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Lufeea, die süße Königstochter
Das siebte Blumenfest



Jason M. Dragonblood sah über die nebelverschleierte Wiese, die am Rande eines Waldes lag. Von Flanora wusste er, wo seine Hilfe gebraucht wurde.
Kopfkratzend und sich an einen der mächtigen Stämme des Eichenwaldes lehnend seufzte er, denn wie um Himmelswillen sollte er zwei Völkern den Frieden bringen, wenn diese Wesen auf seiner Handfläche stehen könnten? Aber noch viel mehr grübelte er darüber nach, warum Feen und Elfen überhaupt im Clinch lagen. Soweit ihm bekannt war hatten beide Völker hier im Hexenreich nicht allzu viel miteinander zu tun.
Das Feenvolk war eher tagaktiv und die Elfen agierten in der Nacht. Und darüber hinaus trennte sie ein tannengesäumter Bach. Für so ein kleines Völkchen sicher eine Herausforderung der Spitzenklasse.
Nun gut, hier stehen bleiben und sinnieren brachte ihn nicht weiter. Jason sprach einen entschlüsselnden Hex über den Nebel und staunte.
Die triste Wiese wandelte ihre Erscheinung in ein leuchtendes Disney-Paradies. Bunte Blumen in allen Farben. Eingefasst in eine satte grüne Wiese, die einem englischen Rasen alle Ehre machen würde. Jason starrte auf die vielen Blumen, bis ein leuchtender Punkt seine Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Der Leuchtpunkt kam rasend schnell über die Blumen geflogen und wumps krallte sich eine blonde Wächterfee beidseitig an Jasons Wimpern fest.
Lakuscha packte je Augen ein Büschel seiner Wimpern und grollte dem fremden Riesen in die halb geschlossenen grünen Augen. „Verschwinde! Hexenvolk ist hier nicht willkommen!“
„Du kleines Mistvieh tust mir weh! Lass meine Lider los! Sonst zerquetsche ich dich!“
„Keine Chance! Ehe du mich zerquetscht, kratz ich dir die Augen aus!“
„Dann reiß ich dir die Flügel raus!“
„Ha! Die wachsen nach, du Riesennase!“
„Nimm das zurück! Ich hab ne schöne Nase und sie is Verhältnismäßig klein!“, grollte Jason und zog der Fee an den Füßen.
Lakuscha zog flink ihre kleinen Füße aus seinen Fingern und trat Jason auf die feuchtwarme Unterlippe. „Wenn ich gleich deine Zehen zwischen den Lippen hab, dann…“
„Was dann? Bist wohl ein Fußfetischist!“
„Nee, dann…“ Der linke Fuß der Fee rutschte tatsächlich über Jasons untere Zahnreihe und landete prompt auf Jasons Zunge. Die Chance nutze Jason und kitzelte mit seiner Zungenspitze über ihre nackte Fußsohle.
Lachend ließ Lakuscha Jasons linkes Wimpernbüschel los, hielt sich aber an der anderen Seite umso mehr fest. Prompt, um Halt zu finden, krallte sich die blonde Fee in Jasons Nasenrücken. „Auuua! Ich kau jetscht deinen Fuuusch an!“
Nun schrie Lakuscha im Gegenzug auch ein Aua heraus. „Deine Zähne sind zu scharfkantig! Da säbelt es einen ja die Fußsohle auf!“
„Waaasch mal deine Käschefüüschee! Die schmecken nach Graasch und Erde.“
„Da kannste dich jetzt mal mit dem Geschmack vertraut machen, wenn de gleich ins Gras beißt!“, kicherte Lakuscha.
„Lakuscha… bitte nimm deinen Fuusch aus meinem M…und!“
„Woher kennst du… du… meinen Namen?“
Jason peilte an der zirka dreißig Zentimeter großen und verwirrten Fee vorbei und nun überschlugen sich die Ereignisse. Mehrere Leuchtpunkte rauschten heran und ehe Jason sich versah, zog irgendwie alles an seinen Haaren, seinen Sachen und Ohren. Er musste zwangsläufig diesem zwickenden Ziehen folgen, denn sie stachen auch mit irgendetwas auf ihn ein. Akupunktur mal anders und schmerzhaft unangenehm.
„Lotst ihn auf das Pentagramm!“, rief eine der vielen Stimmen, die um seinen Kopf herum wuselten.
Ehe Jason sich versah, rief eine der Feen das magische Wort Pixatom aus und er schrumpfte. Aus seiner Hexenwelt kannte er diesen Schrumpfhex ja schon von den Besuchen in den Schaukästen, also geriet er nicht weiter in Panik, aber es nervte ihn maßlos, dass die bezaubernden Ladys um ihn herum nun gute zwei Köpfe größer waren. Obwohl… das ließ eine Sicht zu, die sich genau auf bestimmte Körperteile ausrichtete. Heiß!
Umringt von bestimmt drei Dutzend Feen schnaufte Jason genervt auf und schüttelte sich größer, bis er in etwa einen Kopf größer war, wie die Feen.
Diese wichen zurück, weil sie solch eine eigenständige Wandlung nicht kannten.
Mit einem ausschweifenden Blick sah er in die Runde der erstaunten Gesichter. „Flanora schickt mich und ihr hättet mich auch normal begrüßen können. Ich bin euch nicht feindlich gesinnt. Im Gegenteil, ich bin für euren Frieden hergekommen.“
Eine der Feen wagte sich auf Jason zu, hielt aber einen gewissen Abstand aufrecht. „Ich bin Lalila, die Stimmführerin unseres Volkes. Wie ist dein Name und was für ein Wesen bist du? Ein normaler Hexer bist du in jedem Fall nicht.“
Schmunzelnd sah Jason der Fee mit den lilafarbenen Haaren direkt in die Augen. „Mein Name ist Jason M. Dragonblood, ich bin ein Drachenwandler der Weißdrachenrasse und ich bin der Friedenbringer. Ist deine Frage damit ausreichend beantwortet oder brauchst du meine Schuhgröße noch?“
„Du bist der Friedenbringer, der die Welten vor dem Untergang mit seinem Leben bewahrt hat?“, platzte es einer rothaarigen Fee heraus, die dicht hinter Lalila stand.
