

„Doch es ist wunderbar. Ich liebe es.“

Rob lächelte und biss sich verlegen auf die Unterlippe, Elaine hob ihren Kopf höher und näherte sich seinem Mund, ihre Lippen berührten sich sacht. Endlich hatte er sie in seinen Armen, musste nichts unterbrechen und küsste sie immer ungeduldiger.

Wie schon am Nachmittag drang ihr Geruch in seine Nase ... 

 

„Warum bist du erst jetzt so? Vorher warst du immer so grob und hast mir wehgetan.“

Nein, Rob konnte nicht antworten, er zog sie an sich und küsste sie erneut.

„Oh Rob, was machst du mit mir?“

Rob schoss augenblicklich zurück, stand auf, sah ihr in die Augen. „Was hast du gesagt?“

„Was machst du mit mir?“ Sie sah ihn mit halb geöffneten Augen zärtlich an.

Oh ja, Rob wusste genau, was er gehört hatte, er lächelte glücklich und küsste sie.

Sie spielte mit ihren Fingern auf seiner Haut, streichelte über seine breiten Schultern. „Nimm endlich die blöde Maske ab. Ich wusste vom ersten Moment, dass du es bist.“

Rob zog sie sich vom Gesicht, sie lächelte. „Woher?“

„Dein Geruch, ich liebe ihn! Nur du darfst der erste sein, kein anderer!“

„Was, wenn er dich bedrängt hätte?“

Sie schmunzelte. „Ich wäre in dein Zimmer geflüchtet. Ich liebe dich Rob, für immer und ewig! Auch wenn meine Liebe momentan andere Wege geht.“

Beide flogen wieder zurück, denn so langsam aber sicher wurde es kühler.

 

Diese blöde Hexe war schrecklich, Leonard hatte sich früher verabschiedet und flog zum Vulkan, er wollte Rob in einem unbeobachteten Moment ablösen. Er kundschaftete den Strand aus, niemand da … doch etwas war da … Leonard erkannte die Maske, die Rob benutzt haben musste.

Sofort ahnte er, dass sein Plan nicht aufgegangen war. Wütend brüllte er auf. „Dafür bekommst du, was du verdienst!“ Er hob ab und flog den Luftturm an, landete in einem der oberen Einflugtore und rannte in den Eisbereich.

 

Noch waren sie nicht zu Hause angekommen, Elaine hörte einen Schrei und lächelte, denn sie wusste, wer ihn ausgestoßen hatte, sie beschleunigte und überholte den verdutzten Rob.

Leonard konnte nun vieles tun, aber um diese Uhrzeit konnten nur die Bewohner von Vanillas Haus das Grundstück betreten oder anfliegen.

Die Junghexe flog so schnell durch ihr offenes Fenster ins Zimmer, dass sie kaum zum Bremsen kam und prompt auf ihrem Bett stehend landete. Rob stoppte an ihrem Schreibtisch, der direkt vor ihrem Fenster stand.

Keine fünf Sekunden später kam keine Vanilla mehr dazwischen …

 

„Da hast du es, misch es ihr unter ihren Tee.“ Adelina stand neben Leonard und drückte ihm das Elixier in die Hand.

„Und sie lässt ihn unter keinen Umständen mehr an sich ran?“

„Vollkommen, er wird Luft für sie werden. In einen Jahr muss ich dann das nächste brauen, für eine Auffrischung.“

Leonard lächelte dämonisch. Seinen Fehltritt würde Rob noch bitter bereuen!

 

Rob schlief selig bis in den Vormittag, Elaine hatte sein Zimmer irgendwann in der Nacht verlassen müssen, damit Vanni nichts mitbekam. Immer noch müde schlich er ins Bad und duschte.

Es war Samstag, er hatte keine Eile. Nachdem er sich angezogen hatte, ging Rob ausgelassen die Treppe runter und blieb jäh im Türrahmen der Küche stehen.

Obwohl Leonard mit dem Rücken zu ihm am Küchentisch saß, erkannte Rob ihn sofort, der Sack trank mit Elaine Tee.

Sie blickte auf zu Rob und neigte ihren Kopf wieder. „Na auch endlich wach? Was hast du die ganze Nacht getrieben, dass du so lange schläfst?“

Wie jetzt? Entgeistert starrte Rob sie an, an ihrer Stimme erkannte er … sie meinte das ernst, sie wusste es nicht mehr oder wollte es nicht mehr wissen.

Unvermittelt beugte Leonard sich zu ihr rüber und küsste sie so intensiv, dass sich Rob der Magen umdrehte.

Seine anfängliche Hoffnung, sie doch von sich überzeugt zu haben, zerfiel mit diesem Kuss.

Warum tat sie das?

Wenn Rob wüsste, dass sie gerade an diesem Morgen mit Leonard Schluss gemacht hatte …

Doch das Elixier in ihrem ‚Abschieds‘-Tee entfaltete seine gesamte Wirkung.