Das musste Leigala sein, dachte Jason, denn Flanora hatte ihm einige der besonderen Feen namentlich beschrieben und dieses lose Mundwerk stimmte mit der Beschreibung überein.
Lalila wandte sich mit böser Mimik der unaufgefordert redenden Fee zu, worauf diese sich zurückzog und davon flog. Sich wieder zu Jason drehend entschuldigte sie sich für das ungebührende Verhalten der frechen Fee.
„Da ich eure Gesetze nicht komplett kenne, sage ich da jetzt mal nichts zu, denn es hat mich nicht gestört, dass sie mich angesprochen hat“, gab Jason ehrlich an.
„Nun ja, ich bin die Stimmführerin und solange wir nicht wissen, wer du bist und was du hier willst, darf dich keine der anderen ansprechen.“
Seufzend warf Jason der blonden Fee Lakuscha, die ihn hier als erstes barsch ansprach einen vielsagenden Blick zu. Ja, Lakuscha wurde rot.
Schweigend sah Jason wieder zu Lalila rüber, er würde sie nicht verraten.
Jason kratzte sich am Kopf. Momentan trug er seine Haare mal wieder adrett hinten kurz und oben etwas länger. Der Kampf-Irokese käme bei den Feen sicher nicht sonderlich gut an. War eh ein Wunder, dass ihn keine der Feen schräg anguckte, da er mit seiner Lederbekleidung optisch sogar nicht in diese knallige Bonbonwelt passte. Lederner dunkelbrauner Brustpanzer, Schnürlederhose und bodenlanger Ledermantel in schwarz.
Die Feen trugen allesamt weiche fließende mittelalterliche Gewänder, die oben alles verhüllten, aber ziemlich viel Beinfreiheit boten. Jepp, Jason musste seine Augen oben behalten, denn die Ladys mit ihren weichen durchsichtigen Flügeln weckten seine Libido. Heiße Fahrgestelle und ja, netter Anblick. Warum nochmal war er hier, ach ja… in jedem Fall nicht und eine der Ladys flach zu legen. Scheiß Drachenblut! Immer diese aufsteigende Hitze, wenn die Weiblichkeit um ihn herum so zauberhaft aussah. Jason ließ seinen Blick soweit wandern, wie Lalila es nicht sofort erfassen konnte. „Wie verbleiben wir denn nun?“
Lalila verschränkte ihre Arme unter der Brust, was diese leicht anhob und Jason ein markantes Lächeln entlockte, denn der Stoff gab mehr her, als er sicherlich sollte.
„Was willst du denn hier? Wir haben dich nicht gerufen und ich kann mich nicht erinnern, das Vanilla jemals deinen Namen hier erwähnt hatte.“
Ok, das holte Jason wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, denn Vanilla war seine Großmutter mütterlicher Seite gewesen und vor ein paar Jahren gestorben. Ihre Seele hatte den Körper einer schwachsinnigen Hexe übernommen und seitdem war sie Flanora.
Er machte den Mund auf und wieder zu. Flanora hatte ihn hierher geschickt um Frieden unter den beiden Völkern zu stiften. Warum hatte sie die Feen nicht vorgewarnt? Und warum blickten diese auf ihn recht aufgeweckt wirkenden Feen nicht, wer er war und warum er hier war?
Ok, direkter Aussage gegen direkte Aussage!
„Ihr seid im Streit mit den Elfen und um das aus eurer Welt zu schaffen bin ich hier!“
„Wir brauchen deine Hilfe aber nicht!“, gab Lalila borstig zurück.
Jason ließ seinen Blick nun mit einer anderen Einstellung wandern. In einigen Gesichtern sah er den Widerspruch zu dem was Lalila behauptete. „Flanora sagt, ich solle mit Lufeea reden.“
„Kein Sterblicher darf mit unserer zukünftigen Königin reden!“, posaunte Lalila böse heraus.
Unbeeindruckt lächelte Jason der langsam vor Zorn errötenden Fee vor sich zu. Wie rot sie wohl werden würde, täte er sie nun vor versammelter Feenschar küssen? „Dann werde ich es auf Seiten der Elfen versuchen! Obwohl mir Flanora sagte, ich würde hier erwartet werden.“
„Du wirst auch erwartet!“
Das Meer der Feen teilte sich vor einer Fee, deren Gesichtszüge erhaben und doch so himmlisch ausgeprägt waren, dass Jasons Kiefermuskeln gemächlich erschlafften. Sich dessen bewusst werdend, dass jetzt nur noch ein Sabberfaden aus seinem Mundwinkel hängen musste, so dass alle sofort wussten was er dachte, schloss er seinen Mund wieder. Reine Selbstbeherrschung! Na ja, sein Blut begann schneller durch seine Adern zu fließen.
„Ich bin Lufeea, die Prinzessin dieses Feenvolkes und Flanora hat mir empfohlen dich anzuhören. Ich gebe dir 15 Atemzüge um mir zu erklären, warum wir in Erwägung ziehen sollten, deine Hilfe in Anspruch nehmen.“
Klare Worte, auch gut.
Um den Brei zu reden mochte in einigen Fällen förmlicher sein um die Grenzen langsamer abzustecken, aber wenn sie es in 15 Atemzügen haben wollte, dann wäre Jason der Letzte, der diesem bezaubernden Wesen diesen Wunsch ausschlagen täte. Wie sich wohl 15 Atemzüge anfühlten, wenn er ihr mit jedem einzelnen näher kam?
Jason erzählte ihr, was er von Flanora und seinen Nachforschungen erfahren hatte und in wie weit er sich bis jetzt vorwagen würde um einen dauerhaften Frieden anzusteuern.
Lufeea spielte mit ihren schwarzen gewellten hüftlangen Haaren, drehte eine Strähne um ihren Finger und ging während Jasons Bericht mit einem bezaubernden Hüftschwung um ihn herum. Jason folgte ihr mit seinem triefenden Dackelblick, bis sie fast wieder unter seiner Nase stand.
Lufeea neige ihren Kopf leicht zur Seite und nach hinten um tief in Jasons grüne Augen zu sehen. „Die Elfen haben vor Jahren jedes Angebot ausgeschlagen den Fluss zu gleichen Teilen aufzuteilen. Das magische Wasser würde seit Jahrtausenden nur ihnen gehören. Was nicht stimmt, denn unser Volk hat ebenso im selben Zeitrahmen Anspruch darauf. Du wirst das niemals ändern können! Alles was wir tun können um unsere Kinder in der kommenden Woche zu weihen ist, wie jedes 70. Jahrzehnt, das Wasser im Morgengrauen zu stehlen.“
„Ist das Wasser selber magisch?“, fragte Jason unmittelbar.
„Nein, die 7. Blüte am oberen Berghang lässt nach ihrer Blütezeit die Pollen fallen und diese reichern das Wasser an um unsere Kinder Atem einzuhauchen.“
Tja, das war Jason zu hoch. Was an sich nichts machte, denn andere Völker, andere Sitten und ganz besonders extrem in dieser Zone der Hexenwelt. Er würde die besonderen Umstände des neuen Lebens nicht hinterfragen, weil es für ihn nur am Rande wichtig erschien, denn Vorrang hatte der Frieden.
„Führt der Fluss nicht genügend Wasser für beide Völker mit sich?“ Heiliger Drachenhimmel, warum musste sie ihm immer sooo tief in die Augen sehen?
„Schon, aber sie schöpfen die Pollen bereits jenseits unserer Möglichkeiten sehr weit oben ab. Wenn das Wasser dann hier ankommt, reichen die Bestandteile nicht mehr um auch nur eines unserer Kinder zu beleben.“
„Auf die Gefahr hin dich zu beleidigen, was hat das Feenvolk für eine Aufgabe in der Hexenwelt?“
Lufeea seufzte leise und schickte ihre Feen von dannen. Sie wartete, bis alle außer Hörweite waren. „Komm mit.“
Die zukünftige Königin des hier ansässigen Aisur-Volkes führte Jason durch einen Nebelschleier am Rande der Blumenwiese. Zuerst sah Jason in der Ferne den Fluss, hörte sein leises Plätschern, bis ihm diese Wiese auf der er stand ins Auge fiel.
In verschiedene Entwicklungsstufen und Größen lagen Kokons im weichen Gras. Es war unschwer zu erkennen, dass es sich um teils abgestorbene Nachkommen der Feen handelte.
„Dort rechts liegen die letzten 70 Nachkommen, die in einer Woche das magische Wasser für ihren ersten Odem brauchen.“
Sicher, Jasons Neugier war geweckt, doch diesmal schwieg er. Vorsichtig um Lufeea nicht zu verschrecken näherte er sich einem der älteren Kokons und ging in die Hocke. Der Wiederbeleber kribbelte in seiner Kehle, aber seiner Fingerspitze mit dem Blick folgend, der die zerbrechliche Hülle berührte, wandelte den sehr seltenen Hexspruch in ein leises Aufstöhnen. Die Hülle rieselte wie ein feines Staubgebilde in sich zusammen und ein lauer Windhauch wehte die Überreste in den Nebel. „Der Nebel besteht aus den Überresten der hier gestorbenen Feen?“
Lufeea nickte bedrückt, eine Träne lief an ihrer Wange herunter.
Jason wandte sich einem anderen Kokon zu und flüsterte den Wiederbeleber. Nichts, keine Wirkung. Hier stieß Jason tatsächlich an seine Grenzen.
„Darf ich fragen, wie euer Nachwuchs zu Stande kommt?“
„Meine Mutter ging einmal alle 70 Jahre fort und dann, nach 3 Tagen brachten ihre engsten Feen die Nachkommen hierher. Nun wird auch ihr letzter Kindersegen ungeboren bleiben.“
„Wo ist deine Mutter?“
Lufeea sah Jason traurig an. „Die Elfen haben sie damals nicht mehr zurück gehen lassen. Sie ist sicher aus Gram gestorben und in einem Monat ist meine Krönung um ihre Nachfolge anzutreten.“
Jasons Zunge brannte und kribbelte, denn Flanora riet ihm eindringlich davon ab eine Frage nach den männlichen Feen zu stellen, denn so richtig hatte Lufeea seine Frage nicht beantwortet.
Lufeea atmete tief ein, sie sah Jason bohrenden Blick. „Wir vermehren uns nicht wie andere Lebewesen, denn unsere Seelen sind rein.“
Nun ja, ob reine Seelen von einer natürlichen Fortpflanzung absehen konnten, würde auch nicht für einen Frieden abhängig sein.
„Wie wirkt sich der Krieg auf euer normales Leben aus?“
„Wir lassen es nicht an uns heran! Um keinen Preis unserer Welt! Auch heute wird der Erste von 7 Blumentagen das Fest der neuen Ankömmlinge einläuten.“
Jason kratzte sich am Kinn, er musste sich unbedingt mal wieder rasieren. Seit 2 Jahren spross seine Gesichtsbehaarung fröhlich vor sich hin und die letzten paar Monaten sogar ausreichend um mal einen Bartversuch zu starten. Gedankenthemawechsel…
„7 Blumentage… sag nichts! Es geht jeden einzelnen der 7 Tage um eine andere Blume bis hin zu den Pollen der 7. Blume, die das neue Leben einläutet?“
Lufeea nickte.
„Und wie lange waren diese Feste ohne Ergebnis?“
„4 Feste ohne Nachwuchs“, gestand Lufeea.
„4 mal 70 Jahre, das is echt lange. 280 Jahre ohne Nachwuchs… Wie lange lebt ihr?“
„So lange, bis wir gehen wollen.“
Ok, Jason wollte fragen, doch zu viel zu wissen hieße auch zu involviert zu sein. Dafür hatte er keine Zeit. Exakt sieben Tage, keinen Tag mehr, denn dann brauchten ihn die Vampire wieder.
Flanora erwähnte, die Feen müssten nun endlich Nachwuchs bekommen, nur leider nicht warum.