„Ich hol dich heut Abend ab, mein Schatz! Vergiss die Decke nicht!“

Leonard stellte sich vor Elaine, zog sie vom Stuhl zu sich hoch, und sie fiel ihm um den Hals.

Angewidert wich Rob in den Flur zurück, lehnte sich an die gegenüberliegende Wand. Seine Knie versagten ihm den Dienst, er wollte auf den Boden sinken, doch diese Blöße würde er vor Leonard nicht zeigen.

 

Auf dem Weg zur Haustür blieb Leonard stehen und baute sich vor Rob auf. Er grinste ihm triumphierend ins Gesicht. „Sie liebt mich, du warst nur ein Zeitvertreib für sie. Heute Abend schwängere ich sie, und sie wird meine Kinder in ihrem Bauch tragen.“

Zu keinem Wort fähig, blieb Rob stehen und seine Schulterblätter drückten sich schmerzhaft in die Wand.

Leonard riss die Tür auf und knallte sie hinter sich zu.

Benommen blickte Rob auf und fuhr zusammen, denn er sah in Vannis ausdrucksloses Gesicht. Sie stand nur mit verschränkten Armen da, sah ihn beinahe ausdruckslos an, bevor sie ihre Tochter rief. „Elli!“

„Ja Mama?“, antwortete Elaine und kam in den Flur.

„Ich möchte, dass du ins Hotel fliegst und mir meine Tasche holst, ich hab sie gestern Abend in meinen Büro vergessen.“

„Kann Rob das nicht machen, ich bin noch so müde.“

Vanilla sah ihrer Tochter durchdringend in die Augen. „Du machst das, und wehe ich bekomme zu hören, dass du Leonard über den Weg gelaufen bist!“

„Oh Mama, was ist dir über die Leber …?“

„Mach, dass du wegkommst!“, schrie sie ihre Tochter unbeherrscht an.

Eingeschüchtert rief Elli ihren Besen und eilte hinaus.

 

Vanilla und Rob standen sich weiterhin gegenüber. Sie machte eine einladende Geste, er solle ihr ins Wohnzimmer folgen.

„Seit anderthalb Jahren funke ich dazwischen, um euch noch nicht diesen Schritt gehen zu lassen. Und einmal überkommt mich die Müdigkeit und schon knallen bei euch beiden die Sicherungen durch!“

Wie konnte Vanilla sie so schnell durchschauen?

Rob versank im Sofa, wurde immer kleiner.

Vanni setzte sich vor ihm auf den Couchtisch. „Junge, ich weiß, dass ihr euch liebt, doch es ist zu früh, viel zu früh gewesen. Ich hatte auch nie etwas gegen eine Verbindung zwischen euch, aber erst später!“

Nun wusste Rob gar nicht mehr, was er denken sollte. Er ging immer davon aus, dass sie gegen eine Verbindung sei. „Und Leonard?“, fragte er kleinlaut.

„Robert, ich weiß nicht, wie ich es dir sinnvoll erklären kann. Ihr selbst habt eure Gefühle so weit hochgeschaukelt, dass sie viel zu viel in Sachen Liebesdingen für eine Junghexe empfindet, als es ihrem Alter entsprechen sollte. Warum sie gerade auf solch einen Knallkopf reinfällt, weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass er sie niemals schwängern darf, niemals, unter keinen Umständen!“

„Warum verbietest du ihr dann nicht, sich mit ihm zu treffen?“

Vanilla zog ihre Brauen in die Stirn. „Hatte das was bei euch genützt?“

Reuig senkte Rob den Kopf. „Vanni, ich liebe sie so sehr, dass mir alles wehtut, wenn ich sie in seinen Armen seh! Sie ist mein Leben!“

„Ich weiß, doch eure Zeit ist noch nicht da, sie muss erst ihren Gefühlen folgen, um sicher zu sein, was sie wirklich will.“

„Warum? Ich weiß, dass sie gestern mit ihren Gefühlen bei mir war und überhaupt kein Bisschen bei ihm!“

In Vanillas Blick lag ehrliches Bedauern. „Und warum hat sie ihm dann heute Morgen nicht den Laufpass gegeben?“

Tränen liefen über seine Wangen, er vergrub sein Gesicht in seinen Händen. „Das ist nicht fair!“

„Geh auf dein Zimmer, ich schicke sie zu dir, wenn sie wieder da ist. Ihr müsst euch aussprechen und bitte nicht mehr! Wehe dir, wenn sie dann schwanger ist! Und heute Nacht,

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Das Copyright liegt bei mir! Texte oder Textabschnitte kopieren ist verboten!!
Bildmaterialien: Mein Bild, Finger weg!
Lektorat: Sorry, konnte mir weder ein professionelles Lektorat noch ein Korrektorat leisten!
Tag der Veröffentlichung: 04.08.2012
ISBN: 978-3-7309-9696-6

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Vielen Danke Iris, für deine intensive Hilfe bei der Fehlersuche!

Nächste Seite
Seite 1 /