„Lufeea, richte dein Fest aus, ich werde für das nötige Wasser sorgen.“
„Du darfst den Elfen kein Leid zufügen und keine Gewalt anwenden, denn damit schadest du auch uns!“
Ja, so etwas hatte Flanora auch erwähnt und wieder ohne Begründung. Nie zuvor wurde ihm so viel im Vorfeld verschwiegen. Sie schwieg auch geflissentlich über das Thema, was sie mit der Hexenwelt zu tun hätten.
Jason fuhr seine Drachenflügel aus und reichte Lufeea seine Hand. „Bring mich zum Fluss.“
Mit geweiteten Augen und offenem Mund starrte die Fee Jason an. „Du kannst den Fluss nicht überqueren! Die Elfen haben ihre Seite magisch versiegelt, so wie wir unsere Seite versiegelt haben!“
„Du bist für dein Volk verantwortlich und ich gehe meinen Weg, dir den Frieden zu bringen.“
Lufeea geleitete Jason zum Ufer des Flusses.
Mittels eines simplen Hex gelang es Jason im Schutz der Dämmerung den Fluss unbeschadet zu überqueren. Er musste die Meinung der anderen Seite einholen.
Ähnlich wie bei den Feen wurde Jason auch hier begrüßt nachdem ihn ein paar Elfen überwältigt und an einen Baum fixiert hatten. Sicher kein Thema sich hervor zu winden, aber das war für die Kommunikation nicht förderlich.
Jason nahm erst mal das äußerliche Erscheinungsbild in sich auf. Die Elfen glichen den Feen ein wenig in Gestalt und Körperhaltung. Allerdings war es das auch schon. Ihre feinen Flügel wirkten unscheinbarer und die Kleidung war eintönig in Erdfarben. Hier gab es auch nur weiße oder schwarze Haare und spitze Ohren, die aus den glatten meist langen Haaren herauslugten. Der Sprecher der Elfen stellte sich als Nerva vor und wenig später stand der, die oder das Oberhaupt vor Jason.
Oxla, Oberhaupt der Elfen.
Jason seufzte innerlich, denn so wie die Namen das Geschlecht nicht hergaben, so konnte er auch nicht erkennen, ob Männlein oder Weiblein vor ihm stand.
Androgyn, ein anderes Wort fiel ihm dazu nicht ein. Es gab keine spezifischen Zeichen, das auf ein Geschlecht hinwies. Erst glaubte Jason vor einem männlichen Elf zu stehen, doch die weichen Gesichtszüge machten ihm seine Einschätzung wieder zu Nichte. Egal, es ist unwichtig, dachte Jason und befreite sich zunächst durch seine elementaren Kräfte von seinen Fesseln.
Die Runde der Elfen staunte anfangs und zog dann den Kreis um Jason enger. Einige hielten dabei etwas seltsam Leuchtendes in ihren schlanken langen Händen. Sicher eine mentale Waffe.
Elfen waren in der Hexenwelt nicht gern gesehene Gäste, wenn sie denn auszogen um den Hexen und Hexenkinder Alpträume zu bescheren. Der Vergleich hinkte zwar, aber irgendwie musste Jason an Yin und Yang denken. Womit er nicht gänzlich falsch lag, aber das wusste er ja nicht.
„Darf ich mir die Frage erlauben, warum ihr die lebenswichtigen Pollen der 7. Blume aus dem Fluss herausfiltert, der beiden Völkern zu gleichen Teilen gehört?“
Oxla neigte ähnlich wie Lufeea es tat, seinen Kopf auf die Seite, doch er brauchte ihn nicht zu heben, denn der Elf waren etwas größer. Ja, Jason hatte für sich beschlossen, dass Oxla männlich war. Alles andere lenkte ihn nur unnötig von seinem Job ab.
„Behaupten die Feen, wir würden solch eine schändliche Tat vollbringen?“ Nun umrundete auch Oxla Jason.
„Wenn nicht ihr, wer dann?“, fragte Jason gegen.
„Sie selber vertuschen ihre Tat und hängen sie uns an! Unser Volk hat nicht umsonst jeden Kontakt unterbunden, denn auch für uns ist die magischen Welle lebenswichtig!“
„Euer Nachwuchs braucht das lebenspendende Wasser?“
„Nein, ohne es sterben alle 70 Jahre 70 Elfen“, gab Oxla zu.
Nun verstand Jason gar nichts mehr. Beide Völker standen vor ihren Untergang und schoben sich gegenseitig die Schuld dafür zu.
„70 sterben? Wie jetzt?“
„Das Feenvolk und das Elfenvolk gehören zusammen wie Tag und Nacht. Alle 70 Jahre werden bei ihnen die Nachkommen beider Völker geboren und nach einem Mondwechsel wandeln sich unsere Nachkommen und werden über eine Brücke zu uns geleitet.“
„Liege ich recht in der Annahme, dass der Mond eine Entscheidende Rolle spielt?“, fragte Jason vorsichtig.
Oxla nickte und in Jason erblühte ein Verdacht. Hier war eine dritte Macht im Spiel.
„Habt ihr einen Ort an dem ich ein wenig alleine sein kann?“
„Sicher, doch wofür?“, fragte Oxla gegen.
„Dazu kann ich keine Angaben machen, außer das ihr mir vertrauen könnt. Ich bin der Friedenbringer und mir liegt absolut nichts daran, euch mehr Problem zu verschaffen, als ihr eh schon habt.“ Mehr gab Jason nicht preis.
Ob es Sinn machte, daran dachte Oxla nicht, denn der Unfriede herrschte bereits zu lange. An Jasons Erfolg glaubt er sowieso nicht.
Jason bekam einen hohlen Baum zugewiesen und mit seiner momentanen Größe war der Platz ausreichend. Er wartete ab, bis sein Umfeld sich leerte, erst dann beschwor er eine Vision, die gute zweihundertachtzig Jahre zurück reichte. Ohne würde es nicht gehen, denn sieben Tage reichten nicht aus um eine Fehde die schon so lange bestand aus der Welt zu schaffen.
Nach einer Stunde, in der Jason die Vision bis in die Jetztzeit betrachtete wurde ihm klar, warum beide Völker zerstritten waren. Auf wankenden Beinen kam er aus der Baumhöhle und blieb am Stamm angelehnt stehen. Sein Nasenbluten, wenn er eine Vision beschwor, wischte er mit seinem schwarzen Tuch restlos aus dem Gesicht. Ehe Jason reagierte dachte er über die Vision eingehendste nach. Keines der beiden Völker täte es ihm abnehmen, dass ein solch simpler Fehler an allem schuld wäre, so musste er zu einer kleinen List greifen.
Wenig später informierten die Späher der Elfen Oxla über Jasons Wunsch das Oberhaupt der Elfen zu sehen.
„Ich brauche in 6 Tagen deine Hilfe! Halte dich bereit!“
Oxla atmete schwer ein, seine Flügel vibrierten leicht, doch er sagte Jason seine Mithilfe zu.

Auch Lufeea wurde von Jason zur Mithilfe aufgefordert.
„Kann ich die nächsten Tage euren Festen beiwohnen?“
Lufeeas Flügel erzitterten als Jason in ihre Augen sah. „Das muss ich mit den 7 Ältesten besprechen, da Fremde eigentlich nicht mehr als ein paar Stunden bleiben dürfen und ich leider noch nicht gekrönt wurde.“
„Kein Ding, ich warte“, murmelte Jason während er ihre zitternde Unterlippe beobachtete, auf der sie ständig herum kaute.
Die Genehmigung für den Aufenthalt von 7 Tagen wurde ihm gewährt und prompt stürmten alle Feen auf ihn ein, denn nun war er bekannt und musste sich mit Fragen löchern lassen.
Der erste Vormittag ging langsam zur Neige. Jason wurde sich selbst überlassen, da alle Feen das erste Fest vorbereiteten. Nur eine rothaarige Fee schlich immer wieder in seiner Nähe herum.
„Leigala, was kann ich für dich tun?“, fragte er sie, als es ihm zu bunt wurde.
„Ich wollte dich nach dem Fest auf meine Blume zum Schlafen einladen.“
Dass sie sich dabei nichts dachte, was in irgendeine konkret schlüpfrige Richtung zielte, brauchte Jason nicht fragen, er sah es ihr an. „Danke für die Einladung! Ich nehme sie an.“
Die rotgelockte Fee hüpfte leichtfüßig von dannen und ließ Jason zurück.
„Auf einer Blume schlafen, mal was anderes… ob irgendwann auch mal eine Schlammpfütze oder ne Eisscholle kommt?“, brummelte Jason vor sich hin, da begann das Fest.
Die Feen hatten alles hergerichtet. Blumentische und Blumenstühle säumten ein kleines Wiesenstück ein auf dem bereits der erste von einigen Tänzen begann.
Die Feen summten eine Melodie, die Jasons Nackenhaare kräuselten. Widerliche Klänge, die abrupt in einen Singsang wechselten, der Jasons Haare auf dem Unterarm wieder besänftigte. Sämtliche gelben Davia-Blüten um sie herum begannen sich mit dem Singsang zu wiegen. Ihre ebenso gelben Pollen lösten sich und schwangen mit der sanften Melodie auf die Feen zu, hüllten diese ein.
Jason rieb sich die Augen, denn die Feen wechselten ihre Bekleidung automatisch mit dem Pollen. Alle trugen nun gelbe zart versponnene Pollen, die wie Seide ihren Körper umflossen.
Mittelpunkt jedes Tanzes war und blieb Lufeea. Sie wurde geweiht.
Ein Tanz löste nun den nächsten ab und mit jedem verloren sich die Pollen an ihren Körpern, bis alle Feen so spärlich bedeckt waren, das sie aufhörten zu tanzen.
Das erste von sieben Festen klang mit einem Festmahl aus, das zu Jasons Leidwesen nur aus vegetarischen Speisen und Pollensuppe bestand. Na ja, zumindest war er satt und beim Aufstoßen pustete er einen Schwung knochentrockener Pollen wieder aus. Alle Feen entlockte diese nie zuvor gesehene Ereignis, ein helles melodisches Lachen.
Aber Jason filterte nur Lufeeas zurückhaltendes Lachen heraus. Irgendwas an dieser Fee machte ihn ganz irre.
Völlig in seinen Gedanken versunken fixierte er auch immer wieder ihren sicher nach Honig schmeckenden Mund.
„Komm, es ist Schlafenszeit!“ Leigala zog Jason im Flug mit sich empor. Sie landeten auf ihrer Blüte, die einer Tulpe glich. Kaum gelandet schlossen sich die Blätter über ihnen. Nur das weiche Abendrot ließ etwas Licht durch das Blattwerk. Und Jason schluckte, denn die rothaarige Fee vor ihm wurde von dem sanften Licht durchflutet und fast durchsichtig.
„Ist das jetzt ne Anmache?“, schmunzelte Jason während sein Blick gezielt in ihrem unverhüllten Schoss wanderte.
„Was ist eine Anmache?“, fragte Leigala irritiert aber scheinbar ehrlich erstaunt.
Jason schloss für einen Moment die Augen und sammelte sich. „Vergiss es. Ich habe nur laut gedacht.“ Für Erklärungen solcher Art fehlte ihm der Wille und sie war nicht Lufeea.
Beide legten sich hin und kaum das Jasons Kopf eines der Blütenblätter berührte schlief er ein. Dabei wollte er beobachten, wie Leigala einschlief…
Die kommenden 5 Tage glichen sich ansatzweise, der Singsang war immer etwas abgewandelt und die Farben wechselten in den ersten drei Tagen von rosa zu himmelblau zu Pastellorange. An Tag vierten und fünften wurden die Blütenfarben kräftiger, zuerst Blutrot, dann am Vorabend des letzten Tages Violett. Und obwohl es verboten war, schlief Jason in der letzten Nacht vor dem letzten Fest bei Lufeea.
Da Jason ununterbrochen bei ihnen gewesen war, lehnte sich keine der Feen dagegen auf, nur Leigala blickte an diesem Abend ab und an traurig in Jasons Richtung.
Lufeea schlief in einer violetten Lala-Blume, die des Nachts ebenso ihre Blütenblätter schützend über ihnen zusammen zog.
„Leg dich noch nicht hin. Ich möchte zuvor noch ein paar Worte mit dir wechseln“, bat Lufeea.
Jason stimmte zu und sie setzten sich im Schneidersitz gegenüber.
Lufeea nahm Jason Hände in ihre. „Ich danke dir für die letzten Tage und ganz besonders für dein Vertrauen in Leigala, denn sie ringt seit 350 Jahren mit ihrer Gesinnung.“
Jasons Brauen zogen sich fragend zusammen.
Lufeea lächelte.
„Sie ist eine Elfe und weder sie noch wir wusste es bis jetzt. Du hast ihr den entscheidenden Punkt geliefert. Keine andere Fee hätte sich gewagt dich gleich am ersten Tag in ihrer Blume übernachten zu lassen. Morgen wird sie über den Fluss gehen und zu ihrem Volk wechseln.“
Sicher, das wusste Jason aus seiner Vision, aber ihn interessierte, warum Lufeea es nun aussprach. „Warum entscheidet sich eine Fee nach 350 Jahren dazu ihr Volk zu wechseln?“
„Hier im Hexenreich gelten andere Regeln. Sicher weißt du, dass wir auch unter den Menschen leben und dort geht das nicht. Aber alles nimmt hier seinen Anfang. Nachkommen der Feen sind in ihrem ersten Jahr in einer Art Lehre bei den Feen der Menschen. Dort müssen sie mittels ihrer Magie 7 Kindern unter 7 Jahren einen Herzenswunsch erfüllen, damit sie als vollwertige Fee entweder dort oder hier leben können. Die Elfen verfolgen ein ebensolch wichtiges Lebensziel, aber bei ihnen müssen Kinder leiden. Nicht so sehr, dass es sie das Leben kostet, aber dieses Leid muss ihren Charakter in die Richtung formen, dass sie einsichtiger und empfindsamer werden. Auch ein gutes Ziel, denn es gibt so viel ungezogene Kinder auf der Welt. Mir wird jetzt auch bewusst, warum Vanilla so sehr darauf gedrungen hat, dass du uns den Frieden wieder bringen sollst. Einige tausend Kinder müssen endlich ihre Endscheidung treffen und du bist die Schlüsselperson zu unserem Nachwuchs. Die vergangenen Tage wollte ich nicht glauben was du mir erzählt hast, doch es leuchtet ein und alles fügt sich zusammen. Leigala wird endlich aufhören.“
„Sowie Hox bei den Elfen, den ihr dann im Gegenzug zurückbekommt.“
„Ja. Ich weiß nicht, warum meine Mutter es nicht früher erkannt hat. Lihox hatte sich damals mächtig gegen seine Wandlung gesträubt und alleine Leigalas Nähe ist daran schuld.“
„Ich rate euch in Zukunft dazu den Nachwuchs genauer unter die Lupe zu nehmen.“
Lufeea lächelte bedrückt. Solch einen Vorfall gab es nie zuvor und es sollte in jedem Fall auch der letzte seiner Art bleiben. Ein solch schlimmes Ereignis, das für Jahre den Nachwuchs beider Völker so nachhaltig beeinflusste durfte nie wieder vorkommen.
„Gut, dann wollen wir nun diese Nacht beginnen lassen und uns zur Ruhe betten.“
„Lufeea, ich habe einen kleinen Wunsch an dich“, murmelte Jason verlegen.
Lufeea begann ihre Worte weise zu wählen, denn sie wusste um Jasons Wunsch, ihr ging es ja nicht anders seit er da war. „Ich kann dir deinen Wunsch erfüllen. Du bist mit 17 Jahren kein Kind mehr und den Wunsch, den du mir gegenüber hegst muss unerfüllt bleiben, denn wir Feen küssen keine anderen Lebewesen.“
„Sicher, ich dachte daran…“, gab Jason schmunzelnd zu, „doch das ist nicht mein vorrangiger Wunsch. Ich möchte mit euch zu dem Treffen mit den Elfen kommen und dem Austausch beiwohnen.“
Nur einen tiefen Blick in seine Augen, nur einen einzigen und er hätte sie mit seiner mentalen Drachenkraft dahin beeinflussen können alles mit ihm zu tun und es danach zu vergessen! Aber genau in dem Augenblick schlug sein Gewissen mit einer Keule wild in seinem Hirn umher, verarbeitete alles zu einem grollenden verschleimten Brei, der sich brav in eine saublöde Hemmschwelle verwandelte. Danke liebes Gewissen, vielen Dank! Und was sag ich jetzt dem da unten? Nun gut, dafür gab es Lufeea, denn sie riss ihn erneut aus seinen kreisenden erregten Gedanken.
„Du wirst damit zum Geheimnisträger. Das muss ich erst mit den Ältesten klären. Nun lass uns schlafen.“
Jason ließ seinen Blick über den zarten Körper der Fee wandern, ihre glänzenden Flügel vibrierten leicht. Was sie wohl täte, wenn er jetzt doch einen Kuss einfordern würde… einen einfachen Kuss auf die Wange? Heiß lief ihm ein Schauer über den Rücken, dort wo seine Flügel unter der Haut auf ihren Ausbruch lauerten. Ihre Blicke trafen sich und für den Moment blieb die Zeit stehen.
Keine Frage, auch Lufeea hatte sich in Jason verguckt, aber ihre Position verbot jeden näheren Kontakt zu ihm. Besonders in der Woche des Nachwuchses.

Lufeea erreichte bei den sieben Ältesten Feen nicht das, was sie sich erhoffte. Doch zumindest wurde Jason dazu gerufen.
Im Kreise der sieben geflügelten Feen wurde es Jason wieder warm ums Herz, denn jede einzelne trug ein weißes beinahe durchsichtiges Gewand. Schluckend hob er seinen Blick an den schlanken Beinen empor und schnell höher.
„Du bist ein sehr triebgesteuertes Lebewesen“, bemerkte eine der Feen.
„Kann man so sehen“, gab Jason schuldbewusst lächelnd zu.
Eine andere räusperte sich, bis Jason seinen Blick ihr zuwandte. „Warum willst du der Vermählung beiwohnen?“
Vermählung? Jason unterdrückte den Reiz sich unmanierlich am Kopf zu kratzen. „Bildung. Mein Interesse gilt jedem Volk, dem ich den Frieden bringe. So verstehe ich ihr Verhalten und ihre Sitten besser.“ Wer bitte sehr hatte etwas von einer Vermählung gesagt?
„Dieses Wissen teilen wir nicht mit anderen Rassen!“, gab eine andere Fee an.
Ok, dann halt nicht! Wichtig war der Austausch vor der Zeremonie, denn dieser würde alles wieder ins Lot bringen.
„Doch du hast dich während der Festtage trotz deines unsteten Blutes geziemt verhalten und so bewilligen wir dein Beisein für ein einziges Mal. Du wirst Lufeea und Leigala zum Flussoberlauf begleiten, den Austausch vornehmen und warten, bis Lufeea dich nach der Vermählung fort schickt.“
Jason schnappte unmerklich nach Luft, denn eine gewisse Spannung unter den Feen war greifbar. Dieses Eingeständnis war nicht allen der sieben Feen genehm. Nur Lufeea lächelte erhaben, wie es sich für eine zukünftige Königin gehörte.
„Ich bedanke mich herzlich für euer Vertrauen und werde es nach allen Kräften, die mir inne wohnen beherzigen und versiegeln. Habt vielen Dank!“
„Willst du auch meiner Vorbereitung Gesellschaft leisten?“, fragte Lufeea leise.
„Wenn es erlaubt ist?“, fragte Jason gegen und bekam ein kicherndes Nicken zur Antwort.
Die sieben Feen reihten sich um Lufeea und stimmten einen Singsang an, dessen Melodie alle verwobenen Pollen vom Körper löste.
Nackt und unbeschämt stand Lufeea da und konnte beobachten, wie Jason rot wurde, denn damit hatte er nicht gerechnet. Sein Blick saugte sich unwillkürlich an ihrem zarten perfekten Körper fest. Die Melodie änderte sich und etliche bunte Pollen schwebten in den riesigen Blütenkelch, in den alle standen. Sich um Lufeea sammelnd verdichteten sich die Pollen und umhüllten die Prinzessin in ein regenbogenfarbenes bodenlanges Gewand, das einem Brautkleid alle Ehre machte. Vereinzelt hefteten sich auch einige Schleiersträhnen in ihren Haaren. Perfekt.
„Hole Leigala ehe sie ihrem Zwang folgt!“, befahl Lufeea Jason und er flog mit seinen Drachenflügeln sofort aus dem Blütenkelch.
Leigala, die nichtsahnend schon in eine Art Trance geraten war, begab sich bereits auf ihren Weg, den sie nun zum fünften Mal ohne eigenes Bewusstsein gehen würde.
Jason fing sie gerade noch so ab und musste sie der Obhut einiger anderer Feen am Ufer des Flüsschens überlassen, denn auch Hox musste bei den Elfen gestoppt werden.
Jason versicherte sich, dass Leigala nicht türmen würde und wechselte zum anderen Flussufer wo Oxla ihn bereits erwartete.
Dieser war angesichts der Vorkommnisse nicht wirklich überrascht als Jason ihm schilderte, welches Problem die Grundlage ihres mangelnden Nachwuchses war. Auch bei den Elfen wurde Hox in Gewahrsam genommen.
Nun stand zu jeder Uferseite ein umringtes Lebewesen, das kontinuierlich in den vergangenen Jahren unbewusst verhindert hatte, dass es Nachwuchs in beiden Völkern gab.
Jason sah zu den Feen rüber, worauf diese die Versiegelung aufhoben. Zeitgleich nickte Jason Oxla zu.
Der Fluss begann zwischen den Völkern zu glitzern und zog Leigala und Hox magisch an. Die beiden Wesen lösten sich aus den Armen ihrer Hüter und gingen auf den Fluss zu. Mittig bleiben sie Angesicht zu Angesicht stehen.
Jason schluckte, denn so kannte er keines der Völker, denn die beiden himmelten sich gegenseitig an, näherten sich einander. Abwartend was geschehen würde, ging Jason unbemerkt ins Wasser, blieb neben den beiden stehen und wurde Zeuge eines unbeschreiblichen Vorgangs. Leigala und Hox berührten gegenseitig ihre Hände und setzten damit eine gravierende Veränderung in Gang. Die Farbe des Wassers verdunkelte sich wie die Untiefe des Meeres, das seichte Glitzern der Wellen verschwand und diese Veränderung kroch beständig flussaufwärts. Unfähig dem Einhalt zu gebieten schlangen die beiden Wesen ihre Arme um den Körper des anderen und von beiden Seiten des Ufers stöhnten die Elfen und Feen auf.
Was sonst im Verborgenen am oberen Flusslauf passiere und nur unter den Oberhäuptern sein durfte, geschah nun hier zwischen den Völkern. Aus Leigalas Gewand löste sich ein langer Stachel zwischen den Schulterblättern und bog sich über ihren Kopf hinweg in Hox Nacken. Ähnlich wie Insekten es taten wollten die beiden sich vermehren.
„Trenne sie!“, schrien die Wesen zu beiden Uferseiten Jason zu.
Jasons gebannter Blick auf die beiden löste sich nur widerwillig, sein Kopf flog von einer Seite zur anderen. Er sah die Panik in den Gesichtern der Elfen und Feen und handelte. Leigala flog förmlich durch Jasons zerrenden Griff auf die Seite der Elfen. Hox katapultierte Jason mit einer weiteren Drehung zu den Feen. Beide landeten im Gras auf ihren Hintern.
Eine tiefe Stille trat ein, selbst die Natur hielt den Atem an.
Jason blickte voller Anspannung abwechselnd in beide Richtungen. Allzeit bereit beide mit einem Bann zu belegen, falls sie rückfällig würden. Was Jason aber nun erblickte, sprengte mal wieder seinen Verstand andere Völker und ihre Sitten zu verstehen.
Vor seinen Augen wandelten sich Leigalas Haare von Rot ins Schwarze. Blickwechsel. Hox´s Haare schimmerten bald darauf in sämtliche Farben des Regenbogens, bis ein sattes Blau übrig blieb. Ihre spärlichen Pollenhüllen erstarben wie fallendes Laub im Herbst, bis nur noch braune Staubpartikel vom Wind davon getragen wurden. Nun setzte eine weitere Veränderung ein, die jedoch kaum zu sehen war, weil die anderen Feen und Elfen den neuen Mitgliedern ihres Volkes Pollen herbeizauberten, die ihre Körper wieder verhüllten.
Lihox verlor an Körpergröße und Leigala, die nun zu Gala hieß, wurde ein wenig männlicher. Jedenfalls waren keine Brüste mehr zu erkennen.
Beide fassten sich benommen als ob sie Schmerzen verspüren würden an den Kopf und begannen sich umzusehen. Die Wandlung war vollzogen und die Geräusche der Natur setzten wieder ein. Mit ihnen half das jeweilige Volk seinem Neuankömmling auf die Beine und begrüßte ihn überschwänglich.
Schön für die beiden Völker, nur Jason wusste wieder einmal nicht, was er denken sollte. Alles rauschte in seinem Hirn von einer Ecke in die andere. Wenn Lufeea sich ebenso vermehren würde… dieser Stachel… eine Gänsehaut lief über Jasons Rücken. Warum bitte sehr wollte er sie küssen? Was, wenn sie darauf eingegangen wäre? Hätte er dann einen Stachel in den Nacken gerammt bekommen? Scheiß Job!
Nein, unter keinen Umständen wollte er der Vermählung, die sicher zwischen Lufeea und Oxla stattfinden würde, beiwohnen! Das sollten die gefälligst alleine machen!
Einzig der Beginn des neuen Lebens interessierte Jason nun noch. Er wollte nur so lange bleiben, bis die Babys ihre lebensspendenden Pollen mit dem magischen Wasser bekamen.
Und erneut überschlugen sich seine Gedanken. Wie jetzt? Der Nachwuchs war doch schon auf der Wiese im abgetrennten Bereich?
Jason konnte ein Kopfkratzen nicht mehr unterdrücken und ging zum Ufer der Feen, blieb in Lufeeas Augen schauend vor ihr stehen. „Wann?“
„Vor 7 Wochen“, antwortete Lufeea leise, denn sie wusste, was er dachte.
„Wozu dann noch die Vermählung?“, fragte er weiter.
„Damit die Kinder sich unter unseren Völkern aufteilen. Eine magische Wandlung unter dem nächsten Vollmond in 4 Wochen und einen Kuss.“
„Deshalb durftest du mich nicht küssen!“, platzte es aus Jason erschrocken aber dennoch leise heraus.
Lufeea nickte traurig lächelnd. „Ich hätte dich gerne geküsst, aber dann…“
Jason wandte sich ab, musste nichts mehr hören und ließ das letzte Fest ruhelos an sich vorbeirauschen. Das alles war eine Spur zu viel für ihn, denn wie es den Anschein hatte, hegte er tiefere Gefühle für Lufeea und dieser Umstand traf ihn nicht zum ersten Mal. Wie konnte er sich bei seinem Job nur dagegen besser zur Wehr setzen? Warum verliebte er sich immer wieder blindlings und warum verhexte ihn das weibliche Geschlecht immer wieder auf diese heimtückische Art und Weise? Seine Großmutter sagte damals vor ein paar Jahren, dass nichts ohne Grund passieren würde. Doch bitte sehr, was war daran denn nun der Sinn? Jason wandelte sich zum Drachen und flog in die Astgabelung eines Baumes, beobachtete von dort aus das ausklingende Fest. Drei Tänze, dann würde die finale Zeremonie stattfinden. Und mit ihr fiel Lufeea in Oxlas Arme. Scheiß Bauchweh, scheiß Schmerzen in der Drachenbrust!
Müßig sah er dem Treiben unter sich zu und wandelte sich erst mit der ausklingenden Melodie, um sich wieder unter die Feen zu mischen. Alle waren viel zu aufgeregt um Jasons bedrückte Stimmung zu bemerkten.
Gegen Abend wurde endlich das lebensspendende Wasser in den Bereich der Nachkömmlinge gebracht und Jason durfte ein weiteres Mal Zeuge einer Magie werden, die er nicht nachvollziehen konnte, aber auch nicht mehr wollte.
Die Blumenkokons öffneten sich und winzige Babys deren Nabelschnüre mit den Blumen verbunden waren öffneten ihre Augen in dem Moment, wo die Feen ihren Mund mit dem magischen Wasser berührten. Ergriffen sah Jason in eines der kleinen lächelnden Gesichter und beugte sich über dieses. Seine Fingerspitzen verselbstständigten sich und er streichelte dem winzigen Baby über die rosige Wange.
Lufeea wollte dazwischen greifen, aber es war zu spät, ihre Hand hielt wenige Millimeter vor seinem Handgelenk. Winzige magische Gene übertrugen sich von Jason auf das Feenbaby und es würde abzuwarten bleiben, wie sich dieses einzelne Kind entwickelte.
Lufeea wurde sich ihrer dichten Nähe zu Jason bewusst, fühlte seinen Atem heiß an ihrem Hals und lächelte ihm bedrückt zu. In seine Augen sehend zog sie sich trocken schluckend zurück. Er hatte nun eine bleibende Spur bei ihr und im Volk der Feen hinterlassen und in einem Jahr würde ihn dieses Kind magisch anziehen...
Dann würde auch Lufeea ihrem tiefsten Wunsch Folge leisten können und Jason küssen dürfen… er musste ja wieder kommen!


Ende

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Tag der Veröffentlichung: 05.10.2011

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